Ein Traum wird wahr - Michaela Dornberg - E-Book

Ein Traum wird wahr E-Book

Michaela Dornberg

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Beschreibung

Im Sonnenwinkel ist eine Familienroman-Serie. Schauplätze sind der am Sternsee gelegene Sonnenwinkel und die Felsenburg, eine beachtliche Ruine von geschichtlicher Bedeutung. Mit Michaela Dornberg übernimmt eine sehr erfolgreiche Serienautorin, die Fortsetzung der beliebten Familienserie "Im Sonnenwinkel". Michaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen. Sie kennt den idyllischen Flecken Erlenried und die sympathische Familie Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi. Wenn Maja Greifenfeld etwas nicht beeindruckte, dann waren das teure Autos. Die waren in ihrem Leben eine Selbstverständlichkeit, ihre Eltern hatten welche besessen, und der Wagen, den sie gerade fuhr, hatte auch mehr als nur eine Kleinigkeit gekostet. Nachdem sie so stark gebremst hatte, dass ihr Auto fast aus der Spur geraten wäre, legte sie den Rückwärtsgang ein, setzte zurück und blieb ein wenig entfernt hinter dem Wagen stehen, der ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Das nicht ohne Grund. Sie kannte nur zwei Männer, die diesen Wagen im Werte eines Einfamilienhauses oder einer Penthouse-Wohnung fuhren, und das war einmal ihr Bruder Georg, für den auffallen alles war, und den zweiten Wagen fuhr ein Mann, der, genau wie ihr Bruder, Testosteron gesteuert war. Sie kannte dessen Autonummer nicht, doch das Fahrzeug war in ihrer Heimatstadt zugelassen worden, musste also dem zweiten Mann gehören. Doch was sollte der ausgerechnet hier im verträumten Sonnenwinkel machen? Das passte überhaupt nicht zu ihm, nicht zu jemandem, der die Öffentlichkeit suchte, der publicitygeil war. Es irritierte sie sehr, und Maja gehörte nicht zu den Menschen, die es auf sich beruhen ließen, sondern die einer Sache auf den Grund gingen. Es war schon ein Zufall, dass sie nicht, wie ursprünglich geplant war, zum See gegangen war, sondern sich für eine Erkundung des Sonnenwinkels und der Umgebung entschlossen hatte. Und dass sie dabei ausgerechnet dieses Erlebnis der besonderen Art hatte, weckte irgendwie ihre Neugier. Sie hatte keine Eile, und sie saß gemütlich in ihrem Auto. Sie konnte warten. Ihre Geduld wurde allerdings auf eine harte Probe gestellt, schon überlegte Maja, ob sie ihren Weg nicht fortsetzen sollte, denn was hatte sie eigentlich davon, ihn zu sehen? Vielleicht ein paar belanglose Worte mit ihm zu sprechen, die über das Wetter nicht hinausgingen. Im Grunde genommen konnte sie sich das ersparen. Sie kannte ihn zwar, doch sie mochte ihn nicht. Das lag keineswegs daran, dass er nicht in ihr Beuteschema passte. Er hatte etwas an sich, was ihr missfiel, er war ihr zu glatt, zu beflissen. Sie fand sein Verhalten aufgesetzt.

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Der neue Sonnenwinkel – 66 –

Ein Traum wird wahr

…aber nur, wenn du dein Zaudern und Zögern überwindest!

Michaela Dornberg

Wenn Maja Greifenfeld etwas nicht beeindruckte, dann waren das teure Autos. Die waren in ihrem Leben eine Selbstverständlichkeit, ihre Eltern hatten welche besessen, und der Wagen, den sie gerade fuhr, hatte auch mehr als nur eine Kleinigkeit gekostet.

Doch das jetzt …

Nachdem sie so stark gebremst hatte, dass ihr Auto fast aus der Spur geraten wäre, legte sie den Rückwärtsgang ein, setzte zurück und blieb ein wenig entfernt hinter dem Wagen stehen, der ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Das nicht ohne Grund. Sie kannte nur zwei Männer, die diesen Wagen im Werte eines Einfamilienhauses oder einer Penthouse-Wohnung fuhren, und das war einmal ihr Bruder Georg, für den auffallen alles war, und den zweiten Wagen fuhr ein Mann, der, genau wie ihr Bruder, Testosteron gesteuert war.

