Einmal Gärtner - immer Gärtner - Beverley Nichols - E-Book

Einmal Gärtner - immer Gärtner E-Book

Beverley Nichols

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Beschreibung

Wer einmal mit dem Gärtnern angefangen hat, betritt entweder nie wieder ein Fleckchen Grün oder ist für immer unrettbar verloren. "Einmal Gärtner – immer Gärtner": das ist Beverley Nichols, wie man ihn kennt und schätzt. Pflanzen, Blumen, Bäume sind ihm Musik pur und wenn die ein oder andere Katze dort ihr Wesen entfaltet, dann ist es das reine Glück. "Einmal Gärtner – immer Gärtner" ist ein liebevolles Buch, gewürzt mit der gleichen Dosis an Spleenigkeit und Humor, die die Leser mehrerer Generationen mit Mr Nichols verbinden. Das einzig Vorhersehbare an seinen Geschichten ist, dass es auf jeder Seite eine Überraschung gibt – und man über die meisten lachen kann.

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Seitenzahl: 154

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Inhalt

[Cover]

Titel

Widmung

I. Vom Winde verweht

II. Musik und Rosen

III. Katzen

IV. Eine Frage der Planung

V. Gärtnern für Senioren

Danksagung

Editorische Notiz

Autorenporträt

Übersetzerportrait

Über das Buch

Impressum

[Leseprobe – Sissinghurst]

Widmung

Im Gedenken

an

gewisse kätzische Gefährten,

die dem Autor

während der Arbeit an

diesem Buch

unermüdlich

zur Seite standen.

Nicht nur im Garten,

sondern

auch am Schreibtisch,

und seinen Worten

die Billigung ihres gedämpften Schnurrens

und die Zustimmung ihrer schmutzigen Pfoten

gewährten.

IVom Winde verweht

Eines Tages fragte mich mein Freund Marius, wann ich meinen nächsten Kriminalroman schreiben würde.

»Keine Ahnung, Marius. Es gibt immer so viel anderes zu tun. Wieso fragst du?«

Er lehnte sich im Liegestuhl zurück und streckte die langen, eleganten Beine von sich. Sein Blick folgte dem Flug eines Büschels Distelwolle, das vom Common her über die Mauer gesegelt kam. Es verfing sich in den Zweigen des Birnbaums, von wo es irgendwann weiterschweben würde, um uns allen eine Menge Ärger zu machen.

Dann sagte er: »Weil ich glaube, dass ich eine Idee für dich habe. Dein Detektiv, Mr Green, war doch auch Gärtner, der übrigens ein ziemlich beeindruckender alter Herr ist.«

»Ab und zu bin sogar ich beeindruckt.«

»Ob er dich auch in der Situation beeindruckt hätte, die ich im Sinn habe? Hättest du einen Moment Zeit, darüber zu reden?«

»Wir haben den ganzen Nachmittag.«

»Gut. Fangen wir mit dem eigentlichen Verbrechen an. Hättest du etwas gegen Brandstiftung einzuwenden?«

»Wäre etwas anderes als der übliche Mord.«

»Dachte ich mir, dass du so denkst. Nehmen wir also an, dass Mr Green von einer Versicherung angeheuert wird, um die hoch verdächtigen Umstände eines Brandes zu untersuchen, bei dem ein großes Anwesen zerstört wurde. Wärst du mit einem Herrenhaus aus dem achtzehnten Jahrhundert, erbaut im palladianischen Stil, irgendwo an der irischen Küste einverstanden?«

»Sehr sogar.«

»Und könntest du dir als handelnde Personen einen verarmten Earl vorstellen, verheiratet mit einer schönen, zwanzig Jahre jüngeren Frau, und einen missratenen Sohn und Erben, der alle Anzeichen von Drogenmissbrauch zeigt?«

»Klingt vielversprechend.«

»Gut. Mr Green fährt also nach Irland, lernt die Familie kennen, sieht sich die Ruine an, dreht Steine um, beschnuppert die Asche. In den ersten Kapiteln wirst du wahrscheinlich alle Hände voll mit den falschen Fährten zu tun haben, die du so meisterlich legst.«

