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Amüsieren will sich der vermögende Grieche Demos Atrikes mit dem sexy Partygirl Althea – hier und jetzt! Doch als er sie in seine luxuriöse Villa am Meer entführt, erkennt er: Die Schöne umgibt ein Geheimnis, das mehr von ihm verlangt, als er zu geben bereit ist …
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Seitenzahl: 174
IMPRESSUM
Für jetzt und immer? erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2008 by Kate Hewitt Originaltitel: „The Greek Tycoon’s Reluctant Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 305 - 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Annette Stratmann
Umschlagsmotive: Zero Creatives / Getty Images
Veröffentlicht im ePub Format in 11/2023.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751528122
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Kann ich dir helfen?“, fragte Edward Jameson, die Bootsleine in der Hand. Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte er den mageren Jungen, der sich vor seiner Jacht im Athener Hafen Mikrolimano aufgebaut hatte.
„Nein.“
Edward schürzte die Lippen. Der Junge, kaum älter als zwölf, sah aus wie eine Vogelscheuche. Aus seinem T-Shirt und der zerlumpten Hose ragten lange, dünne Arme und Beine hervor. Er schien Hunger zu haben, doch seine silbergrauen Augen blickten stolz und unbeugsam.
„Willst du etwas von mir?“, fragte Edward auf Griechisch. Er nahm nicht an, dass ein Gassenjunge aus Piräus über Fremdsprachenkenntnisse verfügte. Geduldig schlang er die Leine um sein sonnengebräuntes Handgelenk und wartete.
Der Junge atmete tief durch. „Dasselbe wollte ich Sie gerade fragen.“
Edward lachte. „Tatsächlich?“
„Ja. Ich kann alle möglichen Arbeiten verrichten“, kam es eifrig zurück. „Ihr Boot waschen, Botengänge machen, die Bilge auspumpen. Ich mache das für wenig Geld.“
„Solltest du nicht in der Schule sein?“
Schulterzuckend und ohne erkennbares Bedauern erwiderte der junge Teenager: „Hab ich an den Nagel gehängt.“
„Warum?“, wollte Edward wissen.
Ein Schatten legte sich über das junge Gesicht. „Ich habe eine Familie zu ernähren.“
Edward hätte beinahe gelacht. „Eine Familie?“
„Ja, meine Mutter und drei Schwestern. Die jüngste ist noch ein Baby.“ Der Junge verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Edward herausfordernd. „Was ist, heuern Sie mich an?“
Es gab keinen vernünftigen Grund, einen Jungen wie ihn einzustellen. Edward war Millionär. Er brauchte keine billigen Arbeitskräfte, erst recht keine ungelernten. Doch etwas in den Augen des Jungen – sein eiserner Wille zu arbeiten, zu überleben – ließ ihn zögern. „Ja“, sagte er bedächtig, „ich glaube schon.“
Der griechische Junge erlaubte sich kaum mehr als den Anflug eines triumphierenden Lächelns. „Wann soll ich anfangen?“
„Wie wäre es mit sofort?“
„Kein Problem.“
„Und wie heißt du?“
Der schmächtige Junge straffte die Schultern. „Demos Atrikes.“ Behände sprang er an Bord.
Da stand er nun auf Edwards millionenschwerer Jacht, ließ sich aber kaum anmerken, wie beeindruckt er war. Er strich nur einmal andächtig mit der Hand über das glatt polierte Holz der Reling, dann sah er Edward fest in die Augen und fragte: „Was soll ich tun?“
„Sag mal, musst du wirklich so dringend arbeiten?“, hakte Edward nach.
Das resignierte Schulterzucken des Jungen war Antwort genug. „Meine Familie ist auf mich angewiesen. Deshalb bin ich hier.“
Edward nickte. Er wusste, welche Möglichkeiten einem Jugendlichen wie ihm offenstanden – die Docks, die Fabriken oder die Straßenbanden. „Ich brauche jemanden zum Deckschrubben“, meinte er. „Wenn du dir dafür nicht zu schade bist.“ Der Junge streifte ihn mit einem zornigen Blick.
„Ich würde alles tun“, sagte Demos Atrikes im Brustton der Überzeugung. Edward glaubte ihm aufs Wort.
Er beobachtete, wie Demos Atrikes das Deck schrubbte, Planke für Planke mit unnachgiebiger Gründlichkeit. Seine knochigen Schultern stachen unter dem dünnen T-Shirt hervor, sein Nacken war krebsrot von der Sonne.
