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Nur sieht man keinem Kinde an, Wer Vater war von beiden, Den Kutscher- von dem Prinzensohn Kann keiner unterscheiden. Wenn beide, Hoheit oder Fritz, Vergolden ihre Windel, Riecht kein Professor je heraus, Was Hoheit, was Gesindel! Erst die Erziehung Prinzen macht, Und Leutnants, oder Kutscher, Ob rotes oder blaues Blut, Erst sind die Daumenlutscher. (aus "Der Adel") Pressestimmen Weber ist ein vollendeter Meister im Herausholen des Typischen. Jedes Gedicht ist ein kleines Kunstwerk, bitterster Ernst und übermütigster Scherz. Grazer Tageblatt Alexander Otto Weber ist ein Dichter, dessen beste Satiren schwer zu übertreffen sind. Welt am Montag, Berlin Alexander Otto Weber ist eine Mischung von Heine und Busch. Dr. Arthur Obst im Hamburger Fremdenblatt
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Seitenzahl: 172
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Alexander Otto Weber (* 15. April 1868 in Dresden; † 13. Dezember 1939 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller.
Otto Weber war der Sohn des Industriellen Otto E. Weber. Der junge Weber besuchte das Köllnische Gymnasium in Berlin und das Realgymnasium in Lübben. Anschließend war er als Kaufmann in Hamburg und London tätig. Später übernahm er die Leitung des väterlichen Unternehmens. 1894 heiratete er eine Amerikanerin; 1896 wurde die Ehe geschieden; 1897 heiratete das Paar zum zweiten Mal, 1899 erfolgte die endgültige Scheidung. Nach dem Ausscheiden aus dem väterlichen Betrieb und einer von Geldsorgen geprägten Zeit begann Weber 1903 eine Karriere als freier Schriftsteller. 1910 heiratete er Antonie von Schoenebeck, die Witwe eines Offiziers, der 1907 von einem ihrer Liebhaber in der sogenannten Allenstein-Affäre getötet worden war. Antonie von Schoenebeck stand als Anstifterin vor Gericht, ihr Prozess endete aufgrund eingetretener Verhandlungsunfähigkeit ohne Verurteilung. Weber leitete in Berlin einen Verlag; 1927 heiratete er ein weiteres Mal. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung im Jahre 1933 standen einige seiner Werke auf der von den neuen Machthabern herausgegebenen „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“. 1939 starb er an Krebs mit Darmverschluss im Gertrauden-Krankenhaus in Wilmersdorf. Zuletzt lebte er im selben Bezirk in der Fasanenstraße 61.
Alexander Otto Weber war in erster Linie Verfasser von seinerzeit erfolgreichen satirischen Prosatexten und Gedichten; daneben schrieb er auch Kinderbücher und Theaterstücke.
Quelle: Wikipedia.de
Alexander Otto Weber ist ein feiner Satiriker. Ein Satiriker, der mit bezwingendem Witz und lustigen Peitschenhieben alles das trifft, was in unserem Leben eines liebenswürdigen Spottes wert. Man könnte fast unsern großen Wilhelm Busch über ihn vergessen oder vielmehr über den Tod unseres alten Humoristen getröstet werden. Weber ist der Meister der Satire, voller Geist und voll strahlenden Humors, er ist herzerwärmend und packt mit lachender Ironie Alltagsschwächen. Man wird bei seinen Werken warm und lacht, lacht Tränen.
National-Zeitung, Berlin
Weber versteht die Kunst, sehr interessant zu unterhalten. Sehr interessant! Auch pikant. Sehr pikant! Ein gut Stück Simplizissimusgeist steckt in diesen zwanglosen Reimen, viel auch von echtem erquickenden Buschichen Humor und reifer Lebensweisheit, die lachend auf die Torheiten der Menschen heruntersieht. Für Backfische und Stiftsdamen sind seine Bücher natürlich nicht bestimmt.
