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Der vorliegende Band beschäftigt sich mit dem pädagogischen Beitrag einer chatgestützten Kommunikation via Facebook zur Entwicklung kommunikativer Kompetenz bei Studierenden im Fach Deutsch als Fremdsprache. Hierfür werden die verschiedenen theoretischen Konzepte kommunikativer Kompetenz und Medienkompetenz sowie die Vor- und Nachteile einer Verwendung von Facebook beschrieben. Die Arbeit untersucht die Auswirkungen auf die sprachlichen Kompetenzen der Lernenden empirisch und bietet verschiedene Implikationen für eine Umsetzung einer Telekollaboration im Fremdsprachenunterricht.
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Seitenzahl: 384
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Fiona Zink
Facebook zur Telekollaboration im Kommunikativen Fremdsprachenunterricht
Narr Francke Attempto Verlag Tübingen
© 2019 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen www.narr.de • [email protected]
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ISBN 978-3-8233-8318-5 (Print)
ISBN 978-3-8233-0172-1 (ePub)
Für Kirsten und Theresa
Die vorliegende Studie erforscht die Eignung des Sozialen Netzwerkes Facebook für einen telekollaborativen Austausch im kommunikativen Fremdsprachenunterricht auf Hochschulniveau. Ziel der Untersuchung ist, die emergenten Effekte des Austausches auf die Entwicklung kommunikativer Kompetenz zu analysieren und die Verwendung eines Sozialen Netzwerkes für eine Telekollaboration zwischen Fremdsprache-Lernenden zu ergründen. Die Entwicklung kommunikativer Kompetenz gilt als wichtigstes Ziel des Fremdsprachenunterrichts (Brandl, 2008), jedoch verändern sich die unterschiedlichen Kommunikationsformen und deren Eigenarten aufgrund des technologischen Fortschritts rasant. Aus diesem Grund ist es relevant, authentische Kommunikationsformen unter Berücksichtigung der reellen Lebenswelt der Lernenden zu erforschen und die Effekte dieser Kommunikationsformen für den Fremdsprachenerwerb zu untersuchen.
Durch die ermittelten Resultate der Nutzung des Sozialen Netzwerkes Facebook in einem telekollaborativen Austauschprojekt, leistet diese Studie einen konstruktiven Beitrag zum aktuellen Forschungsfeld der Fremdsprachendidaktik im Bereich computervermittelter Kommunikation.
Im 21. Jahrhundert sieht sich die Gesellschaft mit grundlegenden Veränderungen im digital-technologischen Bereich konfrontiert, und auch die Art und Weise, wie Menschen miteinander kommunizieren, ist hiervon stark betroffen. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien haben in vielen gesellschaftlichen Sphären die traditionellen Kommunikationsformen ersetzt und neue Räume und Kanäle für kulturellen, wissenschaftlichen sowie sozialen Informationsaustausch geschaffen. Diese Veränderungen haben Auswirkungen auf die allgemeinen Prinzipien und Ziele der Fremdsprachenwissenschaft und Fremdsprachendidaktik.
Der Europarat ist 2001 auf damals relevante Veränderungen eingegangen und hat den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) publiziert, welcher als Basis für Lehrpläne, Lehrwerke und Prüfungen in vielen europäischen Ländern dient, und Lehrkräfte dazu aufruft, die sprachlichen Fähigkeiten ihrer Lernenden so auszubilden, dass diese ihre kommunikative Kompetenz in unterschiedlichen Sprachen und kommunikativen Kontexten anwenden können (O’Dowd, 2007). Im GER (2001) wird auf die unterschiedlichen Kontexte der Sprachverwendung hingewiesen und die Tatsache hervorgehoben, „dass Sprache in ihrer Anwendung stark mit den Anforderungen des jeweiligen Kontexts variiert“ (S. 52). Die Sprachverwendung findet in einer konkreten Situation innerhalb eines Lebensbereiches oder einer Domäne und unter Nutzung eines spezifischen Sprachregisters statt. Der GER macht in den Richtlinien für das Sprachenlernen darauf aufmerksam, dass die Auswahl eines Bereiches für den Sprachunterricht immer unter Einbeziehung der Relevanz für die Lernenden erfolgen sollte (GER, 2001) und es Teil der kommunikativen Kompetenz ist, das Sprachregister dem Bereich angemessen zu verwenden. Jedoch ist in der spezifischen Beschreibung der diversen Bereiche und zugehörigen Textformen keine Nennung von digitalen Medienformen zu finden. Möglicherweise liegt dieses Defizit am Jahr der Veröffentlichung, denn die in den USA im Jahr 2012 publizierten Proficiency Guidelines des American Council on The Teaching of Foreign Languages (ACTFL) nennen als Textform der interpersonellen Texte Sofortnachrichten, E-Mail-Kommunikation und SMS Nachrichten. Vor allem für die jüngeren Generationen sind diese Textformate alltägliche Formen ihrer Kommunikation und sollten daher im authentischen Fremdsprachenunterricht verwendet werden. In ihrer Einführung zur Veränderung der Schreibkompetenz durch neue Medien beschreiben Dürscheid, Wagner und Brommer (2010) den Einfluss der Verwendung dieser Textformen auf die Veränderung von Kommunikation:
Wo man früher telefoniert oder den anderen persönlich angesprochen hätte, schreibt man heute eine E-Mail oder eine SMS. Man trifft sich im Chat, sucht alte Freunde auf Facebook oder Wer-kennt-wen, konsultiert Profilseiten auf Xing, lädt Fotos auf Flickr hoch, ist per Handy immer und überall erreichbar und erwartet, dass man selbst immer rasch eine Antwort bekommt. Vieles wird nicht mehr von langer Hand geplant, da dank der mobilen Kommunikation spontane Verabredungen umstandslos möglich sind. Bleibt dann die sofortige Reaktion aus, kann dies schnell als Zeichen mangelnder Kommunikationsbereitschaft gedeutet werden. (S. 1)
Die Veränderung der Kommunikation durch neue Medienformen und deren weitflächige Verbreitung ist untrennbar an das Aufkommen des Internets und vor allem dessen Weiterentwicklung zum Web 2.0 gebunden.
Obwohl die als Softwareversionsnummer erscheinende Endung 2.0 es annehmen lässt, handelt es sich beim Web 2.0 nicht um eine neue technische Ausführung des Internets (Alby, 2007), sondern diese Bezeichnung beschreibt alle Entwicklungen, die sich mit der Verbreitung der partizipativen Möglichkeiten im Netz charakterisieren lassen. O’Reilly (2005) definiert die Entwicklung vom Web 1.0 zum Web 2.0 vor allem in der Veränderung der plattform-basierten Bereitstellung von Programmen und Anwendungen sowie der Möglichkeiten zur aktiven Mitwirkung und der Sammlung von kollektivem Wissen durch die Nutzenden so wie es beispielsweise auf Sozialen Netzwerken möglich ist. Das Internet ist heutzutage ein Ort, an dem Individuen kollaborativ an Informationen arbeiten und an dem sie Daten speichern sowie austauschen können.
Innerhalb der immer stattfindenden Kommunikation im Web 2.0 laden Millionen aktive Nutzende permanent Fotos, Audio-Dateien, Videos sowie unzählige andere Kreationen im Internet hoch, verlinken sie, teilen sie mit anderen und tauschen sich über Inhalte aus. Da zugleich die Zahl der Personen mit schnellen Internetanschlüssen und leistungsstarken Endgeräten zunimmt, ist anzunehmen, dass sich dieser Trend auch in Zukunft fortsetzen und das Internet sich weiter als Ort der sozialen Vernetzung, Kommunikation und partizipativen Mitgestaltung gesellschaftlicher, politischer und anderer Prozesse herauskristallisieren wird (Dudeney, Hockly & Pegrum, 2013). Die wachsende Bedeutung des Internets in allen Lebensbereichen erfordert von Fremdsprachenlernenden die Beherrschung digitaler Medienkompetenz (digital literacy), denn das Internet zeigt durch die neuen Kommunikationsformen andere sprachliche und soziolinguistische Kommunikationseigenschaften. Folglich müssen digital kompetente Lernende diese auch in der Fremdsprache von den traditionellen schriftlichen und mündlichen Kommunikationsformen unterscheiden und hinsichtlich des Kontextes richtig anwenden können (Shetzer & Warschauer, 2000).
