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Eigentlich ist es gar nicht so schwierig, einen Hund zu erziehen, man muss nur denken können wie ein Hund - aber: Wie "denkt" ein Hund? Das und alles, was Sie sonst noch über Auswahl, Anschaffung und Aufzucht Ihres Hundes wissen sollten, erfahren Sie auf äußerst unterhaltsame Weise in diesem Buch.
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Seitenzahl: 187
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Dr. Felicia Rehage / Eiko Weigand
Lassie, Rex & Co.
Der Schlüssel zur erfolgreichenHundeerziehung
KYNOS VERLAG
© 1999 KYNOS VERLAG Dr. Dieter Fleig GmbH
Konrad-Zuse-Straße 3 • 54552 Nerdlen/Daun
www.kynos-verlag.de
Überarbeitete und aktualisierte Auflage 2006
eBook-Ausgabe der Printversion
12. Auflage 2014
ISBN gedruckte Ausgabe: 978-3-933228-11-6
eBook-ISBN: 978-3-95464-019-5
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover– filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Babiana gewidmet,
einer großartigen Frau, die es stets verstand,
ihre Ängste für sich zu behalten,
wenn ihr Töchterlein
zu den Wölfen
ging.
INHALT
Zum Geleit
Vorwort
1Sie möchten sich einen Hund anschaffen – Haben Sie sich das auch gut überlegt?
2400 Rassen und kein Ende... Wie kommt der Mensch zu seinem Hund?
3Oder darf´s ein gedackelter Foxterrier sein?
4Was paßt zu Ihnen: Hündin oder Rüde?
5Sollten wir Kinder zum Welpenaussuchen mitnehmen?
6Von guten und von schlechten Züchtern, von Tests und Tricks
7Prägung, Sozialisation und Lernen: Warum ist eine gute Kinderstube so wichtig?
8Und welchen Welpen nehmen wir nun?
9Wie alt sollte der Welpe beim Kauf sein?
10Die Welpenausstattung: 10 Dinge, die Sie brauchen werden
11Hurra! Der Welpe ist da!
12Wie überstehen wir die erste Nacht?
13Ein Erziehungskonzept muß her!
14Die Sprache der Hunde: (k)ein Buch mit sieben Siegeln
15Angeborenes Verhalten: Was ist das, wer hat das und wo kommt es zum Tragen
16Sitten und Gebräuche im Wolfsrudel und was sie für uns bedeuten
17Lernverhalten bei Hunden: Das Prinzip des unmittelbaren Erfolgs
18Wo soll der Welpe schlafen?
19Ein kleines Nest fürs Hundekind: Die Box
20Hunde im Zwinger und was davon zu halten ist
21Welpen wollen unter Menschen!
22Welpen wollen unter Hunde!
23Wie wird der Welpe stubenrein?
24Belohnung und Strafe und was davon beim Hund ankommt
25Das Prinzip der anonymen Bestrafung
26Wozu Unterordnungsübungen?
27Die Dinge, die er schon kann: „Sitz!“ und „Platz!“
28„Warte!“: Das Kommando, das keines ist
29„Komm her!“ Kleine Sache mit großen Tücken
30Die Fütterung aus der Hand: Wie, wann und wozu?
31Sinnvolle Beschäftigung und das Hundchen-mag-nicht-alleine-bleiben-Problem
32Die Leinenführigkeit: Erziehung statt Gehhilfen
33„Naah!“ und „Aus!“: Der feine Unterschied
34Die tägliche Körperpflege
35„Bei Fuß!“: Der absolute Ernstfall
36„Gib Laut!“, „Flüster!“ und „Still!“
37Warum nicht mit den Wölfen heulen?
Schlußwort
Danksagung
Register
Literatur
Zum Geleit
Liebe Hundefreundin, lieber Hundefreund,
kurz nach dem Erscheinen dieses Buches ist die Autorin im September 1999 leider verstorben. Über diese tieftraurige Angelegenheit findet man keine passenden Worte.
Man sagt aber, dass ein Mensch nur dann stirbt, wenn man von ihm nicht mehr spricht! Frau Dr. Felicia Rehage schrieb dieses Buch aus ihrer Liebe zu den Hunden, was man beim Lesen des Buches sofort zu spüren bekommt. Was sie uns – zu Gunsten ihrer über alles geliebten vierbeinigen Freunde – hinterlassen hat, erfüllt ihr mit Sicherheit einen Traum: Ein besonderes Buch; ein Meisterwerk der Welpenerziehung!
