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100 Geschichten und Gedichte über Cuxhaven mit Herz, Hirn und Humor! Eine frische Brise ist am Sehnsuchtsort Cuxhaven überall zu spüren, so auch in diesem Buch. Fünf Cuxhavenerinnen nehmen uns mit in die einzigartige Naturlandschaft, zu faszinierenden Orten und Begegnungen mit Menschen, Möwen und Muscheln. In der ganz individuellen und wertschätzenden Perspektive der Autorinnen wird das Engagement für eine lebenswerte Zukunft spürbar. Leicht und beschwingt, mit einem Augenzwinkern und zugleich mit Tiefgang: eine wunderbare Lektüre zum Lesen, Vorlesen und Verschenken! Mehr Infos: www.cuxhaven-kultur.de/buch
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Seitenzahl: 227
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Liebe Cuxhavenerinnen und Cuxhavener, liebe Gäste unserer wunderbaren Stadt,
haben Sie einmal an der Duhner Spitze gestanden und über die Bedeutung des Meeres sinniert? Lebt der Geist des ehemaligen Hausherrn noch in der Villa Gehben? Und wussten Sie eigentlich, dass der Cuxhavener Bahnhof lächeln kann? Dieses Buch ist ein wunderbares Beispiel für die kreative Vielfalt und den Gemeinschaftssinn, den wir hier in Cuxhaven so sehr schätzen.
Fünf Cuxhavenerinnen haben in ihrem Werk einen ganz individuellen Blick auf unsere Stadt geworfen. Sie haben Orte in Cuxhaven erkundet, die für Einheimische und Gäste gleichermaßen von Interesse sind, und sie haben dies auf eine Weise getan, die uns alle dazu einlädt, die Schönheit und den Reichtum unserer Heimat neu zu entdecken. Die Autorinnen haben es verstanden, Cuxhaven aus neuen Perspektiven zu beleuchten, und uns dadurch die Möglichkeit gegeben, unsere Stadt mit frischen Augen zu sehen. Dieses Buch vermittelt uns eine tiefe Wertschätzung für unsere Stadt und die Umgebung, die uns umgibt.
Diese Geschichten, Gedichte und Erzählungen sind ein wunderbares Geschenk an unsere Gemeinschaft, und ich möchte den Autorinnen meinen herzlichsten Dank und meine Anerkennung aussprechen. Es zeigt, wie reich an Talent und Kreativität unsere Stadt ist. Neben den heiteren, skurrilen und lustigen Momenten sind die Tiefe und das Engagement für ein friedvolles Miteinander in einer schützenswerten Umwelt spürbar. Gerade diese realistische Sicht, die aber auch die Schönheit nicht aus den Augen verliert, macht dieses Buch zu einer wunderbaren Lektüre.
Ich hoffe, dass es viele von Ihnen inspirieren wird, Cuxhaven noch mehr zu schätzen und sich aktiv für unsere Natur, unsere Gesellschaft und unsere Heimat einzusetzen.
Nun wünsche ich Ihnen viel Freude und Fantasie beim Lesen und Genießen der verfassten Zeilen. Fühlen Sie sich von der Stadt umarmt und mit Cuxhaven im Herzen verbunden.
Ihr
So viele inspirierende Orte in Cuxhaven, so viele Geschichten, so viele Fähnchen: Jedes Fähnchen zeigt die Seitenzahl an, auf der eine Geschichte zu finden ist. Sie sind am Wattenmeer? Am Hafen? In der City? Bei der Dicken Berta? Schauen Sie doch mal, was unsere Autorinnen dazu entdeckt und erlebt haben. Und wo würden Sie ein Fähnchen setzen? Was haben Sie neu entdeckt? Welche Geschichte steckt dahinter?
