Feel the Boss - (K)ein Chef für eine Nacht - April Dawson - E-Book

Feel the Boss - (K)ein Chef für eine Nacht E-Book

April Dawson

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Beschreibung

Herzklopfen auf der Chefetage

Gibt es etwas Schlimmeres, als nach sieben Jahren dem Mann wieder gegenüberzustehen, der dir das Herz gebrochen hat? Auf jeden Fall! Denn noch schlimmer ist es, wenn er sich nicht mal mehr an dich erinnern kann! Aber das Schlimmste ist, wenn dieser Mann plötzlich dein Chef ist und du merkst, dass dein Herz bei jeder Begegnung, bei jedem Lächeln und jedem Augenzwinkern von ihm Luftsprünge macht!

Band 3 der Bestseller-Reihe von April Dawson


"Locker-leicht und mit viel Charme: Eine Autorin, die man sich merken sollte!" Kleeblatts Bücherblog



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Inhalt

TitelZu diesem Buch Widmung123456789101112131415171819202122232425262728293031323334Ein Jahr später …LeseprobeDanksagungDie AutorinApril Dawson bei LYXImpressum

APRIL DAWSON

Feel the Boss

(K)ein Chef für eine Nacht

Zu diesem Buch

Gibt es etwas Schlimmeres, als nach sieben Jahren dem Mann wieder gegenüberzustehen, der dir das Herz gebrochen hat? Auf jeden Fall! Denn noch schlimmer ist es, wenn er sich nicht mal mehr an dich erinnern kann! Aber das Schlimmste ist, wenn dieser Mann plötzlich dein Chef ist und du merkst, dass dein Herz bei jeder Begegnung, bei jedem Lächeln und jedem Augenzwinkern von ihm Luftsprünge macht!

Für Sarah.Meine Seelenverwandte.

1

Sarah

Wieder einmal sitze ich auf einer öden Gala mit langweiligen Gästen und noch einfallsloserem Essen. Es ist immer das Gleiche. Vor dem Gebäude tummeln sich die Paparazzi, die sich trotz der meist seriösen Besucher einen Skandal erhoffen. In der Empfangshalle sehen sich die meisten um, ob sie nicht doch ein Gesicht entdecken, das sie nicht zum Kotzen finden, und die Feier an sich ist meist so trocken wie die Sahara. Ich bin auf so vielen Spendengalas gewesen, dass ich sie nicht mehr zählen könnte. Nicht ganz freiwillig, muss ich dazu sagen. Viele würden meinen, dass es Spaß macht, auf einer vornehmen Party geladen zu sein, aber ich sehe jeder Feier mit einem Seufzen entgegen. Viel lieber würde ich zu Hause mit meiner Schwester Serien ansehen oder ein Buch lesen. Sogar Wäsche würde ich machen. Hauptsache, nicht hier sein!

Ich lasse den Blick durch den Saal schweifen, sehe bekannte Geschäftspartner, die sich angeregt miteinander unterhalten. Auf solchen Events werden mehr Deals abgeschlossen als Geld gespendet, was in meinen Augen ziemlich traurig ist. Mehr als die Hälfte der Anwesenden kenne ich mittlerweile ziemlich gut. Allerdings will ich nicht mit ihnen reden, ich habe diese oberflächlichen Konversationen so was von satt. Zu meiner Freude stelle ich fest, dass dieser Saal definitiv edler ist als der, in dem die letzte Gala stattgefunden hat. Ich habe noch immer Albträume von Elchköpfen, die mich durch dunkle Wälder verfolgen. Diesmal sind wir in einem exklusiven Hotel, das sich bei der Dekoration zurückhält, jedoch nicht an Blumenarrangements spart. Die Decke ist dem atemberaubenden Fresko Die Erschaffung Adams von Michelangelo Buonarroti nachempfunden, das dem Original in der Sixtinischen Kapelle alle Ehre macht. Das Licht im Essbereich und an der Bar ist gedimmt, sodass die hell erleuchtete Bühne noch imposanter wirkt. Um mich herum sind meine Tischnachbarn in Gespräche vertieft, was allerdings kaum zu mir durchdringt. Ich bin längst in meine Welt abgetaucht und denke an das berührende Buch, das ich gestern Abend gelesen habe. Sehe die Protagonisten vor mir, wie sie alle Hürden überwinden und endlich zueinanderfinden. Sehe die Liebe, die mir bis jetzt verwehrt geblieben ist.

»Sarah! Mr Keagan hat dich etwas gefragt!« Meine Gedanken werden durch die tiefe Stimme meines Vaters unterbrochen. Verlegen lächle ich Dad an, aber es ist vergebens. Die Ader auf seiner Stirn tritt hervor, und ich weiß genau, was das bedeutet: Er ist stinksauer.

»Entschuldigen Sie bitte. Wie war die Frage?«, murmele ich mit hochrotem Kopf und höre meinen Vater seufzen.

»Was machen Sie beruflich, Ms Newman?« Ah, – die typische Frage, wenn man auf solchen Galas ist.