Leipziger Neueste Nachrichten
Ein neuer Band von A. O. Weber bedarf keiner Empfehlung, auch keiner Würdigung. Er ist ein Satiriker, bei dem sich Versmaß, Sprache und Behandlung zur gelungenen Einheit anpassen. Die Glanzstücke der neuen Sammlung zu nennen, erübrigt sich. Das hieße das Inhaltsverzeichnis von Anfang bis zu Ende zitieren.
Breslauer Zeitung
Alexander Otto Weber hat mit Demokritos, dem lachenden Philosophen, mehr als den Namen gemein. Auch ihm erscheint alles in philosophischer Heiterkeit und stets kommt er zum Schlusse: dificile est, satiram non scribere. Veni, vidi - - - risi könnte sein Wahlspruch sein. Jedes Liedchen ein kleines Kunstwerk! Jede Satire – ernst im Scherz!
Dr. Leo Wulff, Wien
Weber ist ein Meister, Gesellschaftstypen zu schildern. Seine humoristischen Vortragssachen sind von glänzender Schlagkraft.
Hessische Landeszeitung
Alexander Otto Weber ist so voll amüsanter Bosheit und auch voll scharfer Beobachtung, dass man sich gern von dem Schalk leiten lässt.
Richard Wilde, Berliner Börsen-Courier
Auch dieses Mal hat er uns ein ebenso geistreiches, wie hochinteressantes und humorvolles Buch geschenkt. Nicht eine Zeile im ganzen Buche, aus der nicht der großzügige Satiriker spricht.
Hamburger General-Anzeiger
Weber ist ein vollendeter Meister im Herausholen des Typischen. Jedes Gedicht ist ein kleines Kunstwerk, bitterster Ernst und übermütigster Scherz.
Grazer Tageblatt
Alexander Otto Weber ist ein Dichter, dessen beste Satiren schwer zu übertreffen sind.
Welt am Montag, Berlin
Alexander Otto Weber geißelt die Missstände im Leben des Einzelnen und im geselligen Verkehr mit der Zunge und dem giftigen Witze des erhabenen Spötters; seine Spottverse sind Delikatesse und treffen genau so sicher die, die auf des Daseins Höhen gehen, wie die da unten im breiten Tal des Lebens, die ganz Kleinen und die Gerne-Großen.
Walther Müller-Waldenburg im Blaubuch, Berlin
Alexander Otto Weber ist eine Mischung von Heine und Busch.
Dr. Arthur Obst im Hamburger Fremdenblatt
Sein goldiger Humor muss Anerkennung finden bei Freund und Feind.
Fränkischer Kurier, Nürnberg
Selbst der Ernsteste muss beim Lesen der Weberschen Bücher lachen. Es ist fürwahr das Beste, was deutscher Humor hervorgebracht hat.
In den Zeitstimmen
Man wird Weber bei jeder Gelegenheit zitieren können. Seine Satiren sind voller Witz und Spott, voller Kraft und Rücksichtslosigkeit.
Blätter für Bücherfreunde
Alexander Otto Weber ist der beste deutsche Satiriker unserer Zeit.
Wiener Montags-Journal
Ein lustiger, mutiger Spötter, der geistvoll zu formen versteht und Lacher genug findet, die ihm verständnisvoll zustimmen.
Berliner Lokalanzeiger
Zeitweis erinnern mich Webers Werke an Juvenal, zeitweis an Thackeray und Byron.
Dr. S. Shaw in der New York Sun
Man könnte Weber immerzu zitieren.
Hamburger Korrespondent
Weber ist ein genialer rücksichtsloser Spötter. Er trifft ins Schwarze mit einer verblüffenden Keckheit und eleganter Formsicherheit, die alles ästhetisch Verletzende von selbst ausschließt.
Straßburger Bürgerzeitung
Weber ist der beste deutsche Satiriker unserer Tage, ein wirklicher Humorist, den man neben Wilhelm Busch in seiner Bibliothek haben sollte.
Leipziger Tageblatt
An köstlichen Bemerkungen in seiner gefälligen Versifikation ebenso reich wie an ätzender Lauge grimmigster Satire.
