Ende gut, alles gut (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch) - William Shakespeare - E-Book
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William Shakespeare

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Beschreibung

William Shakespeares 'Ende gut, alles gut' ist ein Meisterwerk der englischen Literatur, das sowohl Komödie als auch Tragödie geschickt vermischt. Das Buch handelt von der klugen und tapferen Helena, die um die Liebe des unerreichbaren Bertram kämpft. Shakespeares inspirierender Stil ist voller Wortwitz, dramatischer Wendungen und moralischer Komplexität, die die Leser dazu anregen, über Themen wie Macht, Identität und Liebe nachzudenken. 'Ende gut, alles gut' zeigt die Vielseitigkeit und intellektuelle Tiefe des Autors, der als einer der größten Dramatiker aller Zeiten gilt. Shakespeare verwendet eine Mischung aus Prosa und Versen, die seine Geschichten lebendig und faszinierend machen. Dieses Buch ist ein zeitloser Klassiker, der Leser jeden Alters anspricht und sie dazu inspiriert, die menschliche Natur und die Komplexität der zwischenmenschlichen Beziehungen zu überdenken. Für Liebhaber von anspruchsvoller Literatur und zeitlosen Geschichten ist 'Ende gut, alles gut' ein Muss in der Bibliothek.

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William Shakespeare

Ende gut, alles gut

(Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch)

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1491-4

Inhaltsverzeichnis - Table of Contents

ENDE GUT, ALLES GUT (german)
ALL’S WELL THAT ENDS WELL (englisch)
Englisch

ENDE GUT, ALLES GUT

(german)

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

PERSONEN

ERSTER AKT

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

ZWEITER AKT

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

VIERTE SZENE

FÜNFTE SZENE

DRITTER AKT

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

VIERTE SZENE

FÜNFTE SZENE

SECHSTE SZENE

SIEBENTE SZENE

VIERTER AKT

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

VIERTE SZENE

FÜNFTE SZENE

FÜNFTER AKT

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

Englisch

PERSONEN

Inhaltsverzeichnis

Der König von Frankreich

Der Herzog von Florenz

Bertram, Graf von Roussillon

Lafeu, ein Vasall des Königs

Parolles, Gesellschafter des Grafen

Mehrere junge französische Edelleute

Haushofmeister

Narr in Diensten der Gräfin von Roussillon

Ein Page

Die Gräfin von Roussillon

Helena, ihre Pflegetochter

Eine Witwe

Diana, deren Tochter

Violenta, Mariana Dianas Freundinnen

Herren vom Hofe, Hauptleute, Soldaten 

Die Szene teils in Frankreich, teils in Toskana

Englisch

ERSTER AKT

Inhaltsverzeichnis

ERSTE SZENE

Inhaltsverzeichnis

Roussillon. Zimmer im Schloß der Gräfin.

Es treten auf Bertram, die Gräfin von Roussillon, Helena und Lafeu, sämtlich in Trauer.

Gräfin. Indem ich meinen Sohn in die Welt schicke, begrabe ich einen zweiten Gemahl.

Bertram. Und ich, indem ich gehe, teure Mutter, beweine meines Vaters Tod aufs neue; aber ich muß dem Befehl des Königs gehorchen, dessen Mündel ich jetzt, so wie für immer sein Vasall bin.

Lafeu. Ihr, gnädige Frau, werdet an dem Könige einen Gemahl finden; Ihr, Graf, einen Vater. Er, der so unbedingt zu allen Zeiten gut ist, muß notwendig auch gegen Euch sich so bewähren, denn Euer Wert würde seine Tugend erwecken, selbst wenn sie mangelte; und um so weniger wird diese Euch entgehn, da er sie im Überfluß besitzt.

Gräfin. Was für Hoffnung hat man für die Besserung Seiner Majestät?

Lafeu. Er hat seine Ärzte verabschiedet, gnädige Frau, unter deren Behandlung er die Zeit mit Hoffnung verschwendet und in ihrem Verlauf nur das gewonnen hatte, daß er mit der Zeit auch die Hoffnung verlor.

