Germanische Göttersagen - Reiner Tetzner - E-Book

Germanische Göttersagen E-Book

Reiner Tetzner

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Beschreibung

Germanische Superhelden Die Göttersagen mit ihren Geschichten von Asen und Vanen, Odin, Thor, Loki und Freyja folgen hauptsächlich der altnordischen Edda, die im mittelalterlichen Island aufgeschrieben wurde. Erzählt wird unter anderem die Schöpfung mit der Geburt der Asen-Götter, der Bau der Welten und der Zweikampf zwischen dem Donnergott Thor und dem Riesen Hrungnir. Ganz jenseits von Germanenkult und fataler Verklärung von »Nibelungentreue« und Heldentum hat der Leipziger Autor Reiner Tetzner die germanischen Göttersagen Mittel- und Nordeuropas aus den Quellen neu erzählt.

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Seitenzahl: 243

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Germanische Göttersagen

Nach den Quellen neu erzählt von Reiner Tetzner

Reclam

RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK Nr. 962347

1992, 2024 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Durchgesehene Ausgabe 2024

Covergestaltung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH

Coverabbildung: Donner. Rollenbild aus Richard Wagners Oper Das Rheingold, Bayreuth 1876. Farblithographie nach Karl Emil Doepler. – akg-images

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2024

RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-962347-4

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-014554-8

www.reclam.de

Inhalt

Die Asen-Götter werden geboren und bauen die Welten

Die Asen-Götter nehmen den Riesen Loki auf

Der Weltenbaum

Der Vanen-Gott Frey wirbt um die schöne Riesin Gerd

Wie Knechte, Bauern und Könige entstehen

Die Zwerge schmieden um die Wette

Odin und der weise Riese Vafthrudnir wetten um ihren Kopf

Der Krieg der zwei Göttergeschlechter

Odin raubt den Dichtermet

Die Götter betrügen den Baumeister

Der Zweikampf zwischen Thor und dem Riesen Hrungnir

Loki zeugt drei Weltfeinde

Odin versammelt gefallene Krieger in Walhall

Der besondere Freund Thors

Die Göttin der ewigen Jugend wird geraubt

Die Riesin Skadi wählt den Gott Njörd

Odins Pflegesohn König Geirrod

Thor holt seinen Hammer zurück

Gefjon gewinnt die Insel Seeland

Thor schadet dem Odinshelden Starkad

Der Riese Geirröd versucht Thor zu töten

Odin verweigert Thor die Überfahrt

Ein Fluch liegt auf dem Goldschatz

Der Riese Utgard-Loki narrt den Gewittergott

Thor fischt nach der Midgardschlange

Balder träumt Unheil

Loki beschimpft die Götter

Odins König Harald Kampfzahn

Wie es zum Kampf zwischen Heimdall und Loki kam

Thor überlistet den weisen Zwerg Alvis

Balders Tod

Hermod reitet ins Totenreich

Lokis Bestrafung

Odin verführt Rind

Der Untergang der Götter

Eine neue Welt

Anhang

Glossar

Literaturhinweise

Nachwort

Die Asen-Götter werden geboren und bauen die Welten

Am Anfang waren Kälte und Dunkel im Norden, Hitze und Helle im Süden und dazwischen Ginnungagap, die gähnende Schlucht. In dieser Urzeit gab es weder Himmel noch Erde, weder Götter noch ein Büschel Gras.

Die Eisgegend des Nordens heißt Niflheim und war grimmig und voll Nebel. In ihrer Mitte sprudelte die Quelle Hvergelmir; diesem brausenden Kessel entsprangen elf Flüsse, die führten auch Salze und Giftiges mit und ergossen sich in den gähnenden Abgrund. Weit genug von der Urquelle entfernt stockten die Fluten und erstarrten zu Eis, und das wurde hart wie Stein. Gischt sprühte darüber und gefror mit dem Giftig-Fließenden. So schoben sich Eis und Reif in die Urschlucht und füllten sie im Norden auch mit Sturm und Schnee.

Aber im Süden, Muspellsheim genannt, loderte Feuer – das würde einst niemand aufhalten können –, und von dort stoben Funken in die Urschlucht und brachten Milde. Heiße Winde schmolzen das Eis und den Reif, es zischte und tropfte und sprühte. Und die fallenden Tropfen wurden lebendig durch die Kraft, die das Feuer sandte. So entstand ein Urwesen, das wurde Ymir genannt und war Mann und Frau zugleich.

Als das menschengestaltige Riesenwesen schlief, begann es zu schwitzen; da wuchsen unter seinem linken Arm ein Mann und eine Frau, und ein Fuß bekam mit dem anderen einen Sohn. Von diesen Nachkommen stammen alle Riesen, auch die Frostriesen und die gewalttätigen Bergriesen.