»Danke für das Kompliment.«

»Dann aber – gegen Ende des ersten Teils – kommt der Abend, an dem Mr Green seine erste Entdeckung macht. Schön wäre Mondlicht, in dem sich seine kleine Gestalt vor den bröckelnden Mauern des alten Hauses abzeichnet. Er bückt sich, zückt sein Vergrößerungsglas und rupft ein Unkraut aus, das sich aus der verbrannten Erde hervorgekämpft hat. Bückt sich erneut und pflückt eine weitere Pflanze. Er schlägt beide in ein Stück Seidenpapier ein, steckt alles in seine Brieftasche, richtet sich auf, hebt den Blick zum Mond und blinzelt. Ich glaube mich zu erinnern, dass du ihn immer blinzeln lässt, wenn er eine Spur aufnimmt?«

»Richtig. Aber wieso blinzelt er jetzt?«

»Vielleicht kommst du darauf, wenn ich dir die Namen der Pflanzen verrate. Chamaenerion angustifolium und Senecio rupestris beziehungsweise squalidus.«

»Sagt mir gar nichts.«

»Offenbar ist Mr Green ein besserer Botaniker als sein Erfinder. Das schmalblättrige Weidenröschen und das Felsen-Greiskraut.«

Diese Namen waren mir vertraut. »Und was haben sie mit deiner Brandstiftung zu tun?«

Marius lachte leise. »Vielleicht empfinde ich jetzt dieselbe Befriedigung wie du, wenn du deine Leser in die Irre führst. Ich will dir noch einen Hinweis geben … die Mafia.«

»Die Mafia? Ich gebe auf.«

»Dann erkläre ich es dir. Es ist ganz simpel. Zumindest scheint Mr Green das zu meinen.«

Woraufhin Marius mir die »Erklärung« lieferte. Sie war tatsächlich simpel, und trotz ihrer Raffinesse glaubhaft.

Als Mr Green die beiden Unkräuter entdeckte, die sich aus der verbrannten Erde hervorzwängten, das schmalblättrige Weidenröschen und das Felsen-Greiskraut, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, und er erinnerte sich daran, dass er sie vor vielen Jahren anlässlich einer anderen Gelegenheit zusammen hatte wachsen sehen, nämlich nach Kriegsende, in den Ruinen einer ausgebombten Kirche im Herzen Londons. Er erinnerte sich auch daran, wie es vielleicht vielen älteren Lesern geht, dass nach dem Feuer und dem Schlachtgetümmel immer diese beiden Pflanzen als Erste auftauchten, um das Geröll mit ihren bescheidenen Blüten zu überziehen, als versuche die Natur, die hässlichen Wunden mit einem improvisierten Verband zu verhüllen. Als neugieriger Mensch und »besserer Botaniker als sein Erfinder« stellte Mr Green Nachforschungen an und fand heraus, dass die beiden Pflanzen eine besondere Vorliebe für verbrannte Erde haben. Die ursprüngliche Heimat des Felsen-Greiskrauts, das sich von dort über ganz Europa ausbreitete, war nämlich die »vulkanische Erde an den Hängen des Ätna in Sizilien, wo auch die Mafia beheimatet ist«.

Hier nun das Ass, das Marius aus dem Ärmel zog. Der Gärtner des niedergebrannten Anwesens war Sizilianer und steckte mit dem missratenen, Drogen konsumierenden Sohn des Hauses unter einer Decke. Gemeinsam hatten die beiden den einsamen Küstenstreifen als Umschlagplatz für die Drogen benutzt, auf deren Verbreitung die Mafia spezialisiert ist. Die Samen der beiden Unkräuter, die übrigens im heutigen Irland nur noch selten zu finden sind, waren in den Aufschlägen sizilianischer Hosen an Land gebracht worden.

Daraus wäre, in der Tat, eine schöne Geschichte zu machen, aber ich war schließlich angetreten, um ein neues Gartenbuch zu schreiben. Und außerdem sehe ich nicht ein, wieso ich meinen schreibenden Kollegen kostenlose Romanideen zur Verfügung stellen sollte.

Was sind Unkräuter? Und wie gelangen sie in unsere Gärten?