Gräfin. Dieses junge Mädchen hatte einen Vater – (oh, dies hatte! – welcher traurige Gedanke liegt darin!) dessen Talent fast so groß war als seine Rechtschaffenheit. Wäre es ihr ganz gleichgekommen, es hätte die Natur unsterblich gemacht, und der Tod, aus Mangel an Arbeit, hätte sich dem Spiel ergeben. Ich wünschte um des Königs willen, er lebte noch; ich glaube, das würde für des Königs Krankheit der Tod sein.

Lafeu. Wie hieß der Arzt, von dem Ihr redet, gnädige Frau?

Gräfin. Er war in seiner Kunst hochberühmt, und zwar mit größtem Recht: Gerhard von Narbonne.

Lafeu. Allerdings war er ein vortrefflicher Mann, gnädige Frau; der König sprach noch neulich von ihm mit Bewundrung und Bedauern. Er war geschickt genug, um immer zu leben, wenn Wissenschaft gegen Sterblichkeit in die Schranken treten könnte.

Bertram. Und woran leidet der König, mein teurer Herr?

Lafeu. An einer Fistel, Herr Graf.

Bertram. Davon habe ich noch nie gehört.

Lafeu. Ich wollte, es wüßte niemand davon! – War dies junge Mädchen die Tochter Gerhards von Narbonne?

Gräfin. Sein einziges Kind, Herr Ritter, und meiner Aufsicht anvertraut. Ich hoffe, sie wird durch ihre Güte erfüllen, was ihre Erziehung verspricht; ihre Anlagen sind ihr angeerbt, und dadurch werden schöne Gaben noch schöner, denn wenn ein unlautres Gemüt herrliche Fähigkeiten besitzt, so lobt man, indem man bedauert; es sind Vorzüge und zugleich Verräter; in ihr aber stehen sie um so höher wegen ihrer Reinheit. Ihre Tugend ist ihr angestammt, ihre Herzensgüte hat sie sich erworben.

Lafeu. Eure Lobsprüche, gnädige Frau, entlocken ihr Tränen!

Gräfin. Das beste Salz, womit ein Mädchen ihr Lob würzen kann. Das Gedächtnis ihres Vaters kommt nie in ihr Herz, ohne daß die Tyrannei ihres Kummers alle Farbe des Lebens von ihrer Wange nimmt. Nicht mehr so, meine Helena! Nicht so! damit man nicht glaube, du pflegst traurig zu scheinen, ohne es zu sein!

Helena. Allerdings pflege ich meine Trauer, aber ich bin auch traurig.

Lafeu. Gemäßigte Klage ist das Recht des Toten; übertriebener Gram der Feind des Lebenden.

Helena. Wenn der Lebende dem Gram erst feind ist, wird diesem das Übermaß bald tödlich werden.

Bertram. Teure Mutter, ich bitte um Euer Gebet für mich.

Lafeu(indem er Helena ansieht). Wie verstehn wir das?

Gräfin. Dich segn' ich, Bertram! gleiche deinem Vater An Sinn wie an Gestalt; Blut so wie Tugend Regieren dich gleichmäßig, deine Güte Entspreche deinem Stamm. Lieb alle, wen'gen traue; Beleid'ge keinen; sei dem Feinde furchtbar, Durch Kraft mehr als Gebrauch; den Freund bewahre So wie dein Herz. Laß dich um Schweigen tadeln, Doch nie um Reden schelten. Was der Himmel Dir sonst an Segen spenden und mein Beten Erflehn mag, fall' auf dieses Haupt! Leb wohl! – Mein Herr, noch nicht gereift zum Hofmann ist er, Beratet ihn!

Lafeu. Was meine Lieb' vermag, sei ihm gewährt.

Gräfin. Der Himmel segne dich! Bertram, leb wohl! (Ab.)

Bertram(zu Helena). Die besten Wünsche, die in der Werkstatt Eurer Gedanken reifen können, mögen Euch dienstbar sein! Seid der Trost meiner Mutter, Eurer Gebieterin, und haltet sie wert!

Lafeu. Lebt wohl, schönes Kind! Ihr müßt den Ruhm Eures Vaters aufrechterhalten.

(Bertram und Lafeu gehen ab.)

