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Die Entdeckung der Südsee Kein Seefahrer vor James Cook unternahm so ausgedehnte Reisen, verbrachte so lange Zeiträume ununterbrochen auf See und kehrte mit so umfangreichen Kenntnissen weiter Teile der Erde zurück. Cook war der Navigator, der die weißen Flecken auf der Karte des Pazifischen Ozeans tilgte. Wir lesen heute, über zweihundert Jahre später, seine umfangreichen, sachlich knapp und unprätentiös gehaltenen Logbücher mit Atem raubender Faszination. In der Abfolge einer Fülle bildkräftig geschilderter Eindrücke und Erlebnisse erkennen wir auch die wachsende Erfahrung des Kapitäns in der Führung seiner Schiffe Endeavour, Resolution, Discovery und Adventure und ihrer Mannschaften. In ihrer epochalen Bedeutung, aber auch in ihrer abenteuerlichen Erlebnisfülle können die Reisen James Cooks durchaus in einem Atemzug mit den Fahrten des Columbus genannt werden.
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Seitenzahl: 541
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James Cook (1728–1779), der britische Seefahrer und Entdecker, begann seine maritime Laufbahn schon sehr früh: Bereits als 18-Jähriger erwarb er sich weitgehend autodidaktisch umfangreiche Kenntnisse in Navigation, Kartografie und Astronomie.
Sein Talent entdeckte die Königlich Geografische Gesellschaft, für die er 1768 nach Tahiti aufbrach, um die umliegenden Inseln zu kartografieren. Berühmt wurde James Cook durch drei Expeditionsreisen (1768–1779/80) in die damals noch unbekannten Weiten des Pazifischen Ozeans. Ihm gelang es erstmalig, Neuseeland, Australien und die Inselwelt der Südsee zu kartografieren. Damit vervollständigte er unser neuzeitliches Bild von der Erde und widerlegte die Vorstellung von einem mythischen Südkontinent.
Kein Seefahrer vor James Cook unternahm so ausgedehnte Reisen, verbrachte so lange Zeiträume ununterbrochen auf See und kehrte mit so umfangreichen Kenntnissen weiter Teile der Erde zurück. Cook war der Navigator, der die weißen Flecken auf der Karte des Pazifischen Ozeans tilgte. Wir lesen heute, über zweihundert Jahre später, seine umfangreichen, sachlich knapp und unprätentiös gehaltenen Logbücher mit Atem raubender Faszination. In der Abfolge einer Fülle bildkräftig geschilderter Eindrücke und Erlebnisse erkennen wir auch die wachsende Erfahrung des Kapitäns in der Führung seiner Schiffe Endeavour, Resolution, Discovery und Adventure und ihrer Mannschaften. In ihrer epochalen Bedeutung, aber auch in ihrer abenteuerlichen Erlebnisfülle können die Reisen James Cooks durchaus in einem Atemzug mit den Fahrten des Columbus genannt werden.
ALTE ABENTEUERLICHE REISEBERICHTE
JAMES COOK
DIE LOGBÜCHER DER REISEN1768 – 1779
Herausgegeben von A. Grenfell Price
Mit 24 zeitgenössischen
Stichen und Karten
Die Abbildungen auf den Vorsatzblättern zeigendie Routen aller drei Reisen James Cooks
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Alle Rechte vorbehalten
Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2012Der Text wurde behutsam revidiert nach der Edition Erdmann-Ausgabe Lenningen 2005Lektorat: Dietmar Urmes, BottropCovergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH, nach der Gestaltung von Nele Schütz Design, MünchenBildnachweis: akg-images GmbH, Berlin/Erich LessingeBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0287-1
www.marixverlag.de
Vorbemerkung
Einführung
I
II
III
Entdeckungsfahrten im Pazifik
Erstes Kapitel: Probleme der Seefahrt im 18. Jahrhundert
Zweites Kapitel: Cooks Jugend – Der Beginn einer großen Laufbahn
Die erste Reise 1768–1771
Drittes Kapitel: Vorbereitungen und Instruktionen
Anweisungen an Cook
Zusätzliche Instruktionen für Lt. James Cook, betraut mit dem Kommando seiner Majestät Schiff Endeavour
Viertes Kapitel: Tahiti 1769
Um das Kap Horn
Der südliche Kontinent
Tahiti, April–Juli 1769
Juli 1769
Beschreibung der König-Georg-Insel
Fünftes Kapitel: Neuseeland, 1769–1770
Neuseeland und die Maoris
Sechstes Kapitel: Die Ostküste Australiens
Die Ostküste Australiens
Mai 1770
Schiffbruch
Siebentes Kapitel: Das Ende der Reise
Die Ergebnisse der Expedition von 1768–1771
Die zweite Reise 1772–1775
Achtes Kapitel: Auf der Suche nach dem südlichen Kontinent
28. November 1771 bis 2. Januar 1773
Neuntes Kapitel: Die Antarktis, 1772–1773
3. Januar 1773 bis 2. Mai
Zehntes Kapitel: Die Erforschung des Pazifik, 1773
18. September 1773 bis 6. Februar 1774
Elftes Kapitel: Die Antarktis, 1773–1774
Zwölftes Kapitel: Die Erforschung des Pazifik, 1774
Dreizehntes Kapitel: Die Antarktis und die Heimkehr, 1774–1775
Vierzehntes Kapitel: Cooks Ehrungen in England
Die dritte Reise 1776–1779
Fünfzehntes Kapitel: Vorbereitungen und Instruktionen
Instruktionen für die dritte Reise
Sechzehntes Kapitel: Der Zentral-Pazifik
Siebzehntes Kapitel: Die Entdeckung Hawaiis, 1778
Achtzehntes Kapitel: Die Küsten Nordamerikas
Neunzehntes Kapitel: Der Tod des James Cook
Die Nachricht erreicht England
Die Ergebnisse der dritten Reise
Diese Ausgabe vereint sorgfältig ausgewählte Selbstzeugnisse James Cooks, festgehalten in den Logbüchern, die er auf seinen drei bedeutsamen Reisen im Pazifik führte (1768–1779). Als Herausgeber zeichnet der australische Experte Dr. A. Grenfell Price. Er hat Cooks Originaltexte in einen zusammenhängenden Bericht eingefügt; die Lücken füllte er mit eigenen Kommentaren und Zusammenfassungen. So erarbeitete er aus der unerschöpflichen Materialfülle eine überschaubare und zudem faszinierende Dokumentation.
