Ein Sommernachtstraum - William Shakespeare - E-Book

Ein Sommernachtstraum E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Der Liebestrank des Puck stiftet Unruhe im Reich der Menschen und Elfen: Während einer lauen Sommernacht flüchten zwei Liebespaare in den Athener Wald, in dem zur gleichen Zeit Oberon und Titania, König und Königin der Elfen, einen phantastischen Ehekrach ausfechten. In dem zauberhaften Durcheinander einer verwunschenen Nacht spielt man »Bäumchen wechsle dich« oder verliebt sich gar in einen Esel. Das neben ›Romeo und Julia‹ wohl bekannteste Stück Shakespeares hat auch heute nichts von seinem überirdischen Zauber verloren.

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William Shakespeare

Ein Sommernachtstraum

Komödie

Aus dem Englischen von August Wilhelm Schlegel

Fischer e-books

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.

Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.

Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.

Personen

THESEUS, Herzog von Athen

EGEUS, Vater der Hermia

LYSANDER, Liebhaber der Hermia

DEMETRIUS, Liebhaber der Hermia

PHILOSTRAT, Aufseher der Lustbarkeiten am Hofe des Theseus

SQUENZ, der Zimmermann

SCHNOCK, der Schreiner

ZETTEL, der Weber

FLAUT, der Bälgenflicker

SCHNAUZ, der Kesselflicker

SCHLUCKER, der Schneider

 

HIPPOLYTA, Königin der Amazonen, mit Theseus verlobt

HERMIA, Tochter des Egeus, in Lysander verliebt

HELENA, in Demetrius verliebt

 

OBERON, König der Elfen

TITANIA, Königin der Elfen

DROLL, ein Elfe

BOHNENBLÜTE, SPINNWEB, MOTTE, SENFSAMEN: Elfen

 

PYRAMUS, THISBE, WAND, MONDSCHEIN, LÖWE: Rollen in dem Zwischenspiele, das von den Rüpeln vorgestellt wird

 

Andere Elfen, im Gefolge des Königs und der Königin.

Gefolge des Theseus und der Hippolyta

Szene: Athen und ein nahe gelegener Wald

Erster Aufzug

Erste Szene

Ein Saal im Palaste des Theseus Theseus, Hippolyta, Philostrat und Gefolge treten auf

THESEUS

Nun rückt, Hippolyta, die Hochzeitstunde

Mit Eil’ heran; vier frohe Tage bringen

Den neuen Mond: doch, o wie langsam nimmt

Der alte ab! Er hält mein Sehnen hin,

Gleich einer Witwe, deren dürres Alter

Von ihres Stiefsohns Renten lange zehrt.

HIPPOLYTA

Vier Tage tauchen sich ja schnell in Nächte:

Vier Nächte träumen schnell die Zeit hinweg:

Dann soll der Mond, gleich einem Silberbogen

Am Himmel neu gespannt, die Nacht beschaun

Von unserm Fest.

THESEUS

   Geh, Philostrat, berufe

Die junge Welt Athens zu Lustbarkeiten!

Erweck’ den raschen leichten Geist der Lust!

Den Gram verweise hin zu Leichenzügen:

Der bleiche Gast geziemt nicht unserm Pomp.

(Philostrat ab.)

Hippolyta! Ich habe mit dem Schwert

Um dich gebuhlt, durch angetanes Leid

Dein Herz gewonnen; doch ich stimme nun

Aus einem andern Ton, mit Pomp, Triumph,

Bankett und Spielen die Vermählung an.

(Egeus, Hermia, Lysander und Demetrius treten auf.)

EGEUS

Dem großen Theseus, unserm Herzog, Heil!

THESEUS

Mein guter Egeus, Dank! Was bringst du Neues?

EGEUS

Verdrusses voll erschein’ ich und verklage

Mein Kind hier, meine Tochter Hermia. –

Tritt her, Demetrius! – Erlauchter Herr,

Dem da verhieß mein Wort zum Weibe sie.

Tritt her, Lysander! – Und, mein gnäd’ger Fürst,

Der da betörte meines Kindes Herz.

Ja! Du, Lysander, du hast Liebespfänder

Mit ihr getauscht: du stecktest Reim’ ihr zu;

Du sangst im Mondlicht unter ihrem Fenster

Mit falscher Stimme Lieder falscher Liebe!