Helena. Ach, wär's nur das! des Vaters denk ich kaum; Und jener Großen Träne ehrt ihn mehr Als seiner Tochter Gram. – Wie sah er aus? Vergessen hab ich ihn; kein andres Bild Wohnt mehr in meiner Phantasie – als Bertram. Ich bin verloren! Alles Leben schwindet Dahin, wenn Bertram geht. Gleichviel ja wär's, Liebt' ich am Himmel einen hellen Stern Und wünscht' ihn zum Gemahl; er steht so hoch! An seinem hellen Glanz und lichten Strahl Darf ich mich freun; in seiner Sphäre nie. So straft sich selbst der Ehrgeiz meiner Liebe: Die Hindin, die den Löwen wünscht zum Gatten, Muß liebend sterben. O der süßen Qual, Ihn stündlich anzusehn! Ich saß und malte Die hohen Brau'n, sein Falkenaug', die Locken In meines Herzens Tafel, allzu offen Für jeden Zug des süßen Angesichts! Nun ist er fort, und mein abgöttisch Lieben Bewahrt und heiligt seine Spur. – Wer kommt? –(Parolles tritt auf.) Sein Reisefreund. – Ich lieb ihn seinethalb Und kenn ihn doch als ausgemachten Lügner, Ein gut Stück Narr und eine ganze Memme. Doch dies bestimmte Böse macht ihn schmuck Und hält ihn warm, indes stahlherz'ge Tugend Im Frost erstarrt. Dem Reichtum, noch so schlecht, Dient oft die Weisheit arm und nackt als Knecht.

Parolles. Gott schütz' Euch, meine Königin!

Helena. Und Euch, mein Sultan!

Parolles. Der? Nein!

Helena. Und ich auch nicht.

Parolles. Denkt Ihr über das Wesen des Jungfrauentums nach?

Helena. Ja, eben. Ihr seid so ein Stück von Soldaten; laßt mich Euch eine Frage tun. Die Männer sind dem Jungfrauentum feind, wie können wir's vor ihnen verschanzen?

Parolles. Weist sie zurück.

Helena. Aber sie belagern uns, und unser Jungfrauentum, wenn auch in der Verteidigung tapfer, ist dennoch schwach – lehrt uns einen kunstgerechten Widerstand.

Parolles. Alles vergeblich; die Männer, sich vor euch lagernd, unterminieren euch und sprengen euch in die Luft.

Helena. Der Himmel bewahre unser armes Jungfrauentum vor Minierern und Luftsprengern! Gibt's keine Kriegspolitik, wie Jungfrauen die Männer in die Luft sprengen könnten?

Parolles. Läßt sich denn ein vernünftiger Grund im Naturrecht nachweisen, das Jungfrauentum zu bewahren? Verlust des Jungfrauentums ist vielmehr

verständige Zunahme; und noch nie ward eine Jungfrau geboren, daß nicht vorher ein Jungfrauentum verloren ward. Das, woraus ihr besteht, ist Stoff, um Jungfrauen hervorzubringen. Euer Jungfrauentum einmal verloren, kann zehnmal wieder ersetzt werden; wollt ihr's immer erhalten, so geht's auf ewig verloren, es ist ein zu frostiger Gefährte: weg damit!

Helena. Ich will's doch noch ein wenig behaupten, und sollt' ich darüber als Mädchen sterben.

Parolles. Dafür läßt sich wenig sagen; es ist gegen die Ordnung der Natur. Die Partei des Jungfrauentums nehmen, heißt, seine Mutter anklagen; welches offenbare Empörung wäre. Einer, der sich aufhängt, ist wie solch eine Jungfrau; das Jungfrauentum gleicht einem Selbstmörder und sollte an der Heerstraße begraben werden, fern von aller geweihten Erde, wie ein tollkühner Frevler gegen die Natur. Das Jungfrauentum brütet Grillen, wie ein Käse Maden, zehrt sich ab bis auf die Rinde und stirbt, indem sich's von seinem eignen Eingeweide nährt. Überdem ist das Jungfrauentum wunderlich, stolz, untätig, aus Selbstliebe zusammengesetzt, welches die verpönteste Sünde in den zehn Geboten ist. Behaltet's nicht; Ihr könnt gar nicht anders als dabei verlieren. Leiht es aus, im Lauf eines Jahrs habt Ihr zwei für eins; das ist ein hübscher Zins, und das Kapital hat nicht sehr dadurch abgenommen. Fort damit!