Aus zahllosen Manuskripten wählte Dr. Price wesentliche Teile der Logbücher dieser Pazifik-Reisen. Obwohl Cook selbst eine Publikation seiner Aufzeichnungen vorbereitete und mit den Jahren durchaus einen Sinn für dramatische Akzente entwickelte, sah sich der Herausgeber vor enorme Schwierigkeiten gestellt. Er meisterte sie nicht zuletzt dank der wertvollen Unterstützung sachkundiger Mitarbeiter.
Der Verlag
Zwei britische Bauernburschen gelangten von der Farm zu Forscherruhm. Am Vorabend des naturwissenschaftlichen Zeitalters durchstreifte William Dampier, das Bürschchen aus Somerset, als wissensdurstiger Pirat die sieben Meere; 1688 beschwatzte er eine Schiffsladung rumsaufender Rabauken, den öden Nordwesten Australiens zu erforschen – ungastliche Gefilde, bewohnt von den „erbärmlichsten Kreaturen auf Gottes Erdboden“. Seine berühmt gewordenen, bildkräftigen Aufzeichnungen brachten ihm dennoch reichen Gewinn: Die Rückfahrt nach Nordwestaustralien (1699) trat der Kapitän einer Horde Halunken in einem Schiff des Königs an – der Roebuck, die dann auf der Heimreise Schiffbruch erlitt.
Siebzig Jahre später – das Zeitalter der Naturwissenschaften war endgültig angebrochen, England und Frankreich lagen in erbitterter Fehde um Gold und Glorie –, siebzig Jahre später also machte ein anderer englischer Bauernbursche von sich reden: James Cook aus Yorkshire entwickelte die Fähigkeit, der britischen Admiralität und der „Königlichen Gesellschaft“ die modernste wissenschaftliche Ausrüstung, tüchtige Schiffe und kompetente Mannschaften abzuringen. So gelang es ihm, selbst „unergründliche“ Geheimnisse des Pazifiks zu lüften, an denen Dampier gescheitert war.
Sowjetischer Entdeckerstolz hat Gregor Iwanowitsch Schelechow – er gründete die erste feste Siedlung der Russen in Alaska – zum „pazifischen Kolumbus“ ernannt; doch denken wir daran, dass andere Nationen Seefahrer hervorgebracht haben, die eher dem Format des Amerika-Entdeckers entsprechen. Dies gilt in erster Linie für Magellan, dessen spanische Expedition erstmals den Globus umsegelte, für den Holländer Tasman und James Cook aus England. Die Reisen Cooks stehen in ihrer epochalen Bedeutung – zumal für die Englisch sprechende Welt – nur den Fahrten des Kolumbus nach; dennoch hat man Cook, abgesehen von der jüngsten Gegenwart, kaum jemals den Tribut gezollt, den seine brillante, wissenschaftlich exakte Forschertätigkeit verdiente. Cook gilt als der Navigator, der die weißen Flecken auf der Karte des Pazifiks tilgte; seine Karte ist fürwahr „seine umfassende Laudatio“. Er entdeckte die fruchtbaren Ostküsten Australiens und Neuseelands – Land, das heute Englisch sprechenden Menschen gehört. Er entdeckte Neukaledonien, erforschte die Neuen Hebriden und andere Inseln für Frankreich. Er entdeckte Hawaii und bereiste weite Küstenstriche Alaskas; er wagte sich in die Antarktis, bewies mit letzter Sicherheit die Existenz der Beringstraße und führte den Kaufleuten vor Augen, dass in jenen Tagen nördlich Asiens und Amerikas kein wirtschaftlich nutzbarer Seeweg den Pazifik mit dem Atlantik verband.
Doch nicht genug: Cook zerstörte auch den jahrhundertealten Mythos eines riesigen, fruchtbaren „Südlandes“, das gleichsam ein Gegengewicht zu den nördlichen Kontinenten bilden sollte; dabei umsegelte er die gesamte Antarktis, deren Umrisse er exakt erfasste. Kein Seefahrer vor ihm unternahm so ausgedehnte Reisen, verbrachte so lange Zeiträume ununterbrochen auf See oder kehrte mit ebenso umfangreichen wie detaillierten Kenntnissen weiter Teile der Erde zurück. Fügt man noch hinzu, dass die von ihm geförderte Verwendung von Antiskorbutika das Leben Tausender Seefahrer seiner und künftiger Generationen rettete und dass er in Navigation und Kartografie weitreichende Verbesserungen einführte, so entdeckt man bei ihm geradezu geniale Züge. Mit Recht wurde ja auch darauf hingewiesen, dass Cooks Leben den Zeitraum zwischen Newtons Tod und Darwins Geburt ausfüllte; dass dieser Mann, „der größte Forscher seiner Zeit und der größte britische Seefahrer aller Zeiten“, sein Fach ebenso souverän beherrschte wie Newton und Darwin das ihre.
Dabei – und dies erscheint nicht weniger erstaunlich – bot ihm seine Herkunft praktisch keine Startchancen: Cook wuchs in bitterster Armut in der großen Familie eines Tagelöhners aus Yorkshire auf. Dennoch erwarb er, vorwiegend als Autodidakt, so umfassende Kenntnisse der Mathematik, Astronomie, Navigation, Kartografie und Medizin, dass allein deren wissenschaftlicher Wert die begehrte Beihilfe der „Royal Society“ (der „Königlichen Gesellschaft“) gerechtfertigt hätte – und die Goldmedaille, die diese Gesellschaft eigens für ihn schuf.
