Entscheidung in Paris - Lynn Lamarr - E-Book

Entscheidung in Paris E-Book

Lynn Lamarr

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Beschreibung

Aydan Loàn schön, reich und aufstrebend. Er hat alles, was sich ein Mensch für ein gutes Leben auf Erden nur wünschen kann und benötigt! Doch sonderbarerweise ist er nicht glücklich! In ihm schlummert ein tiefes Geheimnis, welches niemals jemand erfahren darf und er um nichts preisgibt. Aydan glaubte bis vor ein paar Tagen noch, seinem Schicksal für immer entronnen zu sein. Für einen Auftrag, seine Firma vor dem Bankrott zu retten, muss er überstürzt nach Paris reisen. Die Stadt der Liebe deckt jenes versteckte Heimlichkeit auf, welches er um alles zu verbergen versuchte und stellt sein Leben förmlich auf den Kopf. Eine Entscheidung ist fällig, die Herzen brechen lässt! In "Entscheidung in Paris" ist es Lynn Lamarr gelungen, gesellschaftliche Themen, wie sie aktueller nicht sein könnten, in eine mitreissende Geschichte zu verpacken. Wahrheiten, die wir nicht trauen auszusprechen, werden Kern dieses Romans, und er schafft es, mit teils drastischer Wortwahl, die Gefühlswelt der Protagonisten aufs Papier zu bannen. Denn die Welt ist nur so, wie wir sie zulassen!

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Dieses Buch ist für all jene geschrieben, die so fühlen!

Mein persönliches Wort:

Dieses Buch habe ich für all jene geschrieben …

… die so fühlen …

… die so gelitten …

… die so gekämpft

… und so geächtet wurden …

… und zuletzt für jene, die mitleiden mussten!

So wie ich …

In der leisen Hoffnung, dass die Worte in diesem Buch etwas zum Positiven bewegen … sollen sie da verankert sein. Und wer weiss, vielleicht, wenn das Leben es will … ändert meine Sicht der Dinge etwas die Perspektiven, die bis anhin nichts zu ändern vermochten.

‹Entscheidung in Paris› habe ich geschrieben, um neue Perspektiven weiterzugeben. Ich habe eine Geschichte aus dem Leben erzählt! Sicher wird der Leser sich inmitten des Buches fragen, ob ich auch so bin, auch so fühle wie die Figuren in dieser Geschichte. Wenn der Leser denkt, ich sei auch so, dann habe ich meine Arbeit gut gemacht! Und wenn der Leser erkennt, wie authentisch diese Story doch ist, so habe ich mit meinem Schreiben das Ziel erreicht. Ja, und wenn meine Worte den Leser berühren, genau dann ist dies mein grösster Lohn. Selbst wenn die Frage und all die Spekulationen offen bleiben, ob ich so bin, wie ich nicht bin, und nicht so bin, wie ich bin! Und stellt sich doch die Frage, die garantiert so manchem nach diesem Buch auf der Zunge brennt, so kann ich nur eine Antwort geben … ist es wichtig für diese Story, wie ich bin oder nicht bin? Wahrscheinlich nicht! Ich schrieb in ‹Stadt ohne Licht› von einem Mörder und bin auch keiner! So gesehen hat nicht alles, was in meinen Büchern steht, mit mir als Menschen zu tun … und selbst wenn es so wäre, würde es nichts ändern, nichts beeinflussen und nichts zerstören! Zuletzt sind wir, wie wir sind …

Ich arbeite in einer grossen Firma, wo ich täglich mit facettenreichen Menschen zu tun habe. Da kam vor gar nicht langer Zeit ein Jüngling zu mir, der mir von seiner Veranlagung erzählte, und dieses Vertrauen, diese Verletztheit, dieses Verlorensein hat mich so tief berührt, dass ich entschied, diese Tatsache, in dieser Geschichte als Hauptthema zu verarbeiten. Es ist einfach, Dinge, die anders sind, als schlecht abzutun, ohne jemals die Frage nach dem Warum zu stellen. Ich kämpfe in all meinen Romanen um Gerechtigkeit, um meine Stimme denen zu verleihen, die in unserer Zeit kaum Gehör erfahren, wie den Kranken, den Schwachen, den Armen und all jenen, die nicht so sind, wie das allseits geprägte Weltbild es verlangt.

‹Entscheidung in Paris› habe ich für jene Menschen geschrieben, die gerne eine andere Sicht der Dinge erfahren und erkennen! Die sehen, dass die Wahrheit oft eine Lüge ist und umgekehrt!

Die Geschichte zweier Männer, die nicht so sein wollen, wie sie sind … ist zuletzt in nichts zu belügen und auch nicht schönzureden … gleich was wir sind und was wir tun, wir können es uns nicht aussuchen … und derjenige, der sich seine Veranlagung aussuchen konnte, darf sich jederzeit bei mir melden … und ich schreibe diesen Roman jederzeit um! Sagt mir einer, er habe es sich aussuchen können, wie sein Leben aussehen sollte, will ich ihn gleich kennenlernen! Bis dahin haben wir zu akzeptieren, wie dieses Leben ist und es in nichts zu richten! Und wenn gleichgeschlechtliche Liebe weltweit unser einziges Problem darstellt, so ist diese Welt um einiges besser dran, als sie sich im Moment zeigt, denn dann sind wir frei von Hunger, Arbeitslosigkeit und allem, was diese Kugel so schlecht macht! Da ist die Liebe zweier gleicher Menschen wahrscheinlich noch das geringste Leid! Und genauso haben wir zu leben und unsere Prioritäten dorthin zu lenken, wo sie wirklich benötigt werden! Ganz sicher jedoch nicht in der Liebe zweier Gleichgesinnter!

Ich weiss aus persönlicher Erfahrung, dass wir uns nichts aussuchen können hier auf dieser Welt! Weder welche Hautfarbe wir tragen noch die Augen Farbe, so noch jene der Haare, sondern lediglich die bescheidene Tatsache, das Beste aus dem Schicksal herauszuholen. Das alleine ist es, was in unserer Macht steht, und dies nur so weit, wie ein Umfeld es auch erlaubt und wie weit dieses für die Art eines Lebens offen ist. Als Kind hatte ich kupferrote Haare und war mit Sommersprossen übersät, dafür wurde ich gehänselt! Später, als ich diese Schikane hinter mir hatte und um Akzeptanz kämpfte, liessen sich meine Eltern scheiden. Ich wurde zu einem Scheidungskind und dafür geächtet. Als ich dies auch glorreich hinter mich brachte, starb meine Mutter sehr früh, und ich kam in ein Waisenhaus und war plötzlich ein Heimkind geworden und auch so abgetan! Weshalb aber ich dorthin kam, interessierte niemanden! Zuletzt musste ich Dinge ertragen, wofür ich nichts konnte, und deshalb weiss ich aus persönlicher Erfahrung, was es heisst, anders zu sein als andere, ohne jemals Schuld daran zu tragen! Genau für diese benachteiligten Menschen habe ich dieses Buch geschrieben.

‹Entscheidung in Paris› steht für ebenjenes ein, damit wir alle die Chance haben auf Akzeptanz, Toleranz und Gerechtigkeit. Niemand auf dieser Welt steht gerne für etwas gerade, wofür er nichts kann! Egal, für was auch immer! Und ich hoffe, nach dieser Geschichte die Sichtweise etwas verändert zu haben und dass jene dankbar sind, die nicht so sein müssen, wie andere sind … die niemals so sein wollen! Zuletzt bleibt nur noch zu erwähnen, dass wir alle sind, wie wir sind … ohne eine Frage und die Wahl, was das Morgen noch bringt … und so haben wir den Tag zu nehmen und für jene Menschen dazusein, die weitaus weniger haben als wir selbst … denn schon allein die Tatsache, frei zu sein in einer Welt, wo Freiheit etwas Kostbares ist … ist mehr als alles sonst, was jemals auf ebendieser Welt zu erstreben ist! Und was nicht jeder auf dieser Erde erfahren kann … sei es durch einen Schicksalsschlag, durch eine Krankheit, durch finanzielle Nöte oder eben … anders zu sein … Freisein heisst … frei von allem zu sein … so auch von Vorurteilen … denn wirklich frei kann nur jener sein, der anderen die Freiheit lässt, anders zu sein … in diesem Sinne … viel Vergnügen bei

‹Entscheidung in Paris› …Der Sommer fing erst an – Erstes Buch

Vorwort:

Dieses Buch ist für alle jene geschrieben worden, die gerne spannende und unterhaltsame Geschichten lesen. Ich habe mich entschieden, eine Story zu erzählen, die den Leser in eine andere Welt führen soll. Die den Leser zum Lachen und Weinen bringt. Der Wut und Hass verspürt und liebt. Wenn der Leser am Ende dieser Story das Buch zuschlägt, soll er sagen können:

»Was für eine Geschichte ... was für eine Reise!« Ich hoffe, dem Leser mit dieser Story etwas weitergegeben zu haben, etwas Spannung und wer weiss, vielleicht auch eine etwas andere Sichtweise auf diese Welt. Sodass wir nicht immer alles für bare Münze nehmen, was uns die Politik und die Medienwelt vorgaukeln, mit etwas mehr Vernunft in die Zukunft gehen und den gesunden Menschenverstand wieder in den Vordergrund stellen und erkennen, dass wir nur Gast auf diesem Erdball sind!

Die Geschichte ist mit dem Herzen zu lesen, denn so ist sie geschrieben worden, und nur so ist diese Story zu lesen! Mit dem Herzen!