Die schönste Definition von Unkraut, die ich je gelesen habe, wurde von einem klugen Direktor von Kew Gardens, Sir Edward Salisbury, geprägt, der schrieb: »Ein Unkraut ist eine Pflanze am falschen Ort.« Oder, allgemeiner ausgedrückt: »Eine Pflanze, die an einer Stelle wächst, wo wir sie nicht haben wollen.« Das ist nicht nur eine scharfsinnige, sondern auch eine wohlwollende Feststellung; sie verurteilt nicht das Unkraut an sich, sondern nur seine Standortwahl.

Die zweite Frage, »Wie gelangen die Unkräuter in unsere Gärten?«, gehört zu den aufregendsten auf den grünen Seiten des Buchs der Natur. Wie viele Menschen wissen schon, dass eine große Zahl unserer sogenannten »heimischen« Pflanzen erst von den Legionären Cäsars, die über staubige römische Straßen marschierten, bei uns eingeschleppt wurden? In seinem 1961 erschienenen Buch Weeds and Aliens schrieb der bereits erwähnte Salisbury: »Die römische Militärsandale, die unter dem Rand, den Zehen und den Fersen mit Nägeln beschlagen war, stellte ein sehr effektives zeitweiliges Transportmittel für die Verbreitung von Un- und Fremdkräutern dar.« Wenn wir die Uhr ein paar tausend Jahre vordrehen, werden wir erkennen, dass es heute weit drastischere Verbreitungsmethoden gibt, beispielsweise die Profilrillen von Flugzeugreifen, vor allem, wenn sie gezwungen waren, auf irgendeiner fremden Wiese notzulanden. Würde unser Freund Mr Green seiner Fantasie freien Lauf lassen, würde er versteckt in einem einzigen Samenkorn Hunderte einfallsreicher Handlungsstränge finden.

Und würde er noch tiefer in die Thematik eindringen – die botanische Embryologie —, wäre er noch beeindruckter vom Einfallsreichtum, den die Natur an den Tag legt, wenn es darum geht, sich zu reproduzieren, und von der Zähigkeit, die sie entwickelte, um sicherzustellen, dass ihr Nachwuchs nicht zu Schaden kommt. Wussten Sie, dass Sie nur ein Glas Himbeermarmelade pflanzen müssen, wenn Sie Himbeeren in Ihrem Küchengarten haben wollen? So ausgedrückt klingt es natürlich unglaubhaft und ein bisschen lächerlich, und natürlich habe ich das Phänomen bewusst übertrieben dargestellt. Aber es ist eine erwiesene Tatsache, dass Himbeeren oder Brombeeren oft aus dem gekochten Brei keimen, der nach der Herstellung von Himbeer- oder Brombeergelee irgendwohin gekippt wird.

Was nun die mechanischen Methoden angeht, die die Natur ersonnen hat, um ihre Nachkommen zu verbreiten, so sind sie so zahlreich und kompliziert, dass, hätte der Mensch sie ersonnen, Tausende von Patenten angemeldet worden wären. Zu den bemerkenswertesten gehören vielleicht die diversen ballistischen Methoden von Pflanzen wie dem Behaarten Schaumkraut, dessen Schoten im wahrsten Sinn des Wortes »explosiv« sind. Die leiseste Berührung einer voll ausgereiften Schote setzt eine Kette heftigster Reaktionen in Gang, in der elastische Gewebe zerrissen und Spiralfedern ausgelöst werden, und zwar mit solcher Wucht, dass die Samen wie mit einem Superkatapult bis zu anderthalb Meter von der Pflanze weggeschleudert werden. Aber das ist nichts im Vergleich zur Verbreitung von Samen wie denen des kanadischen Flohkrauts mit ihren eingebauten »Flugschirmen«, die alles übertreffen, was der Mensch erfunden hat.

Als wäre das noch nicht genug, hat die Natur einige ihrer Samen mit einer erstaunlichen Lebensspanne ausgestattet. Als die riesigen Samen des Tigerlotus aus einer Torfschicht in der Mandschurei ausgegraben wurden, stellte man fest, dass 80 Prozent davon noch lebensfähig waren, obwohl sie über tausend Jahre geschlafen hatten. (Die Legende, dass Weizen aus Körnern keimte, die im Grab Tutanchamuns gefunden wurden, stellte sich letztlich als journalistische Erfindung heraus.) Es erübrigt sich zu sagen, dass eine tausendjährige Keimfähigkeit die Ausnahme ist, aber es gibt viele Samen, deren Lebensdauer die normaler Menschen übertrifft.