Meine Fachkollegin war eine der Ersten in Deutschland, die es verstand, Hundeverhaltenskunde, -erziehung und -therapie in Wissenschaft und Praxis miteinander zu verbinden. Da sich aber in den letzten sechs Jahren besonders in Sachen Hundeethologie und Hundeerziehung viel verändert hat, erschien eine Novellierung dieses Buches unbedingt notwendig.
Ich habe darauf geachtet, so wenig wie möglich und nur das wissenschaftlich Notwendige zu ändern, ohne dabei die Seele des Buches zu zerstören. Ich habe versucht, im Sinne meiner Fachkollegin zu arbeiten und damit ihr Buch auf den neuesten wissenschaftlichen Stand gebracht. So weiß man heute etwa, dass Welpen bei fremden erwachsenen Hunden nicht automatisch "Welpenschutz" genießen, sondern durchaus gebissen oder schwer verletzt werden können. Auch sind die Verhaltenskundler heute etwas anderer Meinung, was Erziehung durch Bestrafen angeht: Der durchschnittliche Hundehalter kann damit leider viel mehr falsch als richtig machen. Natürlich hat auch Frau Dr. Rehage schon damals betont, dass man einen Hund am besten mit positiven Methoden erzieht. In der Neuauflage ist dies aber noch stärker herausgearbeitet worden.
Es war für mich eine große Ehre, das Nachfolgebuch "Lassie, Rex & Co. klären auf" schreiben zu dürfen. Der Kynos Verlag wollte damit den Hundehaltern alles, was sie wissen müssen, um ihren Liebling zu erziehen und vor allem zu verstehen, in interessanter, spannender und lustiger Art vermitteln. Beide Bücher konkurrieren nicht miteinander, sondern sie ergänzen sich hervorragend, so dass diejenigen, die diese Bücher lesen, alles über die Verhaltenskunde erfahren und als Konsequenz die Hunde richtig verstehen und leichter erziehen können.
Ich wünsche Ihnen deshalb einen amüsanten, interessanten und gleichzeitig lehrreichen Spaß beim Lesen beider Bücher.
April 2006
Dr. Pasquale Piturru
Vorwort
Kennen Sie das? Sie haben sich einen Welpen angeschafft oder Sie haben es auch nur vor. Sie informieren sich gründlich und gewissenhaft über Fragen der Erziehung des neuen Hausgenossen. Oder versuchen es zumindest. Sie lesen Fachliteratur. Sie wälzen Erziehungsbücher. Kiloweise. Sie fragen Bekannte, die selbst einen Hund haben, und kommen aus dem Staunen nicht heraus, wie viele Experten sich mit einem Mal auf diesem Gebiet tummeln.
Jeder hat irgendeinen todsicheren Tip, wie man dem Hund dieses oder jenes beibringen kann, soll und muß, jeder scheint zu wissen, wie man mit ihm in dieser oder jener Lebenslage umzugehen hat. Einige dieser Ratschläge widersprechen sich allerdings.
Andere sind zum Teil nicht nachzuvollziehen. Oder sie scheinen leider gerade bei Ihrem Tier irgendwie nicht zu funktionieren. Oder aber der Effekt ist nicht ganz der gewünschte...
Dabei wollen Sie nichts anderes, als mit Ihrem Hund in Eintracht leben. Sie wollen, daß er Sie und Ihre Familie mag und sich bei Ihnen wohl fühlt.
Daß er ein fröhlicher, friedlicher und zufriedener Zeitgenosse wird, mit dem das Leben einfach Spaß macht.
Sie wollen, daß er Ihnen gehorcht und das nach Möglichkeit sogar gerne. Sie haben nicht vor, ihn einem militärischen Drill zu unterziehen, aber es wäre schön, wenn er einige Dinge beherrschte und man ihn jederzeit überallhin mitnehmen könnte, ohne daß man sich bis auf die Knochen blamiert bzw. das Ganze in Streß ausartet.
Sie wünschten sich (und auch ihm), daß man ihn auch ohne Leine laufen und sich nach Herzenslust austoben lassen könnte, ohne Angst haben zu müssen, daß er Ihnen jedes dahergelaufene Karnickel vorzieht und einfach wegrennt. Womöglich über die Bundesstraße...
