Fliegende Nacktschnecken isst man nicht! - Miroslav Kolar - E-Book

Fliegende Nacktschnecken isst man nicht! E-Book

Miroslav Kolar

4,9

Beschreibung

Diesmal nimmt der Autor in seinen Kurzgeschichten nicht seinen hochexplosiv erfinderischen Vater aufs Korn, sondern seine Wanderfreunde, mit denen er schon seit zig Jahren jeden Sommer unterwegs ist. Und diese Freunde haben es in sich! Der Leser begegnet vier schrägen Lebenskünstlern aus sehr entfernten Universen, die manchmal gar nicht in diese Welt und in unsere Zeit zu passen scheinen. Alle Episoden in „Fliegende Nacktschnecken isst man nicht!“ basieren auf wahren Begebenheiten. Die Ereignisse wurden lediglich gestrafft oder neu kombiniert. Der am häufigsten geäußerten Kritik an seinem Buch „Wer sich selbst bedient, braucht nicht zu bezahlen“, nämlich, dass es zu kurz war, begegnet der Autor diesmal mit mehr als der doppelten Portion an skurrilen Episoden.

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Seitenzahl: 84

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Scurrilum maximum

Vorstellung

Fliegende Nacktschnecken isst man nicht!

Frauen wollen immer nur das Eine!

Radek ante portas

Akrophobie und andere Fremdwährungen

Die Nacht der Wildschweine

Begegnung der dritten Art

Die Schlafgeschichten

Fetter Toni an Markus, das Würstchen

Jungfrauenalarm

Hotel „Unter der Brücke“

Gespenster gibt es nicht, … oder?

Mit Phobien unterwegs

Im Minenfeld braucht man kein GPS

Strafe und Scheiße kommen meistens von oben

Vorwort

In meinem 2014 erschienenen Erstlingswerk habe ich den Lesern meinen ein wenig schrägen Vater vorgestellt. Nun ist es nicht so, dass mein Vater das einzig Schräge war, mit dem ich in Berührung kam und komme.

Seit mehr als dreißig Jahren verbringe ich jeden Sommer einen Wanderurlaub mit ein paar hochexplosiven Individualisten, mit Jirka, Pavel und Vladja, meinen Freunden von der Kunstschule. Und wie alle richtigen Künstler hat jeder von ihnen mindestens eine ordentliche Macke, wenn auch eine kreative.

Bevor ich Ihnen die Protagonisten detailliert vorstelle, präsentieren sie sich im folgenden Prolog erst einmal selber.

Scurrilum maximum

Gleich werde ich auf dem Campingplatz von Fridek-Mistek meine Freunde treffen, die schon gestern zur ersten Etappe gestartet sind. Ich kann es kaum erwarten, alle wiederzusehen.

Ich marschiere zügig durch ein bürgerliches Wohnviertel, und als ich um die Ecke biege, sehe ich am Ende der Straße den Campingplatz, hinter dessen Zaun Autos, Zelte und ein paar Wohnwagen stehen. Die meisten Urlauber sind schon wach und genießen ihr Frühstück vor dem Zelt.

Seltsamerweise recken alle den Kopf in dieselbe Richtung, tuscheln und sehen ein wenig verblüfft aus. Ich wittere eine Sensation und lege einen Zahn zu.

Als ich den Campingplatz betrete und mein Blick dem der Urlauber folgt, entdecke ich das Campingplatz-eigene Schwimmbad. Darin steht mein lieber Freund Vladja bis zum Bauchnabel im Wasser und trägt eine Krone aus Schaum in den Haaren und verrichtet seine Morgentoilette in einem öffentlichen Schwimmbad – wieso auch nicht?

Ich setze mich unbemerkt ins Gras und warte, was kommt.

Die ersten Sommerfrischler nähern sich dem Pool und erkundigen sich interessiert bei Vladja, was er da tue. Zwei oder drei werden deutlicher und fragen ihn, ob er eigentlich vollkommen bescheuert sei. Die Mehrheit macht von dieser unglaublichen Situation begeistert Schnappschüsse mit dem Handy. Vladja versteht die Aufregung überhaupt nicht und dreht sich einfach von den Gaffern weg.

Ich frage mich, was die beiden anderen wohl treiben, und lasse meinen Blick schweifen. Auf der Wiese jenseits des Schwimmbassins entdecke ich Pavels Schlafsack. Pavel liegt noch drin und schläft. Sehr tief und sehr, sehr laut. Drei kecke Kinder haben sich kichernd um ihn versammelt, ihre Mutter hat ihr Smartphone gezückt und nimmt Pavels Schnarchsolo auf.

