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Die Taschenbuchausgabe von "Joy at Work": Jetzt mit Zusatzkapiteln zum Arbeiten im Homeoffice! Marie Kondo zeigt, wie die weltberühmte KonMari-Methode auch am Arbeitsplatz zu mehr Zufriedenheit führt. Gemeinsam mit Scott Sonenshein, Experte für Unternehmensorganisation, versammelt sie u. a. für die Bereiche Zeitmanagement, Führung, gute Kommunikation und produktive Meetings zahlreiche praktische Tipps, die den Lesern bei der Organisation ihres Arbeitslebens helfen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 295
Marie Kondo • Scott Sonenshein
So bringen Sie Ordnung, Struktur und Motivation in Ihren Arbeitsalltag
Langatmige Meetings, eine nicht einzudämmende E-Mail-Flut, überbordende Bürokratie, lange To-do-Listen – all dies ist so frustierend wie ineffizient. Wie aber können wir unseren Arbeitsalltag so gestalten, dass wir wieder motivierter, glücklicher und erfolgreicher werden?
Ob es um die Gestaltung des Arbeitsplatzes geht, um richtiges Zeitmanagement, gute Führung, bessere Kommunikation, erfolgreiches Netzwerken oder produktive Meetings – Marie Kondo und Scott Sonenshein zeigen, wie sich das mit der weltberühmte KonMari-Methode erreichen lässt.
Diese Taschenbuchausgabe von «Joy at Work» enthält Zusatzkapitel zum Arbeiten im Homeoffice!
Marie Kondo arbeitet als selbständige Beraterin für Aufräumen und Ordnung. Nach dem Studium begann sie, die «KonMari-Methode» zu entwickeln, aus der mehrere Weltbestseller hervorgingen. Das Time Magazin zählte sie zu den 100 einflussreichsten Frauen weltweit. Ihre Bücher wurden in fast 40 Sprachen übersetzt, und ihre Aufräumserie bei Netflix fand international große Resonanz. Im Englischen wurde ihr Nachname sogar zum Verb: «to kondo» als Synonym für «radikal aufräumen». Marie Kondo lebt mit ihrer Familie in Kalifornien.
Scott Sonenshein ist Professor an der Rice University School of Business mit dem Forschungsschwerpunkt «Positive Organizations». Er studierte an der University of Michigan, der University of Cambridge und University of Virginia. Scott arbeitete als Strategieberater für Unternehmen wie Microsoft und AT & T und schreibt regelmäßig für die New York Times, das Time Magazine, die Fast Company und die Harvard Business Review. Er lebt mit seinen beiden Töchtern und seiner Frau Randi in Houston, Texas.
Hinweise für die ...
Widmung
Einleitung
Kapitel 1 Warum aufräumen?
Wie das Aufräumen meines Arbeitsplatzes mein Leben veränderte
Warum Aufräumen die Arbeitsleistung verbessert
Sind Chaoten wirklich kreativer?
Der hohe Preis immaterieller Unordnung
Aufräumen vermittelt Sinn
Kapitel 2 Wenn Sie immer wieder im Chaos versinken
Visualisieren Sie Ihr ideales Arbeitsleben
Räumen Sie alles in einem Rutsch auf – so werden Sie nicht rückfällig
Was wollen Sie behalten?
Schaffen Sie eine Umgebung, in der Sie sich konzentrieren können
Legen Sie los mit Ihrem Aufräumfestival!
Kapitel 3 Ordnung schaffen am Arbeitsplatz
Bücher: Entdecken Sie Ihre Schätze!
Unterlagen: Die Grundregel lautet, alles auszusortieren
Teilen Sie komono (Kleinkram) in Unterkategorien auf
Der Schreibtisch als Ablagefläche
Wie Aufräumen Ihr Leben verändern kann
Mifuyus Aha-Erlebnis
So ordnen Sie die immateriellen Dinge am Arbeitsplatz
Kapitel 4 Digitale Daten aufräumen
Sie brauchen nur wenige Ordner für Ihre Dateien
Nutzen Sie Ihren Desktop mit Vergnügen
Lassen Sie nicht zu, dass Ihr Posteingang überquillt
Weniger Apps – weniger Ablenkung
Kapitel 5 Zeit richtig einteilen
Das Durcheinander von Tätigkeiten stört unseren Arbeitsalltag
Die Overearningfalle
Die Dringlichkeitsfalle
Die Multitaskingfalle
Welche Aufgaben haben Sie?
Bewerten Sie Ihre Aufgaben
Sagen Sie nicht vorschnell ja
Gönnen Sie sich täglich eine Freude
Tragen Sie Auszeiten in Ihren Kalender ein
Kapitel 6 Entscheidungen strukturieren
Die meisten kleinen Entscheidungen sind den Aufwand nicht wert
Welche mittelschweren und großen Entscheidungen müssen Sie treffen?
Bewerten Sie Ihre Entscheidungen
Mehr Optionen sind nicht zwangsläufig besser
«Gut genug» ist meist gut genug
Kapitel 7 Netzwerke entrümpeln
Wie groß muss Ihr Netzwerk wirklich sein?
Bewerten Sie Ihre Kontakte
Wie man wertvolle Kontakte knüpft
Kapitel 8 Meetings verbessern
Wie sieht Ihr ideales Meeting aus?
An welchen Meetings nehmen Sie teil?
Trennen Sie chaotische von unwichtigen Meetings
An vielen Meetings teilzunehmen macht Sie nicht wichtiger
Jeder kann dazu beitragen, dass Meetings Spaß machen
Strukturieren Sie Ihre Meetings
Kapitel 9 Teams gestalten
Visualisieren Sie Ihr ideales Team
In wie vielen Teams sind Sie?
