End-of-Life Care aus der NutzerInnenperspektive - Katja Burkhardt - E-Book

End-of-Life Care aus der NutzerInnenperspektive E-Book

Katja Burkhardt

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2007
Beschreibung

Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pflegewissenschaft - Sonstiges, Note: 1,0, Universität Bremen, Sprache: Deutsch, Abstract: Viele sterbende oder schwerstkranke Menschen fühlen sich nicht nach ihren Wünschen versorgt, obwohl die so genannte Palliativversorgung in Deutschland in den letzten Jahren an Relevanz und Interesse gewonnen hat (Vollmann 2001). Gerade in der ambulanten Versorgung sterbender Kinder werden immer wieder Defizite, besonders in der Pflege, diagnostiziert (Wingenfeld 2005). Deswegen ist es wichtig zu erfahren, welche Versorgungsangebote werden wirklich benötigt, sind effektiv wie auch effizient und von den NutzerInnen gewünscht. Diese Arbeit soll die Sichtweisen, Interessen, Erwartungen und Erfahrungen von Angehörigen sterbender Kinder als NutzerInnen ambulanter gesundheitsbezogener Dienstleistungen besonders der ambulanten Kinderkrankenpflegedienste zum Gegenstand haben. Das Ziel der Arbeit ist es, zu ermitteln, aufgrund welcher Erwartungen und Erfahrungen welche Hilfsangebote der ambulanten Versorgung, unter spezieller Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen/Eltern sterbender Kinder als wirksam, hilfreich und sinnvoll wahrgenommen werden, sodass auch Aussagen zur NutzerInnenzufriedenheit abgeleitet werden können. Daraus können zum einen bestehende Versorgungsbedarfe aus der Sicht der NutzerInnen analysiert und reflektiert und zum anderen Pflegende ihr berufliches Handeln als professionelles Handeln besser begründen sowie umsetzen, wenn sie wissen, welche Erwartungen von NutzerInnen an ihre Dienstleistungen gestellt werden.

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Inhaltsverzeichnis

 

Einleitung

1. Die Literaturanalyse: Begriffsbestimmungen und Forschungsstand

1.1 NutzerInnenperspektive und NutzerInnenzufriedenheit

1.1.1 NutzerInnenperspektive

1.1.2 NutzerInnenzufriedenheit

1.2 Zur Situation sterbender Kinder und ihrer Familien

1.2.1 Epidemiologische und statistische Daten

1.2.2. Auswirkung der lebenslimitierenden Erkrankung eines Kindes auf die Familie

1.3 EndofLife Care und Palliative Care

1.3.1 EndofLife Care

1.3.2 Palliative Care

1.3.3 Palliative Care im Kindesalter

1.4 Das ambulante Versorgungssystem für sterbende Kinder

1.4.1 Stationäre Versorgung sterbender Kinder und Jugendlicher

1.4.2 Die ambulante Versorgung sterbender Kinder

1.5 Beratung in der Pflege

2. Das methodische Vorgehen

2.1. Die Methode der Grounded Theory

2.2 Die Untersuchung

2.2.1 Das Forschungsproblem

2.2.2 Das Ziel und die Fragestellung

2.2.3 Die Literaturanalyse

2.2.4 Die Interviews

2.2.5 Die Evaluation

3. Die fallimmanente Auswertung: Die Fallportraits

3.1 Fallportrait 1 (F1): Frau und Herr B.

3.1.1 Fallverlauf

3.1.2 Falldiskussion

3.1.3 Fazit

3.1.4 Memo 1

3.2 Fallportrait 2 (F2): Frau A.

3.2.1 Fallverlauf

3.2.2 Falldiskussion

3.2.3 Fazit

3.2.4 Memo 2

3.3 Fallportrait 3 (F3): Herr und Frau F.

3.3.1 Fallverlauf

3.3.2 Falldiskussion

3.3.3 Fazit

3.3.4 Memo 3

3. 4 Weitere Fallbeispiele

3.4.1 Fall 4: Frau C.

3.4.2 Fall 5: Frau D.

3.4.3 Fall 6: Frau E.

3.4.4 Memo 4

4. Die fallübergreifende Auswertung

4.1. Auswertung der Fragen des Interviewleitfadens

4.1.1 Die Auswirkungen der lebenslimitierenden/tödlichen Erkrankung des Kindes auf das Leben der Eltern (und der Familie)

