Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Also dachte auch Herr Meyer, Der, man kennt die alte Leier, Wollte noch mit siebzig Jahren In die zweite Ehe fahren. Heimlich kaufte er im Stillen Echte spanische Jugendpillen Und aß täglich siebzehn Eier Für die spätere Frau Meyer, Denn er dachte, dass als Gatte Er so etwas nötig hatte. (aus "Die Jugendpillen") Pressestimmen Weber ist ein vollendeter Meister im Herausholen des Typischen. Jedes Gedicht ist ein kleines Kunstwerk, bitterster Ernst und übermütigster Scherz. Grazer Tageblatt Alexander Otto Weber ist ein Dichter, dessen beste Satiren schwer zu übertreffen sind. Welt am Montag, Berlin Alexander Otto Weber ist eine Mischung von Heine und Busch. Dr. Arthur Obst im Hamburger Fremdenblatt
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 203
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Alexander Otto Weber (* 15. April 1868 in Dresden; † 13. Dezember 1939 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller.
Otto Weber war der Sohn des Industriellen Otto E. Weber. Der junge Weber besuchte das Köllnische Gymnasium in Berlin und das Realgymnasium in Lübben. Anschließend war er als Kaufmann in Hamburg und London tätig. Später übernahm er die Leitung des väterlichen Unternehmens. 1894 heiratete er eine Amerikanerin; 1896 wurde die Ehe geschieden; 1897 heiratete das Paar zum zweiten Mal, 1899 erfolgte die endgültige Scheidung. Nach dem Ausscheiden aus dem väterlichen Betrieb und einer von Geldsorgen geprägten Zeit begann Weber 1903 eine Karriere als freier Schriftsteller. 1910 heiratete er Antonie von Schoenebeck, die Witwe eines Offiziers, der 1907 von einem ihrer Liebhaber in der sogenannten Allenstein-Affäre getötet worden war. Antonie von Schoenebeck stand als Anstifterin vor Gericht, ihr Prozess endete aufgrund eingetretener Verhandlungsunfähigkeit ohne Verurteilung. Weber leitete in Berlin einen Verlag; 1927 heiratete er ein weiteres Mal. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung im Jahre 1933 standen einige seiner Werke auf der von den neuen Machthabern herausgegebenen „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“. 1939 starb er an Krebs mit Darmverschluss im Gertrauden-Krankenhaus in Wilmersdorf. Zuletzt lebte er im selben Bezirk in der Fasanenstraße 61.
Alexander Otto Weber war in erster Linie Verfasser von seinerzeit erfolgreichen satirischen Prosatexten und Gedichten; daneben schrieb er auch Kinderbücher und Theaterstücke.
Quelle: Wikipedia.de
Einige Kritiken der Presse über A. O. Weber:
Alexander Otto Weber ist ein feiner Satiriker. Ein Satiriker, der mit bezwingendem Witz und lustigen Peitschenhieben alles das trifft, was in unserem Leben eines liebenswürdigen Spottes wert. Man könnte fast unsern großen Wilhelm Busch über ihn vergessen oder vielmehr über den Tod unseres alten Humoristen getröstet werden. Weber ist der Meister der Satire, voller Geist und voll strahlenden Humors, er ist herzerwärmend und packt mit lachender Ironie Alltagsschwächen. Man wird bei seinen Werken warm und lacht, lacht Tränen.
National-Zeitung, Berlin
Weber versteht die Kunst, sehr interessant zu unterhalten. Sehr interessant! Auch pikant. Sehr pikant! Ein gut Stück Simplizissimusgeist steckt in diesen zwanglosen Reimen, viel auch von echtem erquickenden Buschichen Humor und reifer Lebensweisheit, die lachend auf die Torheiten der Menschen heruntersieht. Für Backfische und Stiftsdamen sind seine Bücher natürlich nicht bestimmt.
Leipziger Neueste Nachrichten
Ein neuer Band von A. O. Weber bedarf keiner Empfehlung, auch keiner Würdigung. Er ist ein Satiriker, bei dem sich Versmaß, Sprache und Behandlung zur gelungenen Einheit anpassen. Die Glanzstücke der neuen Sammlung zu nennen, erübrigt sich. Das hieße das Inhaltsverzeichnis von Anfang bis zu Ende zitieren.
