Fairy Dust - Eda Saltürk - E-Book

Fairy Dust E-Book

Eda Saltürk

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Beschreibung

Als Amelia White nach den Sommerferien erfährt, dass sie sich auf eine magische Reise in einer Parallelwelt begeben muss, um ihre Stadt zu schützen, weiß sie nicht genau, welchen Gefahren sie sich stellen muss. Gemeinsam mit ihrem treuen Begleiter und Mitschüler, Aiden Wood, hat sie die Aufgabe erhalten, Hinweise zu finden, die sie zum Ziel führen. Doch dabei dürfen sie keine Zeit verschwenden, denn es könnte jeden Moment zu spät sein. Aber was verbindet Amelia und Aiden? Was verspricht die Zukunft?

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Alle Handlungen und Figuren sind frei erfunden. Ähnlichkeiten sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

„Anima nos coniungit“

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 - Amelia

Kapitel 2 - Amelia

Kapitel 3 - Amelia

Kapitel 4 - Amelia

Kapitel 5 - Amelia

Kapitel 6 - Amelia

Kapitel 7 – Amelia

Kapitel 8 – Amelia

Kapitel 9- Aiden

Kapitel 10 – Amelia

Kapitel 11 – Aiden

Kapitel 12 – Amelia

Kapitel 13 – Aiden

Kapitel 14 – Amelia

Kapitel 15 – Aiden

Kapitel 16 – Amelia

Kapitel 17 – Amelia

Kapitel 18 – Aiden

Kapitel 19 – Amelia

Kapitel 20 – Aiden

Kapitel 21 – Amelia

Kapitel 22 – Aiden

Kapitel 23 – Amelia

Kapitel 24 – Aiden

Kapitel 25 – Amelia

Kapitel 26 – Aiden

Teil 2

Kapitel 27 – Amelia

Kapitel 28 – Aiden

Kapitel 29 – Amelia

Kapitel 30 – Amelia

Kapitel 31 – Aiden

Teil 3

Epilog

Kapitel 1 - Amelia

Ich war aufgeregt. Jedes Jahr war es die gleiche Aufregung, die sich morgens in mir aufbaute. Angst vor etwas Neuem. Angst, Fehler zu machen.

Ich ging ins Bad und machte mir die Haare. Es ist lächerlich, sich am ersten Tag so zu stylen, als würde man wirklich jedes Mal so aussehen, dabei hört die Motivation dazu nach zwei Wochen auf, einfach so.

Meine Sachen waren fertig gepackt und ich ging die Treppen runter. In der Küche saßen meine Eltern bereits am Tisch.

„Guten Morgen Amelia“, sagte meine Mutter, während ich mich zu meinem Vater setzte, der gerade dabei war, sein Brot zu essen.

Beide sahen glücklich aus, doch ihre schnellen Blicke zueinander ließen mich denken, dass ich gleich etwas zu Ohren bekomme. Dabei musste ich schnell los. Ich nahm mir mein Frühstück und legte es in meine Tasche.

Man kommt in ein neues Schuljahr, die Lehrer beginnen mit neuen Themen. Man sieht seine Freunde wieder und man ist produktiver, eventuell. Wenn man Ziele hat. Ansonsten ist es jedes Mal das gleiche. „Guten Morgen. Habt ihr mein Mäppchen irgendwo gesehen?“

Meine Mutter zeigte auf den Esstisch. „Dort müsste es zuletzt gewesen sein“, sagte sie und da war es auch.

Ich bin manchmal mit zu vielen Dingen beschäftigt, sodass ich ab und zu Mal vergesse, wo ich was zuletzt hingelegt hatte.

„Ich muss jetzt los, sonst komme ich zu spät.“

„Warte noch einen Moment wir müssen dir etwas mitteilen“, rief mir mein Vater hinterher.

Ich blieb an der Garderobe stehen. Mein Gedanke zuvor täuschte mich also nicht.

„Deine Mutter und ich müssen ab heute für drei Wochen auf eine Geschäftsreise. In dem Zeitraum musst du leider allein zuhause bleiben. Du kannst uns jeden Abend anrufen und auch gerne zu Freunden gehen.“

„Warum?“

Für drei Wochen komplett auf mich alleingestellt zu sein? Sie mussten oft für ein Wochenende weg, zu den Zeitpunkten blieb ich bei meinen Großeltern. Zu dem Zeitpunkt war ich aber auch erst neun Jahre alt und somit noch nicht alt genug, um mir etwas zu essen zu machen oder gar allein zuhause zu bleiben, wenn kein Erwachsener in erreichbarer Nähe war. Zwar war ich nicht darauf vorbereitet, aber Schulbrote selbst schmieren oder etwas aus der Schulmensa kaufen war kein Problem. Das schaffte ich. Meine Eltern sind sehr beschäftigte Menschen. Kundengespräche, Meetings und leider gehörte auch mal eine Geschäftsreise dazu.

