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Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Der Liebestrank des Puck stiftet Unruhe im Reich der Menschen und Elfen: Während einer lauen Sommernacht flüchten zwei Liebespaare in den Athener Wald, in dem zur gleichen Zeit Oberon und Titania, König und Königin der Elfen, einen phantastischen Ehekrach ausfechten. In dem zauberhaften Durcheinander einer verwunschenen Nacht spielt man »Bäumchen wechsle dich« oder verliebt sich gar in einen Esel. Das neben ›Romeo und Julia‹ wohl bekannteste Stück Shakespeares hat auch heute nichts von seinem überirdischen Zauber verloren.
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Seitenzahl: 103
William Shakespeare
Ein Sommernachtstraum
Komödie
Aus dem Englischen von August Wilhelm Schlegel
Fischer e-books
Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.
Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.
Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.
THESEUS, Herzog von Athen
EGEUS, Vater der Hermia
LYSANDER, Liebhaber der Hermia
DEMETRIUS, Liebhaber der Hermia
PHILOSTRAT, Aufseher der Lustbarkeiten am Hofe des Theseus
SQUENZ, der Zimmermann
SCHNOCK, der Schreiner
ZETTEL, der Weber
FLAUT, der Bälgenflicker
SCHNAUZ, der Kesselflicker
SCHLUCKER, der Schneider
HIPPOLYTA, Königin der Amazonen, mit Theseus verlobt
HERMIA, Tochter des Egeus, in Lysander verliebt
HELENA, in Demetrius verliebt
OBERON, König der Elfen
TITANIA, Königin der Elfen
DROLL, ein Elfe
BOHNENBLÜTE, SPINNWEB, MOTTE, SENFSAMEN: Elfen
PYRAMUS, THISBE, WAND, MONDSCHEIN, LÖWE: Rollen in dem Zwischenspiele, das von den Rüpeln vorgestellt wird
Andere Elfen, im Gefolge des Königs und der Königin.
Gefolge des Theseus und der Hippolyta
Szene: Athen und ein nahe gelegener Wald
Ein Saal im Palaste des Theseus Theseus, Hippolyta, Philostrat und Gefolge treten auf
THESEUS
Nun rückt, Hippolyta, die Hochzeitstunde
Mit Eil’ heran; vier frohe Tage bringen
Den neuen Mond: doch, o wie langsam nimmt
Der alte ab! Er hält mein Sehnen hin,
Gleich einer Witwe, deren dürres Alter
Von ihres Stiefsohns Renten lange zehrt.
HIPPOLYTA
Vier Tage tauchen sich ja schnell in Nächte:
Vier Nächte träumen schnell die Zeit hinweg:
Dann soll der Mond, gleich einem Silberbogen
Am Himmel neu gespannt, die Nacht beschaun
Von unserm Fest.
THESEUS
Geh, Philostrat, berufe
Die junge Welt Athens zu Lustbarkeiten!
Erweck’ den raschen leichten Geist der Lust!
Den Gram verweise hin zu Leichenzügen:
Der bleiche Gast geziemt nicht unserm Pomp.
(Philostrat ab.)
Hippolyta! Ich habe mit dem Schwert
Um dich gebuhlt, durch angetanes Leid
Dein Herz gewonnen; doch ich stimme nun
Aus einem andern Ton, mit Pomp, Triumph,
Bankett und Spielen die Vermählung an.
(Egeus, Hermia, Lysander und Demetrius treten auf.)
EGEUS
Dem großen Theseus, unserm Herzog, Heil!
THESEUS
Mein guter Egeus, Dank! Was bringst du Neues?
EGEUS
Verdrusses voll erschein’ ich und verklage
Mein Kind hier, meine Tochter Hermia. –
Tritt her, Demetrius! – Erlauchter Herr,
Dem da verhieß mein Wort zum Weibe sie.
Tritt her, Lysander! – Und, mein gnäd’ger Fürst,
Der da betörte meines Kindes Herz.
Ja! Du, Lysander, du hast Liebespfänder
Mit ihr getauscht: du stecktest Reim’ ihr zu;
Du sangst im Mondlicht unter ihrem Fenster
Mit falscher Stimme Lieder falscher Liebe!
Du stahlst den Abdruck ihrer Phantasie
Mit Flechten deines Haares, buntem Tand,
Mit Ringen, Sträußen, Näschereien (Boten
Von viel Gewicht bei unbefangner Jugend);
Entwandtest meiner Tochter Herz mit List,
Verkehrtest ihren kindlichen Gehorsam
In eigensinn’gen Trotz. – Und nun, mein Fürst,
Verspricht sie hier vor Eurer Hoheit nicht
Sich dem Demetrius zur Eh’, so fodr’ ich
Das alte Bürgervorrecht von Athen,
Mit ihr, wie sie mein eigen ist, zu schalten.
