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Don Miguel Ruiz ist ein renommierter spiritueller Lehrer und ein internationaler Bestsellerautor. Seine Bücher wurden in den USA bereits über 12 Millionen Mal verkauft und in 46 Sprachen übersetzt. Seit nunmehr 30 Jahren begleitet er seine Schüler auf ihrem Weg zu persönlicher Freiheit und lehrt sie seine Erkenntnisse über die Welt und die Menschen. Don Miguel Ruiz wurde als dreizehntes Kind einer Familie mexikanischer Heiler geboren. Er studierte Medizin und wurde Neurochirurg in Tijuana. Eine Nahtod-Erfahrung nach einem Autounfall veränderte sein Leben. Von da an widmete er sich der Suche nach dem Sinn des Lebens und wahrer Menschlichkeit. Die Lehren seiner Vorfahren brachten ihn auf den Weg der Erkenntnis und ließen ihn die wahren Zusammenhänge der uns umgebenden physischen Welt sowie der virtuellen Welt unseres Geistes begreifen. Don Miguel Ruiz verbindet jahrtausendealte toltekische Lehren mit neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und erschafft so eine neue Philosophie für alle, die auf der Suche nach einem wahren und authentischen Leben sind.
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Seitenzahl: 137
Don Miguel RuizBarbara Emrys
Die Rückkehr zurbedingungslosen Liebe
Wichtige Hinweise
Die im Buch veröffentlichten Empfehlungen wurden von Verfassern und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung der Verfasser bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.
Auch wenn eine gendergerechte Sprache wünschenswert ist, gibt es aus Sicht des Verlages bisher keine befriedigende, gut lesbare Lösung. Der leichteren Lesbarkeit zuliebe haben wir zumeist von der Doppelung männlicher und weiblicher Formen nach dem Muster »der … oder die …«, »er bzw. sie« usw. Abstand genommen. Selbstverständlich liegt es uns fern, dadurch jemanden zu benachteiligen.
Aus dem Englischen von Antoinette Gittinger
Titel der Originalausgabe:
Eros. A Return to Unconditional Love.
© 2021 by Miguel Angel Ruiz & Barbara Emrys
© 2021 by Urano Publishing USA, Inc.
Deutsche Ausgabe:
© 2022 NEXT LEVEL Verlag, ein Imprint der MOMANDA GmbH, Rosenheim
www.next-level-verlag.de
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat der Printausgabe: Gitta Lingen
Cover: © Guter Punkt, München, unter Verwendung von Motiven von iStock/Getty Images Plus, nach einer Idee von © Ediciones Urano, S.A.U.
Gesamtherstellung: Bernhard Keller
E-Book-Umsetzung: Brockhaus
eISBN 978-3-949458-33-0
Orientierungstag
Tag 1:Die Geschichte
Tag 2:Unschuld
Tag 3:Zweifel
Tag 4:Wiedergutmachung und Erlösung
Tag 5:Totale Hingabe
Seien Sie wieder herzlich willkommen bei unserer Reihe von Kursen in der Mysterienschule.
In den nächsten Tagen werden wir uns mit einem Thema befassen, das Ihnen sehr vertraut ist, aber immer noch viele Geheimnisse und Widersprüche in sich birgt. Wie Sie inzwischen wissen, beleuchten wir beim Erforschen der Geheimnisse des Lebens auch das faszinierendste Geheimnis von allen: Sie.
Vielleicht glauben Sie, sich in- und auswendig zu kennen. Vielleicht sehen Sie sich als vollendetes, unveränderbares Kunstwerk, doch der Sinn Ihres Lebens besteht darin, sich zu verändern und zu entwickeln. Es liegt in Ihrer Natur, Rätsel zu lösen. Sie wurden mit dem Bestreben geboren, die Wahrheit zu erkunden, und mit dem Verlangen, die tieferen Geheimnisse des Lebens zu erforschen.
Was genau ist eigentlich ein Geheimnis? Nun, alles stellt ein Geheimnis dar …, bis es keines mehr ist. Wie alle anderen Menschen kamen Sie auf die Welt, ohne irgendetwas zu wissen. Als neugeborenes Baby waren Sie in der Lage, zu beobachten und sich zu erinnern, aber Sie hatten keine Ahnung, was Sie beobachteten. Damals war alles ein Geheimnis. Sie kannten nicht die Bezeichnungen von Dingen: Namen spielten keine Rolle. Ihr Körper war schwach und Ihr Gehirn unausgereift, aber Sie beobachteten und lauschten, ahmten Bewegungen und Laute nach. Langsam entwickelten Sie die Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten. Sie lernten, Codes zu entziffern und neue Ebenen des Verständnisses zu erreichen.
