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Revel, eine junge Grafikerin aus Salt Lake City, wird auf dem Weg zu einem Kunden vom Unwetter überrascht. auf der Suche nach Hilfe lernt sie durch einen Zufall den mysteriösen Neven kennen. Doch die Emotionen die dieser Mann in ihr weckt, lassen sie vor ihren Gefühlen und den Ort wo sie ist, davonlaufen. Sie ahnt nicht, das dies weitreichende Konsequenzen mit sich bringen wird. Neven, ein übersinnlicher Vampirkönig muss nun sie und ihre Familie schützen. denn sein feind ist nun auch hinter ihr her und jeder, der mit ihm in Kontakt kommt ist ein potenzieller Todeskandidat. Revels ganze bisherige Welt wird auf den Kopf gestellt und sie begreift, dass scheinbar mehr existiert als sie bisher angenommen hat. So beginnt für die Freunde Revel, Sade, Justin und Marvin eine Zeit voller Wut, Leidenschaft, Schmerz,Erotik, Hoffnungslosigkeit, Liebe und Zusammenhalt um gegen einen mächtigen Feind anzukämpfen. Das Schwert der Vampire ist das erste Buch einer vierteiligen Serie. Die Geschichte spielt an echten Orten und Gebäuden, Personen und Handlungen aber sind rein fiktiv und meiner Fantasie entsprungen.
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Seitenzahl: 396
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Freunde der Dunkelheit
Das Schwert der Vampire
Maria Bella Rosa
Freunde der Dunkelheit
Das Schwert der Vampire
Maria Bella Rosa
Impressum:
Das Manuskript, einschließlich all seiner Teile, ist
urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb
der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne
Zustimmung des Verfassers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,
Übersetzungen, Mikrovervielfältigungen und die
Einspeicherung und/oder die Verarbeitung in
elektronische Systeme.
© 2017 Maria Bella Rosa
https://www.facebook.com/Maria-Bella-Rosa-247129758755902/
Illustration:
Yari Rossetti [email protected]
Lektorat: Michaela Marwich [email protected]
Inhaltsangabe
Blutrünstige Dämonen, die ›Slaatsch‹, bedrohen die
Menschheit.
Sie ist eine bösartige Energie ohne Körper. Deshalb
braucht sie den menschlichen Körper, um überleben zu können.
Mächtige übersinnliche Helfer wie Vampire, Gestaltwandler
und Feen aus Igonia schützen die Menschen vor diesen Dämonen.
Es entstehen schicksalhafte Begegnungen.
Im Kampf gegen das Böse verbinden sich die
Menschen Revel, Sade, Justin und Marvin mit den
Vampiren Neven und Okey, der Gestaltwandlerin Skye
und der Igonierin Syrkanda. Sie lernen, dass auf der
Welt viel mehr existiert als bisher angenommen.
Eine aufregende Zeit voller Leidenschaft und Erotik,
Liebe und Freundschaft beginnt, aber auch voller Wut,
Schmerz und Hoffnungslosigkeit.
Werden sie zusammen die Slaatsch besiegen können?
Vampire, Dämonen, Gestaltwandler – schon wieder ein Buch wie tausend andere wird man sagen. Und doch ist
es anders, das offenbart sich nach und nach.
Eine packende Geschichte über wahre Liebe,
Leidenschaft, Freundschaft, Treue.
Ein Kampf gegen blutrünstige Dämonen, die die Welt, wie
soll es denn auch anders sein, beherrschen wollen.
›Das Schwert der Vampire‹ ist das erste Buch einer vierteiligen Serie.
Die Geschichte spielt an echten Orten und Gebäuden, Personen
und Handlungen aber sind rein fiktiv und meiner Fantasie entsprungen.
Vampire, Dämonen, Gestaltwandler – schon wieder ein
Buch wie tausend andere wird man sagen. Und doch ist es anders, das offenbart sich nach und nach.
Eine packende Geschichte über wahre Liebe, Leidenschaft, Freundschaft, Treue.
Ein Kampf gegen blutrünstige Dämonen, die die Welt, wie
soll es denn auch anders sein, beherrschen wollen.
Das Schwert der Vampire‹ ist das erste Buch einer
vierteiligen Serie. Die Geschichte spielt an echten
Orten und Gebäuden, Personen und Handlungen aber sind rein fiktiv und meiner Fantasie entsprungen.
Impressum
Prolog
Der Vampirkönig Neven schlug mit der Hand auf dem
Tisch.
»Du setzt dich einer unnötigen Gefahr aus, ebenso
deine Familie, Oscar.«
»Hoheit, ich weiß du meinst es gut mit uns, aber die
Welt muss von dieser Gefahr wissen. Ich kann und darf
mich nicht untätig verkriechen«, antwortete Oscar
Conwell.
»Dann lasse dich wenigstens von uns beschützen, ich
werde jemanden schicken, der rund um die Uhr bei
euch sein wird, falls was passieren sollte …«, erwiderte
König Neven.
»Nein, wir brauchen niemanden. Bis jetzt haben sie
uns in Ruhe gelassen«, entgegnete Oscar stur.
König Neven fuhr sich mit der rechten Hand durch die
Haare. »Ich kann für nichts garantieren, Oscar. Denk an
deine beide Kinder Revel und Justin.«
»Ich werde aufpassen Hoheit und sie nicht willkürlich
einer Gefahr aussetzen. Ich werde etwas Pause machen
und über alles nachdenken. Aber versprich mir
trotzdem eins Hoheit! Falls mir und Norma doch etwas
passiert, nimm dich meiner Kinder an!«
»Du kannst dich auf mich verlassen Oscar, auch wenn
ich es lieber hätte, dass du dich um sie kümmerst«,
erwiderte König Neven.
»Ich auch mein Freund, ich auch«, sagte Oscar leise.
Norma, eine wunderschöne Frau mit langen schwarzen
Haaren, kam gerade in dem Moment herein, als
Vampirkönig Neven verschwand.
»Der König war da? Ist etwas passiert?«, fragte sie
alarmiert.
»Nein, er hat nur Angst um unser Leben. Komm, lass
uns schlafen gehen, meine Liebe. Machen wir morgen
einen Ausflug mit den Kindern? Ein paar Tage
ausspannen wird uns sicherlich gut tun!«
Rund und leuchtend stand der Mond am
Sternenhimmel. Es war eine klare und milde Nacht und
nur der Schrei einer Eule durchbrach die Stille.
Lautlos bewegten sich acht Männer durch die
Dunkelheit. Jeder von ihnen hielt in der einen Hand
eine Art Taschenlampe und in der anderen eine Pistole.
Sie sahen aus, als wären sie einem Mafia-Film
entsprungen.
Die Haare waren mit Gel nach hinten gekämmt und
sie trugen dünne Schnurrbärte. Sie waren muskulös,
stark und von mittlerer Statur. Ihre Augen waren
tiefgrau und sie blickten kalt und gefährlich drein, doch
es zeigte sich auch etwas Angst in ihnen, so als
erwarteten sie jemanden, der noch gefährlicher und
stärker war als sie.
Auf einer Lichtung, vom Mond hell erleuchtet, standen
sechs Vampire. Sie waren über zwei Meter groß,
gefährlich und durch und durch Krieger. In Schwarz
gekleidet und bewaffnet warteten sie in aller Ruhe auf
die Gegner.
Sobald sich die acht Männer der Lichtung näherten,
zielten sie mit ihren Taschenlampen auf die Vampire,
aber die Strahlen gingen ins Leere, da die Männer im
gleichen Augenblick verschwanden, um dann eine
Sekunde später hinter ihnen wiederaufzutauchen.