Helena. Was aber tun, um es anzubringen nach eignem Wohlgefallen?

Parolles. Laßt sehn! ei nun, leiden vielmehr, um dem wohlzugefallen, dem es gefällt. Es ist eine Ware, die durchs Liegen allen Glanz verliert; je länger aufbewahrt, je weniger wert. Fort damit, solange es noch verkäuflich ist. Nutzt die Zeit der Nachfrage! Das Jungfrauentum, wie eine welke Hofdame, trägt noch seine Mütze, wenn sie schon außer Mode ist; reich aufgeputzt, aber unkleidsam wie eine Brosche, wie ein Zahnstocher, die kein Mensch mehr trägt. Die Jahreszahl macht sich besser auf einer Weinflasche als auf Eurem Gesicht; und die Jungfernschaft, die welke Jungfernschaft, ist wie eine verhotzelte französische Birne; sieht schlecht aus und schmeckt trocken; 's ist eine Backbirne; sie war früher besser; aber jetzt, wahrhaftig, ist's eine verhotzelte Backbirne. Was wollt Ihr damit machen?

Helena. Mit meiner Jungfernschaft – fürs erste nichts. Nun warten tausend Liebsten deines Herrn, Eine Mutter – eine Freundin – eine Braut – Ein Phönix – eine Feindin und Monarchin – Göttin und Führerin und Königin, Ratgeberin, Verräterin und Liebchen, Demüt'ger Ehrgeiz und ehrgeiz'ge Demut, Harmon'sche Dissonanz, verstimmter Einklang Und Treu' und süßer Unstern; und so nennt er 'ne Unzahl art'ger, holder Liebeskinder, Die Amor aus der Taufe hebt. – Nun wird er – Ich weiß nicht, was er wird – Gott send' ihm Heil; Es lernt sich viel am Hof; und er ist einer …

Parolles. Nun, was für einer?

Helena. Mit dem ich's gut gemeint; und schade ist's …

Parolles. Um was?

Helena. Daß unserm Wunsch kein Körper ward verliehn, Der fühlbar sei; damit wir Ärmeren, Beschränkt von unserm neid'schen Stern auf Wünsche, Mit ihrer Wirkung folgten dem Geliebten, Und er empfände, wie wir sein gedacht, Wofür uns kaum ein Dank wird.

(Ein Page tritt auf.)

Page. Monsieur Parolles, der Graf läßt Euch rufen. (Ab.)

Parolles. Kleines Helenchen, leb wohl! Wenn ich mich auf dich besinnen kann, will ich deiner am Hofe gedenken.

Helena. Monsieur Parolles, Ihr seid unter einem liebreichen Stern geboren.

Parolles. Unterm Mars!

Helena. Das hab ich immer gedacht: unterm Mars.

Parolles. Warum unterm Mars?

Helena. Der Krieg hat Euch immer so heruntergebracht, daß Ihr notwendig unterm Mars müßt geboren sein.

Parolles. Als er am Himmel dominierte.

Helena. Sagt lieber, als er am Himmel retrogradierte.

Parolles. Warum glaubt Ihr das?

Helena. Ihr geht immer so sehr rückwärts, wenn Ihr fechtet!

Parolles. Das geschieht um meines Vorteils willen.

Helena. So ist's auch mit dem Weglaufen, wenn Furcht die Sicherheit empfiehlt. Aber die Mischung, die Eure Tapferkeit und Eure Furcht in Euch hervorbringen, ist eine schönbeflügelte Tugend, und die Euch wohl ansteht.

Parolles. Ich bin so voller Geschäfte, daß ich dir nicht gleich spitzig antworten kann. Ich kehre zurück als ein vollkommner Hofmann, dann soll mein Unterricht dich hier naturalisieren, wenn du anders für eines Hofmanns Geheimnis empfänglich bist und begreifen willst, was weiser Rat dir mitteilt; wo nicht, so stirb dann in deiner Undankbarkeit, und deine Unwissenheit raffe dich hinweg. Leb wohl! Wenn du Zeit hast, sprich dein Gebet; wenn du keine hast, denk an deine Freunde. Schaff dir einen guten Mann und halte ihn, wie er dich hält, und so leb wohl! (Ab.)

