Goldstück-Variationen - Michael Klonovsky - E-Book

Goldstück-Variationen E-Book

Michael Klonovsky

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  • Herausgeber: Manuscriptum
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Wie die Geschichte ausgeht, weiß zum Glück keiner. Ob etwa in 30 Jahren – das ist die gefühlt kurze Ewigkeit, die uns 2019 vom Mauerfall trennt – ein hiesiger Globalbürger das vorliegende Buch aus dem Giftschrank ziehen und mit wohligem Schaudern ausrufen wird: "Bei Allah! diese Chronik eines angekündigten Volkstodes hätte, wäre sie damals nicht öffentlich verbrannt worden, die kollektive "Soumission" unter die Scharia-Regeln fast noch zu verhindern gewußt!" Oder ob dann das Buch, wie alle "Acta-Diurna"-Bände Michael Klonovskys, an deutschen (oder jedenfalls sächsischen) Gymnasien als Widerstands-Lektüre erster Wahl, als kanonische Erbauungsliteratur, die die Kids immer noch mitreißt, einen Standard-Abiturstoff abgibt. Und es ist deshalb gut, das Ende der Geschichte nicht zu kennen, weil die Lektüre uns Heutige noch etwas KOSTET, nämlich authentische, nicht konsensuell-formelhafte Gefühle. Weil wir von den Unsäglichkeiten aus unserem Lande, die Klonovsky auf seine ureigene spöttisch-zupackende Weise kommentiert, betroffen sind, weil wir bangen, hoffen, schwarz oder rot sehen, lachen müssen, skeptisch oder wild werden. Diese wirkliche Diversität der Gefühle ist es, die wir allen "Goldstück"-Propagandisten à la Martin Schulz voraus haben. An diese wird sich in 30 Jahren keiner mehr erinnern, wir uns an die "Acta"-Lektüre sehr wohl.

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Michael Klonovsky

Goldstück-Variationen

Reaktionäres vom TageActa diurna 2018

Für Greta,die tapferste Schulschwänzerinseit Pippi Langstrumpf

Überheblichkeit ist etwas Widerliches, und je moralischer sie sich gibt, desto widerlicher ist sie.

C. S. Lewis

Für den mittelmäßigen Menschen war die organische Verschmelzung mit dem System der leichteste Weg, sich von der eigenen Außergewöhnlichkeit zu überzeugen.

Ryszard Legutko

Endlich macht die Zeit den Saul

Zur Verfolgung schwach und faul.

Carl Schmitt

Doch lacht nur zu,

ihr leichtsinniges,

lustgieriges

Göttergelichter!

Euch seh’ ich

noch alle vergeh’n!

Richard Wagner, »Siegfried«, 2. Aufzug, Alberich

INHALT

Vorbemerkung

Acta diurna 2017

Januar

Februar

März

April

Mai

Juni

Juli

August

September

Oktober

November

Dezember

Personenregister

VORBEMERKUNG

Das Menschengeschlecht ist zwar heillos darüber zerstritten, was gute und was schlechte Gewohnheiten sind, aber eine geheimnisvolle Einigkeit herrscht über die Nützlichkeit von Gewohnheiten als solchen. Deswegen erscheint nun Band fünf der Acta diurna. Da mit Erstlesern hier kaum zu rechnen ist, verzichte ich auf eine Erklärung des Formats; im Ausnahmefall gibt eine Internet-Suche oder die Lektüre eines der Vorgänger-Bücher rasch Aufschluss.

Bei aller physiologischen, hygienischen und sittlichen Gebotenheit, die Acta diurna fortzusetzen, wird es doch immer komplizierter, aus dem Material der Online-Version eine Druckfassung zu destillieren. Die Fülle der verlinkten Texte, Meldungen und Statistiken, die vielen zitierten Leserzuschriften, Bilder und Grafiken, der Tagesaktualität geschuldete Korrekturen oder Ergänzungen sowie die überhaupt von Jahr zu Jahr wachsende Textmenge lassen zumindest Zweifel an der Kompatibilität der beiden Darreichungsformen aufkommen. Insofern verkörpert der vorliegende Band ein vorläufiges Ende. Der nächste – sollte es dazu kommen – wird eine veränderte Form finden müssen.