Das Wissen anderer Leute formte Ihre Gedanken und Verhaltensweisen. Die Glaubenssätze anderer strukturierten Ihre Welt. Irgendwann lernten Sie natürlich, allem einen Namen zu geben und emotional auf diese Namen zu reagieren. Man brachte Ihnen bei, wovor Sie Angst haben sollten und wem Sie vertrauen konnten. Man lehrte Sie, Gut von Böse und Recht von Unrecht zu unterscheiden. Sie lernten, was Sie hassen, wen Sie lieben und welchen Idealen Sie anhängen sollten.
So wurden wir alle durch die Gesellschaft programmiert und lernten, innerhalb einer Gemeinschaft zu überleben. Doch das Leben hat uns auf seine eigene Weise programmiert. In den folgenden Tagen werden wir darüber sprechen, dass unsere gesellschaftliche Programmierung der ursprünglichen Lebensprogrammierung oft unmittelbar zuwiderläuft. Wir werden das Aufeinanderprallen dieser beiden Welten näher untersuchen.
Das Leben ist real. Die Geschichten, die wir über das Leben erzählen, sind es nicht. Unsere Geschichten widersprechen oft realen Geschehnissen; unsere Glaubenssätze können leugnen, was unsere Sinne uns vermitteln. Unsere Eindrücke von der Realität sind gewöhnlich verzerrt, aber wir haben sehr viele Möglichkeiten, aufzuwachen und zu erkennen. Wir haben die Chance, den offensichtlichsten Konflikt zu lösen: jenen zwischen Wahrheit und Lüge.
Geheimnisse sind für Sie nichts Neues. Seit Sie auf der Welt sind, öffnen Sie die Türen des Verständnisses. Von Ihrem ersten Atemzug an haben Sie Antworten auf die Geheimnisse des Lebens gefunden. Seit Ihrer Geburt ist dieser Planet Ihr privates Universitätsgelände. Sie haben zahlreiche Orientierungstage wie diesen erlebt und viele Abschlüsse gefeiert. Zuerst waren Sie Student oder Studentin, dann wurden Sie Lehrer oder Lehrerin und teilten Ihr Wissen, ohne zu lernen aufzuhören.
Sogar jetzt noch können Sie mehr über Ihre Welt entdecken: wie sie geschaffen wurde und in welche Richtung sie sich von nun an entwickeln kann. »Ihre Welt« bezieht sich auf die Realität, die Sie für sich selbst erschaffen. Ihre Welt ist nicht dieselbe wie meine Welt oder die von irgendjemand anderem. Jeder von uns nimmt die Realität auf seine eigene Weise wahr. Wir alle reagieren unterschiedlich auf unsere Wahrnehmungen. Genauso erzählen wir unsere Geschichten auf unterschiedliche Weise. Allein durch unsere Existenz erschaffen wir unsere eigene spezielle Kunstform.
Künstler verspüren den Drang, die Wahrheit darzustellen. Diese Schule ist ausschließlich für Künstler und Künstlerinnen konzipiert, was bedeutet, dass jeder Einzelne dazu aufgefordert ist, an der Unterhaltung teilzunehmen. Jeder ist eingeladen, zu erforschen und zu entdecken. Hier werden die Studierenden niemals nach der Kunst beurteilt, die sie kreieren.
Ein Lehrer kann Erkenntnisse vermitteln, aber Sie als Student können nur das sehen, was zu sehen Sie bereit sind. Ich bediene mich der Sprache auf bestmögliche Art; das ist mein künstlerischer Beitrag. Sie hören von Ihrer eigenen Verständnisstufe aus aufmerksam zu; das ist Ihr Beitrag.
Meine Wortwahl liegt in meiner Verantwortung, und Ihre Art, meine Worte zu deuten, in Ihrer Verantwortung. Als Künstler tun wir unser Bestes, um das Geheimnis zu entschlüsseln und Bewusstsein zu schaffen.
Lassen Sie uns den Unterricht dieser Woche mit einem jahrhundertealten und vertrauten Thema beginnen: mit der Liebe. Vielleicht sind wir manchmal frustriert oder enttäuscht von der Liebe. Vielleicht haben wir Angst, unserer Liebe Ausdruck zu verleihen, aber die meisten von uns sind der Meinung, die Liebe zu kennen. Wir glauben zu wissen, wie man liebt. Stimmt das?