Die Vampire nutzten diesen Überraschungsmoment
und schlugen den Gegnern mit gezielten Tritten die
Lampen und Pistolen aus den Händen.
Die Männer erholten sich zwar schnell von dem
Angriff, aber eigentlich waren sie darauf getrimmt
worden, gerade diesem ersten Überraschungsmoment
entgegenzuwirken.
Es entstand ein Kampf auf Leben und Tod. Einem der
Männer gelang es nach einer Lampe zu greifen und hielt
sie einem schwarzen Krieger entgegen, und nach
wenigen Augenblicken fiel dieser um, als hätte man ihm
einen Schlag auf den Kopf versetzt.
Als der Slaatsch sich nun auf den am Boden liegenden
Vampir stürzen wollte, griff ihn ein anderer Vampir von
hinten an und stach ihn mit einem Messer in den
Rücken, so dass er neben dem verletzten Krieger zu
Boden fiel und liegen blieb.
Während die Vampire versuchten, sich nicht von dem
UV-Licht der Lampe erwischen zu lassen, versuchten
die Gegner genauso, sich vor den leuchtenden Messern
in Acht zu nehmen.
Mit Messern, Fäusten und Tritten kämpften sie, um den
Gegner zur Strecke zu bringen. Ohne Gnade schlugen
sie aufeinander ein, jeder darauf bedacht als Sieger aus
dem Kampf hervorzugehen. Langsam zeichneten sich
die Gewinner ab, und nach und nach fielen die, die in
der Mehrzahl waren zu Boden, trotz der verbissenen
Kämpfe, die sie ausfochten.
Nacheinander verschwanden drei der Vampire wie
vom Erdboden verschluckt und ließen die anderen
beiden allein weiterkämpfen.
Als endlich alle acht zur Strecke gebracht worden
waren, beugten sich die schwarzen Männer über die
Leichen. Aus ihren Augen schossen rote Blitze und die
toten Männer lösten sich in Staub auf. Dann hoben sie
den verletzten Krieger auf und verschwanden in der
Nacht.
Ein Mann um die 60, korpulent und mit kahl
geschorenem Kopf, legte den Hörer auf. »Ben soll
sofort in mein Büro kommen!«
Wütend starrte er zur Tür, ungeduldig wartend, dass der
Gerufene endlich hereinkam. Kaum war dieser
eingetreten, begann der Korpulente damit ihn
anzuschreien:
»Wen hast du dahin geschickt, du Stümper, du Idiot,
du hast alles vermasselt. Wegen dir haben wir jetzt acht
Mann verloren.«
»Es waren diese Neuen, sie wollten sich unbedingt
bewähren ...«, versuchte Ben sich zu rechtfertigen.
»Ich sag’s dir noch mal, du hast alles vermasselt. Du
weißt, was dich jetzt erwartet, nicht wahr? Was jeden,
der es vermasselt, erwartet!«
Er ging um den Tisch herum und näherte sich dem
Mann, der aschfahl im Gesicht wurde. Falls das
überhaupt möglich war, denn seine Hautfarbe war weiß,
ohne jegliche Farbpigmente.
»Nein, bitte nicht, ich werde sie mir das nächste Mal
selber vorknöpfen ... bitte ... nein ... nein ... bitte.« Ben
schlug die Hände über seinen Kopf und duckte sich,
wissend, was auf ihn zukam.
Er hatte selbst andere so bestraft und wusste, es gab
kein Pardon, erst recht nicht vom Chef. Vom Chef
persönlich bestraft zu werden war schlimmer, als alle
Albträume zusammen.
Angst lähmte ihn. Jeder von ihnen wusste, die Hölle
war ein Paradies gegen den Ort, zu dem er in wenigen
Augenblicken entschwinden würde.
»Dazu wird es nicht mehr kommen, du hast deine
Chance gehabt ... Und ich bin wütend ... sehr wütend«,
sagte der Dicke und leckte sich die Lippen. Er fasste
sich an seinen Schritt, wo sein Schwanz vor Aufregung
schon ganz steif wurde.
Bens Bitten gingen in Schreie über, die immer leiser
wurden, um dann ganz zu verstummen.
Mit einem zufriedenen Lächeln leckte sich der Dicke
das Blut von den Händen, bevor er sie am
Waschbecken im Raum nebenan gründlich wusch.
Danach knöpfte er sich die Hose zu, während langsam
das Blut auf seinem weißen Hemd verblasste.
Als er sich setzte, war von Ben und dessen Blut nichts
mehr zu sehen.
Er nahm den Telefonhörer in der Hand: »Schick mir
Bruno«, bellte er in den Hörer hinein.
»Bist du sicher, Revel, dass du den Weg findest? Der
Ort scheint mir weit außerhalb zu liegen! Soll ich nicht
doch mitkommen?«, fragte Lucie, eine zierliche
Brünette mit einem kleinen runden Bauch.
Lucie war im 5. Monat schwanger.
»Nein Lucie. Du benimmst dich, als wäre ich ein
kleines Kind und wäre noch nie Auto gefahren oder
hätte noch nie einen Hausbesuch gemacht. Ich hab das
Navi und ein Handy, was sollte also groß passieren?«,
erwiderte Revel, die ihren Laptop und ihre Tasche in die
Hand nahm. Sie musste zu einem Geschäfts-Kunden
für eine Web-Präsentation.
»Naja, aber so eine lange Strecke zu fahren macht
doch keinen Spaß ohne Begleitung und Unterhaltung.
Und als Frau alleine, ich weiß nicht … Warum geht
nicht einer der Jungs mit?«, versuchte Lucie sie zu
überzeugen.
»Quatsch … außerdem, in deinem Zustand würde
dein Göttergatte mich umbringen, wenn ich nur den
Ansatz eines Versuchs machen würde, dich
mitzunehmen. Und ich gehe weil ich einfach die Beste
bin. Es ist mein Kunde, Herr Jimmyx war schon
mehrere Male hier, doch jetzt hat er mich gebeten zu
ihm zu kommen, da es ihm in der nächsten Zeit nicht
möglich ist, selber hierher zu kommen. Du kennst ihn
doch«, sagte Revel.
»Ja, ich weiß. Aber ich fühle mich wunderbar. Ich bin
kein rohes Ei. Ich bin im fünften Monat und sehr gut
beweglich. Ihr werdet noch alle Zeit der Welt haben,
mich zu bemuttern, wenn ich mich nicht mehr bewegen
kann.« Lucie streichelte zärtlich die kleine Wölbung am
Bauch.
»Ja, und dir das zurückgeben, was du für uns getan
hast. Ich weiß nicht, was wir ohne dich gemacht hätten
und was wir machen werden, wenn du weg bist.«
Revel verdrehte die Augen bei der Vorstellung, nur
allein mit Justin, ihrem Bruder und Marvin, ihrem
Freund zu sein, ohne jemanden, der Ordnung in ihr
chaotisches Leben brachte.
»Nichts da. Ich bleibe nicht lange weg ohne Arbeit.
Nein, das ist nichts für mich, nur Hausfrau und Mutter!
Ich liebe deinen Bruder über alles, mir würde aber die
Decke auf den Kopf fallen. Nein, ich brauche meine
Arbeit!« Sie grinste Revel an. »Ich stelle mir gerade vor,
wie abgemagert du werden würdest, weil du zu essen
vergisst und wie ihr alle drei in einem riesigen
Papierberg und allgemeinen Chaos versinkt.« Sie lachte
laut.