Wir vom Verlag wollen, dass eine Geschichte beim Lesen Spass macht! Unser Bestreben war stets, dass auch dieses Buch drei Ziele zu erfüllen hat:

den Leser von seinem Alltag abzulenken …

sein Herz zu berühren …

und am Ende der Story etwas für sich mitzunehmen …

Wenn dieses Buch auch nur einen dieser Punkte erfüllt, dann hat die Geschichte mehr erreicht, als wir uns jemals erhoffen durften, und vieles ist plötzlich unwichtig!

Ein besonderer Dank geht an

all meine Rückleser, welcher nach den letzten Fehlern suchte und versuchte mein Ungeschick zu finden! Danke auch, dass er mir sehr oft Mut zusprach, wenn mich der meine verliess. Der meine Geschichte las und mit seiner Meinung und seinem Empfinden über diese mir half, an mich zu glauben - und an die Geschichte! Mich trieb, all meine Geschichten zu einem Ende zu bringen! DANKE!

DANKE an all diejenigen, die mich motivierten, weiter zu machen ... auch wenn ich oft nicht mehr wollte! Den Sinn nicht mehr sah!

DANKE, dass Ihr da gewesen seid in den entscheidenden Momenten! Weiterhin möchte ich folgenden Menschen für ihr Schaffen danken, die mich mit ihrer Arbeit inspiriert haben und mich ein Leben lang begleiteten und mir Kraft gaben:

MIREILLE MATHIEU, PETULA CLARK, DALIDA, JUDY GARLAND, LARA FABIAN, DORIS DAY & ELVIS PRESLEY.

Ohne diese Menschen wäre vieles nicht möglich gewesen!

Weiter danke ich:

JAMES HORNER, JOHN WILLIAMS, CHRISTOPHER YOUNG, HANS ZIMMER, JERRY GOLDSMITH & PATRICK DOYLE

und all den anderen grossen Filmkomponisten, deren Namen ich hier nicht alle nennen kann! Ich brauchte ihre Musik, um oft in die gewünschte Stimmung zu kommen, damit ich so fühlen konnte, wie die Geschichte nun zu lesen ist! Mit dem Herzen!

DANKE tausendmal!

Nur wer jemals so geliebt hat…weiss, was lieben heisst!

Lynn Lamarr

Inhaltsverzeichnis:

Kapitel 1: Der Liebesbrief …

Kapitel 2: Eine verletzende Frage …

Kapitel 3: Frauen …

Kapitel 4: Zwei Fragen …

Kapitel 5: Wie der Kauf eines Autos …

Kapitel 6: Die Anklage …

Kapitel 7: Drei Anwälte …

Kapitel 8: Das Urteil …

Kapitel 9: Wer die Liebe berührt …

Kapitel 10: Zwei Briefe …

Kapitel 11: Einen Grund …

Kapitel 12: Ein Hauch Indien …

Kapitel 13: Der Spiegel …

Kapitel 14: Unerfreuliche SMS …

Kapitel 15: Die Wichtigkeit der Sache …

Kapitel 16: Die Hochzeit …

Kapitel 17: Die Ohnmacht …

Kapitel 18: Eine Entscheidung …

Kapitel 19: Eifersucht …

Kapitel 20: Weisse Rosen …

Kapitel 21: Namenlos …

Kapitel 22: Der beste Mann vor Ort …

Kapitel 23: Claire …

Kapitel 24: Vergangenheiten …

Kapitel 25: Sanktionen …

Kapitel 26: Der Henker …

Kapitel 27: Der Treuebruch …

Kapitel 28: Lausanne …

Kapitel 29: Untröstlich …

Kapitel 30: Harlow …

Kapitel 31: Das Lächeln eines Mannes …

Kapitel 32: Des Menschen schlimmstes Verbrechen …

Kapitel 33: Schwere Entscheidungen …

Kapitel 34: Klägliche Wahrheit …

Kapitel 35: Brechende Herzen …

Kapitel 36: Jedes Mal …

Kapitel 37: Blicke …

Kapitel 38: Cloclo …

Kapitel 39: Zu spontan …

Kapitel 40: Die letzte Metro …

Kapitel 41: Frische Brote …

Kapitel 42: Der Puls …

Kapitel 43: Gréco …

Kapitel 44: Strohfeuer …

Kapitel 45: Verbotene Liebe …

Kapitel 46: Das einzige Verbrechen …

Kapitel 47: Der Code …

Kapitel 48: Hand in Hand …

Kapitel 49: Wie bunt der Vogel …

Kapitel 50: Der Sommer begann …

Kapitel 51: Die Lügen des Staates …

Kapitel 52: Scherben …

Kapitel 53: Die Kunst des Tees

Kapitel 54: CSD …

Kapitel 55: Französische Legende …

Kapitel 56: Rote Ballettstrümpfe …

Kapitel 57: Monte Carlo …

Kapitel 58: Das Ende, welches sich ein jeder wünscht …

Kapitel 59: Die schönste Zeit …

Kapitel 60: Vernunft und Unvernunft …

Kapitel 61: Die wahre und aufrechte Liebe …

Kapitel 62: Unausgesprochene Wahrheiten …

Kapitel 63: Augenblick des Zorns …

Kapitel 64: Ungefragt …

Kapitel 65: Verrat …

Kapitel 66: Ironie des Schicksals …

Kapitel 67: Das Gesicht des Glücks …

Kapitel 68: Die richtige Zeit der Wahrheit …

Kapitel 69: All die Tränen …

Kapitel 70: Höre auf Dein Herz …

Kapitel 71: Vater zu sein …

Kapitel 72: Die schönste Zeit im Jahr …

Kapitel 73: Die Welt ist nirgends …

Kapitel 74: Niemals …

Kapitel 75: Paris ein Sommer lang …

Kapitel 76: Nicht das Recht …

Kapitel 77: Mit der Zeit liebt man nicht mehr …

Zu diesem Buch:

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Anmerkungen zu diesem Buch

Zum Autor:

©Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitungen oder Zeitschriften, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung oder Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen oder Video, auch einzelner Text oder Bildteile. So wie auch Ideen und Konzepte, welche in der Geschichte enthalten sind. Alle Rechte liegen beim Autoren!

Der Verlag

Der Inhalt dieses Buches ist reine Fiktion! Namen, Personen und Orte sind entweder ein Produkt der Phantasie des Autors oder wurden rein erfunden. Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig.

Der Verlag

Entscheidung in Paris

Der Sommer fing erst an!

Kapitel 1: Der Liebesbrief …

Ein jedes Leben auf dieser Welt wird in ein Szenario hineingeboren, das Schicksal schwebt wie ein Schatten über den Menschen. Gleich welche Startbedingungen ein Leben aufzuweisen weiss, das Ende jedoch kennt niemand. Das Jahr 1999 war gerade an der Schwelle, um ins neue Jahrtausend zu treten. Die Gefühle der Menschheit gespalten. Die einen warteten auf das Ende der Welt, die anderen auf bessere 1000 Jahre. Und diejenigen, die weder an das eine noch an das andere glaubten, waren davon überzeugt, dass ein Computercrash das Ende der Menschheit bedeuten würde. Doch nichts von alledem sollte eintreffen. Die Welt drehte sich genauso weiter, wie sie dies schon immer tat. Allerdings, an diesem besagten Silvester, stand Aydan Loàn an der Schwelle des Jahres 2000 und konnte am ersten Tag des neuen Jahrtausends, seinen zwanzigsten Geburtstag feiern.

»Endlich soweit!«, dies waren seine Worte, nachdem der Korken des Champagners knallte, welche nicht nur seinem Geburtstag alleine galten, sondern auch den Hoffnungen des neuen Jahrtausends. Im Herbst 1999 hatte er die Lehre als Versicherungskaufmann beendet, danach wollte er das Abitur ablegen, was ihn noch ein weiteres Jahr kosten sollte. Später, wenn er diese Reifeprüfung bestanden hätte, würden noch vier Jahre Studium auf den Jungen warten. Doch bevor er im Sommer 2000 mit der Schule beginnen konnte, wollte er noch etwas Geld verdienen. Er hatte die Möglichkeit, in der Agentur zu bleiben, in der er einst die Lehre absolvierte.

Aydan erlebte eigentlich eine sehr schöne Kindheit. Er wuchs auf, wovon es sich viele nur erträumen konnten. Sein Vater war ein reicher Industrieller, der ihm, seiner Mutter und seinem ein Jahr jüngeren Bruder Fabrice ein Leben bot, wie dies nur in Filmen sehen kann. Die beiden Kinder waren grundverschieden. Oft keimte die Frage auf, ob die zwei Loàn-Brüder wirklich vom selben Vater abstammten. Aydan war fast einen Meter achtzig gross und recht gut gebaut, er liebte Sport, Musik und seine Bücher, dabei besonders Gedichte und Poesie. Aber vor allem liebte er Farben, die er in Bilder umzusetzen versuchte! Seine Leidenschaft gehörte der Fotografie, und er war immer auf der Suche nach den schönen Dingen des Lebens. Der Junge besass schwarzes glattes kräftiges volles Haar wie seine Mutter, welches er kurz und sehr gepflegt trug. Seine Nase zeigte jene Schönheit seiner Mutter, ebenso wie die wohlgeformten Lippen. Die ebenmässigen weissen Zähne hatte er von seinem Vater, doch das Schönste in seinem Gesicht waren eigentlich seine dunklen Augen, die tiefe Geheimnisse in sich bargen.