Edward ließ ihn den ganzen Tag arbeiten. Der Junge hätte es nicht anders gewollt. Als er ihm abends ein Bündel Drachmenscheine überreichte, blätterte Demos sie geübt, aber sichtlich zufrieden durch.
„Soll ich morgen wiederkommen?“ Seine Stimme schwankte kaum merklich.
„Ja“, sagte Edward, „ich kann dich gebrauchen.“ Er würde sich etwas einfallen lassen.
Demos nickte, sprang von Bord und schlenderte barfuß über die Docks davon. Die argwöhnischen Blicke der reichen Jachtbesitzer ringsum schien er gar nicht wahrzunehmen. Ihre Verachtung prallte wirkungslos an ihm ab.
Edward hörte ihn in der kühlen, salzhaltigen Luft unbekümmert vor sich hinpfeifen. Man hätte ihn für einen ganz normalen griechischen Jungen halten können, der sich am Hafen herumtrieb, doch Edward wusste es besser.
Sein Blick glitt zu dem schäbigen T-Shirt, unter dem Demos das Bündel Geldscheine versteckt hatte, damit es ihm niemand stahl.
Dieser Junge war anders.
Ich würde alles tun, hatte er gesagt. Edward fragte sich besorgt, ob es eines Tages so weit kommen würde.
Zwanzig Jahre später
Demos Atrikes stand mit skeptischem Blick am Rand der grell ausgeleuchteten Tanzfläche, umringt von wild zuckenden Tänzern. Die Musik dröhnte ihm in den Ohren. Auf einen wogenden roten Vorhang an der gegenüberliegenden Wand wurden abstrakte Bilder projiziert. Wer von den gelangweilten jungen Leuten der Athener High Society sich nicht auf der Tanzfläche amüsierte, rekelte sich auf einem der ledernen Diwane und verfolgte die absonderliche Diashow.
Demos hatte jetzt schon Kopfschmerzen. Eine der jungen Ladies war gerade … wie alt geworden? Zweiundzwanzig? Flüchtig musterte er die aufreizend gekleideten Schönheiten auf der Tanzfläche und unterdrückte ein gelangweiltes Gähnen. Er bevorzugte anspruchsvollere Unterhaltung, doch eigentlich konnte ihn nichts mehr wirklich reizen. Vergnügungen dieser Art erschienen ihm zunehmend sinnlos und leer.
Er war heute Abend nur hier, weil die Tochter eines seiner Kunden Geburtstag feierte. Dieser hatte eine Designerjacht im Wert von zwölf Millionen Euro bei ihm in Auftrag gegeben, und das war sein Erscheinen bei dieser Prinzessinnenparty allemal wert. Zumindest für eine halbe Stunde. In einem Zug leerte er sein Glas und warf einen letzten Blick auf die wogende Menge. Er hatte genug.
Als er vor einer halben Stunde aus dem Büro gekommen war, hatte er gehofft, hier Ablenkung zu finden, doch die hämmernden Rhythmen und die volle Tanzfläche waren nicht sein Fall. Diese Art von Amüsement hatte er zur Genüge ausprobiert. Er wollte etwas anderes. Er wollte mehr.
Er wusste nur nicht, was.
Gerade als er sich abwenden wollte, fiel ihm eine schlanke, dunkelhaarige Schönheit in der Mitte der Tanzfläche ins Auge. Ihr Tanzpartner war ein junger Kerl mit Gel in den Haaren, der zu seiner knallengen schwarzen Hose ein halb offenes grellrosa Hemd trug. Das großzügig ausgeschnittene, silberdurchwirkte Stretchkleid der jungen Frau reichte ihr knapp bis zum Oberschenkel. Kaum ein Detail ihres geschmeidigen jungen Körpers blieb der Fantasie überlassen.
Jetzt lächelte sie ihrem Tanzpartner zu. Der legte die Hände um ihre Hüften und zog sie in so obszöner Weise an sich, dass Demos angewidert das Gesicht verzog. Obgleich er mit seinen zweiunddreißig Jahren weder altmodisch noch unerfahren und ganz sicher nicht prüde war.
Interessiert beobachtete er, wie die dunkelhaarige Tänzerin sich abwehrend versteifte. Ging das aufdringliche Verhalten des jungen Mannes selbst einem Wildfang wie ihr zu weit? Jetzt zuckte sie demonstrativ mit den Schultern und warf in einer anrührend trotzigen Geste das lange schwarze Haar in den Nacken.