Dass seine Leistungen und Verdienste nicht noch größere Anerkennung fanden, ist mehreren Umständen zuzuschreiben. Einmal neigte Cook selbst dazu, seine Verdienste zu verringern und Fehlschläge hervorzuheben; so etwa die Tatsache, dass er Tausende von Seemeilen Ozean statt eines riesigen, fruchtbaren „Südlands“ entdeckt hatte. Bescheiden sagte er nach einer Fahrt, welche die Voraussetzungen für die Besiedlung Australiens und Neuseelands durch Menschen des englischen Sprachraums schuf: „Unsere Entdeckungen, wiewohl gering, werden die lange Dauer der Reise entschuldigen.“ Tatsächlich wurde damals den „Gentlemen der Wissenschaften“, Banks und Solander, weit größere Aufmerksamkeit zuteil; waren sie doch „beladen mit den größten Schätzen der Naturgeschichte, welche je zwei Männer zur gleichen Zeit einem Volke darbrachten“. Neben ihnen verblasste der einfache Seemann, der die Expedition leitete und ihre größten Erfolge verantwortete.
Zum Zweiten unternahm Cook seine drei Reisen als gewöhnlicher britischer Seeoffizier ohne höheren Rang. Seine Beförderung verlief keineswegs rasch; die Anerkennung seiner Taten hielt sich durchaus in Grenzen. Als er Neusüdwales entdeckte, lag sein Tagessold bei bescheidenen fünf Shillingen; und erst nach Cooks Tod erkannte die Krone seiner Familie ein Wappen zu – vielleicht das letzte, das in Anerkennung geleisteter Dienste verliehen wurde.
Zum Dritten besudelten spätere Missionare Hawaiis aus eigensüchtigen Motiven seinen Namen, nannten ihn sitten- und gottlos – Verleumdungen, deren Haltlosigkeit führende Gelehrte wie Sir Holland Rose nachgewiesen haben.
Der Hauptgrund war jedoch, dass Cook gewissermaßen in der Stille wirkte und um seine Taten keine großen Worte machte. Die Stirn eines gewöhnlichen britischen Seeoffiziers namens Cook, Ehemannes der Krämerstochter Elizabeth Batts, konnte schwerlich ein so strahlender Glorienschein umgeben wie das Haupt Cristóbal Colóns, Admirals von Kastilien, Vizekönigs und Gouverneurs des Festlands und der Inseln, die seiner Entdeckung harrten; oder wie Jean François Galaup, Comte de La Pérouse, dessen erfolgreiche Heirat unterhalb seines Standes die gleiche Romantik verklärte wie seine ruhmreichen Forschertaten und sein tragischer Tod. Cooks Schiffe trugen zwar bezeichnende Namen – Endeavour, Resolution, Discovery und Adventure (Wagnis, Entscheidung, Entdeckung und Abenteuer) –, doch die Tugenden, die sich mit solchen Namen verbinden, waren so selbstverständliche Bestandteile seiner Natur, dass wir bei der Lektüre seiner schlichten Berichte im unverblümten Stil des Seefahrers kaum bemerken, wie hier eine Fülle erregender Abenteuer als belangloser Entdeckeralltag geschildert wird. Einer von Cooks Biografen, G. Arnold Wood, hat es so ausgedrückt: „In keiner Zeile finden wir Cook als strahlenden Helden. In manchen Zügen erinnert sein Charakter an den seines größten Zeitgenossen, George Washington, der einen Krieg gewann, ohne in einer einzigen Schlacht zu siegen. Seine Größe ist – so meinen wir – nicht die des Augenblicks; sie spiegelt sich vielmehr in seinem ganzen Dasein.“
Über Cooks Kindheit weiß man wenig. Er war ein Junge vom Land, das zweite von sieben Kindern, geboren am 27. Oktober 1728 in einer winzigen Zwei-Zimmer-Lehmhütte des entlegenen Dörfchens Marton-cum-Cleveland, Yorkshire. In der Dorfschule Ayton – sie steht heute noch – erwarb er bescheidene Grundkenntnisse; dann sollte er in dem kleinen Fischereihafen Staithes in die Geheimnisse des Krämergewerbes eindringen. Es geht das Gerücht, dass ihn der Krämer eines Diebstahls wegen feuerte – Cook soll einen glänzenden neuen Shilling durch eine schäbige alte Münze ersetzt haben –, doch wahrscheinlich lügt der Klatsch: Der Krämer verhalf ihm zu einer Fortsetzung seiner „Karriere“ im Kohlenhandel, bei der Quäkerfamilie Walker in Whitby, mit der er sein Leben lang freundschaftlich verbunden blieb.
Bei den Walkers erwarb Cook das Wissen, das dann die Hauptgrundlage seiner Erfolge bildete – in den Tagen, da die europäische Befahrung und Erforschung des Pazifiks ausschließlich Segelschiffen vorbehalten war. An windgeschützten Nordseeküsten lernte er, mit den trägen, aber robust gebauten Kohlenschiffen umzugehen. Vor den pazifischen Inseln, vor Neuseeland, zwischen den Riffen der gefährlichen Wasser des nordaustralischen Barriereriffs überwand er immer wieder Schwierigkeiten, vor denen manche Navigatoren – wie De Bougainville – kapitulieren mussten und die andere – wie La Pérouse – ihre Schiffe und ihr Leben kosteten.
