Everything I Need From You - Sarah Saxx - E-Book

Everything I Need From You E-Book

Sarah Saxx

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Beschreibung

GÜNSTIGER EINFÜHRUNGSPREIS. NUR FÜR KURZE ZEIT!  Zwischen Herz und Verstand: Ein heißer Gitarrist zum Verlieben Als Theo, der Gitarrist der Erfolgsband Mighty Bastards, die schöne Alicia auf einer Party kennenlernt, verliebt er sich Hals über Kopf. Und auch Alicia scheint sich zu ihm hingezogen zu fühlen. Während die beiden immer mehr Zeit miteinander verbringen, entwickelt Theo tiefere Gefühle für die Schauspielerin. Dass sie gerade beruflich nicht sehr gefragt ist, interessiert ihn dabei wenig. Bis er von ihrem Geheimnis erfährt … »Voller aufschäumender Gefühle & einem sensiblen Geheimnis: Theo und Alicia finden sich in einer Welt voller Glitz, Glamour, Stars & Sternchen.« Carolin Wahl

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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© everlove, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2025

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Textbaby Medienagentur, www.textbaby.de.

Redaktion: Jil Aimée Bayer

Korrektorat: Manfred Sommer

Songtexte im Buch © Jil Aimée Bayer und Sarah Saxx

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: FAVORITBUERO, München

Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Wir behalten uns eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Content Note

Widmung

Playlist

1 – Alicia

2 – Theo

3 – Alicia

4 – Theo

5 – Alicia

6 – Theo

7 – Alicia

8 – Theo

9 – Alicia

10 – Alicia

11 – Theo

12 – Alicia

13 – Theo

14 – Alicia

15 – Theo

16 – Alicia

17 – Theo

18 – Alicia

19 – Theo

20 – Alicia

21 – Theo

22 – Alicia

23 – Theo

24 – Alicia

25 – Theo

26 – Alicia

27 – Theo

28 – Alicia

29 – Theo

30 – Alicia

31 – Theo

32 – Alicia

33 – Theo

34 – Alicia

35 – Theo

36 – Alicia

37 – Theo

38 – Alicia

39 – Theo

40 – Alicia

41 – Theo

42 – Alicia

43 – Theo

Content Notes

Links und Hilfeseiten

Danke

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Content Note

Dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Am Ende des Textes findet sich eine Aufzählung, die jedoch den Verlauf der Geschichte spoilern kann.

Widmung

Für Agnes, weil du ein so herzlicher Mensch, eine unglaublich liebe Freundin und für mich als Mutter ein großes Vorbild bist. Jedes Kind sollte einen liebevollen Elternteil wie dich haben.

Für Carolin.

Und für alle, die denken, nicht perfekt zu sein. Glaubt mir, ihr seid es. In jeder erdenklichen Art.

Playlist

Burn It Down – Linkin Park

Last Goodbye – Dead by April

If I Ain’t Got You – Alicia Keys

Paranoid – I Prevail

Bite My Tongue – You Me at Six, Oliver Sykes

body bag – Machine Gun Kelly, YUNGBLUD,Bert McCracken of The Used

Let’s Get The Party Started – Tom Morello, Bring Me the Horizon

The Grey – Bad Omens

Sleepwalking – Bring Me the Horizon

Drowned in Emotion – Caskets

Glass Heart – Caskets

The Worst In Me – Bad Omens

2L8 – Ryan Oakes

Can You Feel My Heart – Bring Me the Horizon

Never Too Late – Three Days Grace

Maybe – Machine Gun Kelly, Bring Me the Horizon

Talk to a Friend – Rain City Drive

Moving On – Asking Alexandria

Follow You – Bring Me the Horizon

Fallin’ –  Alicia Keys

Everything I Need – Skylar Grey

Just Pretend – Bad Omens

THE DEATH OF PEACE OF MIND – Bad Omens

Diese Playlist findest du auch auf Spotify unter

Everything I Need From You – by Sarah Saxx 

– viel Spaß beim Hören und gute Unterhaltung!

1 – Alicia

»Alicia, was machst du da?« Die panische Stimme meiner Mutter ließ mich mit dem Eyeliner direkt vor meinem Lid innehalten.

»Ich schminke mich?«, erklärte ich das Offensichtliche und sah sie durch den Spiegel des Schminktisches in meinem Schlafzimmer an.

Sie schnalzte mit der Zunge, und als ich sie genauer musterte, bemerkte ich die pulsierende Ader an ihrer Schläfe. »Doch nicht auf diese Weise! Mein Gott, hast du wirklich alles verlernt, was ich dir beigebracht habe?«

Mühsam verkniff ich mir ein Augenrollen und ließ zu, dass sie mir den Eyeliner aus der Hand nahm.

»Lass mich das machen. Dreh dich zu mir.«

In mir brodelte es, allerdings würde ich es nie wagen, Bethany Atkinson zu widersprechen. Denn das Gewitter, das mich danach erwarten würde, konnte ich gerade heute echt nicht gebrauchen.

In Kürze würden wir zu Gast bei den BRIT Awards sein, und ein reibungsloser Auftritt auf dem roten Teppich hatte oberste Priorität. Zumindest für mich und meine Karriere, aber selbstverständlich ebenso für meine Mum.

Also kam ich ihrer scharfen Aufforderung nach, die Lider zu schließen. Ich spürte, wie sie mit Pinseln verschiedenster Stärken über mein Gesicht wedelte, wischte und strich, sah sie an, kaum dass sie es mir befahl, und begegnete ihrem kritischen Blick, der nicht mir, sondern ihrem Werk galt.

»Stillhalten!«, wies sie mich an und bog mit der mit dem Haarföhn angewärmten Wimpernzange meine Wimpern erst auf der einen, dann auf der anderen Seite nach oben. Anschließend herrschte sie mich an, die Augen erneut zu schließen. Sie trug Mascara auf, und ich musste ausharren, bis meine Wimpern getrocknet waren, ehe ich die Lider öffnen durfte.

»Wo hast du deine Fake-Lashes?«

»Noch in der Einkaufstüte in der Küche. Ich hole sie.« Sofort sprang ich auf, um zumindest kurz Abstand zu meiner Mum zu bekommen, bevor ich ihr an die Gurgel ging.

Im Vorbeieilen am Spiegel im Flur warf ich einen flüchtigen Blick hinein.

Zugegeben, sie hatte gute Arbeit geleistet, und ich wusste, mir würde das Endergebnis gefallen. Mum bildete als ehemaliges Topmodel seit kurz nach meiner Geburt für eine Agentur zukünftige Laufstegschönheiten, Fashionistas und Werbegesichter aus, schulte sie im Umgang mit Make-up und Kunden, Designern, Fotografen und Kameras – und erstellte sogar Ernährungspläne.

Nicht nur einmal hatte sie erwähnt, dass sie mich zu gern in ihren Fußstapfen gesehen hätte. Aber bereits als kleines Mädchen hatte mich die Schauspielerei weit mehr fasziniert als das Präsentieren neuester Modekreationen. Seit ich denken konnte, nutzte ich jede Gelegenheit, um auf der Bühne zu stehen.

Mein Dad hatte mich von Anfang an dabei unterstützt und gefördert, bis ich nach einigen Jahren Theaterspielen tatsächlich beim Film gelandet war.

Was für mich ein Meilenstein meiner Karriere bedeutet hatte, war für Mum eine Beleidigung ihrer Ambitionen gewesen, meinen Platz in der Modewelt zu fördern.

Ich zog den Gürtel des Morgenmantels enger, während mich die Erinnerungen an die darauffolgende Zeit überrollten, in der ich inmitten eines hässlichen Rosenkriegs festgesteckt hatte. Ein Krieg, dessen i-Tüpfelchen die Scheidung meiner Eltern vor sechs Jahren gewesen war, welche die Situation für mich nicht gerade leichter gemacht hatte.

Das, was ich allerdings aus dieser ganzen Sache gelernt hatte, war, weder Dad vor Mum zu erwähnen noch umgekehrt. Deshalb wunderte es mich umso mehr, dass mich seit einiger Zeit meine Mutter in meiner Karriere als Schauspielerin unterstützte. Sogar dermaßen ambitioniert, dass sie für uns beide Karten für die BRITs besorgt hatte. Vielleicht hatte sie eingesehen, dass ich ausschließlich für die Schauspielerei lebte und diese mich glücklicher machte, als es ein Modeldasein je könnte.

Mit den falschen Wimpern in der Hand kehrte ich zurück ins Schlafzimmer, in dem sie vor meinem begehbaren Kleiderschrank stand, an dessen Tür mein Kleid für den heutigen Abend hing. Schon seit geraumer Zeit freute ich mich, es endlich auf dem roten Teppich präsentieren zu dürfen.