Beispielhaft für die Unmöglichkeit, die Online-Variante im Druck wiederzugeben, möge der Eintrag vom 24. August sein. Das Original enthielt 17 Links, darunter zwei zu ausführlichen Betrachtungen über Zustände und Mentalitäten in Afrika, einige weitere zu exemplarischen Fällen rohester Gewalt sowie drei Fotos junger aggressiver Afrikaner, die in die spanische Exklave Ceuta eingedrungen waren. Eine wachsame Journalistin gruppierte Auszüge aus meinem Text in gewohnter Manier zu einer Collage, um mich gefährlicher Ansichten zu überführen. Am 6. September kommentierte ich in der Online-Version diesen Vorgang wie folgt:

»Das Tourette-Syndrom zwingt den an Koprolalie Leidenden, immer wieder schmutzige Worte auszurufen. Viele pathologische Progressisten werden von einem vergleichbaren Syndrom gepeinigt, das sie zum zwanghaften Ausstoßen von Worten wie ›Rassist!‹, ›Nazi!‹, ›Sexist!‹ zwingt. Über Erfolge einer medikamentösen oder therapeutischen Behandlung der zweiten Gruppe liegen leider kaum Erkenntnisse vor. Ein beachtlicher Teil dieser Geplagten ist stattdessen in den Medien untergekommenen, wo sie versuchen, in häufigem Kontakt mit ihresgleichen ein relativ normales Leben zu führen. Aber eher verstärken sich die Affekte dadurch noch, und immer wieder kommt es zu peinlichen Zwischenfällen in der Öffentlichkeit. So versuchte sich eine arme Frau in der Frankfurter Rundschau Erleichterung zu verschaffen, indem sie mich als Adressaten für ihre zwanghaften Zuschreibungen wählte. Nicht jeder vermag die Nöte solcher Menschen zu tolerieren. Manchen« – und hier folgt wieder ein Link, diesmal zu einer ausführlichen Replik eines anderen Autors auf die maulende Myrte – »ist das unangenehm, weil ja auch Kinder zuhören.«

Es war, wie gesagt, unmöglich, den gesamten in Rede stehenden Beitrag auch im Druck wiederzugeben, weshalb er in der vorliegenden Version gekürzt erscheint. Dieser Hinweis ist hier nur eingestreut, damit niemand auf den Gedanken kommt, ich nähme wegen der Politesse etwas zurück. Online bleibt der Text einsehbar. Ansonsten gilt auch für den fünften Band, was für seine Vorgänger galt: Einige Einträge wurden aus Platzgründen – oder weil Dopplungen vorlagen – gestrichen, andere sind gekürzt, gestrafft, aber niemals gemildert worden. Sämtliche Irrtümer gehen auf meine Kappe, und jeden Abend bete ich darum, dass auch alle meine Prognosen sich ihnen beigesellen werden.