Breslauer Zeitung
Alexander Otto Weber hat mit Demokritos, dem lachenden Philosophen, mehr als den Namen gemein. Auch ihm erscheint alles in philosophischer Heiterkeit und stets kommt er zum Schlusse: dificile est, satiram non scribere. Veni, vidi - - - risi könnte sein Wahlspruch sein. Jedes Liedchen ein kleines Kunstwerk! Jede Satire – ernst im Scherz!
Dr. Leo Wulff, Wien
Weber ist ein Meister, Gesellschaftstypen zu schildern. Seine humoristischen Vortragssachen sind von glänzender Schlagkraft.
Hessische Landeszeitung
Alexander Otto Weber ist so voll amüsanter Bosheit und auch voll scharfer Beobachtung, dass man sich gern von dem Schalk leiten lässt.
Richard Wilde, Berliner Börsen-Courier
Auch dieses Mal hat er uns ein ebenso geistreiches, wie hochinteressantes und humorvolles Buch geschenkt. Nicht eine Zeile im ganzen Buche, aus der nicht der großzügige Satiriker spricht.
Hamburger General-Anzeiger
Weber ist ein vollendeter Meister im Herausholen des Typischen. Jedes Gedicht ist ein kleines Kunstwerk, bitterster Ernst und übermütigster Scherz.
Grazer Tageblatt
Alexander Otto Weber ist ein Dichter, dessen beste Satiren schwer zu übertreffen sind.
Welt am Montag, Berlin
Alexander Otto Weber geißelt die Missstände im Leben des Einzelnen und im geselligen Verkehr mit der Zunge und dem giftigen Witze des erhabenen Spötters; seine Spottverse sind Delikatesse und treffen genau so sicher die, die auf des Daseins Höhen gehen, wie die da unten im breiten Tal des Lebens, die ganz Kleinen und die Gerne-Großen.
Walther Müller-Waldenburg im Blaubuch, Berlin
Alexander Otto Weber ist eine Mischung von Heine und Busch.
Dr. Arthur Obst im Hamburger Fremdenblatt
Sein goldiger Humor muss Anerkennung finden bei Freund und Feind.
Fränkischer Kurier, Nürnberg
Selbst der Ernsteste muss beim Lesen der Weberschen Bücher lachen. Es ist fürwahr das Beste, was deutscher Humor hervorgebracht hat.
In den Zeitstimmen
Man wird Weber bei jeder Gelegenheit zitieren können. Seine Satiren sind voller Witz und Spott, voller Kraft und Rücksichtslosigkeit.
Blätter für Bücherfreunde
Alexander Otto Weber ist der beste deutsche Satiriker unserer Zeit.
Wiener Montags-Journal
Ein lustiger, mutiger Spötter, der geistvoll zu formen versteht und Lacher genug findet, die ihm verständnisvoll zustimmen.
Berliner Lokalanzeiger
Zeitweis erinnern mich Webers Werke an Juvenal, zeitweis an Thackeray und Byron.
Dr. S. Shaw in der New York Sun
Man könnte Weber immerzu zitieren.
Hamburger Korrespondent
Weber ist ein genialer rücksichtsloser Spötter. Er trifft ins Schwarze mit einer verblüffenden Keckheit und eleganter Formsicherheit, die alles ästhetisch Verletzende von selbst ausschließt.
Straßburger Bürgerzeitung
Weber ist der beste deutsche Satiriker unserer Tage, ein wirklicher Humorist, den man neben Wilhelm Busch in seiner Bibliothek haben sollte.
Leipziger Tageblatt
An köstlichen Bemerkungen in seiner gefälligen Versifikation ebenso reich wie an ätzender Lauge grimmigster Satire.
Wiesbadener Tageblatt
Der ewige Kampf, den Idealismus und Realismus in der Ehe führen, ist hier in launigster Weise geschildert. Das meiste ist in Knittelreimen geschrieben, die dem echten Humor zu seinem Recht verhelfen.