Wiesbadener Tageblatt
Der ewige Kampf, den Idealismus und Realismus in der Ehe führen, ist hier in launigster Weise geschildert. Das meiste ist in Knittelreimen geschrieben, die dem echten Humor zu seinem Recht verhelfen.
Dresdner Nachrichten
Trotz beinahe brutaler Wahrheit ist alles so unglaublich humorvoll gesagt, dass der Getroffene selbst mit lachen muss. Ungeheuer komisch ist Weber im zweiten Teil „Allzumenschliches“, wo er mit bekannter Meisterschaft die erotischen Saiten erklingen lässt. Voll bitterer Feinheit sind die angehängten Aphorismen und das Wörterbuch.
Neue Interessante Blätter, Stuttgart
Der Band enthält eine Überfülle humoristisch-satirischer Gedichte. Jeder, der Sinn für echten Humor und geistreiche Satire hat, sollte den Band in seiner Bibliothek haben.
Wissenschaftlich-pädagogische Rundschau, Wochenbeilage des
„Deutschen Lehrer-Blattes“, Berlin
usw. usw.
Vorwort
Teil I - Typisches
Der Staatsanwalt
Bei uns im Domestikenlande
Der Reichstagsabgeordnete
Der akademische Sozialist
Doch er zu der Regierung hält
König von der Götter Gnaden
Das Schimpfen
Die Ehre
Der Mut
Die Freiheit
Der Adel
Das Gesetz
Die Moral
Die Kultur
Die Tugend
Das Schweigen
Die Autorität
Der Titel
Emil IV.
Deutscher Mädchenreport
Der Beamte
Der Mustermensch
Der Rechtsanwalt
Der Regierungsreferendar
Der Zeuge
Die Pfaffen
Der Student
Se. Exzellenz der Kommandierende
Der großmäulige Frosch
Der Konsul
Der Parvenü
Der Ehren-Lump
Der russische Anarchist
Der Kommerzienrat
Der fürstliche Rat
Der Vormund
Der Normalmensch
O Zabern, o Zabern
Der gefühlvolle König
Teil II – Das Salz der Erde
Teil III – verschiedenes
Dirnen
Das Heine-Denkmal
Die rücksichtslose Presse
Ein unschöner Streich des Staatsanwalts
Der abgesägte Staatsanwalt
Unsere Küsten
Verschiedene Städte
Die Frauenbewegung
Sieben Frauentypen
Sechs Männertypen
Teil IV – graf schim von panse
Im Zoologischen Garten
Teil V – Berlin und der Berliner
Der Berliner
Premieren-Tiger
Französische Gäste in Berlin
Bei Kempinski
Im Zoologischen Garten
Die Kunstausstellung
Das Metropole-Theater
Die Cabaret-Seuche
Das Herrnfeld-Theater
Thalia-Theater und Bellealliance-Theater
Berliner Kaffeehaus-Typen
Wie ich in meinem Vorwort zum ersten Bande der gesammelten Satiren im Juni 1916 ausführte, nahm ich in die ersten drei Bände politische Satiren nicht auf, da meine politischen Ansichten von den bis zur Revolution bei unseren herrschenden Kreisen üblichen vielfach diametral abwichen, und ich es in jener schweren Zeit im vaterländischen Interesse für besser hielt, meine zum Teil recht aggressiven Satiren nicht verbreiten zu lassen. Zu ändern war damals nichts mehr; die Regierenden hatten nur zu beweisen, ob sie uns mit ihrer mittelalterlich anmutenden Politik den versprochenen glänzenden Zeiten entgegenführen könnten oder nicht.
Inzwischen ist ihre Politik mit ihnen zu Grabe getragen worden. Es ist so ziemlich alles und leider noch viel mehr von dem eingetroffen, was ich im Jahre 1916 in meinem Bande „Das Salz der Erde“, dessen politischer Teil hierin abgedruckt ist, voraussagte.