Der kommunikative Aspekt des Web 2.0 und die Entwicklung des Internets von einer Plattform, in der Information einseitig zur Verfügung gestellt wurde und zum Erstellen von Inhalten HTML Codes beherrscht werden mussten, zu einer Sphäre, in der jedes Individuum Inhalte erstellen, publizieren und teilen kann, eröffnen neue und innovative Lernchancen für den kommunikativen Fremdsprachenunterricht (Goertler, 2009). Neben einer Steigerung der Kontaktzeit mit der Fremdsprache, bieten digitale Kommunikationsformen Lernenden die Möglichkeit, in authentischen Situationen und Kontexten mit Angehörigen anderer Sprachen und Kulturen in einen Austausch zu treten und ihre kommunikative Kompetenz weiterzuentwickeln (Warschauer, 1997). Dieser Tatsache liegt die Annahme zugrunde, eine Fremdsprache sei durch Interaktion am besten zu lernen (Long, 1981, 1991, 1996; Gass, 1997). Die Kommunikationsträger wie schriftlicher Text, Bilder, Fotos, Ton- und Videoaufnahmen, sind im Laufe der Zeit konstant geblieben, jedoch haben sich die Technologien auf denen sie implementiert werden und durch die sie in Erscheinung treten, grundlegend verändert (Otto, 2017). Mit dem 21. Jahrhundert kam eine „soziale“ Wende im Internet und im Bereich des computergestützten Fremdsprachenlernens und soziokulturelle Einflüsse erhielten einen wichtigen Stellenwert in der Fremdsprachenwissenschaft. Diese versteht Lernende als soziale Wesen, deren kognitive und sprachliche Entwicklung sich durch soziale Interaktion und Kommunikation weiterentwickelt (Otto, 2017).
In der Fremdsprachendidaktik werden die Kommunikationsmöglichkeiten des Social Web, welche einen computervermittelten, elektronischen Dialog ermöglichen, bereits seit vielen Jahren zum zielsprachlichen Austausch genutzt und haben ein eigenes Forschungsfeld eröffnet. Der Begriff CMC (Computer-mediated Communication oder computervermittelte Kommunikation) umspannt alle Formen der Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen, die durch das Internet ermöglicht werden können (Biebighäuser, Zibelius & T. Schmidt, 2012). Im Fremdsprachenunterricht bezieht sich CMC im engeren Sinn auf die Kommunikation durch E-Mails, Chats und Diskussionsforen (Warschauer & Grimes, 2007), jedoch kann der Terminus auch auf andere Anwendungen wie Soziale Netzwerke, Gaming und viele weitere ausgeweitet werden (Goertler, 2009). Teilnehmende können sich innerhalb einer Klasse oder eines Sprachkurses, zwischen unterschiedlichen Kursen oder mit Angehörigen der Zielsprache austauschen (Goertler, 2009) und CMC bietet im Sinne einer internationalen Vernetzung und eines angestrebten authentischen Austausches mit Muttersprachler_innen oder anderen Fremdsprachenlernenden neue Möglichkeiten: „In den letzten Jahren sind durch die neuen Medien innovative Lernsituationen entstanden, in denen sich die Gelegenheiten für zielsprachliche Entwicklung und interkulturelles Lernen potenzieren. Telekollaborative Partnerschaften sind ein herausragendes Beispiel hierfür“ (Belz & Müller-Hartmann, 2002, S. 68). Die Umsetzung telekollaborativer Projekte, oftmals auch als Virtuelle Austauschprojekte bezeichnet, erfolgt durch CMC Anwendungen, die neue Kommunikationsformen der aktuellen Technologien widerspiegeln. Dabei kann CMC synchron oder asynchron erfolgen und ist in zahlreichen Studien zur Verwendung im Fremdsprachenunterricht bereits detailliert untersucht worden. Eine umfangreiche Definition computervermittelter Kommunikation sowie telekollaborativer Austauschprojekte und eine Darstellung relevanter Forschungsarbeiten erfolgen im ersten Kapitel dieser Arbeit.
Die Möglichkeiten neuer CMC-Anwendungen, in denen es weniger um die neuen Technologien und Programmarchitekturen geht, sondern die Kommunikation zwischen Nutzenden und Lernenden im Vordergrund steht, werden teilweise auch als Social Web bezeichnet, da durch die Verwendung der Web 2.0-Applikationen soziale Aktionen wie Interaktion, Beziehungsaufbau und -pflege, Kollaboration, Kommunikation sowie Partizipation stattfinden (Ebersbach, Glaser & Heigl, 2011).
Für den Einsatz im Fremdsprachenunterricht wird oftmals zwischen CMC und Sozialen Netzwerken oder Social Networking Sites (SNS) wie Facebook unterschieden, denn Anwendungen wie Blogs oder Wikis können von Lehrkräften für den jeweiligen Lernzweck erstellt und mit spezifischem Ziel im Unterricht eingesetzt werden, wogegen SNS umfassendere und oftmals auch persönlichere Aktivitäten beinhalten, welche von der Lehrkraft schwieriger zu kontrollieren sind (Blake, 2013). Dies ist einer der Gründe, warum der Einsatz von SNS wie Facebook im Fremdsprachenunterricht noch sehr gering ist.
Ein Soziales Netzwerk wird im allgemeinen Sprachgebrauch als „eine bestimmte Gemeinschaft von Personen, die über einen Webdienst miteinander kommunizieren und in Verbindung stehen“ definiert (M. Ziegler, 2012, S. 1). Im dritten Kapitel der vorliegenden Arbeit wird die Social Web Anwendung Soziale Netzwerke dargestellt und die Grundfunktionen beschrieben. Es gibt eine Vielzahl dieser Webdienste, die sich voneinander nur minimal unterscheiden lassen, wobei eines der Sozialen Netzwerke mit Abstand die meisten Nutzenden hat: Facebook (Greenhow & Askari, 2017). Facebook ist das populärste Soziale Netzwerk der Welt und hatte nach eigenen Angaben im Juni 2017 über 2,01 Milliarden aktive Nutzende (Facebook Newsroom Statistics, 2017). Als aktive Nutzende gelten diejenigen, die sich innerhalb der letzten dreißig Tage in ihren Facebook Account eingeloggt haben.
Facebook beruht auf der Idee, Menschen miteinander zu vernetzen, wie auch durch das auf der Startseite angegebene Motto „Facebook ermöglicht es dir, mit den Menschen in deinem Leben in Verbindung zu treten und Inhalte mit diesen zu teilen“ zu erkennen ist. Mittlerweile bietet Facebook neben der Möglichkeit, ein virtuelles Profil zu erstellen, auf welchem Hypertext, also Text-, Bild-, Sound- und Videoelemente sowie Links präsentiert werden können, auch eine Vielzahl verschiedener CMC-Anwendungen, die es für den Fremdsprachenunterricht interessant machen. Dazu gehört eine Nachrichtenfunktion, Text- und Voice-Chat, Video-Chat, Diskussionsforen und Kommentarfunktion sowie die Möglichkeit, sich durch „Freundschaftsanfragen“ miteinander zu vernetzen und so persönliche und andere Information miteinander zu teilen (Solomon & Schrum, 2007). Facebook kann daher für viele Lernende eine Erweiterung des Unterrichtsraumes darstellen, in der Interaktion und Kommunikation stattfinden können (Schwartz, 2009).