»Ach, bilde dir bloß nichts darauf ein!«, sagte Revel
genauso lachend.
»Worauf soll sich meine Frau nichts einbilden?«
Ein großer, schlanker junger Mann kam auf die beiden
zu, unter dem Arm einen großen Aktenkoffer.
»Dass ihr drei ohne mich aufgeschmissen wärt!«, sagte
Lucie und ging mit einem Lächeln auf ihren Mann zu.
Er war Revels Bruder und ihr so ähnlich, man könnte
meinen, sie wären Zwillinge.
Justin war zwei Jahre älter als Revel. Seine Züge waren
maskuliner, seine Nase markanter und die Lippen
schmaler. Lucie konnte sich nicht an ihm satt sehen. Sie
empfand es als ein Wunder, dass er sie liebte und sie
hoffte so sehr, dass ihr Kind ihnen beiden ähnlich sein
würde.
»Ich sagte zu Revel, dass ich nicht lange zu Hause
bleiben werde und zusehe, wie ihr hier untergeht!«,
erklärte sie ihm.
»Kommt nicht in Frage. Du wirst dich vernünftig
schonen und dir alle Ruhe gönnen, die du brauchst.
Und vergiss nicht, dass du dich auch um unser Baby
kümmern musst.« Justin erhob sein Zeigefinger.
Er nahm seine kleine Frau in seine Arme und senkte
seinen Kopf an den ihren. Er roch an ihrem Haar und
gab ihr einen flüchtigen Kuss, bevor er sich seiner
Schwester zuwandte.
»Und wann wolltest du fahren? Das Wetter sieht nicht
gut aus. In den Nachrichten wurde starkes Unwetter
angesagt und mir wäre es lieber, du würdest es
verschieben oder dich gleich jetzt auf den Weg machen,
damit du nicht noch in das Unwetter hineinkommst.«
»Noch einer, der mich bemuttern möchte. Ich bin
bereit und werde sofort losfahren.« Revel verdrehte ihre
Augen.
»Da komme ich gerade rechtzeitig, um dich noch zu
sehen, bevor du fährst.«
Marvin, der langjährige beste Freund von Justin und
Freund von Revel, kam herein. Revel verzog den Mund.
»Ihr tut alle, als würde ich eine Reise ans Ende der Welt
unternehmen, die mich Monate in Anspruch nimmt,
dabei ich bin morgen Abend wieder zurück!«
»Eine Nacht und einen Tag ohne dich halte ich kaum
aus. Wir sind bis jetzt immer zusammen gewesen«, sagte
er und kam auf sie zu, um ihr einen Kuss zu geben.
Er war wie Justin ein großer schlanker Mann, jedoch
mit dunkelblonden Haaren und asymmetrischem
Haarschnitt, der ihm sehr gut stand. Dazu klare
definierte Muskeln, ein kantiges Kinn, schmale Lippen
und hellbraune Augen. Obwohl er nicht im klassischen
Sinn schön war, hatte er das gewisse Etwas und wirkte
sehr anziehend.
»Ich bin es nicht gewöhnt, länger als einige Stunden
ohne dich zu sein.«
Er funkelte sie mit seinen schönen hellbraunen Augen
an.
»Du bist viel zu verwöhnt«, erwiderte sie, »es wird
Zeit, dass ich öfters wegbleibe.« Und streckte ihm die
Zunge raus.
»Unterstehe dich!«, gab er mit einem Zwinkern
zurück.
»Revel, geh jetzt bitte, oder ich rufe bei den Jimmyx
an, um abzusagen. Ich möchte dich dort sicher
angekommen wissen«, stoppte Justin die beiden.
»Komm, ich bring dich zum Wagen«, sagte Marvin.
»Ich bin schon auf dem Weg, Papa.« Revel verzog das
Gesicht.
»Nein, bleib hier, ich weiß, wo mein Auto steht. Ich
melde mich, sobald ich angekommen bin und wir sehen
uns morgen Abend wieder. Tschüss«, sagte sie zu
Marvin, schnell bevor noch jemand etwas erwidern
konnte und ging raus.
»Was für eine Frau!«, sagte Marvin bewundernd.
Revel stieg in ihren Wagen ein. Sie war Web-Designerin
und arbeitete mit Justin und Marvin zusammen in der
eigenen Firma.
Lucie kümmerte sich um die Buchhaltung und war
Mädchen für alles. Sie sorgte für das leibliche Wohl der
Drei, wenn die Arbeit zu viel wurde.
Vor allem Revel mit ihrer zarten Statur vergaß vor
lauter Arbeit oft das Essen. Sie war schlank, nicht zu
dünn, hatte schöne Proportionen und Rundungen, so
wie es sein sollte.
Revel hatte eine feine, edle, feenhafte ätherische
Ausstrahlung. Mit ihren langen schwarzen Haaren und
ihrem ovalen Gesicht war sie eine echte Schönheit. Ihre
grünen, mandelförmigen Augen rundeten das
wunderschöne Gesicht ab. Die Nase hatte zwar einen
leichten Buckel, der dem Ganzen jedoch seine ganz
eigene Note gab. Ihr sinnlicher Mund mit den vollen
roten Lippen war dafür umso perfekter.
Das brachte ihr schon oft eine Menge Neid von Seiten
der Mädchen ein, die bei den Jungs keine Chancen
mehr hatten, sobald man sie sah. Deswegen hatte sie
nicht viele Freundinnen. Eine davon aber war Sade, die
Schwester von Marvin, mit der sie bis heute noch eine
feste Freundschaft verband.
Sade lebte jetzt in Morgan, Utah, mit ihrer eigenen
Familie und so konnten sie sich nur selten sehen.
Es war schön, dass Lucie und die Jungs sich sorgten,
doch manchmal war es zu viel. Sie seufzte befreit auf,
als sie ihren Wagen startete.
Justin und sie waren noch Kinder, als ihre Eltern durch
einen Unfall ums Leben kamen. Von einem Tag auf den
anderen waren beide auf sich alleine gestellt.
Ihre Eltern waren einer Einladung gefolgt, während sie
und Justin mit einer Babysitterin zu Hause geblieben
waren.
Von dort waren sie nie wieder zurückgekommen.
Ein betrunkener Fahrer hatte ihrem Vater die Vorfahrt
genommen und sie in den Tod geführt.
Die Schwester ihres Vaters übernahm das Sorgerecht
für die beiden, wobei ihre Arbeit sie immer wieder
außer Landes führte, und so blieben die beiden oft
alleine und sich selbst überlassen. Sie waren dankbar,
dass die Tante ihnen das Alleinsein gewährte und sie
nicht in ein Internat oder zu Pflegeeltern schickte.
Trotzdem fehlte etwas. Sie engagierte eine ältere Dame,
die sich der beiden annahm, sich um den Haushalt und
um die Dinge der beiden kümmerte.
Mit der Zeit überwanden Justin und Revel ihren
Schmerz und lebten ein zufriedenes Leben.
Der Tod ihrer Eltern schweißte sie zusammen und
Justin übernahm die Vaterrolle für sie. Er war
übervorsorglich.
Er passte auf sie auf, und als die Tante nach vielen
Jahren nach Hause kam und krank wurde, übernahmen
beide ihre Pflege bis zu ihrem Tod.
Beide liebten den Computer und die Kreativität, die
daraus entstehen konnte und somit war klar, wo ihre
Zukunft lag. Sie waren erfolgreich, gefragt und hatten
wenig Zeit, sich um andere Sachen zu kümmern.