München, im Februar 2019

Michael Klonovsky

ACTA DIURNA 2018

1. Januar

Silvesterfeier in einem georgischen Restaurant. Die Tische sind üppig gedeckt – bei den Völkern des Ostens gilt es als anstößig, sie abzuräumen, das Essen zieht sich über Stunden, es werden nur die abgegessenen Teller und Schüsseln durch neue ersetzt –, die Speisen sind wundervoll nahrhaft, es gibt wenig für Vegetarier und nichts für Veganer, doch es scheint auch kein einziger Vertreter dieser Observanzen anwesend zu sein. Die Gäste stammen aus allen Teilen der ehemaligen Sowjetunion: Georgier, Armenier, Ukrainer, Russen aus Ostpreußen, Russen aus Moskau, Russen aus Sibirien, Russen aus London, dazwischen einige wenige deutsche Männer, an ihrem Habitus leicht zu erkennen, die sich ihre Partnerinnen importiert haben. Es wird georgischer Wein serviert, auf den Tischen der Kaukasier steht flaschenweise Kognac, am guten Russentisch, dem ein ausweislich seiner Begleiterin reicher Mann mit dem Körperbau und der Physiognomie eines Metzgermeisters und der fröhlichen Laune eines Kindes präsidiert, wird Wodka getrunken, wobei die Speiseberge nahezu unberührt bleiben, man schiebt nur hin und wieder der Wodka (weiblich!) einen »Nachbiss« hinterher. Als die Moderatorin mit dem Mikrophon die Runde macht, um Toasts einzusammeln, wünscht der reiche Russe der Gesellschaft »Gesundheit … nur Gesundheit. Den Rest kauft man sich!«

Das riesige Land erstreckt sich bekanntlich über elf Zeitzonen, also bietet sich zu jeder vollen Stunde die Gelegenheit zum kollektiven Glaserheben, irgendwo sitzt immer jemand, der oder die als Repräsentanten ihrer Weltzeit von der Moderatorin ausgerufen werden kann, beginnend in Chabarowsk am Amur und schließlich endend mit der deutschen Mitternacht. Es gibt Live-Musik – ein Sänger, zwei Sängerinnen, ein Computer –, und die Tanzfläche ist ständig voll. Die Titel wechseln von russischer Popmusik über sowjetische Schlager (die jeder kennt und mitsingt), orientalische Tänze (eine schwarzhaarige, dunkeläugige Schöne reagiert sofort mit den typisch orientalischen Schlangenbewegungen der Arme), bis hin zu Modern Talking. Was komplett fehlt, ist das, was sonst überall läuft.

Die kulturprägende Kraft der Sowjetunion zwang den verschiedensten Völkerschaften nicht nur dasselbe Joch auf, sondern amalgamierte sie zu Sowjetbürgern; alle sprechen dieselbe Sprache, singen dieselben Lieder, haben, sofern etwas älter, ähnliche Erinnerungen, sind durch dieselbe Schule gegangen. Dort haben auch Muslime ganz selbstverständlich Puschkin gelesen, klassische Instrumente gelernt und Schach gespielt. Gerade in den islamischen Ländern am Südbauch Russlands machte der Bolschewismus großen Eindruck; das war eine universalistische Religion von immenser Kraft, die sich wie der frühe Islam ausbreitete und alle Hindernisse niederrannte, deren Prediger von Männern mit Pistolen und Maschinengewehren begleitet wurden und sich auf keinen Kompromiss einließen, sie verkündeten die Gleichheit aller Erdenkinder und machten blutigen Ernst damit, das hatte etwas ungeheuer Einleuchtendes. Heute ist dieses Imperium zerfallen, aber seine zumindest in kultureller Hinsicht eindrucksvollen Reste sind zuweilen noch zu besichtigen.

Liebe schon länger hier gut und gern lebende Bürgerinnen und Bürger und drittes Dingens, im vergangenen Jahr ist die Bevölkerung Afrikas um weitere etwa 36 Millionen Menschen gewachsen. Damit ist für unsere Politik ein Rahmen gelegt, den wir nicht wegdiskutieren können. Wir stehen also vor der globalen Herausforderung, dem weiter steigenden Bedürfnis der Menschen, die bald hier leben werden, und ihrer Angehörigen, Vorfahren und Hausgeister nach individueller Mobilität, digitaler Teilhabe, religiöser Toleranz und Klimaschutz gerecht zu werden. Wer anderen eine Grenze baut, soll nicht mit Steinen werfen, sonst fällt er selbst hinein. Wir brauchen einen Marschallstab, äh -plan für Afrika. Wir schaffen das, und wenn dies bald nicht mehr Ihr Land ist, meins ist es nie gewesen. Ihre amtierende Kanzlerinnensprechpuppe

Das einzige, was Brillanz erträglich macht, ist ihre relative Erfolglosigkeit. Zum Glück für die leicht überdurchschnittliche Intelligenz sind die meisten Menschen unfähig, Brillanz überhaupt zu bemerken.