Ich setze mein übliches Pokerface auf. »Ich kümmere mich in unserem Familienunternehmen um die IT-Abteilung und betreue nebenbei das Marketing«, antworte ich halbherzig. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie oft ich diesen Satz gesagt habe. Mein Gegenüber wird sowieso alles vergessen, was ich von mir gebe. Denn in der Geschäftswelt ist kaum jemand an der Person selbst interessiert. Die Leute wollen wissen, wie die Aktien stehen, die Jahresbilanz aussieht oder ob das Unternehmen vor dem Ruin steht und sie es dir zu einem Spottpreis abkaufen können.

Mein Vater ist so ein Geschäftsmann. Wortkarg, eisern und gnadenlos in der Führung seines Unternehmens. Ein Workaholic, der gefühlsmäßig kühl ist, mehr Boss als Vater, und von meiner Schwester und mir natürlich Topleistungen erwartet, die wir in seinen Augen doch nie erfüllen werden. Er lässt keine der Veranstaltungen aus, die hier in New York beinahe jedes Wochenende stattfinden. Geschäftsbeziehungen knüpfen, ausbauen und Deals abschließen; das ist alles, was Dad interessiert. In letzter Zeit ist es schlimmer geworden. Ich spüre und sehe, dass ihn etwas bedrückt, doch er schließt alle aus, die ihm zu nahe kommen. Das ist etwas, das er sich angeeignet hat, als unsere Mutter uns verlassen hat.

Innerhalb der Newman Group wird er »Peter, der Barbar« genannt, weil er die Firma mit solcher Verbissenheit und dieser gewissen Härte führt. Wer schwächelt, fliegt. Viele fähige Mitarbeiter mussten aufgrund seiner Launen schon die Firma verlassen, selbst ich stand schon mal auf der Kippe –, und ich bin seine Tochter. Ihm ist es egal, dass diese Menschen Familien ernähren müssen oder den Job zum Überleben brauchen. Auch was seine Töchter wollen, kümmert ihn nicht. Callie hat das Glück, noch immer aufs College zu gehen, sonst würde Vater auch sie im Unternehmen einspannen. Nach meinem Informatikstudium, das ich mit dem Master of Science abgeschlossen habe, habe ich versucht, mich von meinem Vater zu lösen und in einer anderen Firma Fuß zu fassen, doch das kam für Peter Newman nicht infrage. Für ihn wäre es eine Schande, wenn ich woanders arbeiten und dem Familienunternehmen den Rücken kehren würde. Mir ist bewusst, dass ich mit meinen fünfundzwanzig Jahren alt genug bin, um selbst Entscheidungen zu treffen. Trotzdem fällt es mir schwer, Nein zu meinem Vater zu sagen.

Mr Keagan scheint das Interesse an einem Gespräch mit mir verloren zu haben, weshalb er sich wieder Dad zuwendet. Dieser sieht mich mit einem Blick an, den nur ich zu deuten weiß; ich habe gewaltig Mist gebaut. Wieder kann ich mir eine Standpauke anhören, wie unhöflich ich doch sei und wie wichtig gute Geschäftsbeziehungen wären. Jetzt mehr denn je. Dad hatte schon immer die Macht, allein durch einen Blick und seine Präsenz einen Menschen einzuschüchtern und ihn in die Ecke zu drängen. Meine Laune sinkt auf den Nullpunkt. Ich muss hier raus! Ich entschuldige mich, schnappe mir meine Clutch und eile aus dem Saal. Im Rücken spüre ich den bohrenden Blick meines Vaters, aber ich drehe mich nicht um, genauer gesagt gehe ich dadurch sogar noch schneller.

Während im Saal reges Treiben herrscht, ist es in der Garderobe ruhig, was mir sehr gelegen kommt. Ich lege meine Tasche auf einer Kommode ab, lehne mich gegen die Wand und atme tief durch. Was ist nur aus meinem Leben geworden? Ich hatte große Pläne. Vor meinem dreißigsten Geburtstag wollte ich die Welt bereisen, Fallschirm springen, mit Delfinen schwimmen, und noch einiges mehr. Nichts davon habe ich bisher geschafft, und mir bleiben nur noch fünf Jahre, um meine Träume zu erfüllen. Der Druck, den ich mein ganzes Leben spüre, ausgelöst durch Dads ständige Worte, ich solle doch mehr wie er werden und härter arbeiten, hat es mir unmöglich gemacht, mal etwas anderes als New York zu sehen. Urlaube kamen nicht infrage. Meine beste Freundin Elena redet schon seit Jahren auf mich ein, dass ich Dad endlich die Stirn bieten muss, doch ich kann es nicht. Ich will ihn nicht enttäuschen. Nicht wie Mom, die wir alle geliebt haben, der das aber nicht gereicht hat.

Liebe war auch ein großes Thema für mich, das mit den Jahren immer mehr in den Hintergrund gerückt ist. Mein Vater würde sowieso keinen meiner Freunde akzeptieren. Für ihn werde ich immer die niedliche, kleine Sarah bleiben, die ohne Daddys Hilfe nichts auf die Reihe kriegt. Es ist zum Verzweifeln.