In der Hitze von Muspellsheim taute das Eis weiter; da entstand aus dem tropfenden Reif eine Kuh, die hieß Audumla. Diese hornlose Kuh war sehr milchreich. Vier fette Ströme flossen aus ihrem Euter, davon nährte sich Ymir und wuchs zu gewaltiger Größe.

Und die Urkuh Audumla nährte sich, da doch kein Gras wuchs, von den salzigen Eisblöcken. Als sie am ersten Tag das steinerne Eis beleckte, kam abends das Haar eines Mannes hervor, am zweiten Tag der Kopf, am dritten Tag der ganze Stammvater der Götter, Buri. Er war schön von Ansehen, groß und stark und zeugte einen Sohn, Burr. Der nahm Bestla, die Tochter eines Riesen, zur Frau.

Die Riesin Bestla gebar die ersten Götter, den ältesten Sohn Odin und seine Brüder Vili und Vé.

Die jungen Götter waren stark und klug und wollten etwas erbauen, die kahlen Orte der Riesen genügten ihnen nicht. Aber die Frostriesen ließen Flüsse aus der Urquelle frieren und schoben die Eisblöcke knirschend gegen Stätten, wo sich die drei Brüder zu behaupten versuchten. Auch Ymir lärmte und toste, und sein massiger Leib wuchs und wuchs und belegte immer mehr Plätze – da töteten die Götter Ymir. Aus seinen Wunden strömte so viel Blut, dass es eine Flut ergab, darin ertränkten die jungen Götter das ganze Geschlecht der Riesen. Nur der schlaue Riese Bergelmir bestieg mit seiner Frau und seinen Hausleuten einen starken ausgehöhlten Baumstamm und entkam. Von Bergelmir stammen alle neuen Geschlechter der Riesen und ihr späterer Hass gegen die Götter. Über die Taten und Untaten der Götter und die Kämpfe mit ihren Feinden soll hier erzählt werden.

Odin und seine Brüder schleppten den riesigen Leib Ymirs mitten in die Urschlucht und bauten aus ihm die Welten. Aus seinem Fleisch machten sie die Erde, aus seinem Blut das Wasser und die Meere. Die Götter hoben Ymirs Schädel über die Erde und machten daraus den Himmel. Unter jede der vier Enden des Schädeldaches setzten sie dann einen Zwerg. Die heißen Vestri, Sudri, Austri und Nordri und tragen wie Säulen den Himmel. Die Götter hoben die Erde weiter aus dem Meer und festigten sie. Da spross das erste grüne Kraut. Das Meer liegt wie ein Ring um die Erde.

Aus Ymirs Gebeinen schufen die Götter die Berge, aus seinen Kinnbacken, Zähnen und zersplitterten Knochen die Steine. Die Bäume wirkten sie aus Ymirs Haaren und die Wolken aus seinem Hirn. Und dann schufen die Götter Midgard, die mächtige mittlere Welt, und machten ihre Bewohner, die Menschen – davon wird noch zu erzählen sein. Aus Ymirs Wimpern bauten die Götter einen Wall um Midgard zum Schutz gegen die Welt außerhalb, die heißt Utgard und ist für Götter und Menschen unbewohnbar. In Utgard sind die Gebirge baumlos und eisig, der Urwald aus Bäumen wie Eisenstangen ist undurchdringlich, und die Moore sind gierig. Dort wiesen die Götter den Riesengeschlechtern, die von Bergelmir abstammen, Plätze zu. Auch Trolle und andere Unholde hausen an öden Stränden und in kahlen Gebirgen.

Erst als sie den Wall um die Menschenwelt genug aufgeschüttet hatten, errichteten die Götter in deren Mitte ihre eigene Welt, bauten auf einem Berg eine befestigte Stätte, die in den Himmel ragt. Das von Odin abstammende Göttergeschlecht sind die Asen, deshalb heißt ihr Wohnort Asgard. Zu den Asen gehören Thor, der älteste Sohn Odins – er zeugte ihn mit Jörd, der Erde –, und andere Nachkommen.

Die jungen Götter gruben Erz, schmolzen das Metall aus dem tauben Gestein. Sie bauten Öfen mit Essen und starken Blasebälgen, machten sich Ambosse, Hämmer, Zangen und andere Werkzeuge. Sie schmiedeten neben Hausgerät Äxte, Schwerter und Speerspitzen; diese Waffen genügten in der Frühzeit. Und die Götter förderten goldreiches Gestein, verarbeiteten es, hämmerten kunstvolle Schüsseln, Becher und Geschmeide aus reinem Gold und verzierten Schilde und Schwerter. Nicht nur deshalb sprach man damals vom goldenen Zeitalter.