Dresdner Nachrichten
Trotz beinahe brutaler Wahrheit ist alles so unglaublich humorvoll gesagt, dass der Getroffene selbst mit lachen muss. Ungeheuer komisch ist Weber im zweiten Teil „Allzumenschliches“, wo er mit bekannter Meisterschaft die erotischen Saiten erklingen lässt. Voll bitterer Feinheit sind die angehängten Aphorismen und das Wörterbuch.
Neue Interessante Blätter, Stuttgart
Der Band enthält eine Überfülle humoristisch-satirischer Gedichte. Jeder, der Sinn für echten Humor und geistreiche Satire hat, sollte den Band in seiner Bibliothek haben.
Wissenschaftlich-pädagogische Rundschau, Wochenbeilage des „Deutschen Lehrer-Blattes“, Berlin
usw. usw.
Vorwort
Der Tenor als Kammersänger
Yohimbin
Sie ging weiter
Mein Vis-à-vis in Wien
Das Erwischen
Glück und Verdienst
Das Ei des Kolumbus
Der Sachverständige
Das erste Beichtkind
Die Tiefe und das Gänseklein
Paul Linke´s Luna-Walzer
Die Wollust
Die junge Großmama
Bekenntnisse einer Fürstin
Einer koketten Frau
Die Prüde
Der Tenor
Hilde Schwanzer
Moderne Liebe
Der Kuss
Aus einem Detektivinstitut
Schulzens Schwanengesang
Der Fehlgriff
Die wahre Liebe
Die eheliche Treue
Zehn Prozent
Meine Mignon
Komtesschen
Auguste
Berliner Blut
Die Witwe aus dem Zoo
Der Ausflug nach Wannsee
Die Ballhaus-Schöne
In der Union-Bar
Die Animierkneipe
Hulda
Die Macht der Töne
Das Riesenglück
Der galante Bruder
Die Naive
Moderne Ladies
Herr Meyer
Die ungetreue Gattin
Lieschens Schleier
Der treue Wunderhold
Der Schwur
Der philosophische Taxameter
Der Ehebruch
Fallobst
Die Schweinerei
Die Homosexualität
Im Nachtasyl
Harzer Käse
Fürchterliche Rache
Das Los des Schönen
Schwimme zu Hause
Die Eifersüchtige
Die unersättliche Adelgunde
Die keusche Amanda
Das Schwein
Das Badesalz
Die Schauspielerin
Mathilde
Der Ehemann als Mutter
Berechtigte Frage
Dirnenliebe
Fräulein Witwe
Der Don Juan
Die Autofahrt
Der Fünfzigjährige
Quand l‘amour meurt
Kater-Moral
Lene als Braut
Der Ressort-Direktor
Das Kegelspiel
Zwei glückliche Tage
Die Vererbungstheorie
Der Buchenhain
Rat an unsere Töchter
Die Männertreu´
Platonische Liebe
Die blauseid´nen Unterhosen
Zeus & Co.
Das Kuckucks-Ei
Das Doppelbett
Ach, nicht doch!
Das Rauchverbot
Familie Schlumps
Die kleine Mieze
Der lustige Wirt
Die teure Ada
De Alma!
Der Traum im Lehnstuhl
Die Warenhaus-Diebin
Seine Nase
Die doppelte Negation
Die Mittellage
Die Jugendpillen
Freie Liebe
Der Mord
Die Ratze
Das Ding an sich
Der kalte Schlag
Wider den Storch-Trust
Mit dem Sammelband „Erotika“ lege ich den dritten Band meiner „Gesammelten Satiren“ vor, die alle jene in den Jahren 1903 bis 1913 entstandenen Satiren enthalten, soweit ich sie der weiteren Verbreitung für wert erachte.
Der vierte Band, der Schlussband der Serie, der hauptsächlich politische Satiren enthält, erscheint unter dem Titel „Politika“ erst nach dem Kriege.
Berlin W 50, Februar 1918
Alexander Otto Weber
Einsteils war er ein Künstler,
Denn er nannte sich Tenor,
Andernteils war er Finanzmann,
Und er zog das Letztere vor.
Deshalb steht auch Herr Caruso
Heut noch konkurrenzlos da,
Denn das höchste C
Meines Künstlers war ein A.