Nach wenigen Sekunden entzog sie sich ihrem Tanzpartner und verließ mit wehenden Haaren die Tanzfläche. Der junge Mann machte Anstalten, ihr zu folgen, sie aber drehte sich kurz um, bedachte ihn mit einem ebenso reizenden wie ablehnenden Lächeln und verschwand in der Menge.
Spontan machte Demos sich auf die Suche nach ihr. Da er mit seiner stattlichen Größe von gut einem Meter neunzig die meisten Anwesenden überragte, hatte er sie bald aufgespürt.
Sie saß entspannt auf einem Diwan im Barbereich des Nachtclubs. Ihr Blick schien ins Leere zu gehen. Demos hielt inne, um sein weiteres Vorgehen zu planen.
Er war heute Abend wirklich nicht in Partylaune. Nicht nach neun Stunden im Büro und erst recht nicht nach dem vorwurfsvollen Anruf seiner Mutter: „Demos, du musst uns besuchen kommen. Deine Schwestern brauchen dich …“
Eine Verpflichtung, die er einst klaglos und ohne zu zögern auf sich genommen hatte, die ihm aber nun, zwanzig Jahre später, wie eine erdrückende Last erschien.
Eine Last, die er vorübergehend abschütteln wollte, um sich einer ungleich verlockenderen Perspektive zuzuwenden. Einer Person, die nicht auf ihn angewiesen war, ihn nicht brauchte, die er ganz einfach … begehrte.
Sie schien ihn nicht bemerkt zu haben, obwohl er kaum einen Meter von ihr entfernt stand. Das gab ihm Gelegenheit, sie in Ruhe zu betrachten: ihr sexy zerzaustes Haar, die tiefblauen, dunkel umschatteten Augen, die sinnend in die Ferne blickten, der rosa geschminkte Schmollmund. Der Saum ihres Minikleides war so hoch hinaufgerutscht, dass Demos ihre Strapse hervorblitzen sah.
Als hätte sie seinen Blick auf ihrer Haut gespürt, wandte sie sich ihm zu. Im ersten Moment wirkte sie überrascht, beinahe erschrocken, dann formten ihre Lippen ein verführerisches Lächeln. Provozierend langsam veränderte sie ihre Sitzposition. Ihr Lächeln vertiefte sich.
„Genug gesehen?“ Ihre Stimme klang wie das Schnurren eines Kätzchens.
Demos setzte sich zu ihr. „Dafür haben Sie ja gesorgt.“
Sie musterte ihn ungeniert, ließ den Blick von seinem Gesicht mit dem ersten Anflug von Bartstoppeln zu seiner gelockerten Krawatte und langsam weiter abwärtsgleiten. Ihr aufreizendes Lächeln trieb Demos die Schweißperlen auf die Stirn.
Eigentlich hatte er genug von One-Night-Stands, von Verlangen, das in Minutenschnelle gestillt war, doch nie hatte ihn ein einziger Blick so aufgewühlt.
„Und, genug gesehen?“, fragte er. Sie schüttelte den Kopf. Ihr Haar streifte seine Wange, und ein betörender Duft umwehte sie, irgendein blumiges Jungmädchenparfüm, das er an jeder anderen aufdringlich gefunden hätte.
„Dem können wir abhelfen“, meinte er.
Sie wich leicht zurück, hob die Augenbrauen. „Und wie?“
Er hatte den Eindruck, dass sie mit ihm spielte. Ihr Lächeln war aufreizend und spöttisch zugleich. Heiß aufwallendes Verlangen trieb seinen Puls in die Höhe. Dieses Mädchen war anders als die verwöhnten jungen Ladies und eitlen Models, mit denen er sich sonst vergnügte. Die sich zierten, herumalberten, sich ihm mit ermüdender Vorhersagbarkeit an den Hals warfen. Sie aber lächelte kühl und ließ ihn zappeln.
„Was glauben Sie wohl?“
„Ich weiß nicht“, gab sie zurück, doch ihre Miene verriet Interesse. „Haben Sie einen Vorschlag, wie wir es herausfinden könnten?“ Sie funkelte ihn herausfordernd an, legte die Hand, leicht wie ein Schmetterlingsflügel, hoch oben auf sein Bein.
Demos reagierte sofort.
Sie auch.
Abrupt zog sie die Hand zurück, stieß ein nervöses kleines Lachen aus und wandte sich kurz ab, bevor sie sich erneut seinem prüfenden Blick aussetzte.