Sie haben keine Lust auf Dauerstreß, wenn es einmal an der Tür klingelt, oder auf eine Zitterpartie, wenn Sie beim Gassigehen anderen Hunden oder friedlichen Spaziergängern begegnen. Und schon gar nicht möchten Sie Angst haben müssen, daß Ihr Hund Kindern gegenüber aus der Rolle fällt. Wenn er dann noch Jogger und Radfahrer unbehelligt ließe, wäre das Ganze geradezu himmlisch...
Das ist doch nicht zu viel verlangt, oder?... Aber: Wie kommt man dahin?
Einfach. Wirklich ganz einfach! Allerdings können Ihnen dabei keine kochrezeptartigen Dressuranleitungen helfen. Und schon gar kein Zwang oder Gewalt. Sondern wirkliches Verständnis.
Das Wissen darum, was in Ihrem Hund gerade vorgeht, was er denkt, wie er Sie und die Welt erlebt und warum er in einer bestimmten Situation gerade so und nicht anders reagiert und auch nicht anders reagieren kann.
Wenn wir Menschen die andersartige, einfache und doch so konsequente Denkweise unserer Hunde gelten lassen, wenn wir aufhören, ihnen unsere Moralvorstellungen und Wertbegriffe überzustülpen, wenn wir gar anfangen, die Welt mit ihren Augen zu sehen, mit einem Wort: Wenn wir sie wirklich verstehen lernen, dann, und nur dann, wird dieses Experiment ein Erfolg. Für uns und für unseren Hund.
Und abgesehen davon, wir können auf diese Weise ein großartiges Abenteuer erleben. Eines der letzten großen Naturerlebnisse, die uns die heutige zivilisierte Welt noch bietet:
Das Zusammenleben mit einem Hund.
Freuen Sie sich darauf!
1
Sie möchten sich einen Hund anschaffen?
Haben Sie sich das auch gut überlegt ...
Das Zusammenleben mit einem Hund ist eine wunderbare, einfache, erfreuliche Sache. Behaupte ich. Aber vermutlich nicht für jeden von uns.
Denn stellen Sie sich vor, in den nächsten 12 oder 15 Jahren täglich mindestens dreimal spazierengehen zu müssen. Auch wenn es stürmt. Auch wenn es wie aus Eimern schüttet. Auch sonntags morgens, wenn jeder normale Mensch noch wohlig in den Federn liegt. Zu Anfang sogar womöglich mitten in der Nacht...
Stellen Sie sich vor, daß Hundehaare in allen Ecken Ihrer Wohnung, auf allen Polstern liegen. Daß Sie fast täglich saugen und wischen müssen, und daß der Sauberkeitspegel Ihrer Behausung trotzdem nie wieder den Stand erreicht, den Sie von früher gewohnt sind.
Von Matschtatzen im Flur und auf den Küchenfliesen ganz zu schweigen...
Stellen Sie sich vor, daß Sie Ihr letztes bißchen Freizeit Ihrem neuen Mitbewohner und seiner Erziehung widmen müssen, um Flausen in seinem Kopf vorzubeugen und seine kleine Hundeseele gesund zu erhalten...
Stellen Sie sich vor, daß in Zukunft wahrscheinlich angenagte, glibberige und mit Flusen angereicherte Kauknochen in den unmöglichsten Ecken Ihrer Wohnung liegen...
Addieren Sie dazu einige Paar zerkaute Schuhe, die in der ersten Zeit anfallen (aus irgendwelchen Gründen trifft es immer die, die man besonders gerne trägt. Pardon, trug. Vorher.), etliche umgebuddelte Blumentöpfe und vielleicht noch einige angenagte Möbel...
Sie wollen immer noch? Ganz sicher?... Dann sind Sie die/der Richtige! Dann wollen wir es also angehen, das Abenteuer.
2
400 Rassen und kein Ende...
Wie kommt der Mensch zu seinem Hund?
Wie man zu einem Hund kommt? Nichts einfacher als das: Man sieht irgendwo einen Wurf süßer, kleiner, flauschiger und tolpatschiger Hundekinder und schon hat man eines davon. Weil: "Guck mal, wie der guckt! Ist der nicht niedlich!..." oder "Mutti, Mutti, er ist gleich zu mir gekommen! Ist er nicht süüüüß?..."
Klar ist er süß, und wie! Diese riesigen Pfoten! Diese Ohren! Dieses Schnäuzchen!
Und wie neugierig und vorwitzig er ist... oder kuschelig-verschmust... oder so herzerweichend schüchtern...