Bewerten Sie Ihre Teams
Verursachen Sie kein Durcheinander für Ihre Kollegen
Vertrauen schützt Teams vor Chaos
Meinungsverschiedenheiten müssen nicht unbedingt in Chaos münden
Schaffen Sie Konflikte aus der Welt
Große Teams sind oft chaotisch
Kapitel 10 Die Magie des Aufräumens teilen
Andere zum Aufräumen inspirieren
Zeigen Sie, dass Ihnen Ihr Arbeitsplatz wichtig ist
Wertschätzen Sie Ihre Kollegen
Kapitel 11 Wie Sie noch mehr Freude in Ihren Arbeitsalltag bringen
Ein sorgfältiger Umgang mit den Dingen, für die wir uns entschieden haben, verbessert die Arbeitsleistung
Mehr Freude am Arbeitsplatz
Brauche ich einen neuen Job, wenn mein alter mir keine Freude bereitet?
Bringen Sie Freude in Ihr Arbeitsleben
Wenn die Angst vor der Meinung anderer uns ausbremst
Nehmen Sie sich Zeit für ehrliche Selbstreflexion
Wie Sie als Paar Ordnung in die Arbeit bringen
Unsere Arbeit und unser Leben sind die Summe unserer Entscheidungen
Die richtige Work-Life-Balance finden
Freude bei der Arbeit bringt Freude im Leben
Kapitel 12 Freude im Homeoffice
Arbeit und Privates trennen
Kontaktpflege aus der Ferne
Dankbarkeit bewirkt viel
Zeit effektiv nutzen
Kapitel 13 Arbeiten von zu Hause und die «neue Normalität»
Wichtig ist die richtige Einstellung
Vorbereitungen treffen für ein gutes Arbeiten von zu Hause
Tägliche Gebrauchsgegenstände
Wofür wir dankbar sein können
Der Wechsel in eine «neue Normalität»
Zum Schluss
Danksagungen
Danksagung Marie Kondo
Danksagung Scott Sonenshein
Hinweise für die Leserinnen und Leser
Obwohl wir den gesamten Buchinhalt gemeinsam erarbeitet haben, trägt jeder von uns die Hauptverantwortung für jeweils die Hälfte des Buchs.
Marie ist hauptsächlich für die Einleitung und die Kapitel 1, 2, 3 und 11 verantwortlich; ihr Name steht oben auf den entsprechenden Seiten. Scott dagegen ist hauptsächlich für die Kapitel 4, 5, 6, 7, 8, 9 und 10 verantwortlich; sein Name findet sich dort auf den Seiten. Außerdem gibt es in jedem Kapitel Kästen, die von der Person verfasst wurden, die das Kapitel nicht geschrieben hat.
Die Geschichten und Beispiele in diesem Buch handeln von realen Personen. Manchmal wurden der Lesbarkeit zuliebe und wegen des Schutzes ihrer Identität die Namen geändert.
Für meine Familie, mein Zuhause und all das, was mich trägt und mein Leben mit Freude erfüllt – voller Dankbarkeit.
– M.K.
Für meine Mom und meinen Dad: Endlich habe ich gelernt aufzuräumen!
– S.S.
Marie Kondo
Ächzt Ihr Schreibtisch unter Stapeln von Papier? Ach du lieber Himmel! Wo ist nur der Bericht, den ich morgen einreichen muss?
Quillt Ihr Posteingang über, obwohl Sie regelmäßig Ihre Mails checken? «Ich beziehe mich auf die E-Mail, die ich Ihnen gestern geschickt habe …» Welche E-Mail?
Ist Ihr Kalender vollgestopft mit Meetings, deren Teilnehmer Sie eigentlich gar nicht sehen wollen?
Machen Sie trotzdem jeden Tag genau so weiter, weil Sie nicht wissen, was Sie sich wirklich wünschen?
Fällt es Ihnen schwer, sich zu entscheiden?
Fragen Sie sich öfter: Ist das alles im Leben – Dinge auf einer To-do-Liste abzuhaken? Gibt es denn keine Möglichkeit, wieder Ordnung in Job, Karriere und Leben zu bringen?
Wenn das der Fall ist, gibt es eine Lösung: Aufräumen!
Dieses Buch handelt jedoch nicht einfach nur vom Aufräumen Ihres Arbeitsplatzes. Es beschäftigt sich auch damit, wie Sie sämtliche Aspekte Ihres Jobs ordnen können, einschließlich Ihrer digitalen Daten, Ihres Zeitmanagements, der Entscheidungsfindung und Ihrer Netzwerke. Und es handelt davon, wie Sie Ihren Berufsalltag mit Freude erfüllen können.
Viele Menschen wehren sich schon bei der bloßen Anregung aufzuräumen. «Dafür habe ich wirklich keine Zeit! Mir wächst die Arbeit jetzt schon über den Kopf», protestieren sie. «Ich muss zu viel entscheiden, bevor ich überhaupt ans Aufräumen denken kann», sagen einige, während andere behaupten: «Ich habe es wirklich versucht und all meine Unterlagen geordnet, aber jetzt herrscht schon wieder völliges Chaos!»
Viele Menschen glauben einfach nicht, dass ihnen ihre Arbeit Freude machen kann. «Ich stecke den lieben langen Tag in sinnlosen Meetings. Auch Aufräumen wird daran nichts ändern», beharren sie. «Außerdem liegt vieles nicht in meiner Hand. Wie soll ich da Spaß bei der Arbeit haben?» Tatsache ist jedoch, dass richtiges Aufräumen genau dabei helfen kann.
Seit meinem fünften Lebensjahr fasziniert mich das Thema Aufräumen. Es begleitete mich meine gesamte Schulzeit, und schon mit neunzehn, als ich noch studierte, wurde ich Aufräumcoach. Aus den dabei gesammelten Erfahrungen entstand schließlich die KonMari-Methode.
Meine Herangehensweise zeichnet sich durch zwei wichtige Merkmale aus: Zum einen ist sie einfach, aber effektiv, sodass die Unordnung nie mehr überhandnehmen wird. Zum anderen verwendet sie ein einzigartiges Auswahlkriterium: Wir entscheiden uns bewusst für das, was uns Freude bereitet. Indem wir uns fragen: Weckt das Freude?, nehmen wir wieder Verbindung mit unserem inneren Selbst auf und entdecken, was uns wirklich wichtig ist. Dadurch ändern wir unser Verhalten langfristig und beeinflussen unser Leben positiv.