Am liebsten würde ich mir jetzt ein Taxi schnappen und nach Hause fahren, aber das würde ihn nur noch mehr zur Weißglut bringen. Keine gute Idee. Also schlucke ich meinen Frust herunter und versuche mich zu sammeln, um diese Nacht zu überleben. Ein paar Stunden werden mich schon nicht umbringen. Wobei! Kann man eigentlich an Langweile sterben? Das sollte ich unbedingt googeln. Frustriert fahre ich mir durch mein dunkelblondes Haar, das ich heute offen trage. Es fällt mir in sanften Wellen über die Schultern, umschmeichelt meinen Oberkörper.

Plötzlich wird die Tür neben mir mit solcher Wucht aufgestoßen, dass ich Angst habe, sie würde mich erschlagen. Ein stummer Schrei entweicht meiner Kehle. Erschrocken starre ich auf das Holz, das nur knapp neben mir gegen die Wand knallt.

»Sean, bitte. Lass uns doch darüber reden!«, wimmert eine verzweifelte Frauenstimme.

»Nein, Jazabell. Es gibt da nichts zu bereden.«

»Aber du und ich …«

»Es gibt kein ›du und ich‹, Jaz!«

»Aber ich dachte, das Date heute hätte deine Meinung vielleicht geändert.«

»Für mich hat sich gar nichts verändert. Ich bin noch immer dein Boss und du meine Angestellte – also lass es endlich sein!«

Ich bin wie gelähmt, starre auf die Tür, die durch die Wucht des Aufschlags wieder etwas zugegangen ist und mir die Sicht versperrt. Es fühlt sich falsch an, ein fremdes Gespräch zu belauschen, doch ich kann mich einfach nicht bewegen, zu sehr sitzt mir noch der Schreck in den Gliedern. Dann höre ich Schritte und erstarre. Wer auch immer sich da unterhält, ich will ihm nicht begegnen. Es ist peinlich genug, sich hinter einer Tür zu verkriechen.

»Jazzy, ich will ehrlich sein. Ich stehe nicht auf dich. Was wir hatten, war nur ein schneller Fick, und der ist ewig her.«

Diese harten Worte treffen mich. Ich weiß zwar nicht, zu wem die Stimme gehört, aber ich beschließe sofort, dass ich den Mann nicht leiden kann. Allem Anschein nach lässt er sie stehen, schließt die Tür hinter sich und hält inne. Der Mann, von dem ich nur den Rücken sehen kann, umklammert fest den Griff und scheint tief durchzuatmen. Schließlich schüttelt er den Kopf, dreht sich um und entdeckt mich. Als ich erkenne, um wen es sich handelt, schnappe ich laut nach Luft. Vor mir steht niemand Geringeres als Sean Coleman. Der Mann, der mein Herz einst nicht nur brach, sondern regelrecht zerschmetterte.

Seans eisblaue Augen mustern mich kühl, was ich ihm nicht mal verübeln kann. Wenn ich so aussehe, wie ich mich gerade fühle, rechtfertigt das seine Verwunderung. Schließlich lässt er den Blick über meinen ganzen Körper gleiten, und mit einem Mal bin ich froh, dass ich ein hochgeschlossenes Kleid trage. Es fühlt sich an, als würde er mich in Gedanken bereits ausziehen. Seine eisblauen Augen tasten jeden Winkel meines Körpers ab, und fast kann ich seine Blicke spüren. Ich bin versucht, die Augen zu schließen, da mich seine Präsenz zu überwältigen droht. Sean sieht noch immer aus wie vor sieben Jahren. Muskulöser Körper, wilde Augen, hohe Wangenknochen und das halblange pechschwarze Haar, das ihm lässig in die Stirn fällt. Ein Bad Boy, wie er im Buche steht – und ich weiß noch genau, wie bad er sein konnte.

Mit einem Mal brechen die Erinnerungen über mich herein. Ich spüre seine starken Arme, die sich um meine Taille legen, den Daumen, der an meiner pochenden Halsschlagader ruht, und eisblaue Augen, die mir das Gefühl geben, endlich frei zu sein. Mein Körper beginnt zu beben, während mein Atem immer schneller geht. »Sean«, hauche ich und versuche, seinem intensiven Blick standzuhalten. Diesen Ausdruck in seinem Gesicht kenne ich sehr gut. Ich gefalle ihm.

»Kennen wir uns?«, raunt er verführerisch, doch diese drei Worte sind wie ein Fausthieb in den Magen.

Er erinnert sich nicht mehr an mich? Mein Herz wird schwer, und die Enttäuschung lässt mich kurz die Augen schließen. Der Mann, den ich einst geliebt habe, der mein Leben geprägt hat, weiß nicht mehr, wer ich bin. Diese Tatsache treibt mir die Tränen in die Augen. Es gab eine Zeit, als er der Mittelpunkt meiner Welt war, meine erste Liebe. Ich bekomme keine Luft, und das Atmen wird immer schwerer. Es fühlt sich an, als würde Sean mein Herz mit seiner Faust zudrücken und mich in die Knie zwingen. Selbst nach so langer Zeit schafft er es, mich zu verwirren und gleichzeitig zur Weißglut zu bringen. Auch wenn ich nicht die Seine bin, hat er doch die Kraft, mich zu verletzen. Vollidiot!