Er schlug ganz nach seiner Mutter, wahrlich in allem. Estefania war eine wunderschöne Frau, die einst aus Italien, aus einem kleinen Dorf in der Toskana emigrierte. Ihr Vater Giovanni-Franco Batista war das dritte von insgesamt zwölf Kindern. Seine Mutter Maria und ihr Mann Paolo hatten kaum genug zu essen und Platz für alle ihre Sprösslinge. So bot das Dorf, in dem sie allesamt lebten, auch nicht ausreichend Arbeit. Deshalb entschied sich Giovanni nach der Lehre als Maurer, sein Dorf zu verlassen und in die Welt zu ziehen. Doch sein Geld reichte nicht weit, und so lernte er auf einem Weingut in der Toskana, wo er sich etwas Geld verdiente, Maria, die Tochter der Magd, die wie alle anderen dort auf dem Gutshof lebten, kennen und auch lieben. Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach einem besseren Leben, und so wie viele Italiener in den sechziger Jahren, fand er eine Anstellung im Elsass, siebzig Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt. Schnell einmal wurde Maria schwanger, und die beiden mussten heiraten. Ihr erstes gemeinsames Kind sollte Giuseppe heissen, und schon ein Jahr später erblickte Estefania das Licht der Welt. Die zwei Geschwister wuchsen in bitterer Armut auf. Sie hatten nicht viel, der grösste Luxus bestand darin, jeden Tag etwas zu essen auf dem Tisch zu finden.

Estefania erlernte den Beruf einer Damenschneiderin, zu mehr reichte die schulischen Leistungen nicht. Ihr Bruder fand eine Ausbildung zum Schreiner. Das Mädchen wuchs zu einer wahren Schönheit heran und verdrehte den Männern allesamt die Augen, wenn nicht gar den Kopf. Egal auch, in welchem Alter. Nach ihrer Lehre fand sie eine Stelle in einer Kleiderfabrik und arbeitete sich bis zur Vorarbeiterin hoch. Eines Tages kam der Sohn des Chefs zu Besuch, der die Firma nach dem Tod seines Vaters übernehmen musste. Der junge Firmenbesitzer schritt durch die Nähhalle, wo Estefania an einer der grossen Nähmaschinen ihre Arbeit verrichtete. Er schaute die Schöne beim Vorbeilaufen an, und sie folgte seinem Blick. Nein, nicht so wie die anderen Näherinnen, die aus lauter Angst und Ehrfurcht ihren Kopf zu Boden neigten. Dies gefiel ihm, dieser Stolz, dieses lebhafte Mädchen, welches er schon eine Stunde später in sein Büro bat. Dort fragte der neue Firmeninhaber die junge Frau, die gerade 22 Jahre alt war, über all jenes aus, was er in der Firma sonst nicht zu sehen bekam.

Irgendwann einmal, als ihr die vielen Fragen auf die Nerven gingen, bemerkte sie ohne eine Sekunde der Angst:

»Vielleicht kommen Sie mal unangemeldet in die Firma, wenn Sie die Wahrheit sehen möchten! Und nicht, wenn genug Zeit ist, um für den Chef alles zu richten und zu kaschieren! Blumen in den Empfang zu stellen, die sonst nie da stehen!« Diese Antwort imponierte dem Mann so sehr, dass er sie noch in derselben Stunde fragte, ob sie mit ihm speisen wolle. In einer Stadt, die er nicht kannte und die ihm nicht gefiel. Und Estefania antwortete auch gleich:

»Ja!« Eine ganze Woche blieb Amar Loàn in dieser kleinen Stadt nur wegen dieser Schönheit. Dieser 32-jährige Mann, der einst seinem Vater zuliebe Betriebswirtschaft studiert hatte, damit er in der Firma tatkräftig mithelfen und sie später übernehmen konnte. Sein Vater Victor Loàn war gebürtiger Ire. Er übernahm, wie sein Sohn nun, das einst kleine Schneider-Atelier seines Vaters in Dublin. Dieses brachte es in nur neun Jahren von zehn Angestellten auf hundert. Gleich nach dem Krieg benötigten die Menschen Kleider, schöne Dinge zum Anziehen. Auf der Suche nach verschiedenen Stoffen für normale Bekleidungsstücke sowie auch feines Tuch für die edle Kundschaft führte ihn der Weg nach Colmar. Dort lernte er in einer Leinenweberei das Mädchen Irene kennen. Der Ire verliebte sich schnell in die einfache Schönheit. Ungestüm erkannte er, dass das Produzieren im eigenen Land günstiger war, und so zog Irene mit ihm, aus Liebe und für ein besseres Leben, nach Dublin. Doch auf der Suche nach den besten Stoffen erkannte er schnell einmal, dass es günstiger war, einen Teil seiner Produktion nach Colmar zu verlegen. Dort kaufte er eine kleine Fabrikhalle, welche er für gutes Geld erwarb. Mit dem Aufschwung wuchs die Produktion in dieser Fabrik schnell und mit ihr auch die Belegschaft. Zweimal im Jahr besuchte Victor Loàn das Werk in Colmar. Ihre Ehe blieb lange kinderlos, bis Amar als einziges Kind dieser kleinen Familie Glückseligkeit brachte. Der plötzliche Tod von Victor, der sich spät abends noch in der Firma aufhielt, beendete jählings dieses wunderschöne, harmonische Familienglück. Er starb an einem Herzinfarkt, alleine, einsam und ohne jemanden bei sich, der ihm hätte helfen können. Victor verschied sehr schmerzvoll. Irene konnte sich niemals verzeihen, dass sie ihrem Mann nicht zur Seite stand in dieser schweren Nacht. Mit dem Tod seines Vaters wurde sich Amar bewusst, dass er die Firma übernehmen musste, ohne eine Frage nach seinem eigenen Begehr.

Doch der Junge war restlos überfordert und brauchte Wochen, um sich vom plötzlichen Tod seines Vaters zu erholen, vor allem aber, um sich in der Firma einzuleben. Das Leben allerdings ging weiter. Es fragte nicht nach Trauer und Wünschen, es verlangte den nächsten Tag ohne Vorankündigung. Und so war für Amar ein Besuch in der Colmarer Filiale zwingend. Die Menschen dort wollten wissen, wie es nach dem Tod des Direktors weitergehen würde, und so war auch der Beginn dieser Geschichte.

Der Tag kam, und Amar beendete den Besuch in der Filiale, und so musste er Estefania alleine lassen! Ihm blieb keine Wahl, als zurück zu gehen, denn seine Mutter ihn im Werk in Dublin dringendst benötigte. Kaum war Amar wieder in sein Leben zurückgekehrt, begann er das Mädchen zu vermissen und sie ihn. Ja, Estefania hatte sich unsterblich in den zehn Jahre älteren Mann verliebt, sodass sie ihm am folgenden Tag schon einen Liebesbrief schrieb. Mit sehr grossem Erstaunen hielt Amar drei Tage nach seiner Abreise diesen handgeschriebenen Umschlag in den Händen. Seine Sekretärin, die schon bei seinem Vater arbeitete, trug den besagten Umschlag zusammen mit der täglichen Post in sein Büro.

Die handgeschriebene Adresse stach ihm sofort ins Auge, ebenso wie das edle Papier. Genau aus diesem Grund griff er als erstes nach diesem geheimnisvollen Schreiben. Mit dem elfenbeinfarbenen Brieföffner, welchen sein Vater einst von einer Reise aus Afrika mitgebracht hatte, schnitt er hastig das Kuvert auf, nahm dessen Inhalt heraus und las die Worte, die sich so zart wie die süsseste Schokolade:

»Liebster Amar,

meine Gedanken sind, wo immer ich auch bin … nur bei Dir! Egal … wohin ich gehe und was ich tue! Sobald ich an Dich denke … erscheint ein Lächeln auf meinem Gesicht und in meinem Herzen. In meiner Vorstellung schlendere ich durch den Stadtpark, sehe uns um Mitternacht, gerade wenn die Laternen ausgehen und wir uns küssen … im Finsteren der Nacht! Oder uns hinter einem Glas Champagner sitzend, welchen ich noch nie kosten konnte.

Ja, Amar, ich mache mir viele Gedanken über uns, über mich, und wenn ich an Dich denke, fange ich an zu träumen. Dein Lachen hat mich verzaubert, Dein Humor, der mich glücklich macht, mich betört. Deine Art, Dein Wesen lassen in mir Gefühle aufkommen, die ich bisher nie kannte.

Ich bin nicht so erfahren in der Liebe, da gibt es sicher andere Mädchen in meinem Alter, die in diesem Punkt um einiges verwegener sind. Die Liebe hab’ ich mir stets bewahrt, die aufrechte und wahre! Mit Dir könnte ich mir eine Liebe vorstellen, so tief wie ich sie in meinen Träumen sehe. Wo wir zusammen lachen und weinen, wo ich über Dich wache bei Tag und bei Nacht.

Ja, und ich möchte so viel wissen von Dir, welche Farbe Du liebst, welche Musik Du hörst, welches Essen Du gerne magst und welche Ängste ich für Dich vertreiben soll.

Gib mir Deine Hand, und wir betreten zusammen ein unbekanntes Land! Ein Land, welches alle erfahren wollen … jenes der Liebe!

Ich bin keine Frau der grossen und schönen Worte, aber eines weiss ich mit Sicherheit, dass der Sinn des Lebens irgendetwas mit Liebe zu tun hat. Ebendies möchte ich nur mit Dir herausfinden!

Eine Kollegin von mir … hat mich mal gefragt, wann ich wüsste, dass ich wirklich aufrecht und ehrlich liebe?! Ich zuckte mit meinen Achseln und konnte ihr keine Antwort geben! Und sie sagte mir: ›Wenn wir keine Fragen mehr stellen … dann Lieben wir!‹ Und ich? Stelle keine Fragen. Ich möchte mit Dir in die Zukunft gehen! Ohne jede Angst! Am Abend mit Dir zu Bett und am Morgen mit Dir erwachen, zuletzt jede einzelne Minute mit Dir verbringen, und dies jeden Tag!

Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass man so lieben kann … Ja, mein Herz ruft Deinen Namen, und ich fühle ganz tief in mir, dass ich Dich weit über alles liebe!

Ja, mein liebster Amar,

wenn Du nur in etwa so fühlst … wie ich für Dich fühle … so lass uns gemeinsam in die Zukunft gehen! Sicher werden wir auf dem Wege dorthin oft vieles nicht verstehen! Wer liebt, stellt keine Fragen, und ich stelle keine … nun hoffe ich tief in mir … Du hast auch keine Fragen!

Ich habe mein Herz für Dich geöffnet und möchte es nicht wieder schliessen … ohne Dich mit hineinzunehmen! Dorthin, wo DU ohnehin schon bist … tief in meinem Herzen!

In Liebe Estefania«

Amar flüsterte nach all diesen Worten, die da von ihr geschrieben standen, ein andachtsvolles:

»Ja!«, und so begann diese Liebesgeschichte. Später beichtete er ihr, dass er nie etwas Schöneres gelesen habe als jene Worte, die sie nur für ihn so wunderbar zusammenfügte. Estefania tat sich ein wenig schwer, nach Irland zu ziehen, und bekniete ihn, in Colmar zu bleiben. Nachdem sein Vater nicht mehr lebte und seine Mutter sich mit dem Vizedirektor der Firma tröstete, hielt ihn dort nichts mehr. Die beiden suchten sich zwar ein Häuschen etwas ausserhalb von Colmar, aber letztendlich kauften sie sich eine Herrschaftsvilla. Sie galten, bei allem Respekt, als ein sehr ungleiches Paar. Amar mit seinen zehn Jahren mehr auf dem Rücken wirkte neben ihr eher gering. Er verkörperte den typischen irischen Typ mit roten Haaren, Sommersprossen und einer käseweissen Haut. Sie als absolute Schönheit zog hingegen alle Blicke auf sich. Estefania hatte wildes braunes Haar, ein Gesicht wie ein Engel und steckte auch sonst voller Leben. Aber die Liebe fügt oft Menschen zusammen, die allein mit dem Herzen sehen.

Amar gab seiner Frau freie Hand in allem, was sie wollte. Zuletzt trieb sie vieles voran in dieser Fabrik. Estefania wählte die Stoffe aus, reiste sicher zweimal jährlich nach Paris und suchte dort nach dem letzten Schrei. Irgendwann einmal, zwei Jahre nach der Hochzeit, wurde sie schwanger, und Aydan sollte das Licht der Welt erblicken. Ein weiteres Jahr später folgte Fabrice, der äusserlich ganz nach seinem Vater schlug. Der Junge hatte genau dieselben roten Haare, Sommersprossen und eine bleiche Haut. Ohne jeden Zweifel, die beiden Loàn-Brüder konnten nicht unterschiedlicher sein.

Kapitel 2: Eine verletzende Frage …

An den beiden Jungs waren allzu deutlich die Launen der Natur zu erkennen. Im Gegensatz zu Fabrice, der sich wie ein offenes Buch zweigte, umgab Aydan immer ein Geheimnis, und er blieb verschwiegen, wenn nicht gar verschlossen. Seine Mutter wusste nie, was in ihrem Sohn vorging. Nichts, was ihn bewegte, quälte oder gar, was seine Wünsche und Träume waren, drang nach aussen. Aydan blieb für alle ein Rätsel. Seine Gefühle konnte er nur in Bildern ausdrücken, die dafür eine ungeheure Intensität und Stärke zeigten. Allein deshalb war ein jeder davon überzeugt, dass der Junge einmal Karriere als Fotograf machen würde. Dessen ungeachtet und auf das eindringliche Bitten seines Vaters hin, studierte er aber Wirtschaftswissenschaften. Amar vertrat jedoch die Ansicht, dass die Fotografiererei seinem Geschäft nichts bringen würde, und so beugte Aydan sich schliesslich dem väterlichen Willen. Genauso wie vor ihm schon viele andere Söhne auf dieser Welt.

Ja, Aydan wurde zusehends unglücklicher mit dieser aufgezwungenen Berufswahl. Sein Bruder Fabrice zeigte da mehr Mut, seinen Willen durchzubringen, und erlernte, so wie einst der Bruder seines Grossvaters, den Beruf eines Schreiners. Fabrice war in allem eher der hölzerne Typ, in seinen Bewegungen, seiner Art des Redens und auch sonst. Er war handwerklich sehr begabt. Dies zeichnete sich in seinem gesamten Wesen ab. Er war laut, hatte eine Sprache wie ein Bauarbeiter, schritt wie ein Bauer, war auch sonst unelegant und nahm kein Blatt vor den Mund. Aydan verkörperte in jeder Hinsicht das Gegenteil. Er wählte seine Worte immer höflich und nobel, seine Sprache war gepflegt, jedes Haar an seinem Platz, sein Aussehen perfekt. Seine Kleidung elegant und er selbst äusserst zuvorkommend. Sein Blick war so anders als der seiner Mitschüler - so voller Melancholie. In seinen Augen war immer eine Traurigkeit, die er, wo immer er auch war, zu verstecken versuchte. Er lachte, aber sein Lachen zeigte immer seine Unnahbarkeit. In seinen glasklaren blauen Augen war immer eine Dunkelheit, die seine Einsamkeit widerspiegelte.

Ja, die beiden Brüder waren einander mehr als nur unähnlich, wie sie unterschiedlicher kaum sein konnten.

Eine Ungleichheit wie Tag und Nacht. Trotz des hölzernen Verhaltens von Fabrice hatte seine Mutter viel den besseren Draht zu ihm. Sie konnte mit der verschlossenen Art von Aydan nichts anfangen. Im Gegenteil, seine Geheimnistuerei nervte sie, und die beiden hatten oft Streit, schon allein deshalb, weil sie aus Aydan nicht schlau wurde. Estefania war genau eine jener Mütter, die doch immer alles über ihre Kinder wissen wollten. Dabei wünschte sie sich tief in ihrem Inneren, mit ihrem Sohn einen Umgang pflegen zu können, wie ihn andere Muttis auch haben. Sie wollte gern ein paar Worte mit ihm wechseln und ihm nahe sein. Ja, Aydan war und blieb ein sehr verschlossener Junge, so schön er war, so geheimnisvoll blieb sein Wesen. Unnahbar!

Amar hingegen machte sich keine Sorgen über den Kummer seiner Frau und die Nöte seiner Jungs. Ganz im Gegensatz, er hielt die Verschwiegenheit eher für ein Zeichen des Erwachsenwerdens. Der Vater achtete vielmehr darauf, dass es seinen beiden Söhnen an nichts mangelte und dass sie die besten Schulen besuchen konnten, die in Colmar existierten, von denen jedoch nur Aydan den Nutzen zu ziehen wusste oder musste. Fabrice blieb bei seiner Schreinerlehre, und so setzte Amar alles auf Aydan.

Seine Enttäuschung war überaus gross, als Aydan ein weiteres Mal den Wunsch äusserte, nach Beenden des Abiturs Fotografie zu studieren. Doch sein Vater tobte.

»Ich habe Dir nicht die besten Schulen bezahlt, damit Du Bildchen knipst. Schlag Dir diese Flausen aus dem Kopf … als Hobby … okay! Aber sicher nicht als Beruf! Ein Junge mit Deinem Aussehen und Können wird weitaus Besseres anzufangen wissen … als einer Illusion nachzurennen … welches kein Geld bringt! Es reicht schon, wenn Dein Bruder um alles auf der Welt Holzarbeiter bleibt!«, liess er wutschnaubend den Traum platzen.

Und so studierte Aydan gegen seinen Willen Wirtschafts-Wissenschaften, was ihn noch verschlossener und unnahbarer machte. Wie schon erwähnt, mit dem Glockenschlag zum Jahrtausend wurde Aydan volljährig und mit diesem das Verlangen, fortzuziehen von seinem Elternhaus, um sich und seinen Traum zu verwirklichen. Weg von den ewigen Vorwürfen seiner Mutter und den sturen Forderungen seines Vaters. Ja, Aydan wollte tun und lassen, was sein Herz ihm sagte, was er für richtig hielt, und sich nicht weiterhin seinem Unglück ergeben. Im Gegensatz zu Fabrice hing Aydan immer nur mit Jungs zusammen, was in Estefania einen seltsamen Verdacht aufsteigen liess, den sie jedoch nie über ihre Lippen zu bringen wagte, um das Schicksal nicht heraufzubeschwören.

Sein Vater bat ihn endlich in der Firma mitzuhelfen, doch Aydan sträubte sich. Er wollte kreativ sein, sich seiner wahren Leidenschaft ergeben. Er hatte so viele Ideen, die er verwirklichen wollte, da stand ihm sein altes Leben nur in Wege. Ein Drama spielte sich ab, als er vor seine Eltern trat und ihnen beichtete, dass er eine Arbeit gefunden habe. Ja, genauer gesagt in der Schweiz, und zwar als Wirtschafts-Prüfer in einer kleinen Versicherungsgesellschaft.