Die Götter bauten auch mit Holz und brachen Steine. Thor schleppte die schwersten Felsbrocken auf Asgard. Zuerst wurde die Halle für die Versammlung der Asen fertig. Halten die Götter Rat, sitzen sie dort auf ihren Hochsitzen. Kein Gebäude ist größer und besser als diese Wohnstätte für Odin. Sie heißt Freudeheim, und innen und außen glänzt vieles von rotem Gold. Auch Walhall, die Halle der Gefallenen, befindet sich hier.

Für die Göttinnen wurde ein eigener Saal errichtet und reich mit Gold und Silber ausgestattet. Auch für Odins Söhne wurden Wohnstätten gebaut, die für Thor heißt Kraftheim. Und der höchste Wohnort Asgards hat die stärksten Mauern und ist gegen jedes Feuer geschützt.

Die Asen-Götter hatten Midgard, Utgard und Asgard geschaffen und hielten die drei Welten für ewig. Und sie hatten die gewaltige Asenbrücke erbaut, die Götterburg und Menschenwelt verbindet. Diese Brücke heißt Bifröst, lodert in feurigem Rot, was die Bergriesen abschreckt, schimmert in vielen anderen Farben und wird Regenbogen genannt. Bifröst ist mit mehr Scharfsinn und Kunstfertigkeit gemacht als andere Gebilde, aber wird trotzdem brechen, wenn einst die Feinde angreifen werden. Scheint die Sonne bei Regen, leuchtet Bifröst für jeden sichtbar wie aus tausend mal tausend funkelnden Steinen in den Himmel gebaut. Hell glänzt auch der Ase Heimdall, der Wächter bei der Asenbrücke. Er wohnt in der Stätte Weitglanz am Rande der Götterburg. Heimdall hat Zähne aus Gold und reitet das Pferd Goldzopf, und sein blinkendes Schwert leuchtet über die Welten.

Auf Odins Wohnstätte steht ein Aussichtsturm mit einem Platz am Fenster, das ist Odins Hochsitz Hlidskjalf; von ihm beobachtet er alle Welten und behält die Taten der Menschen im Gedächtnis. In dieser Frühzeit lebten die Asen mit den Riesen oft einträchtig nebeneinander; fast alle Bewohner von Utgard begnügten sich mit den Randorten. Doch einige Frostriesen und Bergriesen hassten die Menschen, weil die Götter denen die fruchtbaren Ebenen frei hielten, und traten Felsblöcke gegen Gehöfte der Menschen oder warfen Unwetter aus Sand oder Hagel gegen Midgard. Erspähte der Göttervater von Hlidskjalf derartige Friedensbrecher, gab er Thor Nachricht, und der schlug sie zurück.

Die Götter pflegten mit den Menschen Freundschaft, lehrten sie Lebensrunen und Freude bringende Runen. Die Gesichter der Asen und Menschen glänzten von Glück. In Midgard trugen die Felder so üppige Ernten, dass einigen Menschen von übermäßigem Essen die Bäuche platzten.

Odin zähmte die Raben Huginn und Muninn und lehrte sie klug zu sprechen. Morgens fliegen sie hinaus in die Welten, kehren abends zurück, setzen sich auf Odins Schultern und flüstern ihm Neuigkeiten ins Ohr. Der Göttervater sieht darauf, dass außer seiner Frau Frigg niemand Hlidskjalf betritt. Odin behauptet, anderen Göttern fehle die Weisheit, alles Beobachtete zu deuten, oder ihre Sinne würden von dem Gesehenen verwirrt. Wie rasch das geschehen konnte, wird bald zu erzählen sein.

Von seinem Hochsitz beobachtete Odin auch das zweite Göttergeschlecht, die Vanen in Vanenheim, über deren Herkunft nichts überliefert ist. Die Vanen lebten in größerem Wohlstand als die Asen. Und die Raben Huginn und Muninn flüsterten Odin zu, die Vanen besäßen mehr und reineres Gold als die Asen.

Die Asen-Götter nehmen den Riesen Loki auf

Manchmal steigt Odin von Hlidskjalf, wirft seinen blauen Wolkenmantel über, setzt seinen breitkrempigen Hut auf und sieht in den Welten selber nach dem Rechten. Zuweilen kehrt er in Midgard bei schönen Mädchen und anmutigen Frauen ein.

Odin ist hochgewachsen und der vornehmste aller Götter. Jeder, der ihn ansieht, freut sich über seine stattliche Erscheinung. Er spricht so gewandt und eindringlich, dass alle Zuhörer meinen, allein er sage die Wahrheit. Und durch seine Zauberkunde kann er nach Belieben Aussehen und Gestalt wechseln, von einem Augenblick zum anderen in ferne Länder fahren, durch Worte Feuer löschen, Stürme besänftigen, Winde drehen, nach welcher Seite er will. Und er versteht Krankheiten zu heilen und Unheil abzuwenden. Aber er kann auch jemandem Kraft und Verstand rauben und anderen verleihen oder gar Krankheiten, Unglück und Tod verhängen, über wen und wie er es will. Auch setzt er sich unter Gehenkte nieder und weckt andere Tote auf.

