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Manchmal schreibt das Leben die besten Geschichten. So erfährt ein Familienvater von dem Schicksal seines alten Nachbarn und dessen aufregende Lebensgeschichte. Die mitreißenden Geschichten des Nachbarn machen den Familienvater nachdenklich, er ändert sein Leben.
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 – Ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag
Kapitel 2 – Der Mann auf der Veranda
Kapitel 3 - Das ganz normale Familienleben
Kapitel 4 – Gezwungener Überstundenabbau
Kapitel 5 – Wie aus Träumen neue Träume werden
Kapitel 6 – Der Lauf der Dinge
Kapitel 7 – Eine gemeinsame Entscheidung
Kapitel 8 – Das Kindermädchen
Kapitel 9 – Die Krankheit
Kapitel 10 – Das Begräbnis
Kapitel 11 – Das Studium des Sohnes
Kapitel 12 – Die Verantwortung – Wer führt das Unternehmen weiter
Kapitel 13 – Endlich in Rente
Kapitel 14 – Die Wanderlust
Kapitel 15– Das Schicksal
Kapitel 16 – Die ganze Wahrheit
Kapitel 17 – All die Arbeit, wo ist der Lohn
Kapitel 18 –Die Briefsammlung
Kapitel 19 –Der erste Brief
Kapitel 20 – Die weiteren Briefe
Kapitel 21 – Otto baut einen Pavillon
Kapitel 22 – Die Erfüllung
Kapitel 23 – Ottos Tiefschlaf
Kapitel 24 – Das Kästchen
Kapitel 25 – Würden wir etwas ändern, wenn wir die Chance hätten?
Kapitel 26 – Alles kann sich ändern
Impressum
Ein Leben wie ein Traum
von
Christian Schmitt
Ich wurde wach. Etwas verwirrt drehte ich mich langsam um. Meine Uhr, besser gesagt meine Smartwatch vibrierte, es war Zeit aufzustehen.
Warum ich keinen normalen Wecker habe? Ein Wecker wäre schlichtweg zu laut, er würde meine Frau aufwecken. Meine Frau darf noch etwas länger schlafen, sie wird später von einem normalen Wecker geweckt. Der wiederum darf laut sein, denn auch die Kinder müssen zur selben Zeit wach werden. Ich hingegen fange um sechs Uhr morgens das Arbeiten an. Dafür muss ich schon um fünf Uhr aufstehen.
Nichts ungewöhnliches, ein ganz normaler Arbeitstag begann. Früh um fünf bekomme ich noch nichts Essbares hinunter, ich wusch mich leise im Bad und machte mich fertig für den Arbeitstag. Erst in der Frühstückspause aß ich das erste Mal am Tag etwas. Ob das gesund ist kann ich nicht sagen, aber vorher würde mein Magen rebellieren.
Zum Glück hatten wir gerade Sommer, mein Arbeitsweg konnte ich heute also mit dem Fahrrad bewerkstelligen. In meiner Arbeitstasche, die perfekt auf den Gepäckträger passt, habe ich sicherheitshalber immer einen Regenponcho eingepackt. An diesem Tag sah es nicht nach Regen aus, aber man kann es nie ausschließen. Ich bin ein Sicherheitsfanatiker, ich versuche alles so gut wie möglich abzusichern. Das ist wohl einer meiner größten Eigenheiten. Aber dazu kommen wir noch später.
Mein Fahrrad holte ich aus dem Geräteschuppen neben der Garage. Ich war in den letzten Jahren fleißig, wir konnten es uns erlauben ein Haus zu bauen. Und das sogar mit nur einem Gehalt.
Meine Frau ist für die Kindererziehung zuständig und war nach der Geburt unserer Kinder zuhause geblieben. Aber das wird sich bald ändern. Unsere Söhne sind beide im Grundschulalter, also steht meiner Frau nun etwas Zeit am Morgen zur Verfügung. Daher fängt auch sie demnächst wieder das Arbeiten an. Glücklicherweise als Erzieherin im Kindergarten, der direkt in unserer Ortschaft liegt.
Nein, ich bin kein Öko-Freak, klar haben auch wir ein Auto. Bei den heutigen Spritpreisen ist man jedoch froh jeden einzelnen Kilometer zu sparen. Stolz schob ich mein Fahrrad auf die Straße. Obwohl ich nun schon vierzig Jahre alt bin, kann ich zufrieden mit meiner Fitness sein. Ich schaffe es ohne Probleme die 7 Kilometer zur Arbeit hin und zurück zu bewerkstelligen, und das obwohl ein riesiger Berg vor unserer Ortschaft liegt. Ist man oben angekommen, kann man sich entspannt zurücklehnen und die Fahrt hinunter genießen. Zu mindestens verdrängt man den Gedanken, dass man nach der Arbeit den Berg irgendwie wieder hinaufkommen muss.