Dann übergeb’ ich diesem Manne sie,
Wo nicht, dem Tode, welchen unverzüglich
In diesem Falle das Gesetz verhängt.
THESEUS
Was sagt Ihr, Hermia? Laßt Euch raten, Kind!
Der Vater sollte wie ein Gott Euch sein,
Der Euren Reiz gebildet; ja, wie einer,
Dem Ihr nur seid wie ein Gepräg’, in Wachs
Von seiner Hand gedrückt, wie’s ihm gefällt,
Es stehn zu lassen oder auszulöschen.
Demetrius ist ja ein wackrer Mann.
HERMIA
Lysander auch.
THESEUS
An sich betrachtet wohl.
So aber, da des Vaters Stimm’ ihm fehlt,
Müßt Ihr für wackrer doch den andern achten.
HERMIA
O säh’ mein Vater nur mit meinen Augen!
THESEUS
Eu’r Auge muß nach seinem Urteil sehn.
HERMIA
Ich bitt’ Euch, gnäd’ger Fürst, mir zu verzeihn.
Ich weiß nicht, welche Macht mir Kühnheit gibt,
Noch wie es meiner Sittsamkeit geziemt,
In solcher Gegenwart das Wort zu führen;
Doch dürft’ ich mich zu fragen unterstehn:
Was ist das Härtste, das mich treffen kann,
Verweigr’ ich dem Demetrius die Hand?
THESEUS
Den Tod zu sterben, oder immerdar
Den Umgang aller Männer abzuschwören.
Drum fraget Eure Wünsche, schönes Kind,
Bedenkt die Jugend, prüfet Euer Blut,
Ob Ihr die Nonnentracht ertragen könnt,
Wenn Ihr der Wahl des Vaters widerstrebt,
Im dumpfen Kloster, ewig eingesperrt,
Als unfruchtbare Schwester zu verharren,
Den keuschen Mond mit matten Hymnen feiernd.
O dreimal selig, die, des Bluts Beherrscher,
So jungfräuliche Pilgerschaft bestehn!
Doch die gepflückte Ros’ ist irdischer beglückt,
Als die, am unberührten Dorne welkend,
Wächst, lebt und stirbt in heil’ger Einsamkeit.
HERMIA
So will ich leben, gnäd’ger Herr, so sterben,
Eh’ ich den Freiheitsbrief des Mädchentums
Der Herrschaft dessen überliefern will,
Des unwillkommnem Joche mein Gemüt
Die Huldigung versagt.
THESEUS
Nehmt Euch Bedenkzeit; auf den nächsten Neumond,
Den Tag, der zwischen mir und meiner Lieben
Den ew’gen Bund der Treu’ besiegeln wird,
Auf diesen Tag bereitet Euch, zu sterben
Für Euren Ungehorsam, oder nehmt
Demetrius zum Gatten, oder schwört
Auf ewig an Dianens Weihaltar
Eh’losen Stand und Abgeschiedenheit.
DEMETRIUS
Gebt, Holde, nach; gib gegen meine Rechte,
Lysander, deinen kahlen Anspruch auf!
LYSANDER
Demetrius, Ihr habt des Vaters Liebe:
Nehmt ihn zum Weibe; laßt mir Hermia!
EGEUS
Ganz recht, du Spötter! Meine Liebe hat er;
Was mein ist, wird ihm meine Liebe geben;
Und sie ist mein; und alle meine Rechte
An sie verschreib’ ich dem Demetrius.
LYSANDER
Ich bin, mein Fürst, so edlen Stamms wie er;
So reich an Gut; ich bin an Liebe reicher;
Mein Glücksstand hält die Waag’ auf alle Weise
Dem seinigen, wo er nicht überwiegt;
Und (dies gilt mehr als jeder andre Ruhm)
Ich bin es, den die schöne Hermia liebt.
Wie sollt’ ich nicht bestehn auf meinem Recht?
Demetrius (ich will’s auf seinen Kopf
Beteuern) buhlte sonst um Helena,
Die Tochter Nedars, und gewann ihr Herz;
Und sie, das holde Kind, schwärmt nun für ihn,
Schwärmt andachtsvoll, ja mit Abgötterei,
Für diesen schuld’gen, flatterhaften Mann.