Du stahlst den Abdruck ihrer Phantasie

Mit Flechten deines Haares, buntem Tand,

Mit Ringen, Sträußen, Näschereien (Boten

Von viel Gewicht bei unbefangner Jugend);

Entwandtest meiner Tochter Herz mit List,

Verkehrtest ihren kindlichen Gehorsam

In eigensinn’gen Trotz. – Und nun, mein Fürst,

Verspricht sie hier vor Eurer Hoheit nicht

Sich dem Demetrius zur Eh’, so fodr’ ich

Das alte Bürgervorrecht von Athen,

Mit ihr, wie sie mein eigen ist, zu schalten.

Dann übergeb’ ich diesem Manne sie,

Wo nicht, dem Tode, welchen unverzüglich

In diesem Falle das Gesetz verhängt.

THESEUS

Was sagt Ihr, Hermia? Laßt Euch raten, Kind!

Der Vater sollte wie ein Gott Euch sein,

Der Euren Reiz gebildet; ja, wie einer,

Dem Ihr nur seid wie ein Gepräg’, in Wachs

Von seiner Hand gedrückt, wie’s ihm gefällt,

Es stehn zu lassen oder auszulöschen.

Demetrius ist ja ein wackrer Mann.

HERMIA

Lysander auch.

THESEUS

   An sich betrachtet wohl.

So aber, da des Vaters Stimm’ ihm fehlt,

Müßt Ihr für wackrer doch den andern achten.

HERMIA

O säh’ mein Vater nur mit meinen Augen!

THESEUS

Eu’r Auge muß nach seinem Urteil sehn.

HERMIA

Ich bitt’ Euch, gnäd’ger Fürst, mir zu verzeihn.

Ich weiß nicht, welche Macht mir Kühnheit gibt,

Noch wie es meiner Sittsamkeit geziemt,

In solcher Gegenwart das Wort zu führen;

Doch dürft’ ich mich zu fragen unterstehn:

Was ist das Härtste, das mich treffen kann,

Verweigr’ ich dem Demetrius die Hand?

THESEUS

Den Tod zu sterben, oder immerdar

Den Umgang aller Männer abzuschwören.

Drum fraget Eure Wünsche, schönes Kind,

Bedenkt die Jugend, prüfet Euer Blut,

Ob Ihr die Nonnentracht ertragen könnt,

Wenn Ihr der Wahl des Vaters widerstrebt,

Im dumpfen Kloster, ewig eingesperrt,

Als unfruchtbare Schwester zu verharren,

Den keuschen Mond mit matten Hymnen feiernd.

O dreimal selig, die, des Bluts Beherrscher,

So jungfräuliche Pilgerschaft bestehn!

Doch die gepflückte Ros’ ist irdischer beglückt,

Als die, am unberührten Dorne welkend,

Wächst, lebt und stirbt in heil’ger Einsamkeit.

HERMIA

So will ich leben, gnäd’ger Herr, so sterben,

Eh’ ich den Freiheitsbrief des Mädchentums

Der Herrschaft dessen überliefern will,

Des unwillkommnem Joche mein Gemüt

Die Huldigung versagt.

THESEUS

Nehmt Euch Bedenkzeit; auf den nächsten Neumond,

Den Tag, der zwischen mir und meiner Lieben

Den ew’gen Bund der Treu’ besiegeln wird,

Auf diesen Tag bereitet Euch, zu sterben

Für Euren Ungehorsam, oder nehmt

Demetrius zum Gatten, oder schwört

Auf ewig an Dianens Weihaltar

Eh’losen Stand und Abgeschiedenheit.

DEMETRIUS

Gebt, Holde, nach; gib gegen meine Rechte,

Lysander, deinen kahlen Anspruch auf!

LYSANDER

Demetrius, Ihr habt des Vaters Liebe:

Nehmt ihn zum Weibe; laßt mir Hermia!

EGEUS

Ganz recht, du Spötter! Meine Liebe hat er;

Was mein ist, wird ihm meine Liebe geben;

Und sie ist mein; und alle meine Rechte

An sie verschreib’ ich dem Demetrius.

LYSANDER

Ich bin, mein Fürst, so edlen Stamms wie er;

So reich an Gut; ich bin an Liebe reicher;

Mein Glücksstand hält die Waag’ auf alle Weise

Dem seinigen, wo er nicht überwiegt;

Und (dies gilt mehr als jeder andre Ruhm)

Ich bin es, den die schöne Hermia liebt.

Wie sollt’ ich nicht bestehn auf meinem Recht?

Demetrius (ich will’s auf seinen Kopf

Beteuern) buhlte sonst um Helena,

Die Tochter Nedars, und gewann ihr Herz;

Und sie, das holde Kind, schwärmt nun für ihn,

Schwärmt andachtsvoll, ja mit Abgötterei,

Für diesen schuld’gen, flatterhaften Mann.