Sie kannte dessen Autonummer nicht, doch das Fahrzeug war in ihrer Heimatstadt zugelassen worden, musste also dem zweiten Mann gehören.

Doch was sollte der ausgerechnet hier im verträumten Sonnenwinkel machen? Das passte überhaupt nicht zu ihm, nicht zu jemandem, der die Öffentlichkeit suchte, der publicitygeil war.

Es irritierte sie sehr, und Maja gehörte nicht zu den Menschen, die es auf sich beruhen ließen, sondern die einer Sache auf den Grund gingen.

Es war schon ein Zufall, dass sie nicht, wie ursprünglich geplant war, zum See gegangen war, sondern sich für eine Erkundung des Sonnenwinkels und der Umgebung entschlossen hatte. Und dass sie dabei ausgerechnet dieses Erlebnis der besonderen Art hatte, weckte irgendwie ihre Neugier. Sie hatte keine Eile, und sie saß gemütlich in ihrem Auto. Sie konnte warten. Ihre Geduld wurde allerdings auf eine harte Probe gestellt, schon überlegte Maja, ob sie ihren Weg nicht fortsetzen sollte, denn was hatte sie eigentlich davon, ihn zu sehen? Vielleicht ein paar belanglose Worte mit ihm zu sprechen, die über das Wetter nicht hinausgingen. Im Grunde genommen konnte sie sich das ersparen. Sie kannte ihn zwar, doch sie mochte ihn nicht. Das lag keineswegs daran, dass er nicht in ihr Beuteschema passte. Er hatte etwas an sich, was ihr missfiel, er war ihr zu glatt, zu beflissen. Sie fand sein Verhalten aufgesetzt. Ihr Bruder Georg allerdings fuhr voll auf ihn ab, war auch ein sehr guter Kunde dieses Mannes. Privat begegneten sie sich an den Orten, wo sich die Reichen und Schönen tummelten. Anfangs hatte es eine gewisse Irritation gegeben, weil sie beide den gleichen Wagen der Superlative fuhren, doch das hatte sich dann gelegt, sie sogar noch immer miteinander verbunden. Sie tickten halt in jeder Hinsicht ähnlich. Ihr Lebensmotto lautete, zuerst komme ich, dann irgendwann nach einer ganzen Weile kommen die anderen.

Maja steckte den Schlüssel in die Zündung, weil es wirklich keinen Sinn machte auf jemanden zu warten, mit dem man sich nichts zu sagen hatte.

Gerade, als sie starten wollte, tat sich was. Ein Mann kam eilig aus einem der Häuser heraus, mit etwas, was wie ein Bild aussah, öffnete seinen Kofferraum, um das Paket zu verstauen.

Er war es.

Maja hatte es eilig, aus ihrem Auto zu steigen und zu rufen: »Herr Boll, was für eine Überraschung, Sie sind es wirklich. Doch es konnte ja auch nicht anders sein, einen solchen Wagen fahren nur mein Bruder Georg und Sie.«

Arne Boll war äußerst irritiert, man konnte sagen unangenehm berührt. Er vergaß ganz, sein Paket im Kofferraum zu verstauen, quälte sich ein Lächeln ab und antwortete: »Frau Greifenfeld, was machen Sie denn hier?«

»Oh, das könnte ich Sie ebenfalls fragen, Herr Boll. Diese Idylle hier gehört ja nicht unbedingt zu den Schauplätzen, an denen Sie sich normalerweise aufhalten, oder?«

Ihm war anzusehen, wie sehr und angestrengt er überlegte, Maja Greifenfeld ausgerechnet hier zu sehen, daran hätte er im Traum nicht gedacht.

»Ich …, äh…, ich habe einen Freund besucht, der kürzlich hier eine Wohnung genommen hat. Er braucht seine Ruhe, hat …, er hat …, äh …, eine unangenehme Trennung hinter sich.«

Sie merkte ihm an, dass er log. Doch warum eigentlich? Er war ihr keine Rechenschaft über sein Tun schuldig. Weswegen eierte er so herum und war das personifizierte schlechte Gewissen?