Der Morgen war richtig schön, die Sonne ging gerade auf und die große Tanne des Nachbarhauses neigte sich sanft in Richtung der Straße und brach das Sonnenlicht. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages kitzelten meine Nase, ein schönes Gefühl in den Tag zu starten. Das Nachbarhaus hat eine kleine Veranda vor der Eingangstüre, gehalten im Baustil der Amerikaner.
Hinter der Veranda liegt ein kleiner See, das Wasser reflektiert sich in romantischen Farben auf dem Holz der Veranda. Ob der Nachbar Verwandtschaft in Amerika hat? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass dort ein alter Mann in dem Haus lebt. Geschätzt Mitte siebzig, seine Frau ist schon vor einiger Zeit verstorben. Ein trauriges Schicksal. Wenige Monate nach seinem Rentenbeginn hatte seine Frau einen Unfall, ausgelöst durch einen Hirntumor. Sie stand mit einer kleinen Leiter am Apfelbaum im eigenen Garten. Laut Arztberichten aus der Zeitung führte der Hirntumor zu einem kleinen Hirnschlag. Sie fiel aus knapp einem Meter Höhe von der Leiter und schlug mit dem Kopf auf. Als ihr Mann sie fand, atmete sie bereits nicht mehr. Der Notarzt konnte nur noch den Tot der Frau feststellen. Eine sehr traurige Geschichte. Bei dem Gedanken lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Wie muss man sich fühlen, wenn ein Teil der Familie aus dem Leben gerissen wird?
Ein lebenlang hatten die beiden hart gearbeitet. Zusammen wollten sie ihre hart verdiente Rente genießen. Bestimmt hatten sie schöne Zukunftspläne. Die meisten Menschen heben sich etwas für die Rente auf. Viele fangen das Reisen an, manche bauen ihr Haus um. Man kann so viel mit der dazugewonnenen Zeit anstellen. Bestimmt ist es ein ganz anderes Leben.
Aber am Ende verbleibt nur ein alter Mann der seiner Liebe nachtrauert. Wie viele Jahre ihm noch bleiben weiß er nicht. Er weiß nur er wird sie alleine verbringen. Die alten Menschen sind so loyal, sie würden sich niemals einen neuen Partner suchen. Zum einen reden sie sich ein, sie seien zu alt für eine neue Romanze. Zum anderen, sind sie der Meinung es gehöre sich nicht.
Dabei muss es ja keine Liebesbeziehung sein. Einfach nur jemanden bei sich haben um nicht an der Einsamkeit zu sterben. Es ist wohl ein Gedanke mit dem sich niemand auseinander setzten will. Was macht man alleine, alt, und ohne Lebensziele? Sein Lebensziel, die Rente genießen, wurde ihm in einem Schicksal entrissen. Hat er sich nun ein neues Lebensziel geschaffen?
Viel Kontakt hatten unsere Familien nicht, die beiden waren stets fleißig und arbeiteten viel. Ab und zu sahen wir, wie sie Besuch von ihrem Sohn bekamen. Wir selber arbeiten auch stets viel, somit blieb wenig Zeit für Unterhaltungen.
Zurück zu meinem Leben. Ich musste nun losfahren damit ich nicht zu spät ankommen würde. Dabei drehte ich mich noch kurz zu unserem Haus zurück und dachte:
Nur noch 15 Jahre, dann haben wir das Haus abbezahlt und wir können uns mehr leisten. Zum Beispiel ein oder zwei schöne Urlaube pro Jahr.
Meine grundsätzlich positive Denkweise ist einer meiner guten Eigenschaften, ich bin durch und durch ein Optimist. Natürlich könnten wir uns eventuell auch jetzt schon etwas mehr gönnen, aber da kommt dann doch wieder mein Sicherheitsdenken dazwischen. Lieber etwas mehr pro Jahr tilgen und später die Früchte davon ernten. Man weiß schließlich nie was die Zukunft bringt. Gerade in der heutigen Zeit kann man nie sicher genug sein.
Angekommen, parkte ich mein Fahrrad auf dem großen Schotterparkplatz der Firma. Dabei bewunderte ich wie immer die vielen E-Bikes die dort schon geparkt standen. Ich redete mir selber ein, ich sein noch zu jung für ein E-Bike. In meiner Abteilung hatte ein Kollege bereits ein E-Bike, er ist aber auch schon Mitte fünfzig.