4.1.2 Die Kontaktaufnahme zu ambulanten Dienstleistungsangeboten

4.1.3 Der Kontakt zur ambulanten Kinderkrankenpflege

4.1.4 Wünsche und Erwartungen der Eltern anhand ihrer Erfahrungen

4.2 Die Erwartungen der Eltern als Prozess

4.3 Die Entwicklung des Kategoriesystems

5. Die Reflexion

5.1 Vergleich der Auswertungsergebnisse mit der Literaturanalyse

5.2 Folgerungen aus den Auswertungsergebnissen für die ambulante Pflege sterbender Kinder und ihrer Eltern/Familien

6. Die berufspädagogische Reflexion

6.1 Das deutsche Krankenpflegegesetz

6.2 Analyse von Literatur und Curriculumsinhalten

6.3 Resümee

Abschluss

Literatur (unbearbeitet)

 

Einleitung

 

Aufgrund aktueller Entwicklungen im Gesundheits und Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland vollziehen sich unterschiedliche Wandlungen in der Versorgung gesunder, kranker, pflegebedürftiger und auch sterbender Menschen (Statistisches Bundesamt 1998).

 

Vor allem das Prinzip "Ambulant vor Stationär" bewirkt in der Gesundheitsversorgung nachhaltige Veränderungen für NutzerInnen und PraktikerInnen. Es verschieben sich die Bedingungen der Dienstleistungen und damit auch ihre Anforderungen und Möglichkeiten. Für die PraktikerInnen heißt dies u.a., zunehmend die Orientierung an den Wünschen der NutzerInnen auszurichten und für die NutzerInnen bedeutet dies, mehr Mitspracherecht und Wahlmöglichkeiten zu haben. Daher werden Aspekte wie z.B. Beratung und neue Handlungsbedarfe aber auch Versorgungsdefizite zukünftig von besonderer Wichtigkeit für alle Beteiligten (Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen 2000/2001).

 

Viele sterbende oder schwerstkranke Menschen fühlen sich nicht nach ihren Wünschen versorgt, obwohl die so genannte Palliativversorgung in Deutschland in den letzten Jahren an Relevanz und Interesse gewonnen hat (Vollmann 2001). Gerade in der ambulanten Versorgung sterbender Kinder[1]werden immer wieder Defizite, besonders in der Pflege, diagnostiziert (Wingenfeld 2005). Deswegen ist es wichtig zu erfahren, welche Versorgungsangebote werden wirklich benötigt, sind effektiv wie auch effizient und von den NutzerInnen gewünscht.

 

Diese Arbeit soll die Sichtweisen, Interessen, Erwartungen und Erfahrungen von Angehörigen sterbender Kinder als NutzerInnen ambulanter gesundheitsbezogener Dienstleistungen besonders der ambulanten Kinderkrankenpflegdienste zum Gegenstand haben.

 

Das Ziel der Arbeit ist es, zu ermitteln, aufgrund welcher Erwartungen und Erfahrungen welche Hilfsangebote der ambulanten Versorgung, unter spezieller Berücksichtigung der Pflege von Angehörigen/Eltern sterbender Kinder als wirksam, hilfreich und sinnvoll wahrgenommen werden, so dass auch Aussagen zur NutzerInnenzufriedenheit abgeleitet werden können. Daraus können zum einen bestehende Versorgungsbedarfe aus der Sicht der NutzerInnen analysiert und reflektiert und zum anderen Pflegende ihr berufliches Handeln als professionelles Handeln besser begründen sowie umsetzen, wenn sie wissen, welche Erwartungen von NutzerInnen an ihre Dienstleistungen gestellt werden.

 

Dazu soll die Arbeit folgende Fragen untersuchen:

 

1) Welche Erwartungen haben Eltern sterbender Kinder an ambulante Palliativpflege?

2) Welche positiven und negativen Erfahrungen haben Eltern sterbender Kinder mit ambulanter

Palliativpflege?

 

Um diese Fragestellung bearbeiten zu können wurde die qualitative Methode der Grounded Theory gewählt. Es sollen leitfadengestützte Interviews mit Eltern sterbender oder gestorbener Kinder, die ambulante Palliativpflege bzw. Kinderkrankenpflege in Anspruch genommen haben geführt und ausgewertet werden.

 

Die erste Auswertung soll fallimmanent als Fallportrait stattfinden. Anschließend soll eine fallübergreifende Auswertung sowie eine Reflexion die Untersuchung abrunden. Zum Abschluss der Arbeit soll eine berufspädagogische Reflexion der Ergebnisse erfolgen, indem geprüft wird, ob die Erkenntnisse der Untersuchung Inhalt der Aus und Weiterbildung in der Pflege sind.