»Trennungen sind immer schmerzlich«, sagte sie zuckersüß, »es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie Ihren armen Freund besucht haben. Und jetzt hat er Ihnen wohl ein Bild seiner Frau mitgegeben, weil er es nicht mehr sehen kann, da es zu schmerzliche Erinnerungen in ihm weckt.«

Er starrte Maja an, auf das Paket, dass ließ er wie eine heiße Kartoffel in den geöffneten Kofferraum fallen, dann antwortete er: »Ich…, äh…, nein …, er hat es mir mitgegeben, damit ich es für ihn rahmen lassen kann.«

Wieder gelogen!

»Was für ein Aufwand, Herr Boll. Ihr armer, bedauernswerter Freund hätte nur nach Hohenborn fahren müssen. Dort bekommt man beinahe alles und das auf hohem Niveau.«

Er schluckte. »Na ja, ich, er …«, er brachte wirklich keinen einzigen gescheiten Satz über seine Lippen. Und da sie diesen Mann ganz anders kannte, er konnte reden wie ein Buch, ahnte Maja, dass da etwas nicht stimmte. Auch, wenn er mit seinen nächsten Worten eine Erklärung zu geben versuchte. »Meine liebe Frau Greifenfeld, vergessen Sie bitte nicht, dass ich Galerist bin und zwar selbst keine Rahmen verkaufe, doch schon weiß, das werden Sie mir zusprechen, welcher Rahmen am besten zu welchem Bild passt. Außerdem habe ich die allerbesten Beziehungen zu Einrahmern und bekomme entsprechende Konditionen.«

Warum redete er ohne Punkt und Komma? Er war ihr überhaupt keine Erklärung schuldig, sie hätten sich begrüßen können, und dann wäre jeder seinen eigenen Weg gegangen, in diesem Falle gefahren So wäre es auch geschehen, doch er hatte sie jetzt neugierig gemacht.

Ahnte er, dass sie nun anfangen würde Fragen zu stellen? Auf einmal hatte er es sehr eilig. »Frau Greifenfeld, ich muss dann mal. Also dann.«

Er nickte ihr zu, verschwand in seinem Auto und brauste davon, ja, brauste.

Irritiert blieb Maja stehen. Was war das denn jetzt gewesen?

Er hatte sie nicht einmal andeutungsweise gefragt, weswegen sie eigentlich hier war.

Sie blickte auf die andere Straßenseite, alles nette, aber doch recht unscheinbare Häuser. Jemand, der mit diesem Galeristen befreundet war, zog niemals nicht nur in den verträumten Sonnenwinkel, sondern in eines dieser Häuser. Die waren einfach zu bürgerlich, und das Haus, aus dem Arne Boll gekommen war, wirkte zudem ein wenig heruntergekommen, war renovierungsbedürftig.

Sie konnte sich nur wiederholen. Da stimmte etwas nicht.

War es etwas mit dem Bild?

Es war ihm sichtlich unangenehm gewesen, dass sie ihn damit gesehen hatte, und seine Erklärungen waren ziemlich dürftig gewesen.

In diese Richtung zu denken, das machte überhaupt keinen Sinn. Einen Picasso hatte man in diesem bürgerlichen Haus ganz gewiss nicht gefunden, und darunter tat es dieser Snob nicht. Außerdem, warum sollte sich der Bewohner oder die Bewohner ausgerechnet an Arne Boll, den hochgestochenen Galeristen gewandt haben, zudem es auch einen in Hohenborn gab, einen recht guten sogar.

Vielleicht war es doch ein Freund, den er besucht hatte, und ihm war es peinlich, ihn aus einem leicht schäbigen Haus kommen zu sehen? Auch solche Gedanken machten keinen Sinn, weil Arne Boll keine Freunde besaß, der in so einer Gegend, in so einer Hütte wohnte!

Als sie losfuhr, blickte Maja noch einmal zu dem Haus, entdeckte an einem Fenster die Gestalt eines Mannes. Allerdings zog dieser Mann sich sofort zurück, als er ihren Blick bemerkte. Sie hatte das Gesicht erkannt, war sich allerdings direkt sicher, diesen Mann noch nie zuvor gesehen zu haben. Er gehörte keinesfalls zum harten Kern der Clique um diesen Galeristen.

Maja ärgerte sich über sich selbst, dass sie aus dieser Lappalie jetzt so einen Film drehte. Es war nichts passiert, trieb ihre Fantasie Blüten, weil hier sonst nicht viel geschah?