Einer der schmalen silbernen Träger ihres Kleides war herabgerutscht. Demos wollte ihn hochschieben und nutzte die Gelegenheit, kurz über ihre seidig schimmernde Haut zu streichen. Sie aber schrak zurück, kaum dass seine Fingerspitzen ihre Haut berührten, und sah ihn aus großen, ängstlichen Augen an.
Erstaunt lehnte er sich zurück. Was spielte sie für ein Spiel?
Im nächsten Moment lächelte sie wieder, leerte ihr Glas und reichte es ihm mit der Aufforderung: „Fangen wir doch damit an, dass Sie mir einen Drink spendieren.“
Althea Paranoussis zog spöttisch eine Augenbraue hoch, während sie dem Mann ihr Glas hinhielt. Er bedachte sie mit einem langen, prüfenden Blick aus grauen Augen.
Undurchdringlich dieser Blick, dachte sie. Überhaupt wirkte alles an ihm hart und entschlossen: sein Mund, sein Körper, seine ganze Haltung. Sie war irritiert, auch weil er mit seinen schlanken Fingern den Stiel des Glases umschloss und dabei die ihren berührte.
Plötzlich spürte sie den metallischen Geschmack der Angst auf der Zunge.
„Was wollen Sie trinken?“
Sie nannte ihm den fantasievollen Namen eines Cocktails.
„Und das kann man trinken?“
In einer perfekt einstudierten Geste warf sie das Haar in den Nacken. „Gehen Sie an die Bar, und finden Sie es heraus!“
Während er sich geschmeidig einen Weg durch die Menge bahnte, überlegte sie, ob sie verschwinden sollte. Es war ihre Spezialität, Hoffnungen zu wecken, die sie nicht erfüllen konnte, und sich mit einem Lächeln aus der Affäre zu ziehen.
Doch sie lehnte sich zurück und blieb sitzen. Zu ihrer eigenen Überraschung wollte sie ihn wiedersehen. Er war anders als die jungen Langweiler, mit denen sie sich sonst umgab. Älter, erfahrener – und gefährlicher. Aber zurückziehen konnte sie sich immer noch.
Schon kam er mit ihrem Drink zurück, einem rosa Cocktail, der in seiner kräftigen Männerhand einfach lächerlich aussah. Als er ihr sichtlich angewidert, aber mit großer Geste das Glas überreichte, musste sie lachen. Auch er lächelte.
Während sie vorsichtig an ihrem Cocktail nippte, setzte er sich wieder neben sie und musterte sie aufmerksam. Sein Blick war nicht anzüglich wie der anderer Männer, hatte aber eine ungleich stärkere Wirkung auf sie. Er erregte und verwirrte sie, durchdrang ihre Maske kühler Gelassenheit und berührte sie zutiefst.
„Ich weiß nicht einmal, wie Sie heißen“, meinte er.
Sie lächelte ihn über den Rand ihres Glases hinweg an. „Ist vielleicht besser so.“
„Ich nenne Frauen gern meinen Namen“, erwiderte er mit blitzenden Augen. „Demos Atrikes.“
„Nett, Sie kennenzulernen.“ Sie wunderte sich, dass sie ihn nicht gleich erkannt hatte. Demos Atrikes tauchte mindestens ebenso oft in den Klatschspalten auf wie sie und hatte auf Fotos meistens irgendein Model im Arm. Diese zweifelhafte Ehre hatte er jetzt offenbar ihr zugedacht.
Eingehend studierte sie seine herben, attraktiven Gesichtszüge. In seinen schönen silbergrauen Augen tanzten goldene Fünkchen. Silber und Gold. Der Mann war reich, das wusste sie. Reich, gelangweilt und auf der Suche nach abendlicher Zerstreuung. Ein verächtliches kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht.
„Was ist?“, fragte er.
„Ich langweile mich. Wollen wir tanzen?“
„Ich habe eine bessere Idee.“ Er lehnte sich zu ihr herüber, und sie spürte seinen kühlen, nach Minze duftenden Atem an der Wange. „Lassen Sie uns gehen. Ich kenne einen Ort, wo wir in Ruhe reden können.“
Althea bog den Kopf zurück, heuchelte Erstaunen. „Sie wollen reden?“
„Für den Anfang, ja. Warten wir ab, wie es weitergeht.“ Er ließ den Blick langsam über sie hinwegwandern. „Sie sind irgendwie anders.“
Wenn du wüsstest, wie recht du hast, dachte sie.
„Also, kommen Sie mit?“
Sie wusste, dass sie hätte ablehnen sollen. Normalerweise kam sie nicht in näheren Kontakt mit Männern wie Demos Atrikes. Jedenfalls nicht allein.