Uwe Santjer, Oberbürgermeister Stadt Cuxhaven
Vorwort
Landkarte
Geschichten, Gedichte und Meer
Monika Ahlrichs:
Lächelnder Bahnhof
Susanne Gerdes:
Der Frühling in Cuxhaven ist gelb
Angelika Ehrmann:
Im Watt
Gisela Kahn:
Ein Brief
Margit Steinert:
Die misslungene Heldentat
Monika Ahlrichs:
Seeluft und Sanddorn
Susanne Gerdes:
Mein Sehnsuchtsort an der Nordsee
Monika Ahlrichs:
Neu in Cuxhaven
Susanne Gerdes:
Der Wernerwald, nahe an der Küste gelegen
Monika Ahlrichs:
Möwenschwestern
Susanne Gerdes:
Angekommen in Cuxhaven
Angelika Ehrmann:
Mit dem Teufel im Bunde …
Susanne Gerdes:
Das „Kliff“
Susanne Gerdes:
Heimisch fühlen
Monika Ahlrichs:
Alle Nordseemöwen
Susanne Gerdes:
Wenn man Zeit hätte, müsste man einfach mal …
Susanne Gerdes:
Wanderung in Dorum
Angelika Ehrmann:
Eine Fahrradtour durch Cuxhaven
Susanne Gerdes:
Ich kann hier nicht weg …
Susanne Gerdes:
Karneval im Norden
Susanne Gerdes:
Das Projekt „Alter Fischereihafen“
Susanne Gerdes:
Eine Begegnung im „Kliff“
Susanne Gerdes:
Meerwasserwellenbad
Susanne Gerdes:
„Duhner Spitze“
Susanne Gerdes:
Magie eines Sommermorgens
Margit Steinert:
Der Ringwall
Susanne Gerdes:
Im geliebten Wernerwald
Monika Ahlrichs:
Drachentanz
Susanne Gerdes:
Auf der Suche nach „The Small Five“
Monika Ahlrichs:
Seestück II
Susanne Gerdes:
Wanderung nach Neuwerk …
Susanne Gerdes:
Rettet das Cux-Watt!
Susanne Gerdes:
Gästeführerin Heike erzählt
Monika Ahlrichs:
Mein Döse
Gisela Kahn:
Der Strichweg
Susanne Gerdes:
Raketenbahnhof im Wernerwald
Margit Steinert:
Fort Kugelbake
Susanne Gerdes: The Turn Arounds
im Kurpark
Susanne Gerdes:
Tipp für eine Radtour
Susanne Gerdes:
„Tante Emma“ im Lotsenviertel
Gisela Kahn:
Die beste Wurst
Susanne Gerdes:
„Captain Ahabʼs“
Gisela Kahn:
Das Semaphor
Angelika Ehrmann:
Der Zufall kennt Wege …
Susanne Gerdes:
Wer kennt mich?
Susanne Gerdes:
Dienst im Ringelnatzmuseum
Susanne Gerdes:
Ein Brunnen, der Geschichte(n) erzählt
Margit Steinert
und
Susanne Gerdes:
Rettung des Wasserturms
Monika Ahlrichs:
Blumenmarkt am Wasserturm
Susanne Gerdes:
Episoden aus dem Ringelnatzmuseum
Susanne Gerdes:
Mein Cuxhaven-Abc
Susanne Gerdes:
Der Zug endet hier
Angelika Ehrmann:
Klassentreffen – unterwegs mit der
Elbe 1
Monika Ahlrichs:
Vernetzung im Alltag …
Susanne Gerdes:
13333 Kilometer
Angelika Ehrmann:
Das
Gelbe Blatt
– oder: Das Gelbe vom Ei
Monika Ahlrichs:
Meine Oma fährt mit E-Bike in Cuxhaven
Susanne Gerdes:
Fahrradfreundliche Stadt Cuxhaven?
Susanne Gerdes:
Der Pastor-Drägert-Weg
Monika Ahlrichs:
Neues Möwenlied
Susanne Gerdes:
Am Priel ganz weit draußen
Angelika Ehrmann:
Oma auf Abwegen
Monika Ahlrichs:
Singen am Strand
Susanne Gerdes:
Der Naturgarten
Susanne Gerdes:
Cuxhaven – Elfchen
Monika Ahlrichs:
Die Möwe Fridolin
Angelika Ehrmann:
Das kleine Lämmlein Leonie
Monika Ahlrichs:
Die raue Stadt am Meer
Gisela Kahn:
Sturmtief Gisela
Susanne Gerdes:
20 Jahre Ringelnatzmuseum
Susanne Gerdes:
„Buch & Bohne“
Monika Ahlrichs:
Überfall
Angelika Ehrmann:
Die Villa Gehben
Monika Ahlrichs:
Unterm Leuchtturm
Susanne Gerdes:
Lieblingsplätze
Susanne Gerdes:
Plastikmüll an unseren Stränden
Gisela Kahn:
Veränderungen in der Stadt am Meer
Monika Ahlrichs:
Weltpremiere Wasserstoffbahn
Margit Steinert:
Neues Künstlerdomizil im Alten Fischereihafen
Monika Ahlrichs:
Fabel vom Pinguin und der Möwe
Monika Ahlrichs:
Wilde Wolken überm Watt
Susanne Gerdes:
Laubenkolonien
Angelika Ehrmann:
Die Dicke Berta
Monika Ahlrichs:
Radeln durch Cuxhaven
Angelika Ehrmann:
Rikscha-Fahrten an der Nordseeküste
Angelika Ehrmann:
Meine Fahrt mit der Rikscha durch Cuxhaven
Susanne Gerdes:
Saisonende
Monika Ahlrichs:
Am Elbdeich
Susanne Gerdes:
Pilze sammeln
Monika Ahlrichs:
Mein Cuxhaven
Angelika Ehrmann:
Der Spuk in der Villa
Susanne Gerdes:
Vorfreude
Gisela Kahn:
Weihnachtsfest im Schrebergarten
Susanne Gerdes:
Wie wäre Weihnachten ohne Frauen?