»Ein 15-Mann-Betrieb!«, so seine Worte. Aydans Mutter benahm sich, als würde er auf einen anderen Kontinent ziehen. Ganze zwei Stunden Autofahrt Entfernung waren einen beispiellosen Streit wert. Der Vater verzieh ihm nie, dass er nicht in der Firma, die sein Erbe sein sollte, anpacken wollte. Estefania konnte ihm das erst recht nicht verzeihen. Sie wollte ihren Sohn niemals so einfach ziehen lassen. Noch weniger verzieh sie ihm die Tatsache, dass er nie über seine Pläne gesprochen hatte. Ja, sein Schweigen und diese ewige Geheimniskrämerei machte sie wütend. Vollends ausser sich geriet die Frau, als sie erfuhr, dass Aydan mit ein paar Jungs eine Wohngemeinschaft gründen wollte.

Sie konnte diese Tatsache nur schwer akzeptieren und versuchte wahrlich alles, um ihren Sohn davon abzubringen. Und ihr unausgesprochener Verdacht wurde ihr wieder bewusst, wie ein Schleier, der sich lüftete. Und noch mehr, nachdem sie erfuhr, dass er nun mit Lamas, seinem besten Schul- und Studienfreund, der ihrer Meinung nach einen schlechten Einfluss auf ihren Sohn hatte, zusammenzog. Lamas und Aydan kannten sich schon ewig und hingen immer zusammen ab. Die beiden fanden eine Anstellung bei einer Tochtergesellschaft der Firma ›Leben & Sicher‹ deren Hauptsitz sich in der Schweiz befand. Lamas war das Glück hold, und er fand nach dem Abschluss gleich diese Anstellung. Darauf holte er Aydan zu sich, der dieses Angebot noch so dankbar annahm. Schon alleine deshalb, um von seinem Elternhaus wegzukommen.

So verliess Aydan im Frühling 2000, im jungen Alter von 20 Jahren, sein Zuhause, um ein neues Leben zu beginnen. Sein Leben! So ging er unter schwerem Protest seiner Eltern, die ihm drohten, ihn sowohl zu enterben als auch sämtliche andere Zuwendungen zu streichen. Ein Gebaren, welches Aydan jedoch nicht von seinem Vorhaben abhielt. Im Gegenteil.

Aydan blühte so richtig auf. Der immense Druck seiner Eltern fiel wie ein tonnenschweres Gewicht von ihm, und endlich konnte er auch aus dem Schatten seines Bruders, der ach so perfekt war, treten. Er war nicht mehr der geheimnisvolle unnahbare Junge, sondern fröhlich, voller Leben, neugierig, und auch sonst erkannte ihn niemand wieder. Überall wo er hinkam, versprühte er gute Laune. Besonders die Frauen waren ihm sehr zugetan und schmolzen förmlich dahin, doch er wollte vom weiblichen Geschlecht nichts wissen. Schnell einmal arbeiteten sich die beiden jungen Männer hoch. Bereits im Jahr 2003 übernahm Lamas die Agentur, und Aydan wurde sein Stellvertreter.

Gemeinsam verzeichneten sie die besten Umsatzzahlen, was sie im Jahre 2005 folglich dazu veranlasste, eine eigene kleine Fünf-Mann-Versicherungs-gesellschaft zu gründen. Diese sollte den Namen ›Sicher in die Zukunft‹ tragen und bald schon von sich hören lassen. Bis anhin aber wurden sie ausgelacht.

»Das funktioniert niemals!«, waren die Worte des Vorgesetzten, und auch Aydans Vater vertrat dieselbe Meinung. Die Spötter sollten bald schon zu Neidern werden.

Eines Tages kam Aydan durch einen Zufall auf eine Idee. Ein Kollege, der händeringend eine Arbeit suchte, brachte ihn darauf. Die hohen Arbeitslosenzahlen, welche sich vor allem in Deutschland und Frankreich dramatisch zeigten, weckten in ihm die Vision, ein Produkt zu lancieren, das es jedem Arbeitnehmer ermöglichte, eine Versicherung zu unterzeichnen, die sein Einkommen absicherte. Die Idee war einfach: Ein jeder konnte eine Zusatzversicherung abschliessen, die ihm die Differenz von Arbeitslosengeld zu seinem Lohn garantierte. Ähnlich wie die Arbeitslosenversicherung in der Schweiz oder in Deutschland, nur mit dem gravierenden Unterschied, dass die Lohnentschädigung bei Arbeitsverlust 100 Prozent betragen sollte. Diese Dienstleistung, welche die beiden anboten, garantierte dem Arbeitslosen den vollen Lohn für zwei Jahre. Die Prämienzahlung war prozentual dem Lohn angepasst. Wer wenig verdiente, hatte kleine Prämien, und wer viel erhielt, bezahlte mehr. Sodass sich dies ein jeder leisten konnte, der abgesichert in die Zukunft gehen wollte. Eine weitere Dienstleistung war auch der 100-prozentige Lohn bei einem Erwerbsausfall entweder durch einen Unfall oder bei längerer Krankheit. So kam ein Produkt nach dem anderen hinzu. Desweiteren eine Altersvorsorge für Langzeitarbeitslose, die keine Deckung durch ein geregeltes Einkommen aufwiesen. All diese Leistungen liessen sie sich gesetzlich sichern. Die beiden wurden weiterhin von den grossen Versicherungsgesellschaften ausgelacht. Nur bald schon sollte denen das Lachen vergehen, und Aydan war der Meinung:

»Ein jeder Mensch hat Existenzprobleme! Angst vor möglicher Arbeitslosigkeit … kein Geld mehr nach Hause zu bringen und so jede Sicherheit zu verlieren!«, und die zwei Jungunternehmer wurden sich auch schnell einmal einig:

»Wer einmal arbeitslos war, weiss, was es heisst, 20 bis 30 Prozent weniger vom Lohn zu erhalten!« Ja, und so kam es denn auch. Ein jeder interessierte sich für diese Zusatzversicherung. Lamas und Aydan hatten eine Marktlücke gefunden, die ihre kleine Agentur schnell einmal wachsen liess.

Schon zum Ende des Jahres 2006 beschäftigten sie mehr als 20 Angestellte, und die Belegschaft sollte weiter wachsen. Aydan erkannte irgendwann einmal:

»Wir müssen einen Juristen einstellen!«

»Warum?«, kam auch gleich die Frage von Lamas, der im Gegensatz zu Aydan der Bodenständigere war. Lamas wuchs in bescheidenen Verhältnissen als drittes Kind von Leana und Olivier Valmont auf.

Die Mutter war Italienerin und Olivier ein richtiger Franzose, wie er im Buche stand.

»Wir sollten uns rechtlich schützen können!«

»Meinst Du?«

»Ja! Zudem habe ich eine Forderung vorliegen, welche der Mann für uns erkämpfen muss.«

»Und die wäre?«

»Weisst Du, ich habe mir mal Gedanken gemacht über unsere Arbeitslosenversicherung!«

»Ah, und weiter?«, fragte Lamas, der noch nicht verstand.

»Ich meine … es kann doch nicht sein, dass ein Klient bei uns eine Leistung bezahlt, die dann über den Lohn noch einmal abgerechnet wird.«

»Stimmt!«

»Unsere Kunden bezahlen so ihre Leistung doppelt!«

»Sicher und was willst Du mir genau sagen?«

»Nun, ganz einfach! Der Kunde soll wählen dürfen, welche Versicherung er beanspruchen will!«

»Oh! Du meinst also, dass gerade hier in der Schweiz und in Deutschland die Arbeitslosenversicherung wegfällt für all diejenigen, die sich bei uns schützen lassen!«

»Ja! Genau so!«

»Die Arbeitslosenversicherung ist in beiden Ländern obligatorisch und verstaatlicht!«

»Na und? Die Krankenkasse in der Schweiz ist auch obligatorisch, und ich kann mir diese aussuchen!«, erwiderte Aydan.

»Ich glaube nicht, dass das Arbeitsamt einverstanden wäre, dass wir dieses Geld einstreichen und nicht sie … das sind Millionenbeträge, die denen verloren gehen würden!«, erkannte Aydan mit ernster Stimme.

»Nun, so ist es an der Zeit, dass auch diese Firma für ihr Geld arbeiten muss … wie jede andere auch!«, wusste Aydan von sich zu geben.

»Werden diese wahrscheinlich nicht so sang- und klanglos einfach hinnehmen!«, bekräftigte Lamas.

»Wie gesagt, ein Anwalt muss dieses Recht für unsere Kundschaft erkämpfen. Kann ja nicht sein, dass der Apparat und seine Bürokratie mehr Geld verschlingt, als den Erwerbslosen gezahlt wird, wenn wir diese Arbeit so oder so erledigen!«

»Ist bei der Krankenversicherung identisch … die brauchen für ihr Personal und den Verwaltungsapparat mehr Geld, als für die Genesung der Kranken benötigt wird!«, ergänzte Lamas.

»Dies könnte auch von den Versicherungen übernommen werden … dieser Verwaltungskram!«, überlegte Aydan nickend und zeigte sich sachlich.

»Dies ist alles schön und gut, nur die Aussicht auf einen Sieg wird eher gering sein!«, bezweifelte Lamas.

»Aber etwas müssen wir unternehmen … darf nicht sein, dass ein jeder sich Geld nimmt und gerade der, der in Not ist … leer ausgeht! Nein, völlig absurd!«, ereiferte sich Aydan und zog dabei seine Augenbrauen zusammen.

»Da gibt’s noch etwas, das wir machen können!«

»Was?«, fragte Aydan gleich und sah seinen Geschäftspartner an.

»Das Produkt anpassen!«

»Und wie?«

»Nun … der Kunde kann bei uns eine Versicherung lösen, welche die Differenz abdeckt und für etwas mehr eine Ausgleichsverlängerung. Sagen wir … auf drei Jahre … somit erhält der Kunde während dieser Zeit seines Erwerbsausfalles die volle Leistung seines Lohnes!«, erklärte Lamas lächelnd.