Ich habe diese Methode in meinem Buch Magic Cleaning. Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert vorgestellt. Es wurde in vierzig Sprachen übersetzt und über zwölf Millionen Mal verkauft. In den letzten Jahren habe ich alles getan, um meine Methode weltweit bekannt zu machen. Immer wieder tauchte dabei dieselbe Frage auf: Wie können wir an unserem Arbeitsplatz Ordnung schaffen und Freude in unseren Joballtag bringen?
Für die meisten Menschen bin ich die Aufräumexpertin für das Zuhause und nicht für den Job – geschweige denn eine Expertin für berufliche Weiterentwicklung. Doch schon zu Zeiten, als ich noch bei einer japanischen Firma beschäftigt war, verbrachte ich den größten Teil meiner Freizeit damit, Führungskräften beizubringen, wie sie ihre Büros in Ordnung bringen können. Selbst Angestellte der Firma suchten meinen Rat. Das nahm mich mehr und mehr in Anspruch, und so kündigte ich schließlich, um mich als Beraterin selbständig zu machen.
Auch die inzwischen von mir geschulten Berater vermitteln in ihren Kursen, wie man die KonMari-Methode für die Arbeit nutzen kann. Sie tauschen ihr Wissen und ihre Erfahrung untereinander aus und verfeinern die Methode entsprechend. Dabei wurde immer wieder ersichtlich, wie sehr Ordnung die Leistung und gleichzeitig die Arbeitsfreude steigert.
Klienten haben uns z.B. berichtet, dass sie mit Hilfe der KonMari-Methode ihre Verkaufszahlen um 20 Prozent verbesserten und so viel effizienter arbeiteten, dass sie zwei Stunden früher nach Hause gehen konnten. Die Methode half ihnen auch, ihren Job in neuem Licht zu sehen und ihre berufliche Leidenschaft neu zu entfachen. Wir haben unzählige Beispiele erlebt, wie das Aufräumen das gesamte Arbeitsleben verbessert. So wie das Aufräumen unseres Zuhause Freude in unser Leben als solches bringt, erfüllt es auch unseren Arbeitsalltag mit Freude: Es hilft uns, organisierter zu werden und entsprechend erfolgreicher zu sein. Dieses Buch verrät, wie.
Natürlich kann nicht alles im Job danach beurteilt werden, ob es Spaß macht: Wir müssen Unternehmensregeln befolgen, Entscheidungen von Vorgesetzten akzeptieren und uns mit Kollegen arrangieren. Lediglich unseren Schreibtisch aufzuräumen reicht nicht aus, damit alles im Job reibungslos funktioniert. Wir können nur dann Freude bei der Arbeit empfinden, wenn wir all ihre Facetten in Ordnung gebracht haben: Dazu zählen auch E-Mails, digitale Daten, spezifische To-dos und Meetings.
Hier kommt mein Co-Autor Scott ins Spiel. Als Organisationspsychologe und Professor an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Rice University forscht Scott an vorderster Front darüber, was ein befriedigendes und freudvolles Berufsleben ausmacht. Seine Arbeit umfasst ein breites Themenspektrum, u.a. geht er der Frage nach, wie man sein Berufsleben positiver und sinnvoller gestalten kann, effizienter und produktiver wird und besser Probleme löst. Sein Bestseller Stretch basiert auf den Ergebnissen dieser Forschung und zeigt auf, wie wir Erfolg und Zufriedenheit im Beruf erreichen können, indem wir unsere vorhandenen Ressourcen nutzen – seien es bestimmte Fertigkeiten, spezifische Kenntnisse oder bereits verfügbare Arbeitsutensilien. Wenn es darum geht, mehr Freude in den Berufsalltag zu bringen, ist Scott also der Experte schlechthin.
In dem hier vorliegenden Buch stellt er aktuelle wissenschaftliche Forschungsergebnisse zum Aufräumen vor und ergänzt sie durch praktische Übungen, mit deren Hilfe man die immateriellen Aspekte seines Jobs ordnen kann.
In Kapitel 1 präsentieren wir Zahlen und Fakten zum Aufräumen, die Sie mit Sicherheit motivieren werden. In Kapitel 2 und 3 beschreiben wir, wie Sie Ihren Arbeitsbereich aufräumen. In Kapitel 4 bis 9 geht es darum, Ordnung und Struktur in digitale Daten, Zeitmanagement, Entscheidungsfindung, Netzwerke, Meetings und Teams zu bringen. Kapitel 10 befasst sich damit, wie die positiven Effekte des Aufräumens in Ihrer Firma potenziert werden können. Das letzte Kapitel geht über das Aufräumen hinaus: Hier finden Sie konkrete Vorschläge, wie Sie Ihrer Arbeit noch mehr Freude entlocken können, und Anregungen, welche Einstellung und welche Vorgehensweisen einen beschwingten Berufsalltag garantieren. In diesem Kapitel berichte ich außerdem von meinen eigenen Erfahrungen, die Sie hoffentlich zum Nachdenken darüber inspirieren, was Sie selbst für ein glückliches Arbeitsleben tun können.
Wir hoffen, dass dieses Buch für Sie der Schlüssel zu einem freudigen Berufsleben werden wird.
Marie Kondo
Was fällt Ihnen als Erstes ins Auge, wenn Sie montagmorgens das Büro betreten?
Für viele ist es ein mit Papierbergen überladener Schreibtisch, zu denen sich unzählige Büroklammern, ungeöffnete Briefe (wann sind die noch mal angekommen?), ungelesene Bücher und ein mit Post-its zugepflasterter Rechner gesellen. Unter dem Schreibtisch stapeln sich Werbegeschenke von Kunden. Sicherlich stoßen die meisten Menschen bei diesem Anblick einen tiefen Seufzer aus und fragen sich, wie es ihnen gelingen soll, in so einem Chaos jemals etwas zu erledigen.
Aki, eine Angestellte in einem Maklerbüro, gehörte zu denen, die unter ihren zugemüllten Schreibtischen leiden. Auch wenn ihrer eher klein war (seine Arbeitsfläche war nur etwa eine Armspanne breit, und er hatte nur drei Schubladen), konnte sie nie etwas finden.