Mum musterte es, strich mit der Hand über den durchsichtig-weißen Stoff mit den wenigen filigranen und gleichfarbigen Blumenapplikationen und seufzte wehmütig.

Hätte ich geahnt, dass sie ebenfalls ein bodenlanges weißes Designerkleid tragen würde, hätte ich mich auf jeden Fall für eine andere Ausführung entschieden. Bei ihrem war noch dazu das Oberteil zum Teil transparent und mit Blumen und Perlen bestickt, ähnlich wie bei meinem.

Für Außenstehende mussten wir wirken wie das perfekte Mutter-Tochter-Gespann. Als würden wir wie zwei beste Freundinnen losziehen – was auf uns beide definitiv nicht zutraf. Zumindest nicht von meiner Seite aus.

»Beeil dich, wir müssen endlich fertig werden«, verlangte sie, obwohl ich kein bisschen getrödelt hatte.

Aber ich setzte mich schweigend hin, reichte ihr die Wimpern und ließ sie machen. Weil ich wusste, wenn sie ihren Willen bekam, bekam ich auch meinen. Und der war heute nun mal, dass sie mich einflussreichen Leuten aus der Musik- und Modebranche, vor allem jedoch aus der Filmindustrie vorstellte. Denn wie ich wusste, würden von allen Künstlerbranchen einflussreiche Leute auf dem Event vertreten sein. Durch das Networking erhoffte ich mir einen kleinen Aufschwung meiner in den letzten Monaten und Jahren etwas eingeschlafenen Karriere als Schauspielerin.

Jude Law, Emma Watson und Benedict Cumberbatch würden im Publikum sitzen, genau wie die Regisseure Christopher Nolan und Danny Boyle. Blake Lively würde sogar einen der heiß begehrten Awards überreichen. Und obwohl meine Mum keinen Draht zu den Filmemachern selbst besaß, hatte sie bereits mit Jude und Emma zusammengearbeitet und wollte mich ihnen vorstellen.

Bisher hatte sie es zum Glück nicht groß thematisiert, dass sich meine Karriere aktuell auf einem absteigenden Ast befand. Seit einiger Zeit kamen die Rollenangebote nicht wie erhofft. Aus purer Verzweiflung hatte ich zuletzt die Hauptrolle für eine drittklassige Horrorkomödie angenommen. Doch mit dieser hatte ich mich gefühlt noch weiter ins Aus geschossen. Der Film war gefloppt, und sämtliche Castings waren seitdem erfolglos verlaufen. Umso wichtiger war es, heute einen perfekten Auftritt hinzulegen und hoffentlich so vielen einflussreichen Leuten wie möglich im Gedächtnis zu bleiben.

Als Mum all meine Vorzüge ins rechte Licht gerückt hatte – wie die Augen optisch größer und die Lippen voller wirken zu lassen –, verschwand sie kurz im Badezimmer, um sich die Hände zu waschen. »Warte mit dem Kleid, nicht dass du dir dein Make-up ruinierst!«, rief sie mir über ihre Schulter zu.

»Okay«, gab ich ihr brav zur Antwort und checkte genervt und gelangweilt zugleich mein Smartphone.

Kim, meine beste Freundin, hatte mir geschrieben. Ich wusste, sie würde heute zu gern an meiner Seite sein in der O2-Arena, in der die Preisverleihung stattfand. Ehrlich gesagt, hätte ich auch lieber sie statt Mum als Begleitung, aber da waren Kim und mir die Hände gebunden.

Kim: Bist du schon unterwegs? Schick mir Fotos!

Sofort kam ich ihrer Bitte nach und machte ein Selfie.

Alicia: Gleich sind wir fertig.

Kim: Oh, wow, du siehst atemberaubend schön aus. Ich will mich so gut schminken können wie du.

Alicia: Das war alles meine Mum.

»Leg das Handy weg!«, herrschte diese mich just in dem Moment an und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. »Wir ziehen jetzt dein Kleid an.«

Ungeduldig wartete sie, bis ich das Smartphone auf den Schminktisch gelegt und den Morgenmantel ausgezogen hatte. Darunter trug ich lediglich einen nahtlosen Slip in der Farbe meines Hauttons.

Dass sie pikiert wirkte, als sie einen Blick auf meinen Bauch warf, versuchte ich zu ignorieren. Im Vergleich zu den Models, mit denen sie tagtäglich zu tun hatte, wies mein Körper naturgemäß etwas mehr Kurven auf.

Wenigstens verkniff sie sich jeglichen Kommentar und hielt mir das Kleid hin, damit ich besser hineinsteigen konnte.

Es war ein gewagtes Teil mit tiefem Ausschnitt bis unter das Brustbein und langem Schlitz an der Seite. Die Blumenapplikation schlängelte sich über meine Brüste hinab zur Hüfte und über den Intimbereich sowie den Hintern, bis sie sich knapp unterhalb meiner Knie verlief. Dass mir damit eine Menge Fotos auf dem roten Teppich sicher waren, verstand sich von selbst, genau wie die Tatsache, dass meine Figur bis ins Detail von der Presse diskutiert werden würde. Was aber auch mein Plan war, um im Gespräch zu bleiben. Denn das Kleid profitierte gerade von meinen Kurven und zeigte mich von meiner besten Seite.

Mum zog den Reißverschluss an meinem Rücken zu und richtete noch einmal meine rostroten Haare, die ich zuvor schon zu weichen Wellen geföhnt hatte. Daraufhin schlüpfte ich in die ebenfalls bereitgestellten weißen Stilettos. Im Anschluss musterte sie das Endergebnis einige Sekunden lang schweigend im Spiegel.

Und verdammt, es konnte mir egal sein, was meine Mutter darüber dachte, wie ich in dem Kleid aussah. Sie entschied nicht über meine Karriere. Dennoch fürchtete ich ihr Urteil mehr als das der Boulevardpresse.

»Du wirst toll neben mir aussehen«, sagte sie schließlich.

Mir war klar, was das bedeutete. Nämlich, dass sie der Meinung war, sie würde mit mir an ihrer Seite einen hübscheren und schlankeren Eindruck hinterlassen. Die Leute würden darüber schreiben, wie gut sie sich trotz ihrer fünfzig Jahre gehalten hatte, dass wir Schwestern sein könnten, weil ihr Gesicht kaum Falten zierten – Botox und ihrem Schönheitschirurgen sei Dank.

»Bestimmt.« Ich zwang mir ein schwaches Lächeln auf die Lippen. »Lass uns fahren.« Mit diesen Worten griff ich nach meinem Smartphone und der weißen Clutch und zog mir den gleichfarbigen Plüschmantel über, woraufhin ich die Wohnungstür ansteuerte, ohne auf sie zu warten.

Draußen zog ich den Mantel etwas enger. Das Februarwetter war unangenehm kalt und nass, und ich war froh, dass der Chauffeur im schwarzen Mercedes auf uns wartete. Mum hatte den Wagen angemietet, um, wie sie sagte, einen stilvollen Auftritt hinzulegen.

Wir stiegen ein, und ich musste den Mantel wieder etwas lüften – inzwischen bekam ich Herzrasen und schwitzige Hände, wenn ich nur daran dachte, was mich in Kürze erwarten würde. In etwas mehr als einer halben Stunde würde ich nämlich all meine schauspielerischen Fähigkeiten an den Tag legen müssen, wenn ich mit meiner Mutter bei den BRIT Awards aufkreuzte. Denn ins Gespräch zu kommen, weil man mir am Gesicht ablesen konnte, wie viel ich aktuell von ihr hielt, war nicht, was ich gebrauchen konnte.

Zum Glück war sie sofort mit ihrem Smartphone beschäftigt, kaum dass wir losgefahren waren, sodass ich kein schlechtes Gewissen zu haben brauchte, ebenfalls mein Handy aus der Clutch zu fischen.

Kim hatte mir inzwischen geantwortet, und ich war froh, zumindest indirekten Support meiner Freundin genießen zu können.

Kim: Deine eigenen Make-up-Künste würden dir noch besser stehen. 😘 Ich freue mich auf Fotos von dir auf dem roten Teppich. Heute stiehlst du allen die Show mit deiner Schönheit und dem heißen Kleid.

Alicia: Danke! Du weißt, der heutige Tag bedeutet harte Arbeit für mich. Ich brauche neue Kontakte, die meiner Karriereden nötigen Schub geben.

Kim: Klar! Trotz allem sollst du nicht den Spaß vergessen.

Ich antwortete mit einem Party-Emoji und den sich zuprostenden Sektgläsern.