Helena. Oft ist's der eigne Geist, der Rettung schafft,

Englisch

ZWEITE SZENE

Inhaltsverzeichnis

Paris. Zimmer im Palast des Königs.

Trompeten und Zinken. Der König von Frankreich, einen Brief in der Hand, und mehrere Edelleute treten auf.

König. Florenz und Siena sind schon handgemein; Die Schlacht blieb unentschieden, und der Krieg Wird eifrig fortgesetzt.

Erster Edelmann. So wird erzählt.

König. So weiß man's schon gewiß. Hier meldet Uns Die sichre Nachricht Unser Vetter Östreich Und fügt hinzu, wie Uns um schnellen Beistand Florenz ersuchen wird; es warnt zugleich Mein teurer Freund Uns im voraus und hofft, Wir schlagen's ab.

Erster Edelmann. Sein Rat und seine Treu', So oft erprobt von Eurer Majestät, Verdienen vollen Glauben.

König. Er bestimmt Uns: Florenz ist abgewiesen, eh' es wirbt. Doch Unsern Rittern, die sich schon gerüstet Zum Feldzug in Toskana, stell ich frei, Nach ihrer Wahl hier oder dort zu fechten.

Zweiter Edelmann. Erwünschte Schule unsrer edlen Jugend, Die sich nach Krieg und Taten sehnt.

König. Wer kommt?

(Bertram, Lafeu und Parolles treten auf.)

Erster Edelmann. Graf Roussillon, mein Fürst, der junge Bertram. –

König. Jüngling, du trägst die Züge deines Vaters. Die gütige Natur hat wohlbedacht, Nicht übereilt, dich schön geformt. Sei drum Auch deiner väterlichen Tugend Erbe! Willkommen in Paris.

Bertram. Mein Dienst und Dank sind Eurer Majestät.

König. O hätt' ich jetzt die Fülle der Gesundheit, Als da dein Vater und ich selbst in Freundschaft Zuerst als Krieger uns versucht! Den Dienst Der Zeiten hatt er wohl studiert und war Der Bravsten Schüler. Lange hielt er aus; Doch welkes Alter überschlich uns beide Und nahm uns aus der Bahn. Ja, es erquickt mich, Des Edlen zu gedenken. – In der Jugend Hatt' er den Witz, den ich wohl auch bemerkt An unsern jetz'gen Herrn; nur scherzen die, Bis stumpf der Hohn zu ihnen wiederkehrt, Eh' sie den leichten Sinn in Ehre kleiden. Hofmann so echt, daß Bitterkeit noch Hochmut Nie färbten seine Streng' und seinen Stolz: Geschah's, so war's nur gegen seinesgleichen. Und seine Ehre zeigt' als treue Uhr Genau den Punkt, wo Zeit ihn reden hieß, Und dann gehorcht' ihr Zeiger seiner Hand. Geringre Behandelt' er als Wesen andrer Art; Beugt ihrer Niedrigkeit den hohen Wipfel, Daß sie sich stolz durch seine Demut fühlten, Wie er herabstieg in ihr armes Lob! Solch Vorbild mangelt diesen jungem Zeiten; Und wär' es da, so zeigt' es uns zu sehr Als rückwärts Schreitende.

Bertram. Sein guter Nachruhm Glänzt mehr von Eurem Mund als seinem Grabe; So rühmlich preist ihn nicht sein Epitaph, Als Euer königliches Wort.

König. O daß ich mit ihm wär'! Er sagte stets (Mich dünkt, ich hör ihn noch; sein goldnes Wort Streut' er nicht in das Ohr, er pflanzt' es tief, Damit es keim' und reife): »Ich mag nicht leben« – So sagt' er oft in liebenswertem Ernst Im letzten Akt und Schluß des Zeitvertreibs, Wenn man sich trennte, »ich mag nicht leben«, sprach er, »Wenn's meiner Flamm' an Öl gebricht, als Schnuppe Der jungen Welt, die mit leichtfert'gem Sinn Nichts als das Neue liebt; die ihren Ernst Allein auf Moden lenkt; bei der die Treue Mit ihren Trachten wechselt.« Also wünscht' er. Ich, scheidend, wünsche wie der Abgeschiedne, Weil ich nicht Wachs noch Honig bringe heim, Recht bald erlöst zu sein aus meinem Stock, Raum gönnend Jüngern.