THESEUS
Ich muß gestehn, daß ich dies auch gehört,
Und mit Demetrius davon zu sprechen
Mir vorgesetzt; nur, da ich überhäuft
Mit eignen Sorgen bin, entfiel es mir.
Doch ihr, Demetrius und Egeus, kommt!
Ihr müßt jetzt mit mir gehn, weil ich mit euch
Verschiednes insgeheim verhandeln will.
Ihr, schöne Hermia, rüstet Euch, dem Sinn
Des Vaters Eure Grillen anzupassen:
Denn sonst bescheidet Euch Athens Gesetz,
Das wir auf keine Weise schmälern können,
Tod, oder ein Gelübd’ des led’gen Standes.
Wie geht’s, Hippolyta? Kommt, meine Traute!
Ihr, Egeus und Demetrius, geht mit!
Ich hab’ euch noch Geschäfte aufzutragen
Für unser Fest; auch muß ich noch mit euch
Von etwas reden, das euch nah betrifft.
EGEUS
Dienstwillig und mit Freuden folgen wir.
(Theseus, Hippolyta, Egeus, Demetrius und Gefolge ab.)
LYSANDER
Nun, liebes Herz? Warum so blaß die Wange?
Wie sind die Rosen dort so schnell verwelkt?
HERMIA
Vielleicht, weil Regen fehlt, womit gar wohl
Sie mein umwölktes Auge netzen könnte.
LYSANDER
Weh mir! Nach allem, was ich jemals las
Und jemals hört’ in Sagen und Geschichten,
Rann nie der Strom der treuen Liebe sanft;
Denn bald war sie verschieden an Geburt –
HERMIA
O Qual! zu hoch, vor Niedrigem zu knien!
LYSANDER
Bald war sie in den Jahren mißgepaart –
HERMIA
O Schmach! zu alt, mit jung vereint zu sein!
LYSANDER
Bald hing sie ab von der Verwandten Wahl –
HERMIA
O Tod! mit fremdem Aug’ den Liebsten wählen!
LYSANDER
Und war auch Sympathie in ihrer Wahl,
So stürmte Krieg, Tod, Krankheit auf sie ein
Und macht’ ihr Glück gleich einem Schalle flüchtig,
Wie Schatten wandelbar, wie Träume kurz,
Schnell wie der Blitz, der in geschwärzter Nacht
In einem Winke Himmel und Erd’ entfaltet;
Doch eh’ ein Mensch vermag zu sagen: »Schaut!«,
Schlingt gierig ihn die Finsternis hinab:
So schnell verdunkelt sich des Glückes Schein.
HERMIA
Wenn Leid denn immer treue Liebe traf,
So steht es fest im Rate des Geschicks.
Drum laß Geduld uns durch die Prüfung lernen,
Weil Leid der Liebe so geeignet ist
Wie Träume, Seufzer, stille Wünsche, Tränen,
Der armen kranken Leidenschaft Gefolge.
LYSANDER
Ein guter Glaube! Hör’ denn, Hermia!
Es liegt nur sieben Meilen von Athen
Das Haus ’ner alten Witwe, meiner Muhme;
Sie lebt von großen Renten, hat kein Kind,
Und achtet mich wie ihren einz’gen Sohn.
Dort, Holde, darf ich mich mit dir vermählen,
Dorthin verfolgt das grausame Gesetz
Athens uns nicht: liebst du mich denn, so schleiche
Aus deines Vaters Hause morgen nacht,
Und in dem Wald, ’ne Meile von der Stadt,
Wo ich einmal mit Helena dich traf,
Um einen Maienmorgen zu begehn,
Da will ich deiner warten.
HERMIA
Mein Lysander!
Ich schwör’ es dir bei Amors stärkstem Bogen,
Bei seinem besten goldgespitzten Pfeil,
Und bei der Unschuld von Cytherens Tauben;
Bei dem, was Seelen knüpft, in Lieb’ und Glauben;
Bei jenem Feu’r, wo Dido einst verbrannt,
Als der Trojaner falsch sich ihr entwandt;
Bei jedem Schwur, den Männer je gebrochen,
Mehr an der Zahl, als Frauen je gesprochen:
Du findest sicher morgen mitternacht
Mich an dem Platz, wo wir es ausgemacht.
LYSANDER
Halt’, Liebe, Wort! Sieh, da kommt Helena.
(Helena tritt auf.)
HERMIA
Gott grüß’ Euch, schönes Kind! Wohin soll’s gehn?
HELENA
Schön nennt Ihr mich? – Nein, widerruft dies Schön!