»Du bist gut … wirklich … hätte direkt von mir stammen können!« und Aydan lachte ebenfalls.

»Ich weiss!«

»Wirklich gut!«

»Aber Deine Idee ist vielleicht auch nicht schlecht!«, lächelte Lamas vieldeutig.

»Und welche von den vielen meinst Du?«

»Die eines eigenen Anwaltes!«

»Sag ich doch!«, lachte Aydan ausgelassener denn je.

»So wollen wir uns doch gleich mal um jemanden kümmern … der unsere Belange in die Hände nimmt!«, überlegte Lamas, und schon am darauffolgenden Tag liess er ein Inserat schalten. Lange sollte sich niemand melden, und so strich die Zeit ins Land.

Genau drei Wochen nach dem Gespräch sassen die zwei erneut zusammen in ihrem Büro, und Lamas fragte:

»Hast Du die Werbung für unser neues Produkt schon inserieren lassen?«

»Ja! Von morgen an!«

»Und wo?«

»Überregional!«, war Aydans Antwort.

»Das heisst wie immer: Schweiz, Frankreich und Deutschland?«

»Ja! Korrekt!«

»Gut! Wenn das so weitergeht … müssen wir bald schon für Filialen sorgen … in Deutschland und Frankreich!«, lächelte Lamas.

»Glaubst Du das wirklich?«, fragte Aydan erstaunt.

»Nein, im Moment können wir noch alles von hier aus bewältigen ... doch, wenn unsere Produkte weiter so florieren … befürchte ich … bleibt uns nichts anderes übrig!«

»Gut! Denn zum Expandieren finde ich es noch etwas früh!«, machte sich Aydan Gedanken.

»Pass auf! Der Tag wird kommen … an dem wir unser Geschäft von hier aus nicht mehr meistern können!«, wusste Lamas nickend.

»Bis dahin dauert es sicher noch … ein paar Tage! Hoffe ich!«, spasste Aydan.

»Sicher … ein paar sind es wohl noch!«

»Übrigens, hast Du derweil schon einen Anwalt gefunden, der für uns geeignet ist?«, fragte Aydan sachlich.

»Nein!«

»Nicht?«, staunte der Schönling.

»Warte! Lass mich ausreden! Ich habe … drei in die engere Wahl gezogen! Zwei Frauen und einen Mann in unserem Alter, der gerade das Studium beendet hat!«, antwortete Lamas gleich.

»Frauen?«, empörte sich Aydan sofort.

»Ja! Weshalb nicht?«

»Sag mal, war unter all den Bewerbungen nur ein einziger Mann dabei?«, wollte Aydan sehr ernst wissen.

»Nein! Aber diese drei haben mich am meisten angesprochen!«, verteidigte sich Lamas.

»Du wirst doch nicht etwa eine Frau anstellen? Oder?«

»Warum nicht? Was spricht dagegen?«, erstaunte sich Lamas und sah den entsetzten Blick seines Geschäftspartners.

»Ich möchte so wenig Frauen wie möglich in diesem Team!«, folgte dessen Antwort kurz aber bestimmt.

Lamas blickte seinen Freund und Geschäftspartner lange und mehr als verdutzt an und fragte nach einem kleinen Moment mit ernstem Unterton:

»Warum magst Du keine Frauen?« Aydan schaute ihn seltsam an und beteuerte:

»Kann man so nicht sagen!« und wies diesen Vorwurf vehement von sich.

»Sondern wie?«

»Nun, wie gesagt! Ich will so wenig Frauen um mich wie nur irgend möglich!« Lamas’ Gesicht zeigte sich noch erstaunter, und er meinte etwas zögerlich:

»Sag nicht, Du bist!«

»Was?«, fragte Aydan und sah ihn gespannt an.

»Schwul?!«, mehr als schockiert starrte Aydan ihn an, und Lamas bemerkte, wie verletzt sein Freund in diesem Augenblick doch wirkte. Deshalb fügte er noch rasch hinzu:

»Ich will Dich nicht aushorchen und ganz klar sagen, dass ich gegen solche Menschen nichts habe.«

»Ich bin nicht so!«, wehrte sich Aydan zutiefst beleidigt, und sein Gesichtsausdruck fiel ins Bodenlose.

»Ich wollte Dir nicht zu nahe treten!«

»Schon gut!«, blieb Aydan eingeschnappt.

Lamas jedoch erkannte, dass er gerade etwas von sich gegeben hatte, was er niemals hätte aussprechen dürfen.

Seit diesem Tage aber wurde Lamas den Verdacht nicht mehr los, dass sein bester Freund, Geschäfts- und WG-Partner auf Männer stand.

Kapitel 3: Frauen …

Einen Monat später schon begann Fabien Aebersold, ein Schweizer Junge, gross, blond, hübsch im Gesicht, leicht zu Übergewicht neigend, mit der Vertretung der rechtlichen Interessen des Unternehmens. Er kam gerade frisch von der Universität und wollte erste Erfahrungen als Anwalt in dieser Versicherung sammeln. Fabien integrierte sich schnell und gut in das Team und verstand sich mit Aydan ganz vortrefflich. Fast schon beängstigend gut, was Lamas natürlich auffiel. Der junge Mann brachte viele Vorschläge, welche vor allem Lamas und Aydan rechtlich schützen sollten, in diese Firma ein. Aber nicht nur dies, sondern auch das stete Streiten um sozialeres Denken mit Amtsstellen, Gewerkschaften und dergleichen. Das neue Produkt zum möglichen Erwerbsausfall durch Arbeitslosigkeit und Krankheit war das Zugpferd der Versicherung und zuletzt das Ei des Kolumbus, wie sich bald schon zeigen sollte. Aydan brachte immer wieder neue Ideen in die Firma. Er kreierte zum Beispiel ein Produkt, welches einem Autobesitzer erlaubte, so viele Wagen wie gewünscht über denselben Vertrag eingelöst zu lassen. So musste nicht für jedes weitere Fahrzeug eine separate Versicherung abgeschlossen werden, sondern sie wurden zum bestehenden Fahrzeugpark hinzugerechnet. Dieses Erzeugnis war vorwiegend bei Oldtimern, Autosammlern und Enthusiasten sehr beliebt. Von Beginn an achtete diese Versicherungsgesellschaft immer sehr auf soziale Aspekte. So versuchten sie, noch intensiver auf den kleinen Mann einzugehen, indem zuletzt Produkte entstanden, die auf den einfachen Arbeiter und dessen Wünsche eingestellt waren. Produkte, welche die sozialen Schichten förderten.

Mit Deutschland und der dort herrschenden Gesetzgebung hatten die drei jungen Männer jedoch die meisten Probleme.

»Ich habe noch kein so unsoziales Land gesehen als dieses! Vor 60 Jahren stand dieses Land ohne alles da, und heute haben sie das Gefühl zu bestimmen, was in Europa geschehen soll! Sollte Deutschland nicht bald wieder den Menschen und seine Bedürfnisse in den Vordergrund stellen … ist der Untergang vorprogrammiert!«, waren die strengen Reden von Aydan. Schnell mussten sie allesamt erkennen, dass die Sozial- und Arbeitsämter eher gegen die Arbeitslosen eingestellt waren und sie diese als Feind erkannten, und nicht als Menschen in Not. All jenen Betroffenen, die einfach keine Anstellung fanden, wurde oft grundlos durch neue Auflagen das Leben erschwert. So versuchten die drei Jungs, ihre Produkte immer wieder den gegebenen Umständen anzupassen. Immer mehr Kunden suchten die Sicherheit in dieser kleinen Versicherungsgesellschaft.

Im August 2007 arbeiteten schon fast 50 Mitarbeiter in der Firma, und diese sollte weiter wachsen.

Doch auch eine andere Nachricht, oder besser gesagt zwei, sollten an einem Morgen mitten im Sommer Aydan erreichen. Genau diese Botschaften wollten ihn jedoch in keinster Weise erfreuen.

Die beiden Freunde sassen wie immer im Büro, und Lamas sprach auf einmal mitten in die Stille hinein:

»Aydan, ich muss Dir noch etwas Unerfreuliches mitteilen!«, und blickte ihn auch so an.

»Ja? Und dies wäre?«, fragte der Angesprochene gleich und schaute mit grossen Augen auf.

»Ich werde die WG verlassen!«, gab er hastig von sich, so als müssten diese Worte so schnell wie möglich raus.

»Das ist nicht Dein Ernst?«, erwiderte Aydan gleich schockiert, wenn nicht gar weit mehr.

»Doch, mein voller!«

»Und wann?«

»Zum Ende des Monats!«

»Schon?«

»Ja! So ist die Wahrheit!«, beichtete Lamas etwas zögernd.

»Und warum?«

»Du hast doch sicher mitbekommen! Ich habe da jemanden kennengelernt!«, gab er sehr zögerlich von sich.

»Und wer soll das sein?«, wollte Aydan natürlich sofort wissen, und Lamas konnte deutlich erkennen, dass ihm diese Nachricht gar nicht passte.

Im Gegenteil, Aydan war an sich schon der festen Meinung, dass Frauen der Zerfall eines jeden grossen Mannes sei. Wie schon oft sagte er:

»Kennedy scheiterte an der Monroe, Clinton an Monica Lewinsky. Napoleon an Maria Valeska. Mark Anton an Cleopatra!«, und in ein paar Minuten nur sollten ihm genau diese Worte aufs Neue heiss auf der Zunge brennen.