Deshalb waren sie mehr als froh, als Lucie ihnen die
anderen Arbeiten, die in ihrer Firma anfielen, abnahm.
Lucie und Justin heirateten in einer kleinen,
romantischen Zeremonie.
In dem von Mormonen geprägten Land war ein
Zusammenleben ohne den Segen der Kirche kaum
vorstellbar, und Lucie wollte ein friedvolles Leben
haben ohne große Komplikationen.
Justin hatte nichts dagegen, ihr diesen Wunsch zu
erfüllen.
Beiden stand die Liebe zueinander ins Gesicht
geschrieben, und als Lucie schwanger wurde, machte es
das Familienglück perfekt.
Revel fuhr aus der Stadt heraus, vorbei am Temple
Square von Salt Lake City und ließ ihren Gedanken
freien Lauf, da der Verkehr im Moment nicht ihre volle
Aufmerksamkeit verlangte.
Salt Lake City ist eine mittelgroße Stadt im Staat Utah
im Südwesten der USA. Sie wurde von Mormonen
gebaut und regiert und hat eine gewisse Strenge mit
dementsprechenden Gesetzen, sehr konservativ und
langweilig. Das ganze wurde durch die vielen Touristen,
die zum Skifahren und wegen des Nationalparks jedes
Jahr hierherkamen, aufgelockert.
Da sie früh auf sich gestellt waren, hatten sie nur den
Einfluss von außen, den sie aber leicht umgehen
konnten, da sie sehr zurückgezogen lebten. Man ließ sie
in Ruhe, da sie sich nicht bemerkbar machten.
Marvin hatte sie auch aufs Heiraten angesprochen und
auf das Thema eine Familie zu gründen, doch sie wusste
noch nicht, was sie davon abhielt.
Sie wusste, lange konnte sie dieses Thema in dieser so
konservativen Stadt nicht vor sich herschieben.
Als ihre Eltern starben, hatte sie sich vorgenommen,
keine Kinder zu bekommen, aus Angst sie irgendwann
alleine zu lassen. Sie war glücklich, doch manchmal kam
der Schmerz des Verlustes hoch. Würde sie das ihren
Kindern antun wollen? Im Grunde genommen war das
nicht der einzige Grund zu zögern. Sie sehnte sich nach
mehr, was sie nicht genau benennen konnte. Sie sehnte
sich nach jemandem, der ihr Herz zum Rasen bringen
würde, nach Schmetterlingen im Bauch.
Marvin war ein toller, liebevoller Mann und sie war
glücklich, jemanden wie ihn an ihrer Seite zu haben. Er
war ihr ruhiger Fluss, ein Ruhepol, sie konnte sich ihm
anvertrauen und sich fallen lassen. Seine Berührungen
waren schön, brachten sie jedoch nicht aus der Fassung.
Es fehlte das gewisse Etwas, was sie jedoch nicht
definieren konnte. Sie glaubte gar nicht daran, dass sie
so eine Liebe finden würde, so etwas gab es nur in
Filmen und Märchen. Sie konnte Marvin ihre Gedanken
bisher nicht anvertrauen und sie liebte ihn auch, nur es
war nicht DIE große Leidenschaft, falls es die
überhaupt gab. Marvins Eltern, richtige Mormonen,
hatten vier Kinder und wünschten sich für jeden von
ihnen einen großen Kindersegen. Außer Marvin waren
alle verheiratet, hatten Kinder und waren der ganze
Stolz der Großeltern, die auf mehr warteten.
Nur die ältere Schwester war kinderlos und würde es
bleiben, aufgrund einer Krankheit ihres Mannes.
Und Marvin, er wünschte sich genauso eine große
Familie.
Er bedrängte sie nicht und ließ ihr Zeit. Doch immer,
wenn sie bei seinen Eltern waren, kam die Sprache
darauf und man hörte den Vorwurf in der Stimme
seines Vaters.
Es war eine große und laute Familie alle miteinander,
und Revel war froh, sie nur ab und an zu sehen, obwohl
sie alle mochte. Doch Sade mit ihren zwei lieblichen
Kindern mochte sie mehr.
Sie fuhr seit über einer Stunde, als ihr Handy klingelte
und ihre Gedanken störte.
Es war Marvin und sie lächelte: »Hey Marvin, vermisst
du mich jetzt schon?«, fragte sie lachend.
»Jede Minute, in der du nicht bei mir bist, vermisse
ich dich. Aber ich wollte dir kurz mein Herz
ausschütten und dir etwas sagen. Sade und Clark haben
sich getrennt. Meine Schwester ist total aufgewühlt und
sie möchte, dass ich zu ihr komme, da meine Eltern
völlig aus dem Häuschen sind und mein Vater droht
Clark was anzutun«, erzählte er aufgebracht.
»Wie, sie haben sich getrennt? Seit wann und
warum?«, fragte Revel völlig erstaunt.
»Ich weiß auch nicht alles. Nur so viel, dass Clark mit
einer hochschwangeren Frau gesehen wurde. Also läuft
wohl schon länger was hinter Sades Rücken. Als sie ihn
zur Rede stellte, hat er alles zugegeben und gesagt, dass
er sie verlässt, um mit der anderen zusammenzuleben,
aber wenn sie einverstanden wäre, würde er sie auch
beide behalten.«
Revel konnte das gar nicht glauben. »Und was sagt Sade
dazu?«
»Dass die Polygamie hier seit langem nicht mehr
praktiziert wird, und sie möchte ihren Mann auf keinen
Fall teilen.«
»Und was ist mit den Kindern?« Revel war sprachlos.
»Er sagt, er liebt seine Kinder, aber er will diese
andere Frau und ein neues Leben. Entweder alle
zusammen oder er nur mit der neuen Frau. Ich bin jetzt
auf dem Weg zu Sade. Vielleicht bleibe ich bis morgen
oder sollte sie mich länger brauchen, bleibe ich länger
da und du kommst nach, falls du möchtest. Je nachdem,
wie die Situation dort ist«.
»Ich würde Sade gern bei dieser Geschichte beistehen.
Schade, dass ich schon so weit gekommen bin und den
Jimmix nicht mehr absagen kann. Na gut, dann
sprechen wir uns morgen wieder. Pass auf dich auf und
drück Sade und die Kinder von mir. Bis morgen«, sagte
sie mit Traurigkeit in der Stimme. Sie wäre gern
mitgefahren, um ihrer Freundin jetzt beizustehen.
»Ich werde ihr sagen, dass du dich an ihrer Seite
wünschst, es wird ihr helfen. Pass du auf dich auf, mein
Herz, ich liebe dich!« Beide legten auf.
Revel fuhr weiter, die Strecke zog sich einsam und lang
über den Highway und sie hatte genügend Zeit
nachzudenken.
Sie dachte an Sade, die jetzt alleine mit zwei Kindern
neu anfangen musste. In kurzer Zeit hatte sich alles
verändert. Sie dachte wütend an Clark und daran, dass
sie ihn von Anfang an nicht leiden konnte. Ihr Gefühl
hatte sie nicht getäuscht und sie konnte sich gut
vorstellen, was es für Sades Eltern bedeuten würde.
Für sie war eine Trennung unvorstellbar.
Wie von Justin vorausgesagt, änderte sich das Wetter
schlagartig.
Es wurde schnell dunkel und dicke Regentropfen fielen
herab, die Sicht wurde schlechter.
Sie fuhr langsam weiter, doch je weiter sie fuhr, desto
schlimmer wurde das Wetter. Der rote Schlamm, der
langsam von den Bergen herunterkam, machte die Fahrt
schwer und auf einmal blieb ihr nichts anderes übrig, als
stehenzubleiben, da sie nichts mehr sehen konnte.