Vor jedem Meeting suchte sie erst mal hektisch nach ihrer Brille, ihrem Kugelschreiber oder einem Aktenordner. Oft genug musste sie die benötigten Unterlagen noch einmal ausdrucken, weil sie sie nicht finden konnte. Sie war das Chaos leid und beschloss immer wieder aufs Neue, endlich Ordnung auf ihrem Schreibtisch zu schaffen – aber nach Büroschluss war sie dann zu erschöpft, verschob das Aufräumen auf «morgen» und stapelte alle benutzten Dokumente auf einer Seite des Schreibtisches, bevor sie nach Hause ging. Am nächsten Tag musste sie den Stapel erst mal durchwühlen, bis sie die Unterlagen gefunden hatte, die sie brauchte. Wenn sie dann endlich mit der Arbeit anfangen konnte, war sie bereits erschöpft. «Es war total deprimierend, an diesem chaotischen Schreibtisch zu sitzen», erklärte sie mir – und ihr ungutes Gefühl hatte seine Berechtigung.
Verschiedene Studien haben ergeben, dass Unordnung uns in vielerlei Hinsicht mehr Energie kostet, als wir gemeinhin annehmen. Eine Umfrage unter tausend erwachsenen amerikanischen Erwerbstätigen ergab, dass neunzig Prozent von ihnen der Ansicht waren, Unordnung habe einen negativen Einfluss auf ihr Leben.[1] Sie vermindere die Produktivität, sorge für eine negative Denkweise, geringe Motivation und ein getrübtes Glücksempfinden.
Unordnung wirkt sich außerdem nachteilig auf die Gesundheit aus. Laut einer von Wissenschaftlern an der UCLA durchgeführten Studie erhöht sich der Cortisolspiegel (Cortisol ist ein wichtiges Stresshormon), wenn man von zu viel Kram umgeben ist.[2] Ein chronisch erhöhter Cortisolspiegel kann uns anfällig für Schlaflosigkeit, Depressionen und andere psychische Störungen machen und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Bluthochdruck und Diabetes befördern.
Außerdem haben neueste psychologische Forschungen ergeben, dass ein chaotisches Umfeld negative Effekte auf unser Gehirn hat.[3] Es ist dann so damit beschäftigt, die vielen unterschiedlichen Sinneseindrücke zu verarbeiten, dass wir uns nicht mehr auf das konzentrieren können, was wir eigentlich gerade erledigen wollen, z.B. die Arbeit auf unserem Schreibtisch in Angriff nehmen oder mit anderen kommunizieren. Wir fühlen uns abgelenkt, gestresst, und unsere Entscheidungsfähigkeit ist beeinträchtigt. Anscheinend ist Chaos ein Magnet für Unglück. Menschen wie ich, die beim Anblick eines unordentlichen Zimmers ganz aufgeregt werden und am liebsten sofort anfangen aufzuräumen, bilden Studien zufolge tatsächlich die Ausnahme.
Unordnung wirkt sich nicht nur auf uns als Einzelperson negativ aus, sondern auch auf das Geschäftsleben an sich. Haben Sie selbst nicht schon Stunden damit verbracht, im Büro nach etwas zu suchen? Oder es sogar unauffindbar verlegt? Fast die Hälfte aller Büroangestellten berichtet, dass sie einmal pro Jahr bei der Arbeit etwas Wichtiges verlegten[4]: Aktenordner, Taschenrechner, USB-Sticks, Laptops oder Handys waren darunter. Verlorengegangene Dinge zu ersetzen ist nicht nur kostspielig und verursacht emotionalen Stress, sondern es produziert auch unnötigen Abfall, der der Umwelt schadet. Das größte Manko ist jedoch die verlorene Zeit, die man mit der Suche nach dem Gegenstand verschwendet. Den Forschungsergebnissen zufolge verbringen wir mit der Suche nach verschwundenen Dingen durchschnittlich eine Arbeitswoche pro Jahr. Auf vier Jahre gerechnet, ergibt das einen vollen Monat. Allein in den Vereinigten Staaten beläuft sich diese Produktivitätseinbuße auf etwa 89 Milliarden US-Dollar pro Jahr – mehr als das Doppelte der Gewinne der fünf größten Unternehmen der Welt.
Diese Zahlen sind schwindelerregend hoch und ihre Brisanz nicht wegzudiskutieren: Die Auswirkungen von Unordnung können verheerend sein. Doch es besteht kein Anlass zur Sorge, denn all diese Probleme können durch Aufräumen gelöst werden.
Nach Abschluss meines Studiums bekam ich gleich eine Stelle in der Vertriebsabteilung eines Unternehmens. Meine Euphorie, jetzt endlich der erwerbstätigen Bevölkerung anzugehören, verflog jedoch schnell. Die meisten Berufsanfänger haben keinen einfachen Start, doch meine Verkaufsleistung besserte sich auch mit der Zeit nicht. Von den fünfzehn Neuzugängen des Jahres rangierte ich immer unter den letzten drei.
Ich war jeden Morgen früh im Büro, verbrachte Stunden am Telefon und versuchte, Kunden zu akquirieren, hielt die Termine, die ich mit einigen arrangieren konnte, immer ein und erstellte dazwischen Listen von weiteren potenziellen Kunden. Nach Büroschluss holte ich mir in einem Imbiss im selben Gebäude eine Nudelbowl und kehrte damit an meinen Schreibtisch zurück, um weiterzumachen. Ich schien rund um die Uhr zu arbeiten, ohne nennenswerte Ergebnisse zu erzielen.