Wahrscheinlich würde ich mich schämen, wenn ich mit Anfang vierzig bereits mit einem E-Bike zur Arbeit fahren würde. Immerhin bin ich schlank und körperlich fit. Da kann man doch noch kein E-bike fahren. Ein wenig liebäugeln tue ich dann doch mit den E-Bikes, auch wenn diese wirklich teuer sind. Aktuell kosten mir die E-Bikes einfach zu viel. Vielleicht ändert sich das noch.
Oh, ich habe vergessen zu erwähnen was ich beruflich mache. Das erzähle ich meistens ungern, denn es ist wirklich langweilig. In meinen Vorstellungen wäre ich lieber ein Geheimagent oder irgendetwas anderes spannendes, aber in der Realität bin ich für die Audits in unserem Unternehmen zuständig. Klingt nicht nur langweilig, nein es ist tatsächlich langweilig.
Was macht so jemand wie ich also den ganzen Tag? Ich kümmere mich darum, dass unser Unternehmen bei der Überprüfung von Auditoren alle Anforderungen besteht. Der Job hat viel mit Schreibtischarbeit zu tun. An diesem Arbeitstag standen mal wieder Vorbereitungsarbeiten an. Das nächste Audit war im nächsten Monat, nicht mehr ganz so viel Zeit also. Nach einem kurzen Gespräch mit meinen Arbeitskollegen begann meine Schreibtischarbeit. Der nächste Zwischenstopp war die Frühstückspause. Bis dahin hatte mein Magen dann doch schon einige Male geknurrt.
Das Gute an meinem frühen Arbeitsbeginn ist der frühe Feierabend. Um 15 Uhr darf ich Feierabend machen, gut gelaunt räumte ich meinen Schreibtisch etwas auf und stach an der Stechuhr meine Arbeitszeit ab. 8 Stunden pro Tag, 1 Stunde Pause. 40 Stunden in der Woche, heißt ich habe den Samstag und Sonntag frei. Nichts Besonderes, aber trotzdem erwähnenswert.
Meine tägliche Fitnessprobe begann, als ich auf mein Fahrrad stieg. Es ging nun den besagten Berg hinauf, und dieser ist ziemlich steil. Dazu schien gerade die Sonne kräftig, es waren 30 Grad Celsius. Gerade aber dieses Gefühl, den Berg doch vielleicht zu besiegen, gab mir Ansporn. Wenn ich mit dem Fahrrad fahre ist es mein tägliches Ziel den Berg ohne zu schieben zu schaffen. Meisten gelingt es mir nicht, dafür ist der Berg einfach zu steil. Manchmal aber packe ich es, und das mit einem großen Glücksgefühl. An diesem Tag hatte ich es nicht geschafft, kam aber trotzdem total verschwitzt zuhause an.
Mein Fahrrad stellte ich wieder in den Schuppen, mit meiner Tasche ging ich nun zur Eingangstüre. Dort klebte ein Zettel an der Haustüre:
„Vergessen dir zu sagen Schatz, wir kommen erst gegen 18 Uhr nach Hause – Geburtstagesfeier. Abendessen machen wir heute später gemeinsam“.
Stimmt, meine Frau hatte das letzte Woche kurz erwähnt. Also hatte ich nun etwas Freizeit. Eigentlich nicht wirklich, bei einem Haus gibt es immer was zu tun. Ich überredete mich also dazu die Hofeinfahrt zu kehren. Dabei bemerkte ich, wie mein Nachbar mir beim Kehren zusah. Man hätte ein Bild davon zeichnen können, ein idyllischer Moment. Ein alter Mann mit seinem Schaukelstuhl auf der Veranda. Er winkte mir zu, und aus irgendeinem Grund fühlte ich mich aufgefordert zu ihm herüber zu gehen. Mit einem kurzen „nach wie geht es meinem Nachbarn?“ begann ein Gespräch, dass nun etwas länger andauern sollte.
„Na Nachbar, bist mal wieder fleißig. Schön anzusehen, wenn sich jemand um sein Hab und Gut kümmert“.
„Naja, was soll man machen, von alleine wird es nicht sauber, oder?“
„Stimmt, aber die wenigsten jungen Menschen kümmern sich um ihr Hab und Gut. Man meint fast, die Menschen haben es verlernt.“
„Mein Vater hat mir als Kind immer erklärt, dass man fleißig sein muss. Nur wer fleißig ist wird es im Leben zu etwas bringen. Das stimmt doch, oder?“
„Ganz richtig, die gute alte Schule“
„Also meine beiden Kinder versuche ich das auch zu vermitteln. Noch sind sie klein, aber trotzdem helfen beide schon fleißig im Garten mit.“
„Sehr gut. Willst du wissen wie es bei mir damals war?“
Aus dieser Frage entwickelte sich ein Gespräch indem ich mehr oder weniger die Zuhörerrolle innehatte.