»Geht es Ihnen gut?«, fragt er mich, und ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Mir geht es alles andere als gut. Jetzt hege ich mehr denn je den Wunsch, nach Hause zu fahren und den Schock zu verarbeiten. Es kostet mich übermenschliche Kraft, meine Augen zu heben und seinem intensiven Blick zu begegnen. Dort sehe ich ernsthafte Sorge darin, was mich etwas überrascht. Denn soweit ich weiß, ist Sean Coleman ein Mann, der nur an sich selbst denkt. Um nicht wie die größte Idiotin dazustehen, nicke ich hastig und versuche, vor ihm zu fliehen.

Plötzlich greift Sean nach meinem Unterarm, und ich erstarre. Blitze durchzucken meinen Körper, lassen mich erzittern. Seine große Hand auf meinem nackten Arm zu spüren weckt alle Gefühle, die ich tief in meinem Innern vergraben habe. Gefühle, die ich nie wieder zulassen wollte. Ich sehe auf und treffe Seans verwirrten Gesichtsausdruck. Wie gebannt sieht er auf meinen Unterarm, runzelt die Stirn, als spürte er es auch. Er blickt auf, sieht mir tief in die Augen. »Sie …« Er räuspert sich, lässt meinen Arm aber nicht los. »Sie haben Ihre Handtasche vergessen«, wispert er und deutet mit dem Kopf auf die Kommode hinter mir. Welche Tasche? Ach ja! Meine Clutch.

»Danke«, flüstere ich, versuche es schwer atmend mit einem Lächeln, was mir allerdings misslingt. Er macht jedoch keine Anstalten, mich gehen zu lassen. Dafür scheint er zu tief in Gedanken versunken zu sein. »Ähm, ich brauche meinen Arm noch.«

Erst jetzt wird ihm bewusst, dass er mich noch festhält. Sean lässt mich abrupt los, murmelt eine Entschuldigung und fährt sich durchs dichte Haar. Heilige Scheiße! Das kann er doch nicht machen! Das habe ich früher schon unwiderstehlich an ihm gefunden. Ich beiße mir auf die Unterlippe und tue mein Bestes, kühl und reserviert zu wirken. Wobei das wohl ein Schuss in den Ofen ist, denn ich zittere am ganzen Leib.

Dann reicht er mir seine Hand. »Sean Coleman.«

Pah! Als wenn ich das nicht wüsste! Er war schuld an so manch heißem Traum von mir und an vielen Tränen. »Sarah Newman.« Ich ergreife seine ausgestreckte Hand, und wieder tobt ein Wirbelsturm in mir.

Auch diesmal bleibt Sean cool. Mein Name scheint keine Erinnerung in ihm hervorzurufen. Die Enttäuschung darüber trifft mich bis ins Mark. Ich habe an diesen Mann meine Unschuld verloren, und er kann sich nicht mal an mich erinnern. Dieser Schmerz, der sich in meiner Brust ausbreitet, ist schier unerträglich, lässt mich kaum klar denken.

»Ich muss gehen.« Ohne ein weiteres Wort lasse ich ihn stehen und eile auf die Damentoilette. Mit zittrigen Fingern und eiskaltem Wasser wasche ich mir die Hände, lege die feuchte Hand an den Nacken. Verdammt! Ich habe jahrelang versucht, Sean aus meinen Gedanken zu verbannen, was in letzter Zeit immer schwieriger wurde, da sein Gesicht und das seines Bruders auf sämtlichen Titelblättern zu sehen waren.

»Echt toll, Sarah! Das hast du ja mal wieder mit Bravour gemeistert!«, schimpfe ich mit meinem Spiegelbild und kann die Wut über mich selbst kaum zurückhalten. »Wieso muss dieser Idiot auch so gut aussehen!«, murmle ich vor mich hin.

Früher habe ich mir immer vorgestellt, wie ich reagieren würde, wenn ich ihm gegenüberstände. »Ich wollte ihm doch an den Kopf werfen, was für ein Mistkerl und Playboy er ist, und ihm so richtig die Leviten lesen – und was mache ich? Ich gaffe ihn an. Hat nur noch der Sabber gefehlt!«

Dann höre ich ein Lachen. Erst jetzt nehme ich die brünette Frau wahr, die hinter mir steht. »Alles in Ordnung?«, fragt sie mich schmunzelnd, sieht mir über den Spiegel in die Augen.

Ich nicke, will mit keiner Fremden über mein Gefühlschaos reden.

Sie schenkt mir ein aufrichtiges Lächeln, das ich nicht erwidern kann, und verschwindet in einer Kabine.

Ich senke den Blick und klammere mich ans Waschbecken. Ich muss mich beruhigen! So kann ich Dad auf keinen Fall gegenübertreten, er würde sofort merken, dass etwas im Busch ist. Ich nehme ein paar tiefe Atemzüge. »Beruhige dich, Sarah. Er ist nur ein Kerl, die gibt es wie Sand am Meer«, rede ich auf mich ein und komme langsam zu Atem.

Die junge Frau tritt neben mich und wäscht sich die Hände.

»Trotzdem … danke«, flüstere ich und lächle sie verlegen an. Gefasster mache ich mich auf den Weg zu meinem Tisch und hoffe inständig, Sean Coleman nicht mehr zu begegnen.