Nachdem ich mal wieder eine Reihe vergeblicher Akquiseanrufe getätigt hatte, legte ich mit einem tiefen Seufzer den Hörer auf und ließ den Kopf hängen. Ich starrte deprimiert auf meinen Schreibtisch und stellte mit einem Mal fest, welches Chaos dort eigentlich herrschte. Um meine Computertastatur zerstreut lagen längst überholte Umsatzlisten, ein unfertiger Vertragsentwurf, Notizzettel, auf die ich verschiedene Verkaufstipps meiner Kollegen gekritzelt hatte, ein ungelesenes Wirtschaftsbuch, das mir empfohlen worden war, ein Füller ohne Kappe und ein Tacker, mit dem ich ein paar Papiere hatte zusammenheften wollen, was ich dann aber vergessen hatte. Dazwischen standen ein halb ausgetrunkener Pappbecher mit Tee und eine Wasserflasche, die schon eine Woche alt war.
Ich konnte es kaum glauben. Wie hatte es so weit kommen können? Seit meiner Studienzeit war ich als Ordnungsberaterin tätig gewesen. Doch obwohl ich mein Aufräumtalent nie in Frage stellte, war ich von meinem neuen Job so überfordert, dass keine Zeit mehr für irgendwelche Beratungen blieb und ich sogar zu Hause meine Aufräumgewohnheiten vernachlässigt hatte. Irgendwie hatte ich den Kontakt zu meinem inneren Aufräum-Freak verloren. Kein Wunder, dass ich beruflich nicht erfolgreich war.
Am nächsten Morgen war ich bereits um sieben Uhr im Büro, um meinen Schreibtisch aufzuräumen. Ich setzte all mein Wissen und all meine Fertigkeiten ein, die ich mir im Lauf der Jahre angeeignet hatte, und war nach einer Stunde fertig. Im Nu sah mein Arbeitsplatz ordentlich und aufgeräumt aus. Auf meinem Schreibtisch befanden sich nur noch das Telefon und mein Computer.
Ich würde gern behaupten, dass meine Verkaufszahlen auf der Stelle in die Höhe schnellten, doch das war leider nicht der Fall. Allerdings fühlte ich mich jetzt wesentlich wohler an meinem Schreibtisch, da ich alles, was ich benötigte, mühelos finden konnte. Ich musste nicht wie wild nach meinen Unterlagen suchen, bevor ich zu einem Meeting eilte. Und nach meiner Rückkehr konnte ich sofort die nächste Aufgabe angehen. Allmählich machte mir die Arbeit Spaß.
Seit Jahren ist Aufräumen meine Leidenschaft gewesen, und ich wusste bereits, wie ein aufgeräumtes Zuhause das Leben verändern konnte. Aber jetzt dämmerte es mir, dass es genauso wichtig war, Ordnung am Arbeitsplatz zu schaffen. Mein Schreibtisch fühlte sich an wie neu, und als ich an ihm Platz genommen hatte, spürte ich, welche Freude mir mein Job bereiten könnte, wenn ich Ordnung hielt.
Eines Tages gestand mir meine Kollegin Lisa, die im selben Stock arbeitete wie ich: «Auf meinem Schreibtisch herrscht ein solches Chaos, dass es mir inzwischen richtig peinlich ist.» Als Lisa gesehen hatte, wie ich meinen Schreibtisch aufräumte, war sie fasziniert und bat mich um Rat. Sie selbst sei noch nie gut im Aufräumen gewesen, auch nicht als Kind: Das Haus ihrer Eltern sei mit allen möglichen Dingen vollgestellt. Ihre Wohnung, erklärte sie mir, sähe ebenfalls wie ein Schlachtfeld aus. «Bisher habe ich nicht wirklich konsequent aufgeräumt, ja, bin nicht mal auf den Gedanken gekommen, dass ich es tun sollte», sagte sie. Aber die Arbeit im Büro hatte ihr bewusst gemacht, wie viel unordentlicher ihr Schreibtisch im Vergleich zu denen ihrer Kollegen war.
Lisas Geschichte ist nicht ungewöhnlich. Im Gegensatz zu zu Hause sind wir bei der Arbeit den Blicken anderer ausgesetzt. Zu Hause sieht es kaum jemand, wenn unsere Kleider oder Bücher auf dem Boden verstreut herumliegen. Ein Büro jedoch ist ein öffentlicher Raum, und es ist für jeden ersichtlich, ob ein Schreibtisch aufgeräumt ist oder nicht. Erstaunlicherweise beeinflusst diese Tatsache in viel größerem Maße unser Arbeitsleben, als wir gemeinhin annehmen.
Mehrere Studien zum Thema Arbeitnehmerbeurteilung haben ergeben: Je ordentlicher der Arbeitsplatz, desto wahrscheinlicher ist es, dass der betreffende Mitarbeiter als ehrgeizig, intelligent, warmherzig und ruhig eingeschätzt wird.[5] Eine weitere Studie hat gezeigt, dass ordentliche Mitarbeiter als selbstsicher, fleißig und freundlich gelten – diese Personen scheinen echte Gewinner zu sein.
Darüber hinaus ging aus Studien hervor, dass ordnungsliebende Menschen leichter das Vertrauen ihrer Kollegen gewinnen und eher befördert werden. Für das berufliche Weiterkommen ist ein guter Ruf unverzichtbar. Gleichzeitig belegen Studien, dass wir uns bei unserer Arbeit an den Erwartungen orientieren, die andere an uns stellen: Höhere Erwartungen steigern unser Selbstvertrauen, was wiederum in der Regel unsere Leistung verbessert. Diese Theorie ist auch als Pygmalion-Effekt bekannt. Er ist erstmals an Schulen nachgewiesen worden: Wenn Lehrer ihren Schülern besondere Leistungen zutrauten, verbesserten sich diese entsprechend. Auch im Arbeitskontext konnte der Pygmalion-Effekt nachgewiesen werden: Die Leistung der Angestellten verbesserte oder verschlechterte sich je nachdem, mit welcher Erwartungshaltung man ihnen begegnete.
Die Ergebnisse dieser Studien können auf drei Punkte heruntergebrochen werden: Ein aufgeräumter Schreibtisch führt dazu, dass andere uns sympathischer finden und für kompetenter halten. Dies steigert unser Selbstwertgefühl und beflügelt unsere Motivation. Folglich arbeiten wir noch engagierter und bringen noch bessere Leistungen.