Zweiter Edelmann. Sire, Euch liebt das Volk, Wer Euch verkennt, wird Euch am meisten missen.

König.

Englisch

DRITTE SZENE

Inhaltsverzeichnis

Roussillon. Zimmer im Schloß der Gräfin.

Es treten auf die Gräfin, der Haushofmeister und der Narr.

Gräfin. Jetzt will ich Euch anhören. – Nun, was sagt Ihr von dem jungen Fräulein?

Haushofmeister. Gnädige Gräfin, ich wünschte, die Sorgfalt, die ich angewandt, Euer Verlangen zu

befriedigen, möchte in den Kalender meiner früheren Bemühungen eingetragen werden; denn wenn wir selbst sie bekannt machen, verwunden wir unsre Bescheidenheit und trüben die helle Reinheit unsrer Verdienste.

Gräfin. Was will der Schelm hier? Fort mit Euch, Freund! – Ich will nicht allen Beschwerden glauben, die gegen Euch verlauten; es ist meine Trägheit, daß ich's nicht tue, denn ich weiß, es fehlt Euch nicht an Torheit, solche Schelmstücke zu unternehmen, und Ihr seid geschickt genug, sie auszuführen.

Narr. Es ist Euch nicht unbekannt, gnädige Frau, daß ich ein armer Teufel bin.

Gräfin. Nun gut!

Narr. Nein, gnädige Frau, das eben ist nicht gut, daß ich arm bin (obschon viele von den Reichen zur Hölle fahren), aber wenn Elsbeth es nur bei Euer Gnaden erreicht, daß Ihr sie unter die Haube bringen helft, so wollen wir schon sehn, wie-wir als Mann und Frau zusammen fortkommen.

Gräfin. Willst du denn mit Gewalt ein Bettler werden?

Narr.. Ich bettle nur um Eure gnädige Einwilligung in diese Sache.

Gräfin. In welche Sache?

Narr. In Elsbeths Sache und meine eigne. Dienst ist keine Erbschaft, und ich denke, ich gelange nicht zu Gottes Segen, bis ich Nachkommenschaft sehe; denn, wie die Leute sagen: Kinder sind ein Segen Gottes.

Gräfin. Sag mir den Grund, warum du heiraten willst.

Narr. Mein armes Naturell, gnädige Frau, verlangt es. Mich treibt mein Fleisch dazu, und wen der Teufel treibt, der muß wohl gehn.

Gräfin. Und das ist alle Ursach', die Eu'r Gnaden hat?

Narr. Die Wahrheit zu sagen, ich habe noch andre heilige Ursachen, wie sie nun so sind.

Gräfin. Darf die Welt sie wissen?

Narr. Ich bin eine sündige Kreatur gewesen, gnädige Frau, gerade wie Ihr und wie alles Fleisch und Blut; und mit einem Wort, ich will heiraten, damit ich bereuen könne.

Gräfin. Deine Heirat mehr als deine Sündhaftigkeit!

Narr. Es fehlt mir an Freunden, gnädige Frau, und ich hoffe, um meiner Frau willen Freunde zu finden.

Gräfin. Solche Freunde sind deine Feinde, Bursch!

Narr. Ihr versteht Euch wenig auf gute Freunde, gnädige Frau, denn die Schelme werden das für mich tun, was mir zuviel wird. Wer mein Land ackert, spart mir mein Gespann und schafft mir Zeit, die Frucht unter Dach zu bringen; wenn ich sein Hahnrei bin, ist er mein Knecht. Wer mein Weib tröstet, sorgt für mein Fleisch und Blut; wer für mein Fleisch und Blut sorgt, liebt mein Fleisch und Blut; wer mein Fleisch und Blut liebt, ist mein Freund: ergo wer meine Frau küßt, ist mein Freund. Wären die Leute nur zufrieden, das zu sein, was sie einmal sind, so gäbe es keine Skrupel in der Ehe. Denn Charbon, der junge Puritaner, und Meister Poysam, der alte Papist, wie verschieden ihre Herzen auch in der Religion sind, läuft's doch mit ihren Köpfen auf eins hinaus; sie können sich mit ihren Hörnern knuffen, so gut wie irgendein Bock in der Herde.