Monika Ahlrichs:
Von draußʼ vom Wattenmeer komm ich her
Susanne Gerdes:
Viel los zum Jahreswechsel in Duhnen
Susanne Gerdes:
Silvester-Böllerverkauf gestartet
Gisela Kahn:
Wie ich den Oberbürgermeister kennenlernte
Monika Ahlrichs:
La le lu
Jan Cux und Cuxi im Interview mit …
Autorin Monika Ahlrichs
Autorin Angelika Ehrmann
Autorin Susanne Gerdes
Autorin Gisela Kahn
Autorin Margit Steinert
Lektorin Susanne Armbruster
Susanne Armbruster:
Schlusswort
Register
Wenn Gebäude lächeln könnten,
dann wüsste ich eines, das steht in Cuxhaven,
das lächelte den Ankommenden entgegen,
das empfinge sie mit Leichtigkeit
und entließe sie nach vorne raus
in das ziegelrot-grüne Ensemble der Stadt.
Wenn Häuser winken könnten,
dann wüsste ich eines, das steht in Cuxhaven,
das winkte in fröhlicher Verlässlichkeit
bei jedem Wetter den Reisenden zu,
die heiter zurückgrüßten und sich sogleich auf den Weg machten
in den Norden der Stadt an die Strände und Deiche am Meer.
Wenn Bahnhöfe „Willkommen“ rufen könnten,
dann wüsste ich einen, der steht in Cuxhaven,
sein „Hallo“ klänge einladend und echt,
denn hinter ihm steht eine Genossenschaft,
in ihr zahlreiche Bürger der Stadt,
aktiv aus Begeisterung für zukunftsfähige Mobilität.
Wenn Passagiere so begeistert wären,
dass sie sich – noch im Bahnhof – verlieben könnten in eine Stadt,
dann wüsste ich welche, die kämen an in Cuxhaven,
die würden schon in der kleinen Halle beginnen runterzufahren
und grinsten noch nach Tagen und Wochen
breit, voller Spaß und küstenerfrischt.
Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, unbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
(Aus: „Er ist’s“ von Eduard Mörike, ca. 1829)
Dieses Gedicht von Eduard Mörike hat mich durch meine Kindheit und Schulzeit begleitet, war es doch das Lieblingsgedicht meiner Großmutter und in nahezu jedem Lesebuch vorhanden. Es ermuntert mich, dem vor Ort einmal nachzuspüren. Bei den anhaltend kalten Temperaturen ist auf den ersten Blick wenig von der schönsten Jahreszeit zu entdecken. Wo flattert das „blaue Band“ und wo bleiben die „süßen, unbekannten Düfte“?
Etwas fröstelnd, noch immer eine warme Jacke tragend, setze ich mich im Döser Kurpark in einen der bereitgestellten Strandkörbe. Hier sitze ich geschützt vor dem böigen Nordostwind und genieße die ersten wärmenden Strahlen der Frühlingssonne. Mein Notizblock auf den Knien weckt die Aufmerksamkeit meiner Strandkorbnachbarin:
„Darf ich fragen, woran Sie schreiben?“, erkundigt sie sich.
„Natürlich, sehr gerne! Vielleicht können Sie mir sogar behilflich sein … Ich denke gerade an das bekannte Gedicht von Eduard Mörike und versuche, das ‚blaue Band‘ und die ‚süßen Düfte‘ hier im kalten Cuxland aufzuspüren, schließlich beginnt in Kürze der Mai“, erläutere ich mein Vorhaben.
„Da müssen Sie sich hier doch nur einmal umsehen! Zwar sind die ‚blauen Bänder‘ tatsächlich nur schwer zu entdecken, aber es gibt andere Frühlingsanzeichen. Der Frühling ist gelb im Cuxland!“, behauptet sie.
„Gelb? Mit dem Frühling verbinde ich eigentlich eher das erste frische Grün“, überlege ich.