Und Jirka? Er hat mich gerade bemerkt und winkt mir freudig zu. In der einen Hand eine Schere, in der anderen eine Zeitung, sitzt er im Pyjama vor seinem Minizelt. Vor ihm liegen Sportschuhe mit löchrigen Sohlen und um ihn herum Zeitungsstücke in Form und Größe seiner Schuhe. Offensichtlich ist er gerade dabei, aus mehreren Schichten Zeitungspapier maßgeschneiderte Einlegesohlen anzufertigen.

Ich überlege schmunzelnd, was ich seit gestern schon alles verpasst habe und was ich noch heute präsentiert bekomme. Lautstarker Kinderjubel unterbricht meine Überlegungen: „Da kommen Pferde!“ Und tatsächlich galoppieren mindestens zwei Dutzend Rösser auf den Campingplatz zu. Der tierische Auftritt lenkt die Aufmerksamkeit und die Objektive der Camper von Vladja und Pavel auf die Herde.

Wenige Meter vor dem Zaun des Campingplatzes drehen die Pferde ab und laufen am Geländer entlang. Mit einem Mal macht der Leithengst eine Kehrtwende, trabt wenige Meter zurück und beschnuppert neugierig einen Schlafsack, der dort zum Lüften über dem Zaun hängt. Er riecht offenbar gut, denn das Pferd bleckt sein Gebiss, zerrt den Schafsack mit den Zähnen vom Zaun und macht sich damit davon.

Mit einem Fluch schießt nun Jirka hoch, klettert flink über den Zaun und verfolgt die Herde, denn es ist sein Schlafsack, den der Hengst wie eine Flagge hinter sich herzieht. Nun mische auch ich mich mit gezücktem Handy unter die Touristen und dokumentiere auf einem Video, wie Jirka im gestreiften Pyjama eine Pferdeherde verfolgt, die seinen Schlafsack geklaut hat.

Die Stimmung auf dem Campingplatz ist mittlerweile so ausgelassen, dass sogar Pavel vom Gelächter und den Anfeuerungsrufen wach wird. Freudig begrüße ich ihn und teile ihm mit: „Dein Schnarchen hat alle tief beeindruckt. Und das Handyvideo der Frau da vorne macht dich auf Youtube garantiert unsterblich!“

„Was ist Youtube?“, will der verschlafene Pavel wissen, und irgendwie überrascht mich seine Frage überhaupt nicht. Bevor ich sie beantworten kann, kehrt der wutschnaubende Jirka mit seinem Schlafsack zurück, den jetzt ein langer Riss verunziert. Alle Badegäste spenden langen Applaus.

„Also Jungs, was ihr in der letzten halben Stunde abgeliefert habt, war einmalig. Ihr solltet mit einem Hut rumgehen und euch für diese Show bezahlen lassen!“, rate ich meinen verständnislosen Freunden.

Jirka baut hastig sein Zelt ab, rollt die Isomatte zusammen, stopft seine Sachen in den Rucksack, polstert die Schuhe vor dem Hineinschlüpfen mit seinen handgefertigten Zeitungseinlegesohlen und zieht mit den Worten von dannen: „Ich habe keine Lust zu warten, bis Pavel endlich in die Pötte kommt. Ich setze mich in die Bahnhofskneipe, bis ihr fertig seid.“

Das ist wahrscheinlich keine schlechte Idee. Denn wenn Jirka richtig sauer ist, ist es besser, er geht allein und vermiest uns anderen nicht die Laune.

Vladja hat sich inzwischen abgetrocknet und schnallt das feuchte Handtuch auf seinen Rucksack. Ich helfe Pavel beim Packen, damit wir in endlicher Zeit vom Campingplatz wegkommen.

Eine halbe Stunde später betreten wir die schummrige Bahnhofskneipe und halten nach Jirka Ausschau. Doch alle Plätze sind leer. Wir sehen auf dem Bahnsteig nach und werfen einen Blick in die Wartehalle – Jirka ist nirgends zu sehen. Ich greife zum Handy: „Wo bleibst du, wir sind in der Bahnhofskneipe?!?“

„Ich auch“, antwortet Jirka knapp.

„Wie, du auch?!? Müssten wir dich dann nicht sehen?“, erwidere ich angesäuert.

„Also, äh, ich bin nicht direkt in der Bahnhofskneipe“, lenkt Jirka ein. „Knapp 300 Meter, hinter dem Bahnhof ist noch eine Kneipe, und hier kostet das Bier ganze zwei Heller weniger.“

In solchen Momenten frage ich mich ernsthaft: „Warum bin gerade ich so langweilig, so flach, so durchschnittlich – ein echter Spießer!? Würde vielleicht ein Joint helfen, oder sollte ich es lieber gleich mit LSD probieren, um ein vergleichbares Niveau zu erreichen?“

Vladja versteht die Aufregung über seine durchaus gründliche Morgrntoilette nicht.