„Wir müssen kurzfristig für Kollegen einspringen. Schwierig zu erklären, aber du schaffst das schon. Es ist uns nur wichtig, dass du jeden Tag, am besten abends, anrufst. So wissen wir, dass es dir gut geht und es keine Probleme gibt. Wenn du es nicht schaffst, sende eine Nachricht.“

Ich nickte. Meine Aufregung stieg immer weiter an. Mit meiner Jacke in der Hand ging ich zurück in die Küche und gab beiden eine Umarmung.

„Passt gut auf euch auf“, sagte ich.

„Du auch. Wir haben dich lieb“, sagte mein Vater.

„Ich euch auch.“

An der Schule traf ich direkt auf Isabella, meine beste Freundin seit der Grundschule. Ich umarmte sie, weil ich sie die letzten drei Wochen aufgrund ihres Urlaubs nicht sehen konnte und sie echt vermisst hatte. Wir gingen den langen, engen Schulflur entlang zu unserem Klassenraum. Durch den Trubel befreit, setzten wir uns in eine der mittleren Reihen.

Als es zur ersten Stunde klingelte saßen wir vollzählig im Raum und warteten.

Unsere Klassenlehrerin Frau Schneider betrat dem Klassenraum, aber nicht allein.

„Guten Morgen. Ab heute werden wir einen neuen Mitschüler haben. Du kannst dich gerne vorstellen.“

Der Junge schaute kurz lächelnd zu ihr und dann in unsere Richtung.

„Hallo Klasse. Ich bin Louis, bin neu an dieser Schule und freue mich von nun an Schüler der 10b zu sein.“

Einige Mädchen aus den hinteren Reihen begannen zu kichern. Wahrscheinlich fanden sie Louis sehr süß. Wie jeden zweiten Jungen an dieser Schule.

Er setzte sich auf einen freien Platz in der ersten Reihe und der Unterricht begann.

Nach der Schule machten Isabella und ich uns zusammen auf den Nachhauseweg. Da wir aber leider etwas weiter voneinander entfernt wohnten, mussten wir uns immer schon recht früh verabschieden. Deshalb nutzten wir jeden gemeinsamen Meter für Gespräche und Witzeleien.

Als ich zuhause ankam, waren meine Eltern bereits abgereist. Ich setzte meine Sachen ab und ging in die Küche.

Auf dem Tisch lag ein Zettel. Es war das Rezept meines Lieblingsessens. Shepherd´s Pie. Ein englisches Gericht, welches wir ab und an in den Ferien bei meinen Großeltern in London essen. Wenn wir auch so Lust darauf hatten, half ich meinen Eltern dabei, somit war ich schon etwas geübt darin. Ich nahm mir alles, was ich brauchte, indem ich die Liste abarbeitete und schaltete den Herd an.

Nachdem ich auch den letzten Krümel aufgegessen hatte, räumte ich alles auf. Während ich den Topf abwusch, kletterte das goldene Sonnenlicht durch das Fenster. Obwohl ich gerade erst von der Schule nach Hause gelaufen war, wollte ich erneut raus. Ich beschloss, einen Spaziergang in dem Wald am Rande der Siedlung zu machen. Dieser war nicht weit vom Haus entfernt. Meine Eltern und ich gingen regelmäßig dorthin.

Ich ging raus und bog in eine Seitengasse, die mich wenige Meter später an einem Haus vorbei in den Wald leitete. Ich atmete die frische Luft ein und erfreute mich an dem Knacken der Zweige unter meinen Füßen. Ich liebte es, in der Natur zu sein. Die Atmosphäre war unglaublich entspannend. Der Wind rauschte sanft durch die Zweige und das Sonnenlicht fiel durch die grünen Blätter hindurch. Eine harmonische Umgebung, in der ich mich jedes Mal geborgen fühlte. Mit etwas Glück konnte man auch Eichhörnchen oder Rehe sehen.

Ich ging weiter in den Wald hinein und nach wenigen Minuten bemerkte ich, dass weit und breit keine Menschen zu sehen waren. Gerade eben noch hatte ich Spaziergänger gesehen, einige mit Kindern, andere mit Hunden unterwegs, doch jetzt schien es, als hätte der Wald sie alle verschluckt. Sogar die Geräusche klangen gedämpft. Die Vögel klangen so, als würde man sie mit einem Tuch abdecken. Merkwürdig.

