Gerettet: zwei Leben und eine große Liebe - Viola Maybach - E-Book

Gerettet: zwei Leben und eine große Liebe E-Book

Viola Maybach

0,0

Beschreibung

Diese Serie von der Erfolgsschriftstellerin Viola Maybach knüpft an die bereits erschienenen Dr. Laurin-Romane von Patricia Vandenberg an. Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt. Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen. Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert. Es war ohne Zweifel die langweiligste Party, auf der er jemals gewesen war. Wieso hatte er sich eigentlich überreden lassen, die Einladung anzunehmen, fragte sich Stefan Schellhorn, je weiter die Uhr vorrückte. Er kannte den Typen, der sie veranstaltete, nicht einmal näher! Sie waren einmal zusammen ein Bier trinken gegangen, hatten sich nett unterhalten, aber das wars eigentlich auch schon gewesen. Dann hatte Anton – so hieß der Typ – ihn überraschend zu seiner Geburtstagsparty eingeladen, und Stefan hatte zugesagt, in der Annahme, einen lustigen Abend vor sich zu haben. Großer Irrtum! »Wetten, dass ich weiß, was du gerade denkst?«, fragte eine leise Stimme. Er zuckte zusammen und war kurz davor, sich die Augen zu reiben, als er sich umdrehte und neben sich eine atemberaubende Blondine entdeckte. Wo kam die auf einmal her? Sie musste gerade erst eingetroffen sein, eine Frau wie sie hätte er bei seiner Ankunft bestimmt nicht übersehen. Sie war nicht viel kleiner als er, hatte sehr blaue Augen und einen verführerischen Mund. Auch sonst sah sie ausgesprochen verführerisch auf. Er konnte direkt spüren, wie seine Lebensgeister wiedererwachten. »Dann lass mal hören, was ich denke. Du bist dir deiner Sache ja offenbar sehr sicher.« Ihre Antwort kam prompt, ohne das geringste Zögern. »Du fragst dich, was du auf dieser todlangweiligen Party zu suchen hast. Und du versuchst dich zu erinnern, wieso du die Einladung überhaupt angenommen hast, wo du Anton doch eigentlich kaum kennst.« Er sah sie voll ehrlicher Bewunderung an.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 115

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der neue Dr. Laurin – 21 –

Gerettet: zwei Leben und eine große Liebe

Es war der schönste Sieg in der Karriere des Professors

Viola Maybach

Es war ohne Zweifel die langweiligste Party, auf der er jemals gewesen war. Wieso hatte er sich eigentlich überreden lassen, die Einladung anzunehmen, fragte sich Stefan Schellhorn, je weiter die Uhr vorrückte. Er kannte den Typen, der sie veranstaltete, nicht einmal näher! Sie waren einmal zusammen ein Bier trinken gegangen, hatten sich nett unterhalten, aber das wars eigentlich auch schon gewesen. Dann hatte Anton – so hieß der Typ – ihn überraschend zu seiner Geburtstagsparty eingeladen, und Stefan hatte zugesagt, in der Annahme, einen lustigen Abend vor sich zu haben.

Großer Irrtum!

»Wetten, dass ich weiß, was du gerade denkst?«, fragte eine leise Stimme.

Er zuckte zusammen und war kurz davor, sich die Augen zu reiben, als er sich umdrehte und neben sich eine atemberaubende Blondine entdeckte. Wo kam die auf einmal her? Sie musste gerade erst eingetroffen sein, eine Frau wie sie hätte er bei seiner Ankunft bestimmt nicht übersehen. Sie war nicht viel kleiner als er, hatte sehr blaue Augen und einen verführerischen Mund. Auch sonst sah sie ausgesprochen verführerisch auf. Er konnte direkt spüren, wie seine Lebensgeister wiedererwachten.

»Dann lass mal hören, was ich denke. Du bist dir deiner Sache ja offenbar sehr sicher.«

Ihre Antwort kam prompt, ohne das geringste Zögern. »Du fragst dich, was du auf dieser todlangweiligen Party zu suchen hast. Und du versuchst dich zu erinnern, wieso du die Einladung überhaupt angenommen hast, wo du Anton doch eigentlich kaum kennst.«

Er sah sie voll ehrlicher Bewunderung an. »Also gut, ich habe gelangweilt ausgesehen, nehme ich an, deshalb war der erste Teil nicht so schwer. Aber woher weißt du, dass ich Anton kaum kenne?«

»Weil du sonst nicht gekommen wärst und weil ich ihn, anders als du, sogar sehr gut kenne.« Ihre Augen funkelten übermütig. »Und weil ich dich bislang noch nie auf einer Party bei ihm gesehen habe. Es kommen nur Leute, die ihn entweder kaum oder im Gegenteil sehr gut kennen. Die erste Sorte hat sich einfach verschätzt, die zweite Sorte ist unbeirrbar mit Anton befreundet.«