„Sind Ihnen denn noch nicht die vielen Narzissen aufgefallen, die in Cuxhaven an Wegesrändern und Rabatten blühen? Ich habe noch nie so viele dieser wunderschönen Blüten gesehen wie hier! Auch da vorn entlang des Spazierweges blühen sie noch immer in voller Pracht. Ich kann mich jedes Mal wieder daran erfreuen!“
„Stimmt, jetzt wo Sie es sagen, fällt es mir auch auf! Die Narzissen sind in diesem Jahr wirklich ausdauernd in ihrer Blüte und entlang des Bäderrings, in den Siedlungen und bis nach Sahlenburg überall angepflanzt worden“, gebe ich zu, erfreut, auf dieses farbenfrohe Indiz des Frühlings aufmerksam gemacht worden zu sein.
„Ach, und noch etwas fällt mir ein“, setzt meine Nachbarin unser Gespräch fort. „Es sind ja nicht nur die Narzissen, die gelb dominieren … Sind Sie kürzlich mal am Deich entlanggeradelt?“
„Ja, natürlich, da fahre ich fast täglich lang“, gebe ich zu.
„Dann muss Ihnen doch aufgefallen sein, dass wir ein Löwenzahnjahr haben! Der Deich ist übersät von blühendem Löwenzahn.“
„Ach, dieses olle Unkraut! Das habe ich auch überall im Rasen“, gebe ich zu bedenken.
„Weit gefehlt, das ist doch kein Unkraut, sondern eine wertvolle Wildpflanze, in diesem Fall sogar eine Heilpflanze“, klärt sie mich auf. „Die Blüte ist eine gute Nahrungsquelle für Bienen, die frischen Blätter sind als Salat essbar und es gibt sogar Löwenzahn-Tee, harntreibend und verdauungsfördernd“, führt sie weiter aus.
„Aber ob der Deichverband darüber so glücklich ist?“, zweifle ich immer noch.
„Und ob! Kürzlich stand sogar in der Zeitung, dass die Deiche durch Blühwiesen viel besser durchwurzelt werden als nur durch Gras!“, kann die Naturfreundin auftrumpfen. „Ein duftendes Gelb finden Sie übrigens auch, wenn Sie von Altenbruch nach Otterndorf durch den Wehldorfer Weg fahren. Der Raps ist in voller Blüte und verströmt seinen Duft! Da haben Sie doch genug der ‚Düfte‘ von Mörike.“
„Hmm, so langsam kann ich Ihnen zustimmen: In Cuxhaven ist der Frühling wirklich gelb! Aber wissen Sie was? Grün ist er auch! Wandern Sie mal durch den Wernerwald, da sprießt seit ein paar Tagen dieses herrlich frische erste Buchengrün. Da geht mir immer das Herz auf, wenn die lange Zeit der kahlen Bäume vorbei ist!“
„Das mache ich gerne“, schmunzelt mein Gegenüber, „und dabei radle ich durch den Karl-Waller-Weg, denn da ist der Frühling auch noch weiß und rosa!“
Da kenne ich mich aus und gebe ihr recht: „Auf den Streuobstwiesen beginnen die Obstbäume zu blühen. Dazu kommen die Japanischen Kirschen, die Felsenbirnen und die Magnolien. Was für eine schöne Jahreszeit!“
Als wir uns verabschieden, bedanke ich mich für die Anregungen, den Frühling viel bewusster und vielseitiger wahrzunehmen. Wir sind uns einig, dass es die schönste Zeit des Jahres ist und die aufblühende Natur uns zeigt, wie schön das Leben ist! Mörike hat das wunderbar in seinem Gedicht beschrieben und wir haben sogar noch weitere Facetten entdeckt. Man muss nur einmal genau hinsehen!
„Nun beeil dich doch mal!“ Gabi war schon ganz ungeduldig. Sie wollte endlich an den Strand und konnte gar nicht verstehen, warum ihre Freundin Katja so ewig lange brauchte, bis sie die Strandtasche gepackt hatte. „Bin ja schon fertig“, meinte diese, nahm mit Schwung die Tasche vom Stuhl und ging zur Tür der Ferienwohnung, die die beiden in Sahlenburg für eine Woche gemietet hatten.
Sie waren das erste Mal an der Nordsee und freuten sich auf ein paar unbeschwerte freie Tage am Wattenmeer.
Gabi rollte mit den Augen und rief: „Na, endlich! Ich freue mich schon so auf das Meer.“
Auf der Straße zum Strand herrschte munteres Treiben. Viele zog es an diesem sonnigen Wochenende an die Nordsee, um sich ein paar schöne Stunden an der Küste zu gönnen.