Cooks Offiziere behaupteten, er hätte das Land gerochen; oft sei er plötzlich an Deck aufgetaucht und habe den Kurs geändert, als kein anderer auch nur die leiseste Ahnung einer Gefahr verspürte. Nur einmal, als die Endeavour vor der Küste Queenslands auf ein verborgenes Riff lief, trog ihn sein Instinkt; und selbst dann eilte er in Unterwäsche an Deck, um kaltblütig die Befehle zu erteilen, die das Schiff retteten. Von John Buchan wissen wir, dass kleine Ursachen auch in der Weltgeschichte große Wirkung erzielen können; und der Korallenblock, der den Riss in den Planken der Endeavour verstopfte, hat vielleicht nicht nur das Schiff, sondern auch die Kolonisation Australiens durch Menschen des englischen Sprachraums gerettet.
Cook verfügte nicht nur über Geistes- und Charakterstärke; er war auch körperlich sehr kräftig und robust. Nur einmal während seiner Reisen erkrankte er ernsthaft – weil er in Neukaledonien giftigen Fisch gegessen hatte. Rettung brachte ihm der Hund des Wissenschaftlers, den er als Brühe verzehrte. Doch die Kapitulation vor einem Fisch schmeckte ihm so wenig, dass ihn nur der Sarkasmus seiner Freunde daran hinderte, sich nochmals an das gefährliche Gericht zu wagen.
Cooks Offiziere und Mannschaften, durch ständig wachsende Erfahrungen bereichert, führten ein hartes, doch keineswegs freudloses Dasein – und immer wieder heuerten sie auf seinen Schiffen an. Mitentscheidend dafür war, dass Cook in einem gnadenlosen Zeitalter relativ milde Strafen aussprach und für warme, saubere Kleidung plädierte. Kaum einmal befahl er die damals üblichen brutalen Prügel; keinen Seemann ließ er kielholen, der auf der langen Fahrt in feuchten Tropen seine Kleider wechselte – im Gegenteil: Er ermutigte seine Männer, die verdreckten Fetzen fortzuwerfen. In vollen Zügen genossen sie die Tage auf Tahiti – obwohl sich die Eingeborenen oft als gefährliche Diebe erwiesen, die mit erstaunlicher Raffinesse ans Werk gingen. Einer stahl einmal Cook die Strümpfe unter dem Kopfkissen; der Captain schwor, dass er kein Auge zugetan hatte. Ein andermal entdeckten die Verfolger eines Halunken nach sechs mühsamen Meilen, dass sich der Gesuchte frühzeitig in die Büsche geschlagen hatte und unbeschwert in einem Bächlein badete.
Nicht einmal Cook konnte verhindern, dass seine Männer dem Liebreiz junger Polynesierinnen erlagen; doch er kannte die Gefahr und tat sein Möglichstes, um seine Mannschaft und die Eingeborenen vor Krankheiten zu schützen. Ebenso wichtig war der Schutz der Schiffe; als Nägel zu Tausch- und Wertobjekten wurden, musste Cook hart durchgreifen – sonst hätten sich die Segler schnell in einen Bretterhaufen verwandelt.
Der Leser der Logbücher verfolgt fasziniert die Entwicklung von Cooks Charakter, seiner Kenntnisse und Anschauungen während der langen Reisen mit Männern vom Kaliber eines Solander oder Banks. Sein wissenschaftliches Interesse wuchs, sein schlichter, unverblümter Stil wurde noch bildkräftiger. Selbst anthropologische Grundkenntnisse bekam er in den Griff: In scharfem Gegensatz zur Mehrzahl der zeitgenössischen Beobachter entdeckte er auch positive Züge in dem primitiven Dasein der australischen Urbevölkerung.
Manche Biografen haben Cooks tragisches Ende in Hawaii – teilweise zumindest – zunehmendem Eigensinn und gelegentlichen Wutausbrüchen des Forschers zugeschrieben. Zehn bewegte Lebensjahre – erfüllt von gefahrvollen Reisen, von mühsamen Vorbereitungen der Expeditionen, von der Durchsicht seiner Logbücher – hatten zweifellos selbst Cooks enorme Kräfte erschöpft. Die Admiralität und Cook – und ganz gewiss auch Mrs. Cook – wussten genau, dass er einen Fehler machte, als er sich unmittelbar nach seiner Heimkehr von seiner zweiten Reise nach England zur Leitung einer dritten Expedition meldete. Dennoch lag die Hauptursache der Tragödie in dem Zusammentreffen ungewöhnlichster Umstände; selbst Cook war dagegen machtlos. Kein Vorwurf trifft ihn für die Nachlässigkeit, mit der die Werft Deptford die Resolution wieder „seetüchtig“ machte, für die unzureichende Takelage, für den Sturm, der den Fockmast zerstörte und den zögernden Kommandeur zwang, zu einem Stamm Hawaiis zurückzukehren, dessen Abneigung gegen unersättliche Besucher er kannte. Als er landete, um den alten Häuptling als Geisel für ein gestohlenes Beiboot zu ergreifen, wiederholte er damit nur eine bisher erfolgreiche Methode. Gewiss unterschätzte er die Treue der Eingeborenen zu ihrem Häuptling und ihren außergewöhnlichen Mut angesichts seiner Feuerwaffen; doch selbst dann hätte er das Unternehmen glücklich beendet, wäre nicht die Kunde eingetroffen, dass Lieutenant King – der sich stets über diesen Vorfall ausschwieg – am anderen Ende der Bucht auf eine ungehorsame Kanubesatzung gefeuert und einen prominenten freundlich gesinnten Häuptling getötet hatte. Dennoch: Die hawaiianischen Messer, die den großen Forscher meuchelten, wurden vielleicht von einem gnädigen Geschick gelenkt. Ehe sich Cook zu seiner letzten Reise meldete, vergeudete er sich im Amt eines Captain des Greenwich Hospitals – eine lukrative Pfründe, die keinen Unternehmungsgeist, kein Verantwortungsbewusstsein, keine Mühe erforderte. An Walker schrieb er: „Vor wenigen Monaten noch war mir die ganze südliche Hemisphäre kaum groß genug; jetzt umfangen mich die Mauern des Greenwich Hospitals – viel zu eng für meinen aktiven Geist.“ Doch der Pazifik ersparte ihm die geistigen und körperlichen Beschwerden des Alters; er holte Cook, wie er Magellan geholt hatte und La Pérouse holen sollte. Zurück blieben ein König, der die Hiobsbotschaft weinend aufnahm, eine trauernde Nation und eine gramgebeugte Witwe, der die See den Gatten und zwei hoffnungsvolle Söhne nahm.