Am besten war es, alles zu vergessen, Schwamm darüber, zumal Arne Boll wirklich nicht zu den Menschen gehörte, mit denen sie sich beschäftigte. Und ein Bild gekauft hatte sie auch noch nicht bei ihm, und alle Einladungen zu Vernissagen hatte sie abgelehnt, und so verhielt es sich auch mit anderen Events. Sie mochte nicht nur diesen Arne Boll nicht. Sie hatte auch keine Lust, ihrem Bruder zu begegnen, der sich so etwas nicht entgehen ließ. Es wunderte sie schon ein wenig, dass sie die Einladungen bekam, ihr Bruder und sie waren noch nie ein Herz und eine Seele gewesen. Aber weil sie noch niemals hingegangen war, wusste er vermutlich auch nicht, dass Arne Boll sie stets bedachte. Das spielte jetzt keine Rolle. Und sie musste aufhören, sich weiterhin damit zu beschäftigen. Sie konnte sich ja die weitere Herumgurkerei ersparen und direkt zur Mühle fahren. Denn dort bekam man nicht nur dieses unvergleichliche Brot, sondern man konnte sich auch hinsetzen, einen Kaffee trinken und selbst gebackenen Kuchen essen, der täglich wechselte. Und es gab auch immer nur eine Sorte. Das war ein geliebter Nebenjob der Chefin, nötig hatten sie es nicht, denn ihnen wurde das Brot nur so aus der Hand gerissen, und es wurde sogar verschickt, weil sich über den Sonnenwinkel hinaus herumgesprochen hatte, was für ein köstliches Biobrot man in der alten Mühle bekam, die allerdings mit den neuesten technischen Hilfsmitteln ausgestattet war. Nur bei den Produkten legte man Wert auf Tradition und vor allem darauf, dass alles dem allerhöchsten Biostandard entsprach.

Ja, die Mühle.

So würde sie es machen, und sie war jetzt schon gespannt, welchen Kuchen man dort heute servierte. Und hoffentlich gab es davon noch etwas. Denn wer zu spät kam, den strafte nicht das Leben, aber der saß vor einem leeren Teller und konnte sich nur noch die Schwärmerei der Gäste anhören, die nicht leer ausgegangen waren.

Es waren nicht nur der Kuchen und das Brot, was in ihr ein Gefühl der Wärme aufsteigen ließ. Sie kannte die Mühle schon von früher, als sie als Kind hier gewesen war. Nur hatte es damals noch keinen Kuchen gegeben, doch Brot kaufen konnte man. Nicht so viele Sorten wie heutzutage, da war man mit der Zeit gegangen, doch die Qualität war gleich geblieben.

Arne Boll …

Als sie zur Mühle fuhr, musste sie an diesen Mann denken, an sein merkwürdiges Verhalten. Was für ein Bild es wohl gewesen war? Mit dem von ihr gesehen zu werden, hatte ihn eindeutig verunsichert.

Nein!

Das war ihre Wahrnehmung, sie bog in eine Parkbucht ein.

Der Parkplatz war fast voll, doch es war ein ständiges Kommen und Gehen. Nicht alle Leute tranken Kaffee und aßen Kuchen, sie waren nur gekommen, um Brot zu kaufen. Und das würde Maja ebenfalls gleich tun.

Sie war aufgeregt, als sie das kleine, gemütliche Café betrat, das eher einer heimeligen Bauernstube entsprach. Beinahe alle Plätze waren besetzt, sie fand glücklicherweise noch einen Platz, weil eine Dame mittleren Alters gerade von dem kleinen Ecktischchen aufgestanden war, ihr freundlich zunickte und sagte: »Heute gibt es einen Kirsch-Streusel-Kuchen, der ist so köstlich. Man könnte sich hineinlegen. Es ist wirklich jammerschade, dass man an all die fantastischen Rezepte nicht herankommt. Die kriegt man um keinen Preis der Welt.«

»Ich kann das gut verstehen. Die würden Sie doch ebenfalls nicht preisgeben. Sie sind seit Generationen Familiengeheimnisse.«

Die Dame seufzte.

»Ich habe ja schon mehr als nur einmal Kuchen mitgenommen, habe versucht, alle Zutaten herauszufinden, ich habe ihn nachgebacken. Er hat immer nach nichts geschmeckt, und das ist sehr enttäuschend, und deswegen habe ich beschlossen, es einfach zu lassen, herzukommen und den Kuchen zu genießen.«

Sie blickte Maja an.