Also jetzt mal ehrlich: Hundebabys sind unwiderstehlich, da wollen wir uns nichts vormachen. Wer könnte also eine solch spontane Reaktion nicht verstehen? Aber was ist, wenn sich das Flauschknäuel nach kaum anderthalb Jahren als 60-kg-Rottweiler entpuppt, mit dem in der Familie keiner mehr fertig wird? Oder das langbeinige, kastanienbraune Etwas zufällig ein Irischer Setter war, der täglich gut und gerne drei Stunden am Fahrrad laufen möchte, um gleich anschließend mit der Frisbeescheibe im Maul vor einem zu stehen: "Was, du bist schon müde?..." Oder das kleine, anfänglich etwas zurückhaltende Wesen zu einem waschechten Terrier heranwächst, der den ganzen Tag "Äktschn" braucht und notfalls selber macht?...
Wenn man bedenkt, daß man mit solch einem Tier, so Gott will, etwa 15 Jahre seines Lebens unter einem Dach verbringen wird (was statistisch gesehen länger ist, als eine durchschnittliche Ehe heutzutage hält), kommt man leicht zu dem Schluß, daß es vorteilhaft sein kann, die Sache ruhig mit Vorbedacht anzugehen. Denn, ganz abgesehen von optischen Gesichtspunkten, unter den knapp 400 heute registrierten Hunderassen ist für jeden etwas dabei: Quirle und Schlafmützen, Seelchen und Draufgänger, Kläffer und Schweiger, Everybody`s - darlings und typische One-man-dogs, sanfte Riesen und beherzte Zwerge. Mit ein bißchen Geduld und Mühe kann sich jeder angehende Hundehalter den Hund aussuchen, der ihm (auf Dauer) gefällt und mit dem er wirklich glücklich werden kann. Erkundigen Sie sich also zunächst einmal, welcher Hund zu Ihnen passen könnte. Informieren Sie sich über die verschiedenen Hunderassen, ihren Charakter, ihren Bewegungsbedarf und ihre Besonderheiten. Verlassen Sie sich dabei nicht auf Bücher wie "1001 Hunderassen" etc. Die Beschreibung der einzelnen Rassemerkmale, besonders der Wesensmerkmale, ist darin nämlich oft so verschlüsselt wie Zeugnisse von Arbeitgebern. Was da als "lebhaft" umschrieben wird, können Sie durchaus als nervig empfinden. "Lauffreudig", das Thema hatten wir schon, kann drei Stunden tägliches Radeln heißen und das bei Wind und Wetter... Was für eher häusliche Menschen mit ausgeprägtem Sinn für Behaglichkeit nicht das einzig Seligmachende sein muß. Oder Sie suchen sich etwas aus, was "Mut und Charakter" verspricht und "seinen Herrn entschlossen verteidigt", schade nur, wenn das Tier später selbst Ihren Besuch vom Grundstück vergrault... Und so weiter. Also: Fragen Sie jemanden, der etwas davon versteht. Das kann ein erfahrener Hundeausbilder sein, oder sonst irgend jemand, der viel mit verschiedenen Hunderassen zu tun hat. Oder Sie fragen eine Tierärztin oder einen Tierarzt. Die wissen mit Sicherheit, wovon sie sprechen, schließlich müssen sie mit den Eigenarten der verschiedenen Rassen täglich zurechtkommen. Außerdem können sie Ihnen auch darüber Auskunft geben, ob Sie bei einer bestimmten Rasse mit eventuellen Gesundheitsproblemen rechnen müssen und wenn ja, mit welchen.
Übrigens, wußten Sie schon? Man kann und sollte einen Haustierarzt * haben, bevor man einen Hund hat. Die möglichen Kosten einer Vorab-Beratung wären auf die nächsten Jahre gesehen sicherlich eine überaus kluge Investition.
* Inzwischen ist ein großer Teil meiner Tierarztkollegen weiblichen Geschlechts. Tendenz zunehmend. Da ich es dennoch für zu mühsam und überdies für albern halte, immer wieder "Ihr(e) Tierarzt/Tierärztin" zu schreiben, erlaube ich mir, den Ausdruck "Tierarzt" im weiteren als eine bloße Berufsbezeichnung zu verwenden. Meine Kolleginnen, die für unseren Beruf übrigens Großartiges leisten, mögen großzügig darüber hinwegsehen.