 

Um beide Geschlechter in diverse gewählte Begrifflichkeiten einbinden zu können, wird in dieser Arbeit das so genannte große I benutzt.

 

1. Die Literaturanalyse: Begriffsbestimmungen und Forschungsstand

 

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der themenbezogenen Literaturanalyse dargestellt werden. Diese sind parallel zum Forschungsverlauf erhoben worden und beeinflussen diesen ebenso wie auch die spätere Kategoriebildung in der Auswertung.

 

Die Literaturanalyse dient der theoretischen Sensibilisierung, um von einer Idee zu einer Untersuchung mit entsprechenden Ergebnissen zu gelangen. Hier werden ausgewählte Aspekte als grober Überblick beschrieben. Hierzu werden zugleich einerseits der Problemhintergrund, der Forschungsstand und die Relevanz für Pflegewissenschaft und Public Health beleuchtet und andererseits spezifische für die Fragestellung wesentliche Aspekte hervorgehoben und kurz analysiert. So ist ein knapper Aufgrund als Hintergrund der Arbeit sowie zur Analyse der Fallportraits gegeben.

 

1.1 NutzerInnenperspektive und NutzerInnenzufriedenheit

 

1.1.1 NutzerInnenperspektive

 

Als NutzerIn des Gesundheitswesens wird jede Person betrachtet, die Zugang zum System der gesundheitlichen Versorgung hat, unabhängig davon, ob dieser Zugang aktuell in Anspruch genommen wird oder nur fakultativ besteht (Sachverständigenrat für Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (SVR) 2000/2001). Die Rolle der NutzerInnen gesundheitsbezogener Dienstleistungen stellt sich auf unterschiedlichen Ebenen dar. Akut oder chronisch erkrankte Personen, welche bedarfsgerechte und wirksame Behandlungen in Anspruch nehmen, stellen die NutzerInnen auf der Mikroebene dar. Personen, die sich gegen das Risiko Krankheit absichern und gegen dadurch entstehende Kosten absichern möchte, sind NutzerInnen auf der Mesoebene. Auf der Makroebene agieren Personen als BürgerInnnen, die funktionierende Versorgungsstrukturen, gesundheitsförderliche Lebensbedingungen sowie Partizipation an Entscheidungen einfordern. Um die Positionen der PatientInnen, BürgerInnen und Versicherten zusammenfassend zu benennen hat der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen den Begriff des Nutzers/der Nutzerin eingeführt (SVR 2003; Dierks/Schwartz 2003). Findet er in der internationalen Diskussion schon seit den 1990er Jahren Anwendung (user), beginnt sich der Begriff NutzerIn zunehmend, zusätzlich bedingt durch die Gesundheitsreform der Krankenkassen im Jahr 2000, auch in Deutschland durchzusetzen (Schaeffer 2004).

 

Die Sichtweise der NutzerInnen wird für die Dienstleistungen im Gesundheitswesen und einer bedarfs und bedürfnisgerechten Versorgung immer wichtiger, da sie als Grundlage von Versorgungsqualität angesehen wird (SVR 2003; Müller/Thielhorn 2000).

 

Ist es in vielen Ländern längst selbstverständlich die PatientInnen bzw. die NutzerInnenperspektive in das Versorgungsgeschehen einzubeziehen, wird in Deutschland seit Jahren die Ermangelung dessen kritisiert (Schaeffer 2004), obwohl auf die Bedeutung der Sicht der PatientInnen für die Qualität im Gesundheitswesen seit längerem und in zunehmendem Maße hingewiesen wird (Straub 1993, Köck/Ebner 1996, Ovretveit 1992). Der Sachverständigenrat für Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen spricht sich schon in seinem Gutachten von 2000/2001 für mehr PatientInnenenorientierung aus. Gleichwohl wird auf politischer Ebene gefordert den ‚Patienten in den Mittelpunkt’ (SVR 2003, 39) zu stellen. Im Rahmen der Gesundheitsreform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV Gesundheitsreform) wurde erstmalig im Jahre 2000 der Versuch unternommen die Eigenverantwortung und Kompetenz der PatientInnen (und Versicherten) zu stärken. Ziel ist es PatientInnen weniger als passive LeistungsempfängerInnen, sondern als KoProduzent Innen der Leistungserbringung zu sehen (Donabedian 1992; Trummer at al. 2002; Schaeffer (2004). Gerade um das individuelle Erleben von Krankheit und Versorgung, das subjektive Wohlbefinden und die persönliche Krankheitsbewältigung zu erfahren, sei es, nach Estorf Klee (1998), unerlässlich die Sicht der PatientInnen/NutzerInnen miteinzubeziehen. Da sie die Leistungen am eigenen Leib erfahren und über großes Erfahrungswissen über sich und ihre Krankheit verfügen, können sie selbst am besten Lösungen entwickeln, welche sich an ihren Bedürfnissen orientieren (EstorfKlee 1998).