Doch etwas weiter vor mir, hinter einem Baum, sah ich ein Leuchten. Neugierig ging ich darauf zu. Die Sonne selbst konnte es nicht sein. Sie stand viel zu weit oben und es gab hier auch keinen See, der ein Licht reflektieren konnte.

Als ich durch das Laub stampfte und vor dem grellen, weißen Leuchten stehen blieb wurde es stärker. So stark, dass ich meine Augen zukneifen musste. Doch dann hörte es auf. Ich schaute hin und sah zwei Schmuckstücke in einem Baumstamm eingesetzt. Ringe, um genau zu sein. Einer war mit einem rosa Stein und vier kleineren weißen Steinen besetzt, der andere hatte gar keine Steine, sondern feine weiße Verzierungen. Ich fühlte mich wie in einem Film. Irgendwann würde ein magisches Wesen auftauchen und mich als eine Auserwählte krönen. Doch das hier war pure Realität. Magie existierte nicht, aber ich fragte mich trotzdem, wie diese Ringe so stark leuchten konnten und woher sie so plötzlich gekommen waren. Oder glaubte ich bloß, dass sie so plötzlich aufgetaucht waren, dabei hatten sie die ganze Zeit hier gelegen? Ich nahm den mit den Steinen vorsichtig aus der Baumrinde und schaute ihn mir genauer an. Er war wunderschön. Hatte ich vielleicht ein Geheimversteck gefunden? Unwahrscheinlich, denn das Leuchten hätte jeder in der Umgebung gesehen. Ich schaute mich ein weiteres Mal um. Erfolglos. Niemand zu sehen. Als ich mich wieder dem Baum zuwandte, bildete sich plötzlich aus dem nichts eine goldene Staubwolke vor mir. Vor Schreck sog ich ruckartig die Luft ein, was mich sofort zum Husten brachte. Gequält kniff ich die Augen zusammen und trat ein paar Schritte zurück, wobei ich beinahe über einen herumliegenden Ast gestolpert wäre. Es kratzte in meiner Lunge und wenige Sekunden später sah ich wieder auf.

Kapitel 2 - Amelia

Ich konnte nicht glauben, was ich vor mir sah. Ein winziges Wesen kam zum Vorschein und die Staubwolke löste sich auf.

„Ich bin Rose“, sprach das kleine Wesen mit hoher und zierlicher Stimme. „Eine Fee aus einer anderen Welt. Eine Welt mit einem Geheimnis.“

Ich geriet in eine Schockstarre und konnte meinen Augen nicht trauen. Eine Fee? Aus einer anderen Welt?

Vor mir schwebte eine kleine Fee, mit rosa Kleidchen und blonden Haaren. Ihre vorderen Strähnen waren mit einer Haarklammer am Hinterkopf befestigt, was mich ein wenig an die Frisur erinnerte, die meine Mutter ab und zu trug. Ihre blauen Augen glänzten wie Saphire.

Das alles konnte nur ein Traum sein.

Ich rieb mir die Augen und bemerkte schnell, dass das nichts brachte.

Die Fee blieb, wo sie war.

„Du hast es geschafft“, sprach sie und lächelte mich an. „Du bist die Auserwählte, die das Geheimnis lüften kann.“ Ihre kleinen rosa Schmetterlingsflügel flatterten gemächlich.

Meine Gedanken drohten abzudriften.

„Alles, was du zunächst tun musst, ist, einen treuen Verbündeten zu finden.“

Was ist nur los?

„Bitte ... Was?“

Auserwählte? War das ihr Ernst? Gerade eben hatte ich das noch im Scherz gedacht und jetzt passierte das wirklich. Ich schüttelte meinen Kopf. Noch immer waren meine Arme eng an meinen Körper gelegt.

„Er muss so zu dir passen, dass ihr einander vertraut, kommuniziert und den bestmöglichen Weg zum Ziel findet. Eure Gedanken und Gefühle müssen sich verbinden. Alles muss einstimmig sein.“

Mir blieb der Mund offenstehen. Ich schaute zu Boden und wippte auf meinen Fußballen. Ich konnte mich zumindest wieder etwas bewegen. „Aber ... Ich kenne keine Person, die genauso fühlt wie ich, die mir so ähnelt, dass man meinen könnte, wir wären Zwillinge. So eine Person gibt es in meinem Leben nicht. Schon gar nicht männlich ...“ Mein Blick wanderte wieder zu ihr.