Es sah nicht so aus, als würde sich die Sicht bessern
und langsam wurde es kalt im Auto. Weit und breit war
nichts zu sehen und es fuhr auch kein Wagen vorbei.
Es gab nur den starken Regen, der auf die Scheiben und
das Dach hämmerte.
Irgendwie unheimlich, dachte sie. Als Revel ihren
Kunden anrufen wollte, um ihn auf ihre Lage
aufmerksam zu machen und sich eventuell abholen zu
lassen, hatte sie wegen des Wetters keinen Empfang.
Sie konnte es nach einer Weile im Auto nicht mehr
aushalten und entschloss sich zu schauen, ob es in der
Nähe ein Haus gab, wo sie telefonieren konnte.
Das bisschen Wasser würde ihr nicht schaden. Sie
schloss das Auto ab und machte sich auf die Suche nach
Gebäuden oder Menschen.
Nach einigen Metern war sie bis auf die Haut
durchnässt und die rote Erde durchdrang ihre Schuhe.
Ihr wurde unheimlich zumute, denn es wurde immer
dunkler und sie hatte Angst, in einer Einöde gelandet zu
sein, mit nichts und niemandem in der Nähe.
Sie war auch schon so weit weg von ihrem Auto, dass
sie Angst hatte, nicht mehr zurückzufinden.
Was für eine blöde Idee, sich auf die Suche nach einem
Haus zu machen.
Die Kälte drang ihr durch die nassen Kleider bis auf
die Knochen und sie fing an zu frieren und überlegte,
was sie tun sollte. Sie lief zu lange schon durch den
Regen und meistens im Kreis, wie sie an einem Busch,
bei dem sie als Markierung einige Zweige abgebrochen
hatte, deutlich erkennen konnte. Als sie ein paar
hundert Meter weiter ein schwaches Licht sah, das aus
einem Gebäude in der Dunkelheit schien, lief sie
kurzerhand entschlossen auf die Einfahrt zu.
Es war ein schwaches gedämpftes Licht, das durch den
Regen zu sehen war. Es war eine lange Einfahrt und das
Tor war leicht geöffnet, wie sie sehen konnte.
Ohne lange zu überlegen, lief sie auf das Haus zu,
welches in der Dunkelheit nicht viel von seiner Struktur
erkennen ließ. Sie stand vor einer riesigen Tür und
klingelte, doch es rührte sich nichts. Entweder war
keiner zu Hause oder es schien sie keiner gehört zu
haben. Sie versuchte die Tür zu öffnen, zu ihrer
Überraschung gab diese unter ihren Händen nach. Sie
spähte hinein, öffnete sie langsam weiter, aber auch auf
ihre Rufe hin meldete sich niemand. Sie ging hinein,
keiner konnte bei diesem Sauwetter verlangen, dass sie
draußen warten sollte, bis endlich jemand kommen
würde. Pech, wenn sie nicht auf das Gebäude achteten.
Es könnten so auch Diebe reinkommen.
Es war ein imposantes Haus, zumindest der riesigen
Diele nach zu urteilen. Eine große Treppe ging von der
Mitte aus in den ersten Stock und zu beiden Seiten
waren Türen. Langsam ging sie weiter und schaute sich
um. Hinter einer Tür hörte sie Stimmen, da sie nur
angelehnt war, öffnete sie sie vorsichtig ein wenig und
schaute hinein.
»Es ist an der Zeit, dass du endlich heiratest, Hoheit,
und das weißt du. Du kannst dich deiner
Verantwortung nicht mehr lange entziehen. Du wirst
dich früher oder später wohl oder übel entscheiden
müssen. Also warum nicht jetzt?!«
Ein älterer Mann mit langen weißen Haaren
gestikulierte mit den Händen, während er sprach. In der
Mitte des Raumes stand ein riesiger, langer Tisch, wo
mehrere Leute unterschiedlichen Alters und in
schwarzer Kleidung saßen.
Am Ende des Tisches stand ein imposanter Mann, sie
schätzte ihn auf zwei Meter mit langen schwarzen
Haaren und schwarzer Kleidung. Er hatte ein markantes
Gesicht und eine große Narbe verlief von der Stirn bis
zum Kinn, was ihn nicht entstellte, sondern noch
interessanter und männlicher machte. Zugleich aber
machte er aber auch einen furchteinflößenden,
gefährlichen Eindruck. Kleinere Narben verliefen kreuz
und quer über sein Gesicht.
Er blickte genau in dem Moment zur Tür, als Revel
hineinschaute. Hingerissen schaute er in ihr
wunderschönes Gesicht, während sie triefend nass da
stand und ihm wie eine Erscheinung vorkam. Er
erinnerte sich an die Vergangenheit und sah ein kleines
Mädchen, das er aus einem brennenden Auto
herausholte. Jetzt stand das kleine Mädchen als Frau an
der Tür und eine Vision zeigte sie an seiner Seite. Das
Ganze dauerte nur einen kurzen Augenblick.
Revel zuckte unter seinem intensiven Blick zusammen.
»Ich entscheide, wen ich heirate, und sollte ich mich
jetzt entscheiden müssen, dann ...«, er zeigte zu der Tür,
in der Revel stand und ein Energiestrahl zog von
seinem Zeigefinger bis zu ihrer Stirn, wie ein Blitz. Alle
Köpfe drehten sich zur Tür, wo sie zitternd vor Nässe
wie angewurzelt stand und den Mann, der auf sie zeigte,
gebannt betrachtete.
Revel konnte es nicht sehen, jedoch alle anderen, die
sich in dem Raum befanden. Ein Raunen ging durch die
Reihen und einige standen auf.
Sie sah zu ihm hoch und blickte geradewegs in die
außergewöhnlichsten Augen, die sie je gesehen hatte. Er
schien alle Farben des Regenbogens in seiner Iris zu
haben und sein Blick ging ihr bis ins Mark.
Noch nie war ihr so was passiert.
Jetzt standen auch alle anderen auf. Eine wunderschöne
blonde Frau kam wutentbrannt auf sie zu und zischte:
»Du ... du ... er gehört mir ... du ... du Mensch. Ich
gönne ihn dir nicht, ich werde dich ...«
Mit bösem Unterton stieß sie Revel an und rannte aus
dem Zimmer an ihr vorbei. Revel drehte sich
verwundert zu ihr um, konnte sie aber nicht mehr
sehen.
»Wer ist sie, Hoheit? Was macht sie hier? Wir alle
dachten, du würdest Bella heiraten! Sie ist ein Mensch,
sie gehört nicht zu uns.«
Alle sprachen und gestikulierten wild durcheinander.
Während sie sprachen, kam König Neven auf sie zu,
nahm ihre Hand und führte sie aus dem Raum heraus,
den Gang entlang die Treppen hoch und in einen
kleinen Wohnraum. Es war ein schönes Zimmer in
Weiß und Fliederfarben gehalten. Die Gardinen waren
in einem dunklen Lila, während die Sofaecke in zartem
Flieder mit schönen weißen und fliederfarbenen Kissen
zum gemütlichen Hinsetzen einlud.
An der Wand stand eine wunderschöne weiße Vitrine,
in der anderen Ecke zeigte eine offene Tür in ein
angrenzendes Schlafzimmer, welches in den gleichen
Farben gehalten war. In dem riesigen weißen Bett mit
ebenfalls flieder- und lilafarbenen Überzügen würde
man sich gerne schönen Träumen hingeben oder mehr,
dachte Revel.