Die vielfältige Auswahl der authentischen Kommunikationsmöglichkeiten auf SNS sowie der starke Bezug zur Lebenswelt der Lernenden bergen großes Potenzial für das Fremdsprachenlernen (Blake, 2013). Obwohl SNS und digitale Kommunikationsformen ein wesentlicher Bestandteil des Alltags junger Menschen sind, ist vielen Fremdsprachenlernenden nicht bewusst, dass sie den Gebrauch dieser Technologien auch für ihren eigenen Sprachlernprozess einsetzen können (Winke & Goertler, 2008). Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer pädagogischen Anleitung und sinnvollen Aufgabenstellungen durch die Lehrkraft. Aufgaben sollten dabei thematisch Bezug auf den Präsenzunterricht nehmen und letztlich den allgemeinen Unterrichtszielen dienen (Richards, 2005). Bei der Aufgabenformulierung muss der Bezug für die Lernenden transparent sein. Es besteht bei Aufgabenformaten mit CMC die Gefahr, dass Lernende sie weniger ansprechend finden, wenn die Kommunikationsform nicht der regulären Verwendung der Tools entspricht (McBride & Wildner-Bassett, 2008; Thorne, 2003). Winke und Goertler (2008) schlagen deshalb vor, Aufgaben mit CMC so zu gestalten, dass sie mit der authentischen Nutzung von Lernenden übereinstimmen. In diesem Zusammenhang ist der Einsatz von SNS, insbesondere Facebook, einleuchtend, wenn deren hohe Beliebtheit bedacht wird (McBride, 2009).
Facebook bietet eine Anpassung von Privatsphäre-Einstellungen, welche es ermöglichen, bestimmten Inhalt nur für gewisse Nutzende sichtbar zu machen. Dem Webdienst wird jedoch vorgeworfen, die persönlichen Daten der Nutzenden nicht ausreichend zu schützen, und auch Verstöße gegen deutsche und europäische Datenschutzgesetze sind bekannt (M. Ziegler, 2012). Jedoch sollte berücksichtigt werden, dass bewahrpädagogische Ansätze oder ein Verbot von Facebook im unterrichtlichen Kontext das Nutzungsverhalten der Lernenden auf Facebook kaum ändern werden (Baumann, Dörner & Mieves, 2016). Laut Blattner und Fiori (2009) sowie McBride (2009), die Facebook im fremdsprachlichen Unterricht eingesetzt und untersucht haben, wäre es sinnvoller, die Thematik der SNS in einen pädagogischen Kontext einzubetten, in dem Datenschutz und Privatsphäre kritisch reflektiert werden können.
Seit dem Aufkommen und der großflächigen Verbreitung von Facebook gibt es bereits einige Studien, die den Einsatz im fremdsprachlichen Unterricht untersucht haben. Diese betonen den didaktischen Mehrwert von Facebook für den authentischen Fremdsprachenerwerb (Blattner & Fiori, 2009; Blattner & Lomicka, 2012; McBride, 2009; Mills, 2011), und nennen als Vorteile Möglichkeiten zur Förderung von soziopragmatischem Sprachbewusstsein und digitaler Medienkompetenz (Blattner & Fiori, 2011), hohe Lernmotivation (Blattner & Lomicka, 2012; McBride, 2009; Mills, 2011; Yunus & Salehi, 2012) sowie gesteigerte Lernaktivität (Blattner & Lomicka, 2012; Ekoç, 2014; Mills, 2011). Zudem weisen Untersuchungen auf das Potential von Facebook als Plattform für telekollaborative Austauschprojekte hin (Aoki & Kimura, 2009; C. Wang, 2012).
Bisherige Forschungsergebnisse zeigen positive Auswirkungen des Einsatzes von Facebook für das Fremdsprachenlernen, jedoch gibt es bis zum heutigen Datum nur wenige Untersuchungen über die sprachlichen Auswirkungen, die eine Integration von SNS und speziell Facebook in einem didaktischen Setting evozieren können (Blattner & Lomicka, 2012). Die vorliegende Studie wird versuchen, an dieser Forschungslücke anzusetzen und die Auswirkungen eines telekollaborativen Austauschs über Facebook auf die kommunikative Kompetenz zu analysieren.
In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, ob sich das Soziale Netzwerk Facebook für eine Telekollaboration im kommunikativen Fremdsprachenunterricht eignet, indem die Auswirkungen auf die kommunikative Kompetenz der Teilnehmenden untersucht wird. Es gilt dabei folgende Forschungsfragen zu beantworten:
Welche Auswirkungen hat ein telekollaborativer Austausch über Facebook auf die grammatische Kompetenz der Teilnehmenden?
1b.Besteht bei den Teilnehmenden ein Zusammenhang zwischen der Entwicklung grammatischer Richtigkeit und syntaktischer Komplexität?
2.Lassen sich Unterschiede in der grammatischen Richtigkeit zwischen den Einträgen auf der Gruppenwand und den Chatprotokollen der Tandem-Chats und Gruppen-Chats erkennen?
3.Welche Kommunikationsstrategien wenden die Lernenden im Tandem-Chat auf Facebook an?
4a.Wie evaluieren die Teilnehmenden die Verwendung von Facebook?
4b.Welche Auswirkungen hat ein telekollaborativer Austausch über Facebook auf die digitale Medienkompetenz der Teilnehmenden?
Um die Forschungsfragen zu beantworten gliedert sich die vorliegende Arbeit in sechs Kapitel. An erster Stelle wird der theoretische Rahmen der vorliegenden Studie in drei Kapiteln dargestellt. Im ersten Kapitel erfolgt eine Definition kommunikativer Kompetenz und der verschiedenen Modelle, die zur Entwicklung des aktuellen Verständnisses von kommunikativer Kompetenz sowie der praktischen Umsetzung des Konzeptes durch aufgabenbasierte Methoden beigetragen haben. Zudem wird auf die in der vorliegenden Untersuchung verwendeten Konzepte grammatischer Kompetenz und strategischer Kompetenz sowie soziopragmatischer Kompetenz eingegangen. Im zweiten Kapitel werden die Konzepte Computervermittelter Kommunikation (CMC) und telekollaborativer Austauschprojekte zur Verwendung im Kommunikativen Fremdsprachenunterricht dargestellt und das Konzept der digitalen Medienkompetenz erläutert, welches im Zusammenhang mit Telekollaborationen im Social Web steht. Anschließend wird im dritten Kapitel eine theoretische Abhandlung des Untersuchungsgegenstandes Sozialer Netzwerke, insbesondere der Social Web Anwendung Facebook und der Forschungsstand zum Einsatz von Facebook im Fremdsprachenunterricht, präsentiert.
Anschließend werden die Methodik und Ergebnisse der vorliegenden Studie beschrieben. Hierzu wird im vierten Kapitel der Kontext und das Erkenntnisinteresse, das methodische Vorgehen sowie die Forschungsfragen aufgeführt, und im fünften Kapitel werden die Ergebnisse der unterschiedlichen Untersuchungen darstellt, die durch die Forschungsfragen geleitet werden.
Als Letztes werden die Ergebnisse im sechsten Kapitel nach einer Zusammenfassung interpretiert und diskutiert, die Grenzen der vorliegenden Studie beschrieben und didaktische Implikationen für einen Einsatz von Social Web Applikationen im Fremdsprachenunterricht entwickelt. Abgeschlossen wird die Arbeit mit einem Fazit und einem Ausblick.
Computer-mediated Communication (CMC) beschreibt alle Arten von Kommunikation, die durch einen Computer realisiert werden (Herring, 1996) und bezieht sich sowohl auf synchrone (zeitgleiche) als auch asynchrone (zeitversetzte) Formen der Interaktion (Beauvois, 1998). Es bestehen unterschiedliche Definitionen von CMC, die stark von den Nutzenden, dem Verwendungszweck und dem benutzten Medium abhängen (Dabrowska, 2013). Laut Grzenia (2006, zitiert in Dabrowska, 2013) gibt es vier zentrale Kategorien von CMC, die sich auf die Arten von menschlicher- beziehungsweise nicht-menschlicher (Computer-)Interaktion beziehen: Person zu Person (Interaktion, beispielsweise durch E-Mail, Chat), Person zu Computer (Online-Spiele), Computer zu Person (Online-Fragebögen, System-Updates) und Computer zu Computer (der Austausch von internen Daten). Für die vorliegende Studie ist nur die erste Kategorie relevant und wird im Folgenden näher erläutert.