So erfahren und weise Odin auch ist, allein kann und will er nicht herrschen. Das vollziehen die Götter gemeinsam im Rat; dort treffen sie sich täglich, halten Gericht und besprechen, wie die Welten zu erhalten sind. Auch die Göttinnen gehören zum Rat und werden für ebenso mächtig gehalten wie die Götter.

Odins Frau Frigg ist die angesehenste Asin, sie besitzt ein Falkengewand und fliegt damit häufig nach Midgard. Die Menschen verehren sie als Göttin der Familie und der Frauen. Ihre Wohnstätte heißt Meer-Säle. Die Asin Fulla hütet ihre Schatzkiste, bewahrt ihre Schuhe auf und kennt Friggs Geheimnisse. Die Jungfrau Fulla trägt ihr Haar offen und ein Goldband um die Stirn.

Odin und Frigg vertreten bei Streitfällen der Menschen oft verfeindete Parteien und suchen einander zu hintergehen, aber sonst führen beide, wie es heißt, eine gute Ehe. Frigg kränkt, dass Odin manchmal Mädchen verführt, doch auch ihr werden Liebesabenteuer nachgesagt. Odin und Frigg verbindet vor allem die Liebe zu ihrem Sohn Balder.

Die Menschen verehren, auch durch Opfer, am meisten Odins ersten Sohn Thor, den stärksten Gott und Herrn des Gewitters. Thor trägt einen wallenden roten Bart, braust mit seinem Bocksgespann über die Wolken, schickt milde Gewitter und warme Regen für Saaten und Weiden oder sendet Blitze gegen Feinde aus Utgard.

In der Frühzeit hielten die Asen nach dem Rat fröhliche Gelage, speisten von goldenen Schüsseln, tranken Bier und Met aus kostbaren Trinkhörnern; funkelnde Steine zierten ihr Tischgerät; die lärmige Halle schimmerte im Feuer des Goldes.

Odin trinkt Wein, das ist zugleich seine Speise. Als größter Esser und Trinker wird Thor gerühmt; Lachs schmeckt ihm am besten; zu mancher Mahlzeit verspeist er einen ganzen Ochsen. Es heißt, der hemmungslose Appetit Thors, des Sohnes von Jörd, der Erde, sei Zeichen seiner Kraft.

Die Göttinnen und Götter feierten das Geschaffene, ihre Befreiung von der rauen Welt der Riesen. Sie liebten das Brettspiel mit den goldenen Figuren. Häufig saß der Ase Balder neben dem blinden Asen Höd, reichte ihm Speisen und füllte ihm das Trinkhorn, führte ihn durch Wohnstätten auf Asgard oder zu Spaziergängen ins Freie. Mehrmals kamen schöne Riesinnen zu Gelagen und übergaben Goldklumpen. Heimdall warnte: Geschenke von Riesen bedeuten Gefahr. Doch Odin und die Asinnen nahmen das Gold an.

Die Asin Idun verwahrt in einer Truhe die goldschimmernden Äpfel der Jugend und reicht den Asen davon täglich nach dem Mahl. Kein Ase meinte, die Früchte könnten einmal ausbleiben. Und da die Götter nicht alterten, glaubten sie an ihre Unsterblichkeit. Die Frauen lobten Odins kraftvolle Lenden, er warf den Speer weiter als in seiner Jugend.

Die Asen hielten täglich Rat, wie die Welten weiter zu bauen seien, und befanden auch über die Lichtalfen. Die kleinen anmutigen Wesen sind schöner als die Sonne, wohnen in Alfenheim westlich von Asgard, wurden zu Gefährten der Götter bestimmt und angehalten, den Menschen wohlgesinnt zu sein.

Und die Asen entschieden auch über die Maden, die im Fleische des Ymir gewachsen waren, sich zahlreich im Speichel des riesischen Urwesens und in seinem Blut vermehrt hatten, das aus seinen Wunden schwappte und gerann. Die Götter verliehen diesen Maden Gestalt und Verstand der Menschen und bestimmten, sie sollten in der Erde und in den Steinen wohnen. So entstanden die Zwerge, auch Schwarzalfen genannt. Die meisten sind schwärzer als Pech. Einige heißen Schrumpfhaut, Trotzig, Hügelspürer, Lauerwolf, Hornbohrer. Viele Zwerge sind kunstfertige Handwerker und verstehen bessere Schmuckstücke, Werk-zeuge und Waffen zu fertigen als die Götter, was denen Unglück bringen sollte. So hatten die Asen Schwarzalfenheim geschaffen und meinten, auch diese Welt habe für immer Bestand.