Sie sah das Ganze eher wie in einem Dämmerzustand.
Ihr war kalt, sie zitterte und hatte keine Kraft sich seiner
Hand zu entziehen und wollte es auch gar nicht. Er
übte eine derartige Anziehung auf sie aus, dass sie ihm
überallhin gefolgt wäre.
Von dort aus führte Neven sie in ein riesiges
Badezimmer, welches an das Schlafzimmer angrenzte.
»Zieh die nassen Sachen aus und trockne dich ab«,
befahl er ihr mit autoritärer Stimme. »Ich werde dir
ein Bad einlassen, sonst holst du dir noch den Tod,
durchnässt und verkühlt wie du bist!«
Revel stand immer noch zitternd und sprachlos in dem
Raum, während dieser Hüne von Mann Wasser in die
Wanne einließ, die Temperatur überprüfte und
Badeessenzen hinzugab. Schnell stiegen die Dämpfe auf
und ein sinnlicher Duft von Jasmin hüllte das ganze
Badezimmer ein.
»Wieso ziehst du dich nicht endlich aus? Du
hinterlässt überall Pfützen!«
Neven schaute sie an, während sie da stand.
Ihre Jacke, genauso wie die leichte Bluse darunter und
ihre Hose klebten an ihrem Körper wie eine zweite
Haut, was ihre schönen Kurven noch zusätzlich
unterstrich.
Das Regenwasser in ihrem nassen langen Haar tropfte
langsam auf ihr wunderschönes Gesicht herunter, und
ohne dass es ihr bewusst war, sah sie wie eine Nymphe
der Verführung aus.
Er spürte ein Ziehen in seinen Lenden und hatte Mühe,
ihr Gesicht nicht anzufassen und sie zu küssen. So
etwas war ihm seit einer Ewigkeit nicht passiert, Bella
konnte ihm trotz all ihrer Schönheit niemals diese
Gefühle entlocken.
»Ich ziehe mich nicht vor dir aus! Einem Fremden.
Geh raus«, erwiderte Revel leise und ein wenig kraftlos
und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich bin kein Fremder für dich, du wirst meine Frau
werden. Es gibt nichts zwischen Mann und Frau, was
verboten wäre … und nackte Frauen bergen keine
Überraschung für mich. Und solltest du denken, ich will
dich verführen, dann wäre ich bestimmt nicht so
zimperlich, dir erst ein Bad einzulassen. Und übrigens,
ich gehöre zu denen, wo die Frau auch wollen muss«,
erwiderte Neven mit seiner dunklen, warmen Stimme.
»Deine Frau? Wieso soll ich deine Frau werden? Ich
will nicht deine Frau werden, wir kennen uns nicht und
ich fühle mich nicht gut genug, um zu scherzen und
außerdem muss ich zustimmen. Zum Heiraten gehören
immer noch zwei«, erwiderte Revel mit schwacher
Stimme.
»Du hast zugestimmt«, behauptete der für sie
Unbekannte voller Stolz.
»Wie bitte?« Sie verstand es nicht.
»Du hättest sofort Nein sagen können, das hast du
nicht getan, also ist das eindeutig eine Zustimmung! Es
gibt genügend Zeugen!«
»Ich war sprachlos. Ich dachte das Ganze wäre ein
Scherz gewesen!«, verteidigte Revel sich. »Es ist ein
Scherz, oder? Und du kennst mich nicht, ich könnte die
Pest haben, und du weißt nicht, ob ich nicht schon
verheiratet bin«.
Er schien sich nicht davon abbringen zu lassen. »Ich
scherze nie«, gab er ernst zurück.
Mit ein paar sanften Schritten kam er auf sie zu, nahm
ein Handtuch vom Ständer und fing langsam an, ihr das
Gesicht abzutrocknen.
Seine sinnlichen und zarten Gesten brachten sie noch
mehr durcheinander und ihr Blut in Wallung. Es
kribbelte und prickelte an jeder Stelle, an der er ihr über
die Haut fuhr. Dieser Mann strotzte nur so vor Kraft
und Erotik, sie konnte sich gut vorstellen, dass eine
Frau schlecht Nein sagen konnte, wenn er vor ihr stand.
»Wärst du verheiratet, hättest du es sofort gesagt, und
wenn da jemand wäre, ist es nicht wichtig genug, um
davon zu reden. Als ich dich zur Tür reinkommen sah,
warst du für mich die schönste Erscheinung, die ich seit
langem gesehen habe. Es war wie eine Offenbarung. Es
war für mich sofort klar: Du oder keine«, flüsterte er in
ihr Ohr. Gänsehaut verbreitete sich an ihrem ganzen
Körper, als sie seine warme sinnliche Stimme so nah
hörte.
»Du weißt nichts von mir, wie ich nichts über dich
weiß, wie kannst du eine wildfremde Frau heiraten
wollen?« Sie verstand nicht, warum er so sehr darauf
bestand, sie heiraten zu wollen.
»Ich weiß, wie und wer du bist, ich kann es fühlen.
Ich wusste es sofort.«
Sanft strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
Revel wusste nicht mehr, was sie sagen sollte. Und sie
schien jede Beherrschung über ihren Körper verloren
zu haben, so sehr brachte er sie aus der Fassung.
Sie hatte auf einmal Angst, denn sie sah sich im Geiste,
wie ein Pastor hereinkam, sie beide trauen würde und
sie ja sagen würde, freiwillig, ohne zu zögern.
Sie zitterte so sehr, dass sie die Knöpfe ihrer Jacke nicht
aufbekam.
Er bemerkte ihren unsicheren Blick, ließ seine Hand
sinken und knöpfte zügig die leichte Sommerjacke auf.
Dann folgte die Bluse. Sie blieb vor ihm stehen, in ihrer
Jeans und dem BH, und wie in Trance ließ sie alles mit
sich geschehen, noch nie in ihrem Leben war sie in so
einer Situation oder hätte sie sich so etwas vorstellen
können.
Sie versuchte aus der nassen Jeans herauszukommen,
aber er kam ihr zuvor und schob diese mit dem Slip
zusammen runter und zog mit der anderen Hand hinter
ihrem Rücken den Clip vom BH auf.
Mit einer schnellen Bewegung hob er sie hoch und ließ
sie in die Badewanne sinken. Sie hatte keine Zeit sich zu
schämen, so schnell ging das Ganze.
Nach und nach entspannten sich ihre Glieder und das
Zittern hörte in dem wohlig warmen Wasser auf.
»Geht es dir besser?«, fragte er besorgt. »Hoffentlich
hilft es dir, nicht krank zu werden.«
»Es geht mir gut, danke, ich kann jetzt auch alleine
bleiben«, antwortete sie.
»Ich passe lieber auf dich auf und mein Name ist
Neven«, beharrte er und machte keine Anstalten aus
dem Badezimmer raus zu gehen.
Stattdessen nahm er einen Schwamm und fing an ihre
Arme, die Beine und den Rücken sanft einzuseifen,
danach wusch er ihr die Haare.
Es stimmte, dass eine nackte Frau ihm nicht gerade
das Blut aufwallen ließ. Doch bei dieser Frau war es
anders, sein Blut kam mehr als in Wallung und er
musste sich richtig zusammenreißen, er musste sie
anfassen, auch wenn er sie am liebsten nicht nur
gewaschen hätte.
Seine Hose wurde bei ihrem Anblick im Schritt zu eng,
ihre Haut fühlte sich wie Seide an und verführte seine
Fantasie zu geheimen Wünschen, die er wegen der
momentanen Situation jedoch nicht ausnutzen wollte.