3
Oder darf’s ein gedackelter Foxterrier sein?
Viele Menschen sind überzeugt davon, daß Mischlingshunde eine unverwüstliche Gesundheit haben. Das stimmt nur zum Teil. Nämlich genau zu dem, den die Mendelschen Gesetze der Vererbungslehre vorsehen. Nie gehört? Macht nichts, denn sie besagen nichts anderes, als daß Jungtiere ihre Eigenschaften immer von Vater und Mutter erben, zu je einer Hälfte. Um Ihnen die Sache mit dominanten und rezessiven Genen, mit Geno- und Phänotypen, etc., zu ersparen, werde ich mir an dieser Stelle erlauben, das Ganze völlig unwissenschaftlich abzukürzen und Ihnen das Endergebnis mitzuteilen: daß nämlich ein Mischlingshund, wenn er Pech hat, gesundheitliche Probleme seines Vaters und seiner Mutter erben kann. Eine nicht-blaublütige Abstammung macht eine gewisse Robustheit also etwas wahrscheinlicher, sie garantiert sie jedoch nicht.
Ganz sicher ist dagegen eines: Mischlinge sind einmalig! Und außerdem das reinste Überraschungspaket: Niemand weiß ganz genau, was aus dem Welpen einmal werden soll. Allein dadurch haben sie für manche Menschen einen ganz besonderen Reiz. Und Charme haben viele von ihnen außerdem, und nicht nur das: So mancher Mischling ist ein wahrer Prachtkerl und eine richtige Hundeschönheit!
4
Was paßt zu Ihnen:
Hündin oder Rüde?
Für viele Hundehalter steht es von vornherein fest: Sie würden sich nur für einen Rüden oder nur für eine Hündin erwärmen können. Dann ist ja alles klar.
Für diejenigen unter Ihnen, die unschlüssig sind, hier einige Aspekte, die Ihnen bei dem jeweiligen Geschlecht des Tieres zumindest bekannt sein sollten:
Hündinnen
Wesen und Erziehung
Hündinnen sind im allgemeinen sanfter, weicher, anschmiegsamer im Wesen als Rüden und leichter zum Gehorsam zu erziehen. Sie sind auch, was ihre Stellung in der Hierarchie in der Familie anbetrifft (das heißt: "Wer ist hier der Boß im Haus?") nicht ganz so ehrgeizig wie Rüden.
Sozialverhalten Artgenossen gegenüber Sie neigen – Ausnahmen bestätigen die Regel – seltener zu Raufereien mit anderen Hunden als ihre männlichen Artgenossen.
Medizinische Aspekte
Sie werden im Durchschnitt zweimal im Jahr läufig und viele von ihnen anschließend auch noch scheinschwanger, so daß da einige kompliziertere Wochen auf Sie zukommen können, wenn die Läufigkeit nicht unterbunden wird. Zum einen hat man das Scheidenbluten in der ersten Hälfte der Läufigkeit, dann in der Stehphase (das ist die Zeit, in der sich die Hündin decken lassen würde) die Neigung, sich mit allen möglichen und unmöglichen Artgenossen männlichen Geschlechts einzulassen. Im Falle einer Scheinschwangerschaft (siehe Kapitel 16), die man treffender "Scheinmutterschaft" nennen könnte, bildet das Gesäuge der Hündin Milch, gerade so, als ob sie Welpen hätte. Viele Hündinnen bauen in dieser Zeit ein Nest, "adoptieren" Stofftiere, Pantoffeln, etc. als Ersatzwelpen, die sie hegen und pflegen. Sie mögen kaum noch außer Haus gehen, um die "Welpen" nicht allein lassen zu müssen, oder sie brechen ihren imaginären Kindern Futter vor. Alles in allem können sie ihren besorgten Besitzern in dieser Zeit ausgesprochen "sonderbar" oder gar "irgendwie kränklich" erscheinen.
Gesundheitsvorsorge
Die Möglichkeiten der Läufigkeitsverhütung sind zum einen die regelmäßige Gabe von Hormonspritzen, zum anderen die Kastration. Hormonspritzen bieten den Vorteil der einfachen Durchführung (etwa alle 5 Monate beim Tierarzt) und des im ersten Moment günstigen Preises. Auf das gesamte Leben des Tieres betrachtet, ist aber diese Art der Behandlung wesentlich teurer als die Kastration. Einen weiteren Nachteil stellt die durch die hormonelle Manipulation etwas erhöhte Möglichkeit einer Gebärmutterentzündung dar, einer sehr ernsten Erkrankung bei Hündinnen, die in der Regel nur operativ behandelt werden kann.