Kim: Und falls du den Mighty Bastards über den Weg läufst, mach unbedingt ein Foto mit ihnen!

Nun konnte ich ein Schmunzeln nicht länger verhindern. Denn dass meine neue Lieblingsband ebenfalls bei den BRITs sein würde, war das gewaltige Trostpflaster für diesen katastrophalen Tag mit meiner Mutter.

Die Jungs waren nicht nur in vier Kategorien nominiert, sondern würden sogar einen Auftritt haben – ich konnte es kaum erwarten, sie live zu erleben. Und wenn ich Glück hatte, würde ich ihnen über den Weg laufen und hoffentlich das Fangirl in mir so weit unter Kontrolle haben, dass ich nicht bloß vor Freude grinste oder gar peinlich quietschte.

2 – Theo

Scheiße war mir schlecht. Und das lag nicht am Champagner, den ich auf der Fahrt hierher mit den anderen getrunken hatte.

Wir standen in einer Reihe hauptsächlich schwarzer Limousinen und Vans und warteten vor der O2-Arena darauf, dass wir dran waren, den roten Teppich zu betreten und uns ins Blitzlichtgewitter zu stürzen. Sicher war das aufregend, und ich hatte mich nach wie vor nicht daran gewöhnt, dass das nun zu unserem Alltag gehörte. Doch das war nicht der Grund für meine Nervosität, sondern die Tatsache, dass wir überhaupt hier waren. Bei den BRIT Awards – und das nicht als Zuschauer. Die Mighty Bastards waren in den vier Kategorien British Album of the Year, British Group, Song of the Year und Best British Alternative/Rock Act nominiert – was der absolute Wahnsinn war. Wenn man mir vor drei Jahren gesagt hätte, wir würden heute hier stehen, hätte ich es nicht geglaubt.

Allein bei dem Gedanken daran wurde meine Atmung schneller. Ein dicker Kloß drückte im Hals, und gleichzeitig mit Spencers Hand an meinem Rücken spürte ich ein unangenehmes Brennen in den Augen.

»Scheiße, Mann, alles in Ordnung mit dir?«

Bereits beim Einsteigen hatte Richie etwas Ähnliches gefragt. Er war äußerst feinfühlig, und es war nicht das erste Mal, dass er lange vor den anderen witterte, was in mir vorging. Dass nun aber auch Spencer auf mich aufmerksam wurde und mit seiner Frage die Augen aller auf mich richtete, trug nicht gerade dazu bei, mich ruhiger werden zu lassen.

»Musst du dich übergeben?«, wollte Nora wissen, die gleichzeitig eine Wasserflasche aus dem kleinen Kühlschrank zog und sie mir reichte.

Knapp schüttelte ich den Kopf. »Nein, es ist nur …« Überfordert presste ich Daumen und Zeigefinger gegen die Nasenwurzel. »Das alles ist so … unwirklich.« Verlegen lachte ich auf, da ich mir, jetzt, wo ich die Worte ausgesprochen hatte, äußerst dämlich vorkam. »Ich meine, wir … bei den BRIT Awards.«

»Aber ihr wisst das doch schon länger, oder nicht?«, erkundigte sich Hayden stirnrunzelnd. Die Amerikanerin war erst vor ein paar Monaten nach London gezogen. Richie, der bis nach unserer Europatournee letzten Sommer noch alles gevögelt hatte, was bei drei nicht auf den Bäumen gewesen war, hatte sich durch sie in ein völlig zahmes Lämmchen verwandelt.

»Klar, allerdings wird mir jetzt erst so richtig bewusst, was wir erreicht haben.« Ich schluckte und kämpfte weiter gegen die Rührung an, die sich in mir ausbreitete. »Ich meine, vor wenigen Wochen haben wir die Goldene Schallplatte für unser Album bekommen, und jetzt das hier! Ich hab schon als Kind die Verleihung der BRIT Awards verfolgt. Gleich auf dieser Bühne zu stehen ist die Erfüllung all meiner Träume.« Wieder lachte ich auf, weil mich sechs Augenpaare anschauten, als wäre ich total am Durchdrehen. Dabei war es einfach nur verrückt, dass wir uns in dieser Situation befanden.

Lex blinzelte, dann klopfte er mir auf die Schulter. »Du hast recht, Mann.«

Nora beugte sich vor und schaute mich direkt an, was vermutlich beruhigend wirken sollte. »Aber deshalb brauchst du nicht nervös zu sein. Willst du etwas gegen die Aufregung nehmen?« Noch während sie das sagte, kramte sie in ihrer Handtasche.

»Nein danke«, erwiderte ich mit einem Seitenblick zu Richie.

Ich wusste, dass er nicht ohne Grund jegliche Art betäubender Substanzen ablehnte – Alkohol mal ausgenommen.

Nora sah betreten drein und murmelte eine knappe Entschuldigung in Richies und Haydens Richtung, was die zwei mit einem beschwichtigenden Blick abtaten.

»Ich glaube, es geht gleich wieder«, erklärte ich, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich das bloß sagte, um meine Freunde zu beruhigen.

Lampenfieber war ich gewöhnt, allerdings hatte es mich lange nicht mehr dermaßen heftig erwischt.

Bestimmt würde es besser werden, sobald ich meine Fender in den Händen hielt. Bisher hatten mich meine Gitarren noch immer geerdet, und heute würde es nicht anders sein – und das, obwohl wir gleich vor einem Millionenpublikum auftraten.

Tessa, die mir gegenübersaß, beugte sich vor und legte mitfühlend die Hand auf meinen Unterarm.

Ich bemühte mich um ein Lächeln, das vermutlich misslang.

Ganz automatisch griff ich in die Hosentasche meines schwarzen Anzugs, den ich zu einem weißen Hemd trug – genau wie alle anderen Mighty Bastards –, und fischte mein Glücksplektrum heraus.

Music is What Feelings Sound Like war in das Metall geprägt. Es war ein Geschenk meines Dads zu meinem dreizehnten Geburtstag gewesen, als ich meine erste Harley Benton bekommen hatte. Zu Beginn hatte ich noch damit gespielt, allerdings war mir der Klang der Saiten damit zu aggressiv, weshalb ich irgendwann zu Plektren aus Kunststoff gewechselt habe. Dieses hier hatte ich allerdings aus sentimentalen Gründen aufbewahrt.

Mit dem Daumen rieb ich über die Schrift und fragte mich, ob meine Eltern ausnahmsweise mal die Zeit finden würden, unseren Auftritt im Fernsehen zu verfolgen. Ich hatte sie nicht gefragt, weil ich ein Nein vermutlich nicht so gut weggesteckt hätte. Zumindest war ich mir nicht sicher, wie ich ausgerechnet heute damit umgegangen wäre …

Um wenigstens etwas von meiner Anspannung abzubauen, ließ ich das Plek zwischen den Fingern wandern, drehte und wendete es.

Bestimmt hatte mein Dad damals gedacht, es wäre lediglich eine Phase, dass ich Musiker werden wollte. Ich hatte meine Eltern mal darüber diskutieren hören, dass ich spätestens mit der ersten Freundin das Interesse an der Musik verlieren würde. Allerdings hatten sich beide gewaltig geirrt. Denn der Spruch auf diesem Plektrum war genau das, was das Spielen für mich verkörperte: der Ausdruck all meiner Emotionen. Inzwischen brauchte ich es wie die Luft zum Atmen, und gerade fühlte es sich an, als würde ich ersticken, wenn ich nicht bald meine Gitarre in Händen halten durfte.

»Gleich sind wir da. Also aufgepasst, Jungs, ihr steigt aus und zeigt euch von eurer besten Seite. Lächeln, winken, für Fotos posieren. Für Kurzinterviews bereitstehen, Autogramme geben – aber bedenkt, der rote Teppich ist nicht ausschließlich für euch da. Hinter euch warten schon die nächsten Stars auf ihren Moment.« Nora sah uns streng an und wir nickten.

Da niemand darauf reagierte, dass sie uns als Stars bezeichnet hatte, schluckte ich meinen Kommentar dazu hinunter. Denn vielleicht war es an der Zeit, mir einzugestehen, dass wir wirklich diesen Status erreicht hatten. Was sich für mich immer noch total verrückt anhörte.

Der Chauffeur hielt, und jemand öffnete die Wagentür.

Mein Herz machte einen Satz, als ich nach Lex ausstieg und allen die Show lieferte, die sie erwarteten.

Lächeln, winken, für Fotos posieren.

Und erneut fragte ich mich, wie viel Blitzlichtgewitter ein Mensch vertragen konnte, bevor er erblindete.