Doch sein Angebot reizte sie. Er hatte gesagt, sie sei anders. Vielleicht war auch er anders.
Ihr Blick fiel auf die kräftige, sonnengebräunte Hand, die er nach ihr ausstreckte. Sie wollte wissen, wie sich diese Hand anfühlte, wollte diesen großen, muskulösen Körper an ihrem spüren. Dass sie überhaupt auf solche Gedanken kam, war erstaunlich, geradezu erschreckend.
Sie erhob sich, obwohl eine innere Stimme sie warnte, es nicht zu tun, niemals und unter keinen Umständen! Er war ein Mann, und sie wusste doch …
Aber wusste sie es wirklich? Energisch warf sie ihr Haar zurück und griff nach ihrer Glitzerstola. Auch eine Frühlingsnacht in Athen konnte empfindlich kalt werden.
Sie ließ die Hand in seine gleiten, spürte, wie sich seine kräftigen Finger um ihre schlossen. Prickelnde Erregung durchzuckte sie, was sie eher alarmierend als angenehm fand. Sie wollte ihm die Hand entziehen, doch er hielt sie fest und lächelte. Vielleicht hatte er dasselbe gespürt wie sie.
Aus dem Augenwinkel nahm sie den Zipfel eines pinkfarbenen Hemdes wahr. Ihr sank das Herz, als sie Angelos Fotopoulos mit schmierigem Lächeln auf sich zukommen sah. „Gehen wir“, drängte sie.
„Sie haben es aber eilig“, meinte Demos belustigt.
„Du willst doch nicht schon gehen, Süße?“ Angelos hatte sein Hemd noch weiter aufgeknöpft, sein schwarzes Haar umrahmte das schmale Gesicht.
Er streckte die Hand nach ihr aus. Althea ergab sich widerstandslos in ihr Schicksal. Ihr Körper wurde schlaff und gefühllos – doch Angelos rührte sie nicht an.
Demos hatte seine Hand in der Luft abgefangen. „Ja, sie geht“, sagte er freundlich, aber bestimmt. „Mit mir.“
„Sagt wer?“, entgegnete Angelos höhnisch, doch ein Flackern in seinen Augen verriet seine Unsicherheit. Demos war einen Kopf größer und um einiges älter als er.
„Sagt sie“, erwiderte Demos ruhig. „Oder?“, erkundigte er sich mit fragendem Blick bei Althea, die nicht erwartet hatte, dass er ihr die Entscheidung überließ.
Vielleicht, dachte sie verwirrt, ist er wirklich anders.
„Ich …“ Sie räusperte sich, erhob die Stimme. „Ja, ich gehe. Lass mich in Ruhe, Angelos.“
Angelos’ Augen sprühten vor Zorn, aber er gab sich geschlagen. „Na schön. Sie ist eh nur ein Flittchen“, meinte er abfällig.
Demos’ Hand schnellte vor und schloss sich um Angelos’ Hals. Althea blinzelte überrascht. Angelos keuchte.
„Und jetzt entschuldigen Sie sich bei der Dame.“ Demos’ Ton war immer noch freundlich, aber in seinen Augen lag ein kaltes, gefährliches Glitzern. Andere Gäste begannen sich um sie zu scharen.
„Lassen Sie es gut sein, Demos“, meinte Althea. „Er ist es nicht wert.“
Erst als Angelos’ Gesicht die Farbe wechselte, ließ Demos ihn los. „Stimmt, er ist es nicht wert. Gehen wir.“
Den Arm um ihre steifen Schultern gelegt, führte er Althea zum Ausgang. Gemeinsam traten sie hinaus auf die kleine Seitenstraße im Athener Stadtteil Psiri. Tagsüber war dies ein Arbeiterviertel mit kleinen Läden und Werkstätten, doch abends, wenn Tavernen und Ouzerien, diese typischen griechischen Kneipen, geöffnet hatten, drangen Stimmengewirr, Gelächter und die melancholischen Klänge alter Rembetica-Weisen aus den Häusern.
Exklusive Nachtclubs zogen Athens Schickeria an, doch es gab noch eine andere, verschwiegenere Ecke von Psiri. Althea schauderte, als Demos sie jetzt durch dunkle, verwinkelte Gassen führte.
„Wohin gehen wir?“, fragte sie alarmiert. Sie hatten die stampfenden Rhythmen und grelle Neonbeleuchtung des Nachtclubs weit hinter sich gelassen. Irgendwo in der Finsternis heulte ein streunender Kater.