»Haben Sie es auch schon mal versucht?«, erkundigte die Dame sich.

Darauf hatte Maja nur eine einzige Antwort, die alles besagte: »Ich kann nicht backen.«

Der Dame war anzusehen, dass sie das nicht glauben konnte, sie schnappte nach Luft, und gewiss hätte es noch eine Grundsatzdiskussion um das Backen gegeben, wäre nicht eine sehr nette Bedienung mittleren Alters an den Tisch gekommen, um sich nach Majas Wünschen zu erkundigen.

»Ich nehme ein Stück Kuchen und dazu bitte einen Café Latte.«

Die Dame entschuldigte sich und ging, weil Maja noch eine Frage an die Bedienung hatte, nicht wirklich, sie hatte einfach nur keine Lust darauf, diese Kuchendiskussion fortzusetzen. Sie konnte wirklich nicht backen. Und es noch lernen zu wollen, stand weder auf ihrer Prioritäten- noch auf ihrer To-Do-Liste.

Als sie wieder allein war, blickte sie sich um. Das tat sie gern, Menschen beobachten. Und es erstaunte sie immer wieder, wie gemischt das Publikum hier doch war. An einem Tisch saßen zwei junge Mädchen, unterhielten sich, kicherten, etwas weiter hatte man für eine Großfamilie einfach zwei Tische zusammengeschoben, etwas weiter ließ sich ein älterer Herr seinen Kuchen schmecken. Und an einem der Tische saß ein Mann, der ungefähr in ihrem Alter sein mochte und der sie unverhohlen musterte, und dann begann er auch noch mit ihr zu flirten. Sie ertappte sich dabei, dass ihr das nicht einmal unangenehm war. Er sah gut aus, trug einen Anzug, der ganz gewiss nicht von der Stange war. Er aß keinen Kuchen, sondern bestellte sich gerade einen doppelten Espresso.

Was hatte diesen Mann um diese Zeit hierher getrieben?

Normalerweise arbeitete man doch. War er ein Handelsvertreter, der sich eine kurze Pause gönnte? Dafür sprach der Espresso.

Er lächelte ihr zu, sie wollte gerade sein Lächeln erwidern. Warum nicht? Er gefiel ihr, und hier in dieser Gegend standen die Männer nicht unbedingt Schlange, um sie kennenzulernen. Und niemand wusste, dass sie mehr als nur vermögend war. Wer sich dann für sie interessierte, der hatte keine unlauteren Absichten. Im Laufe der Jahre war Maja vorsichtig geworden, denn sie war schon auf mehr als nur einen Mitgiftjäger hereingefallen, die ihr Gefühle vorgegaukelt hatten, die nicht echt gewesen waren.

Doch auf einmal sah sie etwas, was ihr das Lachen vergehen ließ. Er tat sich Zucker in den gerade servierten Espresso, und dabei war er nicht zu übersehen, der goldene Ring an seinem rechten Finger.

Sofort erstarrte sie, widmete sich nur noch ihrem Kaffee und Kuchen und schickte keinen einzigen Blick mehr in seine Richtung.

Das hatte sie auch schon mal erlebt, eine Affäre mit einem verheirateten Mann, der sie belogen, ihr das Blaue vom Himmel versprochen hatte. Und nichts war geschehen, von wegen eine Frau, mit der er sich nichts mehr zu sagen hatte, er hatte von einer bevorstehenden Scheidung gesprochen. Das Schicksal konnte manchmal ganz schön grausam sein, doch andererseits war eine solche Erfahrung heilsam, und das Ende mit Schrecken war auf jeden Fall besser als ein Schrecken ohne Ende und Illusionen, die schon zerplatzt waren, ehe man sie sich gemacht hatte. Sie hatte ihn und sie in inniger Umarmung gesehen, sie hatten sich sogar geküsst. Und Maja wunderte sich über sich selbst, dass sie die Kraft aufgebracht hatte, sich zu dem Paar zu gesellen und dann auch noch zu fragen: »Ist das deine Ehefrau, von der du dich scheiden lassen möchtest, um mich zu heiraten? Du, ich würde das nicht tun, nicht bei all den Gefühlen, die da noch im Spiel sind.«

Danach hatte sie sich umgedreht, war gegangen, ein Gefühl des Triumphes hatte sie nicht verspürt, im Gegenteil. Sie hatte Mühe, ihre Tränen zu unterdrücken, weil sie sich so verarscht gefühlt hatte, ausgerechnet sie, die tough war, die wusste, wo es längs ging war darauf hereingefallen. Eines hatte sie auf jeden Fall aus der Affäre gelernt.