Wer Interesse daran hat, mein heutiges politisches Glaubensbekenntnis mit Ausblick auf die Zukunft kennen zu lernen, kaufe sich meinen demnächst erscheinenden Band „Vor und nach der Revolution“. Der Band ist etwa 500 Seiten stark und in Prosa geschrieben. Ich verurteile darin genauso die frühere Junkerregierung, wie das sich jetzt breit machende Machtbewusstsein des Proletariats, und suche den Nachweis zu führen, dass eine sozialdemokratische Regierung für uns noch verhängnisvoller ist, als es die bisherige feudale schon war. Sozialismus ist nur als Opposition wünschenswert.
Berlin W 50, Februar 1919
Alexander Otto Weber
Wer nie gehungert, nie gefroren,
Wer nie erwarb, was er verbraucht,
Wer stets vom Vater prompt erhalten,
Was er getrunken und geraucht,
Wer in der Jugend nichts gelitten,
Als dass ihn mal der Lehrer schalt,
Der eignet sich, wie leicht erklärlich,
Im Deutschen Reich zum Staatsanwalt.
Zwar fehlt die Praxis ihm des Lebens,
Doch die ersetzt die Theorie,
Auch hat man Cäsar ja gelesen,
Den Rest besorgt die Fantasie.
Hauptsache: schneidig, schneidig, schneidig!
Dann avanciert man sicher bald,
Der Schneid macht stets im Deutschen Reiche
Den Leutnant und den Staatsanwalt.
Vor allem gilts, den Thron zu schützen,
Der braucht ja einen mächt´gen Schutz,
Dann Presse-Bengel zu beäugen,
Die ziehn gern Hohes in den Schmutz.
Dann auch, Religion zu schirmen,
Der Schöpfer ist dazu zu alt,
Und außerdem kann das viel besser
In Deutschland jeder Staatsanwalt.
Den Angeklagten niederschmettern,
Die Angeklagte dito auch,
Wo andre eine Mutter sehen,
Da sieht er nur den Gummibauch.
Auch die Verteid´ger fühlen lassen,
Dass sie plädieren für Gehalt,
Wogegen nur honoris causa1
Stets tätig ist ein Staatsanwalt.
Sich ungemein erhaben dünken!
Der Teufel, ist man denn nicht wer,
Wenn täglich man geschäftlich wäget
Des Bürgers Freiheit, Ruf und Ehr´?
Schon seine Miene muss euch zeigen:
Man kocht Vergeltung stets nur kalt,
Der finst´re Blick schmückt nicht nur Fürsten,
Nein, auch den deutschen Staatsanwalt.
Nur scheußlich ist´s, dass außerdienstlich
Das Fleisch den Geist oft übermannt,
Das tat das Fleisch zu allen Zeiten,
Wenn es zu schwach den Gegner fand.
Denn, wenn Versuchung naht dem Strengen,
Ruft er zwar dienstlich stets sein Halt,
Doch außerdienstlich?
Nein, ich schweige,
Ich bin ja doch kein Staatsanwalt.
1 ehrenhalber
Raubt einer deiner Tochter Uhr,
Büßt er im Zuchthaus seine Tat,
Doch raubt er ihre Ehre nur,
So schützt dich kein Gesetz im Staat;
Denn eine Uhr kann man ersetzen,
Die Ehre selbstverständlich nicht,
Drum muss die Uhr man höher schätzen
Im Land der Weisheit und der Pflicht.
Man glaubt, es waren nur Verbrecher,
Die solch verrücktes Zeug gemacht;
Im Gegenteil, vergnügte Zecher,
Die nie im Leben nachgedacht,
Die stets im Vorurteil befangen,
Seit sie erblickt das Sonnenlicht,
Die stets von Wein und Liebe sangen
Im Land der Weisheit und der Pflicht.
Mit Adam trösten sich die Helden:
„Sie gab mir und ich aß sodann!“
Doch solche Evas sind recht selten,
Ich traf bis jetzt noch keine an.
Noch haben Schamgefühl die Frauen,
Wenn noch so heiß die Liebe spricht,
Und fallen nur durch ihr Vertrauen
Im Land der Weisheit und der Pflicht.
Da lob´ ich den Amerikaner,
der zeigt sich als Aristokrat,
Behandelt er doch viel humaner
Das Weib um Demokratenstaat.