Vorstellung

Hat es sich gelohnt, die erste Geschichte zu lesen? Dann stelle ich Ihnen nun die Mitglieder unserer Reisegesellschaft formvollendet der Größe nach vor:

Jirka

Obwohl ich selber nur einen Meter siebzig kurz bin, gibt es in unserer Wandergruppe noch einen Kürzeren, das ist Jirka. Jirka ist ein wahrer Lebenskünstler, der schon viele Höhen und durchaus alle Tiefen des Künstlerdaseins durchlebt hat, wie vielleicht folgende Begebenheit gut illustriert:

Jirka fertigte im Auftrag ein großes Gemälde an, kassierte dafür viel Geld, betrank sich aus Freude über seinen neuen Reichtum und wachte morgens auf, ohne einen Heller übrig zu haben. Ob er das Geld verschenkt oder verloren hatte oder ob es ihm geklaut worden war, wussten weder er noch die Polizisten von der Ausnüchterungsstelle.

Jirka ist schlank und durchaus sportlich und kann richtig streitsüchtig und starrköpfig sein. Als einziger von uns war er nie verheiratet und hat (seines Wissens) noch keine Kinder in diese Welt gesetzt.

Mirek

Als Zweitkleinster stehe ich an zweiter Stelle der Vorstellung. Ich liebe skurrilen Humor, bin zuweilen launisch, ein Besserwisser und ein Hedoniker. Ich mag meinen Job als Grafiker und Cartoonist, bin glücklich verheiratet und habe einen kleinen Sohn.

Es gibt eine winzig kleine Schwäche, die an dieser Stelle erwähnenswert ist: Ich mache mich gerne über andere lustig und klebe ihnen mit Vorliebe einen Zettel auf den Rücken, auf dem „Tritt zu!“ steht. Aber ich schwöre: Ich bin der erste, der lacht, wenn ich selber aufs Glatteis geführt werde – eine gute Pointe ist es mir immer Wert, auch selbst eiskalt erwischt zu werden.

Da ich gerne lustige Begebenheiten zum Besten gebe, bin ich allzeit auf der Suche nach Nachschub für originelle Geschichten. Dazu belausche und beobachte ich meine Mitmenschen und Freunde unentwegt, und die liefern –nicht immer freiwillig – ständig neuen Stoff für Anekdoten.

Radek

Der Größe nach ist die Reihe jetzt an Radek: Radek ist ein waschechter Bohemien mit entsprechendem Alkoholkonsum und unzähligen Phobien, Anfällen und anderen Malaisen. Er hat nach Abschluss der Kunstschule weiter studiert und ist echter, akademischer Maler geworden. Und ja, von uns allen hat er zum Zeichnen wohl das größte Talent. In Kombination mit ausgiebigem Alkoholkonsum also die besten Voraussetzungen für eine steile Künstlerkarriere, doch unverständlicherweise stellte sich der zu erwartende Durchbruch auf dem Kunstmarkt nicht ein.

Radek war kurze Zeit verheiratet, und manchmal erzählt er etwas von einem Sohn, was er aber schon am nächsten Tag lautstark abstreitet. Seit vielen Jahren lebt er wieder bei seiner senilen Mutter, und wer sich da eigentlich um wen kümmert, ist nicht abschließend geklärt. Radek war in all den Jahren nur drei- oder viermal bei unseren Wanderungen dabei, dennoch waren es so starke Auftritte, dass er einfach dazugehört.

Pavel

Pavel, der Zweitlängste in unserer Gruppe, ist ein unverbesserlicher Romantiker und Optimist und zudem unglaublich phlegmatisch. Ihn verulken wir auf unseren Reisen wohl am häufigsten, denn er schläft am längsten, packt am längsten, isst am längsten, marschiert am langsamsten und braucht eeeewig, bis er einen Witz kapiert.

Nach der Kunstschule hat er sich kurze Zeit als Grafiker versucht. Geträumt hat der praktizierende Mittelalter-Enthusiast aber immer schon von einer Karriere als Henker oder wenigstens als Scheiterhaufenbeauftragter. Da diese Stellen heutzutage aber selten vom Arbeitsamt angeboten werden, wurde Pavel halt Grundschullehrer. Ist doch plausibel genug, oder?

Vladja

Der Größte von uns (in Zentimetern gemessen), ist Vladja. Obwohl – ich hätte mir die Einschränkung durchaus sparen können, denn ich attestiere ihm auch den höchsten IQ in unserer Runde. Für jemanden wie mich, der Vladja intellektuell unterlegen und deshalb insgeheim von Neid zerfressenen ist, ist es enorm amüsant zu beobachten, dass ein hoher IQ im praktischen Leben durchaus manchmal hinderlich sein kann.