»Eins zu null für dich.« Er beugte sich ein wenig zu ihr und senkte die Stimme, als er sie fragte: »Sind Antons Partys immer so langweilig?«

Sie seufzte. »Du willst die Wahrheit wissen? Ja, sind sie. Er ist ein toller Typ, aber leider ein miserabler Gastgeber. Er kauft den falschen Wein und zu wenig Bier, er bestellt das falsche Essen, er sucht Musik aus, nach der niemand tanzen kann, und er lädt fast immer Leute ein, die nichts miteinander oder mit seinen guten Freunden anfangen können.«

»Du hast gesagt, du kennst ihn sehr gut. Dann könntest du ihm doch hilfreich unter die Arme greifen, wenn er wieder mal eine Party plant.«

Sie winkte ab. »Habe ich schon versucht, aber dann reagiert er so beleidigt, dass ich es lieber lasse. Außerdem hat er ja nur einmal im Jahr Geburtstag, das halten wir schon aus.«

»Wie gut kennst du ihn?«, fragte Stefan vorsichtig. Er fand sie hinreißend, aber bevor er sich richtig ins Zeug legte …

»Er ist mein Bruder«, antwortete sie mit breitem Lächeln.

»Das hättest du mir sagen müssen, bevor ich dir gestanden habe, dass ich seine Party langweilig finde.«

»Wieso? Wir sind uns doch in unserem Urteil völlig einig! Du musst keine Angst haben, ich verrate dich nicht.«

»Schwöre!«

Sie versuchte, ein ernstes Gesicht zu machen, aber ihre Augen funkelten noch immer, und um ihren Mund zuckte es, als sie ihre rechte Hand hob. »Ich schwöre!«

Stefan wagte sich weiter vor. »Bist du allein hier?«

»Allein? Wie kommst du denn auf die Idee?«

Er hatte es geahnt. Eine Frau wie sie war natürlich nie allein. Selbst wenn sie sich gerade von einem Freund getrennt haben sollte, stand der nächste natürlich schon bereit in den …

»Ich stehe doch mit dir hier und amüsiere mich zum ersten Mal auf dieser Party ganz großartig – also bin ich nicht allein!«

»Du nimmst mich nicht ernst!«, beschwerte sich Stefan.

»Ich würde dich ja ernst nehmen, wenn du einfach geradeheraus fragen würdest, was du wissen willst. Du willst wissen, ob ich einen Freund habe oder verheiratet bin oder so, stimmt’s?«

»Du wirst mir unheimlich. Kannst du hellsehen?«

»Nein, kann ich nicht, aber du bist, entschuldige vielmals, ziemlich leicht zu durchschauen. Also, warum fragst du nicht direkt?«

»Hast du einen Freund oder bist du verheiratet oder so?«

Ihr Lachen platzte aus ihr heraus, sie legte dabei den Kopf in den Nacken. Ein paar Leute wandten sich ihnen zu, Stefan sah ihre neidischen Gesichter. Natürlich, sie hatten Spaß, während um sie herum offenbar nur ernsthafte Gespräche geführt wurden. Jedenfalls lachte sonst niemand.

Sie beruhigte sich wieder und schlang ihm ganz locker einen Arm um die Hüfte, als wären sie schon lange die besten Freunde. Sacht schob sie ihn Richtung Küche. »Ich bin Olivia«, sagte sie. »Und bevor du jetzt Bemerkungen über meinen Namen machst: Meine Eltern haben sich im Theater kennengelernt, in einer Aufführung von Shakespeares ›Was ihr wollt‹. Ich kam ziemlich genau neun Monate nach dieser Aufführung auf die Welt und wurde im Andenken daran so genannt wie die Gräfin im Stück.«

»Olivia ist ein sehr schöner Name. Welcher Shakespeare-Held gab deinem Bruder den Namen?«

Sie lachte. »Kein Shakespeare-Held, sondern mein Opa. Andernfalls wäre der nämlich sehr beleidigt gewesen. Und jetzt will ich was trinken.«

Er blieb stehen. Ihre Hand lag noch immer auf seiner Hüfte, ihm war warm geworden. Oder besser heiß. Olivias Nähe berauschte ihn. Ob sie das ahnte?

»Aber doch nicht den sauren Wein, den dein Bruder gekauft hat«, raunte er ihr ins Ohr.

»Da hast du auch wieder Recht, aber ich kann jetzt noch nicht gehen, das würde er mir nie verzeihen. Es gibt aber noch diesen wunderbaren spanischen Rotwein …«

»Davon hatte er nur drei Flaschen, die sind längst weg.«

»Nichts da«, sagte Olivia. »Anton hat immer eiserne Reserven, ich weiß, wo die sich befinden. Warte hier, ich bin gleich wieder da.«

Sie verschwand, kehrte aber gleich darauf mit einer Flasche vom guten Roten zurück, die sie sich so geschickt unter den Arm geklemmt hatte, dass sie kaum zu sehen war. Vergnügt zwinkerte sie Stefan zu. »Lass uns ein ruhiges Plätzchen in dieser Wohnung suchen«, schlug sie vor.