Die beiden Frauen gingen die Straße hoch zum Strandzugang, dort, wo auch die Wattwagenfahrten zur Insel Neuwerk starteten. „Ich kann das Meer schon riechen“, freute sich Gabi. Sie spürte ein Kribbeln im Bauch, fast so, als wenn sie ein Blind Date hätte. Dann waren sie auch schon am Strand angekommen und zeigten noch schnell ihre Kurkarten vor. Sie zogen ihre Schuhe aus und liefen durch den herrlich weichen weißen Sand zu ihrem angemieteten Strandkorb.
Was für ein herrliches Durcheinander und Stimmengewirr von herumtobenden Kindern, sportlichen Typen, die Ball miteinander spielten, kleinen Grüppchen, die sich zusammengefunden hatten, um am Strand zu feiern, und Menschen, die sich in der Sonne aalten!
„Ach, ist das schön hier!“, meinte nun auch Katja.
Es war gerade Ebbe und so wollten sich die Freundinnen gleich auf den Weg ins Watt machen.
„Ist das nicht irre, wir laufen gerade auf dem Meeresgrund herum. Schau mal, was es hier alles zu entdecken gibt!“, rief Gabi lachend und zeigte auf die vielen Muscheln und kleinen Häufchen, die die Wattwürmer hinterlassen hatten.
„Herrlich! Komm, lass uns mal da an den Büschen entlanglaufen“, schlug Katja vor.
„Büschen!“, kam es etwas vorwurfsvoll aus Gabi heraus. „Das sind Pricken, die markieren den Fahrweg der Wattwagen, damit diese den sicheren Weg nach Neuwerk finden.“
„Ach, du kleine Klugscheißerin, das weiß ich doch“, stieß Katja hervor. „Dann mal los!“
Sie genossen den leichten Seewind, der bei diesem warmen Wetter für eine angenehme kühle Frische sorgte, sammelten Muscheln auf, die sie unterwegs fanden, und hörten die Möwen über sich kreischen.
„Guck mal, diese großen Pfützen hier – und wie schön warm das Wasser darin ist“, freute sich Katja, die begeistert hineingestiegen war.
„Ja, die nennt man Priele“, erklärte Gabi und badete nun auch ihre Füße darin.
Dabei merkten die zwei gar nicht, dass sie sich immer weiter vom Ufer entfernten.
„Du, ich glaube, wir sollten uns mal langsam auf den Rückweg machen“, meinte Katja schließlich. „Da hinten kann ich schon erkennen, dass das Wasser zurückkommt.“
Erst jetzt fiel ihnen auf, dass sie ganz allein auf weiter Strecke waren – die Menschen am Strand wirkten ziemlich klein.
„Oha! Ja, dann sollten wir uns mal ein wenig sputen“, bemerkte Gabi.
Dann liefen sie los.
Langsam klomm ein wenig Angst in ihnen auf. Hoffentlich schaffen sie es bis zum Eintreffen der Flut noch an den Strand! Unter ihren Füßen wurde der harte Sandboden langsam nass. Sie waren erstaunt und ein wenig entsetzt, wie schnell das Wasser zurückkam. Mittlerweile stand das Wasser bereits knöcheltief.
Der Priel, den sie vorhin als angenehm erfrischend empfunden hatten, war schon richtig tief. Nur mit Mühe wateten sie hindurch. So langsam wurde den beiden Frauen bewusst, dass sie sich in einer mehr als unglücklichen Lage befanden.
Aus dem Priel herauskommend, wurde die Sache immer brenzliger. Jetzt ging ihnen das Wasser schon bis zu den Knien.
„Oh, mein Gott!“, kam es angstvoll aus Katja heraus. „Schaffen wir das überhaupt noch bis zum Ufer?“
„Halt den Mund und lauf!“, stieß Gabi schroff hervor.
Sie versuchten, schneller zu laufen, fast ging ihnen schon die Puste aus. Dazu kam das Gefühl, nur zentimeterweise voranzukommen, weil starke Strömungen sie behinderten. Mittlerweile reichte ihnen das Wasser schon bis zur Hüfte.
In ihrer Not rissen sie die Arme nach oben und versuchten, sich bemerkbar zu machen.
An der Rettungsstation der DLRG am Strand wurde es plötzlich hektisch. Man hatte die beiden Frauen bemerkt, und nun setzte sich der Rettungstrupp in Bewegung. Mit Jetski, Boot und Unimog machte sich das Team auf den Weg und konnte so, gerade noch im letzten Moment, die beiden Frauen aus ihrer misslichen Lage befreien.
Die beiden waren völlig erschöpft und überaus dankbar, dass ihnen Hilfe zuteil wurde. Und eines war ihnen klar: Auf so ein Abenteuer würden sie sich bestimmt nie wieder einlassen!
Bei einer weiteren längeren Wattwanderung vertrauten sich Gabi und Katja dann doch lieber einem professionellen Wattwanderteam an.