Demos lächelte nur, doch Althea blieb abrupt stehen und legte schützend die Arme um sich. Ihr gewagtes Outfit mochte in einen Nachtclub passen, doch hier draußen in der Dunkelheit, allein mit diesem Mann, war es nicht nur lächerlich, sondern auch leichtsinnig, so herumzulaufen. Außerdem fror sie erbärmlich.
Voller Unbehagen stellte sie fest, wie wenig sie über Demos Atrikes wusste. Vorhin auf der Party hatte sie ihn interessant, ja sogar aufregend gefunden, doch jetzt spürte sie die vertraute Angst in sich aufsteigen.
Im Scheinwerferlicht eines vorbeifahrenden Autos sah sie, wie er sie prüfend musterte. „Eine Straße weiter ist ein gemütliches Weinlokal“, sagte er.
Althea atmete tief durch. Sie wollte sich lieber nicht ausmalen, welche Absichten er mit seiner Einladung verfolgte, aber sie hatte keine Ahnung, in welcher Richtung der Club lag. Oder der nächste Taxistand. Also nickte sie zögernd. „In Ordnung.“
Demos reichte ihr die Hand, und wider Erwarten genoss sie es, als seine Finger sich warm und fest um ihre schlossen. Ihre Hand lag so vertrauensvoll in seiner, als gehöre sie dorthin.
In der Taverne, einem urigen kleinen Lokal mit rustikalen Holztischen, wackligen Stühlen und langen Reihen staubiger Flaschen an den Wänden, wurden sie vom Wirt persönlich begrüßt.
„Demos! Lange nicht gesehen. Was führt dich her?“
Verblüfft verfolgte Althea die herzliche Begrüßung der beiden Männer. So arrogant und selbstsicher, wie Demos im Club aufgetreten war, hätte sie ihn eher in der Bar eines Fünf-Sterne-Hotels vermutet als in dieser düsteren Kaschemme in Psiri.
Der Wirt führte sie an einen Ecktisch, brachte ihnen die Speisekarten und kredenzte eine Flasche Wein, die er eigens für sie unter dem Tresen hervorgeholt hatte. Althea hüllte sich so züchtig wie möglich in ihre paillettenbesetzte Stola.
„Bereuen Sie die Wahl Ihrer Garderobe?“ Demos’ spöttische Frage trieb ihr die Röte in die Wangen, doch überraschend fügte er hinzu: „Sie sehen bezaubernd aus.“
Nachdenklich betrachtete sie in der schummrig-intimen Atmosphäre der kleinen Taverne, wo sich ihre Knie unter dem Tisch berührten, den Mann, dessen Interesse sie geweckt hatte. Und der, was viel erstaunlicher war, auch ihr Interesse geweckt hatte. Denn eigentlich war ihr der Gedanke, dass ihr ein Mann zu nahe kommen könnte, egal ob körperlich oder gefühlsmäßig, extrem unangenehm.
Und doch war sie mitgegangen. Und sie wäre auch mitgegangen, wenn Angelos ihr nicht in die Quere gekommen wäre. Warum nur?
Sie erinnerte sich an die brennende Sehnsucht, die Demos Atrikes’ Blick in ihr geweckt hatte, schob den Gedanken aber schnell von sich. Solche Emotionen konnte sie sich nicht leisten.
Demos war in die Menükarte vertieft, was ihr Gelegenheit gab, sein Gesicht in Ruhe zu studieren. Er sah wirklich gut aus, wenn auch nicht auf die glatte, gefällige Art der meisten Männer in ihrem Bekanntenkreis. Sein ausdrucksvolles Gesicht war zu kantig und zu eigenwillig, um schön zu sein. Das wellige dunkle Haar, achtlos aus der Stirn gestrichen, reichte ihm bis zum Kragen, über den klaren silbergrauen Augen wölbten sich kühn geschwungene Augenbrauen. Die klassisch schmale Nase war beinahe perfekt – bis auf die leichte Krümmung des Nasenbeins. Und sein Mund … Schön geformte, volle Lippen, erstaunlich sinnlich für einen Mann mit einem so harten Gesichtsausdruck.
Althea versuchte sich zu erinnern, was über ihn in der Zeitung gestanden hatte, doch die Einzelheiten waren ihr entfallen. Sie interessierte sich nicht sonderlich für die Klatschspalten, wusste sie doch aus eigener Erfahrung, wie dreist manche Reporter die Wahrheit verdrehten.