2

Sarah

Mit straffen Schultern betrete ich den Saal. Mittlerweile haben alle Gäste ihre Plätze eingenommen, und ich setze mich wieder neben meinen Vater, der mich mit einem grimmigen Blick straft. Wie oft habe ich mir gewünscht, mutiger zu sein und ihm endlich die Stirn zu bieten, doch ich habe stets gekniffen. All die Jahre. Ich wollte eine gute Tochter sein, nachdem uns unsere Mutter verlassen hat. Deshalb hatte ich mich anstatt auf Pädagogik, was von klein auf mein Wunsch gewesen war, auf Technik konzentriert, damit er stolz auf mich sein konnte. Meine Schwester Callie studiert Marketing und soll nach dem Abschluss wie ich im Familienunternehmen arbeiten. Es ist wie ein ungeschriebenes Gesetz.

Ich liebe meinen Job als IT- und Marketingmanagerin in der Newman Group und kann dort meine Leidenschaft fürs Programmieren ausleben; es ist ein Job, in dem ich aufgehe und der mich stets an meine Grenzen bringt. Vor einem Jahr ist mir ein beruflicher Durchbruch gelungen. Ich habe ein Programm entwickelt, das es Marketingfirmen möglich macht, Verkaufszahlen, Statistiken, Umfragen, Werbespots und Werbeanzeigen, also die wichtigsten Daten, übersichtlich und kompakt in einer Software zu verbinden. So hat man alle Themen auf einen Blick und muss nicht von einem Programm ins nächste wechseln. Solche Programme gibt es eigentlich wie Sand am Meer, doch meins ist innovativer, da es im Hintergrund den Effekt von Werbung errechnet und prozentuell angibt, wie erfolgreich die geschaltete Werbung ist. Da mein Vater niemals akzeptieren würde, dass ich ihm Konkurrenz mache oder gar eine eigene Firma gründe, habe ich das Programm unter dem Pseudonym George Inna auf den Markt gebracht. Womit ich allerdings nicht gerechnet habe, ist der Erfolg. Viele Zeitschriften und Kollegen loben meine Software und setzen sie in vielen Unternehmen ein. Das Geld, das ich durch mein Hobby verdiene, fließt zu zwei Dritteln in die Newman Foundation, eine Stiftung, die Schulen und Krankenhäuser in Afrika finanziert. Die Projekte in Afrika liegen mir sehr am Herzen, und sobald ich etwas mehr Freizeit habe, sehe ich vor Ort nach dem Rechten.

Auch wenn ich mir fest vorgenommen habe, nicht nach Sean Ausschau zu halten, mache ich es trotzdem. Unauffällig blicke ich durch die Tischreihen, kann ihn aber nirgends entdecken. Genervt von mir selbst rolle ich mit den Augen. Dieser Mann hat mich schlecht behandelt, und trotzdem lechze ich danach, ihn von der Ferne anzuschmachten. Wie erbärmlich! Ich lerne wohl nie dazu. Zwei Tische weiter erspähe ich die junge Frau, die mir bei meinem Nervenzusammenbruch auf der Toilette begegnet ist. Als spüre sie meine Blicke, wendet sie sich mir zu und winkt freundlich. Lächelnd hebe ich die Hand, erwidere ihren Gruß.

Die Gäste applaudieren, und wie mechanisch tue ich es ihnen gleich, dabei habe ich nicht einmal zugehört. Ich zupfe mir einen imaginären Fussel von meinem Kleid, während der Gastgeber einen Redner ankündigt: »Und nun einen herzlichen Applaus für Sean Coleman!«

Mein Kopf schnellt nach oben, und erneut sehe ich den Traummann, den ich eigentlich vergessen wollte. Ich muss mich ziemlich beherrschen, um nicht laut vor mich hin zu fluchen. Mit sicheren Schritten betritt er die Bühne, lächelt der Menge zu, und mein Herz droht mir in die Hose zu rutschen. Der maßgeschneiderte schwarze Anzug sitzt perfekt an seinem sportlichen Körper, betont seine Muskeln, die ich sogar durch den Stoff erahnen kann. Darunter trägt er ein perlweißes Hemd und dazu eine schwarzgraue Krawatte. Meine Traumbesetzung für den nächsten James-Bond-Film. Er lächelt das Publikum an, strahlt allein durch seine Präsenz Autorität und Coolness aus. Wie schon damals, als ich ihm das erste Mal begegnet bin. Wie schafft er das nur immer? Ich schüttle den Kopf, verdränge die Vergangenheit, die mein ganzes Denken einnimmt. Ich muss cool bleiben und mich beruhigen, schließlich bin ich ja sauer auf den Kerl, der sich nicht mal an mich erinnern kann. Da hat Schwäche oder Anziehung nichts verloren!