Die Freundinnen genossen unbeschwert die restlichen Tage ihres Urlaubs am Strand – und in der Stadt, denn auch die hatte viel zu bieten.
Liebes Meer!
Wenn du wüsstest, wie oft ich an dich denke! Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf, wenn ich aufwache, tagsüber, abends, morgens, einfach sehr oft. Warum? Das versuche ich mal zu ergründen und zu erklären.
Warum schaue ich so gerne auf dich? Warum mag ich dich so? Weil du so weich bist? Ist Wasser weich? Es kann auch salzig sein, ja. Am liebsten würde ich in dich eintauchen, um dich überall zu spüren.
Immer, wenn mein Sohn Peer zu Besuch nach Cuxhaven kommt, gehen wir zu dir – zum Meer – und begrüßen dich mit einem Schluck Sekt oder auch mehreren. Meistens während der Dämmerung. Die Sonne versinkt ganz weit links am Horizont, im Westen.
Ein Farbspiel entsteht, faszinierend zu beobachten. Glitzernd, als wären Sternchen in dich hineingefallen, wenn die Sonne ganz untergeht. Die Farben changieren. Die Gelbtöne verwandeln sich in Rottöne. Sie sind kaum zu beschreiben und mischen sich bei Ebbe in den Wasserpfützen im Watt, dann werden die Töne immer dunkler und schließlich fast schwarz. Bei Flut ist das nicht ganz so spektakulär. Aber dann ist Bewegung in dir: Die Wellen schaukeln und wiegen sich hin und her und veranlassen mich zu weiteren Träumen. Am Ufer, am Strand, gluckst und gurgelt das Wasser, wenn du Muscheln und Sand hin und her schiebst.
Wenn du, Meer, total unruhig bist, weil es stürmt, ist alles grau, oft dunkelgrau. Dort, wo die Wellen sich brechen, manchmal brutal und zerstörend, entsteht die schäumende Gischt. Die Schaumkronen sind weiß. Ein wunderbarer Kontrast.
Wie viele Menschen gibt es auf der Welt – und wie viele mögen dich, du nimmer endendes Meer? Du kannst brutal sein, aber dennoch bist du auch weich. Bist du die Ursache für diese chaotische Welt? Aus dir entstand das Leben.
Du bist das Ziel vieler Urlauber, also mögen dich die Menschen. Dann spritzen sie das Wasser auf mit ihren Füßen. Oder sie turnen mit diversen Gerätschaften und Spielsachen auf dir herum.
Es sind die dich „liebenden“ Menschen, die dich verpesten, mit ihren Schiffen, ihrem Müll, den sie nach oben und unter Wasser ausstoßen! Das muss dir doch unendlich wehtun, oder? Spülst du das so einfach über die kalte Schulter weg? Kannst du dich erneuern? Wann werden die Menschen aufhören, ihren Müll in dir zu entsorgen?
So viele Fragen …
Du bringst die Wolken zum Regnen. Schlimm und böse wirst du nur, wenn der Wind, der Orkan, sich mit dir trifft. Aber weich bist du, ganz weich, wenn ich dich anfasse und das Wasser durch meine Hände rinnt.
Zu den Wolken, die du hervorzauberst, möchte ich dir auch noch etwas schreiben. Die Wolkenberge sind fantastisch, wenn sie sich reiben, größer werden und im Wasser widerspiegeln. Ich mag deine Wolkenberge sehr, besonders wenn sie von Blitzen untermalt sind und Figuren bilden. Manchmal steht die Sonne so, dass über dir ein herrlicher Regenbogen sichtbar wird, von Westen bis zum Osten, sehr farbenfroh.
Viele Gedanken rasen durch meinen Kopf. Vielleicht ist die Abwechslung, die du mir bietest, der Grund, warum ich dich so mag? Weil die Sicht unendlich ist – bis zum Horizont?
Wenn ich die Gelegenheit habe, mit einem Schiff über dich zu fahren, ist die Sicht noch schöner, ein Rundumblick. Da ist weit und breit kein Hindernis zu sehen, schon gar keine rote Ampel. Nur du. Und ich in einer Nussschale.
Tschüss, bis bald!
Ein herrlicher Sommertag mitten im Juni. Zwei Stunden vor Hochwasser will ich in der Grimmershörnbucht in die Fluten springen. Ich schnappe mir das Fahrrad, die 400 Meter bis zum Meer bewältige ich mit einem Sprint über den etwas steil ansteigenden Deich.