Sie sollte es genauso wollen wie er, und sein Gefühl
sagte ihm, dass es nicht lange dauern würde. Er würde
warten und es noch mehr genießen.
Er würde warten, auch wenn sein Körper verdammt
nicht seiner Meinung war. Revel glitt in eine Art Traum.
Sie wollte sich wehren, fühlte sich zu schwach.
Nach einer Weile hob er sie aus der Wanne heraus und
fing an sie mit einem weichen Handtuch abzutrocknen,
wickelte sie ein und trug sie aus dem Bad hinaus, als
wäre sie leicht wie eine Feder.
Sie ließ es geschehen, müde legte sie den Kopf auf
seine Schulter und ließ sich gehen.
Ein Gefühl von Vertrautheit und Geborgenheit kam in
ihr auf, aber auch Lust und Leidenschaft.
Er legte Revel auf das Bett. Zur gleichen Zeit kam ein
älterer Mann mit einem Tablett herein.
»Danke Neo, ich glaube das Bad hat nicht viel
geholfen. Es scheint, als ob sie doch krank wird. Sie ist
ganz heiß, hilf mir bitte, ihr die Tropfen zu geben. Und
wenn’s nicht besser wird, muss der Doc mal
herkommen.«
Neo gab die Tropfen in ein kleines Likörglas und
reichte es Neven, der ihren Kopf anhob und es sie
trinken ließ.
Revel glitt in einen Wachtraum. Sie wusste, sie musste
noch etwas erledigen, kam aber nicht darauf, was es sein
mochte. Sie wollte aufstehen und in ihrem Kalender
nachsehen, starke Hände hinderten sie daran.
Sie murmelte einige nicht zusammenhängende Worte,
die niemand verstand.
Nach einer Weile glitt sie sanft in einen tiefen,
traumlosen Schlaf, eingebettet in starke Arme, die sie
festhielten. Sie hatte wirre Träume, in einem stand sie
nahe einem Abgrund und in dem Moment, wo sie
dachte zu fallen, hinderten starke Arme sie vor dem
Fall, und wie sie sich glücklich an ihn schmiegte.
In einem anderen sah sie, wie Marvin sich von ihr
entfernte, sich aber nach ihr umdrehte und zum
Abschied winkte. Sie wollte ihn festhalten, ihn rufen,
aber sie hatte keine Stimme und er kam nicht zurück.
Revel öffnete die Augen, sah sich in einem fremden
Zimmer liegen und wusste nicht, wie sie hier herkam.
Sie wollte sich aufrichten, doch starke Kopfschmerzen
ließen sie wieder zurückgleiten.
»Guten Morgen, Miss Revel! Ich bin Neo, falls Sie
sich noch an mich erinnern. Gut, dass es ihnen besser
geht, wir haben uns richtig Sorgen um Sie gemacht!«
Neo, der Butler kam ans Bett.
»Wo … bin ich hier? Wessen Zimmer ist das? Ah …
ich erinnere mich. Gestern. Ich war nass. Und bin in
dieses Haus gekommen. Oder nicht?«
Sie fasste sich an den Kopf.
»Ja, sie wurden leider krank, und Hoheit hat Sie ins
Bett gebracht. Nur, dass sie zwei Nächte hier verbracht
haben. Er wird sich freuen zu hören, dass es Ihnen
besser geht. Leider musste er beruflich weg, er wird
sofort nach Ihnen schauen, sobald er zurück ist«, sagte
Neo bedauernd.
»Zwei Nächte? Ich kann mich nicht erinnern, ich
kann nicht noch länger bleiben. Ich muss schnell nach
Hause zurück, man macht sich bestimmt Sorgen um
mich! Niemand weiß, wo ich bin.«
Revel versuchte, sich nochmals vergeblich aufzurichten.
»Seien Sie unbesorgt Miss, Ihre Familie weiß
Bescheid, Sie können sie gerne gleich anrufen, sodass
ihre Familie hört, dass es ihnen besser geht. Zuerst
würde ich vorschlagen, dass sie von den Köstlichkeiten
probieren, die unsere Köchin zubereitet hat. Ich hoffe,
Sie haben Appetit.«
»Sieht so aus. Ich würde gerne eine Kleinigkeit essen.
Aber wo bin ich, warum Hoheit, wer ist er?«
»Er ist unser König, wir stammen ursprünglich von
sehr weit weg und er ist der legitime Herrscher unseres
Stammes, aber er soll es Ihnen selber erzählen, Miss.«
Neo half Revel sich aufzusetzen, als ein großes Tablett
hereingebracht und ihr aufs Bett gestellt wurde.
»Oh mein Gott, soviel kann ich nie im Leben essen!«
Sie sah das große Tablett erschrocken an.
»Essen Sie, soviel Sie möchten, bekanntlich kommt
der Hunger mit dem Essen! Ich werde nachher nach
Ihnen schauen, falls Sie möchten, hier ist ein Telefon.
Wählen Sie die Null-Null-Eins, um Ihre Wünsche zu
äußern.«
»Danke«, gab Revel leicht verwirrt zurück. Er nickte
ihr zu und zog die Tür hinter sich zu.
Als sie alleine war, ließ sie in ihrem Kopf erst einmal die
letzten Tage Revue passieren. Sie erinnerte sich nur an
Bruchstücke. Verschwommen erinnerte sie sich, dass sie
in den Armen eines Mannes gelegen hatte, der sie mit
extremer Zärtlichkeit beruhigte. Zuerst dachte sie es
wäre Marvin gewesen, doch obwohl er nett und zärtlich
war, es war nicht er gewesen. Der Mann in ihren
Erinnerungen war nicht Marvin. In seiner Stimme lag
eine andere Betonung, die sie tief in ihrem Innersten
berührte. Die Erinnerung kam gleichzeitig mit diesem
Gefühl zurück. Wie er sie im Badezimmer ausgezogen
und in die Wanne gelegt hat. Es waren keinerlei sexuelle
Berührungen darin, und doch hatte es in ihr ein Feuer
entfacht, das sie nicht in Worte fassen konnte. Schon
allein der Gedanke an ihre Gefühle ließ sie erröten.
Eigentlich müssten solche Gefühle bei Marvin
auftreten, doch das war nie der Fall gewesen. Es wäre
besser, so schnell wie möglich hier zu verschwinden.
Dieser Mann könnte ihr zu gefährlich werden.
Nachdem sie einiges von den Leckerbissen, die ihr
gebracht wurden, gegessen hatte, versuchte sie
aufzustehen, obwohl sie sich noch schwach auf den
Beinen fühlte. Sie wäre am liebsten liegen geblieben und
hätte weiter geschlafen, aber sie musste zurück, sie konnte auf keinen Fall noch weiter Gastfreundschaft dieses Mannes annehmen. Und sie
wollte von ihren Gefühlen weglaufen, sie war verwirrt,
wie war es möglich, dass dieser Mann sie so aufwühlen
konnte? Ihre Sachen lagen ordentlich gewaschen und
gebügelt auf einem Stuhl, und so schnell sie konnte, zog
sie sich an. Sie hatte das komische Gefühl, dass, wenn
sie sich nicht heimlich davonschleichen würde, Neo sie
nicht gehen lassen würde.
Als sie in der großen Diele stand, hörte sie Stimmen
aus dem großen Trakt kommen, jedoch bemerkte sie
keiner, als sie aus der großen Tür heraustrat. An der
Seite vor der Tür stand ihr Auto, jemand hatte es
hierher gefahren. Sie hoffte jetzt nur noch, dass es auch
anspringen würde. Sie schwang sich in den Wagen, warf
ihre Tasche auf den Beifahrersitz und steckte den
Schlüssel ins Schloss. Mit dem ersten Versuch sprang es
an und setze sich in Bewegung.