Die Leute riefen unsere Namen, es war ohrenbetäubend laut und hektischer als gedacht – etwas, das ich vor dem Fernseher nie in dem Ausmaß mitbekommen hatte. Ordner standen bereit, um die Promis auf dem roten Teppich vorwärtszutreiben und jedem ein ihm zugedachtes Zeitfenster zu geben. Was irgendwie logisch war, immerhin konnte die Verleihung nicht mit Verspätung starten, weil manche den Walk zu sehr genossen.

»Mighty Bastards, eine Frage!«, machte eine junge Reporterin neben einem Kameramann auf sich aufmerksam. Sie trug ein bodenlanges rotes Kleid, und ihre brünetten Haare hatte sie zu einer kunstvollen Frisur gesteckt.

Lex ging auf sie zu, Richie, Spencer und ich folgten ihm.

»Was bedeutet es für euch, dass ihr gleich in vier Kategorien nominiert seid?«, rief sie gegen den Lärm in ihr Mikrofon und hielt es anschließend Lex unter die Nase.

»Wir sind sprachlos und fühlen uns unglaublich geehrt. Das, was gerade passiert, ist mehr als alles, was wir uns je erträumt haben. Danke an unsere Fans, ohne euch wären wir nicht hier.«

»Theo, was für ein Gefühl ist es, gleich auf dieser Bühne vor einem Millionenpublikum zu performen?«

Schneller, als mir lieb war, hatte ich das Mikro vor meinem Gesicht.

Hinter uns stieg der Lärmpegel weiter an, vermutlich war eben einer der absoluten Superstars eingetroffen.

Ich unterdrückte den Impuls, mich umzudrehen, während es in meinem Kopf dröhnte. Mit einem Mal hatten sich sämtliche Wörter in nichts aufgelöst. Ich wollte etwas sagen – musste antworten, um nicht der stammelnde Idiot der Band zu sein. Also brach aus mir heraus, was hoffentlich Sinn ergab. Gleichzeitig merkte ich, wie mir eine unangenehme Hitze in den Kopf stieg. In meiner Kehle wurde es eng und ich fuhr mir mit dem Zeigefinger in den Kragen, um ihn zu weiten – was mir dank der Knöpfe und der schwarzen Krawatte nicht wirklich gelang. »Damit geht ein großer Traum von uns in Erfüllung. Hier zu sein fühlt sich total unwirklich an, aber wir sind dankbar, diesen Tag mit so großartigen Musikern an unserer Seite erleben zu dürfen.«

Die Frau bedankte sich, zwinkerte mir zu und wandte sich schließlich Taylor Swift zu, die hinter uns den roten Teppich betreten hatte und für die Begeisterungsstürme um uns herum verantwortlich war.

»Hab ich Scheiße gelabert?«, raunte ich Spencer zu, kaum dass wir uns im großen Durchgang der Halle befanden.

»Nö, war super.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Mach dir nicht ins Hemd, Leo, es ist ein Auftritt wie jeder andere. Werde endlich locker, so angespannt kenne ich dich gar nicht.«

Der Spitzname, den mir meine Kumpels verpasst hatten, weil sie der Meinung waren, ich sähe Leonardo DiCaprio in jungen Jahren ähnlich, rief mir ins Gedächtnis, dass ich nicht alles zu ernst nehmen sollte. Dass es nicht schadete, mich locker zu machen, da im Leben nicht jede Kleinigkeit auf die Goldwaage gelegt wurde – anders, als ich es von meinen Eltern kannte und vorgelebt bekommen hatte.

Tief atmete ich durch und nickte. »Keine Ahnung, was heute mit mir los ist. Ich bin einfach …« Das nächste Wort blieb mir im Hals stecken, da mein Blick auf eine junge rothaarige Frau fiel, die wenige Meter von uns entfernt in einem weißen Hauch von nichts stand. Sie unterhielt sich mit einem Mann im Smoking, den ich schon einmal irgendwo gesehen hatte, und gestikulierte dabei mit ihren Armen.

Von irgendwoher kam sie mir ebenfalls bekannt vor, doch das war nicht der Grund, warum ich den Blick nicht von ihr abwenden konnte. Sie sah verboten heiß aus in dem Kleid, und etwas an ihrer Ausstrahlung faszinierte mich.

»Du bist einfach was?«, hakte Spencer nach. Er hatte nicht mitbekommen, was mich ablenkte.

»Nichts«, erwiderte ich schnell und folgte den anderen in den großen Saal – jedoch nicht, ohne einen letzten heimlichen Blick zurück zur Frau in Weiß zu werfen.

Tessa, Hayden und Nora saßen bereits an unserem Tisch und winkten, kaum dass sie uns erblickten.

»Na, wie war euer Walk of Fame?«, wollte Hayden wissen, als Richie sich neben sie setzte und sie zur Begrüßung küsste.

»Grandios! Ich will noch einmal zurück«, erklärte er prompt, was uns zum Lachen brachte.

»Wir wurden fürs Fernsehen interviewt.« Lex strahlte übers ganze Gesicht, und es war ihm anzumerken, dass er genoss, was hier abging.

»Wir haben den roten Teppich gerockt – bis Taylor Swift gekommen ist«, ergänzte Spencer, und sofort erzählten uns Hayden und Tessa, wen der angekündigten Stars und Sternchen sie schon in den Saal hatten kommen sehen und wo welche anderen Musikgrößen saßen.

Wir reckten die Köpfe in alle Richtungen, bis ich zufällig die rothaarige Frau von eben wiedersah. Sie nahm ein paar Tische von uns entfernt Platz, und kaum dass sie saß, war sie aus meinem Blickfeld verschwunden.

Verdammt, ich kam nicht drauf, wer sie war und woher ich sie kannte. Hatte sie etwas mit der Musikbranche zu tun? Naheliegend, allerdings wüsste ich nicht, wo wir uns schon einmal begegnet wären. Vielleicht war sie ein Model? Hübsch genug war sie allemal, und da gerade Leni Klum an ihrem Tisch Platz nahm, war es nicht abwegig. Andererseits hatte ich mich noch nie intensiv mit der Modebranche auseinandergesetzt.

Meine Überlegungen wurden jäh gebremst, als das Licht im Saal gedimmt wurde und einer der Moderierenden die Bühne betrat. Augenblicklich spürte ich meinen Herzschlag wieder unangenehm wild im Hals, und ich wippte mit dem Bein, um meine Nervosität zumindest halbwegs in den Griff zu bekommen. Doch die Unruhe in mir und meinem Kopf wollte kein Ende finden.

Der Großteil des Abends flog wie in einem Rausch mit Tunnelblick an mir vorbei. In den Kategorien British Album of the Year, British Group und Song of the Year hatten wir nicht abgesahnt, was mir zwar einen kleinen Stich versetzte, dennoch gönnte ich es den Gewinnern von Herzen. Uns mit Harry Styles, Ed Sheeran und Dua Lipa zu messen war halt einfach ein Ding der Unmöglichkeit.

Bereits im Vorfeld hatten wir uns darauf eingestellt, leer auszugehen. Immerhin wäre es utopisch, nach unserem kometenhaften Aufstieg und dem Megaerfolg mit Broken auch noch einen der BRITs mit nach Hause zu nehmen … Und mal ehrlich, die Acts, die gewonnen hatten, waren unbestritten genial. Da konnten wir nie und nimmer mithalten.

Nachdem wir kurz nach der Bekanntgabe des Gewinners des Song of the Year in die Garderobe geholt worden waren, tauschten wir in Windeseile unsere Anzüge gegen Jeans und T-Shirts. Anschließend bezogen wir hinter dem Vorhang Stellung auf der Bühne.

Kaum dass ich meine Gitarre hochnahm, wurde ich endlich ruhiger. All das verrückte Dröhnen in meinem Kopf kam zum Stillstand, mein Puls beruhigte sich, und ich fühlte mich geerdet. Ich schaute in Richies Gesicht, der mir zulächelte, dann in Lex’, der immer noch völlig energetisiert wirkte.

Ein kurzer Blick über die Schulter zu Spencer, dem ich zunickte, bevor ich die ersten unverwechselbaren Takte von Broken spielte. Gleichzeitig setzte das Publikum mit einem Kreischen ein, das mir eine Gänsehaut bescherte und mich endlich erdete, während sich der Vorhang hob. Richies Einsatz folgte, danach stieg Spencer ein. Und schließlich begann Lex zu singen.