Die Fee nahm den zweiten Ring und legte ihn mir auf die Hand. „Es muss nicht dein Zwilling sein.“ Sie flog zurück auf Augenhöhe. „Die Ringe sind magisch, also ist Vorsicht geboten. Deinem Begleiter musst du diesen Ring geben.“ Sie deutete auf den anderen. „Es ist ein großes Geheimnis, welches ihr tragen werdet. Du und dein Verbündeter, ihr dürft keinem davon erzählen.“

Ich betrachtete die Ringe noch einmal und sah dann wieder zu ihr.

„Das klingt ja alles erstmal interessant und geheimnisvoll, aber was genau soll das alles bringen?“

Ihr Lächeln verschwand. „Da gibt es ein Problem. Und das schon seit vielen hundert Jahren.“ Sie löste den Blickkontakt und sah zu Boden.

„Wenn dieses Geheimnis nicht weitergegeben wird, ist die Heimat der auserwählten Person in Gefahr.“

„Was für eine Gefahr?“, fragte ich und löste mich langsam aus meiner Schockstarre.

„Ursas. Das sind schreckliche Wesen aus meiner Welt. Sie sind mehrere Meter groß und geben grauenvolle Laute von sich. Man erkennt sie an ihrem gräulichen Fell. Wenn die Zeit rennt, werden auch sie losrennen.“

Ihre Erklärungen machten es mir nicht leichter, die Situation zu verstehen. „Willst du mir also sagen, wenn ich das Geheimnis nicht rechtzeitig lüfte, werden diese Wesen meine Stadt angreifen?“

„Ganz genau.“ Ihre Flügel schlugen schneller. „Sie werden ihren Weg hierher finden. Bisher kam es noch nicht dazu und wir dürfen das auch nicht zulassen. Du und dein Verbündeter, ihr dürft das nicht zulassen.“

Ich atmete aus und dachte nach. Dass es Feen und eine andere Welt gibt war mir mittlerweile bewusst, auch wenn es mir noch unglaublich vorkam. Wie sie wohl aussieht und was es dort alles gibt. Aber der Gedanke, dass meine Stadt, in der ich lebte, von riesigen Wesen angegriffen wird, daran wollte ich gar nicht denken. Ich wollte dieses Geheimnis lüften, doch ich hatte ein schlechtes Gewissen und unglaublich viele Fragen.

„Wie kann ich ihn finden?“, fragte ich sie.

„Dein Gefühl wird es dir zeigen. Vertrau mir.“

Ehe ich noch weiteres fragen konnte, löste sie sich lautlos in Nichts auf.

Vollkommen verdattert stand ich da, allein im Wald, im Besitz von zwei Ringen.

Verwirrt machte ich mich auf den Weg nach Hause. Ich sah die ganze Zeit auf meine Hand und konnte noch immer nichts realisieren.

Der Wald lag hinter mir und ich erreichte meine Straße. Ich vergrub die Hände in meiner Jackentasche und holte meine Schlüssel heraus.

Als ich ankam, setzte ich mich an meinen Schreibtisch und ließ alles nochmal Revue passieren. Ich konnte nicht fassen, was gerade passiert war, die Fee, die Ringe. Ich starrte abwechselnd auf meine linke Hand, wo ich den Ring mit den Steinen trug, und dann auf meine rechte, wo der andere auf meiner Handfläche lag.

Wem zur Hölle soll ich diesen Ring geben?

Was hatte es mit dieser anderen Welt auf sich? Muss ich zu ihr reisen, um das Geheimnis zu lüften? Was wird mein Begleiter denken, wenn ich ihn fände? Diese Fragen bereiteten mir Kopfschmerzen. Der Gedanke, dass es jemand aus meiner Klasse sein könnte, hielt mich fest. Mit den Jungen aus meiner Klasse hatte ich nicht zu tun. Die einen sind laut, die anderen leise und nett, aber keiner ist mir wirklich ähnlich.

Ich legte den Kopf auf den Tisch und seufzte.

„Toller Schulstart“, sagte ich zu mir selbst.

Ich hörte auf darüber nachzudenken und legte den zweiten Ring in eine kleine Schachtel, die ich in einer Schublade fand, und versuchte mich mit Hausaufgaben abzulenken.

Am nächsten Tag beschloss ich, mich in der Schule auf die Suche nach meinem Begleiter zu machen. Das war mir der einzige logische Ort, denn wenn die Person ungefähr in meinem Alter sein soll, habe ich hier mehrere Hundert, die es sein könnten. Nur wie sollte ich es angehen? Ich wusste nicht, was es mit diesen Ringen auf sich hatte. Ich konnte keine Umfrage starten. Jeder würde mich für verrückt halten. Die Fee hatte mir nicht mal etwas gesagt.