Bei uns im Domestikenlande
Da kennt man solche Rücksicht nicht,
Leicht gibt das Weib man preis der Schande
Im Land der Weisheit und der Pflicht.
Schlägt warm das Herz fürs Vaterland,
Noch wärmer für die Eitelkeit,
Und hat man Einfluss und viel Geld
Und ganz besonders zu viel Zeit,
Ist man nicht dumm und nicht befähigt,
Dass man nichts Rechtes wird allein,
Dann hat man meist nur eine Sehnsucht,
Man muss ein Reichstagsmitglied sein.
Beherrscht man wenig auch das Wort,
Hat keine Ahnung vom Gesetz,
Beendigte sein Studium
Im ersten Teil des großen Ploetz2,
Das setzt der Sehnsucht keine Schranken,
Denn eher kommt man noch hinein,
Wenn man an Geist nicht überflügelt
Das Durchschnittsmitglied der Partei´n.
Man wählt die Fraktion natürlich,
In der ein Freund von Einfluss ist,
Ob rechts, ob links, ist unerheblich,
Nur wird man niemals Sozialist.
Man macht dem Vorstand die Besuche,
Gibt ihm ein fürstliches Diner,
Und greift dann der Partei zugunsten
Entsprechend tief ins Portemonnaie.
Ist abgeschlossen der Kontrakt,
So geht die Wahlkampagne los,
Man macht dich zum gescheiten Kerl,
Du merkst es nicht und zahlst es bloß.
Ein andrer redet deine Reden,
Du sagst am Schluss: „Der Mann hat recht,
Es lebe Deutschland und der Kaiser!“
Und dann wird für dein Geld gezecht.
Mit recht viel Glück und noch mehr Bier
Gelingt dir dann der große Coup,
Du sitzt im Reichstag frisch, froh, frei,
Nur weißt du selbst meist nicht, wozu.
Du bist so klug und dumm wie früher,
Nur ärmer um zehntausend Mark,
Das kosten die Visitenkarten:
„X., Reichstagsmitglied für Klein-Quark!“
2 Der Große Ploetz gilt als ein Standard-Nachschlagewerk zur Geschichte.
Als dummer Junge ist wohl jeder
Für ein paar Jahre Sozialist,
Man sieht die Welt in seinem Lichte,
Doch nie die Welt so, wie sie ist.
Man glaubt noch an die Ideale
Und träumt von einer edlen Welt,
Doch allzu schnell legt sich dies Träumen,
Wenn man verdient sein erstes Geld.
Meist länger währt bei dem Studenten
Die Zeit, in der er jugendblind,
Denn er ist theoretisch Weiser,
Doch praktisch nur ein großes Kind.
Mit seinem Fünfzigtalerwechsel
Markiert er gern den großen Mann,
Gehört er doch zu jenen Kreisen,
Die man die guten nennen kann,
natürlich reicht´s nicht vorn, nicht hinten,
Der Kopf ist voll, der Beutel leer,
Und wer ist schuld? Nur die Regierung,
Die stets nur schützt den Millionär.
Er schwärmt für Tolstoi, Marx und Bebel,
Und weil er oft kaum satt sich isst,
Liebt er die Armen, wie die Brüder,
Und wird mit ihnen Sozialist.
Doch mit den Jahren kommt die Reife,
Er wird gewahr, die Welt bleibt rund,
Die Menschen bleiben stets dieselben,
Teils sind sie krank und teils gesund.
Es gibt stets kluge, wie auch dumme,
Besonders letzt´re massenhaft,
Der spart und jener dort verschwendet,
Und diesen frisst die Leidenschaft.
Dem einen macht die Arbeit Freude,
Der andre liebt die stete Ruh,
Und dieser haut die Gattin täglich,
Und der seufzt unter ihrem Schuh.
Man findet nicht zwei gleiche Pferde,
Was jedem Kenner längst bekannt,
Geschweige denn zwei gleiche Menschen,
Sie seien noch so nah verwandt.
Stets muss daher ein Märchen bleiben
Die Gleichheit in dem Zukunftsstaat,
Und hat der Kluge das begriffen,
Dann war er einmal Demokrat.