So gesehen scheint aufzuräumen doch eine gute Sache zu sein, oder?
Nachdem Lisa ihren Arbeitsplatz nach meinen Anweisungen aufgeräumt hatte, konnte sie immer bessere Verkaufszahlen vorweisen. Ihr Chef lobte sie in den höchsten Tönen, und sie wurde zunehmend selbstsicherer. Ich persönlich bekam innerhalb der Firma gute Bewertungen für meine Fähigkeit, Ordnung zu halten – und das machte mich glücklich.
Ein leerer, aufgeräumter Schreibtisch wirkt auf viele steril und langweilig. «Wenn ein unaufgeräumter Schreibtisch einen unaufgeräumten Geist repräsentiert, wofür steht dann ein leerer Schreibtisch?» Dieses Zitat wird dem Physik-Genie Albert Einstein zugeschrieben. Ob der Ausspruch tatsächlich von ihm stammt oder nicht – sein eigener Schreibtisch quoll jedenfalls geradezu über vor Büchern und Papierstapeln.
Auch Pablo Picasso malte inmitten eines Durcheinanders von Gemälden, und Steve Jobs, der Gründer von Apple, schwörte ebenfalls auf das kreative Chaos. Es gibt unzählige Beispiele von genialen Menschen mit unaufgeräumten Büros. Eine kürzlich von Wissenschaftlern an der Universität von Minnesota durchgeführte Studie scheint diesen Zusammenhang zu bestätigen: Sie zeigte, dass ein chaotisches Arbeitsumfeld die Kreativität fördert.[6]
Vielleicht liegt es an der Anzahl derartiger Geschichten, dass ich so häufig auf diese These angesprochen werde. «Aber ein unaufgeräumter Schreibtisch ist doch okay, nicht wahr? Er fördert doch die Kreativität, oder?» Falls Sie jetzt darüber nachgrübeln, ob ein zugemüllter Schreibtisch auch Ihre Produktivität steigert und es sich lohnt, überhaupt weiterzulesen, probieren Sie einmal folgende kleine Übung: Beginnen Sie damit, dass Sie sich Ihren Schreibtisch an Ihrem Arbeitsplatz genau vorstellen. Sollten Sie gerade vor ihm stehen, betrachten Sie ihn ganz genau. Beantworten Sie dann folgende Fragen.
Macht es Ihnen Spaß, unter diesen Bedingungen zu arbeiten?
Bereitet Ihnen die tägliche Arbeit an diesem Schreibtisch wirklich Freude?
Sind Sie sicher, dass Sie Ihrer Kreativität freien Lauf lassen?
Wollen Sie ernsthaft morgen hierher zurückkehren?
Diese Fragen sollen kein Unbehagen bereiten, sondern Ihnen vielmehr ein Bewusstsein dafür vermitteln, welches Gefühl Ihr Arbeitsumfeld in Ihnen auslöst. Haben Sie alle Fragen spontan mit Ja beantwortet, dann macht Ihnen Ihre Arbeit zum Glück viel Spaß. Doch wenn Ihre Antworten zwiespältig ausfallen und Sie eher lustlos an Ihrem Schreibtisch sitzen, dann lohnt es sich definitiv, es mit Aufräumen zu versuchen.
Ehrlich gesagt spielt es keine Rolle, was andere für besser halten – einen aufgeräumten Schreibtisch oder einen chaotischen. Am wichtigsten ist, dass Sie selbst wissen, welche Art von Umfeld Ihnen bei der Arbeit Freude bereitet und was für Sie ganz persönlich dazu beiträgt. Aufzuräumen ist eine der besten Methoden, das herauszufinden. Viele meiner Kunden, die mit der KonMari-Methode zu Hause aufgeräumt und dadurch ein eher spartanisches Ambiente geschaffen haben, stellen mit der Zeit fest, dass ihnen etwas mehr Deko lieber wäre – und beginnen dann, ihr Umfeld nach ihrem Geschmack einzurichten. Häufig erkennen die Menschen erst nach gründlichem Aufräumen, welche Art von Umgebung ihnen überhaupt gefällt.
Gehören Sie zu den Menschen, die nach dem Aufräumen schneller Zugang zu ihrer Kreativität finden, oder zu denen, die inmitten von Chaos kreativer sind? Wie dem auch sei: Aufzuräumen wird Ihnen auf jeden Fall helfen, herauszufinden, welche Art von Arbeitsplatz Ihre Kreativität erblühen lässt.
Untersuchungen haben ergeben, dass Unordnung die Freude am Job aus zwei wesentlichen Gründen trübt. Wie wir bereits gesehen haben, überfordert sie das Gehirn. Je mehr Gegenstände wir um uns herum horten, desto mehr Sinneseindrücke müssen wir verarbeiten.[7] Erstens erschwert das, diejenigen Dinge herauszufiltern und zu genießen, die uns am wichtigsten sind – Dinge, die uns Freude bereiten.
Zweitens verlieren wir die Kontrolle und büßen unsere Entscheidungsfähigkeit ein, wenn wir mit Dingen, Informationen und Aufgaben überflutet werden.[8] Da wir dann keine Initiative mehr ergreifen oder Entscheidungen treffen können, vergessen wir, dass wir mit Hilfe der Arbeit unsere Träume und Sehnsüchte verwirklichen können, und schließlich haben wir gar keinen Spaß mehr an ihr. Wenn Menschen das Gefühl haben, die Kontrolle zu verlieren, sammeln sie zu allem Übel noch mehr ungewollten Kram an – und die Schuldgefühle und der Druck, etwas dagegen unternehmen zu müssen, nehmen immer weiter zu.[9] Am Ende entsteht ein Teufelskreis, denn sie schieben das Aufräumen endlos vor sich her, und die Unordnung wird immer größer und größer.