Den Ring mit den Steinen trug ich an meinem Finger, der andere war sicher in meiner Tasche verstaut.

Ich durfte niemandem davon erzählen. Es musste geheim bleiben. Nur ich und ... mein Begleiter durften davon wissen.

Als ich den Klassenraum betrat flüsterten alle und schauten nach vorne. Neben Frau Schneider stand wieder ein Junge, den ich noch nie zuvor gesehen hatte.

Ich setzte mich und holte meine Sachen heraus. Isabella und ich wechselten einen verwirrten Blick miteinander.

Noch ein neuer Schüler? Am zweiten Schultag?

Dann wurde es still und alle schauten nach vorne.

„Liebe Klasse, heute haben wir noch ein neues Mitglied.“

„Guten Morgen. Ich heiße Aiden Wood bin bald sechzehn Jahre alt und freue mich hier zu sein.“

Aiden hatte kurze braune Haare und einen ziemlich einfachen Klamottenstil, trug einen Hoodie und eine Jeans. Er wirkte selbstbewusst und überhaupt nicht nervös, stand mit geradem Rücken da und warf einen festen Blick in die Klasse. Nachdem wir ihn murmelnd zurückgegrüßt hatten, setzte er sich zu Louis in die erste Reihe und Frau Schneider begann direkt mit dem Unterricht. Ich schaute mir Aiden genauer an, um zu schauen, ob er als Er passen könnte. Stellte sich nur die Frage, wie lange es dauern würde, bis ich ihn ansprechen konnte.

In der Pause stand ich mit Isabella an der Treppe zu den Fachräumen.

Wir aßen wie gewöhnlich unser Frühstück. Einige Jungs spielten Fußball, andere Gruppen redeten miteinander, lachten und rannten durch die Gegend. Eine kleine Gruppe von Jungs rempelte sich zum Spaß an und plötzlich hörte ich einen gellenden Schmerzensschrei. Ich drehte mich um und rannte auf die Gruppe zu.

„Er blutet“, rief ein Mädchen.

„Ich hole eine Lehrkraft“, sagte ich.

„Ich war Ersthelfer an meiner alten Schule“, ertönte eine mir bekannte Stimme hinter mir. Es war der neue, Aiden.

„Gut, ich hole schnell einen Erste-Hilfe-Kasten und eine Lehrkraft“,

rief ich und rannte ins Sekretariat, wo ich einer Lehrerin Bescheid gab.

Sie nahm einen Erste-Hilfe-Kasten mit und ich führte sie zu dem Verletzten. Ich gab Aiden den Kasten und die Lehrerin stellte dem Jungen ein paar Fragen. Ich kniete mich zu Aiden und wartete, ob er vielleicht meine Hilfe benötigte.

Konzentriert, aber flink nahm Aiden sich Verbandsmaterial aus dem Kasten. Während er den Jungen verarztete sah ich ihn mir genauer an, was er nicht bemerkte. Er schien sehr gepflegt zu sein. Seine braunen Haare glänzten und er roch unglaublich gut. Ihm entwich ein Schmunzeln, als er fertig war, was seine Grübchen zur Geltung bringen ließ.

Er stand auf und hielt mir seine Hand hin. „Gut reagiert. Du gehst auch in meine neue Klasse, richtig? Phillip, Henry und Louis durfte ich schon kennenlernen.“

„Ja, ich bin Amelia. Schön, dass du schon Kontakt gefunden hast.“ Ich gab ihm meine Hand und stand auf.

Isabella rannte auf uns zu. „Hier bist du ja. Ich kam dir gar nicht mehr hinterher.“

„Tut mir leid.“ Ich biss mir auf die Unterlippe und schaute sie an.

„Alles gut. Du hast einfach gute Instinkte“, sagte Isabella.

Ich musste Lachen. „Das war nur ein kleiner Schock.“

Es klingelte zum Unterricht und alle stürmten zurück in die Klassen.

Wir hatten eine Doppelstunde Biologie. Das Thema war die DNA des Menschen. Wir hatten drei Wochen Zeit, ein Referat vorzubereiten und unsere Biolehrerin teilte die Gruppen ein. Ich hatte Angst, eventuell nicht mit Isabella in einer Gruppe zu sein, doch die ersten Namen, die sie aufrief, waren wir. Isabella und Amelia. Doch diese Gruppenarbeit sollte in dreiergruppen stattfinden und der dritte Name war Aiden.

Wie der Zufall es so wollte, trafen wir wieder aufeinander.