THESEUS

Ich muß gestehn, daß ich dies auch gehört,

Und mit Demetrius davon zu sprechen

Mir vorgesetzt; nur, da ich überhäuft

Mit eignen Sorgen bin, entfiel es mir.

Doch ihr, Demetrius und Egeus, kommt!

Ihr müßt jetzt mit mir gehn, weil ich mit euch

Verschiednes insgeheim verhandeln will.

Ihr, schöne Hermia, rüstet Euch, dem Sinn

Des Vaters Eure Grillen anzupassen:

Denn sonst bescheidet Euch Athens Gesetz,

Das wir auf keine Weise schmälern können,

Tod, oder ein Gelübd’ des led’gen Standes.

Wie geht’s, Hippolyta? Kommt, meine Traute!

Ihr, Egeus und Demetrius, geht mit!

Ich hab’ euch noch Geschäfte aufzutragen

Für unser Fest; auch muß ich noch mit euch

Von etwas reden, das euch nah betrifft.

EGEUS

Dienstwillig und mit Freuden folgen wir.

(Theseus, Hippolyta, Egeus, Demetrius und Gefolge ab.)

LYSANDER

Nun, liebes Herz? Warum so blaß die Wange?

Wie sind die Rosen dort so schnell verwelkt?

HERMIA

Vielleicht, weil Regen fehlt, womit gar wohl

Sie mein umwölktes Auge netzen könnte.

LYSANDER

Weh mir! Nach allem, was ich jemals las

Und jemals hört’ in Sagen und Geschichten,

Rann nie der Strom der treuen Liebe sanft;

Denn bald war sie verschieden an Geburt –

HERMIA

O Qual! zu hoch, vor Niedrigem zu knien!

LYSANDER

Bald war sie in den Jahren mißgepaart –

HERMIA

O Schmach! zu alt, mit jung vereint zu sein!

LYSANDER

Bald hing sie ab von der Verwandten Wahl –

HERMIA

O Tod! mit fremdem Aug’ den Liebsten wählen!

LYSANDER

Und war auch Sympathie in ihrer Wahl,

So stürmte Krieg, Tod, Krankheit auf sie ein

Und macht’ ihr Glück gleich einem Schalle flüchtig,

Wie Schatten wandelbar, wie Träume kurz,

Schnell wie der Blitz, der in geschwärzter Nacht

In einem Winke Himmel und Erd’ entfaltet;

Doch eh’ ein Mensch vermag zu sagen: »Schaut!«,

Schlingt gierig ihn die Finsternis hinab:

So schnell verdunkelt sich des Glückes Schein.

HERMIA

Wenn Leid denn immer treue Liebe traf,

So steht es fest im Rate des Geschicks.

Drum laß Geduld uns durch die Prüfung lernen,

Weil Leid der Liebe so geeignet ist

Wie Träume, Seufzer, stille Wünsche, Tränen,

Der armen kranken Leidenschaft Gefolge.

LYSANDER

Ein guter Glaube! Hör’ denn, Hermia!

Es liegt nur sieben Meilen von Athen

Das Haus ’ner alten Witwe, meiner Muhme;

Sie lebt von großen Renten, hat kein Kind,

Und achtet mich wie ihren einz’gen Sohn.

Dort, Holde, darf ich mich mit dir vermählen,

Dorthin verfolgt das grausame Gesetz

Athens uns nicht: liebst du mich denn, so schleiche

Aus deines Vaters Hause morgen nacht,

Und in dem Wald, ’ne Meile von der Stadt,

Wo ich einmal mit Helena dich traf,

Um einen Maienmorgen zu begehn,

Da will ich deiner warten.

HERMIA

       Mein Lysander!

Ich schwör’ es dir bei Amors stärkstem Bogen,

Bei seinem besten goldgespitzten Pfeil,

Und bei der Unschuld von Cytherens Tauben;

Bei dem, was Seelen knüpft, in Lieb’ und Glauben;

Bei jenem Feu’r, wo Dido einst verbrannt,

Als der Trojaner falsch sich ihr entwandt;

Bei jedem Schwur, den Männer je gebrochen,

Mehr an der Zahl, als Frauen je gesprochen:

Du findest sicher morgen mitternacht

Mich an dem Platz, wo wir es ausgemacht.

LYSANDER

Halt’, Liebe, Wort! Sieh, da kommt Helena.

(Helena tritt auf.)

HERMIA

Gott grüß’ Euch, schönes Kind! Wohin soll’s gehn?

HELENA

Schön nennt Ihr mich? – Nein, widerruft dies Schön!