 

1.1.2 NutzerInnenzufriedenheit

 

Knop (2002) konstatiert, dass es zunehmend wichtiger wird, die Bedürfnisse der PatientInnen zu erkennen, welche die Zufriedenheit der PatientInnen mit einschließt. Laut Müller und Thielhorn (2000) wird die Zufriedenheit der PatientInnen zum Ziel gesundheits und personenbezogener Dienstleistungen.

 

Blum (1998) führt an, dass gerade vor dem Hintergrund eines verschärften Wettbewerbs und eines umfassenden Qualitätsmanagements die KundInnenorientierung[2]2 zusehends an Bedeutung gewinnt, jedoch weiterhin ein expertInnenzentrierter und statischer Qualitäts begriff vorherrsche. Qualität wird jedoch im Sinne von KundInnenzufriedenheit bestimmt. Qualität besteht, seines Erachtens, in der Erfüllung von PatientInnenanforderungen, welche ermittelt werden müssen, indem die Erwartungen, Ansprüche und Relevanzen der PatientInnen identifiziert und/oder ihre Erfahrungen bzw. Zufriedenheit mit dem Versorgungsprozess erhoben und vorhandene Verbesserungsvorschläge einbezogen warden (vgl. Blum 1998).

 

NutzerInnenzufriedenheit ergibt sich unter anderem als Situationseinschätzung aus der Erfüllung ihrer Erwartungen und Interessen im Vergleich zu den Erfahrungen, Erleben und Wahrnehmungen eines Dienstleistungsservices. Sie ist in diesem Zusammenhang als subjektiver Abgleich von Erwartungen und Erfahrungen der NutzerInnen mit Dienstleistungs

angeboten zu verstehen. Erwartungen sind als Produkt prozesshafter Entwicklungen zu betrachten und sind Folge der bewussten oder unbewussten Reflexion von Erfahrungen. Vor diesem Hintergrund können Erwartungen von DienstleistungsnutzerInnen nicht als isoliertes oder feststehendes Geschehen betrachtet werden, was bedeutet, dass Aussagen zu Erwartungen an Dienstleistungen nur im Kontext der Erfahrungen der NutzerInnen aussagekräftig reflektiert werden können. Gegenüber gesundheitsbezogener Dienstleistungen sind auch die Überzeugungen der NutzerInnen im Zusammenhang zu ihrer gesundheitlichen Versorgung relevant (Müller/Thielhorn 2000; Wingenfeld 2003).

 

Die NutzerInnenperspektive und –zufriedenheit gewinnt aufgrund der Importanz für das gesundheitsbezogene Versorgungsnetz auch in der Forschung zunehmend an Relevanz. Dabei sind, nach Aust (1994), Detailfragen und konkrete Erfragung von Kriterien der Zufriedenheit allgemein wesentliche Aspekte, um aussagefähige und nutzbare Antworten in NutzerInnen befragungen zu erhalten. Dies bedeutet, dass konkret nach Zufriedenheit mit der Dienst leistung gefragt und eine ebenso konkrete Antwort zugelassen werden muss. Daher ist es wichtig, dass Fragen nicht zu allgemein formuliert werden, damit der/die Untersuchende erfahren kann, was mit der Zufriedenheitsäußerung gemeint ist und weshalb die Befragten zu dieser Einschätzung kamen (Wingenfeld 2003).

 

Für die Forschung ist es relevant, dass Erwartungen das Ergebnis verarbeiteter Erfahrungen sind, welche abhängig vom Verarbeitungs und Bewältigungsprozess sind. Im Rahmen des Entwicklungsverlaufes verändern sich Charakter und Voraussetzungen der Erwartungen (Wingenfeld 2003). Dies impliziert, dass die Messung von unbeeinflussten Erwartungen nicht möglich ist, da diese schon durch unterschiedliche Wahrnehmungen geprägt wurden. Erwartungen entwickeln sich prozesshaft in Auseinandersetzung mit der gegebenen Situation weiter.