Bereits in den 1980ern wurden Methoden der elektronischen Kommunikation, zum Beispiel durch Computerkonferenzen, in akademischen Settings und zu geschäftlichen Zwecken sowie vom Militär eingesetzt (Ebersbach et al., 2011). Seither wurden die psychologischen und soziologischen Auswirkungen dieser Kommunikationsformen in unterschiedlichen Disziplinen gründlich erforscht. Eine der frühen Erkenntnisse dieser Untersuchungen war, dass computervermittelte Kommunikation im Vergleich zum traditionellen Diskurs im Unterricht eine gleichberechtigende Wirkung auf die Teilnehmenden hat, da alle gleichermaßen zu Wort kommen können, während persönliche Diskussionen mit präsenten Teilnehmenden oft von einzelnen dominanteren Personen bestimmt werden (Sproull & Kiesler, 1991). Es stellte sich heraus, dass durch die ausgleichende Wirkung von CMC zurückhaltende und schwächere Lernende besonders profitieren (Sproull & Kiesler, 1991). Weitere Studien zeigten, dass Frauen während elektronischer Diskussion genauso oft wie Männer Vorschläge machten, während sie es in persönlichen Diskussionen nur zu einem Fünftel so häufig taten (McGuire, Kiesler & Spiegel, 1987)1 und dass Themen, die von Personen mit geringem Bildungshintergrund vorgeschlagen wurden, in elektronischen Diskussionen häufiger akzeptiert wurden als in persönlichem Kontakt zwischen unterschiedlichen Statusgruppen (Huff & King, 1988). CMC sorgt demnach nicht nur für eine ausgleichende Wirkung, sondern lässt auch vorherrschende soziale Rollenbilder außer Acht. An dieser Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, dass die demokratisierende Wirkung von CMC nicht alle Personen gleichermaßen bemächtigt, sondern stark vom Zugang zu technischen Geräten, dem Internet und auch der Fähigkeit, die Technologien dem Kontext angemessen anzuwenden, abhängt (Warschauer, 2011). Durch diese Diskrepanz entsteht eine Art „digitale Kluft“ (digital divide) zwischen priviligierten Personen, die Technologien gewinnbringend für sich einsetzen können und denen, die aus unterschiedlichen Gründen keinen Zugang oder keine Befähigung im Umgang mit technischen Kommunikationsmitteln haben (Warschauer, 2011). Zudem hängt die ausgleichende Wirkung von CMC auch stark von den Computerkenntnissen und Tastaturschreibfähigkeiten der Kommunikationsteilnehmenden ab (Böhlke, 2003).
Ähnliche Vorteile von CMC im Allgemeinen konnten auch bei der Verwendung im Fremdsprachenunterricht beobachtet werden. Die frühen Anfänge liegen im Einsatz von Computerkonferenzen, in denen Lernende eines Kurses diese zum kollaborativen Aufsatzschreiben und zur gemeinsamen Darstellung von Wissen einsetzten und in denen der zuvor beschriebene positive Effekt der Gleichberechtigung von Lernenden zu beobachten war (Chun, 1994; Kern, 1995; Warschauer, 1996a). Der Einsatz von CMC kann nicht nur zur Reduktion von Ängstlichkeit (Beauvois, 1998; Warschauer, 1996b) und zur Zunahme an gleichberechtigter Partizipation beitragen, sondern führt insgesamt zu einer Steigerung von Kommunikation zwischen den Teilnehmenden, da diese während der Interaktion nicht unterbrochen werden und ihre Meinung so frei äußern können (Kelm, 1992). Darüber hinaus schilderte Beauvois (1992) eine generelle, positive Einstellung der Lernenden zum Einsatz von Computern für diskursive Aufgaben und eine allgemeine Steigerung der Sprachproduktion und des Sprachverständnisses.
Mit dem Aufkommen und der Verbreitung des Internets entwickelte sich die computervermittelte Kommunikation zu einer Online-Kommunikation, da keine netzwerkbasierten Lösungen mehr notwendig waren, um Individuen mit Hilfe von Computern zu vernetzen. Tools wie E-Mails, Chatprogramme und andere Kommunikationsformen, die das Internet hervorbrachte, rückten zunehmend in den Fokus einer computervermittelten Kommunikation. Da sich CMC durch die Weiterentwicklung der Technologien automatisch zu einer internet-basierten Kommunikation erweitert hat, wird der Begriff CMC synonym für die Formen der Online-Kommunikation eingesetzt und als solcher auch in der vorliegenden Arbeit verwendet.
Vorteile, die eine Online-Kommunikation im Fremdsprachenunterricht bietet, sind unter anderem ein schneller, distanzunabhängiger Austausch von Mitteilungen (Biebighäuser et al., 2012) und eine erhöhte Motivation für digital affine Lernende (Prensky, 2005, Warschauer, 1996a). Außerdem ist die Kommunikation über das Internet meistens kostenlos. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang innerhalb von CMC zwischen einer one-to-one und einer many-to-many Kommunikation, also einer Interaktion zwischen zwei (beispielsweise bei der E-Mail-Kommunikation) oder zwischen mehreren Personen (beispielsweise in einem Blog oder Gruppen-Chat) (Baron, 2008). Auch für die Kollaboration vieler Lernenden oder Lerngruppen bietet CMC Chancen, da sie textbasiert sein kann und eine many-to-many Kommunikation gestattet (beispielsweise in einem Gruppen-Chat), die ortsunabhängig ist (Warschauer, 1997). In den letzten Jahrzehnten etablierte sich das Forschungsfeld CMC immer mehr im Bereich der Fremdsprachenwissenschaft und daher enstand neben der Notwendigkeit dieses Forschungsfeld in die Theorien der Fremdsprachenwissenschaft einzubetten (Chapelle, 1997) auch die der empirischen Untersuchung der Verwendung von CMC für das Fremdsprachenlehren und –lernen (Chapelle, 1998).
Viele der Studien zum Einsatz von CMC im Fremdsprachenunterricht basieren auf den Theorien der Inputhypothese (Krashen, 1977, 1985), der Interaktionshypothese (Long, 1981, 1991, 1996) und der Outputhypothese (Swain, 1985, 1995, 2005), die im Folgenden erläutert werden.
Frühe Forschungen im Bereich von Input untersuchten ein Phänomen, welches in der englischsprachigen Literatur als foreigner talk bezeichnet wird. Gemeint ist die besondere Sprachform, die Muttersprachler_innen oftmals nutzen, wenn sie mit Fremdsprachenlernenden sprechen. Dies kann bedeuten, dass Sprache stark reduziert wird und dadurch ungrammatische Formen verwendet werden, oder es kann auch durch eine Art Modifizierung der Sprache realisiert werden (Ellis & Shintani, 2014). Oftmals beinhaltet diese Veränderung, dass langsamer gesprochen wird, mehr Pausen gemacht, einfache und bekannte Vokabeln genutzt und weniger Abkürzungen verwendet werden (Ellis & Shintani, 2014). Diese Modifikationen machen es für Lernende einfacher, Input zu verstehen und grammatische Phänomene aufzunehmen (Hatch, 1983). Die Inputhypothese von Krashen (1977, 1985) besagt, dass Input zwar verständlich sein muss, gleichzeitig aber auch etwas über dem gegenwärtigen Kompetenzniveau liegen sollte, um zu Spracherwerb zu führen und dass Unterricht einen günstigen Input bereitstellen muss um Spracherwerb zu evozieren. Diese Theorie führte zu einer Konzentration auf einen am natürlichen Spracherwerb orientierten Unterricht, der vorwiegend auf die Vermittlung von Regeln und die Korrektur von Fehlern verzichtete (Rösch, 2011). Long (1981) erweiterte die Inputhypothese und legt dabei den Fokus auf den Umgang mit Input. Laut der Interaktionshypothese ist entscheidend, wie reagiert wird, wenn Input nicht verständlich ist, und wie die Verständnisschwierigkeiten überwunden werden. Dabei gilt die Annahme, dass Interaktionen zwischen Lernenden in Form von Bedeutungsaushandlungen den Fremdsprachenerwerb fördern (Gass, 1997). Durch Bedeutungsaushandlungen kann Input so verändert werden, dass er für die Lernenden verständlich und greifbar wird (Mackey, Abbuhl & Gass, 2012). Zudem können Bedeutungsaushandlungen dazu beitragen, dass Lernende aufmerksamer auf bestimmte Merkmale der Zielsprache reagieren und mehr Möglichkeiten haben, Hypothesen über diese aufzustellen und sie zu verifizieren oder wieder zu verwerfen (N. Ziegler, 2013). Um dies möglich zu machen, müssen Lernenden ihre Defizite oder Lücken bemerken können. Laut der sogenannten Noticinghypothese (R. Schmidt, 1990) kann nur der Input, den die Lernenden bewusst wahrnehmen, in das Lernwissen aufgenommen werden. Dies kann beispielsweise in der Interaktion durch Bedeutungsaushandlungen beim Auftreten von Kommunikationsschwierigkeiten erfolgen (Gass, 1997). Die grundsätzlichen Konstrukte der Interaktionshypothese sind demnach Input, Interaktion, korrektives Feedback, Aufmerksamkeit und Output (Gass, 1997).