Fast ein Jahrhundert sollte vergehen, ehe sich die umwälzenden Folgen von Cooks großen Leistungen klar abzeichneten – die britische Erschließung Australiens und Neuseelands; der blühende Handel im nördlichen Pazifik; die kanadische Besetzung von Britisch-Kolumbien; die amerikanische Besitznahme von Hawaii und Alaska. Selbst heute noch hat man die wahren Verdienste dieser stillen, unromantischen Persönlichkeit nicht voll erfasst; selten setzt man Cook ein Denkmal, kaum ist ihm der Dank des Vaterlandes gewiss. Doch eine Tatsache bleibt bestehen: Millionen Menschen englischer Zunge, deren Heimat (darunter Teile des US-Territoriums) der Pazifik umspült, verdanken ihre Heimat und ihren Wohlstand den Pioniertaten des James Cook.
A. Grenfell Price
„Der unbekannte Raum vom Wendekreis desSteinbocks bis hin zu 50° südlicher Breite mussnahezu zur Gänze aus Land bestehen.ALEXANDER DALRYMPLE, 1762
Kaum ein Historiker wird leugnen, dass die Fahrten des Bartholomeu Diaz, Christoph Columbus, Fernando Magellan und James Cook zu den bedeutendsten europäischen Beiträgen zur Erforschung der Meere zählen; doch kaum ein Historiker wird auch versuchen, die Verdienste von Seefahrern zu vergleichen, die in verschiedenen Zeiten, Regionen und Schiffen aufs Meer fuhren, mit verschiedenen Mannschaften und wissenschaftlichen Hilfsmitteln. Allesamt bereicherten sie das menschliche Wissen von der Gestalt der Erde; alle beeinflussten sie in entscheidendem Maße Entwicklungen, die der Alten Welt vier neue, unbekannte Kontinente erschlossen. Doch kein Forscher vor James Cook leistete einen so umfassenden Beitrag zur Lösung der Meeresrätsel seiner Zeit und seiner Generation – des achtzehnten Jahrhunderts. Selbst wenn wir einräumen, dass der europäische Schiffbau, die Navigation und die Kartografie zwischen Diaz‘ Umsegelung des Kaps der Guten Hoffnung (1487) und Cooks Entdeckung von Ostaustralien (1770) enorme Fortschritte erzielt hatten – selbst dann erscheint es dem Forscher und Wissenschaftler kaum fasslich, dass ein einziger Mann den jahrhundertealten Mythos des riesigen „Südlands“ entschleierte, dass er Ostaustralien, Hawaii und andere pazifische Inseln entdeckte, dass er Neuseeland erfasste und dessen künftigen Wert voraussagte, dass er Berings Entdeckungen in der Arktis bestätigte, dass er Navigation und Kartografie einen großen Schritt vorwärts brachte und dass er auf den Erkenntnissen von Lind und anderen aufbaute, um durch Antiskorbutika das Leben von Millionen Seeleuten zu retten.
Einige Charakterzüge dieses großen Mannes enthüllen die folgenden Auszüge aus seinen schlicht und sachlich-klar verfassten Logbüchern. Nur eines bleibt noch zu bemerken: Cook vollbrachte höchste Leistungen – trotz niedrigster Herkunft – durch große Befähigung, großen Mut, große Bestimmtheit, große Arbeitskraft und Härte gegenüber unendlicher Mühsal. Diese Fähigkeiten ermöglichten ihm ohne große Hilfe und angesichts überwältigender Schwierigkeiten, eine bemerkenswerte Begabung für Mathematik und ein Genie für Kartografie zu entwickeln – jenes erstaunliche Geschick bei der Erfassung unbekannter Küsten, das ihn nach Admiral Wharton „befähigte, und das darf man getrost behaupten, die moderne Vermessungstechnik der Marine zu begründen“. Doch obwohl ihn seine großen Leistungen schon zu Lebzeiten berühmt machten, blieb er reserviert, zurückhaltend und bescheiden.
Um Cooks Beitrag zur Lösung der Seefahrtsprobleme des 18. Jahrhunderts würdigen zu können, muss man sich den Stand der Kenntnisse zu jener Zeit in wenigstens fünf großen Fragen vergegenwärtigen. Diese Fragen kreisten um die Existenz eines riesigen südlichen Kontinents, um die Größe und Gestalt Ostaustraliens und Neuseelands, die Geografie des nördlichsten Pazifiks und der angrenzenden Arktis, um Navigation und Kartografie und um das Problem der Seekrankheiten. Die folgenden Logbuch-Auszüge belegen jedoch auch andere Beiträge Cooks und seiner Mitarbeiter zu Fachgebieten wie der Anthropologie, Botanik und Zoologie.