Sean stellt sich vor das gläserne Podest, richtet das Mikrofon und passt es auf seine Höhe an. Er räuspert sich, bevor er spricht. »Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist mir eine Freude, hier bei Ihnen zu sein. Das letzte Jahr war für unser Unternehmen Coleman & Sons in vielerlei Hinsicht ereignisreich. Wir konnten einen weltweit geschalteten Werbespot mit der Firma Rehbock entwickeln, der durch die Hilfe unserer Mitarbeiter und speziell Emma Reed ein riesiger Erfolg wurde. Außerdem …«

Emma? Hieß so nicht seine Exfreundin? Durch die Presse habe ich herausbekommen, dass er angeblich eine Freundin hatte, was ich allerdings nicht glaube. Ich kenne Sean Coleman. Er ist ein Playboy, der ständig Affären, Geld wie Heu und ein übergroßes Ego hat. Eine Frau, die Sean zähmen kann, scheint mir da sehr unwahrscheinlich.

»Deshalb planen wir, die komplette IT-Abteilung aufzurüsten, und werden in den nächsten Wochen das ATM-Programm von George Inna erstehen. George hat unserer Branche durch seine Genialität einen großen Gefallen getan und viele Arbeitsgriffe erspart.«

Hat Sean Coleman mich gerade als genial bezeichnet? »Heilige Scheiße!«, hauche ich und ernte dafür Verwunderung und giftige Blicke meiner Tischnachbarn. Shit! Ich kann auch nie die Klappe halten! Es fällt mir schwer zu glauben, dass Sean meine Arbeit so zu schätzen weiß. Mir ist zwar bewusst, dass ich ihn nicht gut genug kenne, aber wenn ich mir so die Klatschblätter ansehe, deren Titelseiten er schmückt, macht es den Eindruck, als wäre er mehr Playboy als Geschäftsmann. Aber wer bin ich, um ihn zu verurteilen? Ich verstecke mich hinter einem Pseudonym und schaffe es mit meinen fünfundzwanzig Jahren nicht, meinem Vater die Stirn zu bieten und meinen eigenen Weg zu gehen. Wenn hier jemand ein Heuchler ist, dann bin ich es.

Zu meinem Glück hat Sean seine Rede nun beendet und verlässt mit einem atemberaubenden strahlenden Lächeln die Bühne. Etwas passiert in mir, das ich kaum in Worte fassen kann. Wenn ich ihn ansehe, sehe ich nicht den Mann, der er jetzt ist und den ich kaum kenne, sondern den jungen Studenten, der mich in einer Nacht so verzaubert hat, dass ich mich innig in ihn verliebt habe. Tief in der Vergangenheit gefangen wird es still um mich herum.

Ich blende alles aus der Gegenwart aus, sehe nur Sean, der seine Hände stöhnend in meinem Haar vergräbt, seine Lippen, die jeden Winkel meiner erhitzten Haut küssen, und seine Augen, die so klar sind wie das Eis der Antarktis. Es wäre ein Leichtes zu sagen, dass er mich damals nur gefickt und weggeworfen hat, doch mein Herz weiß, dass es anders war. Seine Augen haben ihn verraten, als er in mich eingedrungen ist und mir meine Unschuld genommen hat. Er hat auch gefühlt, dass etwas zwischen uns tiefer geht als alles, was wir bis dahin wussten. Noch immer höre ich sein Keuchen, mein Stöhnen, und spüre erneut, wie er besitzergreifend seine Arme um mich legt, uns aufrichtet, sodass ich auf seinem Schoß sitze. Sehe ihm tief in die Augen, als er erneut in mich stößt und flüstert, dass er noch nie einer schöneren Frau begegnet sei. Überwältigt von den Gefühlen, die mich zu übermannen drohen, hebe ich meinen Blick und sehe schwer atmend auf den Mann, den ich seit sieben Jahren nicht vergessen kann. Mein Herz klopft wie verrückt, als ich ihn beobachte und an seinem Hintern hängen bleibe.

»Was für ein Arsch«, schwärme ich vor mich ihn und seufze tief. Ich bin so scharf wie schon lange nicht mehr.

»Was?«, knurrt mein Vater.

Panisch wende ich mich ihm zu. »Ich hätte gern den Barsch, Vater.« Was? Ich hasse doch Fisch! Aber diese Ausrede scheint zu funktionieren, denn er nickt nur. Puh! Nach diesem Schock und dem erotischen Tagtraum habe ich mir einen Doppelten verdient. Wobei, wenn ich im selben Raum wie Sean bin, brauche ich eher einen Fünffachen. »Entschuldigen Sie mich bitte«, sage ich zu meinen Tischnachbarn, erhebe mich elegant und eile auf die Bar zu.

»Was darf es sein, Miss?«

»Rotwein. Nein! Gin! Oder warten Sie. Geben Sie mir einen Tequila.«

Der Barmann grinst mich an, scheint zu ahnen, dass ich meinen Kummer ertränken möchte. »Kommt sofort.«

Ich klammere mich an die Bar, versuche, meine Atmung zu kontrollieren. Heute Nachmittag dachte ich noch, dass mir ein langweiliger Abend bevorstehe. Doch ich wurde eines Besseren belehrt. Leider. Ich habe den Mann wiedergetroffen, der mir meine Welt damals in Trümmer gelegt hat und in den ich mich unsterblich verliebt habe. Damals war ich blauäugig, dachte, wenn ich ihm alles von mir gebe, würde er sich auch in mich verlieben. Doch ich wurde auf schlimme Art und Weise auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Sein Verhalten nach unserer gemeinsamen Nacht hat mir gezeigt, dass er ein Arschloch ist, und mir klargemacht, dass er und ich nie zusammen sein werden, und doch habe ich ihn nie überwunden. Habe meine späteren Sexualpartner an Sean gemessen, was natürlich völliger Blödsinn war.