Euch liebt Demetrius, beglückte Schöne! –

Ein Angelstern ist Euer Aug’; die Töne

Der Lippe süßer, als der Lerche Lied

Dem Hirten scheint, wenn alles grünt und blüht.

Krankheit steckt an; o tät’s Gestalt und Wesen!

Nie wollt’ ich, angesteckt von Euch, genesen!

Mein Aug’ lieh’ Euren Blick, die Zunge lieh’

Von Eurer Zunge Wort und Melodie.

Wär’ mein die Welt, ich ließ’ damit Euch schalten,

Nur diesen Mann wollt’ ich mir vorbehalten.

O lehrt mich, wie Ihr blickt! Durch welche Kunst

Hängt so Demetrius an Eurer Gunst?

HERMIA

Er liebt mich stets, trotz meinen finstern Mienen.

HELENA

O lernte das mein Lächeln doch von ihnen!

HERMIA

Ich fluch’ ihm, doch das nährt sein Feuer nur.

HELENA

Ach, hegte solche Kraft mein Liebesschwur!

HERMIA

Je mehr gehaßt, je mehr verfolgt er mich.

HELENA

Je mehr geliebt, je ärger haßt er mich.

HERMIA

Soll ich denn schuld an seiner Torheit sein?

HELENA

Nur Eure Schönheit: wär’ die Schuld doch mein!

HERMIA

Getrost! Ich werd’ ihm mein Gesicht entziehen.

Lysander wird mit mir von hinnen fliehen.

Von jener Zeit, als ich Lysandern sah,

Wie schien Athen ein Paradies mir da!

Nun denn, wofür sind Reize wohl zu achten,

Die einen Himmel mir zur Hölle machten?

LYSANDER

Laß, Helena, dir unsern Schluß vertrauen:

Wann morgen Phöbe die begrünten Auen

Mit ihrer Perlen feuchtem Schmuck betaut

Und ihre Stirn im Wellenspiegel schaut,

Wann Still’ und Nacht verliebten Raub verhehlen,

Dann wollen wir zum Tor hinaus uns stehlen.

HERMIA

Und in dem Wald, wo oftmals ich und du

Auf Veilchenbetten pflogen sanfter Ruh’,

Wo unsre Herzen schwesterlich einander

Sich öffneten, da trifft mich mein Lysander.

Wir suchen, von Athen hinweggewandt,

Uns neue Freunde dann in fremdem Land.

Leb wohl, Gespielin, bete für uns beide!

Demetrius sei deines Herzens Freude!

Lysander, halte Wort! – Was Lieb’ erquickt,

Wird unserm Blick bis morgen nacht entrückt. (Ab.)

LYSANDER

Das will ich! – Lebet wohl nun, Helena!

Der Liebe Lohn sei Eurer Liebe nah! (Ab.)

HELENA

Wie kann das Glück so wunderlich doch schalten!

Ich werde für so schön wie sie gehalten.

Was hilft es mir, solang’ Demetrius

Nicht wissen will, was jeder wissen muß?

Wie Wahn ihn zwingt, an Hermias Blick zu hangen,

Vergöttr’ ich ihn, von gleichem Wahn befangen.

Dem schlechtsten Ding an Art und an Gehalt

Leiht Liebe dennoch Ansehn und Gestalt.

Sie sieht mit dem Gemüt, nicht mit den Augen,

Und ihr Gemüt kann nie zum Urteil taugen.

Drum nennt man ja den Gott der Liebe blind.

Auch malt man ihn geflügelt und als Kind,

Weil er, von Spiel zu Spielen fortgezogen,

In seiner Wahl so häufig wird betrogen.

Wie Buben oft im Scherze lügen, so

Ist auch Cupido falscher Schwüre froh.

Eh’ Hermia meinen Liebsten mußt’ entführen,

Ergoß er mir sein Herz in tausend Schwüren;

Doch, kaum erwärmt von jener neuen Glut,

Verrann, versiegte diese wilde Flut.

Jetzt geh’ ich, Hermias Flucht ihm mitzuteilen!

Er wird ihr nach zum Walde morgen eilen.

Zwar, wenn er Dank für den Bericht mir weiß,

So kauf’ ich ihn um einen teuren Preis.

Doch will ich, mich für meine Müh’ zu laben,

Hin und zurück des Holden Anblick haben. (Ab.)

Zweite Szene

Eine Stube in einer Hütte Squenz, Schnock, Zettel, Flaut, Schnauz und Schlucker kommen

SQUENZ

Ist unsre ganze Kompagnie beisammen?

ZETTEL