Eines Tages stieg ein kleiner Riese nach Asgard, riet wohl zu geschickterem Bauen und offenbarte Anschläge von Trollen gegen Midgard. Da gerieten die Asen in heftigen Streit. Die Ratschläge des Riesen bewährten sich, und er kam häufiger. Thor mochte diesen redegewandten Jungen mit Namen Loki und wählte ihn gern als Begleiter auf seinen Fahrten. Dieser zu lustigen Streichen aufgelegte Bursche suchte die Nähe von Odin, fühlte sich ihm wesensverwandt und bat ihn, dessen Wunschsohn zu werden. Thor sprach im Rat dafür. Und die Asin Idun scherzte, ob Loki nur wegen ihrer Äpfel zu den Asen gehören wolle.

Der Wächter Heimdall misstraute Loki. Heimdall ist von neun Schwestern geboren, er braucht weniger Schlaf als ein Vogel, sieht Tag und Nacht hundert Meilen weit, und er hört nicht nur das Gras auf dem Boden, sondern auch die Wolle auf den Schafen wachsen. Der Späher neben Bifröst warnte, ein junger Riese in Asgard berge Gefahr: sein Scharfsinn könne leicht zur Tücke, seine List zur Hinterlist werden, er verwirre die Asinnen durch schöne Worte und stifte im Rat Unheil.

Odin stieg auf Hlidskjalf und bedachte die Einwände des Wächters von Asgard; Heimdall wurde der hellste Ase genannt.

Aber Balder sprach offenbar im Rat für Loki. Balder galt als der Beste, alle Götter lobten ihn. Er war schön und glänzte so, dass ein Leuchten von ihm ausging. Die Menschen verehrten Balder auch als Gott der Sonne und des Lichtes. Er gehörte zu den Klügsten, redete geschickt wie Odin und war der Versöhnlichste und Gerechteste. Damals wurden Balders Ratschläge noch befolgt: Nähmen die Asen einen jungen Riesen auf, stärke das ihre Gemeinschaft und versöhne Götter und Riesen. Keiner ahnte die Folgen dieses Vertrauens.

Odin witterte anscheinend in Loki Blut von seinem Blut und Fleisch von seinem Fleisch, er pries seine Schlauheit und sein schönes Antlitz; und Loki besitze besondere Schuhe, die ihn überall hintrügen und den Asen nützen könnten. So überredete der Göttervater die Zweifler im Rat, mischte mit Loki sein Blut und erhob ihn zum Wahlsohn. Seitdem wurde auch Loki Ase genannt. Vielleicht ahnte Odin, der Friede zwischen Göttern und Riesen breche bald, und keiner durchschaue die Heimtücke der Riesen besser als ein Übergetretener. Die Aufnahme Lokis in Asgard sollte den Göttern und Menschen zum Verhängnis werden.

Der Weltenbaum

Die Götter treffen sich zum täglichen Rat auch beim Weltenbaum, der Esche Yggdrasill. Er ist der größte und beste aller Bäume, breitet seine Äste über alle Welten aus und schützt Midgard. Seine Krone stützt den Himmel. Der Lebensbaum steht immergrün; verdorrt ein Zweig, sprießen am nächsten Tag neue Blätter. Drei starke Wurzeln greifen weit aus und halten Yggdrasill aufrecht. Die erste Wurzel reicht zu den Göttern und Menschen, die zweite zu den Riesen, die dritte nach Niflheim. Unter jeder Wurzel entspringt eine Quelle.

Wie alle Stätten, wo Rat gehalten wird, ist auch diese bei der Weltenesche unverletzlich, also heilig. Die Götter reiten zu ihr über die Asenbrücke Bifröst. Nur Thor geht zu Fuß und durchwatet zahlreiche Flüsse.

Auf der Spitze des Weltenbaumes wacht ein Hahn, er glänzt von Gold und leuchtet in der Sonne. In den Zweigen der Esche sitzt ein weiser Adler und hält Ausschau nach möglichen Feinden. Zwischen den Augen des Adlers sitzt ein Habicht und macht das Wetter. Der Habicht heißt Der im Sturm Zerzauste.

Vier Hirsche laufen außen um die Esche, fressen mit zurückgebogenen Hälsen Blätter und beißen frische Knospen ab. Aber je emsiger in der Frühzeit die Tiere weideten, desto mehr neue Zweige trieb Yggdrasill. Kein kahler Ast stach aus dem dichten Laubwerk.