»Jetzt übertreibst Du aber!«, sah ihn Lamas eher fassungslos an, als dass er sein Verhalten nur annähernd verstünde.

»Und wer bewegt Dich zu diesem schnöden Verrat?«

»Du erinnerst Dich doch an die Schwester unseres WG-Genossen Xavier! Amanda!«

»Ja, sicher! Sie ist auch sehr häufig bei uns!«

»Nun … was soll ich sagen … sie hat mein Herz erobert!«, gestand er beschämt und versuchte seinen besten Freund nicht anzusehen.

»Ja, und?«, forderte Aydan und nahm die Sache noch nicht allzu ernst. Eher im Gegenteil.

»Wir haben uns entschlossen, zusammenzuziehen!«, beichtete Lamas zögernd.

»Das ist nicht Dein Ernst! Also doch Napoleon!«, ereiferte er sich mit grossen Augen.

»So komm, sei nicht so schwierig!«, stöhnte Lamas.

»Ich bin nicht schwierig!«

»Wie nennst Du es denn sonst?«

»Vielleicht etwas eigen!« und lächelte.

»Oh! Schön gesagt!«

»Aber das ändert nichts an der Tatsache!«, erkannte Aydan bitter.

»An welcher?«, konnte Lamas ihm nicht folgen.

»Du kennst die Frau doch kaum! Wie kannst Du wissen, dass dies halten wird? Eure Affäre!«, meinte Aydan eher abschätzend.

»Was heisst … ich kenne sie kaum!«

»Ja! Eben!«, gab Aydan eher spöttisch von sich.

»Wir sind nun schon vier Jahre zusammen in dieser WG! So lange kenne ich sie garantiert!«

»Und wie lange geht Eure Liebschaft schon?«, wollte Aydan genau wissen.

Etwas zögernd antwortete Lamas, so als sei er bei einem Verhör vor Gericht:

»Zwei Jahre!«

»Was, so lange? Das kann wohl nicht Dein Ernst sein!«, rief Aydan entsetzt.

»Doch ... wieso nicht?«, blickte er ihn fragend an.

»Das wusstest Du aber gut zu verstecken!«, warf ihm Aydan vor.

»Weshalb? Wir machten kein grosses Geheimnis draus … viele wussten davon!«, blieb Lamas Erstaunen bestehen.

»Ich nicht!«, erklärte Aydan mit Nachdruck.

»Komm! Wenn Du die Augen etwas aufgemacht hättest!«

»Und nun willst Du mich mit den anderen beiden einfach alleine lassen?«, ertönte auch gleich die nächste Klage.

»Nicht ganz!«, widersprach Lamas.

»Und was heisst: nicht ganz … hast Du schon einen Ersatz für Dich gefunden?« und Aydans Augen wurden noch grösser.

»Nein!«

»Nicht! Sondern was?«, bohrte er mit wachsendem Unbehagen.

»Xavier will die WG ebenfalls verlassen!«

»Das kann nicht Dein Ernst sein!«, stöhnte er entsetzt auf.

»Doch, auch hier wieder mein voller!«, und nickte bejahend dazu.

»Und warum?«, konnte Aydan nicht verstehen und zeigte auch so seine Miene.

»Er hat einen Sprachaufenthalt in den Staaten gefunden und wird deshalb für ein Jahr dort verweilen!«, äusserte Lamas sachlich.

»Ein ganzes Jahr?« und Aydan fiel aus allen Wolken.

»Ja, und da ist es logisch, dass er seine Bleibe hier auflösen will!«, versicherte Lamas ernst.

»Und was soll jetzt weiter geschehen?«, fragte Aydan überfordert.

»Ich würde sagen … so hart dies auch klingen mag … wir werden uns alle eine eigene Bude suchen!«, wurde Lamas deutlich.

»Eine eigene?«

»Ja! Ich muss auch, wenn ich mit Amanda zusammenziehen will! Also werden wir uns alle eine Wohnung finden müssen … in den nächsten Wochen!«, bemerkte Lamas fast beängstigend ernst.

Aydan schaute ihn lange, sehr lange schweigend an. So das Lamas, nachdem er diesen Blick bemerkte:

»Was ist?«, sehr fragend an.

»Nichts!«, antwortete sein Gegenüber knapp, doch ihm war mehr als deutlich anzusehen, was er dachte, und so sagte Lamas:

»Sprich Dich nur aus!«

»Was willst Du hören?«, entgegnete Aydan genervt.

»Die Wahrheit … wie immer!«

»Würde auch nichts ändern!«, resignierte er.

»Mag sein … aber komm, sag mir … was Dich bedrückt?«, liess Lamas nicht locker.

»Lass es! Besser so!« und Aydan zeigte sich eingeschnappt.

»Ich weiss schon, was Dir auf der Zunge brennt!«

»Und was?«, erwiderte Aydan prompt gestreng.

»Nun, dass am Ende unsere WG genauso gescheitert ist wie alle!«, bemerkte Lamas.

»Ja! Du hast recht … dies waren meine Gedanken! Wie Cleopatra und Napoleon!«, blieb Aydan überzeugt.

»Sag’s doch einfach … wegen einer Frau!«, verdeutlichte Lamas und ein kritischer Blick erreichte ihn.

»Genau! Da Du die Wahrheit schon kennst, ergibt es wohl keinen Sinn, wenn ich es noch zu erwähnen weiss!«, entgegnete Aydan.

»Gut! So haben wir auch das geklärt!«

»Und was … mein Lieber … wolltest Du mir als Zweites noch sagen? Welche Hiobsbotschaft hast Du sonst noch auf Lager?«, fragte Aydan und sein Blick war nicht minder kritisch.

»Fabien hat gekündigt!«

»Nein! Das nicht auch noch!«, stöhnte er auf.

»Doch! Gerade eben … hat er mir dies verkündet!«

»Und weshalb?«

»Ja, wenn ich Dir den Grund sage … wirst Du mir dieselbe Antwort geben wie vorhin!«, wusste Lamas notgedrungen.

»Ah! In dem Fall … wegen einer Frau!« und schüttelte den Kopf.

»So ist es!«

»Und wieso gleich kündigen?«, rief Aydan fassungslos.

»Er hat da eine feurige Brasilianerin kennengelernt und will mit ihr!« und Lamas machte eine kleine Pause, die gerade so viel Platz liess, damit Aydan:

»Durchbrennen?«, ihm schroff ins Wort fallen konnte.

»Nein! Sein Leben bestreiten!«

»Ja? Und was hat dies alles mit dem Weggang hier zu tun?«

»Nun! Er will mit ihr zusammen eine eigene Kanzlei eröffnen«, erklärte Lamas.

»Will er?«

»Ja!«

»Der ist doch nicht ganz dicht!«, empörte sich Aydan und schüttelte erneut den Kopf.

»Er hat diese Frau auf einer Anwaltstagung kennengelernt und sich gleich in sie verliebt«, berichtete Lamas und zeigte sich weiterhin sachlich.

»Ein rechter Depp! Aha! In dem Fall ist sie also auch Anwältin?«, wollte Aydan natürlich ganz genau wissen.

»Nein!«

»Sondern?«

»Sprechstundenhilfe und Sekretärin … sie ging damals anstelle ihres Chefs!«

»Na toll!«, spottete Aydan.

»Mit ihr gemeinsam will er etwas Eigenes eröffnen!«, wiederholte sich Lamas.

»Ja! Frauen haben schon die grössten Männer dieser Welt zu Fall gebracht!«, meinte Aydan erneut und lachte weit mehr als spöttisch. »Halt! Ich kenne Deine Einstellung!«

»Welche meinst Du?«, bemerkte Aydan scheinheilig.

»Wie vorhin schon erwähnt, die von Napoleon und Maria Valeska! Bill Clinton! Monica!«

»Vergiss den Apfel nicht!«, ermahnte er.

»Welchen?«, konnte ihm Lamas nicht folgen.

»Den Eva einst pflückte!«

»Hahaha! Du bist aber heute wieder besonders witzig!«, bemerkte Lamas und verdrehte dabei seine Augen.

»An jedem Zerfall gaben immer Frauen einen allseits entscheidenden Grund!«, bekräftigte Aydan und sah ihn auffordernd an.

»Machst Du es Dir nicht ein bisschen leicht?«

»Die Weltgeschichte zeigt da noch etliche Beispiele!«, verdeutlichte Aydan viel zu ernst, sodass Lamas nicht wusste, ob er diese Worte ernst meinte oder nicht.

»Ja! Wenn Du es so siehst … sind wir am Selbigen gescheitert wie die ganz Grossen … ich würde sagen, eine gute Kritik!«, versuchte sich Lamas auf keine Diskussion einzulassen. Er kannte schliesslich Aydans Einstellung zu Frauen, und die war, nach ihm, weitaus mehr als feindlich!

»Und was willst Du jetzt tun?«, fragte Aydan sichtlich enttäusch.

»Wie gesagt, mit ihr zusammenziehen!«

»Nein! Ich meine wegen Fabien!«

»Ja, mich schnellstens um einen Anwalt kümmern!«, nickte Lamas und zeigte sich etwas besorgt.