Beim Soundcheck heute Vormittag hatten wir einfach unser Programm abgespult, doch jetzt war es, als würde ich Energie aus den Zuschauenden ziehen. Dass wir für die absoluten Größen der Musikszene performten und uns gleichzeitig die ganze Welt zusehen konnte, war noch einmal ein völlig anderes Feeling, als nur für unsere Fans zu spielen. Vor allem, da die Leute hier mindestens so begeistert reagierten, wie wir es von der Europatournee kannten.

Während die letzten Takte des Songs verklangen, raste mein Herz. Genau das war es, wofür ich lebte und Musik machte. Diese Begeisterung, diese Leidenschaft. Sie füllten mich aus, ebenso wie das tosende Publikum.

Als die Scheinwerfer uns schließlich nicht mehr direkt ins Gesicht strahlten, ließ ich den Blick über die Menge vor uns schweifen und glaubte für einen Moment, unter ihr die Frau im weißen Kleid zu erkennen, was meinem Puls noch einmal einen Schub verschaffte. Sie war aufgestanden und pfiff lautstark mit zwei Fingern im Mund. Doch noch bevor ich mir sicher sein konnte, ob es wirklich sie war, schloss sich der Vorhang, und wir eilten von der Bühne, zurück in die Garderoben, um uns wieder in unsere Anzüge zu schmeißen.

Von mir aus hätten wir in Jeans und T-Shirt bleiben können, aber Lex hatte darauf bestanden und ich würde ihm dabei nicht widersprechen. Erst recht nicht, weil Nora seine Entscheidung mit der Aussage unterstützt hatte, wir sollten stilvoll aussehen, wenn wir gewannen – oder leer ausgingen.

Zurück an unserem Tisch, wurden wir von den drei Frauen unserer Runde begeistert empfangen.

Tessa küsste sofort Lex, während Hayden Richie um den Hals fiel. Bei beiden Pärchen war innerhalb kürzester Zeit die Öffentlichkeit auf ihre Beziehung aufmerksam geworden, weshalb sie sich seit einigen Monaten nicht mehr zurückhielten, ihre Liebe ganz offen zu zeigen.

»Ihr wart großartig«, war Noras Kommentar zu unserem Auftritt. Ihr Strahlen verriet, dass sie uns nicht bloß Honig ums Maul schmierte, sondern dass wir sie wirklich überzeugt hatten.

»Damit kommen wir schon zur nächsten Kategorie!«, drang die Stimme des Moderators Michael Rowley aus den Boxen und forderte meine Aufmerksamkeit. »Nämlich zur Verleihung des BRIT Awards für den Best British Alternative/Rock Act – und ich kann euch sagen, dass hier die Crème de la Crème nominiert ist. Doch noch verrate ich nichts, sondern übergebe an die bezaubernde Blake Lively, die den Umschlag mit den entscheidenden Namen in ihren Händen hält.«

Das Publikum applaudierte, und die Spots richteten sich auf eine der Nebenbühnen, die die Schauspielerin betrat.

»Was für ein großartiger Abend. Ich freue mich, hier zu sein und die Ehre zu haben, euch zu verkünden, wer in dieser Kategorie gewonnen hat. Denn wie Michael bereits erwähnt hat, sind hier wieder absolut geniale Acts nominiert.«

Auf einer Videowall wurden neben uns vier andere Bands und Musiker vorgestellt – und scheiße, wir hatten nicht den Hauch einer Chance gegen diese Größen der Branche.

Die Spots über Blake erhellten wieder die Bühne. »Ich bin wirklich froh, dass es nicht an mir lag, zu bestimmen, wer den Preis gewinnt, weil ich mich nicht hätte entscheiden können. Ich meine, schaut euch die Talente an. Ehrlich, ihr seid alle Sieger.« Sie lachte. »Doch ich will euch nicht weiter im Ungewissen lassen …« Sie öffnete den Umschlag und linste hinein. Grinste. »Nichts anderes habe ich erwartet …«

Sofort hüllte mich erneut dieses Dröhnen ein, das schon vor unserem Auftritt in meinem Kopf das Kommando übernommen hatte. Allein die Tatsache, dass wir neben Bands wie Bring Me the Horizon nominiert waren, war der absolute Wahnsinn.

»Der Preis in der Kategorie Best British Alternative/Rock Act geht an …« Sie blickte in die Menge und trieb die Spannung auf die Spitze.

Fuck, war mir übel …

Neben mir holte Lex tief Luft, Spencer trommelte mit den Fingern auf die Tischkante, und die Anspannung aller war fast greifbar. »… die Mighty Bastards!«, rief sie schließlich ins Mikro, und ein ohrenbetäubender Lärm schallte durch den Saal.

Dass ich aufgesprungen war, hatte ich gar nicht gemerkt. Mit einem Mal fand ich mich in den Armen von Spencer, Lex und Richie wieder und fühlte mich wie in einem Traum.

Auch Nora umarmte uns, bevor sie uns in Richtung Bühne scheuchte. Und das hier passierte wirklich. War das zu glauben? Blake hatte echt unseren Bandnamen gesagt. Die Mighty Bastards, also wir, räumten unseren ersten BRIT Award ab.

3 – Alicia

»O mein Gott, sie haben gewonnen!« Voller Euphorie sprang ich auf und nahm zwei Finger in den Mund, um lautstark zu pfeifen. Einfach irre, dass sie es geschafft hatten!

Meine Mum würde mich bestimmt gleich für mein wenig damenhaftes Verhalten rügen, doch das war mir egal. Von allen Bands und Musikschaffenden hier hatten es die Mighty Bastards am ehesten verdient, heute zu gewinnen.

Die ganze Halle tobte vor Begeisterung über die Entscheidung, und ich war mir sicher, dass absolut jeder hier den vier jungen Männern den Preis von Herzen gönnte. Ihre kometenhafte Karriere war nicht einmal mit einem Lottogewinn zu vergleichen. Denn das, was sie erreicht hatten, war der helle Wahnsinn und mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.

Vor knapp drei Jahren hatten sie ihr erstes selbst produziertes Musikvideo hochgeladen, daraufhin direkt einen Plattenvertrag bekommen und waren mit ihrer Single Broken schließlich in halb Europa auf Platz 1 gelandet. Ihre Tournee war fast in allen Städten ausverkauft gewesen, und das, obwohl sie zwölf Monate davor noch relativ unbekannt gewesen waren. Doch mit diesem Song hatten sie trotz des rauen, rockigen Tons unzählige Herzen berührt und den Leuten aus der Seele gesprochen.

Dass sie heute gewonnen hatten, war meiner Meinung nach einfach nur logisch.

Die vier stürmten die Bühne, und die Überraschung und Freude von ihren Gesichtern abzulesen berührte mich sehr.

»Danke, Leute«, begann Lex, der Leadsänger, der in einer Hand ein Mikrofon, in der anderen den Award hielt. »Ich weiß gar nicht, was sich sagen soll. Wir sind überwältigt und hätten nie damit gerechnet, heute ein zweites Mal auf dieser Bühne stehen zu dürfen – mit diesem großartigen Preis. Wir danken unseren Familien und Freunden für ihre Unterstützung und ihre guten Nerven in all den Jahren. Wir wissen, dass wir sie sehr oft strapaziert haben.« Das Publikum lachte. »Dann wollen wir Nora, unserer Managerin, danken. Und Samantha Evans – für alles, was du in den letzten Jahren für uns getan hast. Danke, Tessa. Danke, Hayden. Danke aber vor allem an euch, Leute. Ohne euch würden wir nicht hier stehen.«

Theo, Spencer und Richie nickten hinter Lex und applaudierten zustimmend. Die vier umarmten sich noch einmal, und man konnte hören, dass sie sich irgendetwas zuraunten, ohne einzelne Worte zu verstehen.

Als sie sich voneinander lösten, wischten sie sich über ihre Wangen. Ein letztes Mal winkten sie und liefen unter tosendem Applaus und Standing Ovations hinter die Bühne. Und ich schrie und pfiff erneut vor Begeisterung und Freude für die vier Jungs.

Gott, sie waren einfach so sympathisch! Wie gerührt sie sich über ihre Auszeichnung gezeigt hatten, sprach für sich.

»Kannst du dich endlich zusammenreißen und anständig aufführen? Und nicht wie eine …«

Ich verengte die Augen zu Schlitzen und starrte meine Mum an. In mir kochte es, und zum Glück sprach sie nicht weiter. Entweder, weil ihr kein Vergleich einfallen wollte, oder weil mein Blick ihr verdeutlicht hatte, dass sie den Bogen gewaltig überspannte, wenn sie aussprach, was sie dachte.

Schon vorhin war es ihr nicht recht gewesen, wie begeistert ich dem Fotografen, den sie mir vorgestellt hatte, von meiner Arbeit erzählt hatte. Weil man besser den Mund hält, solange es beruflich nicht gut läuft – ihre Aussage, nicht meine.