Dafür mangelte die Tiefe,
Und der Klangreiz fehlte ganz,
Unerreicht war er indessen
In Bezug auf Dissonanz.
Dafür aber war er schöner
Als Caruso, und sehr schlank,
Und verdiente durch das Äußre
Zehnmal mehr, als wenn er sang.
Denn er war als Kammersänger
Eine Spezialität
Sang sein Solo stets alleine,
Ganz piano und sehr spät.
Bei schwerreichen Gönnerinnen,
Die der Schlaf im Bette flieht,
Sang er, völlig unbegleitet,
Nachts sein schönstes Liebeslied.
Sang zwei Nummern oder dreie
Bei erhöhtem Honorar,
Ohne Rücksicht, ob die Dame
Alt und auch verehelicht war.
Nein, er hat sogar bevorzugt,
Wenn er konnte, Ehefrauen,
Weil die besser zahlen konnten
Und verdienten mehr Vertrauen.
Und er hatte stets Verträge
Mit drei Damen oder vier,
Alle mündlich abgeschlossen,
Denn er war ein Kavalier.
Alle diese Damen glaubten,
Dass er sie allein besang,
Und er ließ sie in dem Glauben,
Zu vermeiden jeden Zank.
Wenn jedoch der Zufall fügte,
Dass der Glaube ward zerstört,
Weil die eine von der andern
Irgendetwas hat gehört,
Gab es oftmals Konsequenzen
Und der Singvertrag war aus,
Aber solch ein großer Künstler
Macht sich nicht sehr viel daraus.
Denn, wenn er bei einer Dame
Nicht mehr Kammersänger war,
Fand er schnell woanders Anschluss
Gegen gleiches Honorar.
Doch dies stete Kammersingen
Hält der stärkste Mann nicht aus,
Sein Tenor fängt an zu wackeln,
Dünner wird schon der Applaus.
Lange wird es nicht mehr dauern,
Dass man leiht ihm Geld und Ohr,
Denn sein Reiz stirbt mit der Jugend,
Und sein Glück mit dem Tenor.
Langsam bricht schon durch die Glatze,
Bald singt er im Nachtlokal
Schmalzig süße Liebeslieder,
Und er seufzt: Es war einmal!
Er war ein Urbild jeder Schwäche,
Nur seine Impotenz war stark,
Und das war ihm besonders peinlich,
Weil er Liebe im Herzen barg.
Denn trotz der siebzig Jahre liebt er
Irene, die in Lieb entflammt
Zum Gelde dieses reichen Krüppels,
Drum gingen sie aufs Standesamt.
Sie wurden staatlich dort verkuppelt,
Denn nur dem Staate steht es frei,
Des Geldes wegen zu verkuppeln.
Der Staat bestraft nur Kuppelei,
Wenn ohne Stempel sie betrieben,
Das darf natürlich niemals sein;
Doch abgestempelt zu verkuppeln,
Ist ehrenvoll und bringt was ein.
Warum? Fragst du, du blöder Schwätzer.
Du bist fürwahr entsetzlich dumm;
Bei allem was der Staat sich leistet,
Fragt nie ein kluger Mensch: warum?
Vom Standesamt fuhr man nach Hause;
Es lacht das Glück, die Sonne schien,
Denn in der rechten Westentasche
Trug wohl verwahrt er Yohimbin.
Er hatte nämlich jüngst gelesen,
Zurück kehrt jede Jugendkraft
Durch echte Yohimbin-Tabletten.
Flugs hat er sie sich angeschafft.
Damit es niemand sehen sollte,
Er in der letzten Nacht sich schlich
In eine ferne Apotheke
Und kaufte zehn Pastillen sich.
„Sie nehmen zwei,“ sprach der Provisor2,
Aus Vorsicht aber nahm er vier,
Zwei Stunden vor dem Honigmonde,
Und wartete auf das Pläsier.
Das war um fünf, die Uhr schlug sieben,
Nur negativ war der Effekt.
Es wurde acht, er nahm noch dreie,
Damit er seine Jugend weckt.
Die Uhr schlug zwölf, es blieb beim Sehnen,
Er nahm die letzten drei noch ein;
Ihm wurde warm, er fühlte Zwicken,
Soll das vielleicht die Liebe sein?