 

Auch in der aktuellen Forschung bleiben die NutzerInnen dieser Dienstleistungen, im Gegensatz zu den AkteurInnen des Versorgungswesens, trotz der oben angeführten Reformimpulsen im Gesundheitswesen nach mehr PatientInnen oder KundInnenorientierung, weitgehend unberücksichtigt (Schaeffer 2000). Es gibt einige wenige Studien zur Zufriedenheit mit in Anspruch genommenen Dienstleistungen, welche lediglich eine begrenzte Aussagekraft besitzen, da sie sich nur mit Teilaspekten der Versorgungsnutzung auseinandersetzen (vgl. Schaeffer 2000). Laut Schaeffer (2000) bleiben dadurch die weitergehende Problemsicht, das Erleben des Versorgungsgeschehens und die Qualitätsbeurteilung der NutzerInnen gänzlich unbekannt. Zur NutzerInnenperspektive sowie Konzeptentwicklung in der Versorgung sterbender Kinder gibt es in Deutschland bisher wenig Literatur (Wingenfeld/Mikula 2002; Wamsler et al. 2005), wohingegen es bezüglich der allgemeinen Versorgung sterbender oder schwer kranker erwachsener Menschen weitaus mehr Untersuchungen und Erkenntnisse vorliegen (Feldmann 1997, Lademann 2000, Ewers/Schaeffer 2003, Schaeffer/Günnewig/Ewers 2003).

 

International gibt es einige wenige Studien, die sich, allerdings in der stationären und nicht ambulanten Versorgung, mit der Einbeziehung der Eltern befassen (Holm/Patterson/Gurney

2003; Martinson/Yee 2003).

 

1.2 Zur Situation sterbender Kinder und ihrer Familien

 

1.2.1 Epidemiologische und statistische Daten

 

1.2.1.1 Todesursachen im Kindesalter

 

Nach Student und Student (2004) macht der Tod von Kindern knapp 1 Prozent aller Todesfälle in westlichen Industriestaaten aus, wobei es in Deutschland ca. 7000 Kinder sind, die jährlich sterben. Im Jahr 2001 starben, Angaben des Statistischen Bundesamt (2003) zufolge, in Deutschland 5.054 Kinder im Alter unter 15 Jahren, was bezogen auf die Bevölkerung dieser Altersgruppe 40 Kindern je 100.000 Einwohner entspricht. Starben fast zwei Drittel aller Kinder im Säuglingsalter (Statistisches Bundesamt 2003) stellen jenseits des ersten Lebensjahres, tödliche Unfälle und onkologische Erkrankungen die häufigsten Todesursachen dar, gefolgt von kardiovaskulären, neuromuskulären und genetisch bedingten Erkrankungen (Friedrichsdorf/Zernikow 2005; Student 2004).

 

1.2.1.2 Lebenslimitierende Erkrankungen im Kindesalter

 

Gegenwärtig leben in Deutschland mehr als 22.000 Kinder und Jugendliche mit einer lebenslimitierenden oder terminalen Erkrankung, bei denen es keine realistische Hoffnung auf Heilung gibt und betroffene Kinder und Jugendliche mutmaßlich vor Erreichen des Erwachsenenalters sterben werden (Friedrichsdorf/Zernikow (2005). Jedes Jahr sterben 15003000 von ihnen, 540 davon an den Folgen von Krebserkrankungen. Genauere statistische Angaben sind nicht verfügbar, da zum einen an Krebs erkrankte Kinder und Jugendliche in einem gesonderten Register (Kinderkrebsregister) aufgenommen werden und zum anderen keine allgemein akzeptierte Definition der lebenslimitierenden Erkrankung im Kindesalter jenseits von Krebserkrankungen vorhanden ist (vgl. Friedrichsdorf/Zernikow (2005), Statistisches Bundesamt, OECD). Zudem bietet die nach Krankheitsgruppen gegliederte Todesursachenstatistik diesbezüglich nur grobe Anhaltspunkte (Schwartz et al. 1998).

 

1.2.2. Auswirkung der lebenslimitierenden Erkrankung eines Kindes auf die Familie

 

Die Betreuung eines schwerkranken, sterbenden Kindes bringt für die gesamte Familie oftmals schwerwiegende Veränderungen mit sich (Henkel et al. 2005) und stellt eine große Belastung für alle Familienmitglieder dar. Erkrankt ein Kind schwer stellt dies insbesondere für die Familienangehörigen eine starke emotionale Belastung dar und löst unter anderem Gefühle der Verzweiflung, Auflehnung, Angst und Resignation aus (Iskenius Emmler 1988).