Der Mythos eines südlichen Kontinents war schon in der Antike entstanden; die Griechen hatten geglaubt, südliche Landmassen müssten ein Gegengewicht zu den nördlichen bilden. Ptolemäus (um 150) und manche mittelalterlichen Geografen füllten die südliche Hemisphäre deshalb mit einem riesigen Erdteil. Um 1500 wiesen Forscher wie Columbus und Magellan nach, dass die Erde eine Kugel ungeheuren Ausmaßes ist – dass in den Wasserwüsten des Pazifiks und der südlichen Meere neben Amerika auch weitere Kontinente reichlich Platz hätten. Jedoch: Diaz‘ Umsegelung des Kaps der Guten Hoffnung, Magellans Entdeckung der dann nach ihm benannten Straße und schließlich Drakes Entdeckung der Kap-Horn-Passage (1578) trieben die Seefahrer vom östlichen und westlichen Atlantik zu den neu entdeckten Meeren; und dies – bei der Kenntnis asiatischer Seeverhältnisse – markierte die Trennung der Alten Welt von jedweden südlichen Landmassen. In den folgenden Jahren zeigten spanische, holländische, englische und andere Pazifik-Reisen der verschiedensten Zielsetzung, dass in den nördlichen und zentralen Teilen dieses Ozeans kein großer Kontinent liegen konnte. Aber die meisten Expeditionen segelten mit den Passatwinden von Osten nach Westen; zwar entdeckten sie zahlreiche Inseln, ohne sie kartografisch zu erfassen (sie vermochten ihre geographische Länge nicht auszumachen), doch blieben ihnen die Geheimnisse der Südsee verschlossen. So konnten manche Geografen, welche die Berichte Marco Polos und der Expedition Magellans falsch interpretierten, in diesen Breiten immer noch einen riesigen Kontinent lokalisieren. Seit die Holländer jedoch einen regen Gewürzhandel mit Ostindien trieben (ab 1606), lieferten sie konkrete Hinweise auf die Existenz südlicher Landmassen. Ein hervorragender holländischer Seemann, der spätere Admiral Willem Jansz, entdeckte im Frühjahr 1606 Australien; weitere Holländer, die nach Osten oder Süden – nach oder von Ostindien – segelten, vervollständigten die Karte des Kontinents von der Großen Australischen Bucht im Süden bis zu Jansz‘ Entdeckungen im nordöstlichen Golf von Carpentaria. Doch die fruchtbare Ostküste entdeckten die Holländer nicht – vielleicht deshalb, weil es ihnen nicht gelang, vom Westen in die Straße zwischen Australien und Neuguinea zu gelangen; eine spanische Expedition unter Torres und Prado durchsegelte diese Straße Ende 1606 von Osten, wahrscheinlich ohne den südlich gelegenen Kontinent zu sichten. 1642/43 leistete Anton van Diemen, der bedeutende holländische Gouverneur Ostindiens, einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Problems: Er griff einen Vorschlag des vorausschauenden Seemanns Visscher auf und beauftragte Abel Tasman und Visscher, von Mauritius aus eine Handelsroute nach Südamerika zu suchen. Viel weiter südlich als frühere Expeditionen passierten sie den Süden Australiens, „Neuholland“, sie entdeckten Van Diemens Land (Tasmanien) und Staten Land (Neuseeland) – obwohl die Forscher einen lückenhaften Bericht der erstgenannten Insel gaben – und mussten der gefährlichen Maoris wegen auf eine Landung in Neuseeland verzichten. Tasman und Visscher hatten jedoch bewiesen, dass Neuholland ein vergleichsweise kleiner Kontinent oder eine Inselgruppe sein musste – nicht eine riesige Landmasse, die sich über den Pazifik bis Neuseeland oder südlich in Richtung Pol erstreckte.
Die Holländer waren jetzt der unersprießlichen Forschungsreisen müde. Statt Gold und Gewürzen wies Neuholland kaum mehr als unglaublich primitive Männer und unglaublich hässliche Weiber auf. So konzentrierten sich die Niederländer, mehr Kaufleute als Kolonisatoren, von nun an auf den Reichtum der Tropen; Entdeckungen und Kolonisierungen in gemäßigteren Zonen überließen sie den aufstrebenden Seefahrern Englands und Frankreichs.
Unmittelbar vor Cooks Fahrten entsandte Frankreich den fähigen Forscher Bougainville in den Pazifik. Er segelte weiter südlich als seine Vorgänger – außer Tasman und vielleicht Torres – und sichtete das große Barriereriff Nordostaustraliens tatsächlich vor Cook; um ein Haar entging er dem Schiffbruch, den Cook dann nicht vermeiden konnte.
Auch die britische Regierung blieb nicht untätig: Die „Dry Land“-Propaganda, der Ehrgeiz und die Furcht vor französischen Entdeckungen führten zu der Entsendung Byrons (1764) und Wallis‘ (mit Carteret, 1766). Ihr Ziel war ebenfalls das Südland; Byron erhielt noch zusätzliche Instruktionen, nach Drakes New Albion weit im nordöstlichen Pazifik zu segeln und dort eine nordöstliche Passage zum Nordatlantik zu suchen. Nach dem teilweisen Fehlschlag dieser Expeditionen erging der Ruf der Krone an James Cook. Bei seinen ersten beiden Expeditionen löste er die Hauptprobleme des vermuteten Südlands; bei seiner dritten beantwortete er die meisten ungelösten Fragen des Nordpazifiks.
Zu dem Mysterium der südlichen Landmassen gehörte auch die weniger wichtige Frage nach dem Verlauf der Ostküsten Neuhollands und Neuseelands; dabei erschien das Problem Neuseelands entscheidender, denn seine Westküste konnte sich als Küste eines Kontinents herausstellen. Zu jener Zeit dachte man kaum daran, dass die Passatwinde, die den Osten Neuhollands zu einer gefährlichen Leeküste machten, auch über dem gut bewässerten, fruchtbaren Küstengebiet eines Erdteils wehen konnten. Kaum einen Geografen schien es zu kümmern, ob diese Küstenlinie Festland oder Inseln begrenzte; ob sie nach Westen zurückwich, wo das öde Land der holländischen Entdeckung lag, oder sich kühn in den Pazifik wölbte, wie sie Tasmans berühmte Karte von 1644 skizzierte.