Gräfin. Willst du immer ein frecher, verleumderischer Schelm bleiben?

Narr. Ein Prophet, gnädige Frau; ich rede die Wahrheit ohne Umschweif.

Gedenkt nur an das alte Lied, Es gilt noch heut wie gestern; Was einmal sein soll, das geschieht, Der Kuckuck sucht nach Nestern.

Gräfin. Geht nur, Freund, ich will die Sache ein andermal mit Euch verhandeln.

Haushofmeister. Wär' es Euer Gnaden nicht gefällig, daß er Helena zu Euch riefe; ich wollte von ihr reden.

Gräfin. Freund, geh und sag dem jungen Fräulein, ich wolle sie sprechen; ich meine Helena.

Narr(singt). Verdient die Schöne, sprach sie dann, Daß Troja ward zerstört? O Narretei, o Narretei, Herr Priam ward betört! Worauf sie seufzt und weinen tut, Worauf sie seufzt und weinen tut, Und spricht: da könnt ihr sehn, Ist von neun Schlimmen-eine gut, Ist von neun Schlimmen eine gut, Ist's eine doch von zehn.

Gräfin. Was? Eine gut von zehn? du verdrehst ja das Lied, Bursch.

Narr. Eine gute Frau unter zehnen, Gräfin, das heißt ja die Ballade verbessern. Wollte Gott nur alle Jahr' so viel tun, so hätte ich über die Weiberzehnten nicht zu klagen, wenn ich der Pfarrer wäre. Eine unter zehnen? Das glaub ich! Wenn uns nur jeder Komet eine gute Frau brächte, oder jedes Erdbeben, so stände es schon ein gut Teil besser um die Lotterie; jetzt kann sich einer das Herz aus dem Leibe ziehn, ehe er eine trifft.

Gräfin. Werdet Ihr bald gehn, Herr Taugenichts, und tun, was ich Euch befahl?

Narr. Daß ein Mann einer Evastochter gehorchen muß, und es erfolgt kein Ärgernis! Zwar ist Ehrlichkeit kein Puritaner, aber dennoch soll sie diesmal kein Ärgernis geben und den weißen Chorrock der Demut über dem schwarzen Priesterkleide ihres unmutigen Herzens tragen. Ich gehe, verlaßt Euch drauf; ich soll an Helena sagen, hierherzukommen. (Ab.)

Gräfin. Nun, also?

Haushofmeister. Ich weiß, gnädige Frau, Ihr liebt Euer Fräulein von Herzen.

Gräfin. Allerdings; ihr Vater hinterließ sie mir, und sie selbst kann, abgesehn von ihren Vorzügen, mit allem Recht auf so viel Liebe Anspruch machen, als sie bei mir findet. Ich bin ihr mehr schuldig, als ich ihr zahle, und werde ihr mehr zahlen, als sie fordern wird.

Haushofmeister. Gnädige Frau, ich war ihr neulich näher, als sie vermutlich wünschen mochte; sie war allein und sprach mit sich selbst, ihr eignes Wort ihrem eignen Ohr. Sie glaubte, das darf ich wohl beschwören, es werde von keinem Fremden vernommen. Der Inhalt war: sie liebe Euern Sohn. Fortuna, sagte sie, sei keine Göttin, weil sie eine so weite Kluft zwischen ihren Verhältnissen errichtet habe; Amor kein Gott, weil er seine Macht nicht weiter ausdehne als auf gleichen Stand; Diana keine Königin der Jungfrauen, weil sie zugebe, daß ihre armen Nymphen überrascht werden, ohne Schutzwehr für den ersten Angriff, noch Entsatz im ferneren Kampf. Dies klagte sie mit dem Ausdruck des bittersten Schmerzes, in dem ich je ein Mädchen habe weinen hören. Ich hielt es für meine Pflicht, Euch eiligst davon zu unterrichten, sintemal, wenn hieraus ein Unglück entstehen sollte, es Euch gewissermaßen wichtig ist, vorher davon zu erfahren.