 

Die Trauer beginnt für Eltern eines tödlich erkrankten Kindes mit Mitteilung der Diagnose. Für Eltern eines beginnt der Trauervorgang (Bowlby 1983; IskeniusEmmler 1988). Die Eltern sind vor die Aufgabe gestellt dem schwer erkrankten Kind und seine Geschwistern emotionale Unterstützung im Trauerprozess zu gewähren und sich zudem mit der eigenen Trauer auseinandersetzen. Darüber hinaus empfinden sie Wut und Schuldgefühle bei der Erkenntnis das Schicksal ihres Kindes nicht steuern zu können (vgl. Bürgin 1984, in IskeniusEmmler 1988). IskeniusEmmler (1988) schätzt insbesondere die eigene Ohnmacht und Hilflosigkeit angesichts der schweren Erkrankung ihres Kindes als die größte Belastung im Prozess der Trauerarbeit ein.

 

Sind Kinder und Jugendliche sterbenskrank, wird dies als besonders sinnlos und tragisch empfunden, was häufig eine soziale Isolation der betroffenen Familie zu Folge hat. Freunde, Bekannte ziehen sich oft aus Angst vor der Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit und Unsicherheit im Umgang mit der Familie zurück (Henkel et al. 2005; IskeniusEmmler 1988).

 

Die Eltern sind zudem vielfach finanziellen Nöten ausgesetzt. Sind oftmals beide Elternteile berufstätig oder ein Elternteil alleinerziehend, besteht die Problematik ob und wie im Weiteren die Berufstätigkeit und die erforderliche Betreuung des Kindes in Einklang zu bringen sein werden (Henkel et al. 2005).

 

Die erkrankten Kinder und Geschwister sind zudem, in Relation zu ihrem Alter und ihrer Entwicklung, großen Belastungen ausgesetzt. Diese hier darzustellen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, ist zudem nicht Hauptaspekt dieser Arbeit und kann bei Interesse nachgelesen werden (vgl. Mikula/Wingenfeld 2002; Wingenfeld/Mikula 2002).

 

1.3 EndofLife Care und Palliative Care

 

1.3.1 EndofLife Care

 

EndofLife Care ist der international verwendete Begriff für die Versorgung von Menschen, die sich an ihrem Lebensende befinden (Ewers/Schaeffer 2005).

 

Es existieren unterschiedliche Auffassungen über die Definition (Ewers/Schaeffer 2005), vielfach wird Endof Life Care mit Palliative Care gleichgesetzt. Payne et al. (2004) zum Beispiel bezeichnen EndofLife Care als aktuell verwendeten Begriff, der die Bezeichnung Palliative Care, welcher im englischsprachigen Raum in den

 

1980er Jahren bis zum Jahr 2000 Aktualität besaß, ablöst. Kennzeichnet Palliative Care ein Versorgungskonzept und professionelle Strategie im Umgang mit Menschen, die unter den Bedingungen lebensbedrohlicher Erkrankungen und den individuellen Auswirkungen leben, besitzt EndofLife Care, nach Auffassung von Ewers und Schaeffer (2005) größere Reichweite und Palliative Care stellt einen Teilbereich dar (vgl. Lynn et al.2000; Singer/Bowman 2002).

 

Nach ihrer Auffassung steht EndofLife Care für alle praktischen, politischen und wissenschaftlichen Aktivitäten unterschiedlicher Akteure auf der Mikro, Meso oder Makroebene mit dem Ziel die Lebens und Sterbensbedingungen in einem konkreten gesellschaftlichen Umfeld zu gestalten und zu verbessern (vgl. Schaeffer/Ewers 2005). Bemühungen bürgerlicher Hospizbewegungen werden ebenso wie die professionellen Leistungsanbieter mit eingeschlossen, jedoch geht EndofLife Care noch weit darüber hinaus und nimmt auch übergeordnete politische und wissenschaftliche Aktivitäten ins Visier. Singer und Bowman (2005) unterscheiden bezüglich der oben angeführten Ebenen zwischen einer klinischen (Mikroebene), einer organisatorischen (Mesoebene) und einer bevölkerungsbezogenen Ebene (Makroebene) der Auseinandersetzung mit der Versorgung am Lebensende.