Die Kastration, bei der die Eierstöcke und in der Regel auch die Gebärmutter operativ entfernt werden (daher die Bezeichnung "Kastration" im Gegensatz zum fälschlich verwendeten Begriff "Sterilisation", bei der lediglich die Eileiter durchtrennt würden mit dem Ergebnis, daß das Tier nach wie vor läufig und lediglich nicht mehr trächtig würde), bietet den großen Vorteil, daß damit das Thema Läufigkeit und Scheinschwangerschaft ein für allemal abgehakt sind. Sie wirkt vorbeugend gegen Gesäugetumore, und zwar umso mehr, je früher sie durchgeführt wird. Das ist wohl in der Tat der größte Vorzug der (frühzeitigen) Kastration. Natürlich kann die gefürchtete Pyometra, also eine Gebärmutterentzündung, nicht mehr auftreten, wenn die Gebärmutter gleich mit entfernt wurde.
Die Nachteile der Operation: Sie wird in Vollnarkose durchgeführt, es besteht also ein theoretisches Narkoserisiko. Es ist die entsprechende OP-Nachsorge zu gewährleisten, wobei die ersten 2-3 Tage für alle Beteiligten etwas schwieriger sein können. Danach ist in der Regel das Gröbste überstanden. Natürlich bringt solch ein Eingriff auf einen Schlag höhere Kosten mit sich als die Hormonspritzen, rentiert sich allerdings schon nach einigen Jahren. Besonders bei Hündinnen großer Rassen ist später Harninkontinenz möglich, die sich jedoch in den meisten Fällen mit einem täglich verabreichten Medikament gut behandeln läßt. Bei einem Teil der Tiere treten Fellveränderungen auf, sie bekommen ein sogenanntes "Babyfell". In sehr seltenen Fällen kommt es zu chronischem Haarverlust. Dieses Phänomen ist beschrieben, jedoch so selten, daß ich es in eigener Praxis bisher noch nie beobachtet habe. Die allseits gefürchtete Gewichtszunahme kastrierter Hündinnen ist nicht schicksalhaft. Da nicht die Kastration dick macht, sondern die Kalorien, tritt sie bemerkenswerterweise immer dann auf, wenn Besitzer davon überzeugt sind, daß kastrierte Hündinnen dicker werden. Es ist wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Bei vernünftiger Ernährung bleibt natürlich auch eine kastrierte Hündin schlank.
Rüden
Wesen und Erziehung
Rüden sind im allgemeinen "kerniger" im Wesen und daher oft nicht ganz so leicht zu leiten. In der Familie kann sich die Rangzuweisung "dominant* veranlagter" Rüden entsprechend schwieriger gestalten. Aber gerade diese "Kernigkeit" macht männliche Hunde für viele Menschen so attraktiv. Hinzu kommt, daß bei einigen Rassen, wie bei Rottweilern, Settern, Vorstehhunderassen und anderen, die Rüden deutlich größer, stärker, imposanter sind als die weiblichen Tiere.
Sozialverhalten Artgenossen gegenüber
Viele von ihnen sind ziemliche Rowdies und daher ständig in Raufereien mit anderen Rüden verwickelt.
Medizinische Aspekte
Rüden sind (oder wären es zumindest gerne) das ganze Jahr über sexuell aktiv, so daß sie in der Nähe läufiger Hündinnen manchmal Anzeichen einer gewissen Unzurechnungsfähigkeit zeigen, wie Schlecht- (oder Gar-nichtmehr) Hören, Ausbüchsen, etc., oder aber regelrechte Depressionen mit Freßunlust und ständigem Jaulen. Im Alter neigen viele von ihnen zu Prostataerkrankungen und zu Geschwülsten der Analgegend.
Gesundheitsvorsorge
Diese Alterskrankheiten und die jahrelange Frustration, mit der die meisten Rüden mangels Gelegenheit zum Decken leben müssen, lassen sich durch die Kastration oder durch regelmäßige Hormongaben verhindern.