Denn bei dem ew´gen Daseinskampfe,
Den Kraft und Geist auf Erden ficht,
Zieht es ihn endlich zu der Seite,
Die seinem Lebensziel entspricht.
Wogegen es den Unbegabten
Kein Mensch am End´ verdenken kann,
Wenn er sich sehnt nach seinesgleichen
Und deshalb schließt der Masse an.
Denn, wär´ ich heute ohne Mittel
Und traute nicht der eignen Kraft,
So wär´ auch ich im Sozi-Lager
Mit Seele und mit Leidenschaft.
Jedoch studierte Sozialisten,
Die jetzt sich häufig machen breit,
Dort, wo nach Geltung Kräfte ringen,
Treibt Schwäche nur und Eitelkeit.
Sie kriechen vor der großen Masse
Als freie Männer auf dem Bauch,
Und werden demgemäß behandelt,
Man braucht sie, doch man tritt sie auch.
Doch das stört nicht die Sklavenseelen,
Denn mit der Masse ist man „Wer“,
Man traut sich nichts allein zu leisten,
Und Geldverdienen ist heut´ schwer.
Drum acht´ ich auch den Demokraten,
Der seinesgleichen Sache führt,
Doch nicht den akadem´schen Sozi,
Der seinen Geist prostituiert.
An sich gemein ist keine Tat,
Sie wird´s erst durch das Denken,
Drum wird ein leidlich schlauer Mensch
Sein Denken danach lenken.
So ist zum Beispiel selbst der Mord
Beliebt zu manchen Zeiten,
Im Zweikampf ist er, wie im Krieg,
Oft gar nicht zu vermeiden.
Er gilt sogar als edle Tat,
Wird selbst belohnt von oben,
Und nur ein blöder Sozialist
Wird solchen Mord nicht loben,
Der kann nun mal sein bisschen Geist
Vernunftgemäß nicht lenken;
Doch, wer zu der Regierung hält,
Kann sich dabei nichts denken.
Natürlich solch ein Sozialist
Ist nie für die Regierung,
Er denkt nur stets das Gegenteil
Und schimpft auf jede Führung.
Selbst wenn die Flotte wird vermehrt,
Ist er durchaus dagegen,
Und auch den lieben Staatsanwalt
Möchte´ er ad acta legen.
Die Steuern sind im stets zu hoch,
Und dann auf alle Fälle
Ist er, selbst in der Theorie,
Nicht für Getreidezölle.
Er sagt: „Wie kommt das Volk dazu
Agrarier zu beschenken?“
Doch, wer zu der Regierung hält,
Kann sich dabei nichts denken.
Ja, wer zu der Regierung hält,
Der hat auch nichts zu denken;
Ein Land ist wie ein Schiff auf See,
Das kann nur einer lenken.
Er tue nur, was man ihn heißt,
Und zwar stets augenblicklich,
Und wenn er auch verdummt dabei,
Die Dummen sind meist glücklich.
Er seh´ in jedem Königsspross
Den großen Alexander,
Und wenn einmal ein Schutzmann kommt,
Dann geh´ er auseinander.
Stets schrei´ er „Hurra“, wenn es gilt
Die Freiheit einzuschränken,
Doch, wer zu der Regierung hält,
Kann sich dabei nichts denken.
Und schwankt der Kurs? Was ist dabei?
Die Kurse schwanken immer!
Da denkt sich der Regierungsmann:
Wo anders ist´s noch schlimmer.
Und so verschönt er jede Tat
Allein schon durch sein Denken,
Denn jede Tat ist gut an sich,
Warum soll er sich kränken?
Hat er nun stets sein Huhn im Topf,
Im Keller gute Weine,
Ist er zufrieden mit der Welt,
Liegt er auch an der Leine.
Ein voller Bauch studiert nicht gern
Und ist sehr leicht zu lenken;
Doch, wer zu der Regierung hält,
Kann sich dabei nichts denken.