Auf einmal gegen vier Uhr morgens,
War der Effekt ganz plötzlich da.
Man musste nach dem Arzte rufen,
So furchtbar wirkt nur Cholera.
Die junge Frau war schon ganz selig,
Man holte gleich der Ärzte drei,
Sie kalkulierte schon im Stillen,
Wie teuer das Begräbnis sein.
Ihr Hausarzt sprach mit ernster Miene:
„Nach unserm ärztlichen Befund
Muss ich das Schlimmste leider sagen,
Ihr Mann ist morgen kerngesund.
Man gab ihm in der Apotheke
Durch ein Versehen letzte Nacht,
Die allerstärksten Schweizerpillen,
So kam der Choleraverdacht!“
Irene weinte bittre Tränen,
Es war doch ein zu harter Schlag.
Drum, Greise, zieht daraus die Lehre:
Kauft euer Yohimbin bei Tag.
Noch besser ist´s, ihr lasst das Freien,
Dann braucht ihr keine Medizin,
Ein Unterschied von fünfzig Jahren
Ist selbst zu viel für Yohimbin.
1 Yohimbin zählt zu den Aphrodisiaka und ist ein natürliches Alkaloid, das aus der Rinde des westafrikanischen Baumes Corynanthe Yohimbe gewonnen wird.
2 approbierter, in einer Apotheke angestellter Apotheker
Ein junges Ding, sehr schick und schlank,
Ging höchst kokett sie Straß´ entlang.
Ich grüßte freundlich nickend,
Ihr in die Augen blickend, - - -
Doch sie ging weiter.
Mich zog es wie ein Zauberbann.
Ich folgte ihr und sprach sie an.
Sie tat erst sehr verlegen,
Dann sprach sie: meinetwegen - - -
Und man ging weiter.
Wir gingen in ein Séparée,
Und setzten uns aufs Kanapee.
Ich küsste sie in Ehren,
Sie tat sich gar nicht wehren. - - -
Drum ging ich weiter.
Sie kannte fast die halbe Welt,
Und sprach zum Schluss sogar von Geld.
Ich riet ihr ab, entschieden.
Sie gab sich nicht zufrieden. - - -
Nein, sie ging weiter.
Ich gab ihr schließlich zwanzig Mark,
Die sie diskret im Busen barg.
Am nächsten Tag um sieben,
Hat mir ihr Freund geschrieben. - - -
Der ging viel weiter.
Er schrieb etwas von seiner Braut,
Auf die er felsenfest gebaut.
Da ich grad´ ausgewesen
Hat´s meine Frau gelesen. - - -
Die ging noch weiter.
Als ich um acht nach Hause kam,
Die Teure einen Besen nahm.
Sie ließ mich nicht erst lesen,
Sie drohte mit dem Besen, - - -
Und dann ging´s weiter.
Seit jenem Tag sitz ich zu Haus
Wie in der Falle eine Maus;
Und geh` ich mal spazieren,
Muss ich die Gattin führen. - - -
So geht´s nicht weiter!
Sie wohnte mir grad´ gegenüber,
Als kürzlich ich in Wien gewesen,
Und ließ mich, da sie ziemlich frei war,
Nicht nur in ihren Augen lesen.
Wenn sie sich nämlich kostümierte,
Ließ sie ganz weit das Fenster offen,
Und was man sah und was man ahnte,
Ließ überall das Beste hoffen.
So hatte sie sehr schöne Arme,
Und machte sie sich die Frisur,
Bewies sie durch die Achselhöhlen,
Ihr Haar war kohlschwarz von Natur.
Im Hemd und Höschen war sie reizend,
Mein Geldbestand war in Gefahr,
Die dünnste Seide, zart und schmiegsam,
Ließ ahnen, dass sie Eva war.
Und nahm ich dann mein Glas zu Hilfe,
Natürlich tat ich dies fast täglich,
Sah ich am Knie das schönste Grübchen
Und blieb dabei nicht unbeweglich;
Denn solche ganz diskreten Grübchen
Sind immer meine Schwärmerei,
Und wenn ich sie durchs Glas betrachte,
Wird mir gewöhnlich heiß dabei.