Unter der Eschenwurzel, die über Niflheim liegt, hausen mehr Schlangen, als eine Zunge zählen kann, und knabbern an den Wurzeln von Yggdrasill. Einige Schlangen heißen Höhlenwölfin, Graurücken, Aufhetzerin. Inmitten dieser Ottern liegt der Drache Nidhögg, der grimmig Hackende, und zerbeißt Pfahlwurzeln. Die Untiere nagen und mühen sich, den Stamm zu lockern, doch Yggdrasill senkt neue Wurzeln in die Erde. In der Frühzeit galt den Asen der Baum als unfällbar, obwohl oben an den Zweigen Hirsche fraßen, die Seiten des Baumes faulten und unten Nidhögg nagte.

Zwischen dem Drachen Nidhögg und dem Adler eilt das Eichhörnchen Ratatosk, was Nagezahn heißt, am Stamm der Weltenesche auf und nieder. Es ist flink, neugierig und geschwätzig. Das Eichhörnchen tuschelt mit dem Adler über den Drachen und mit dem Drachen über den Adler, es flüstert, damit Worte missverstanden werden. Nagezahn verrät dem Adler die Schmähungen von Nidhögg und jenem die Vorwürfe des Adlers. So entsteht Streit zwischen dem Adler als Vertrautem der Götter und dem Drachen, bis daraus Feindschaft erwächst.

Unter der Wurzel bei Niflheim, wo Nidhögg und die Schlangen nagen, liegt Hvergelmir, der brausende Kessel. Bei der Wurzel, die zu den Frostriesen führt, befindet sich der Brunnen des Mimir. Dieser Mann ist voller Weisheit; in dem Brunnen, den er hegte, liegen Verstand und Scharfsinn. Und solange er den Brunnen behütete, trank er von dem Wasser täglich mit dem Gjallarhorn, das er für Heimdall verwahrte. Der Wächter von Asgard würde dieses lauttönende Horn erst vom Brunnen holen und darauf blasen, wenn für die Welten Gefahr drohe.

Unter jener Wurzel der Weltenesche, die zu den Menschen reicht, liegt der Brunnen der Norne Urd. In einem prächtigen Saal wohnen hier drei Nornen, die Schicksalsfrauen. Täglich schöpfen sie Wasser aus dem Brunnen und besprengen die Esche, damit die Zweige nicht vertrocknen. Und mit dem Lehm im Wasser düngen sie Yggdrasill. Das Wasser ist so heilig, dass alle Dinge, die damit benetzt werden, sich weiß färben wie die innere Eihaut. Tau fällt von der Esche und feuchtet die Erde. Er heißt Honigtau, weil sich davon die Bienen nähren. Auch zwei Schwäne, die im Urd-Brunnen leben, trinken davon. Von beiden stammt das ganze Geschlecht der Schwäne.

Die Nornen messen allen Wesen ihr Schicksal zu; das tut die Norne Urd für die Vergangenheit, die Norne Verdandi für die Gegenwart und die Norne Skuld für die Zukunft.

Es gibt auch andere Nornen, sie weben ebenfalls am künftigen Geschick. Einige Nornen stammen von den Asen ab, andere von den Lichtalfen oder von den Zwergen. Es heißt, Nornen aus gutem Geschlecht teilen Gutes zu, solche von böser Herkunft verhängen Unheil. Manchen Menschen werden Wohlleben und Macht beschert, andere bekommen weder Vorteil noch Ruhm: der Lebensfaden wird verschieden lang gesponnen. Jeder Mensch, wird erzählt, habe von Geburt an eine Norne, die begleite ihn sein Leben lang. Einigen Nornen wird Hilfe bei der Geburt zugeschrieben.

Auch die Götter greifen in das Schicksal der Menschen ein; aber den Asen bliebe ihr eigenes verborgen, behaupteten die Nornen und verkündeten: Wir weben die Zukunft der Götter, nur wir kennen ihr Schicksal; einst wird der Weltenbaum verdorren, und von Muspellsheim, der heißen Gegend im Süden, kommt deren Anführer, der Feuerriese Surt, und brennt mit seinem Flammenschwert alle Welten nieder, Yggdrasill wird lodernd zusammenstürzen.

Balder und Höd lachten vermutlich über diese Prophezeiung.

Thor vertraute seiner Kraft und der Macht und der Weisheit der Götter.

Heimdall spähte nach Weltfeinden.

Odin stieg, von Ahnungen getrieben, auf Hlidskjalf.

Der Vanen-Gott Frey wirbt um die schöne Riesin Gerd

Der Vater der Asen beobachtete von seinem Hochsitz oft das Reich der Vanen. Im goldenen Zeitalter besuchten sich die Angesehensten der beiden Göttergeschlechter häufig in ihren Wohnstätten. Die Vanen meiden Streit, halten sich nicht für klüger als andere und sind wegen ihrer Fröhlichkeit bei den Asen beliebt. Viele Vanen sind der Sinnesfreude zugetan. Der bedeutendste Vane ist Frey. Die Menschen rufen ihn nicht nur an, weil er Frieden und Wohlstand, sondern auch, weil er reiche Ernten gewährt.