Nie wieder mit einem verheirateten Mann etwas anfangen!

Es war ja bereits eine ganze Weile her, und es tat lange schon nicht mehr weh. Doch an ihren guten Vorsatz hatte sie sich bis heute gehalten. Und da hatte es mehr als nur einen Mann gegeben, der ihr Avancen gemacht hatte. Sie wusste nicht, wie es sich bei den verheirateten Frauen verhielt, da konnte sie nicht mir reden, weil sie noch niemals verheiratet gewesen war. Verheiratete Männer gingen auf jeden Fall gern und oft über die Dörfer.

Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie der Mann seinen Espresso austrank, ihr einen Blick zuwarf, überlegte, dann erhob er sich, nachdem er bezahlt hatte und ging nicht auf geradem Weg zur Tür, sondern an ihrem Tisch vorbei.

Da zögerte er, war drauf und dran, Maja anzusprechen. Doch die warf ihm einen Blick zu, der ihm das Blut in den Adern gefrieren lassen musste. Als sei der Leibhaftige hinter ihm her, verließ er eilig das Café.

Schade, dass die guten Männer kaum auf dem Markt waren, die gingen auch, wenn bei denen mal eine Verbindung zerbrach, unter der Hand weg.

Irgendwann würde sie ihr Leben schon ganz gern mit jemandem teilen, doch ob sie ihren Mr Right mal finden würde? Das stand in den Sternen. Doch noch musste sie sich keine Gedanken machen. Klar hätte sie schon gern das, wovon alle Frauen, zumindest die meisten, träumten, von Mann und Kindern. Noch hatte sie Zeit, noch tickte ihre biologische Uhr nicht, zudem die Frauen heutzutage immer später ihre Kinder bekamen.

Sie schob sich das letzte Stückchen Kuchen in den Mund, spülte es mit dem letzten Schluck Café Latte herunter und überlegte.

Der Kuchen war wirklich so was von lecker gewesen. Sollte sie sich noch ein zweites Stück davon bestellen? Aus den Augenwinkeln heraus konnte sie beobachten, dass kaum noch etwas davon vorhanden war. Eigentlich hatte sie in den ›Seeblick‹ gehen wollen, doch da ging sie jeden Abend hin oder ließ sich etwas bringen, abgesehen von dem wöchentlichen Ruhetag, da begnügte sie sich mit einem Brot.

Die Bedienung ging gerade bei ihr vorbei, rasch bestellte sie sich noch ein Stück Kuchen, diesmal dazu allerdings einen großen Becher Kaffee. Wenn sie das gegessen hatte, dann würde sie pappsatt sein und nirgendwohin gehen. Hoffentlich gab es einen guten Film im Fernsehen. Es gab ja Ergänzungsprogramme, doch darum hatte sie sich noch nicht gekümmert. Und eigentlich wäre sie ja auch nicht hier, wäre ihr in New York diesmal nicht alles auf die Nerven gegangen.

Sie bekam ihren Kuchen und Kaffee, und die Bedienung sagte lachend: »Da hatten Sie aber Glück, meine Dame. Es war das letzte Stück. Alle anderen Gäste gehen nun leer aus.«

Maja freute sich, und sie wollte sich überhaupt nicht ausmalen, wie enttäuscht sie gewesen wäre, hätte sie den Kuchen jetzt nicht bekommen. Klar wäre es kein Beinbruch gewesen, doch wenn man sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, bekam man es nur schwer wieder hinaus. Im Gegenteil, man steigerte sich hinein, und in den Gedanken wurde dann auch Blech ganz schnell Gold.

Maja genoss ihren Kuchen, jetzt erst recht, und dabei dachte sie weder an diesen Galeristen noch an den verheirateten Mann, der mit ihr geflirtet hatte. Es gab ringsum einiges zu sehen, und obwohl es keinen Kuchen mehr gab, blieben die Gäste, um dann wenigstens etwas zu trinken.

Warum stellte man eigentlich nicht mehr Kuchen her? Der würde doch reißend weggehen? Weil eine Verknappung die Begehrlichkeit erhöhte?