Euch liebt Demetrius, beglückte Schöne! –
Ein Angelstern ist Euer Aug’; die Töne
Der Lippe süßer, als der Lerche Lied
Dem Hirten scheint, wenn alles grünt und blüht.
Krankheit steckt an; o tät’s Gestalt und Wesen!
Nie wollt’ ich, angesteckt von Euch, genesen!
Mein Aug’ lieh’ Euren Blick, die Zunge lieh’
Von Eurer Zunge Wort und Melodie.
Wär’ mein die Welt, ich ließ’ damit Euch schalten,
Nur diesen Mann wollt’ ich mir vorbehalten.
O lehrt mich, wie Ihr blickt! Durch welche Kunst
Hängt so Demetrius an Eurer Gunst?
HERMIA
Er liebt mich stets, trotz meinen finstern Mienen.
HELENA
O lernte das mein Lächeln doch von ihnen!
HERMIA
Ich fluch’ ihm, doch das nährt sein Feuer nur.
HELENA
Ach, hegte solche Kraft mein Liebesschwur!
HERMIA
Je mehr gehaßt, je mehr verfolgt er mich.
HELENA
Je mehr geliebt, je ärger haßt er mich.
HERMIA
Soll ich denn schuld an seiner Torheit sein?
HELENA
Nur Eure Schönheit: wär’ die Schuld doch mein!
HERMIA
Getrost! Ich werd’ ihm mein Gesicht entziehen.
Lysander wird mit mir von hinnen fliehen.
Von jener Zeit, als ich Lysandern sah,
Wie schien Athen ein Paradies mir da!
Nun denn, wofür sind Reize wohl zu achten,
Die einen Himmel mir zur Hölle machten?
LYSANDER
Laß, Helena, dir unsern Schluß vertrauen:
Wann morgen Phöbe die begrünten Auen
Mit ihrer Perlen feuchtem Schmuck betaut
Und ihre Stirn im Wellenspiegel schaut,
Wann Still’ und Nacht verliebten Raub verhehlen,
Dann wollen wir zum Tor hinaus uns stehlen.
HERMIA
Und in dem Wald, wo oftmals ich und du
Auf Veilchenbetten pflogen sanfter Ruh’,
Wo unsre Herzen schwesterlich einander
Sich öffneten, da trifft mich mein Lysander.
Wir suchen, von Athen hinweggewandt,
Uns neue Freunde dann in fremdem Land.
Leb wohl, Gespielin, bete für uns beide!
Demetrius sei deines Herzens Freude!
Lysander, halte Wort! – Was Lieb’ erquickt,
Wird unserm Blick bis morgen nacht entrückt. (Ab.)
LYSANDER
Das will ich! – Lebet wohl nun, Helena!
Der Liebe Lohn sei Eurer Liebe nah! (Ab.)
HELENA
Wie kann das Glück so wunderlich doch schalten!
Ich werde für so schön wie sie gehalten.
Was hilft es mir, solang’ Demetrius
Nicht wissen will, was jeder wissen muß?
Wie Wahn ihn zwingt, an Hermias Blick zu hangen,
Vergöttr’ ich ihn, von gleichem Wahn befangen.
Dem schlechtsten Ding an Art und an Gehalt
Leiht Liebe dennoch Ansehn und Gestalt.
Sie sieht mit dem Gemüt, nicht mit den Augen,
Und ihr Gemüt kann nie zum Urteil taugen.
Drum nennt man ja den Gott der Liebe blind.
Auch malt man ihn geflügelt und als Kind,
Weil er, von Spiel zu Spielen fortgezogen,
In seiner Wahl so häufig wird betrogen.
Wie Buben oft im Scherze lügen, so
Ist auch Cupido falscher Schwüre froh.
Eh’ Hermia meinen Liebsten mußt’ entführen,
Ergoß er mir sein Herz in tausend Schwüren;
Doch, kaum erwärmt von jener neuen Glut,
Verrann, versiegte diese wilde Flut.
Jetzt geh’ ich, Hermias Flucht ihm mitzuteilen!
Er wird ihr nach zum Walde morgen eilen.
Zwar, wenn er Dank für den Bericht mir weiß,
So kauf’ ich ihn um einen teuren Preis.
Doch will ich, mich für meine Müh’ zu laben,
Hin und zurück des Holden Anblick haben. (Ab.)
Eine Stube in einer Hütte Squenz, Schnock, Zettel, Flaut, Schnauz und Schlucker kommen
SQUENZ
Ist unsre ganze Kompagnie beisammen?
ZETTEL