Zu Beginn war Krashens Annahme, dass verständlicher Input für den Fremdsprachenerwerb notwendig und ausreichend sei, Bestandteil der Interaktionshypothese, jedoch wurde Krashens Theorie oftmals kritisiert (Mackey, Abbuhl & Gass, 2012). Swain (1985, 1995) wies beispielsweise darauf hin, dass verständlicher Input zwar notwendig für den Fremdsprachenerwerb sei, jedoch nicht ausreiche. Sie argumentierte, dass wenn Lernende nicht genügend Möglichkeiten zur Produktion von Output haben, ihre Fähigkeiten zur Sprachproduktion deutlich schlechter sind als ihr Verstehen. Dies war der Auslöser zur Entwicklung der Outputhypothese.
Swain (1985) erklärt, dass Lernende zum Produzieren von Output angeleitet werden müssen (Pushed Output) und betont, dass durch Möglichkeiten zur Sprachproduktion Situationen entstehen, in denen Lernenden sich ihrer Wissenslücken bewusst werden, sie die verwendete Sprache daraufhin modifizieren und somit Interimsprache entwickeln können.
Gegen diese Theorie wird oftmals eingewendet, dass allein die Schaffung von Möglichkeiten zur Produktion von Output nicht automatisch zu Erwerbsfortschritten und einer richtigeren Verwendung der Fremdsprache führen (Harley, Allen, Cummins & Swain, 1990; Van den Branden, 1997). Als Antwort auf diese Kritik schlägt Swain (2000) ein erweitertes Verständnis des Output-Begriffes vor, indem Bedeutungsaushandlungen nicht nur zur Behebung von Verständnisschwierigkeiten (Pica, 1994) eingesetzt werden, sondern auch zur Lösung eines sprachlichen Problems verwendet werden (Marques-Schäfer, 2013). Auch in der Inputhypothese und der Interaktionshypothese wird davon ausgegangen, dass die Effektivität von Input noch gesteigert wird, wenn Lernende Bedeutungen aushandeln müssen (Long, 1996; Gass, 1997). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Kommunikationsausfall droht und die Beteiligten bestimmte Kommunikationsstrategien anwenden müssen, um den Interaktionsprozess aufrechtzuerhalten.
Die Input-, Interaktions- und Outputhypothese sind die Basis vieler Forschungsarbeiten im Bereich CMC, wobei die Interaktionshypothese als wichtigste theoretische Grundlage gilt (Chapelle, 2005). Mehrere Studien zeigen, dass Lernende ihre interaktive Kompetenz durch CMC fördern können (Blake, 2000; Chun, 1994; Pellettieri, 2000; Smith, 2003, 2012), indem sie beispielsweise Kommunikationsstrategien anwenden (Lee, 2001, 2002; Smith, 2003) und in synchroner CMC eher linguistische Fehler bemerken und darauf reagieren, als in persönlicher mündlicher Kommunikation (Lai & Zhao, 2006). Dabei beziehen sich viele Studien auf einen Vergleich von synchronen und asynchronen Formaten oder auf einen Vergleich dieser mit persönlicher Kommunikation im Unterricht.
Bei synchronen Formen von CMC sind alle Kommunikationsteilnehmenden zur gleichen Zeit eingeloggt oder online und können sich in Echtzeit austauschen (Schenker, 2012a). Dies kann entweder durch spezielle Software für lokale Netzwerke (beispielsweise Daedalus Interchange von Daedalus Inc. und Sanako Chat von Tandberg) oder durch Applikationen und Programme, die das Internet nutzen (beispielsweise Skype, MOOs, Soziale Netzwerke), bewerkstelligt werden (Warschauer & Healey, 1998.) Eine beliebte synchrone CMC Form ist das Chatten. Für synchrone CMC haben alle Lernenden einen individuellen Computer, ein Tablet oder Smartphone und verfassen eine Äußerung. Bei schriftlichen und mündlichen Formen muss diese im Anschluss üblicherweise durch das Berühren einer Versenden-Taste abgeschickt werden und ist somit für die anderen Teilnehmenden lesbar oder hörbar. Die Beiträge werden meist in chronologischer Reihenfolge gelistet und können durch das Vor- und Zurückrollen (scrolling) bei text-basierten Formen leicht nachvollzogen werden. Synchrone CMC kann mündlich durch Video- oder Audiotelefonie oder Aufnahmen realisiert werden (Guth & Marini-Maio, 2010). Synchrone CMC kann mit Individuen, kleineren Gruppen oder einem ganzen Kurs ausgeführt werden. Für den Einsatz von synchronen Kommunikationsformen muss bedacht werden, dass die Teilnehmenden zur selben Zeit online sein müssen, dies bedeutet Unterschiede in den Zeitzonen und Terminplänen müssen eingeplant werden (Schenker, 2012a). Synchrone CMC ähnelt einer Kommunikation in Echtzeit und ist daher sehr authentisch (Pellettieri, 2000). Zudem bietet sie Möglichkeiten zur kollaborativen Textproduktion und Wissenskonstruktion (Beauvois, 1997; Sotillo, 2000; Warschauer, 1997). Ein Nachteil ist jedoch, dass durch die Augenblicklichkeit der Kommunikation auch hoher Druck auf die Lernenden ausgeübt wird und dies folglich zu Angstgefühlen führen kann (Olaniran, 2009; Rösler, 2007). Studien zeigen jedoch auch, dass im Vergleich zum mündlichen Diskurs bei text-basierter synchroner CMC eher das Gegenteil der Fall ist, da durch das Tippen und die zeitversetzten Antworten mehr Zeit für eine überlegte Antwort gegeben ist (Smith, 2008, 2012).
Asynchrone CMC Formate, in denen die Kommunikation zeitunabhängig erfolgt, sind text-basiert differenzierter und stark abhängig von der gewählten Anwendung (beispielsweise E-Mail, Blogs, Diskussionsforen). Da eine Verzögerung der Äußerungen vorliegt, müssen sich die Kommunikationsteilnehmenden meist erst auf einer Plattform, wie einem E-Mail-Account oder einem Diskussionsforum, einloggen, um die Nachrichten lesen oder hören zu können. Dies kann jedoch auch für synchrone Kommunikationsformen der Fall sein. Ein Vorteil von asynchronen Kommunikationsformen ist, dass diese weniger Absprache zwischen den Kommunikationsteilnehmenden erfordern. Zudem haben Lernende mehr Zeit zum sorgfältigen Verfassen von Texten und dadurch sind die Antworten der Teilnehmenden oftmals besser durchdacht (Schenker, 2012a). Da in asynchronen Formen kein Zeitdruck besteht, eignen sich diese sehr gut für Lernende in beginnenden Sprachniveaus (Schenker, 2012a) und potenzielle technische Schwierigkeiten, wie langsame Internetverbindungen oder disfunktionale Hardware, können besser umgangen werden (Murphy, Gazi & Cifuentes, 2009).