Gleich am nächsten Morgen schon, gab er eine Stellenanzeige auf, in der er einen geeigneten Mitarbeiter für seine Agentur benötigte. Aber auch auf der Suche nach einer passenden Wohnung, und so war der Weg zum Erwachsenwerden für jeden der Jungs anders. Zu alledem hatte Aydan wahnsinnig Mühe zu verstehen, dass ihre doch gut gehende Wohngemeinschaft in ein paar Wochen schon vor dem Aus stehen sollte. Eine Situation, die seine Suche nach einer geeigneten Bleibe mehr als erschwerte. Gleich welche Wohnung er sich auch ansehen ging, keine schien ihm nur annähernd gut genug zu sein. So konnte er sich von der alten, die fast vier Jahre lang als WG diente, nicht lösen und übernahm halt die komplette Fünfzimmerwohnung. Während er durch die leeren Räume schritt, sprach er leise zu sich:

»Allein! Mein Reich!«, und wollte nun dort sein Zuhause finden. Gleich nachdem alle ausgezogen waren, liess er die gesamte Wohnung renovieren. Nein, es war wahrlich kein schöner Anblick, was vier junge Männer im Laufe der Zeit so alles hinterlassen hatten.

Nach der Komplettrenovierung begann er ein Zimmer nach dem anderen liebevoll einzurichten. Aydan schuf sich ein Paradies, um das ihn wohl mancher beneidete. Alles stimmte und war perfekt. Ja, er wusste, wie ein Raum zu präsentieren war. Die Bilder an den Wänden stammten ausschliesslich von ihm und zeigten sein ganzes Können, auch wenn er nur noch selten eine Kamera in die Hand nahm.

Zudem hatte er mit der Wohnung und seiner Arbeit mehr als genug zu tun, als da noch Fotos zu produzieren. Leider, vernachlässigte Aydan genau dasjenige, was er doch am liebsten tat: sich in Bildern auszudrücken. Er bemerkte nicht, wie seine Kreativität langsam zu verwelken begann. Die Versicherungsagentur wurde indes immer grösser. Die Produkte immer sozialer und wohltätiger. Der normale Bürger verlangte immer mehr Sicherheiten, so wie Garantien, und je mehr Lamas und sein Team ausarbeiteten, desto zahlreicher und mächtiger wurden ihre Feinde. Gewerkschaften klagten gegen sie. Andere Versicherungsgesellschaften kritisierten und belachten sie, und all jene, die sie nicht auslachten, kopierten ihre Produkte.

Fabien hatte die Firma noch nicht einmal einen Monat verlassen, als Lamas zu Aydan, der gerade im gemeinsamen Büro sass, mit grimmiger Stimme sprach:

»Wir haben eine Klage am Hals!«

»Was? Das ist nicht Dein Ernst!«, horchte dieser auf.

»Leider doch! Soeben hat ein Gerichtsdiener diesen Umschlag hier überbracht!«, meinte er sichtlich hässig.

»Hast Du ihn schon geöffnet? Und kennst Du dessen Inhalt?«, fragte Aydan und sah Lamas an, der so wütend war, wie er ihn in all den Jahren nie erlebte.

Kapitel 4: Zwei Fragen …

Aydan nahm die Gerichtsurkunde an sich, zog den Inhalt aus dem bereits offenen Kuvert, faltete das Papier auf und begann zu lesen.

»Wir werden von der Bundesagentur für Arbeit in Deutschland verklagt, dass wir für den Erwerbsausfall unserer Klienten fortan zu 100 Prozent aufkommen sollen. Wie das denn?«, rief Aydan nach einigen Sekunden erstaunt und sollte noch nicht verstehen.

»Nun! Es wurde beschlossen, dass sämtliche Kunden, die bei uns eine Erwerbsausfallversicherung abgeschlossen haben, zu 100 Prozent durch uns zu entschädigen sind!«, erklärte Lamas mit sorgenvoller Miene.

»Ich verstehe kein Wort!«, schüttelte Aydan den Kopf und sah seinen Partner dementsprechend an.

»Selbst, wenn durch den Kunden eine solche Arbeitslosen-Pflicht-Versicherung entrichtet wurde, werden keine Leistungen seitens des Arbeitsamtes gezahlt!«

»Wie, ich kapiere immer noch nicht!«

»Ist das nicht eine Frechheit?«, empörte sich Lamas.

»Was soll der Scheiss?«

»Ich weiss es nicht … jetzt könnte uns Fabien von Nutzen sein!«, erkannte er und seine Augenbrauen zogen sich in Sorge zusammen.

»Du musst Dich so schnell wie möglich um einen Anwalt kümmern, der unsere Interessen wahrt und uns aus dieser Farce herausholt!«, drängte Aydan mit aufforderndem Blick.

»Ja! Ich habe das Ganze etwas schleifen lassen … das gebe ich zu!«, gestand sich Lamas bitter ein.

»Und was gedenkst Du jetzt zu tun?«, erreichte Lamas ein fragender Blick von Aydan, der eine Miene zeigte wie zu einer Hinrichtung.

»Fabien hat ja, wie Du schon weisst, eine eigene Kanzlei eröffnet!«, überlegte Lamas.

»Ja! Ja … das weiss ich!«, nickte er nachdenklich.

»Ich werde ihm mal diesen Fall anvertrauen … zudem kennt er unsere Firma und unsere Produkte bestens.«

»Ja! Ist sicher keine schlechte Idee … was uns aber nicht davon entbindet … so schnell wie möglich einen eigenen Advokaten zu suchen!«, mahnte Aydan streng.

»Ich … werde noch einmal ein Inserat schalten lassen!«, versprach Lamas, nachdem er sich etwas beruhigt hatte.

»Gut! Hat sich denn auf die letzte Annonce keiner gemeldet?«

»Doch, schon, aber wie ich vorhin bereits sagte … die Sache ist mir etwas in Vergessenheit geraten!«, erwiderte Lamas und setzte sich an seinen Platz.

»Aber unter den Bewerbungen, die Du erhalten hast, finden sich sicher auch ein paar, die zu gebrauchen sind? Oder irre ich mich?«, fragte Aydan und zog seine Augenbrauen hoch.

»Ich habe die Dossiers immer nur auf den Stapel geworfen, ohne grossartig reinzuschauen!«, gab er ärgerlich zu.

»Ja! Dann sollten wir dies nachholen … und zwar schnellstmöglich!«, forderte Aydan und nickte leicht besorgt.

»Gut! Ich werde mich gleich darum kümmern!«, versprach Lamas. Darauf suchte er hektisch nach all den Bewerbungsunterlagen, die auf seinem überladenen Schreibtisch herumlagen, und meinte überzeugt:

»Also, ich find’s ohnehin besser, wenn wir die ganze Angelegenheit Fabien übergeben! Denn bis sich der neue Anwalt mit allem hier vertraut gemacht hat … werden diese elenden Leute uns längst schon vor Gericht zerren!« wusste Lamas nur zu gut.

»Ja! Das denke ich mir auch!«, wurde das schöne Gesicht von Aydan sorgenvoll.

»Übrigens, was ich Dich schon längst fragen wollte!«

»Ja! Sag!«, und Aydan blickte auf.

»Hast Du Dich inzwischen eingelebt … in Deiner grossen Wohnung? Alleine?«, und ein sarkastisches Lächeln zog in Lamas Gesicht.

»Ja! So langsam … bis auf zwei Zimmer habe ich soweit alles eingerichtet … bei einem von denen bin ich derzeit noch dabei, ein Gästezimmer zu gestalten. Was aus dem anderen Raum werden soll, weiss ich noch nicht. Aber da kommt mir sicher auch noch etwas in den Sinn! Wieso Deine Frage und was soll das Lachen?«, fragte er und blickte ihn mit faltiger Stirn an.

»Ein Kinderzimmer? Vielleicht!«, spasste Lamas.

»Wohl kaum! Ich will mir dieses Leid ersparen!«, gab er gleich bitter von sich.

»Warum Leid? Ich freue mich auf dieses … wie Du sagst … Leid!« Aydan blickte erneut auf und rief auch gleich schockiert:

»Du bist schwanger?«

»Nein, ich nicht!«, schmunzelte Lamas erneut.

»Gut! Ich dachte schon!«, bemerkte Aydan erleichtert und konnte sich seinen besten Freund nicht als Vater vorstellen.

»Aber Amanda!«

»Hahaha! Du treibst einmal mehr Deine Spässe mit mir?«, gab er eingeschnappt von sich.

»Nein, keineswegs … in sechs Monaten soll das Kind auf die Welt kommen!«, versicherte Lamas strahlend.

»Das Kind … sechs?«, reagierte Aydan fassungslos.

»Ja! Wir freuen uns sehr!«

»Aber sag jetzt nicht, Du willst auch noch heiraten und dergleichen!» und ein Blick erreichte Lamas, wie zu einem Todesurteil.

»Doch und wenn Du das Thema schon anschneidest … ich wäre auch gleich damit auf Dich zugekommen!«

»Womit?«, starrte ihn Aydan mit grossen Augen an und ahnte, welche Worte seine Ohren auch gleich erreichen sollten.

»Schau mich nicht so an … das ist nichts Gefährliches!«

»Nicht?«

»Deinem Blick nach zu urteilen könnte ich glauben, Du stirbst!« und lächelte.

»Nein, das nicht … sondern?«, fragte Aydan, und ein sonderbares Unwohlsein stieg in ihm auf.

»Jetzt schau mich nicht so entsetzt an! Ich habe nur eine simple Frage! Besser gesagt zwei!«, zögerte er etwas.

»Alles im Leben … beginnt immer … mit einer Frage!«, deklarierte Aydan mit entnervter Stimme.

»Tue jetzt nicht so, als solltest Du für uns jemanden umbringen!«, und Lamas musste erneut Lachen bei diesem entsetzten Gesichtsausdruck, seines besten Freundes.

»Morden wäre vielleicht einfacher … aber frag mal … ich sage Dir dann, ob meine Ahnung stimmt!«, befürchtete Aydan und behielt seinen skeptischen Blick.