Mehrere Leser haben den Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner für seinen Welt-Kommentar »Deutschlands Stimme gegen Jerusalem ist beschämend« gelobt und gefragt, ob ich mich zu diesem »klaren Statement« nicht äußern wolle.

Wollte ich eigentlich nicht. Döpfners Text beginnt nämlich mit den Worten: »Wenn man die Geschichte der letzten 100 Jahre – kreisend um das Schlüsselereignis, den Holocaust – etwas (aber nur unwesentlich) vereinfacht, dann gibt es ein Tätervolk, die Deutschen, ein Opfervolk, die Israelis, und eine Gemeinschaft der Retter, die Alliierten.«

Der Chef eines großen deutschen Medienkonzerns besitzt also – oder fingiert es zumindest – ein Geschichtsbild von der Schlichtheit eines totalitär manipulierten Hauptschülers und zugleich die Obszönität des Millionärs, es öffentlich zu machen. Wer sich auf eine dermaßen primitive Weltsicht überhaupt einlässt, ist ein Sklavenwesen, das heute Jerusalem als Hauptstadt Israels verteidigt und der Stadt übermorgen auf Geheiß anderer den Status aberkennt, der ist vollkommen unfrei in jeder Hinsicht seines Denkens. Wer die Tragödien des 20. Jahrhunderts auf ein dermaßen armseliges und ahnungsloses Level zusammenschnurren zu dürfen meint, verdient eigentlich keinerlei Erwähnung meinerseits – jetzt tu’ ich’s ja nolens volens doch –, auch nicht, wenn er sich politisch in meinem Sinne äußert. Warum sollte ich diesen intellektuellen Kretinismus erwähnen? In meinem Diarium irrlichtern doch schon genug intellektuelle Schmalhänse herum.

4. Januar

Für die progressive Literaturwissenschaftlerin ist Casanova ein Frauenfeind.

Das Opernhaus Florenz spielt die Carmen jetzt mit geändertem Schluss; die schöne Zigeunerin kommt ihrem verschmähten Liebhaber Don José zuvor und erschießt ihn, bevor er sie umbringen kann. Um die Sache plausibel zu machen, erscheint der verliebte Deserteur nicht mit einem Messer, sondern mit einer Pistole zum Finale, die Carmen ihm entwindet und gegen ihn selber richtet – woher sollte ein einfaches Mädchen schließlich eine Pistole haben? Der ergreifende Abgesang Josés, dies fassungslose »C’est moi qui l’ai tuée! Ah! Carmen! Ma Carmen adorée!« (»Ich habe sie getötet! Carmen! Meine angebetete Carmen!«) fällt damit natürlich flach (keine Ahnung, wie sie das lösen wollen, ohne das Werk auch musikalisch zu verstümmeln). »Wir denken, es ist wichtig, dass das Theater kein konservativer Ort der Musikkultur ist, es sollte kein Museum sein. Es ist ein Ort, an dem eine Debatte beginnen kann. Carmen wurde vor 150 Jahren in einem ganz anderen kulturellen Kontext geschrieben. Zeiten ändern sich«, erklärt der Produzent. Wie wahr. Nur der Opportunismus bleibt konstant.

»The dramatic departure from operatic orthodoxy is an attempt to shine the spotlight on the modern-day abuse and mistreatment of women, an issue given added resonance by the outrage over the behaviour of Harvey Weinstein and Donald Trump«, hält der Telegraph in seinem Bericht über die neue Jahrhundert-Carmen fest.