Allerdings ist bei uns in Europa der Gedanke, daß "dem Rüden dann ja etwas fehlen muß", noch weit verbreitet. Das geht so weit, daß, wie ich es aus Beratungsgesprächen in meiner Praxis kenne, gerade männliche Tierbesitzer schon beim bloßen Gedanken daran in der Körpermitte leicht einknicken. Auf jeden Fall geht es bei einer möglichen Kastration um eine komplexe Frage, bei der gesundheitliche, psychologische und verhaltenstherapeutische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Bei einer Abwägung aller Für- und Wider-Aspekte dürfte deshalb eine umfassende Beratung durch Ihren Haustierarzt eine große
Hilfe sein.
* Was ist Dominanz? Ein Kommentar zur Neuauflage
Es gibt Hunde, die sich sozial expansiver als andere benehmen. Viele Menschen nennen einen extrem sozial expansiven Hund "dominant". Dieses Wort wurde Jahrzehnte lang und oft wird es leider auch noch heutzutage falsch benutzt, um ranghohe-, eindringlich-, streitsüchtigoder sogar übermäßig aggressive Tiere zu beschreiben. Dies ist aber aufgrund des Standes aktueller Studien nicht passend. Fast immer befinden sich aber solche Hunde weit weg von der ranghöheren Position. Meistens verhalten sich solche Hunde so, weil sie entweder von den Menschen unbewußt falsch oder gar nicht erzogen worden sind. Das Wort "Dominanz" beschreibt lediglich das Verhältnis zweier Lebewesen zueinander, aber nicht Wesen oder Charakter eines einzelnen Tieres. Dominanz ergibt sich aus dem Umgang zweier Individuen miteinander, nicht aus dem Umgang eines Tieres mit der gesamten Gruppe. Beide Tiere sammeln Informationen über die Stärken und Schwächen des Anderen. Dominanz ist nicht angeboren, sondern wird erworben.
Wir haben die ursprünglich von der Autorin verwendeten Begriffe "dominant" und "Dominanz" jedoch stehen lassen, um das Buch nicht ständig zu retouchieren. Zur Entstehungszeit des Buches war diese Definition noch nicht gegeben und wurde deshalb so benutzt. Sie wissen ja jetzt, wie es zu verstehen ist!
5
Sollten wir Kinder zum Welpenaussuchen mitnehmen?
Jeder, der mit seinem Kind schon einmal junge Hunde besichtigt hat, weiß: Am Ende gibt es rein rechnerisch zwei Möglichkeiten. Entweder man hat ein heulendes Kind oder ein glückliches und dazu einen Hund.
Aber jetzt stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Sie haben sich mit Ihrem Kind zusammen einen Welpen ausgesucht und abgeholt. Das Kind ist über alle Maßen glücklich und stolz. Sie zeigen den Hund Ihrem Tierarzt und das womöglich erst nach einigen Tagen, nachdem sich Kind und Hund so richtig aneinander gewöhnt haben. Ihr Veterinär untersucht den kleinen Kerl, tastet, guckt, hört ab, denkt nach, untersucht noch mal... "Was hat der Mensch bloß?" denken Sie, und dann kommt´s: "Ihr Welpe hat leider einen hochgradig angeborenen Herzfehler. Es tut mir wirklich leid! Wir können eine Behandlung versuchen... Aber, wenn ich ehrlich sein soll, eigentlich sollten Sie ihn besser zurückgeben." Jetzt ist guter Rat teuer... Wer soll das dem Kind sagen? Und wie?...
Natürlich sind nicht alle Befunde, die der Tierarzt eventuell erhebt, so schwerwiegend. Häufig geht es um relativ kleine Sachen wie z.B. um einen Nabelbruch, der mit einer vergleichsweise einfachen Operation zu beheben ist, einen nicht abgestiegenen Hoden oder um einen Gebißfehler, der vielleicht nur ein Schönheitsfehler ist. Oder um noch "harmlosere" Dinge: Das Tier besitzt einen Impfpass, und da ist sogar ein hübscher Stempel drin. Es ist dennoch so gut wie nicht geimpft, weil es vielleicht nur eine kleine, vergleichsweise billige sogenannte Baby-Impfung war... Oder der Welpe ist gar nicht oder nicht oft genug oder unsachgemäß entwurmt worden.
Daher mein Rat: Versuchen Sie, die Dinge so einzurichten, daß Ihre Kinder den neuen Hausgenossen erst dann kennenlernen, wenn ihn Ihr Haustierarzt sozusagen "abgesegnet" hat.
Das heißt also im Klartext:
1. Suchen Sie den Welpen ohne Ihre Kinder aus.
2.