Sie fuhr die Einfahrt entlang, auf das große Tor zu, im
Rückspiegel sah sie Neo und zwei andere Personen aus
dem Haus kommen und ihr hektische Zeichen
machten, stehen zu bleiben.
Doch niemand folgte ihr, als sie nicht anhielt. Zwei
Stunden später kam sie völlig geschafft, und mit den
Gedanken ganz woanders, zu Hause an.
Marvin machte sich nach dem Telefonat mit Revel
sofort auf den Weg zu Sade, er wollte noch bevor der
Sturm aufzog bei seiner Schwester ankommen.
Sie war ziemlich aufgelöst am Telefon, verständlich,
von einem Tag auf den anderen hatte sich ihre Welt in
Luft aufgelöst, die Ehe und das gemeinsame Leben
waren zusammengebrochen. Marvin mochte Sade mehr
als seine anderen Geschwister, er war ein Jahr älter als
sie und schon als Kinder immer mit ihr zusammen
gewesen.
Sie waren die engsten Spielgefährten gewesen,
gemeinsam heckten sie eine Menge Unsinn aus.
Sade lernte Clark früh kennen und heiratete ihn schon
kurze Zeit später. Jetzt hatten sie zwei Kinder, einen
Junge namens Jaden, der 9 und ein Mädchen, Emily, die
8 war. Sie war eine typische Hausfrau geworden und
bedauerte, dass sie ihre Träume von früher, eine
selbstständige, emanzipierte Karrierefrau zu werden, nie
in die Tat umsetzen konnte.
Auf einen Schlag wurde der Himmel dunkel und ein
starker Wind kam auf. Marvin war zu spät gefahren, so
musste er jetzt zusehen, dass er, so schnell es ging, bei
Sade ankam. Das Wetter verschlechterte sich zusehends
und es fing an zu regnen.
Die Sicht wurde schlechter und er orientierte sich an
den Wagen vor ihm, um nicht aus der Spur zu geraten.
Von weitem sah er wie irgendetwas, ein Tier, ein großer
Hund eher, schnell die Landstraße überqueren wollte.
Das Auto vor ihm fuhr viel zu schnell und er konnte
den Aufprall des Wagens mit dem Geschöpf
vorhersehen. Verblüfft sah er wie der Wagen einfach
weiterfuhr, ohne anzuhalten.
Langsam näherte er sich, hielt am Straßenrand, um zu
Hilfe zu eilen.
Vielleicht konnte er das Tier retten und es aus der
Fahrbahn herausziehen. Mit Schrecken stellte er fest,
dass dort in der Straßenmitte eine junge Frau lag.
Er hätte schwören können, dass er vorhin ein Tier
gesehen hatte, einen riesigen Hund oder so ähnlich, vor
allem weil das Tier auch noch sehr schnell war.
Wie hatten seine Sinne ihm so einen Streich spielen
können?! Es kam wohl von den starken Regen, der die
Sicht benebelte.
Sie lag da, nur mit einem Top und einem Minirock
gekleidet, komplett durchnässt. Er betrachtete sie, wie
sie da lag, wunderschön trotz der Nässe. Sie hatte lange
dunkelbraune Haare, die am Boden ausgebreitet lagen.
Es waren keine äußeren Verletzungen zu sehen, sie
schien aber bewusstlos zu sein. Sie hatte eine schmale
Taille, lange perfekte Beine genauso, wie man unschwer
unter dem nassen Top erkennen konnte, feste schöne
Brüste ohne BH.
Er war erstaunt in dieser Einöde diese wunderschöne
Frau allein vorzufinden.
Schnell zog er seine Jacke aus, welche vom Regen total
durchnässt war, und deckte sie damit zu. Er zog sein T-
Shirt aus und legte es ihr unter den Kopf.
Marvin versuchte mit seinem Handy den Notruf zu
erreichen, aber ohne Erfolg, er hatte keinen Empfang.
Er hatte Angst sie anzufassen, da er nicht wusste,
inwieweit sie eventuell innere Verletzungen hatte.
Weit und breit war kein Haus oder Auto in Sicht.
Langsam versuchte er, sie aufzuwecken. Sie öffnete die
Augen und starrte Marvin direkt an, ihr Blick ging ihm
unter die Haut. Ihre Augenfarbe hatte einen goldenen
Ton mit braunen Punkten. Marvin hatte noch nie so
eine Augenfarbe gesehen.
»Was ... wer …?« Mit einem Satz sprang sie auf die Beine.
»Wer bist du? Hast du mich etwa angefahren? Was
fällt dir ein?!«, schrie sie Marvin an.
»Nein, ich war es nicht, der dich angefahren hat.
Schrei mich nicht an. Ich habe versucht, dir zu helfen
und bin zu dir geeilt, als der Fahrer vor mir Fahrerflucht
begangen hat. Bist du verletzt?« fragte er.
»Oh. Danke.« Sie brauchte einen Augenblick.
»Ich denke es geht mir gut soweit ... Bin ich lange
bewusstlos gewesen?«
Sie schaute ihn an, drehte sich um, verschwand
zwischen den Bäumen und ließ Marvin ohne weitere
Worte und ohne auf eine Antwort zu warten einfach
dort stehen.
Verdutzt und aufgewühlt stand er im strömenden
Regen und schaute ihr fassungslos nach.
Wenn es nicht dieser kalte Regen gewesen wäre, der ihn
vom Kopf bis zu den Füßen nass gemacht hätte, würde
er glauben, er hätte das gerade alles nur geträumt.
Er hob seine Sachen vom Boden auf und ging zu
seinem Auto zurück. Es war Zeit weiterzufahren. Da
der Regen stärker wurde, war es nicht einfach, bei dem
Wetter die Aufmerksamkeit auf den Verkehr zu lenken,
wo er das gerade Erlebte erst verarbeiten musste.
Er hatte das Bild dieser Frau in sein Gedächtnis
eingebrannt, diese ungewöhnlichen Augen, die schmale
Taille. Sie hatte etwas Wildes und hoch Erotisches an
sich.
Er wollte so schnell wie möglich bei seiner Schwester
ankommen und diese Frau vergessen.
Er fuhr seit ein paar Minuten ganz langsam wegen des
schlechten Wetters die Landstraße entlang, als plötzlich
die junge Frau von vorhin mitten auf der Spur stand
und ihm ein Zeichen gab anzuhalten.
Sie öffnete die Beifahrertür und stieg ein. Verwirrt
redete sie auf ihn ein:
»Ich kann nicht einfach so gehen. Du hast mir
geholfen ... du bist anders ... und deine Augen ... sie
gehen mir nicht mehr aus dem Kopf.«
»Bist du okay? Ist dir was passiert? Bist du mit dem
Kopf aufgestoßen? Soll ich dich zum Krankenhaus
bringen?« Völlig überrascht sprach Marvin auf sie ein.
»Nein ... nein ... ich bin vollkommen in Ordnung. Du,
du bist es, der mir irgendwie nicht aus meinem Kopf
geht. Ich hab mich wegen deiner Hilfe nicht bedankt.«
Er schaute ihr ins Gesicht. Obwohl ihre Haare ihr in
feuchten Strähnen herabhingen, war sie von einer
einzigartigen und seltenen Schönheit, die ihm dem
Atem raubte. Sein Herz schlug hart und schnell gegen