„Gestaltungskompetenz“ ist die Leitidee der modernen Berufsbildung: die Befähigung zur Mitgestaltung der Arbeitswelt in sozialer, ökologischer und ökonomischer Verantwortung. In diesem Buch geht es darum, eine Alternative zur tayloristischen Struktur der industriellen Berufsausbildung zu dokumentieren und zu begründen. Dabei liegt es nahe, an die Werke dreier zeitgenössischer Philosophen anzuknüpfen, die das Handwerk mit seinen zeitlosen Merkmalen aus unterschiedlichen Perspektiven charakterisiert haben: Richard Sennett mit eindrucksvollen Beispielen aus der handwerklichen Kunst, Peter Janich als unverzichtbares Merkmal der Wissenschaftsentwicklung und Matthew Crawford mit seinem Buchtitel „Ich schraube, also bin ich“, mit dem er ankündigte, Rene Descartes’ „Weisheit“ „Ich denke, also bin ich“ zu widerlegen.
Im Institut Technik und Bildung (ITB) und seinen internationalen Forschungsnetzwerken wurde die Leitidee der Gestaltungskompetenz in Modellversuchen der 1980erJahre entwickelt. Die KMK übernahm 1991 diesen grundlegenden Wandel der beruflichen Bildung in einer Vereinbarung über die Gestaltung der an dieser Leitidee orientierten Rahmenlehrpläne. In diesem Buch dokumentiere ich, dass es erst mit der Methode der holistischen Kompetenzdiagnostik (COMET) gelungen ist, die neue Qualität der beruflichen Bildung zu entfalten und nachzuweisen. Größte Überraschungen löste in unserem internationalen Forschungsnetzwerk aus, dass Lehrkräfte sich an einem einzigen Tag des Ratertrainings die Fähigkeit aneignen können, mit komplexen und offenen COMET-Testaufgaben sehr genau zu überprüfen, zu welchem Grad Auszubildende in der Lage sind, berufliche Aufgaben vollständig (!) und auf einem hohen Niveau beruflichen Handlungswissens zu lösen. Aus dieser Fähigkeit erwächst eine sehr effektive Form einer gestaltungsorientierten Berufsbildung.