Vorangegangene Studien haben den Einsatz einer Kombination von synchroner und asynchroner Kommunikation beleuchtet und herausgefunden, dass die Kombination von beiden das Engagement Lernender maximieren kann (Harris & Wambeam, 1996; Ohlund, Yu, Jannasch-Pennell & Digangi, 2000) und dass beide Formen von CMC von Lernenden aus unterschiedlichen Gründen preferiert werden (Johnson, 2006). Synchrone CMC ist einer mündlichen Kommunikation ähnlicher, da verschiedene Kommunikationsstrategien eingesetzt werden und diskursive Strukturen häufiger zu finden sind (Abrams, 2003; Chun, 1994; Pelletieri, 2000; Smith, 2003). Die Studien zeigen, dass in synchroner Kommunikation mehr Output produziert wird als in asynchroner. Jedoch fördern asynchrone Formen die Entwicklung syntaktischer Komplexität stärker (Abrams, 2003; Sotillo, 2000) und sind für die Lernenden teilweise einfacher in ihrem Zeitplan unterzubringen (Abrams, 2003; Johnson, 2006). Die Kategorien von Synchronität und Asynchronität vermischen sich jedoch mit der Weiterentwicklung der digitalen Medien zunehmend (Baron, 2008), da beispielsweise Chat-Kommunikation auch asynchron verlaufen kann, wenn die Nutzenden mit einem Account auf einer Plattform wie Facebook oder Skype eingeloggt sind und Nachrichten im Chat hinterlassen, die zu einem späteren Zeitpunkt beantwortet werden. Auch andere Kategorisierungen, wie die Unterscheidung zwischen primär schriftlicher bzw. mündlicher Online-Kommunikation, beispielsweise in E-Mails vs. Skype Voice-Calls (Heim & Ritter, 2013), sind nicht mehr eindeutig, da sich hybride Formen entwickeln, die nicht kategorisierbar sind. Durch die Entwicklung des Social Web und dessen Applikationen sind neue Möglichkeiten für die Nutzung von CMC im Fremdsprachenunterricht entstanden, da Plattformen wie Soziale Netzwerke eine Integration von synchronen und asynchronen Kommunikationsformen darstellen. Dennoch ist es im Kontext des Sprachunterrichts sinnvoll, diese allgemeinen Unterscheidungen in die didaktischen Überlegungen und die methodische Planung von CMC-Projekten einzubeziehen.
Wie bereits erwähnt, konzentrieren sich viele der frühen Studien auf einen Vergleich von sprachlichen Entwicklungen und Besonderheiten in elektronischen Diskussionen und vergleichen diese mit dem traditionellen mündlichen Unterrichtsdiskurs. Diese Studien stellen die Steigerung von authentischen Möglichkeiten zur Übung schriftlicher Sprachkompetenzen (DiMatteo, 1990; Kelm, 1996; Kern, 2000; Warschauer, 1997) durch CMC dar. Im Vergleich zum traditionellen Fremdsprachenunterricht erweitert der virtuelle Austausch mittels einer sozialen Interaktion mit Gleichaltrigen und Muttersprachler_innen außerhalb des Unterrichts die Diskursoptionen sowie die Rolle der Lernenden (Warschauer, 1996b) und gilt als lernerzentrierter Ansatz (Kelm, 1996). Zudem werden authentische Kommunikationsanlässe kreiert (Goertler, 2009), was zu einer verbesserten allgemeinen Sprachkompetenz führen kann (Belz, 2007b; Belz & Kinginger, 2003; Thorne, 2003). Weitere Vorteile von CMC liegen in hoher Lernmotivation (O’Dowd, 2006) und gesteigerter Interaktion (O’Dowd, 2007; Smith 2012; Thorne, 2006), gesteigertem Output (Beauvois, 1992; Chun, 1994; Smith, 2012), Möglichkeiten zur Reflexion von Sprache (O’Dowd, 2006) und gesteigerter Kontaktzeit mit der Zielsprache (O’Dowd, 2007). Untersuchungen zeigen, dass elektronische schriftliche Diskussionen zu einer erhöhten Sprachproduktion und beinahe ausschließlichem Gebrauch der Fremdsprache führen und dass der verwendete Sprachstil komplexer als in vergleichbaren mündlichen Diskussionen ist (Beauvois, 1998; Kern 1995; Warschauer, 1996b). Zudem kann synchrone CMC die Aufmerksamkeit der Lernenden für linguistische und grammatische Formen fördern und ihre Bereitschaft steigern, in der Fremdsprache sprachliche Risiken einzugehen (Smith, 2004, 2012). Auf der Grundlage der Interaktionshypothese argumentiert, bietet synchrone CMC die Möglichkeit der Wahrnehmung von sprachlichen Umformulierungen (recasts), von Bedeutungsaushandlungen und korrektivem Feedback (Salaberry, 2000; Smith, 2004, 2012). Verschiedene Studien, die Eye-Tracking Technologien nutzten, konnten zeigen, dass Lernende ungefähr 60 % der Umformulierungen in synchroner CMC bewusst wahrnehmen und lexikalische Umformulierungen einfacher wahrzunehmen, aufzunehmen und anschließend in schriftlichen Tests wiederzugeben sind als grammatische (Smith, 2010). Des Weiteren zeigen diese Untersuchungen, dass Lernende Umformulierungen aus unterschiedlichen linguistischen Kategorien zwar gleichermaßen ausgesetzt sind, das bedeutet, in der synchronen Kommunikation kommen sie zwar genauso häufig vor, aber semantische und syntaktische Aspekte werden eher wahrgenommen als morphologische (Smith, 2012). Diese Möglichkeiten zur Wahrnehmung von Umformulierungen bieten Chancen für ein authentisches Lernen der Fremdsprache.
Jedoch bringt CMC im Fremdsprachenunterricht nicht nur Vorteile mit sich und auch die negativen Aspekte müssen bei einem Einsatz berücksichtigt werden. Obwohl Lernende in westlichen Ländern meistens guten Zugang zu internetfähigen Computern haben, fehlen oftmals die für Audio- und Videokommunikation notwendige Hardware wie Kameras, Mikrofone und Kopfhörer (Winke & Goertler, 2008). Darüber hinaus verfügen Lernende generell zwar über grundlegende Computerkenntnisse, die sie zur Nutzung des Internets und zum Verfassen von Text benötigen, jedoch können sie eher selten komplexere multimediale Vorgänge durchführen wie beispielsweise eine Webseite zu erstellen oder Videomaterial zu editieren (Goertler, Bollen & Gaff, 2012). Dies ist in der Auswahl der Kommunikationsformate zu berücksichtigen.
Viele Forschungsprojekte beziehen sich auf einzelne Formate oder Anwendungen wie E-Mail (Belz, 2005; Schenker, 2012a), Chat-Kommunikation (Kost, 2008; L. Lee, 2001, 2002; Marques-Schäfer, 2013; Tudini, 2007; Wilden, 2007) und den Einsatz von Blogs (Ducate & Lomicka, 2008; L. Lee, 2009), Podcasts (L. Lee, 2009) und Diskussionsforen (Schuetze, 2008; Poorman & Schenker, 2013).
In einem von der Forscherin zuvor durchgeführten Austauschprojekt, welches zwischen einer Universität in den USA und Deutschland stattfand, wurden mehrere Formate eingesetzt, um herauszufinden, welche von den Lernenden als besonders geeignet für eine Online-Kommunikation eingeschätzt werden. Die Studie zeigte, dass die Teilnehmenden generell die Verwendung aller Anwendungen (E-Mail, Text-Chat, Voice-Chat, Diskussionsforen und Videokonferenzen) positiv bewerteten, aber die Nutzung des Text-Chats als besonders geeignet für ihren Sprachlernprozess evaluierten (Schenker & Poorman, 2017).