PRAKTISCHERHINWEIS

Die Tatsache, dass einige Samen so viele Jahre lebensfähig bleiben, sollte Sie jedoch nicht auf die Idee bringen, dass alle Samen unendlich lange gelagert werden können. Im Großen und Ganzen sollten wir uns an die Praxis der Natur halten, die ihre Samen auf die Erde streut, sobald sie reif sind, und den Rest der Arbeit Sonne und Regen überlässt. Übrigens scheinen manche Samen, die von Primeln zum Beispiel, besser zu keimen, wenn man sie aussät, bevor sie ganz ausgereift sind.

Anfangs sagten wir, dass »Unkräuter Pflanzen am falschen Ort« sind, und wir haben uns mit dem erstaunlichen Einfallsreichtum befasst, mit dem die Natur für ihre Verbreitung sorgt.

Nun stehen wir vor einer Frage von einiger Bedeutung, einer Frage, vor der die meisten Gärtner sich am liebsten drücken. Wenn Unkräuter einfach nur Pflanzen sind, und dazu oft sehr schöne, haben wir dann das Recht, sie aus dem Garten zu verbannen? Verrät die Tatsache, dass wir es tun, nicht einen bedauerlichen Mangel an Fantasie? Denken Sie nur an das Scharbockskraut, dessen hübsche kleine Blüten den Frühling nur wenige Wochen nach den Winterlingen willkommen heißen. Wir sind gerne bereit, vierzig Shilling für hundert Winterlinge zu zahlen, und natürlich könnte kein Geld besser angelegt sein, denn wenn sie in unser Leben tänzeln und ihre kleinen Gassenkindergesichter die Sonne mit einem goldenen Grinsen begrüßen, geht uns das Herz auf. Aber wenn das Scharbockskraut in ihrem Schlepptau angetrottet kommt und fast noch goldener leuchtet, runzeln wir die Stirn – zumindest tun das die meisten von uns – und holen die Hacke und graben es aus und werfen es auf den Müll.

Wieso?

Diese Frage scheint mir wirklich wichtig zu sein, weil sie uns zwingt, nicht nur die »Unkräuter« zu betrachten, sondern auch uns selbst. Sie zwingt uns, unsere ganze Vorstellung von Ästhetik zu überprüfen, bringt uns dazu, uns zu fragen, ob wir noch jenen »unschuldigen Blick« besitzen, der die Grundvoraussetzung jeder künstlerischen Wahrnehmung ist, den direkten Blick, unbeeinträchtigt von Snobismus oder Mode oder Tradition, der uns augenblicklich auf die überwältigende Schönheit eines Brombeerzweigs in einer herbstlichen Hecke reagieren lässt, oder auf die unglaubliche Zartheit der Muster der Entengrütze auf einem trüben Teich.

Man muss das Ganze natürlich nicht übertreiben, und meine Betrachtungen laufen keineswegs auf den Vorschlag hinaus, dass der Leser jedes wilde Pflänzchen, das in seinem Garten Zuflucht sucht, mit offenen Armen willkommen heißen soll. Wir müssen unseren Sinn für Proportionen bewahren und uns, wenn auch widerwillig, eingestehen, dass manche Wildpflanzen so fruchtbar und produktiv sind, dass wir uns trotz ihrer Schönheit vor ihnen hüten müssen, allein schon weil sie uns, sollten wir sie gewähren lassen, irgendwann aus Haus und Hof vertreiben würden. Die gefährlichsten von ihnen gehören der folgenden Klasse an: Pflanzen, die sich in Mauern aussäen. Jeder gärtnerische Anfänger, der das Glück hat, in den Besitz eines ummauerten Gartens zu kommen, wird diese Mauern bald als Leinwände sehen, auf die er bezaubernde Bilder malen kann. Zunächst wird er sich damit zufriedengeben, sie mit Rosen und Clematis und Glyzinien zu schmücken, aber mit der Zeit wird er ehrgeiziger werden. Er wird erkennen, dass diese Mauern potentielle »hängende Gärten« sind, nicht unbedingt von babylonischen Ausmaßen, aber trotz ihrer räumlichen Beschränkungen hinreißend. Als nagele er kleine Bilder an seine Wohnzimmerwände, kann er auf ihnen wunderschöne Gemälde in Rosa und Mauve und Weiß entstehen lassen, gemacht aus Blaukissen, Fetthennen und kaukasischer Gänsekresse.

