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„Heute Abend hält das Schicksal etwas für Sie bereit!“ Eigentlich glaubt die angehende Schneiderin Rosa Redlich kein bisschen an das Schicksal und schon gar nicht an die Prophezeiungen aus Discounter-Glückskeksen. Aber dieser Spruch hat es ihr ausnahmsweise angetan, denn im Moment scheint sie eine echte Glückssträhne zu haben. Ausgerechnet die berühmte Filmdiva Eva Andrees hat Rosas Gesellenstück entdeckt und möchte „dieses Traumkleid und kein anderes“ für ihren Auftritt bei der Berliner Filmnacht. Doch kann das Schicksal wirklich in einem Keks geschrieben stehen?
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Seitenzahl: 461
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Kerstin Hohlfeld
Glückskekssommer
Roman
Ausgewählt von
Claudia Senghaas
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© 2011–Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 07575/2095-0
Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage 2011
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Herstellung/Korrekturen: Julia Franze/Katja Ernst, Doreen FröhlichUmschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: anchelito © / photocase.com
Druck: Fuldaer Verlagsanstalt, Fulda
Printed in Germany
ISBN 978-3-8392-3672-7
Für Thomas
Heute Abend hält das Schicksal etwas für Sie bereit.
Im Discounter ist Asia-Woche.
Und für mich ist endlich wieder einmal Oma-Tag.
Meine Großmutter und ich gehören zu den Menschen, die sich gern sehen, es aber nicht öfter als einmal im Monat schaffen. Wir sind beide vor ein paar Jahren nach Berlin gezogen und leben gar nicht so weit voneinander entfernt. Aber trotzdem treffen wir uns selten.
»Wir telefonieren nächste Woche«, sagt sie, wenn wir uns verabschieden.
»Auf jeden Fall«, antworte ich.
Und dann dauert es doch wieder ein paar Wochen, bis eine von uns zum Hörer greift.
Das liegt daran, dass wir beide immer voll beschäftigt sind.
Meine Oma hat einen großen Bekanntenkreis. Sie besucht Museen und Konzerte, geht ins Theater und am Wochenende im Berliner Umland wandern und Fahrrad fahren. Außerdem trainiert sie in einem Kampfsportstudio Thai Chi.
Seit Oma vor acht Jahren mit einer Freundin in China war, ist sie ganz versessen auf asiatische Lebensart. Und deshalb ruft sie mich immer an, wenn im Supermarkt Asia-Wochen sind. Eine Wagenladung voller Woknudeln, Shiitakepilzen, Bambussprossendosen, Krabbenchips und Gläsern mit Süßsauersoße will sie nämlich nicht allein die Treppen zu ihrer Wohnung hochtragen.
Ich freue mich auf diese Oma-Tage. Dann nehmen wir uns Zeit füreinander.
Wenn ich ihre Einkäufe nach oben geschleppt habe, lädt sie mich immer zum Essen ein. Ich mag ihre duftenden Wok-Gerichte, die sie abwechslungsreich mit Fleisch oder Fisch und Gemüse zubereitet.
Ihr größter Wunsch ist, noch einmal für ein paar Wochen nach China zu reisen.
Meine Großmutter sagt, dass ihr in Asien, abgesehen von der atemberaubenden Landschaft und der exotischen Küche, die Gelassenheit der Menschen besonders imponiert hat.
Zur sagenumwobenen Ausgeglichenheit der Asiaten habe ich meine eigene Theorie. Sie kommt vom Stäbchenessen! Denn da gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder man behält die Nerven und lernt es. Oder man verhungert vor vollen Schüsseln.
Ich habe jedenfalls kein asiatisches Gemüt. Es nervt mich, wenn mir kurz vor dem Mund jeder zweite Bissen von den Stäbchen zurück in die Schüssel fällt. Oma meint augenzwinkernd, dass die Art, wie jemand isst, viel über den Charakter aussagt. Schon möglich. Sie verspeist fast alles sehr gekonnt mit diesen kleinen, glatten Hölzchen. Es sieht bei ihr sogar richtig elegant aus. Wenn ich alt bin, lerne ich das auch. Vorerst kann gern alles ein bisschen schneller gehen.
Nach dem Essen plaudern wir meist noch eine Weile. Dann schauen wir alte Fotos an und reden von früher, als wir noch zusammen mit Opa in der großen Haushälfte meiner Eltern gewohnt haben. Nach Opas Tod ist Oma aus unserem kleinen Provinzdorf nach Berlin gezogen. Meine Eltern waren außer sich. Wo es doch so schöne Heimplätze gibt …
Aber Oma war der Meinung, dass sie nun alt genug sei, mal zu tun und zu lassen, was ihr gefällt. Und nach Berlin wollte sie schon als junges Mädchen gehen. Seitdem hat sie eine sonnige Zweizimmerwohnung mit großem Gemeinschaftsgarten im schicken Lichterfelde-West und ist mit sich und ihrem Leben überaus zufrieden.
Wenn es Zeit ist zu gehen, schenkt sie mir jedes Mal einen Vorrat chinesischer Glückskekse, damit mich die fernöstliche Weisheit durch die Woche begleitet. Einen muss ich immer gleich essen, weil meine Großmutter neugierig ist, was mir in den nächsten Tagen bevorsteht. (Eigentlich könnte sie mich deshalb auch einfach anrufen, aber dafür hat sie ja meistens keine Zeit.)
Die anderen verteile ich im Schneideratelier von Helena Senner, in dem ich seit drei Jahren meine Ausbildung mache, an meine Kolleginnen. Sie warten immer schon sehnsüchtig darauf und lesen sich begeistert gegenseitig ihre Prophezeiungen vor.
»Hört euch das an! ›Ein besonderes Geschenk trägt zu Deiner Freude bei.‹ Ist das nicht herrlich?«, kreischt Annemarie.
Sie zerbeißt geräuschvoll ihren Keks. Ein paar Krümel landen auf ihrer üppigen Oberweite. »Ob Achim mir endlich das neue Jil Sander gekauft hat? Ich hab ihm schon zehnmal erzählt, wie unglaublich toll das an mir riecht. Bestimmt hat er es heute für mich.«
Nora, Jola und Elke, meine drei anderen Kolleginnen, nicken zustimmend. Lila, unsere zweite Auszubildende, zwinkert mir zu und tippt sich, mit Blick auf Annemarie, unauffällig an die Stirn. Dann taucht sie grinsend hinter ihre Nähmaschine ab.
Ich hoffe inständig, dass es ein Duft ist, den ich mag. Denn wenn sie das Parfüm wirklich bekommt, dann werden wir alle etwas davon haben. Annemarie gehört nämlich zu den Menschen, die ihr persönliches Lieblingsparfüm für einen
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