Aiden drehte sich zu uns und nickte. Ich schmunzelte und schaute wieder zu unserer Lehrerin.

Das Referat gab mir natürlich eine weitere Möglichkeit ihn kennenzulernen. Schon in den ersten Stunden kam er mir sehr sympathisch rüber. Die Art wie er mit den Lehrern sprach oder mit den anderen aus der Klasse. Er fand direkt einen Anschluss an den Unterricht und konnte gut mitarbeiten. Was mich interessierte war, ob wir uns auch verstehen würden. Er war neu, somit konnte ich nicht allein durch den ersten Eindruck von ihm erkennen, ob er als Begleiter passen könnte.

In der zweiten Pause diskutierten wir zu dritt über das Referat.

„Sollen wir uns morgen Nachmittag treffen? Dann können wir schon mal die Texte einteilen und das Plakat gestalten“, schlug Isabella vor.

„Klar, wir können uns gerne bei mir zuhause treffen“, antwortete ich.

„Aiden, ich kann dir meine Adresse schicken. Ich bräuchte nur deine Handynummer.“

Er nickte. „Ich kann sie dir gleich aufschreiben.“

Isabella, die ihre blonden Haare zu einem hohen Zopf gebunden hatte, löste diesen auf, um sie mit ihren Fingern zu kämmen. Dabei ließ sie ihr Haargummi fallen. Aiden und ich bückten uns gleichzeitig und stoßen mit den Köpfen aneinander.

„Oh, tut mir leid“, entschuldigte er sich.

„Mir tut es leid“, sagte ich darauf hin lachend.

„Nichts passiert“, sagte er lächelnd und legte kurz seine Hand auf meinen Arm.

Der nächste Tag war ein Mittwoch. Am Nachmittag bereitete ich im Wohnzimmer alles vor, was wir für das Referat benötigten. Stifte, das Buch und ein Tablet zur Recherche. Das Plakat wollte Isabella besorgen und Aiden wollte ein paar Bilder bei sich zuhause ausdrucken.

Als es an der Tür klingelte, stand Aiden mit einem Rucksack vor mir.

„Hallo. Bin ich zu früh?“

Ich ließ ihn rein und schloss die Tür. „Nein, alles gut. Du kannst dich setzen. Ich habe schon alles vorbereitet.“

Er setzte sich auf die Couch und kramte in seinem Rucksack. „Ich habe etwas zum Schreiben mitgenommen und natürlich die Bilder. Falls wir Karteikarten brauchen, habe ich auch ein paar dabei. Sonst haben wir alles, oder?“

Ich setzte mich zu ihm. „Du scheinst dich gut vorzubereiten.“

„Ja, tue ich. Referate nehme ich immer ernst.“

Ich lachte sanft. „Isabella müsste auch jetzt jeden Moment da sein. Wir setzen uns dann lieber an den Esstisch. Da haben wir mehr Platz.“

Er nahm seine Sachen und ich ging mit ihm zum Esstisch. Als er gerade seine Tasche auf den Boden stellte, klingelte es.

Ich huschte zur Tür und Isabella stürmte herein. „Tut mir unglaublich leid. Ich hoffe ihr musstet nicht lange warten.“

„Nein, nein. Wir können direkt anfangen.“

Isabella legte das grüne Plakat auf den Tisch und Aiden ordnete die Bilder darauf provisorisch an. „So müsste es doch ungefähr passen, oder? Dann haben wir genügend Platz, um etwas zu schreiben.“

Isabella und ich nickten gleichzeitig. Aiden nahm sich sein Handy und machte ein Foto von der Positionierung.

Wir recherchierten im Internet, schauten im Buch nach und machten uns viele Notizen. Jeder bekam seinen Teil des Referats. Die Gestaltung nahmen wir als letztes vor, klebten die Bilder auf, zeichneten Kästchen für die Stichpunkte ein und setzten farbliche Überschriften.

„Super, wir haben heute viel geschafft, aber ich muss jetzt leider los“,

sagte Isabella.

„Kein Problem. Den eigenen Teil kann ja jeder für sich zuhause schreiben“, sagte ich in ihre Richtung und drehte mich dann zu Aiden.

„Und du? Möchtest du noch etwas bleiben?“

Er zuckte mit den Schultern.

Isabella stand auf und nahm sich ihre Sachen. „Dann bis morgen. Wir sehen uns.“

Aiden winkte ihr zum Abschied und ich begleitete sie zu Tür.

„Ich kann noch etwas bleiben, nur was sollen wir noch machen?“,

fragte Aiden, als ich zurück in das Esszimmer kam.