»Gibt es das? Und ist es da dunkler als hier? Ich meine, wie kann man überhaupt sein Wohnzimmer mit Neonröhren beleuchten?«

»Anton hat es eben gern hell«, sagte sie. »Wie gesagt, er ist ein toller Typ, aber er hat ein paar Eigenheiten …«

Sie führte Stefan in ein Zimmer, das nur von einer Straßenlaterne erhellt wurde. In diesem Zimmer stand ein Sofa, auf dem sie sich niederließen. Olivia hatte die Flasche vorausschauend bereits geöffnet, holte zwei frische Weingläser aus ihrer geräumigen Handtasche und schenkte ein.

Sie stießen miteinander an und sahen sich dabei ein paar Sekunden zu lange in die Augen – zu lange deshalb, weil Stefan schon wieder spürte, wie ihm heiß wurde. Danach stellten sie die Gläser vor sich auf den Fußboden, und er legte Olivia einen Arm um die Schultern. Ganz selbstverständlich rückte sie noch ein Stückchen näher an ihn heran.

»Erzähl mal, was du so machst«, bat sie. »Womit verdienst du dein Geld?«

»Ich habe Sport und Geschichte studiert und unterrichte an einem Gymnasium. In meiner Freizeit trainiere ich außerdem ein gemischtes Fußballteam, das wir gerade erst zusammengestellt haben, darin sind Jugendliche aus verschiedenen Schulen.«

»Gemischt? Du meinst, wo Mädchen und Jungen zusammenspielen?«

»Ja. Die Jungs waren zuerst skeptisch, jetzt sind sie begeistert bei der Sache, nicht nur aus sportlichen Gründen, natürlich, sondern auch aus … na ja, aus zwischenmenschlichen Gründen. Da sind schon ein paar zarte Bande geknüpft worden, wenn ich das richtig sehe.« Er grinste in die Dunkelheit. »Demnächst gibt es den ersten Wettkampf zweier gemischter Teams.«

»Das ist toll«, sagte Olivia. »Ich wünschte, das hätte es schon gegeben, als ich noch zur Schule gegangen bin.«

»Hast du mal Fußball gespielt?«

»Ich hätte gern, aber das war ja lange als unweiblich verschrien, und es gab auch nicht genug andere Mädchen, die sich dafür interessiert hätten. Meine Mutter war jedenfalls ganz dagegen, und so wurde mein Wunsch schon im Ansatz erstickt. Aber schön, dass das heute anders ist.«

»Ja, das finde ich auch. Und die Mädchen machen den Jungs richtig die Hölle heiß.«

Olivia kicherte. »Sportlich und gefühlsmäßig?«

»So kann man es sagen, ja.«

»Es gibt also auch Liebesgeschichten in deinem Fußballteam.«

»Oh ja, besonders eine …« Stefan lächelte, als er an Emma und Kevin dachte. »Vielleicht hast du ja mal Lust, dir ein Training anzusehen. Oder das Spiel gegen das Team aus Reutlingen.«

»Das Spiel, das du gerade angesprochen hast?«

»Ja, das findet in zwei Wochen statt. Wir träumen davon, dass sich irgendwann mehr Schulen beteiligen. Die Mädchen und Jungs müssen sich ja ab und zu mit anderen messen, um beurteilen zu können, wo sie stehen.«

»Wann genau ist das? Damit ich mir nichts anderes vornehme, meine ich.«

Stefan freute sich über diesen Satz, denn der bedeutete schließlich, dass sie ihn wiedersehen wollte. Er nannte ihr den Termin. »Und was machst du?«

»Ich bin Hochzeitsplanerin.«

Unwillkürlich richtete er sich auf und sah sie ungläubig an. »Das ist nicht dein Ernst!«

Sie zog die Augenbrauen in die Höhe. »Und wieso nicht?« Eine leichte Schärfe in ihrer Stimme warnte ihn, jetzt nichts Falsches zu sagen.

»Ich habe noch nie eine Hochzeitsplanerin getroffen und dachte deshalb, das ist ein Beruf, den es nur in Filmen gibt«, erwiderte er daher vorsichtig.