Wir alle wurden von denen, die uns am meisten liebten, darauf programmiert, zu lieben. Diese wiederum wurden von den Menschen, von denen sie geliebt wurden, darin unterwiesen. Die meisten von uns lernten, die Liebe an Bedingungen zu knüpfen. Wir lernten, egoistisch zu lieben. Wir lernten, selektiv zu lieben. Als Spezies gründen wir viele unserer spirituellen Wertvorstellungen auf Themen der Liebe und der Vergebung, unterstützen aber häufig auch grausames und unversöhnliches Verhalten. Es ist offenkundig, dass uns ein wirkliches Verständnis von Liebe fehlt, und das erklärt effektiv das Geheimnis aller menschlichen Konflikte.
Die Liebe ist nicht das, was Sie darin sehen. Die Liebe ist anders, auch wenn wir oft darauf beharren, dass sie so und so sein sollte. Die Liebe ist nicht ein einziges Gefühl, sondern eine Ansammlung von Gefühlen. Die Liebe ist dauerhaft und grenzenlos; sie ist die Lebensenergie. Wie die Liebe zu einer hübschen Vorstellung degradiert wurde, zu etwas, das lächerlich gemacht, trivialisiert und vermieden wird, ist eines der Geheimnisse, das wir diese Woche erforschen werden. Dabei haben Sie die Chance, zu erkennen, was bedingungslose Liebe ist. Und Sie werden lernen, wie Sie die Kraft dieser Liebe lenken können, eine Gabe, die Sie einst von Natur aus besaßen.
Sind Sie also bereit? Gut! Noch einmal: Willkommen auf diesem Campus des Lernens. Sie sind hier, um mit neuen Wahrnehmungen zu experimentieren. Während unseres Zusammenseins haben Sie die Gelegenheit, viele Glaubenssätze, die wesentlich für Ihre Definition der Realität sind, zu ändern. Sie werden gebeten, einige mentale Gewohnheiten zu verändern. Vielleicht wollen Sie sich von ein paar falschen Vorbildern trennen. Sie werden herausgefordert werden, aber es liegt an Ihnen, wie Sie auf diese Herausforderungen reagieren.
Seien Sie einstweilen bereit, die Dinge mit anderen Augen zu sehen und zu vernehmen. Öffnen Sie Ihren Geist* und schärfen Sie Ihre Neugier. Bleiben Sie ehrlich und aufmerksam und bereiten Sie sich darauf vor, dem Meisterwerk, das Ihr Leben darstellt, den letzten Schliff zu geben.
[*Im Folgenden wird der englische Begriff »mind« mit »Geist« oder mit »Verstand« übersetzt. (Anm. dt. Red.)]
Einen guten Morgen! Lassen Sie uns den Tag mit einem Lächeln beginnen.
Jede neue Herausforderung kann einschüchternd wirken, atmen Sie also tief durch und entspannen Sie sich. Gut so! Freuen Sie sich auf die Aufgabe dieser Woche: mit unseren festgefahrenen Vorstellungen von der Liebe abzuschließen. Zuerst wollen wir herausfinden, woher diese Vorstellungen stammen. Alles begann mit unserer Ankunft in einem Traum, der von mehr als sieben Milliarden Mitgliedern des Menschengeschlechts geteilt wurde.
Sie und ich, wir wurden in eine riesige Gemeinschaft namens Menschheit hineingeboren, aber auch in eine viel kleinere Gemeinschaft von Menschen, die für unsere Sicherheit verantwortlich waren. Sie sorgten für uns, bis wir erwachsen genug waren, für uns selbst zu sorgen. Wir wurden als unschuldige Wesen geboren, in enger Verbindung mit dem Leben, lediglich durch die Lebensprogrammierung geleitet.
Während unserer ersten Lebensmonate waren wir einer anderen Art von Programmierung ausgesetzt. Wir wurden vom Wissen anderer Menschen beeinflusst, deren Geschichten unseren Geist formten. Ihre Vorstellungen halfen uns, unser persönliches Universum zu schaffen. Die Meinungen und Einstellungen anderer Menschen beeinflussen immer noch unser Handeln. Da sie die Grundlage unseres Denkens bildeten, beeinflussen sie sogar die Art, wie wir mit uns selbst kommunizieren.
Von unserer Kindheit bis zu unserer Adoleszenz lernten wir, was die Gesellschaft von uns erwartete. Es begann damit, dass wir die Laute und die Angewohnheiten der Menschen, die uns aufzogen, nachahmten. Nach und nach lernten wir ihre Sprache und ihr Verhalten. Wir eigneten uns ihre Regeln und Traditionen an, bis uns alles in Fleisch und Blut überging und zu unserer zweiten Natur wurde. Mit anderen Worten: Wir alle durchliefen eine Zeit intensiven Trainings, um wie alle anderen zu sein.