Mit einem Mal breitet sich eine Wut in mir aus, die mich tief Luft holen lässt. Ich bin sauer auf mich selbst. Habe nie Frauen verstanden, die bei ihrem Mann bleiben, obwohl er sie wie Dreck behandelt. Und nun muss ich feststellen, dass ich keinen Deut besser bin als sie. Ich scheine aus meinen Fehlern nicht gerade dazuzulernen. Leider ist er noch immer attraktiv und eine Sünde wert. Ich hatte ja gehofft, dass er durch ein Wunder dick und hässlich geworden wäre. Aber nix da. Nie hätte ich gedacht, dass er nach sieben Jahren eine unveränderte Wirkung auf mich ausübt. Vorhin wäre ich auf der Toilette fast in Tränen ausgebrochen und muss nun feststellen, dass genau dieser Mann meine Arbeit respektiert und mein Programm gekauft hat. Da ich Angestellte habe, die sich um die Finanzen kümmern, habe ich nicht mal gewusst, dass Coleman & Sons ATM erstanden hat.

Nachdem er den Shot vor mir abgestellt hat, lächle ich den Barmann an, als wäre er der Messias persönlich, und leere das Glas in einem Zug. Zitrone? Salz? Das alles brauche ich nicht. Wenn ich Sean Coleman aus meinem Kopf bekommen will, hilft nur Alkohol pur!

»Sarah Newman, sieht aus, als wäre der Abend für dich die reinste Qual.« Eine bekannte Stimme lässt mich genervt die Augen verdrehen. Nicht der!Alles, nur nicht er.

Ich hole tief Luft, bevor ich ein falsches Lächeln aufsetze und mich umdrehe. »Gabriel, hi.«

Vor mir steht Gabriel Bradford, ein Spross aus gutem Hause, der natürlich in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist. Bradford Sweets ist der größte Süßwarenhersteller in den Staaten und gehört einer der reichsten Familien Amerikas. Gabe sieht nicht schlecht aus. Er ist groß, breit gebaut, hat blondes Haar, grüne Augen und ein charmantes Lächeln. Meine beste Freundin Elena findet, er sehe aus wie Sex auf zwei Beinen, sie ist schon seit der Grundschule in ihn verschossen. Wenn ich ihn ansehe, spüre ich allerdings gar nichts. Ich befürchte jedoch, dass seine Gefühle für mich tiefer gehen. Immer scharwenzelt er um mich herum, lässt keine Gelegenheit verstreichen, um mich anzubaggern.

Er streicht mir über den Oberarm, drückt mich kurz zur Begrüßung und küsst meine Wange. Gerne würde ich ihm sagen, dass ich kein Interesse habe, aber meist sehen wir uns bei offiziellen Anlässen, wo auch die Presse zugegen ist. Da wäre es nicht ratsam, eine Diskussion zu beginnen und einem der reichsten Söhnen Amerikas einen Korb zu geben.

»Na, wie läuft’s bei dir? Bist du noch immer Königin der Nerds?« Genau wegen solcher Aussagen würde ich ihn am liebsten stehen lassen, aber das schickt sich nicht, also lächle ich nur. Ich kann sie ja nicht alle töten.

»In der Tat. Ich bin noch immer die Leiterin der IT-Abteilung und kümmere mich zusätzlich ums Marketing.«

»Du bist ja ein richtiges Arbeitstier, wie Peter. Ihr solltet mal langsam machen und ein wenig Spaß haben.«

Der nächste Shot wird vor mich hingestellt. Verwundert blicke ich zum Barmann, der mir zuzwinkert und nickt. »Der geht aufs Haus.« Dieser Heilige scheint genau zu wissen, was eine Jungfrau in Nöten braucht. Hochprozentiges.

»Danke.« Lächelnd proste ich ihm zu und trinke aus.

»Tequila? Ach, Sarah, kannst du nicht etwas Geschmackvolleres trinken? Etwas mit Stil.« Oh Gott! Dieser Typ geht mir echt auf die Nerven. Es kann ja nicht jeder so ein Snob sein wie du.

Genau das will ich antworten, aber ich setze ein falsches Grinsen auf und sage:»Ich trinke immer noch, was ich möchte. Wenn es dir nicht passt, kannst du gerne gehen.« Diese Worte sollte er verstehen.

Tut er aber nicht, sondern rückt mir noch immer auf die Pelle. »Ach, Sarah. Ich liebe dein vorlautes Mundwerk. Du und ich wären das perfekte Paar. Findest du nicht?« Gabe wäre der perfekte Ehemann, wenn man meinem Vater glauben möchte. (Wobei der natürlich keine Ahnung hat.)

»Ehrlich gesagt, nein. Du bist nicht mein Typ.«

»Das sagst du nur, weil du mich nicht mehr kennst. Wir sollten echt mehr Zeit miteinander verbringen. Peter hat sogar einmal gesagt, dass ich der perfekte Schwiegersohn wäre, jetzt muss ich nur noch dich überzeugen, meine Frau zu werden.«

Langsam habe ich das Gefühl, als sollte ich an den Meistbietenden verschachert werden. Was ich will, spielt natürlich keinerlei Rolle. Ich tue so, als hätte ich das Ende des Satzes nicht gehört.