Typisch verhielt sich die Britische Admiralität: Erst befahl sie Cook, Neuseeland und das unbekannte Meer in seinem Osten zu erforschen, um so einen Kontinent zu finden; dann ignorierte sie die glänzende Gelegenheit, die südländischen Küsten zu untersuchen, und ließ ihn selbst die Route der Rückfahrt bestimmen, von der er sich den größten Profit versprach. So ist der mutige Entschluss, der zu der Entdeckung Ostaustraliens und der Besiedlung eines neuen Kontinents durch Menschen des englischen Sprachraums führte, allein James Cook und seiner Mannschaft zu danken – wenn er auch in gewissem Grade durch das vorhandene Material beeinflusst wurde.
Das dritte geografische Problem, das Cook löste, kreiste um den Landanteil im nördlichen Pazifik und um die Existenz oder Nichtexistenz einer Passage von der nordamerikanischen Küste zur Hudson Bay; Cook fand dabei den Tod. Er hätte sich auf dieses Abenteuer nicht einzulassen brauchen: Erst im Juli 1775 war er in Glanz und Glorie von seiner langen und erfolgreichen zweiten Expedition zurückgekehrt; dennoch meldete er sich freiwillig zur Leitung der Nordpazifik-Expedition und stach im Juli 1776 in See. Sein wahres Ziel war die Erfüllung einer Aufgabe, an der Byron gescheitert war. Um diese Zeit erschien die Entdeckung einer Passage zwischen Nordpazifik und Nordatlantik immer dringender, denn der Teehandel nahm ständig an Umfang zu. 20000 Pfund hatte man demjenigen Kommandeur eines britischen Handelsschiffs zugesichert, der diese Durchfahrt entdecken sollte; jetzt galt das Angebot auch für die Kommandeure von Marineschiffen, wenn die Passage nördlich der Breite 53° N lag.
Professor Vincent T. Harlow hat darauf hingewiesen, dass die Admiralität einen Vorstoß von zwei Seiten plante. Während Cook die Passage vom Pazifik in den Atlantik suchte, sollte Lieutenant Richard Pickersgill – er war von Cook auf der zweiten Expedition geschult worden und kommandierte jetzt die Brigg Lion – vom Atlantik in den Pazifik vordringen. Leider wurde Pickersgill auf der Küstenfahrt von Grönland zur Davis-Straße ernsthaft krank, und sein Nachfolger, Lieutenant Walter Young, missachtete seine Instruktionen völlig und kehrte 1777 zurück; seine Aufgabe hatte er „noch nicht einmal begonnen“.
Im Nordpazifik entdeckte Cook die Hawaiischen Inseln (Sandwich Islands), die er, seltsam genug, für seine größte Entdeckung hielt – lange bevor ihr unschätzbarer strategischer Wert erkannt wurde. Dann erforschte er die nordamerikanische Küste von einer Breite von etwa 45° N an, bewies, dass südlich der Arktis keine Passage nach Osten existierte, und bestätigte die Ergebnisse Berings, indem er dessen Straße passierte; dabei gelangte Cook zu der Ansicht, dass sein Vorgänger, ein weiterer Märtyrer der Forschungsgeschichte, die geografische Breite und Länge exakter als vermutet bestimmt hatte. Am 14. Februar 1779 setzten hawaiische Inselbewohner Cooks Leben ein tragisches Ende; was er dennoch erreicht hatte, braucht den Vergleich mit keinem seiner Vorgänger im Nordpazifik zu scheuen – seine Ergebnisse beeinflussten Forschung und Handel.
Die vierte Frage, die man sich zu stellen hat, zielt auf den Stand der navigatorischen und kartografischen Kenntnisse im 18. Jahrhundert. Auch hierzu leistete Cook einen wertvollen Beitrag. Lange vor den Tagen Cooks konnten die Seefahrer schon recht genau die geografische Breite bestimmen und ihre Position nördlich oder südlich des Äquators errechnen. Leider waren die Berechnungen der Länge, der östlichen und westlichen Entfernungen, weit schwieriger; das zeigen die Entdeckungen zahlloser Pazifikinseln, die nicht erfasst werden konnten. Zu Cooks Zeit jedoch experimentierten die Uhrmacher mit Chronometern, Instrumenten also, die über lange Perioden exakte Zeitangaben lieferten und keinen Wettereinflüssen unterlagen – sie erwiesen sich als nützlich für die Längenberechnung. Die Astronomen hatten derweil mithilfe der Mondentfernungen eine weitere Methode entwickelt. Leider waren dazu stundenlange komplizierte Rechnereien erforderlich; doch Cook bewies auf seiner ersten Reise, dass die Ergebnisse äußerst genau sein konnten.
Auf der Fahrt mit der Endeavour führte Cook keinen Chronometer mit sich, doch er und der Astronom Green berechneten häufig lunare Entfernungen; große Dienste leisteten ihnen dabei Tabellen, welche der Königliche Astronom Nevil Maskelyne unlängst veröffentlicht hatte. „Mithilfe dieser Tabellen“, schrieb Cook 1773, „lassen sich die Berechnungen in unglaublich kurzer Zeit bewerkstelligen und fallen selbst dem Einfältigsten leicht.“ Auf der zweiten Reise stellten Cook und die Astronomen Wales und Bayley ebenfalls häufig lunare Beobachtungen an, doch diesmal verfügten sie auch über drei von Arnold hergestellte Chronometer – unfertig und unbefriedigend – und über ein sehr berühmtes und leistungsstarkes Instrument, das Larcum Kendall nach Harrisons Entwurf gefertigt hatte.
Cooks Beitrag zur Lösung des alten, äußerst schwerwiegenden Problems der Längenberechnung basierte auf der erfolgreichen Arbeit von Uhrmachern und Astronomen; doch seine Errungenschaften auf dem Gebiet der Vermessung und Kartographie beruhten weit mehr auf individueller Leistung. Skelton schreibt: „Cooks Logbücher bezeugen wiederholt seinen vorausschauenden Spürsinn für den Verlauf einer Küstenlinie und für die Erkennung und Deutung ihrer wesentlichen Eigenschaften“; seine Karten „sind im Allgemeinen korrekt in den Umrissen und exakt in der geografischen Breite“, während die Längenangaben geringe Fehler aufwiesen.