Das ahnte dies kokette Wesen
Und spielte mit dem Feuer drum,
Es lief mein Blut in meinen Adern
So schnell als wie ein Schnauferl `rum.
Ich winkte, sie blieb unbeweglich,
Sie tat, als wenn sie mich nicht sah,
Sie hatte prächtig schöne Waden,
Und war doch aus Amerika.
Nun knöpfte sie den kleinen Stiefel;
Welch feiner Fuß, welch hoher Spann!
Wie doch ein Weib selbst im Oktober
Noch par distance erhitzen kann.
Dann zeigte sie mir die Schattenseite,
Selbst Venus würde neidisch sein,
So fern, so nah, so gegenüber,
So umgekehrt und so allein!
Jetzt deckt sie ihres Körpers Schlankheit
Durch ein blassblaues Negligé,
Es klopft, und so wie alle Tage
Tritt eben ein ihr Attaché.
Sie schließt das Fenster, die Gardine,
Das heißt für mich: „Für heute Schluss!“
Ich habe die Aussicht und die Stimmung,
Ihr Attaché hat den Genuss.
Ich rase, rauche, wüte, dichte
Und schwöre: Sacre nom de Dieu3,
Wenn ich das nächste Mal zu Welt komm´,
Dann werd´ ich auch ein Attaché!
Nicht das zerstört das Glück der Ehe,
Wenn euch der Gatte mal belügt,
Wenn er euch hin und wieder einmal
Mit einem andern Weib betrügt,
Denn dieses tuen alle Männer,
Das liegt so im Geschlechte drin,
Vielleicht ein einz´ger ausgenommen, - - -
Der deine, teure Leserin!
Der Treuebruch selbst ist gar kein Unglück,
Ja, er beglückt auf einmal zwei,
Das Unglück liegt allein im Umstand,
Dass du den Mann erwischst dabei.
Nur im Erwischen liegt der Jammer,
Drum rat´ ich euch, erwischt ihn nicht,
Dann strahlt euch stets des Glückes Himmel
Im unbefleckten Sonnenlicht.
Ach, hätte Alma nur gelesen
Die hohe Weisheit, die ich sprach,
Bevor den Alfred sie erwischte,
Sie handelte gewiss danach.
Doch ungedruckt zu ihrem Kummer
War die Weisheit, hier gebucht,
An jenem unglücklichen Tage,
Als sie Adele aufgesucht,
Um dort in deren Arm zu finden,
Was für den ihren war bestimmt,
Vorausgesetzt, dass man die Treue
Teils körperlich, teils seelisch nimmt.
Es war an einem Sommerabend,
Als ihren Alfred sie verlor,
Die Uhr schlug neun auf dem Kamine,
Doch ging sie zehn Minuten vor.
Ihr Alfred hatte fest versprochen,
Wie sie sagt, auf sein Ehrenwort!,
Um acht zum Essen einzutreffen,
Nun blieb er gar bis neune fort.
Durch so was macht sich leicht ein Gatte
Bei seiner Gattin unbeliebt,
Und dieses noch in höh´rem Grade,
Wenn es am Abend Klöße gibt.
Und Klöße gab es an dem Abend,
Die Alfred leidenschaftlich aß,
Und diese Klöße litten drunter,
Dass Alfred bei Adelen saß.
Und mit den Klößen litt die Gattin,
Sie seufzte tief, sie seufzte schwer
Und sagte sich: „Na warte, Alfred,
Dir koch ich keine Klöße mehr!“
Drauf steckte sie die kleinen Füße
In Alfreds Stiefel indigniert,
Denn beide trugen gleiche Nummern,
Und ihre wurden repariert.
Dann lief sie schnurstracks zur Adele,
Die ihre beste Freundin war,
Und der sie deshalb längst mistraute,
Warum, ist jeder Dame klar.
Vermittelst einer Hintertreppe
Und einer nicht verschloss´nen Tür
Erwischte sie die beste Freundin
Mit ihrem Alfred beim - Pläsier!
