Wer sich selbst bedient, braucht nicht zu bezahlen - Miroslav Kolar - E-Book

Wer sich selbst bedient, braucht nicht zu bezahlen E-Book

Miroslav Kolar

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Beschreibung

Der Autor erzählt in elf lustigen Kurzgeschichten von den bauernschlauen Tricksereien, skurrilen Aktionen und teilweise unglaublichen Experimenten, mit denen sein Vater seinen Lebensstandard in der sozialistischen Tschechoslowakei anzuheben versuchte. Der Leser erfährt unter anderem, wie man nicht zu einem erfolgreichen Uranhändler wird oder wie man sich vor teuren Fahrstunden drücken kann, um am Ende noch mehr Geld zu bezahlen. Alle Geschichten in „Wer sich selbst bedient, braucht nicht zu bezahlen“ schildern wahre Begebenheiten, die der Autor selber miterlebt hat oder aus Erzählungen von Verwandten rekonstruieren konnte.

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Seitenzahl: 37

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Orangensaft mit Beigeschmack

Definiere „Pornoproduzent“!

Kleiner Habenichts fährt Porsche

Es lebe die UdSSR!

Flieg, Drachen, flieg!

Giftige Rache

Aus diesen Elementen besteht die Welt: Alu, Eisen, Zink, Kupfer und Blei

100 kg Urangestein preiswert abzugeben

Erziehungsmaßnahmen für die Katz

Beim Film arbeiten lauter Amateure

Das merkt doch keiner!

Schlusswort

Quellennachweis

Vorwort

Mein Vater war kein Verrückter und auch kein Genie. Also eigentlich keiner, über den es sich lohnen würde zu berichten. Doch schon in meiner Kindheit kam mir manchmal der Gedanke, dass er vielleicht ein wenig anders sei als andere Väter.

Erst kürzlich – also erst Jahre nach seinem Tod – als ich mich mit Freunden beim Italiener über unsere „Alten“ ausgetauscht habe, wurde mir bewusst, dass er wohl doch mehr als nur ein bisschen anders war. Offensichtlich haben sich andere Väter nämlich weder mit dem Bau von Elektrogranaten beschäftigt noch Urangestein in der Garage gehortet, und auch im Anzapfen der städtischen Strommasten haben sie sich nicht versucht. Diese Erkenntnis gab den Anstoß dazu, mir seine skurrilen Bemühungen noch einmal ins Gedächtnis zurückzurufen und meine Kindheitserinnerungen in Gesprächen mit Verwandten um zahlreiche Episoden zu erweitern, die mir bis dahin unbekannt waren.

Ich stamme aus einer typischen Arbeiterfamilie der damaligen Tschechoslowakei. Wir hatten in dieser „Diktatur des Proletariats“ zwar kaum Rechte, wenig Geld und keine Reisefreiheit, galten aber als sozialistische Elite. Unser Familienoberhaupt war definitiv kein Workaholic. Er nahm prinzipiell nur Jobs an, bei denen seine Anwesenheit und sein Arbeitspensum kaum kontrollierbar waren. Darin war er jahrzehntelang überaus erfolgreich. Als der böse Kapitalismus die Tschechoslowakei 1989 ohne vorherige Rücksprache mit Vater heimsuchte, galoppierte er schnellstens in die Frührente. Da meine Mutter nicht viel anders gestrickt war, hätte unsere Familie eigentlich bald in der Pleite landen müssen – wäre da nicht Vaters absonderliches Talent gewesen:

Er hatte sich in der sozialistischen Ära angewöhnt, das System gelegentlich ein wenig zu melken. Nicht so häufig, dass wir Millionäre geworden wären und auch nicht so üppig, dass es entdeckt worden wäre. Aber immerhin so ergiebig, dass er stets genug Geld für Zigaretten hatte und seine Familie nie hungern musste – also perfekt. Schon in der kleinsten Abweichung von der Routine entdeckte er ein Schlupfloch, durch das er eine Extraration beiseiteschaffen konnte. Und zu alldem war er ein kreativer Erfinder, ein geschickter Bastler und ein unerschrockener Experimentator.

Leider ging es ihm bei seinen Innovationen stets weniger um Qualität als um Aufsehen und Quantität. Häufig war die Familie, manchmal das ganze Mietshaus und nur äußerst selten die ganze Stadt Opfer seines Forscherdrangs.

Viel Spaß beim Lesen!

Orangensaft mit Beigeschmack

Es war irgendwann Mitte der Siebziger. Vater kam in die Wohnung gerannt und rief Mutter und mir zu: „Im Zentrum ist ein französischer Laster mit einer Riesenladung Orangensaft umgekippt. Wir müssen sofort hinfahren und ihn anzapfen!“ Während ich mich noch fragte, wie es mein Papa nur geschafft hatte, einen ganzen LKW zum Umkippen zu bringen, hatte er schon zwei Plastikkanister mit je 50 Liter Fassungsvermögen aus seiner Werkstatt geholt und kommandierte knapp: „Wir fahren!“

An der Unfallstelle angekommen, mussten wir feststellen, dass wir nicht die Einzigen waren, die sich eine Portion von dem süßen Getränk abzapfen wollten. Am Heck des Lastwagens standen bereits zahlreiche Menschen an, die mitgebrachte Flaschen, Kanister und Eimer mit dem Luxusgetränk füllen wollten.

So hatte mein Vater sich die „Ernte“ nicht vorgestellt. Sichtlich ungehalten sondierte er die Lage, reihte mich in die Warteschlange ein und startete unseren Wagen mit der Ankündigung: „Bin gleich wieder zurück!“ Schon bald war ich gelangweilt und erbost. Es schien mir, dass ich noch Stunden warten müsste, um an die Spitze der Schlange zu gelangen, und ich zweifelte daran, dass dann noch genügend Saft im Tank wäre.

Nach endlosen 20 Minuten erschien Vater wieder. Er pfiff mich ins Auto zurück und verfrachtete die Kanister auf die Rückbank. Dann fuhr er im Schritttempo um den Laster herum. Im Schutz der umgestürzten Fahrerkabine brachte er den Wagen zum Stehen und mich darüber ins Grübeln, was er wohl vorhatte. Mit der Frage „Siehst du irgendwo die Bullen?“ steigerte er meine Spannung noch. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite entdeckte ich zwar einen Polizeiwagen, aber es war nirgends ein Polizist zu sehen.