»Peter und ich waren gestern mittagessen. Er hat mich für nächste Woche zu euch ins Büro eingeladen. Wir könnten dann etwas gemeinsam unternehmen. Was sagst du dazu?« Gabriels Hand wandert zu meinem Rücken. Am liebsten würde ich sie wegschieben, weil mir seine ständigen Annäherungsversuche auf die Nerven gehen.

»Ich weiß nicht, ob ich nächste Woche Zeit habe. Dad hat etwas Großes geplant.« Mir fallen Millionen Sachen ein, die ich lieber machen würde. Wäsche bügeln oder Krokodile füttern. Das wäre sicher interessanter als eine Verabredung mit Gabriel.

Sein Grinsen ist so breit, dass seine Grübchen hervortreten, die ihn sehr jung erscheinen lassen. Er weiß ganz genau, dass ich nicht mit ihm ausgehen möchte, doch er sieht es als Herausforderung, mich zu erobern, und versucht jetzt schon, über Dad an ein Date zu kommen.

Ich drehe mich kurz um und bestelle einen Martini, verdrehe dabei die Augen. Was dem Barmann ein Kichern entlockt. Mein Dilemma scheint offensichtlich, nur Bradford Junior scheint es einfach nicht zu kapieren. Gabe abzuwimmeln wird nicht leicht werden. Ich muss mir etwas einfallen lassen.

Mit einem Mal wird mir vom Scheitel bis zur Sohle heiß. Mein ganzer Körper kribbelt, und ich spüre einen Blick, der mich von oben bis unten mustert. Ich sehe auf und begegne den eisblauen Augen, die mich bis in meine Träume verfolgen. Sean Coleman steht am Ende der Bar, nippt an seinem Drink und mustert mich intensiv. Seine Augen wandern meinen Körper entlang, und dann schließlich treffen sich unsere Blicke. Plötzlich wird die Luft dicker und es fällt mir schwer zu atmen. Es ist, als würde sie um uns herum knistern. So etwas Intensives habe ich noch nie erlebt, dieser Mann ist pure Versuchung. Schließlich wendet er sich Gabe zu und lässt mich wieder zu Atem kommen. Was zur Hölle war das? Sean legt die Stirn in Falten und scheint wegen irgendetwas aufgebracht. Gabriel seinerseits lässt ein Knurren verlauten. Sean und Gabe kennen sich?

3

Sean

Verdammte Scheiße, was war das? Wie ein Vollidiot sehe ich auf meine Finger, die noch immer kribbeln, bis ich sie zur Faust balle. Ich bin definitiv überarbeitet, anders kann ich es mir nicht erklären. Die Kleine war heiß, keine Frage. Aber anstatt dass sich mein Schoß regt, beginnt mein ganzer Körper zu vibrieren. Etwas hat diese Kleine an sich, und es ist nicht nur ihr scharfer Körper. Apropos Körper. Heute brauche ich definitiv Sex. Seit gestern hatte ich schon keinen mehr, und das ist eine verdammt lange Durststrecke, wie ich meine.

»Mr Coleman, noch fünf Minuten«, teilt mir eine scharfe Brünette mit und geleitet mich arschwackelnd zur Bühne. Die macht das mit Absicht! Nicht, dass es mich stört, aber ich kann nicht mit einem Ständer auf die Bühne gehen. Ich fahre mir durchs Haar und reiße mich zusammen. Später ist noch genug Zeit, um sie zu vernaschen.

Nach meiner Rede fühlt sich meine Kehle trocken an, weshalb ich einen großen Bogen um die Gäste mache und die Bar ansteuere. Ich halte mich etwas bedeckt, damit Jazzy mich nicht sofort wieder angraben kann. Die geht mir langsam auf die Eier. Nichts ist schlimmer, als wenn eine Frau, mit der man Sex hatte, sich als Klette herausstellt. Der Barmann serviert mir einen doppelten Whiskey, den ich mir sofort in den Rachen kippe. Wenn ich diese sterbenslangweilige Gala überleben will, brauche ich Alkohol, und zwar in Massen.

»Sean? Na, wo drückt der Schuh?«, fragt Emma schmunzelnd und gesellt sich zu mir. Ich lächle mein leeres Glas an, bevor ich den Blick hebe. Wenn Emma einen angrinst, verpufft die schlechte Laune meist wie von selbst. Durch ihr sonniges Gemüt schafft sie es immer wieder, mich abzulenken. Es ist mir damals nicht schwergefallen, mich in sie zu verlieben.

»Alles gut. Brauche nur einen Doppelten, um diese Party zu überleben. Gott sei Dank bist du da. Was möchtest du trinken?« Ihre Mundwinkel wandern nach unten. Emma sieht beschämt auf ihre Schuhe, und ich ahne, was sie vorhat.

»Nein! Das kannst du doch nicht machen!«

»Es tut mir leid, Sean, aber Liam holt mich gleich ab.«