Allgemein haben sich im Einsatz von CMC im Fremdsprachenunterricht zwei grobe Forschungsbereiche herauskristallisiert (Heim & Ritter, 2013): erstens die Auswirkung von computervermittelter Kommunikation auf interkulturelle Lernprozesse (Belz, 2005; Müller-Hartmann, 2000; O’Dowd, 2006, 2011; Schenker, 2012a, 2012b) und zweitens die Effekte, die CMC auf die Entwicklung von Sprachkompetenzen hat (O’Dowd & Ware, 2009; Payne & Whitney, 2002; Schenker, 2016), wobei viele der Forschungsarbeiten beide Aspekte einbeziehen und untersuchen.
Die Forschungsergebnisse für Untersuchungen zur Förderung interkultureller kommunikativer Kompetenz zeigen, dass CMC auf besondere und direkte Art und Weise Möglichkeiten für interkulturelles Lernen ermöglicht (Heim & Ritter, 2013; Schenker, 2012a). Besonders im Bereich Telekollaboration sind hierzu viele Studien durchgeführt worden (Belz, 2005, 2007a; Belz & Thorne, 2006; Müller-Hartmann, 2000; Murphy et al., 2009; O’Dowd, 2006, 2011).
Der andere Forschungsbereich konzentriert sich auf die sprachlichen Auswirkungen einer Kommunikation durch CMC. Da sich die vorliegende Arbeit in den Forschungsstrang der sprachlichen Auswirkungen eingliedert, wird im Folgenden genauer auf diesen Aspekt eingegangen.
Die frühen Untersuchungen eines Einsatzes von CMC auf die sprachlichen Kompetenzen der Lernenden sind in den 90-er Jahren anzusiedeln. Zum Beispiel untersuchte Chun (1994) die Auswirkungen auf die Entwicklung von interaktiver Kompetenz und schlussfolgerte, dass Lernende im CMC-Setting öfter die Initiative ergriffen, als im traditionellen Unterrichtsdiskurs und diverse Kommunikationsstrategien verwendeten und dass CMC ihnen die Möglichkeit bot, ihre kommunikative Kompetenz auszubilden. Auch Beauvois (1997) verglich in ihrer Studie eine CMC-Gruppe mit Lernenden, deren Unterrichtsmethode der traditionelle Unterrichtsdiskurs gewesen war und analysierte die Auswirkungen auf deren Aussprache und syntaktische und lexikalische Richtigkeit im Mündlichen. Dabei konnte sie feststellen, dass die CMC-Gruppe sich im Vergleich zur anderen Gruppe signifikant verbessert hatte. Kern (1995) untersuchte die Zunahme von grammatischer Kompetenz in Online-Diskussionen und zeigte, dass die erhöhte Sprachproduktion durch CMC möglicherweise zu einer Verschlechterung der grammatischen Korrektheit führte. Dieser Annahme wurde durch andere Studien widersprochen (Pellettieri, 2000; Salaberry, 2000), in denen festgestellt wurde, dass Lernende in der computervermittelten Kommunikation Bedeutungen und grammatische Formen durchaus thematisierten und sich mit korrektivem Feedback beschäftigten. Diese Thematisierungen werden als Sprachbezogene Episoden (Language-Related Episodes) bezeichnet und können sowohl explizit als auch implizit auftreten (Heift & Vyatkina, 2017).
Die Mehrheit der Studien, die untersuchen, welche CMC-Formate und Aufgaben sich zur Förderung von Sprachbezogenen Episoden eignen, zeigen, dass vor allem unmoderierte Interaktionen eher wortschatzbezogene Episoden oder Umformulierungen triggern als grammatische (Heift & Vyatkina, 2017). Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass synchrone CMC bessere Effekte auf die Entwicklung der grammatischen Richtigkeit hat, als persönliches Feedback durch die Lehrkraft (Salaberry, 2000). Dies kann durch die aktive Teilnahme der Lehrperson an der Online-Diskussion sowie durch korrektives Feedback gesteigert werden (Ene, Goertler & McBride, 2005). Wenn Lernende und Lehrende explizit dazu aufgefordert werden, korrektives Feedback zu geben, ist der Anteil von wortschatzbezogenen und grammatischen Episoden eher ausgeglichen oder es überwiegen sogar die grammatischen Episoden (Bower & Kawaguchi, 2011; Smith, 2009; Ware & O’Dowd, 2008). Dabei deuten einige Studien darauf hin, dass sich asynchrone Formen mehr zur Förderung von grammatischen Episoden zu eignen scheinen als synchrone (Bower & Kawaguchi, 2011; Heift & Vyatkina, 2017).
Payne und Whitney (2002) untersuchten ob synchrone CMC positive Auswirkungen auf mündliche Sprachkompetenz hat, indem sie die Entwicklung kognitiver Mechanismen untersuchten, die auch konversationellem mündlichem Sprachgebrauch unterliegen. Sie analysierten dabei die Auswirkungen auf Verständlichkeit, Flüssigkeit, Wortschatzverwendung, Syntax und Grammatik sowie Aussprache. Die Ergebnisse zeigen, dass die Verwendung von synchroner CMC mündliche Sprachkompetenzen fördern kann. Auch für die Menge an Output bieten sich synchrone Kommunikationsformen mehr an als asynchrone oder persönliche Diskussionen (Abrams, 2003), jedoch konnte eine Studie von Abrams (2003) keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen für die Entwicklung von lexikalischer und syntaktischer Komplexität feststellen. Eine andere Studie hingegen zeigte, dass Lernende, die über synchrone CMC kommunizierten, sich signifikanter in grammatischer Richtigkeit verbesserten als Lernende, die sich über asynchrone Formen austauschten, aber dass die asynchrone Gruppe im Vergleich zur synchronen Gruppe einen größeren Zuwachs in syntaktischer Komplexität aufwies (Hirotani, 2009).
Diverse Meta-Studien der vergangenen Jahre haben die Ergebnisse der Untersuchungen von CMC auf das Fremdsprachenlernen zusammengefasst und vor unterschiedlichen Faktoren analysiert. Eine dieser Meta-Analysen analysierte zehn quasi-experimentelle oder experimentelle Studien über textbasierte synchrone CMC und zeigte einen kleinen Effekt von CMC im Vergleich zu persönlichen Unterrichtssettings (W.-C. Lin, Huang & Liou, 2013). In einer anderen Meta-Studie, die experimentelle oder quasi-experimentelle Untersuchungen der Auswirkungen von CMC auf das Fremdsprachenlernen darstellte, wurden die Ergebnisse von 59 Studien analysiert und diese Meta-Analyse zeigte einen mittleren Effekt von CMC im Vergleich zu persönlichen Settings, und einen kleinen Vorteil von asynchroner CMC über synchrone CMC und Settings, die asynchrone und synchrone Kommunikationsformen vereinbarten (H. Lin, 2014). Eine weitere Meta-Analyse verglich die Studien über synchrone CMC, die in der Interaktionshypothese verankert waren und konnte einen kleinen Vorteil von synchronen CMC-Settings feststellen (N. Ziegler, 2015). Zu einem anderen Ergebnis kam wiederum eine größere Meta-Studie, die unter anderem die Ergebnisse von 83 Untersuchungen im Bereich CMC zusammenfasste und auswertete und in der festgestellt wurde, dass die Vorteile von CMC im Vergleich zu persönlichen (face-to-face) Unterrichtskontexten auf die Förderung von fremdsprachlichen Kompetenzen nur sehr gering war und möglicherweise auch nur ein Teil der Lernenden im Fremdsprachenunterricht davon profitieren könnten (Plonsky & N. Ziegler, 2016). Das grundsätzliche Problem an den Ergebnissen der Meta-Studien ist, dass die unterschiedlichen Studien aus diversen Gründen, wie beispielsweise der verwendeten Faktoren, der Zielsprache, des Kontexts oder der Stichprobe, nur bedingt miteinander vergleichbar sind (Plonsky & N. Ziegler, 2016).