Schon auf dem Prinzessinnentrift dröhnt ein lautes Weinen an meine Ohren. Ein kleiner Junge in leuchtend roter Badehose, vielleicht fünf Jahre alt, hat seinen Ball ins Wasser katapultiert. Herzzerreißend jammert er seinem Spielzeug hinterher.
Der Papa nimmt allen Mut zusammen, klettert über die Steine ins Wasser. Die Treppe, nur wenige Meter links von ihm, muss er übersehen haben. Das kalte Wasser – oder sind es scharfe Kanten? – lassen ihn aufseufzen. Er greift nach dem Ball – doch der ist schon wieder weg. Der ablandige Wind kennt kein Erbarmen. Oder hat den Ball die Sehnsucht nach der großen weiten Welt gepackt?
Da mir Kinderweinen nun mal bis ins Mark geht, verspreche ich, den Ball zurückzubringen. Falls es mir gelingt! Natürlich ohne jede Garantie!
Die Mutter: „Nein, nein, das brauchen Sie nicht!“
Der Vater: „Wir kaufen gleich einen neuen Ball!“
Die Eltern versuchen, ihren Sohn zu trösten. Er scheint untröstlich zu sein.
Aber ich weiß, dass dieser Ball für ihn einmalig ist – so sehen es die Kinder. Und für einen Jungen ist der begehrte Ball wie ein geliebtes Kuscheltier.
Also hinterher!
Doch der Ball scheint etwas gegen mich zu haben. Der Abstand verringert sich zwar, fast ist er in greifbarer Nähe. Ich schwimme eine Kurve und will ihn von hinten erreichen. Mit einem erneuten Windstoß hoppelt das widerspenstige Ding davon.
Es wird ein ungleicher Kampf, der Wind gegen mich und meinen Ehrgeiz. Schließlich kapituliere ich, zumal mein Zeitplan ins Wanken gerät. Meine Enkelkinder müssen zum Flötenunterricht gebracht werden. Also umkehren!
Beim Schwimmen behalte ich meine Position im Blick: Die Kugelbake liegt etwa im 30-Grad-Winkel links hinter mir, der Wattboden ist zu sehen, die Fahrrinne noch weit entfernt. Keine Gefahr.
Bei meiner Rücktour höre ich plötzlich das Martinshorn. Mehrere Autos fahren auf die Mitte der Bucht zu, rote Autos, weiße Autos, und das Rettungsboot der DLRG sehe ich in Richtung Kugelbake fahren. Das ist ja nicht unbedingt etwas Ungewöhnliches, zumal ordentlich Strandbetrieb herrscht. Ich fühle mich noch immer munter wie ein Fisch im Wasser, bin nur traurig, den Ball nicht erwischt zu haben.
Kurz vor dem Erreichen der Treppe kommt mir ein sympathischer Herr in voller Montur entgegen, Neoprenanzug, sogar über dem Kopf und bis unter die Lippe, dazu ein Schnorchel …
Der Außerirdische: „Ich bin Ihretwegen hier! Geht es Ihnen gut?“
„Ja, natürlich, sehr gut! Warum?“
„Fehlt Ihnen auch wirklich nichts?“
Nun werde ich aufgeklärt: Vom Strand aus hatten sich Beobachter Sorgen um mich gemacht. Sie hatten nur noch ab und zu meine blaue Bademütze auftauchen sehen und immer wieder einen eigenartigen Wellenschlag. Ja, klar, auch Möwen tauchten in meiner Nähe ins Wasser; die Schaumkronen, die sie dabei aufwirbelten, ließen die Beobachter aus der Ferne aber wohl nichts Gutes ahnen.
Viele besorgte Männer um mich herum. Jetzt müssen noch Formalitäten erledigt werden! Bei den Helfern kann ich mir nur herzlich bedanken für so viel Umsicht. Obwohl ihr Einsatz nicht nötig war, versichern mir alle: „Besser Vorsicht als Nachsicht!“
Der „Marsmensch“, jetzt ohne Neopren und Schnorchel, erzählt mir: „Vor einem Jahr retteten wir eine Achtzigjährige, die in der Strömung in der Nähe der Kugelbake im Wasser trieb – ohne Rückkehrchance. Zwei Stunden dauerte der Einsatz.“
Im Badeanzug alle umarmen? Ich möchte es zu gerne! Rechtzeitig bremse ich mich und versichere:
„Männer, ihr könnt euch schon jetzt auf von mir gebackenen Pflaumenkuchen freuen. Natürlich dürfen auch die Frauen in der Rettungsstation kosten.“
Der kleine Junge steht an der Treppe, noch immer ein trauriges Gesicht, feuchte Augen – wegen des Balls? Wegen mir? Er bedankt sich vielmals, obwohl ich ihm seinen Ball nicht zurückbringen konnte.