Der Admiral Sir W. J. L. Wharton, eine ausgesprochene Kapazität, zollte Cooks kartografischen Glanztaten in Neufundland und auf den Forschungsreisen höchsten Tribut; er betonte, dass die Karten der Admiralität noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts – mehr als hundert Jahre nach Cooks Tod – häufig auf seinen Karten basierten. Skeltons Urteil gipfelte in einem Vergleich von Cooks Leistung mit der trigonometrischen Vermessung Englands durch General Roy. Die Maßstäbe wissenschaftlicher Exaktheit, welche diese beiden Männer zu Wasser und zu Lande gesetzt hatten, bestimmten die frühe Vermessungsarbeit des Heeres und der Seewarte.
So groß Cooks geografische Leistungen auch waren – die höchste Anerkennung wurde ihm zu Lebzeiten doch wohl für seinen Beitrag zur Bekämpfung der Seekrankheiten zuteil. Vielleicht litten die alten Seefahrer, die Polynesier und die Wikinger etwa, an Krankheiten wie dem Skorbut; doch ehe die Segelschifffahrt und die weltweite Navigation größere Ausmaße angenommen hatten, spielten Mangelkrankheiten keine große Rolle. Das änderte sich grundlegend, als die europäischen Nationen ihre Handelsrouten um Afrika herum, nach Amerika und selbst über den Nordpazifik ausbauten; die Zwischenfälle auf diesen langen Reisen nahmen in so bestürzendem Umfang zu, dass sie selbst zu dem Niedergang eines zahlenmäßig schwachen Volkes, der Portugiesen, beitrugen. Noch 1740/44, unmittelbar vor Cooks Reisen, verlor Commodore Anson bei seiner Reise um die Welt 626 von 961 Männern auf drei Schiffen – hauptsächlich durch den zweimal grassierenden Skorbut. Dabei war die Waffe dagegen seit vielen Jahren bekannt: Sir Richard Hawkins (1593) und Captain James Lancaster (1605) hatten bereits erfolgreich mit Zitrusfrüchten experimentiert. Während seiner Ostindienfahrt bekämpfte Lancaster den Skorbut auf seinem Flaggschiff, dem Dragon, mit Zitronensaft; doch er verlor 105 von 222 Männern auf den drei kleineren Schiffen, die keine Zitronen geladen hatten. In dem Buch The Surgeons Mate („Der Gefährte des Arztes“, 1617) setzte sich James Woodall leidenschaftlich für Zitronensaft als Heilmittel gegen diese Krankheit ein; somit scheint festzustehen, dass denkende Seemänner schon seit Langem die Bedeutung von Zitrusgewächsen und frischen Lebensmitteln kannten.
Cook erfuhr bei seinem Kampf gegen diese Krankheit wertvolle Unterstützung durch Pelham, den Sekretär des Verproviantierungsamtes, der mit Antiskorbutika experimentiert hatte und für das Heilmittel verantwortlich zeichnete, dem Cook höchstes Vertrauen schenkte: für den eingedickten Saft der Bierwürze oder des Biers, ein Mittel, das laut Cooks Biograf Arthur Kitson der Admiralität von einem Dr. McBride empfohlen worden war.
Gleichfalls verwandte Cook Sauerkraut, eine Art Fleischbrühe und etwas Orangen- und Zitronensaft. Weiterhin legte er großes Gewicht auf möglichst frische Vorräte, auf saubere Schiffe und Seeleute mit trockener, warmer Kleidung, auf gründliche Lüftung der überfüllten Kajüten und Schlafstellen.
Hier also haben wir in groben Zügen die Situation der Zeit, zu der Cook sein großes Werk begann (1768). Der wissenschaftliche Fortschritt des 18. Jahrhunderts und der Ehrgeiz der Briten, beflügelt vor allem durch die Siege im Siebenjährigen Krieg, schufen eine Lage, welche es ermöglichte, die Erforschung der Ozeane weit über ihre bisherigen Grenzen voranzutreiben. Die Zeichen der Zeit standen günstig; doch das schmälert nicht die großen Verdienste James Cooks. Sein Charakter, seine Fähigkeiten, seine Beachtung jedes Details bewahrten seine Schiffe und seine Mannschaften in langen Jahren der Gefahr und Mühsal; und nur so konnten sie die Grenzen sprengen, die der Forschung bis zu dieser Zeit gesetzt waren.
„Hervorragend für seine Tätigkeit geeignet – undebenso für größere Unternehmungen derselben Art.“LORD COLVILLE ÜBER COOK, 1762
Cook wurde am 27. Oktober 1728 in einer winzigen Zwei-Zimmer-Lehmhütte des entlegenen Dorfes Marton-cum-Cleveland geboren; er war das zweite von sieben Kindern. Seine Mutter, Grace Pace, war eine Frau aus Yorkshire; sein Vater, James Cook, hatte möglicherweise schottische Ahnen. Er wurde stets als Tagelöhner bezeichnet, sowohl bei der Taufe seines Sohnes als auch bei seinem Tod, obwohl er es inzwischen zum Verwalter einer Farm gebracht hatte. Über die Kindheit von James junior wird wenig berichtet; er muss unter Bedingungen aufgewachsen sein, die sehr wohl zu der bemerkenswerten Zähigkeit und Selbstverleugnung beigetragen haben mögen, die er in jeder kritischen Situation auf seinen Forschungsreisen unter Beweis stellte. Zuerst arbeitete er bei William Walker, dessen Frau ihm wohl den ersten Unterricht erteilte, dann in Ayton, Yorkshire, wo er von einem gewissen Mr. Pullen weiter ausgebildet wurde – in der kleinen Schule, die heute noch steht und in welcher Cook „bemerkenswerte Fähigkeiten in der Wissenschaft der Zahlen“ entwickelt haben soll.
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