Auf diese Weise überlebten wir, nicht nur physisch, sondern als Mitglieder einer Gemeinschaft. Wir benötigten deren Fürsorge und Schutz. Wenn wir die Regeln einhielten, wurden wir belohnt. Wir überlebten und entwickelten uns, indem wir alles akzeptierten, was uns gesagt wurde. Zu Hause lernten wir die Mythen unserer Familie und unseres Freundeskreises. In der Schule wurde uns die Geschichte unseres Volks vermittelt.
Während wir aufwuchsen, wurde uns vieles beigebracht. Vielleicht war es den Erwachsenen in unserem Leben nicht bewusst, dass sie uns belehrten, aber wir achteten ganz genau auf alles, was sie sagten und taten. Wir glaubten, was wir hörten, und speicherten all das Wissen in unserem Gedächtnis. Alles, was wir jetzt wissen, ist das Ergebnis dieses sorgfältigen Unterrichts.
Das Gleiche widerfuhr den Menschen, die uns anleiteten. Auch sie waren einst Lernende, denen all ihr Wissen von den Menschen, die ihnen vorausgingen, vermittelt wurde. Seit Menschheitsbeginn wurden Informationen von den Eltern an die Kinder und von den Lehrern an die Schüler weitergegeben. Und die Informationen, die wir in frühester Kindheit erhielten, wurden von uns immer als wahr aufgefasst.
Die meisten Geschichten, die wir hörten, als wir aufwuchsen – Geschichten von unseren Nachbarn oder von Menschen in den Nachrichten oder Menschen, denen wir nie begegnet waren –, erscheinen uns nach wie vor glaubwürdig. Wir glaubten an die Definition anderer Menschen von Moral, Glauben oder Freiheit. Man zeigte uns, wie Stärke aussehen sollte – oder Tapferkeit oder Feigheit. Man brachte uns bei, was es bedeutet, ein Mann oder eine Frau zu sein. Man erzählte uns etwas über Sex, und man zeigte uns, wie man liebt.
Wir erlebten, wie sich unsere Eltern ihre gegenseitige Zuneigung bekundeten. Wir bemerkten, wie sie ihre Liebe durch Worte und Gesten zeigten. Wir beobachteten, wie unsere älteren Geschwister mit ihren Teenagerromanzen umgingen, und all diese Erinnerungen formten unsere derzeitigen Verhaltensweisen.
Wie unsere Kindheits- und Jugendfreunde leben auch die alten Geschichten in unserer Erinnerung und bestimmen unser Handeln. Wir glauben, was wir denken, und wir verteidigen unsere auf diesem Denken basierenden Grundwerte.
Unsere Handlungen werden durch Ansichten kontrolliert, von denen wir kaum wissen, dass wir sie haben, und die unter die Lupe zu nehmen wir uns nach wie vor weigern. Die meisten von uns glauben immer noch an dieselben Geschichten über die Schöpfung oder über Gott, die man uns als Kinder serviert hat. Selten hinterfragen wir unsere Haltung gegenüber anderen Menschen, anderen Kulturen oder anderen Rassen.
Vielleicht haben einige von uns immer noch dieselbe Einstellung zum Sex wie in unserer Teenagerzeit. Was wir damals für sexy hielten, empfinden wir eventuell nach wie vor genauso. Damals gründeten unsere Auffassungen von Romantik auf einer Mischung aus Teenagermythen und willkürlichem Unsinn. Wir alle fühlten uns dazu gedrängt, alberne Dinge zu tun, um attraktiv oder verlockend zu wirken. In vielerlei Hinsicht spüren wir diesen Druck noch immer. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass wir uns dieselben Geschichten über die Liebe erzählen, die wir in unserer Kindheit hörten, als unser Geist noch frisch und leicht zu formen war.
Wenn ich »Geschichten« sage, meine ich Ihre Gedanken: Sobald Sie zu sprechen lernten, begannen Sie gleichzeitig mit dem Denken. Ihre Gedanken repräsentieren die Geschichten, die Sie sich seit Ihren ersten Lebenstagen erzählen. Damals nahmen Sie die Ansichten Ihrer Angehörigen und der Freunde Ihrer Familie auf und machten sie sich zu eigen.