Nun gönnt natürlich jede Gattin
Vergnügen ihrem Ehemann,
Doch macht sie dabei die Bedingung,
Dass sie sich dran beteil´gen kann.
Doch will er sich allein vergnügen,
Dann wallt der Gattin heißes Blut,
Dann kocht sie erstens keine Klöße
Und zweitens desto mehr vor Wut.
Natürlich fuhr wie eine Furie
Die Alma auf den Alfred los,
Der nach dem Himmel sel´ger Liebe
Der Erde bittres Leid genoss.
Adele konnte sich noch flüchten
Und zwar im tiefstem Negligé,
Sie war entzückend, ausgezogen,
Und dabei doch bien habillée4.
Man sah die schönsten aller Formen,
Das musste Alma wehe tun,
Denn Alma war im besten Falle
Ein sogenanntes Suppenhuhn.
Und Alma hasste schöne Formen,
Denn sie war knochig, schlank und platt,
Und was nützt ihr die schönste Schönheit,
Solange sie Adele hat?
Jetzt sind sie schon ein Jahr geschieden,
Und Alma wird von Reu´ gequält;
Wie leer ist doch ein Doppelbette,
Wenn ständig drin der Alfred fehlt!
Sie jammerte: „Ach, wenn ich lieber
Niemals erwischt den Alfred hätt´,
Denn schließlich ein geteilter Alfred
Ist besser als ein leeres Bett.
Wie glücklich waren doch die Stunden,
Als ich an seine Treu geglaubt;
Weh mir, dass ich die Zwei erwischte,
Und ich mir so mein Glück geraubt!“
So liegt es stets nur am Erwischen,
Wenn euch der Ehe Glück erlischt,
Und nie wird euch das Glück entwischen,
Wenn ihr den Gatten nicht erwischt.
3 Heiliger Name Gottes!
4 gut angezogen
Drei Monat war´s nach Karneval,
Als die Zitronen stiegen,
Und manches kleine Mädchen sprach:
„Det kommt von det Verjniejen!“
Ottilien ging es ebenso,
Der Mann, dem sie gewogen,
War jetzt ein ganz gemeiner Kerl
Und unbekannt verzogen.
Der Vater haute, schimpfte, schwieg;
Man kennt die alte Leier,
Dann brachte er sie nach Berlin
Zur Hebeamme Meyer.
Natürlich sagte sie in Mainz,
Dass nach der Schweiz sie reise,
Denn schließlich war Ottilie doch
`ne Tochter bessrer Kreise;
Und wenn man eine Jungfrau ist
Aus besserer Familie,
Dann darf man keine Mutter sein,
Das wusste selbst Ottilie.
Acht Monate später kam sie heim
Von ihrer Schweizer Reise,
Das Kind blieb in Berlin zurück
Als eine Doppelwaise.
Man hatte christlich es getauft,
Dann nahm´s ein schnelles Ende,
Es waren ja vorausbezahlt
Ein Jahr die Alimente.
Man legte es ins kühle Grab,
Kein Grabstein zeigt die Stelle,
Die Mutter tanzte an dem Tag,
„Wer jung ist liebt die Bälle!“
Der Winter ging, der Sommer kam,
Die Jungfrau ward stets runder,
Die Formen wurden fast pompös,
Für uns ist das kein Wunder.
Denn, nur wer schöne Formen hat,
Kann durch die Lieb´ verlieren,
Doch wenn ein Mädchen mager ist,
Hat es nichts zu riskieren.
Sie war begehrt von jung und alt
Ob ihrer schönen Glieder,
Ja, eine Jungfrau kommt oft hoch,
Kam sie erst einmal nieder.
Die Freundinnen fraß fast der Neid,
Man kennt die guten Seelen,
Und manche reiste nach der Schweiz,
Um sich dort fett zu quälen.
Doch meistens kamen sie zurück
Ganz ohne jede Büste,
Denn Milch der frommen Denkungsart,
Macht voller nicht die Brüste.
Da eines Tages im August
Fuhr unsere Ottilie
Vergnügt den Vater Rhein hinab,
Natürlich mit Familie.
Sie trug das Blaue von Batist5,
Den Hut von ihrer Mutter,
Sah äußerlich entzückend aus
Und schwamm direkt in Butter.