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Wer alles können will, bleibt immer seicht,
Denn selbst der weltbekannte Haby-Kleister3
Kennt nur beim Schnurrbart sein: „Es ist erreicht!“
Wer komponiert, malt, dichtet, Reden redet,
Philosophiert, Regie führt, kritisiert,
Erzieher spielt und Tonfiguren knetet,
Zehn Sprachen spricht und auch politisiert,
Der ist ein lebender Lokalanzeiger,
Erscheint dem Bauernstoffel als Genie,
Dem Geisteslahmen als ein Bergesteiger,
Dem jungen Kalb als Kapitalrindvieh,
Doch einem Maler bleibt er immer Klecksler,
Der Philosoph hört ihn stets lächelnd an,
Politisch ist er höchstens Heinze-Lexer,
Und kritisch bestenfalls ein Gudermann4.
Vom Hoffriseur nehmt Euch daher die Lehre,
Gebt Eurem Geist ein einzig Ziel allein,
Dann winket Euch vielleicht zum Schluss die Ehre,
Ein Hofbarbier im Geistesreich zu sein.
3 Haby: Bartwasser-Hersteller
4 Hermann Gudermann, deutscher Autor
Ein Negerhäuptling, der da frech
Sich König aller Neger nannte,
Regierte siebzehnhundertzehn
Südwestlich vom Ägypterlande.
Zwar hatt´ ihn die Kultur beleckt,
Da einst in England er gewesen,
Doch lediglich ganz äußerlich,
Zum Beispiel konnte er nicht lesen,
Nicht rechnen, schreiben, lief halbnackt,
Kein Neger sah den Kerl je baden,
Dabei nannt´ dieses Negertier
Sich König von der Götter Gnaden!
Und nicht nur, dass er nannt´ sich so,
Er schwur darauf, dass ihn die Götter
Zum Herrscher seines Reichs gemacht,
Und ward so unbewusst zum Spötter
Der großen Kraft, die Gott man nennt,
Und die sein Kleingeist umgeschaffen
Zum Negerfürsten – Fabrikant!
Heut´ lacht man über solche Laffen!
Solch Vieh, dass ohne Skrupel frisst
`Nen fetten Feind als Sonntagsbraten,
Und diesen schmunzelnd dann verdaut
Als König von der Götter Gnaden!
Und alles, was er denkt und tut,
Erscheint von Gott ihm eingegeben,
Und dennoch zittert der Idiot
Tagtäglich um sein bisschen Leben.
Er fürchtet, dass ein grimmer Feind
Könnt´ eines Tags ihn niederhauen
Selbst gegen seiner Götter Macht,
Das nennt solch Kuli Gottvertrauen!
Die Kraft, die ihn zum Fürsten macht,
Kann nicht verhindern, ihm zu schaden,
Und so was nennt im Negerland
Sich König von der Götter Gnaden!
Wenn man nichts hat und auch nichts ist,
Wird man gewöhnlich Sozialist,
Schimpft auf die Reichen höchst gemein
Und möchte selber einer sein.
Doch kommt man etwas zu Vermögen,
So wird sich dieses Schimpfen legen,
Denn jeder rechte Demokrat
Hasst nur das Geld, das er nicht hat.
Und sammeln sich die Gelder an,
So wird der Sozi Fortschrittsmann,
Das heißt ein Mitglied der Partei,
Bei welcher jederzeit dabei
Die, die nichts sind trotz der Moneten,
Und bess´re geistige Proleten.
Jetzt schimpft man nur auf die Regierung
Und deren ungeschickte Führung,
Die niemals etwas leisten kann,
Weil immer fehlt der rechte Mann;
Und dieser rechte Mann natürlich
Ist man teils seelisch, teils figürlich.
Doch ist der Mensch erst reich geworden,
Und kommen Titel, Würden, Orden,
Dann hört auch dieses Schimpfen auf,
Im Gegenteil, er schwört darauf,
Dass g´rade die Regierungsmänner
Sind eminente Menschenkenner;
Und deshalb schimpft er jetzt als Rat
Auf die Partei vom Zukunftsstaat.
So irrt der Mensch, so lang er lebt,