Aber ich war doch hier, um Kontakte zu knüpfen, oder nicht? Über meine Arbeit zu schweigen fühlte sich wie absoluter Bullshit an. Ich war hergekommen, um Leute kennenzulernen. Um meiner Karriere neuen Schwung zu verleihen – und wenn das bedeutete, einem Modefotografen von meiner Leidenschaft zu erzählen, um ins Gespräch zu kommen. Nur weil es gerade nicht ein Filmangebot nach dem anderen hagelte, hieß das noch lange nicht, ich hätte die Liebe für die Schauspielerei verloren.

Insgeheim hoffte ich ja, dass ich später noch irgendwo Blake Lively begegnen würde. Vielleicht war sie ja auf derselben After-Show-Party, bei der Mum und ich auf der Gästeliste standen. Oder ich lief ihr auf der Damentoilette über den Weg – ich wäre sicher nicht die Erste, die auf dem stillen Örtchen Bekanntschaften machte.

Falls ich Blake tatsächlich traf, hoffte ich einfach, die Gelegenheit zu bekommen, mit ihr reden zu können. Weil jeder Kontakt in die Filmbranche mir helfen würde.

»Vielleicht hättest du inzwischen gute Rollenangebote, wenn du nicht dermaßen übertrieben und hysterisch reagieren würdest?« Mum schaute mich mit gerunzelter Stirn an, und mir wurde klar, dass sie das ernst meinte.

Eigentlich sollte ich solche Sprüche von ihr schon gewöhnt sein. Dennoch traf es mich hart, und ich musste schlucken, um den Schmerz in mir zu vertreiben. Statt etwas darauf zu erwidern, schüttelte ich den Kopf und leerte mein Champagnerglas.

»Entschuldige mich bitte, ich gehe mir kurz die Nase pudern«, erklärte ich in fast schon nasalem Ton und stand auf, ohne ihr oder den anderen Leuten im Saal Aufmerksamkeit zu schenken.

Die Damentoilette war leer, ich hatte also Pech, was Blake betraf. Doch das war mir gerade sogar nur recht. Heftig atmend starrte ich mein Spiegelbild an und hätte mir am liebsten das Make-up abgewaschen. Einfach nur, weil Mum mich geschminkt hatte. Bloß würde mir das nicht helfen. Schließlich hatte der Abend erst begonnen und ich wollte ernst genommen werden und mich niemandem mit verschmiertem Gesicht vorstellen müssen.

War ich wirklich hysterisch, weil ich mich freute? Weil ich dabei nicht leise blieb, sondern meine Gefühle nach außen kehrte? Die Leidenschaft lebte, die Musik in mir auslöste? Ging es denn nicht genau darum in unseren Berufen? Das Leben darin zu sehen und zu feiern? Wollte ich nicht genau das Gleiche mit meiner Schauspielerei erreichen? Menschen begeistern und ihnen eine gute Zeit schenken?

Angestrengt versuchte ich, die Tränen, die vor Wut in mir aufgestiegen waren, wegzublinzeln, und tupfte behelfsmäßig mit einem Papiertuch unter dem Wimpernkranz entlang.

Nein, alles, was ich erreicht hatte, hatte ich geschafft, weil ich mich nicht verbogen hatte. Ich war so, wie ich nun mal war. Und dabei vor allem eines: echt. Wenn eine Rolle eine leise, schüchterne Frau verlangte, spielte ich sie. Aber sobald ich wieder ich selbst sein konnte, genoss ich es in vollen Zügen.

Mum hatte keine Ahnung von meiner Welt, und ich würde mich bestimmt nicht von ihr verunsichern oder einschüchtern lassen.

Entschlossen straffte ich die Schultern, trug Lipgloss auf, sprühte etwas von meinem Lieblingsparfüm auf das Dekolleté und zupfte ein paar Locken zurecht. Nachdem ich meine Sachen in der Clutch verstaut hatte, riss ich die Tür auf, um zurück zum Saal zu gehen – stieß aber beim Verlassen der Damentoilette beinahe mit jemandem zusammen. Im letzten Moment konnte ich strauchelnd ausweichen. Und nein, es war wieder nicht Blake.

»Hoppla, nicht so stürmisch.« Ein verwegenes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht von Theo Murray aus, während er mich am Ellbogen hielt, damit ich das Gleichgewicht nicht verlor, und ich ihn völlig überrumpelt anstarrte. Aus der Nähe war der Mighty Bastard noch attraktiver, und zugegeben, der Anzug sah unglaublich heiß an ihm aus.

»Du weißt schon, dass du hier falsch bist, oder?«, sagte ich, als ich mich endlich gesammelt hatte und auf das Schild neben der Damentoilette zeigte, auf dem ein großes L den Zutritt für Ladys kennzeichnete.

»Wieso, ich dachte, das würde für Lebenstraumerfüller stehen. Oder für Lass-uns-einen-trinken-Gehen.«

Schmunzelnd runzelte ich die Stirn. »Nicht ganz. Einmal darfst du noch raten.«

»Ah, ich habs. Es steht für Leo.« Siegessicher zeigte er mit beiden Daumen auf sich.

»Leo? Tja, sorry, aber damit kommst du bei mir nicht durch, Theo Murray.«

»Ich bin beeindruckt, du weißt, wer ich bin. Allerdings hast du deine Hausaufgaben nur zur Hälfte erledigt. Sonst wüsstest du nämlich, dass mich meine Kumpels Leo nennen.«

»Weil du eine leichte Ähnlichkeit mit Leonardo DiCaprio hast?«, riet ich ins Blaue hinein, fand den Gedanken jedoch gleich darauf so lächerlich, dass ich mir am liebsten auf die Zunge gebissen hätte.

Sein »Bingo!« ließ mich allerdings laut auflachen. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«

»Doch. Glaub mir, ich kann es selbst nicht ganz nachvollziehen. Aber wenn sie meinen …«

»Okay, du hast dennoch keinen Zutritt zur Damentoilette.«

»Oh, das ist die …« Er tat übertrieben schockiert, was mich zum Kichern brachte.

Schnell hielt ich mir die Hand vor den Mund, weil mir dieses kindliche Lachen peinlich war.

»Willst du mir verraten, warum du hier abbiegen wolltest, oder bleibt das dein Geheimnis?« O Gott, ich flirtete gerade tatsächlich mit ihm! Falls man unser Gespräch über die Damentoilette so nennen konnte …

Ich sollte wirklich mal wieder auf Dates gehen und das Ganze üben, denn Flirten und Klo in einem Kontext war schon echt grenzwertig. Kim würde Augen machen, wenn ich ihr davon erzählte.

»Dafür sagst du mir, wer du bist.«

»Ich bin Alicia. Ohne Spitznamen.«

»Also Alicia ohne Spitznamen …« Kurz ließ er seinen Blick über mein Kleid gleiten, und mir fiel auf, wie er schluckte. »Wenn ich ehrlich bin, habe ich dich aus dem Saal gehen sehen und schlicht gehofft, dich hier zu treffen.«

Ich blinzelte. Einmal. Zweimal. War das sein Ernst?

Doch er lächelte und machte nicht den Eindruck, als würde er mich auf den Arm nehmen wollen. Dennoch blieb ich skeptisch.

Kurz lachte ich auf, während mein Puls anstieg. »Ja klar, und was ist der echte Grund?«

Theo schob die Fäuste in die Hosentaschen. »Ich hab mich einfach in der Tür geirrt.« Schulterzuckend deutete er mit dem Kopf auf den Eingang für die Herrentoilette direkt daneben. Und ja, das Schild war echt nicht optimal angebracht, da das G für Gentlemen zwischen den beiden Türen befestigt war und somit der Eindruck entstehen konnte, dass es hier ins Männerklo ging.

Wer sich das ausgedacht hatte …

»Gut, dass wir das Thema geklärt haben. Jetzt weißt du ja, wo du richtig bist«, sagte ich verlegen und hob zur Verabschiedung die Hand.

»Danke für deine Hilfe, damit hast du mich gerettet.« Er wirkte irgendwie durch den Wind und leicht neben sich, als er sich mit der Hand durch seine dunkelblonden Haare fuhr.

»Glückwunsch übrigens zu eurem Preis. Meiner Meinung nach hättet ihr alle vier verdient. Ihr seid großartig.«

Ein vorsichtiges Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. »Danke.« War er etwa nun selbst verlegen? Er, der erfolgreiche Musiker? Jetzt war er mir gleich doppelt sympathisch.

»Na dann … Ich gehe besser wieder hinein.«

Theo nickte und für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, er würde etwas sagen wollen. Doch das tat er nicht.