Ich tröste ihn: „Weißt du was, der geht jetzt auf Weltreise. Vielleicht sieht er schon die roten Felsen von Helgoland! Wir schicken ihm einen lieben Gedanken hinterher und gönnen ihm jetzt die Freiheit.“
Seeluft und Sanddorn
schnuppern
Summend am Strand
schlendern
In Socken aus Schlick
stapfen
Sandburg zum Schloss
schmücken
Sonnenwarmen Sand
spüren
Seeräuber-Schiffe
sichten
Seelenruhig seewärts
schauen
Sonnenuntergänge
sammeln
Sauerstoffsatt schön
schlummern
Stark!
Jahreswechsel in Duhnen
Der 15. Oktober 2010 war ein spätsommerlicher warmer und sonniger Herbsttag. Ich hatte Herbstferien und war zu einem Besuch in Stade. Bei dem Wetter war es einfach zu schade, gleich zurückzufahren. Weshalb nicht einen Umweg zu meinem Sehnsuchtsort Duhnen machen?
Gedacht, getan, ich hatte ja Zeit, weil mein Mann im Ausland unterwegs war. Schon fuhr ich mit offenem Schiebedach in meinem Auto die B73 Richtung Cuxhaven und von da weiter bis Duhnen, wo ich mich von früheren Aufenthalten gut auskannte.
Es müsste doch möglich sein, noch irgendwo draußen mit Meerblick sitzen zu können …? Der Ort war aufgrund des herrlichen Wetters gut besucht, und ich nahm eine entspannte Urlaubsatmosphäre wahr.
Im „Bistro Leuchtfeuer“, der früheren Lesehalle, wurde ich fündig. Zwar war die Terrasse gut frequentiert, aber an einem längeren Tisch waren noch einige Stühle frei. Ich fragte freundlich, ob ich mich dazusetzen dürfe, und bekam gleich eine zustimmende Antwort: „Ja, gerne, diesen Tag muss man doch einfach ausnutzen!“
Wir kamen ins Gespräch über die tolle Lage des Lokals, den herrlichen Blick, und ich wurde richtig neidisch, weil die beiden Frauen aus Cadenberge kamen und somit eine viel kürzere Anreise hatten als ich.
Am liebsten hätte ich meinem Mann mitgeteilt, wie fantastisch es mir gerade ging, aber da er fast nie sein Handy dabeihatte, war das zwecklos. Mir fielen Freunde aus meinem Lauftreff ein, die hier in Duhnen ein Haus besitzen, das sie gelegentlich am Wochenende bewohnen.
Schnell schrieb ich Helma eine SMS: „Hallo, Helma, seid ihr in Duhnen? Falls ja, würde ich euch gerne zu einem Kaffee ins Bistro Leuchtfeuer einladen, es ist einfach traumhaft hier!“
Umgehend kam ihre Antwort: „Oh, wie beneidenswert! Ich weiß genau, wo du bist, aber wir sind leider nicht vor Ort. Im Bistro Leuchtfeuer feiern wir dieses Jahr Silvester!“
Silvester hier, direkt am Meer und in diesem Lokal, mit einer Küche nach meinem Geschmack? „Das will ich auch!“, flog mich der Gedanke förmlich an.
Ich rief sie an: „Sag mal, Helma, könnten wir da vielleicht noch mitfeiern?“
„Da könntet ihr eventuell Glück haben. Zwar ist das Lokal restlos ausgebucht, weil die Silvesterfeiern da so beliebt sind, aber wir haben für 14 Leute reserviert und wir sind, soviel ich weiß, erst 12. Ich frage gleich mal nach. – Ja, da habt ihr wirklich Glück, ihr könnt die zwei Plätze haben. Wir freuen uns, wenn ihr dabei seid!“
Erleichtert, dass das leidige Thema „Wo feiern wir dieses Jahr den Jahreswechsel?“ sich nun erledigt hatte, fuhr ich nach Bremen zurück.
Zum Glück freute sich auch mein Mann über die Aussicht, in Duhnen Silvester feiern zu können: „Dann kannst du ja, wenn du im November zur Pädagogischen Woche nach Cuxhaven fährst, eine Wohnung für uns für ein paar Tage mieten.“
Das hielt ich für eine gute Idee und recherchierte schon mal vorab im Internet, um eine Auswahl zu haben. Weit gefehlt – von Auswahl konnte überhaupt nicht die Rede sein! Egal, welche Vermietungsplattformen und gängigen Anbieter ich anwählte, ständig kam dieses nervige: „Zu diesem Zeitpunkt ist leider keine Wohnung verfügbar! Wählen Sie einen anderen Zeitraum!“