S. S.
Nicht nur auf unserem Schreibtisch muss aufgeräumt werden. Wir versinken auch in immaterieller Unordnung. Insbesondere die moderne Technologie hat digitalen Müll in Form von E-Mails, Dateien und Online-Accounts hervorgebracht. Hinzu kommen die vielen Meetings und weitere Aufgaben, mit denen wir uns beschäftigen müssen, sodass wir immer häufiger das Gefühl haben, die Kontrolle zu verlieren. Um aber einen Arbeitsstil zu entwickeln, der wirklich Freude bereitet, müssen wir jede Facette unserer Arbeit in Ordnung bringen, nicht nur unseren Schreibtisch.
Laut einer Studie verbringt ein typischer Büroangestellter ungefähr die Hälfte des Tages mit der Bearbeitung von E-Mails. Pro Tag verbleiben durchschnittlich etwa 199 ungeöffnete E-Mails im Posteingang.[10] Das Center for Creative Leadership berichtet, dass 96 Prozent der Angestellten der Meinung sind, zu viel Zeit mit überflüssigen Mails zu verschwenden.[11] Hinzu kommt, dass fast ein Drittel der auf den meisten Computern installierten Programme nie genutzt werden. Diese Beispiele zeigen eindrücklich, wie wir in unserem Job mit digitalem Müll überflutet werden.
Und wie sieht es mit den Informationen aus, die wir benötigen, um verschiedene Online-Services zu nutzen? Ein durchschnittlicher Internetnutzer hat über 130 Online-Accounts. Selbst wenn man berücksichtigt, dass manche, wie z.B. Google oder Facebook, kombiniert und unter einem Account geführt werden können, ist die Anzahl an Nutzer-IDs und erforderlichen Passwörtern immer noch beachtlich. Und überlegen Sie, was passiert, wenn Sie Ihr Passwort vergessen! Sie tippen eine Kombination aus potenziellen IDs und Passwörtern ein – vergeblich. Schließlich geben Sie auf und ändern das Passwort.
Leider zeigt die Statistik, dass uns das häufiger passiert. Laut einer Umfrage unter Angestellten in den USA und in Großbritannien beläuft sich die Produktivitätseinbuße infolge vergessener oder verlegter Passwörter jährlich auf mindestens 420 US-Dollar pro Angestellten.[12] Das macht in einer Firma mit 25 Mitarbeitern jährlich über 10000 US-Dollar aus. Vielleicht sollten wir einen «Verlorenes-Passwort-Fonds» ins Leben rufen: Dorthin wird jedes Mal automatisch eine Spende überwiesen, wenn jemand sein Passwort vergessen hat – und das Geld kommt dann einem guten Zweck zugute.
Auch Meetings nehmen einen großen Teil unserer Arbeitszeit in Anspruch. Der durchschnittliche Büroangestellte verbringt wöchentlich zwei Stunden und 39 Minuten in ineffizienten Meetings.[13] Bei einer wissenschaftlichen Umfrage unter leitenden Angestellten äußerten die meisten Befragten Unmut über ihre Firmenmeetings, weil sie unproduktiv seien, sie von wichtigeren Dingen abhalten und nichts zum Teambuilding beitragen würden.[14] Meetings sollen der Firma nutzen, doch ironischerweise halten die Führungskräfte, diejenigen also, die diese Zusammenkünfte organisieren, sie für kontraproduktiv. Der wirtschaftliche Schaden, der Unternehmen aufgrund ineffektiver Meetings entsteht, beläuft sich auf über 399 Milliarden US-Dollar jährlich.[15]
In Anbetracht dieser Summe, der Verluste, die durch vergessene Passwörter entstehen, und angesichts des Zeitverlusts durch die Suche nach verlegten Gegenständen (der mit 8,9 Milliarden US-Dollar zu Buche schlägt) frage ich mich: Wie viel Geld könnte der Staat durch die Besteuerung dieser Art von Unordnung einnehmen? Ich weiß, das klingt verrückt, aber …
Ab Kapitel 4 wird Scott Ihnen im Detail erklären, wie man immateriellen Müll beseitigt. Behalten Sie für den Moment nur im Hinterkopf, dass Sie noch einige Hindernisse überwinden müssen, damit Ihnen Ihr Job Freude macht. Sie verfügen also über ein großes Optimierungspotenzial. Stellen Sie sich vor, dass Sie nicht nur Ihren Schreibtisch, sondern auch all Ihre E-Mails, Dateien und sonstigen digitalen Daten geordnet und die Termine für Ihre Meetings und unterschiedlichste Aufgaben stets im Griff haben. Überlegen Sie, wie viel Spaß Sie dann an Ihrem Job hätten.
Als ich noch Angestellte war, bat mich eine meiner Kolleginnen, die zwei Jahre vor mir in dem Unternehmen angefangen hatte, um Rat, wie sie am besten ihren Arbeitsplatz in Ordnung bringen könnte. Während wir aufräumten, berichtete sie mir dann: «Ich bin hier, um zu arbeiten und meinen Lebensunterhalt zu verdienen, nicht, um mich zu amüsieren. Das Leben macht mehr Spaß, wenn man schnell mit seiner Arbeit fertig wird und sich darauf konzentriert, die Freizeit zu genießen.»
Jeder Mensch pflegt seinen eigenen Arbeitsstil und seine eigene Denkweise. Ich weiß, dass einige Leute ihre Arbeit mit derselben Haltung angehen wie meine Kollegin, aber lassen Sie mich offen sein: Das ist eine schreckliche Verschwendung.
Natürlich: Da wir für unsere Arbeit bezahlt werden, sind all unsere Aufgaben mit Verantwortung verbunden; es gibt außerdem Aspekte unserer Arbeit, die sich unserer Kontrolle entziehen. Solange wir uns als Mitglieder einer Gemeinschaft sehen, ist es unrealistisch, zu erwarten, dass unser persönliches Glück immer an oberster Stelle steht. Anders als zu Hause garantiert uns das Aufräumen im Job nicht, dass uns alles an unserer Arbeit immer Freude bereitet.