Diese Frage konnten wir erstmal unbeantwortet lassen. Als ich mich gerade hinsetzte und ihm antworten wollte, bildete sich mit einem Mal eine goldene Staubwolke vor mir und ich konnte mir Aidens Reaktion schon denken.

Kapitel 3 - Amelia

Die Staubwolke ließ einige goldene Partikel auf dem Tisch zurück und ich sah Rose wieder vor mir. Sie drehte sich um und flog so nah an mein Gesicht, das ich schon beinahe schielte. Dennoch sah ich aus dem Augenwinkel, wie Aiden vor Rose zurückzuckte. Ihm musste es die Sprache verschlagen haben, denn er sagte nichts.

„Amelia“, begrüßte mich Rose. „Schön dich wiederzusehen. Du hast es geschafft.“

Woher kennt sie meinen Namen?

„Was?“ Für einen Moment blendete ich alles aus. Auch, dass Aiden mit mir in einem Raum war und wahrscheinlich gar nicht auf die Situation klar kam.

„Wie findest du den Weg zu mir? Und woher weißt du meinen Namen?“ Ich starrte sie an, verfolgte, wie sie hin und her schwebte.

„Ich weiß, dass du viele Fragen hast. Ich habe dir bereits gesagt, dass es eine andere Welt gibt, aus der ich komme. Wichtig ist erstmal, dass du ihm den Ring gibst.“

Sie war eindeutig zu schnell.

„Was ist bitte gerade los?“, fragte Aiden und sah mich mit großen Augen an.

„Aiden, ich ... Wie soll ich es dir erklären ich weiß ja selbst nicht mal, was gerade passiert.“ Ich warf Rose einen fragenden Blick zu.

„Ihr müsst wissen, dass eine große Reise vor euch stehen wird, wenn ihr die Aufgabe annehmt, sie durchzuführen“, sagte die zierliche Stimme zwischen uns. „Ihr müsst in meine Welt reisen, euch einigen Aufgaben stellen und Hinweise finden, die euch zum Ziel führen. Seid aber vorsichtig. Es herrschen andere Bedingungen als auf der Erde. “

Ich atmete einmal tief durch. „Was genau wird uns dort erwarten?

Monster? Andere Fabelwesen? Wie sollen wir uns etwas vorstellen, wo wir Jahre lang dachten, dass so etwas wie eine andere Welt nicht existiert?“ Ich rutschte auf meinem Stuhl hin und her, Aiden hingegen schien wie festgefroren, was dazu führte, dass wir wieder Blickkontakt hatten.

„Es ist eine Feenwelt. Es gibt nur Tiere und uns“, sprach Rose weiter.

„Warte“, warf Aiden nun ein. „Du siehst sie nicht zum ersten Mal, Amelia?“

Ich schüttelte den Kopf und erzählte ihm von dem Nachmittag im Wald. Er hörte aufmerksam zu, schien sogar etwas neugierig zu sein und als ich fertig war, nickte er, als sei es selbstverständlich. Ich war erstaunt, wie ruhig er das alles aufnahm.

„Verstehe.“

Wir wandten uns wieder Rose zu.

„Ihr beiden tragt die magischen Ringe. Diese müssen immer bei euch bleiben. Das ist ganz wichtig. Um in die Welt eintreten zu können, müsst ihr folgenden Spruch sagen. Anima nos coniungit und dabei müsst ihr euch an den Händen halten. Das gleiche gilt auch für das austreten. Ohne die Ringe gibt es keinen Ausweg. Es geht nur zu zweit.

Die Welt heißt Anima. Was der Name bedeutet, werdet ihr zeitnah erfahren. Wichtig ist erstmal, dass ihr euren Fokus auf die Hinweise setzt. Diese führen euch zum Ziel.“

Welches Ziel? Das Geheimnis?“, versuchte ich zu fragen, doch Rose verschwand, ohne mir zu antworten.

Ich atmete aus und fand wieder Aidens Augen. „Aiden ... Ich weiß, die Situation ist gerade echt ... aufregend. Ich bin selbst noch sprachlos und komme nicht darauf klar. Was sagst du dazu?“

Er atmete tief ein und aus und sah mich skeptisch an. „Ich weiß ja nicht ... Das überrumpelt mich gerade ... Was, wenn diese Welt nicht sicher ist? Wenn es dort Gefahren gibt. Sie sprach von anderen Bedingungen“

„Ja, sie erwähnte diese Monster. Aber diese kommen nur, wenn wir das Geheimnis nicht rechtzeitig lüften.“

„Magie ... Das ... Das ist doch verrückt. Ich meine, du hast sie auch gesehen, also muss es real sein. Aber ... Das ist mir echt ein bisschen viel ...“ Er fuhr sich durch die Haare. „Und Außerdem ... Was sollst du denn geschafft haben?“

Ich stand auf und zeigte mit einer Handbewegung, dass er mir folgen soll. „Ich zeige es dir.“

Wir gingen die Treppen hoch auf mein Zimmer. Dort lag der Ring auf meinem Schreibtisch.