Und dann kommt die Natur daher, sagen wir in Form eines Samenkorns jener überaus hübschen Pflanze, die sich »Rote Spornblume« nennt. Vielleicht wurde es vom Wind herbeigetragen, vielleicht plumpste es – etwas weniger poetisch – aus dem ansonsten unschuldigen Hinterteil einer Taube. Wie immer das Transportmittel, die Rote Spornblume nistet sich in irgendeiner Ritze ein, lässt ihre schrillgrünen Blätter sprießen und stimmt ungefähr in der ersten Juliwoche eine Serie roter Arien an. Der Garten ist entzückt über diese florale Musik, und auch die kätzischen Bewohner sind es, denn sie empfinden den Duft seit jeher als besonders angenehm.

Und die Rote Spornblume fährt damit fort, uns zu entzücken, bis zu dem Tag, an dem die Mauer mit lautem Getöse in sich zusammenfällt.

Es erübrigt sich zu sagen, dass die Mauer natürlich nicht ganz so dramatisch zusammenkracht. Aber sobald die Rote Spornblume Wurzeln schlägt, ist sie dem Untergang geweiht. Solange man die Kraft und Beharrlichkeit dieser Pflanze nicht mit eigenen Augen gesehen hat, solange man nicht selbst erlebt hat, wie sie sich immer tiefer und tiefer vorschiebt, den Mörtel verdrängt und die Backsteine mit unerbittlichem Druck anhebt, fällt es einem schwer zu glauben, dass sie einen derartig großen Schaden anrichten kann. Ich habe es in meinem eigenen Garten erlebt. Ich dachte, wir könnten ein einziges kleines Büschel dieser hübschen Pflanze zulassen, vorausgesetzt natürlich, dass wir sie im Auge behalten und darauf achten, dass sie sich nicht zu sehr ausbreitet. Aber sie war zu schnell für uns, zu gerissen, und zum Schluss mussten wir einen beträchtlichen Teil der Mauer erneuern, was uns rund dreißig Pfund ärmer machte.

Eine weitere Bedrohung, noch gefährlicher, weil so hübsch, ist der Gelbe Lerchensporn, Corydalis lutea. Es muss Tausende von Gärten geben, vor allen in den südlichen Grafschaften, in denen dieser bezaubernde kleine Eindringling mit offenen Armen willkommen geheißen wurde. Wenn er sich zum ersten Mal zeigt, kann man ihn leicht mit dem Frauenhaarfarn verwechseln, so zart und fiedrig sind seine Blätter. Dann erscheinen die Blüten, hellgelb und von der Form her wie die einer Wicke, und mehrere Wochen lang hat man seine Freude daran. Aber lassen Sie sich nicht täuschen, dieses zarte Wesen ist sogar noch zäher als die Rote Spornblume, und wenn sie es nicht absolut rücksichtslos behandeln, fängt Ihre Mauer an, vor sich hin zu bröckeln, bis sie irgendwann eine neue brauchen.

Die Kraft, Schnelligkeit und Gerissenheit dieser Pflanzen ist so beeindruckend, dass ich beim Schreiben dauernd denken musste, wie nützlich sie bei einem pflanzlichen Angriff auf Jericho gewesen wären. Anstelle der eher primitiven Geschichte mit den Trompeten hätte man die ganze Sache viel eleganter mit einer Handvoll Samenkörner erledigen können.