Zusammenfassend kann jedoch festgehalten werden, dass CMC positive Auswirkungen auf die Entwicklung sprachlicher Kompetenz haben kann, dass die Wirksamkeit jedoch stark von unterschiedlichen Faktoren abhängt (Heift & Vyatkina, 2017). Für alle CMC-Anwendungen gilt, dass die möglichen positiven Ergebnisse beim interkulturellen Lernen sowie der Förderung von Sprachkompetenzen nicht automatisch mit dem Einsatz von CMC einhergehen. Sie sind dabei auch durch die didaktische und methodische Planung im Vorfeld sowie die reflektierte Betreuung der Lehrkraft bei der Umsetzung bedingt. Ein weiterer zu berücksichtigender Faktor sind die gewählten CMC-Aufgaben. Diese sind besonders motivierend für Lernende, wenn sie einen starken Lebensbezug haben, das heißt, wenn sie von sozialer oder professioneller Bedeutung für die Teilnehmenden sind (Warschauer, 1998).
Eine Möglichkeit, CMC-Aufgaben eine Bedeutung zu geben, ist, Lernende aus unterschiedlichen Kursen oder Institutionen mit dem gemeinsamen Ziel, eine Sprache zu lernen oder mehr über kulturelle Hintergründe zu erfahren, miteinander zu verbinden und die Kommunikationsanlässe somit so authentisch wie möglich zu gestalten. Die Umsetzung erfolgt in Virtuellen Austauschprojekten. O’Dowd (2007) definiert einen virtuellen Austausch als eine Aktivität, in der Lernende mit Austauschpartner_innen (anderer Kulturen) in kollaborativer Projektarbeit involviert werden und sich online durch Kommunikationswerkzeuge und Programme wie E-Mails, Videokonferenzen und Diskussionsforen oder, wie in der vorliegenden Arbeit, über Soziale Netzwerke austauschen. In der Fachliteratur gibt es für das Konzept virtueller Austauschprojekte eine Vielzahl von Begriffen, die teilweise synonym verwendet werden, auch wenn sie unterschiedliche Konnotationen haben. Eines dieser Konzepte geht auf die bereits beschriebenen frühen Anfänge des Einsatzes von CMC zurück und wird als Network-Based Language Teaching (Warschauer & Kern, 2000) bezeichnet. Dieser Begriff bezieht sich auf netzwerkbasierte Verbindungen von Computern und wird in den heutigen Studien kaum noch verwendet, da sich vorwiegend internet-basierte Konzepte durchgesetzt haben. Der Terminus Internet-Mediated Intercultural Second Language Education (IC2LE) wird benutzt, um den Gebrauch von CMC-Applikationen im Kontext des Fremdsprachenlernens und dem Austausch mit Lernenden anderer Kulturen zu betonen (Thorne & Black, 2007). Thorne (2006, S. 7-9) beschreibt Telekollaboration, Tandem-Lernen, die Verbindung von lokalen Experten und Expertinnen mit Lernenden und Internet Communities als vier unterschiedliche Modelle innerhalb von IC2LE-Konzepten. Telekollaboration hat sich als Begriff zur Beschreibung von virtuellen Austauschprojekten mit dem Gebrauch von CMC-Anwendungen – vor allem in der englischsprachigen Literatur – durchgesetzt (Schenker, 2012a). Allerdings werden in Deutschland auch Begriffe wie E-Tandems, e-pals, keypals und Internet-Mediated Communication häufig verwendet, um ähnliche Konzepte oder Projekte zu beschreiben. Jeder dieser Begriffe hat seine eigenen Eigenschaften und Implikationen und hängt von dem Kontext ab, in dem das Konzept eingebettet ist, sowie von der Methodik, die zum Einsatz kommt.
Für die vorliegende Untersuchung wird mit den Begriffen telekollaboratives Austauschprojekt und Telekollaboration gearbeitet, die in anderen Studien zum Einsatz von Web 2.0-Anwendungen auch Telekollaboration 2.0 genannt werden (Guth & Helm, 2010). Diese Form telekollaborativer Projekte hat sich durch das Aufkommen internet-basierter Kommunikationsformen und der daraus folgenden Weiterentwicklung von Telekollaboration im Fremdsprachenunterricht herausgebildet, deren Anfänge sich bis in die 1920er Jahre zurückverfolgen lassen (Müller-Hartmann, 2007).
Wie beschrieben, lässt sich das Konzept kollaborativer Austauschprojekte im Fremdsprachenunterricht bis in das frühe 20. Jahrhundert zurückverfolgen. Damals waren es Freinet (1924) in Frankreich und Lodi (1960) in Italien, die die damals vorhandenen Technologien wie das Druckwesen nutzten, um Inhalte zu erstellen und sich mit anderen Klassen (per Post) auszutauschen (zitiert nach Cummins & Sayers, 1995). Im Jahr 1986 formten dann die Spanischlehrkräfte Solís in Connecticut und Gonsalves in Kalifornien zwischen ihren vierten Klassen eine Partnerschaft und nutzten die Computer im Klassenzimmer, um sich über E-Mail auszutauschen. Die Klassen kollaborierten bei der Erstellung von Zeitungen und tauschten per Post „kulturelle Päckchen“ aus, in denen auch kleine Videobotschaften verschickt und die von den Lernenden „Video-Briefe“ genannt wurden (Cummins & Sayers, 1995).
Kurz nach dem verbreiteten Aufkommen des Internets als Lernmedium in den frühen 1990er Jahren wurden virtuelle Austauschprojekte im Fremdsprachenunterricht vermehrt erprobt und erforscht (O’Dowd, 2011). In den USA berichtete Riel (1992) von einem Projekt, welches von einer amerikanischen Telekommunikationsfirma finanziert wurde und Klassen aus verschiedenen Ländern entsprechend der Klassenstufe und Lehrplanthemen in Gruppen (Learning Circles) einteilte und miteinander mit dem Ziel verband, gemeinsam an einer Aufgabe zu arbeiten und die Ergebnisse anschließend zu publizieren. Jedoch stellten sowohl die hohen Kosten für Hardware als auch die schlechten Internetanbindungen in Schulen und Hochschulen zu dieser Zeit ein großes Hindernis dar. Deswegen blieb der Einsatz von virtuellen Austauschprojekten bis zur Mitte der 1990er eher eine Seltenheit (O’Dowd, 2011).
Mit der Veröffentlichung Virtual Connections von Warschauer im Jahre 1995 wurde eine Sammlung von Praxisberichten zur virtuellen Vernetzung von Fremdsprachenlernenden veröffentlicht, die deutlich machte, dass sich diese Methode im innovativen kommunikativen Fremdsprachenunterricht langsam etablierte (O’Dowd, 2011). Seither wurden unterschiedliche Modelle virtueller Austauschprojekte unter Anwendungen diverser Aufgabenstellungen, der Nutzung verschiedener Kommunikationsformen sowie der Austausch zwischen verschiedenartigen Partner_innen realisiert und untersucht, was im Forschungskontext von CMC ein weiteres Forschungsfeld eröffnete. Jedoch ist diese Methode bis heute keineswegs fester Bestandteil von Fremdsprachenunterricht, und besonders im universitären Kontext sind virtuelle Austauschprojekte eher selten zu finden (O’Dowd, 2011).
Telekollaborative Projekte werden oft auch als Virtuelle Austauschprojekte oder Telekollaboration (Belz, 2003; O’Dowd & Ritter, 2006), Internet-mediated Intercultural Foreign Language Education (Belz & Thorne, 2006) oder Online Intercultural Exchange (O'Dowd, 2007) bezeichnet. Aufgrund der vielen verschiedenen Formen, die Telekollaboration annehmen kann, schlägt Dooly (2017) vor, den Begriff zu nutzen, um sprachliche Austausche zu beschreiben, die in formellen Settings umgesetzt werden und diese außen vorlässt, die auf individueller Ebene in dafür designierten Plattformen wie beispielsweise auf Babbel stattfinden. Laut Cunningham (2016) lassen sich die unterschiedlichen Definitionen telekollaborativer Projekte auf die Gemeinsamkeit der Beteiligung von mindestens zwei geographisch voneinander getrennten Parteien zurückführen, die CMC zum Zweck der Förderung sprachlicher und interkultureller Kompetenzen nutzen.
Argumente für einen Austausch sind oftmals gleichzusetzen mit den Forschungserkenntnissen, die für den Einsatz von CMC sprechen – mit dem