Doch es wäre wirklich schade, aufzugeben, die eigene Arbeit nur aus Pflichtgefühl heraus zu verrichten und sich nicht auch zu bemühen, sein Umfeld mit Freude zu erfüllen. Neben unserem Zuhause verbringen wir die meiste Zeit am Arbeitsplatz, und manchmal verbringen wir sogar mehr Zeit im Büro als zu Hause. Die Arbeit stellt einen wertvollen Teil unseres Lebens dar. Und wenn wir dabei schon unsere Fähigkeiten einbringen, wäre es dann nicht sinnvoll, die Arbeit auch ein wenig zu genießen? Und wenn wir das tun, können wir dann nicht gleich so arbeiten, dass wir unsere Kollegen ebenfalls glücklich machen?
Vielleicht denken einige von Ihnen: Sie haben gut reden, aber ich hasse meinen Job und kann mir nicht vorstellen, dass er mir je Spaß machen könnte. Dennoch empfehle ich Ihnen, Ordnung zu schaffen. Vielleicht entdecken Sie dabei, was Sie wirklich wollen und was Sie ändern müssen. Vielleicht hilft Ihnen das Aufräumen, die schönen Seiten Ihres Arbeitsumfelds zu entdecken. Das mag zu gut klingen, um wahr zu sein, ist es aber nicht.
Ich habe selbst erlebt, wie Aufräumen viele Aspekte des Arbeitslebens meiner Kunden verändert hat. So erinnerte sich eine Kundin beim Ausmisten ihrer Bücher an einen Kindheitstraum, kündigte ihren Job und gründete ihre eigene Firma. Einer Geschäftsführerin fiel beim Sortieren ihrer Unterlagen ein Problem in ihrer Firma ins Auge, und sie leitete daraufhin mutige Veränderungen ein. Eine andere Kundin erkannte während des Aufräumprozesses, welchen Lebensstil sie sich wünschte. Sie veränderte sich beruflich und arbeitete halb so viel wie zuvor.
Dies alles passierte nicht, weil diese Menschen in irgendeiner Weise außergewöhnlich gewesen wären – ihr Handeln war lediglich das Ergebnis einer sorgfältigen Überprüfung aller Dinge, die sie umgaben, und der Entscheidung, ob sie sie in ihrem Leben behalten oder loslassen wollten.
«Dies hätte eigentlich mein Traumjob sein sollen, aber nun habe ich große Mühe, die vielen Aufgaben zu bewältigen. Ich sehne mich ständig danach, so früh wie möglich nach Hause zu gehen.»
«Ich weiß nicht, was ich will. Ich habe alles Mögliche ausprobiert, weiß aber immer noch nicht, was ich wirklich will.»
«Ich habe so viel investiert, um weiterzukommen, aber nun frage ich mich, ob dies wirklich der richtige Beruf für mich ist.»
Wenn Sie derartige Zweifel im Hinblick auf Ihren Job oder Ihren bisherigen Berufsweg haben, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, Ordnung zu schaffen – und das beinhaltet wesentlich mehr, als nur Dinge auszusortieren und wegzuschmeißen. Der Entschluss aufzuräumen wird Ihr Leben für immer verändern. Das Ziel der in diesem Buch vorgestellten Methode besteht nicht nur darin, am Ende an einem hübsch aufgeräumten Schreibtisch zu sitzen, sondern durch das Aufräumen mit sich selbst ins Gespräch zu kommen – zu entdecken, was Sie wertschätzen, indem Sie erforschen, warum Sie eigentlich arbeiten und welche Art Arbeit Sie sich wünschen. Dies hilft Ihnen zu verstehen, dass jede Aufgabe, die Sie erledigen, mit einer erfreulichen Zukunft verbunden ist.
Letztlich besteht das eigentliche Ziel darin, zu erkennen, was Ihnen in Ihrem Job Spaß macht, sodass Sie Ihr Bestes geben können. Wir laden Sie dazu ein, herauszufinden, wie ein ordentliches Arbeitsumfeld Freude in Ihren Alltag bringt.
Marie Kondo
«Sie sollten unbedingt Ihren Schreibtisch aufräumen, Sir!»
So platzte es einmal gegenüber einem potenziellen Kunden aus mir heraus. Es war mein zweiter Sommer bei einer Agentur für Personalvermittlung, wo ich den Personalservice auf Vordermann bringen sollte. Das bedeutete zu ermitteln, welche Art von Mitarbeiter die jeweilige Firma suchte, und die geeignete Person zu finden. Ich war für kleine und mittelständische Unternehmen zuständig. Solche Firmen mit zehn oder weniger Angestellten haben selten eine eigene Personalabteilung, und häufig ist der Firmenchef selbst für die Einstellung von Personal verantwortlich. Nun saß ich einem dieser Firmenchefs gegenüber. Er sah erschöpft und müde aus und erklärte mir: «Ich habe so viel zu tun, dass ich froh über eine Sekretärin wäre.»
Meiner Rolle als Personalvermittlerin entsprechend fragte ich: «Wenn Sie eine Sekretärin einstellen würden, welche Aufgaben sollte sie übernehmen?»
«Hm, lassen Sie mich überlegen», erwiderte er etwas unschlüssig. «Ich hätte in jedem Fall gern jemanden, der meine Unterlagen und Schreibsachen organisiert. Wissen Sie, jemanden, der mir gleich den richtigen Stift reichen könnte, wenn ich danach frage. Und es wäre großartig, wenn er außerdem meinen Schreibtisch aufräumen würde.»
In dem Augenblick bin ich dann kräftig ins Fettnäpfchen getreten. «Aber das können Sie doch selber tun!», rief ich. Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, wurde mir meine Unverschämtheit bewusst, mal ganz abgesehen davon, dass ich ihm im Grunde gerade erklärt hatte, dass er gar keine Sekretärin brauchte. Wieder die Chance auf einen Abschluss vertan …
Aber er redete weiter, als habe er meinen Fauxpas nicht bemerkt. Je mehr er erzählte, desto deutlicher wurde, dass Ordnunghalten nicht gerade zu seinen Stärken gehörte. Er war in einer Familie groß geworden, in der Unordnung ganz normal war. Ständig verlegte er etwas. In seinem ersten Job hatte ihn sein Chef in dieser Hinsicht sogar zum hoffnungslosen Fall erklärt. Noch heute hat er deswegen Komplexe.