Während Sie heranwuchsen, hörten Sie die Meinungen all Ihrer Bekannten. Eben diese Meinungen hallen noch immer in Ihrem Kopf wider. Heute wissen Sie: Sobald ein Gefühl in Worte gefasst wird, stellt es eine Geschichte dar. Tatsächlich nehmen Ihre Gedanken die Form einer fortlaufenden Erzählung an. Sie hören sich oft wie Unterhaltungen an. Und sie zeichnen Ihre augenblicklichen Aktivitäten auf, vergleichbar mit der Übertragung eines Ballspiels im Radio: »… und jetzt räume ich das Chaos auf, das die Kinder im Spielzimmer hinterlassen haben, wieder einmal! Ich sollte es nicht tun, aber wer sonst tut es?« Und so weiter.
Eine Geschichte bezieht sich auch auf eine literarische Geschichte: einen Liebesroman oder eine Liebesgeschichte, die Sie sich im Kino angesehen haben. Vermutlich haben Ihnen diese Geschichten viel über die Liebe vermittelt. Zumindest haben sie Ihnen beigebracht, wie sich die meisten Menschen die Liebe vorstellen. Es ist nicht verwunderlich, dass sich Ihre Gedanken von Geschichten angezogen fühlen, bei denen es um Liebe geht. Ihre Gedanken sind hin und her gerissen zwischen all den verrückten Vorstellungen der Menschen über die Liebe und dem ungeheuer fesselnden Geheimnis der Liebe.
Viele von uns assoziieren Liebe mit verzweifelter Hoffnung, Herzschmerz und Betrug. Wir nehmen oft an, die Liebe sei eine Reihe kurzer Vergnügungen und schmerzlicher Verluste. Wir behandeln das Thema »Liebe« auf ähnliche Weise und spiegeln die Einstellungen anderer Menschen wider. Wir besingen ihre Wunder und quälen uns wegen der mit ihr einhergehenden Enttäuschungen. Es ist, als ginge die Liebe Hand in Hand mit einem unsichtbaren Regelbuch, das die meisten von uns gelesen und sich ins Gedächtnis eingeprägt haben.
Ohne wirklich zu verstehen, was wir tun, haben unzählige Menschengenerationen große und kleine Verbrechen begangen – alle im Namen der Liebe.
Am Anfang gab es einen Schöpfer, unsterblich und allein. Seine erste Handlung war die Erschaffung eines Spiegels. Um sich wahrlich in seiner Ganzheit und Totalität zu sehen, musste er einen Spiegel schaffen, der so groß war, dass er sich in die Unendlichkeit erstreckte. Und genau das tat der Schöpfer. Der Spiegel war unermesslich groß und echt. Zufrieden mit seinem vollkommenen Spiegelbild, schlug der Schöpfer den Spiegel in unzählige Stücke, sodass jeder Teil, wo auch immer er durch das Universum wirbelte, auf wundersame Weise seinen Schöpfer widerspiegelte …
Diese kleine Geschichte erweckt in mir die Vorstellung, dass wir winzige verspiegelte Glasstücke sind und uns nach dem sehnen, was wir widerspiegeln. Jeder von uns hat ein unterschiedliches Bild im Kopf, aber Vorstellungen und Spiegelbilder sind bekanntlich nicht die Realität. Im Lauf der langen Menschheitsgeschichte wurde die Widerspiegelung der Wahrheit durch das faszinierendste Talent der Menschen, nämlich das Geschichtenerzählen, immer mehr verzerrt.
Bereits in früher Kindheit bemerkten Sie und ich, dass Geschichten bei den Menschen Gefühle auslösen können. Dank eifriger Übung wurden wir meisterhafte Geschichtenerzähler, fokussiert auf Geschichten, die intensive Gefühle hervorriefen, ja, sogar ein bisschen Drama. Wir stellten fest, dass Liebesgeschichten am eindrucksvollsten waren. Je dramatischer, desto besser. Wir begannen unser Leben als vollkommener Widerschein der Liebe, gewöhnten uns aber an, die Liebe auf unvollkommene Art und Weise widerzuspiegeln.
Was genau versteht man also unter Liebe? Lassen Sie mich als Erstes erläutern, was Liebe nicht ist. Liebe ist nicht das, was man uns einreden wollte. Liebe ist nicht das Spiel von Illusionen und Erwartungen, das zu spielen wir alle aufgefordert wurden. Sie ist auch weder ein Geschäft noch ein Austausch von Dienstleistungen. Sie ist kein Spiel, bei dem Träume sich erfüllen oder zerplatzen. Die Liebe erwartet nichts und verlangt nichts. Die Liebe ist die Lebenskraft schlechthin, und zwar ohne Bedingungen.