„Du kannst dich gerne auf das Bett setzen“, bot ich ihm an und setzte mich an den Schreibtisch. Ich drehte mich zu ihm und hielt die Schachtel geöffnet in meinen Handflächen. „Ich habe dir ja von dem Fund im Wald erzählt. Rose hat mir gesagt, dass ich einen treuen Verbündeten, einen Begleiter, finden muss. Ich hätte ehrlich gedacht, dass das eine Ewigkeit dauern würde, weil mir einfach niemand eingefallen ist, der geeignet für die Aufgabe wäre. Anscheinend bist du der Richtige.“

Er schaute mich mit großen Augen an und wir fingen beide an zu Lächeln. „Denkst du an das, was ich denke?“, fragte ich und hielt die Hand vor den Mund.

„Ein Abenteuer ...“

„... wie in Filmen und Büchern“, beendete ich seinen Satz und fiel lachend gegen die Lehne meines Stuhls.

„Du schaust gerne solche Filme, oder?“, fragte er.

Ich nickte. „Ja, ich habe auch jede Menge Bücher. Schon als Kind fand ich das Thema spannend. Aber hätte mir jemand gesagt, dass es das wirklich gibt, hätte ich die Person für verrückt gehalten“, sagte ich.

Er stützte sich mit den Händen nach hinten auf mein Bett und schaute an die Decke. Die untergehende Sonne warf ihre Strahlen durch das Fenster und tauchten Aiden in goldenes Licht, was ihn so gut aussehen ließ. In den Ferien hatte er bestimmt die meiste Zeit draußen verbracht, denn sein Teint war leicht gebräunt.

„Es erinnert mich an diese eine Serie, die ich als Kind gerne geschaut habe“, sagte er und sein Blick wanderte weiter durch das Zimmer.

„Die lief auf dem Kindersender, auf dem auch die Serie mit der Katze und der Maus lief, ich habe aber gerade nicht mehr den Namen im Kopf“, murmelte er.

Ich überlegte, welche er meinen könnte. „Du meinst die Serie mit den Piraten, oder? Da gingen sie jedes Mal auf Mission. Ich habe die Serie geliebt.“

„Oh, ich auch. Ich hatte sogar Bettwäsche mit dem Logo darauf.“

Ich lachte.

Er setzte sich wieder normal hin und blickte konzentriert auf die Schachtel, die sich noch immer in meiner Hand befand. „Wir sollten wieder zu der Sache mit der Fee kommen“, sagte er.

Ich nahm den Ring und gab ihn Aiden. Er betrachtete diesen so genau, als würde er den Stempel mit der Karat Anzahl suchen. Mit den Fingern fuhr er über die Eingravierungen, die Kletterpflanzen ähnelten. „Unglaublich, dass so etwas möglich ist. Sollen wir wirklich in diese Welt gehen?“, fragte er und blickte mir in die Augen.

Ich schaute auf den Boden und biss mir auf die Unterlippe. „Ich weiß nicht. Würdest du es tun?“

Er zuckte mit den Schultern. „No risk no fun, sage ich immer, aber hier bin ich mir echt nicht sicher. Da ist mir unser Leben zu kostbar, dafür, dass wir in eine Welt gehen, die uns eine kleine Fee mit blonden Haaren schönschreibt, in der wir etwas lösen müssen, von dem wir keine Ahnung haben.“

Ich verstand seinen Punkt und mein Blick fiel auf den Sonnenuntergang. Die Sonnenstrahlen trafen auch mein Gesicht, was mich ein wenig blendete. „Ich denke, wir sollten es einfach Mal ausprobieren“, sagte ich.

Er schmunzelte.

Himmel, warum wurde mir plötzlich warm?

„Wir kennen uns echt noch nicht lange, aber ich glaube wir könnten uns in Zukunft echt gut verstehen. Komm. Wir schlafen eine Nacht darüber und entscheiden morgen. Ich sollte jetzt gehen.“ Er stand auf und wir gingen beide nach unten. Er nahm seine Sachen und ich schaute auf seine Hand. „Wir müssen gut auf die Ringe aufpassen“,

sagte ich.