Einmal weilten Frey und sein Vater Njörd in der Halle Odins. Als der Vater der Asen nach reichlich Wein eine Rede in Versen hielt, schlich sich der junge Frey aus der Halle und stieg auf Hlidskjalf, was verboten war. Ihn trieb Neugier. Von Hlidskjalf schaute Frey, wie sonst nur der Göttervater, über alle Welten. Er sah die Menschen Langhäuser bauen und sich mit Ochsengespannen vor Holzpflügen mühen. Riesen tummelten sich auf kargen Hängen. Er sah drei- und sechsköpfige Riesen, Fünf- und Siebenhänder. Die bösartigen Riesen werden Thursen genannt. Dann gewahrte Frey im Norden Riesenheims ein prächtig umzäuntes Gebäude. Vor dem ging ein Mädchen über den Hof. Das Bild währte nicht länger als der Schein eines Sonnenstrahls.

Frey stieg wieder zur Festhalle hinab, sprach kein Wort mehr, wies sogar Met zurück, was noch nie vorgekommen war. Das Mädchen vor dem umzäunten Gebäude heißt Gerd und ist die Tochter des gefürchteten Bergriesen Gymir. Rächte sich so Freys Vermessenheit, Odins Verbot übertreten zu haben?

Als Gott des Genusses und der Liebesfreude ist Frey sehr frauenkundig. Nach den harten, eisigen Wintern fährt er festlich auf mit Kühen bespannten Wagen über Land und bringt Fruchtbarkeit für Saat und Weiden; da geben sich ihm die schönsten Frauen und Mädchen hin. In der Halle Odins verstand niemand Freys Schweigen. Keiner wagte ein Wort an ihn zu richten.

Njörd sorgte sich um seinen Sohn, rief dessen Gefährten Skirnir, den Strahlenden, und bat ihn, Frey zum Reden zu bringen und auszuforschen, warum er so bedrückt im Saal hocke.

Skirnir ging widerwillig, weil er von Frey eine schroffe Antwort befürchtete. Auf eine Frage erwiderte Frey:

»Wie könntest du meinen Schmerz fassen! Die Sonne scheint für jedes Büschel Gras, aber nicht für meine Liebe.«

»Die kann so mächtig nicht sein«, erwiderte Skirnir, »wie oft saßen wir nebeneinander beim Gelage, da war kein Platz für Verschlossenheit.« Und er erinnerte Frey an dessen Liebschaften, die keiner zählen könne.

Frey pries das Mädchen in Gymirs Hof: »Als sie die Hand hob, die Tür zu öffnen, leuchteten von ihren Armen Himmel und Meer, und die Welt strahlte wider von ihrem Glanz. Wann liebte je ein Jüngling so ein Mädchen! Wenn ich sie nicht bekomme, will ich nicht länger leben.«

Nach Skirnirs Bericht begriff Njörd, wie ernst es Frey war, und bat den Gefährten seines Sohnes, dessen Bitte zu erfüllen und um Gerd zu werben. Die Verbindung eines Gottes und einer Riesin fördere zudem den Zusammenhalt der Welten.

Skirnir wollte um Gerd werben, wenn Frey ihm sein Schwert gebe. Das focht von selbst, und dessen Träger galt als unbezwingbar. Frey gab ihm auch sein Pferd, das vermochte die Waberlohe, den schützenden Feuerwall, um Gymirs Hof zu überspringen.

Skirnir ritt nach Riesenheim, wohlgerüstet und mit Geschenken. Die Nacht war finster. Feucht glitzerte das Felsengebirge im Morgenschimmer.

Da sprach Skirnir zu dem Pferd: »Entweder führen wir Gerd heim, oder der grimmige Gymir zerschmettert uns.« Die meisten Riesen waren gutmütig und friedfertig. Aber Gerds Vater gehörte zu den streitsüchtigsten und boshaftesten Bergriesen.

Auf einem Hügel beim Hofe Gymirs saß ein Wächter und hielt Ausschau. Vom Zaun des Hofes kläfften bissige Hunde.

Skirnir sprach zu dem Wächter: »Ich habe eine Botschaft für Gerd, aber die Hundemeute wütet.«

»Du wirst die Schöne nie sehen!«, rief der Wächter. »Eher wirst du sterben. Oder sitzt schon ein Toter im Sattel?«

Weder Wächter noch kläffende Hunde hielten Skirnir von seinem Auftrag ab. Und Skirnir meinte, den letzten Tag seines Lebens bestimme ohnehin nicht er, gab dem Pferd die Sporen und setzte mit einem gewaltigen Sprung über die Waberlohe.