Also wandte ich mich ab und ging auf den Durchgang zu, der in den Saal zurückführte, hinter dem gerade tosender Applaus aufbrandete. Kurz bevor ich ihn erreicht hatte, drehte ich mich noch einmal um – und tatsächlich stand Theo unverändert vor den Toilettentüren, den Blick auf mich gerichtet.

Ertappt grinste er breit, dann verschwand er in der Herrentoilette.

Mit wild klopfendem Herzen öffnete ich die Tür zum Saal, ging jedoch nicht zurück zum Tisch, sondern lehnte mich direkt daneben an die Wand und zog mein Handy aus der Clutch.

Alicia: Du ahnst nicht, wen ich eben vor der Toilette getroffen habe!!!

Kim: Beyoncé!

Kim: Taylor Swift!

Kim: Nein, warte! Blake Lively?

Alicia: Nein, männlich.

Kim: Omg, Guy Ritchie und er will dich für seinen nächsten Film!

Mir wurde ganz warm ums Herz, weil Kim einfach ein Schatz war und ihre Antworten mir wieder zeigten, dass sie mir nur das Beste wünschte.

Alicia: Nein, Theo von den Mighty Bastards.

Ich schickte eine ganze Armee schwitzender Smileys kombiniert mit Feuer-Emojis hinterher.

Kim: Nein! Ist nicht wahr!

Alicia: Doch! Aber er hat mich leider nicht erkannt.

Kim: Ist nicht schlimm, Süße. Womöglich hat er dein Gesicht gar nicht wirklich wahrgenommen, sondern war von deinem heißen Body in dem Kleid abgelenkt.

Alicia: Danke fürs Trösten, aber er hat mir definitiv auch in die Augen geschaut.

Meine Freundin schickte mir einen Tränen lachenden Smiley.

Kim: Okay, und worüber habt ihr geredet?

Ich kam nicht dazu, ihr zu antworten, da erneut das Publikum applaudierte und gleichzeitig aufstand. Irritiert sah ich mich um und versuchte, herauszufinden, was ich verpasst hatte, als das Licht im Saal angemacht wurde.

Alicia: Melde mich später, die Verleihung ist zu Ende.

Kim: Okay, viel Spaß noch!

Schnell verstaute ich das Telefon und hielt Ausschau nach bekannten Gesichtern. Oder eher nach einem bekannten Gesicht, nämlich dem von meiner Mum – als ich sie schon erblickte.

»Wo hast du denn so lange gesteckt? Du hast das Ende verpasst. Wenn dich das Ganze nicht interessiert, können wir gleich wieder nach Hause fahren.«

Irritiert und verärgert zugleich sah ich sie an. »Wie kommst du darauf? Ich war auf der Toilette, das hab ich dir doch gesagt.«

»Und dann stehst du beim Eingang und starrst gelangweilt auf dein Handy?« Ihr Blick verdeutlichte, dass sie damit gar nicht einverstanden war.

»Ja, weil ich nicht erneut durch die Menge spazieren wollte, da ich wusste, dass die Verleihung gleich vorbei ist.«

»Das ist also deine Art von Arbeitseinsatz? Da frag ich mich echt, wieso wir hier sind.« Schnaubend wandte sie sich zum Gehen.

Gott, am liebsten würde ich ohne sie zur After-Show-Party fahren. Ich hatte dermaßen keinen Bock darauf, mir von ihr weiter den Abend versauen zu lassen. Aber ich war nun mal nicht nur zu meinem Vergnügen hier, und die Tatsache, dass sie eine Menge Leute kannte, die mir helfen konnten, meine Schauspielkarriere voranzutreiben, konnte ich nicht ignorieren. Also schluckte ich meinen Protest hinunter und folgte ihr wortlos zum Ausgang, während ich sie in Gedanken eine blöde Kuh und dumme Gans nannte und ihr selbst auf dem Weg zurück zum Wagen noch schweigend sämtliche Schimpfwörter an den Kopf knallte, die mir einfielen.

Die knapp einstündige Autofahrt quer durch London zum Nobu Hotel, in dem die After-Show-Party stattfand, war die reinste Qual. Mum hielt mir einen Vortrag darüber, wie wichtig es war, mich zusammenzureißen und meine schauspielerischen Fähigkeiten zur Schau zu stellen. Ich sollte fröhlich und ambitioniert sein. Auf keinen Fall durfte ich am Handy hängen oder diesen genervten Gesichtsausdruck haben, den sie bei der Preisverleihung einige Male an mir gesehen hatte und der ihrer Meinung nach meiner Generation anhing. Dass sie dafür der Auslöser gewesen war, verkniff ich mir, genau wie die Tatsache, dass ich mich ab und zu mit Kims Nachrichten aufheitern musste, um meiner Mutter nicht an die Gurgel zu gehen.

Als sie mich schließlich darauf hinwies, den Bauch einzuziehen und auf eine gerade Haltung zu achten, war ich echt kurz davor, den restlichen Abend doch noch abzublasen. Wenn sie jetzt auch noch etwas von Brust raus faselte, konnte ich für nichts mehr garantieren.

Es verlangte mir alles ab, durchzuhalten. Das vermutlich Einzige, das mich an diesem Abend rettete, war die Tatsache, dass ich mir ständig folgenden Satz wie ein Mantra in Gedanken vorsagte: Du tust es für deine Karriere, Alicia, für deine Leidenschaft – also halte verdammt noch mal durch.

4 – Theo

 

»Großartig, Jungs. Herzlichen Glückwunsch.« Harry Styles schüttelte uns nacheinander die Hände und ich war völlig durch den Wind.

All die Aufregung, all die Nervosität und der Nebel der Sorge, meinen eigenen Erwartungen nicht gerecht zu werden, hatten sich in Luft aufgelöst. Genau wie der Druck, den ich mir selbst auferlegt hatte, als wir die heiligen Hallen der Preisverleihung zum ersten Mal betreten hatten. Denn wir, die Mighty Bastards, hatten gewonnen.

»Kann mich mal jemand kneifen?«, fragte Spencer und grinste breit, während er Harry hinterherschaute. »Das alles hier passiert gerade wirklich, oder?«

Wir befanden uns inzwischen auf der After-Show-Party, und ich war so was von bereit, uns zu feiern.

Wir suchten uns einen der Stehtische rund um die große Tanzfläche, an deren einem Ende sich eine Bühne befand, auf der ein DJ lässige House-Musik auflegte. Von der Decke hingen unzählige Girlanden in Silber, die das Licht der Scheinwerfer und Discokugeln zurückwarfen und alles in eine zartviolette Atmosphäre voller tanzender Lichtpunkte tauchten. An einer Seite gab es eine große Bar, daneben ein Büfett mit einer riesigen Auswahl an Leckereien, an denen sich bereits einige Gäste bedienten, während sich die anderen um die Tische und auf der Tanzfläche verteilten.

Dass wir heute meinen persönlichen Traum erreicht hatten, war einfach unglaublich. Am liebsten würde ich meinem achtjährigen Ich sagen, dass es die beste Entscheidung gewesen war, sich eine E-Gitarre zu Weihnachten zu wünschen. Und meinem fünfzehnjährigen Ich würde ich zu gern bestärkend auf die Schulter klopfen, weil es richtig war, durchzuhalten und immer weiterzuüben. Weil wir neun Jahre später hier standen. Auf der After-Show-Party im Nobu Hotel, mit einem BRIT Award in der Hand, zu der uns eben einer der größten Musiker unserer Zeit gratuliert hatte.

»Verdammt, das alles fühlt sich komplett surreal an.« Richie schüttelte den Kopf, während Hayden sich an ihn schmiegte.

»Ihr habt alles davon verdient. Ihr seid großartig.« Tessa, um deren Taille Lex seine Arme geschlungen hatte, schaute von Richie zu mir und schließlich weiter zu Spencer.

»Du auch«, raunte Lex ihr ins Ohr, gerade laut genug, dass ich es ebenfalls mitbekam.

Ein Seufzen unterdrückend wandte ich mich von ihnen ab. Ich mochte Hayden und Tessa wirklich, doch im Moment fehlte es mir, ungestört Zeit mit den Jungs zu verbringen. Früher hätten wir diesen Abend ganz anders gefeiert. Wir hätten uns betrunken und mit Frauen geflirtet, aber wir wären immer unter uns gewesen. Seit Lex und Richie auf Wolke sieben schwebten, hatte sich in der Dynamik zwischen uns einiges verändert.

Als hätten ihre Freundinnen meine Gedanken gelesen, verabschiedeten sie sich mit den Worten, die Bar unsicher machen zu wollen.