Gräfin. Ihr habt dies mit Redlichkeit ausgerichtet, behaltet's nun für Euch. Schon vorher hatten mich manche Vermutungen hierauf geführt; sie hingen aber so schwankend in der Waagschale, daß ich weder glauben noch zweifeln konnte. Ich bitte Euch, verlaßt mich nun. Verschließt dies alles in Eurer Brust, und ich danke Euch für Eure redliche Sorgfalt; ich will hernach weiter mit Euch darüber sprechen.

(Haushofmeister ab.)

So mußt' ich's, als ich jung war, auch erleben. Natur verlangt ihr Recht; der scharfe Dorn Ward gleich der Jugendrose mitgegeben, Die Leidenschaft quillt aus des Blutes Born. Natur bewährt am treusten ihre Kraft, Wo Jugend glüht in starker Leidenschaft; Und denk ich jetzt der Fehl' in vor'gen Stunden, Hab ich den Irrtum damals nicht gefunden. –(Helena tritt auf.) Es macht ihr Auge krank, ich seh es wohl.

Helena. Was wünscht Ihr, gnäd'ge Frau?

Gräfin. Du weißt, mein Kind, ich bin dir eine Mutter.

Helena. Meine verehrte Herrin!

Gräfin. Eine Mutter –

Warum nicht Mutter? bei dem Worte: »Mutter« Schien's, eine Schlange sähst du. Wie erschreckt dich Der Name Mutter? Ich sage, deine Mutter, Und trage dich in das Verzeichnis derer, Die ich gebar. Wetteifern sehn wir oft Pflegkindschaft mit Natur, und wundersam Eint sich der fremde Zweig dem eignen Stamm; Mich quälte nie um dich der Mutter Ächzen, Doch zahlt' ich dir der Mutter Liebe dar – Ums Himmels willen, Kind! Erstarrt dein Blut, Weil ich dich grüß als Mutter? Sag, wie kommt's, Daß dir die kranke Heroldin des Weinens, Die mannigfarb'ge Iris, kränzt dein Auge? Weil du mir Tochter bist?

Helena. Das bin ich nicht!

Gräfin. Bin ich nicht deine Mutter?

Helena. Ach, verzeiht! Graf Roussillon kann nie mein Bruder sein; Ich bin von niederm, er vom höchsten Blut; Mein Stamm gering, der seine hochberühmt. Er ist mein Herr und Fürst, mein ganzes Leben Hab ich als Dienerin ihm treu ergeben. Nennt ihn nicht meinen Bruder …

Gräfin. Und mich nicht Mutter?

Helena. Ja, meine Mutter seid Ihr. Wärt Ihr doch (Müßt' Euer Sohn nur nicht mein Bruder sein) Ganz meine Mutter; wärt uns beiden Mutter, Das wünscht' ich, wie ich mir den Himmel wünsche – Nur ich nicht seine Schwester! Ist's nur dann vergönnt, Wenn er mir Bruder wird, daß Ihr mich Tochter nennt?

Gräfin. Wohl, Helena; Du könntest meine Schwiegertochter sein. – Hilf Gott! du denkst es wohl? Mutter und Tochter Stürmt so auf deinen Puls. Nun wieder bleich? Mein Argwohn hat dein Herz durchschaut; nun ahn ich Das Rätsel deiner Einsamkeit, die Quelle Der bittern Tränen, offenbar nun seh ich, Du liebst ihn, meinen Sohn. Verstellung schämt sich, Dem lautern Ruf der Leidenschaft entgegen, Mir nein zu sagen; darum sprich die Wahrheit, Sag mir, so ist's; denn deine Wangen, Kind, Bekennen's gegenseitig; deine Augen Sehn es so klar in deinem Tun geschrieben, Daß sie vernehmlich reden; nur die Zunge Fesseln dir Sünd' und höll'scher Eigensinn,