Im Hofe griff ihn Gerds Bruder an, brüllend, ein wütiger Riese, der bei seiner Schwester wachte, wenn der Vater unterwegs war. Skirnir wollte ihn schonen, denn das Blut des Bruders würde Gerd abschrecken. Der Riese hieb auf Skirnir ein, spaltete seinen Schild, haute ihn kleiner. Um nicht zu fallen, musste Skirnir das gefürchtete Schwert ziehen. Die Klinge suchte sich die Blößen des Gegners und fällte den Bergriesen.

Das Krachen der Schwerter klang bis in die Halle Gerds. Die Schöne fragte ihre Magd: »Was ist das für ein Lärm? Der Saalboden zittert, der ganze Gymirhof bebt.«

Die Magd sah nach und berichtete, ein Mann sei vom Pferd gestiegen und lasse es grasen, er trage ein schmales Schwert und wirke überaus entschlossen.

»Lass ihn in die Halle treten«, sagte Gerd, »biete ihm Met an.«

Skirnir trat in den Saal.

Gerd fragte den Fremden, ob er ein Ase oder ein Vane sei. »Und warum rittest du allein durch die flackernde Waberlohe?«

Skirnir verneinte göttliche Abkunft, er sei nur ein Bote des Vanen Frey, der sende ihr goldene Äpfel der Verjüngung. Skirnir zeigte Gerd die elf Äpfel und sagte: »Die schenke ich dir, Gerd, als Zeichen für Freys Liebe und damit du ihm deine bekennst.«

Gerd wies die Äpfel wütend zurück und rief: »Nie beuge ich mich einem Werber, nie werde ich in Freys Halle sitzen, solange ich lebe!«

Skirnir bot ihr den kostbarsten aller Ringe.

Auch den wehrte Gerd ab. Ihr fehle es weder an Gold noch kostbaren Steinen. Der Riese Gymir hatte für seine Tochter drei Höhlen voller Schätze gehortet.

Wie sein Herr war Skirnir Feind von Unterwerfung und Gewalt. Aber er fürchtete für das Leben Freys. Widerstand die störrische Gerd aus Stolz und riesischem Eigensinn? Verzehrte sie sich heimlich wie manche Riesin nach dem schönen Frey? Sträubte sie sich aus Furcht vor ihrem Vater, oder weil ihr Bruder fiel? Also drohte Skirnir mit dem Äußersten:

»Sieh dieses scharfe Schwert. Die Ornamente auf seiner Klinge brenn ich dir ein. Den schönen Kopf hau ich dir vom Halse, wenn du nicht einwilligst!«

Gerd erwiderte noch trotziger: »Nie beuge ich mich Zwang und Männerliebe! Gleich wird mein Vater in die Halle stürmen und dich niederstrecken.«

Skirnir zückte das Schwert und hielt es in Richtung der Tür: »Das fällt auch den Alten.«

Gerd blieb kalt wie draußen der Fels.

Da zog Skirnir das Zauberreis und sprach zur Widerspenstigen: »Zähmen wird dich mein Wille, Weib. Hocken sollst du auf einer steilen Felsklippe, nur Adlern zugänglich. Sollst dich ekeln vor jeder Speise, mehr als die Menschen vor der giftigsten Schlange. Wahnsinn und Neid, Enttäuschung und Ungeduld treiben dich zu Tränen. Tag für Tag quälen dich Trolle. Tag für Tag sollst du dich vor Hunger hinschleppen in die Halle der Frostriesen. Statt der Freude sättige dich Leid. Bei dreiköpfigen Thursen sollst du hausen oder unvermählt alt und krumm werden. Begierde schüttle dich. Sehnsucht versenge dich. Wie eine Distel sollst du verdorren am Wegrand. Odin zürnt dir. Hört, ihr Asen und Vanen, ich banne von der Anmutigsten allen Mannesgenuss!«

Skirnir sah, wie eine winzige Falte neben Gerds Mund sich unter seinen Verwünschungen tiefer in die Haut grub. Der Gefährte Freys verwünschte die Eingeschüchterte weiter:

»Hrimgrimnir, das scheußlichste Ungeheuer, soll dir täglich zwischen die Schenkel gehen, am Tor zum Totenreich. Trolle werden dir Ziegenpisse einflößen. Jeder andere Trank wird verweigert. Das tust du dir an, Mädchen. Das zwing ich dir auf. Gleich ritz ich die Runen, ein Zeichen für den Thursen. Und in drei Stäbe schneid ich Geilheit, Leid und Liebesrasen!«

Langsam setzte Skirnir das Messer an, um den Runenzauber wirken zu lassen. Da nahm Gerd rasch den gefüllten Kristallkelch und rief:

»Hier, trink den Met. Nie hätte ich geahnt, den stattlichen Frey zu wählen!«