»Hast du eine Ahnung!« Olivia entspannte sich wieder. »Der Begriff ist auch nicht ganz richtig, ich plane auch andere große Feiern, nicht nur innerhalb von Familien, sondern auch Firmenfeste und so, aber tatsächlich sind es meistens Hochzeiten, mit denen wir beauftragt werden – auch silberne und goldene, übrigens. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel die Leute heutzutage für ihre Hochzeit ausgeben, damit nur ja alles perfekt ist! Für mich ist das natürlich gut, aber ich frage mich oft, warum sich manche Menschen für einen einzigen Tag im Leben richtig hoch verschulden. Ich kenne Paare, die zahlen noch drei Jahre später die Kosten für ihre Hochzeit ab.«

»Ich dachte immer, die werden von den Brauteltern übernommen.«

»Wenn die genug Geld haben, ist das häufig auch so, aber wenn in beiden Familien nicht viel Geld da ist, es aber trotzdem eine unvergessliche Hochzeit an einem einmalig schönen Ort sein soll …« Olivia zuckte mit den Schultern. »Ich habe ein tolles Team, wir tun alles, um die Wünsche unserer Kunden zu erfüllen, aber manchmal bremse ich sie auch, wenn ich merke, dass sie jedes Maß verlieren. Letztlich bleibt es ein Tag im Leben. Ein einziger Tag.«

»Du würdest dich dafür also nicht verschulden.«

»Niemals. Aber ich würde, wenn ich heirate, auch keine riesige Hochzeit wollen. Familie und enge Freunde, das schon, aber keine große Hochzeitsgesellschaft. Je mehr solcher Mega-Partys ich ausrichte, desto weniger wünsche ich mir das für mich.« Olivia lächelte. »Aber das steht ja auch überhaupt nicht zur Debatte, ich habe nicht vor, in absehbarer Zeit zu heiraten.«

»Warum nicht?«, fragte Stefan.

»Da müsste ja erst einmal ein Mann her, der infrage käme, meinst du nicht?«

»Doch, unbedingt«, erwiderte Stefan.

Ihm war ein wenig schwindelig. Das ging alles viel zu schnell, er war eigentlich nicht der Typ, der sich mehr oder weniger kopflos in ein Abenteuer stürzte, aber er sprach trotzdem weiter. »Ich will ja dem Gang der Dinge nicht vorgreifen, aber ich hätte da so eine Idee …«

Er wartete ihre Reaktion nicht ab, sondern küsste sie. Zuerst hielt sie ganz still, als könne sie nicht glauben, was gerade passierte, dann jedoch erwiderte sie seinen Kuss auf eine Art und Weise, die ihm vor allem eines sagte: Sie fand seine Idee, er könnte möglicherweise der Mann sein, der irgendwann in der Zukunft für eine Hochzeit infrage käme, nicht ganz abwegig.

*

Leon Laurin rieb sich am Montagabend müde die Augen, als er sich seinen Mantel und seine Tasche schnappte, um die Kayser-Klinik zu verlassen. Er hatte morgens seine gynäkologische Sprechstunde gehabt und den ganzen Nachmittag im OP gestanden. Natürlich war er als Gynäkologe und Chirurg doppelt belastet, aber er hatte es so haben wollen. Es waren die beiden Fachrichtungen der Medizin, die ihn von Anfang an am meisten interessiert hatten und denen er bis jetzt treu geblieben war. Er wollte nicht auf eine verzichten, um sich ganz auf die andere zu konzentrieren.

Noch war er den Ansprüchen gewachsen. Aber vielleicht würde sich das ändern, wenn er älter wurde. Schließlich leitete er auch noch die Klinik! Aber er hatte ein gutes Team, das ihn so weit wie möglich entlastete. Und letzten Endes war es natürlich so, dass ihn jeder Teil seiner Arbeit mit großer Zufriedenheit erfüllte.

Nur nicht unbedingt an Tagen die diesem. Die Operation war schwierig gewesen, es hatte Komplikationen gegeben. Letzten Endes war alles gut gegangen, aber solche Eingriffe kosteten viel Kraft. Jetzt freute er sich darauf, nach Hause zu kommen, mit seiner Frau und den Kindern zu Abend zu essen und allmählich zu spüren, wie die Last des Tages von ihm abfiel. Meistens gelang das.

Er war schon fast am Ausgang, als ihm sein Schwiegervater einfiel, Professor Dr. Joachim Kayser, der diese Klinik gegründet hatte. Seit Joachim im Ruhestand war, leitete Leon sie. Er hatte etliche Neuerungen eingeführt, unter anderem hatte er die Klinik durch einen Neubau erweitert. Sein Umgangston war kollegialer als der seines Schwiegervaters, der noch so etwas wie ein Halbgott in Weiß gewesen war. Aber diese Zeiten waren nach Leons Überzeugung vorüber, er wollte ein Team haben, das in jeder Hinsicht gut zusammenarbeitete und in dem es auch möglich sein musste, dass Schwestern und Pfleger Kritik an den Ärzten übten. Bislang gab ihm der Erfolg Recht.