Dass nicht nur Nora dort stand, sondern sich Harry Styles ebenfalls in diese Richtung begeben hatte, schien weder Lex noch Richie zu interessieren. Und mir war es recht, zumindest kurz ungestört Zeit mit meinen drei Jungs zu haben.

»Okay, den Moment unter uns muss ich nutzen, um euch was zu sagen«, begann ich und spürte einen fiesen Kloß in meinem Hals, gegen den ich heftig anschluckte. Mit hochgezogenen Brauen sahen sie mich an. »Ich danke euch, Jungs. Dafür, dass ihr mit mir Musik macht, dass ihr so großartig seid und wir gemeinsam schon so viel erreicht haben.«

Richie und Spencer schauten sich an und ihre Mundwinkel zuckten.

Lex klopfte mir auf den Rücken. »Das kann ich nur zurückgeben, Mann.«

»Scheiße, ey, ihr seid heute echt verdammt emotional. Das ist ansteckend.« Spencer breitete seine Arme aus, um Richie und mich an sich zu ziehen. Lex schloss sich ebenfalls der Gruppenumarmung an.

»Einmal noch drücken, dann sind wir wieder seriös«, beschloss Lex, was uns alle zum Lachen brachte. »Und anschließend besorgen wir uns was zu trinken. Heute wird gefeiert!«

Ich stimmte in das Grölen von Spencer und Richie ein, als ich aus dem Augenwinkel einen roten Haarschopf bemerkte. Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag, bis sogleich die Ernüchterung folgte, weil es nicht Alicia war. Ja, die Dame hier sah ihr nicht einmal ähnlich.

Verdammt, wieso hatte ich Alicia nicht um ihre Nummer gebeten? Aber es wäre doch sehr übergriffig gewesen, sie direkt vor dem Damenklo nach einem so kurzen Gespräch danach zu fragen. Außerdem wusste ich immer noch nicht, woher sie mir bekannt vorkam.

Streng dein Hirn an, Theo, ermahnte ich mich, während ich den drei anderen an die Bar folgte, nachdem die Mädels sich über das Büfett hermachten. Wo hatte ich Alicia schon einmal gesehen? Ich war mir zu tausend Prozent sicher, dass ich ihr Gesicht von irgendwoher kannte …

Als wir unsere Getränke vom Barkeeper entgegengenommen hatten, drehte ich mich zur Tanzfläche um und schaute zufällig in Richtung des Durchgangs zum abgesperrten Bereich, durch den gerade einige neue Gäste kamen. Und verdammt, eine davon war sie. Alicia.

Alles in mir drängte danach, sofort zu ihr zu gehen, doch ich bremste mich in meiner Euphorie.

Sie war gerade erst angekommen, was bedeutete, dass sie vermutlich noch eine Weile bleiben würde. Dieser Saal fasste … keine Ahnung, vielleicht dreihundert Gäste? Eine überschaubare Menge, und ich würde heute garantiert die Gelegenheit bekommen, ein weiteres Mal mit ihr zu sprechen.

Würde ich sofort zu ihr gehen, würde sie mich womöglich für einen besessenen Trottel halten, weshalb ich vorerst blieb, wo ich war. Vor allem, da sie in Begleitung war. Die Frau neben ihr sah einige Jahre älter als Alicia aus. Dennoch war eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden. War das ihre Mutter? Sie hatten die gleiche Statur, und auch die Gesichtsform könnte Alicia von ihr haben …

Um mich abzulenken, klinkte ich mich in das Gespräch der Jungs ein, in dem es darum ging, welche Tequilasorte die bessere war. Immer wieder sah ich mich subtil nach Alicia um, unser Moment würde schon kommen.

»Ey, Mann, was ist los mit dir? So kenne ich dich ja gar nicht.«

Fragend schaute ich zu Richie, der mir amüsiert in die Seite gestoßen hatte.

»Geh endlich zu ihr und sprich sie an!«

War ja klar, dass meinen Kumpels nicht entging, wenn ich auf jemanden stand. »Wir haben uns heute schon einmal unterhalten. Bei der Verleihung auf dem Weg zu den Toiletten.«

Das erregte wohl auch die Aufmerksamkeit von Lex und Spencer. Zumindest machten sie große Augen.

»Wer ist sie?« Spencer reckte den Hals, um sie besser sehen zu können, woraufhin ich ihm einen leichten Ellbogenhieb verpasste.

»Nicht so auffällig! Mein Gott, ey, ihr versaut es mir mit ihr, bevor ich überhaupt eine Chance hatte«, zischte ich in seine Richtung.

Tatsächlich schaute Alicia in dem Moment zu uns, und als sie mich sah, lächelte sie.

»Sie heißt Alicia. Mehr weiß ich nicht über sie.« Dass ich nach wie vor das Gefühl hatte, sie heute nicht das erste Mal gesehen zu haben, verkniff ich mir. Bestimmt schlussfolgerten die Jungs sonst, dass sie ein One-Night-Stand von mir war, den ich vergessen hatte. Was definitiv nicht der Fall war. Hätte ich mit ihr geschlafen, könnte ich mich garantiert daran erinnern.

Richie pfiff durch die Zähne. »Dieses Kleid überlässt zumindest nichts der Fantasie. Du weißt also bereits mehr über sie als die meisten anderen Menschen, denen sie in ihrem Leben begegnet ist. Anwesende ausgenommen.«

»Hoffen wir mal«, schob Lex hinterher, was ihm einen bösen Blick von mir einbrachte.

»Geh und rede endlich mit ihr!«, meinte Richie amüsiert.

»Ja, nutz deine Chance!«, stachelte mich nun auch Lex an.

»Sprich sie an, bevor ich es tue.« Spencer wackelte mit den Brauen, was mich die Augen verdrehen ließ, weil wir drei wussten, dass er ausschließlich auf Männer stand und mich damit nur aus der Reserve locken wollte.

»Okay, okay, ich gehe ja.« Noch während ich den Saal durchquerte, kam ihre Mutter – sie war definitiv ihre Mum, da war ich mir sicher! – mit einem Mann im Schlepptau auf Alicia zu. Dass sie die beiden einander vorstellte, wurde mir durch die Gesten der älteren Frau bewusst.

Richie machte den Sound einer Niete in einer Gameshow nach und lachte.

»Zu spät.« Tröstend klopfte mir Lex den Rücken und drückte mir grinsend einen der Tequila Shots in die Hand, die er vorhin bestellt hatte.

Ein letztes Mal linste ich über die Schulter zu Alicia, die sich angeregt mit der neuen männlichen Bekanntschaft unterhielt und leider nicht mehr in meine Richtung schaute. Also kippte ich das Glas in einem Zug und verzog das Gesicht, weil ich an Tequila bis zum vierten Shot einfach nichts großartig fand.

 

Im Laufe des Abends wurden es ein paar Drinks mehr, wobei ich immer darauf achtete, zwischendurch Wasser zu trinken, um nicht zu betrunken zu werden. Immerhin wollte ich einen halbwegs klaren Kopf bewahren, sollte ich Alicia doch noch in einem ruhigen Moment und bestenfalls allein erwischen.

Keine Ahnung, was ihre Mutter mit ihr vorhatte, aber im Laufe des Abends hatte sie Alicia einigen weiteren Männern vorgestellt, wobei die meisten von ihnen mindestens fünfundvierzig, wenn nicht älter waren. Was, zur Hölle, war das für eine seltsame Vermittlung?

»Sie geht.« Sanft stieß Richie mir in die Seite und deutete mit dem Kopf in Richtung Alicia, die den Ausgang ansteuerte.

»Scheiße!« Ohne darauf zu achten, dass ich den halben Inhalt meines Glases ausschüttete, knallte ich es auf den Stehtisch und eilte ihr hinterher. Wenn ich sie jetzt nicht nach ihrer Nummer fragte, würde ich keine Chance mehr dazu bekommen und mir später selbst in meinen Allerwertesten beißen.

Bei den Garderoben angekommen, konnte ich sie nirgends finden. Ich ließ meinen Blick schweifen und meine Atmung beschleunigte sich. Fuck, hatte ich sie etwa verpasst? Wohin, zur Hölle, war sie verschwunden? Weder stand sie an, um sich ihren Mantel abzuholen, noch befand sie sich auf dem Weg durch den langen Flur nach draußen.

Irritiert drehte ich mich im Kreis – bis mir Schilder auffielen, die die Toiletten kennzeichneten.

Ruhe überkam mich und ich musste schmunzeln. Mit den Händen in den Hosentaschen lehnte ich mich an die Wand gegenüber der Damentoilette und wartete.