Da trat ein Jüngling vor sie hin,
Bewundert sie im Stillen,
Der trug ein liebeglühend Herz
Und außerdem zwei Brillen.
Dass er entstammte reichem Haus,
Darauf ließ alles schließen,
Und eh man noch in Koblenz war,
Lag er zu ihren Füßen.
Acht Tage später war verlobt
Ottilie und ihr Walter,
Er war zwar nur Privatdozent,
Doch Millionär sein Alter.
Und bald kam auch der Tag heran,
Als er sie nahm zu Gattin,
Der Mutter fiel ein Stein vom Herz:
„Na, Gott sei Dank, sie hat ihn!“
Ottilie zitterte zwar sehr,
Als fiel die letzte Hülle,
Doch dunkel war die Winternacht,
Und er trug keine Brille.
Das Leben spielt oft Blindekuh,
Die Liebe ist die Binde,
Er hatte seiner Sehnsucht Traum,
Sie hatte rote Tinte.
Früh setzte er die Brillen auf
Und lief in Glücksgaloschen;
Wie billig ist doch oft das Glück!
In unserm Fall: ein Groschen.
Doch will das Glück erworben sein,
Es kommt nicht zugeflogen,
Nur wer das Glück beim Schopfe fasst,
Dem ist es meist gewogen.
Der schließt, selbst wenn er Mutter ist,
Als Jungfrau Ehebande,
Indem er zweitweis klug verlegt
Berlin in Schweizer Lande,
Und herzlos dort verhungern lässt
Ein Kind, statt es zu stillen,
Und last not least den Dummen sucht
Mit mindestens zwei Brillen.
5 Batist, ein sehr feinfädiger, leicht gewebter, leichter Stoff
Sie waren zehn Jahr schon vereh`licht,
Wie schnell oft solch Zeitraum verrinnt,
Doch fehlte trotz Sehnsucht und Liebe
Den beiden das leibliche Kind.
Es kamen und gingen die Störche,
Und, ob auch fast klassisch ihr Bein,
So rund und so weiß und so kernig,
Es biss nicht ein einziger hinein.
Da gingen nach Böhmen die beiden
Ins österreich´sche Störcherevier,
Und was ihr die Heimat versagte
In Franzensbad wurde es ihr.
Drum, flieh´n euch zu Hause die Störche,
Nach Franzensbad eilet geschwind,
Da habt ihr das Ei des Kolumbus.
Benutzt es, und da ist das Kind!
Sie war eine Chansonette
Und schlief stets im Himmelbette,
Ihr Verdienst war zwar gering,
Doch sie war ein lustig´ Ding
Und verdiente nebenbei
Oft ein Goldstück oder zwei;
Und kam gar der alte Graf,
Dann gab ihr das dumme Schaf
Hundert Mark ganz ohne Reu`,
Denn dafür war sie ihm treu,
Was sie kalten Herzens schwur
Und dann zu ´nem andern fuhr.
Dafür gab der Mummelgreis
Jeden Sonntag den Beweis,
Dass, wenn sie im Himmelbette
Ihm die Treu` gehalten hätte,
Sie konnt` niemals nicht verrichten,
Was Homer nennt Mutterpflichten,
Und wonach sich sehnt ein Weib,
Wenn gesund sind Geist und Leib;
Es verlangt die „Möglichkeit“,
Haben auch die Kinder Zeit,
Sonst schwört es schon aus Natur
Einen furchtbar falschen Schwur.
So schwur uns´re Chansonette
Heute wieder falsch im Bette;
Nachts um drei war sie noch wach,
Plötzlich gab es einen Krach,
Und im seid´nen Hemdchen nur
Lag sie da mit ihrem Schwur,
Lag sie da mit dem Gefühle
Auf der alten Zimmerdiele.
Als sie das Malheur besah,
Kaum noch wissend, wie´s geschah,
Fand sie einen Fuß gebrochen
Von dem Bett, das vor vier Wochen,
Sie gekauft aus Sympathie
Bei X. Sohn und Companie.
Sie ging hin am nächsten Tage,
Drohte wütend gleich mit Klage,
Doch X. Sohn und Companie