Bedeutet das, dass es keine Wildblumen gibt, denen der Gärtner innerhalb seiner Mauern Gastfreundschaft erweisen kann? Nein – und gleich werden wir ein paar nennen, die nicht nur bezaubernd, sondern auch harmlos sind. Zuerst aber ein …

PRAKTISCHERHINWEIS

Wie wir mit Unkräutern umgehen, die sich in Mauern angesiedelt haben, hängt natürlich davon ab, wie weit sie sich bereits festgesetzt haben. Pflanzen wie die Rote Spornblume und der Gelbe Lerchensporn können noch im zweiten Jahr ihrer Existenz bekämpft werden, und zwar durch die lokale Anwendung eines (bitte ungiftigen) Unkrautvernichtungsmittels in doppelter oder dreifacher Dosierung. Ich nehme für gewöhnlich eine kleine Gießkanne mit sehr dünner Tülle, die sich in die Ritzen schieben lässt.

Hat der Gärtner aber ein Grundstück gekauft, auf dem sich diese Pflanzen ungehindert ausbreiten durften, oder hat er selbst es vernachlässigt, sie unter Kontrolle zu halten, reicht diese Methode nicht aus. Keine noch so große Menge altmodischen Unkrautvernichters hat dann noch eine mehr als vorübergehende Wirkung, nicht einmal, wenn man die volle Dosierung nimmt. In diesem Fall müssen wir auf einen der Unkrautvernichter auf Hormonbasis zurückgreifen, die durch die Blätter aufgenommen werden und die Pflanze auf diese Weise abtöten. Es ist ein langsamer und ziemlich langwieriger Prozess: jedes Blatt und jeder Stängel müssen sorgfältig eingepinselt werden, und wahrscheinlich sind mehrere Anwendungen notwendig. Aber zum Schluss wirkt das Zeug, wie ich im Fall eines Ahornschösslings bewiesen habe, der anfing, sich in einen so kräftigen jungen Baum zu verwandeln, dass er, hätte man ihn noch ein weiteres Jahr gewähren lassen, sehr großen Schaden angerichtet hätte.

Abgesehen davon wüsste ich nichts, was Sie tun können, außer, die Mauer mit einer Spitzhacke auseinanderzunehmen, die Wurzeln der Pflanzen einzusammeln, sie zu verbrennen und den ortsansässigen Maurer zu rufen.

Nun zur Liste der »Unkräuter«, mit denen wir unseren Garten bereichern können, wobei wir aber nie vergessen dürfen, dass sie, weil sie wild und daher besonders robust und fruchtbar sind, ständig beobachtet und diszipliniert werden müssen. Man könnte sie mit Slumkindern vergleichen, die von einer mildtätigen Gastgeberin zu einer Party für die Kinder des Hoch- und Landadels eingeladen werden. (Ich habe bei derartigen Anlässen in der Regel festgestellt, dass sich die Slumkinder besser benehmen als die aus Mayfair.)

Beginnen wir mit einem Beispiel aus meinem eigenen Garten. In den Sommermonaten erkundigen sich Besucher, die an den Beeten entlangschlendern, oft nach dem Namen einer zarten kleinen Pflanze, die in blasslila Schwaden in allen möglichen Ecken wächst, die ansonsten vielleicht kahl wären.

»Ist es eine Art Raute?«

»Nein, wie Sie selbst feststellen können, wenn Sie genauer hinsehen.«

Sie bücken sich und erkennen, dass die winzigen Blüten, die in großer Zahl an den zarten Stängeln wachsen, zur Familie der Löwenmäulchen gehören.

»Was ist es dann?«

»Eine Linaria purpurea.«

»Bekommt man sie in normalen Gärtnereien?«

»Das bezweifle ich sehr.«

Die Reaktion auf diese Antwort hängt vom Geschlecht der Fragenden ab. Die Frauen seufzen und verziehen wehmütig das Gesicht, die Männer neigen dazu, ein abfälliges Schnauben von sich zu geben. Dann fragen sie meistens, wo ich sie denn her habe?

»Vom Rand eines Bachs in einer Sumpfwiese in Wiltshire. Vielleicht kennen Sie sie eher als Purpurblütiges Leinkraut.«

»Aber … aber das ist doch ein Unkraut, oder?«

»Ja, es ist ein Unkraut. Aber es ist auch sehr hübsch, finden Sie nicht?«

»Doch, schon, es ist ganz hübsch. Aber trotzdem, ein Unkraut – ich meine ja nur …«