Ich hätte ja nichts gegen eine zeitgenössische Carmen, deren Finale einmal so umgekehrt läuft, als Anklage gegen Weinstein und Trump und die anderen Unholde (aber niemals eine blonde Carmen, die von einem »Südländer« erdolcht wird!), für alle, denen die Tosca nicht genügt. Doch dann soll sie auch ein Zeitgenosse schreiben; dass die Unproduktiven, künstlerisch Unfruchtbaren an den Klassikern herummanipulieren, geht mir »wider die Natur« (W. Busch). Schluss. Aus. Gesindel. Boykott!

Die Welt meldet: »Die Zuwanderung von mehr als eineinhalb Millionen Ausländern über das Asylsystem hat zu einem spürbaren Anstieg von Gewalttaten geführt. Das ist das Ergebnis einer vom Kriminalwissenschaftler Christian Pfeiffer geleiteten Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums.« Die besagte Studie des mysteriösen Instituts, das eigentlich ein e.V. ist, von dem weithin bekannten »Kriminalastrologen« (so Bernd Zeller bzw. Alexander Wendt) Christian Pfeiffer geleitet wird und bislang besonders durch Gefälligkeitsgutachten zur Verharmlosung von Migrantenkriminalität auffiel, kommt also zu dem Ergebnis, dass Wölfe Schafe reißen und der Regen die Erde nässt, thank you very much, aber das haben wir leider Gottes schon vorher gewusst, die Leugner (und Lumpen), die das Gegenteil behaupteten, um ihren Heiligenschein erstrahlen zu lassen, natürlich auch. Nun geht es routiniert ans Abwiegeln. In der Welt – ich könnte schockweise ähnliche Passagen aus anderen Medien zitieren – liest sich das so:

»Allerdings gilt es wie bei allen Statistiken zu beachten, dass die Auffälligkeiten von Gruppen keine Aussage über den einzelnen Gruppenangehörigen zulassen. Die Frage, ob Flüchtlinge generell krimineller sind als Deutsche, ist selbstverständlich mit Nein zu beantworten. Genauso wenig, wie Amerikaner krimineller als Franzosen sind oder Obdachlose mehr als Investmentbanker. Statistisch feststellbare Merkmale einer Gruppe treffen grundsätzlich keine Aussage über ein bestimmtes Mitglied der Gruppe.« (Nein, nur über die Wahrscheinlichkeit, innerhalb dieser Gruppe ein Exemplar mit dem jeweiligen Merkmal zu treffen.)

Das zitiert der Journalist nicht, das »meldet« er in einer »Nachricht«. Weil diese tumben Gesellen partout nicht kapieren wollen, dass die in belehrendem Ton vorgetragenen second-hand-Meinungen von Journalisten kaum jemanden außer vielleicht ein paar Kollegen interessieren und man von ihnen Berichterstattung oder wenigstens die Trennung von Kommentar und Meldung erwartet, liest kaum mehr einer diese Gazetten. Selbstverständlich sind Flüchtlinge nicht krimineller als Deutsche, sie begehen nur mehr Straftaten. Wäre Mustafa – das ist ein Pseudonym, keinesfalls will ich alle Träger dieses schönen Namens stigmatisieren – genauso aufgewachsen wie Martin, in dieselbe Schule gegangen, in denselben Kreisen verkehrt etc. pp., er wäre selbstverständlich so wenig kriminell wie jener. Und umgekehrt wäre Martin an Mustafas Stelle eben etwas verhaltensauffälliger. Wir sollten vielleicht noch darauf insistieren, dass beide idealerweise auch jeweils dieselben Eltern, Geschwister, Ehrbegriffe und religiösen Vorstellungen haben müssten.

Was uns der Welt-Mensch und mit ihm der gesamte in der westlichen Hemisphäre herrschende Zeitgeist sagen wollen, ist, dass es zwischen Gruppen eigentlich keine Unterschiede gibt, speziell nicht in puncto Kriminalitätsneigung und Intelligenz, und wenn doch, dann ist der weiße Rassismus daran schuld. Wenn irgendwann einmal alle Familien, Kulturen, Ethnien, Nationen, Religionen und Klassen aufgelöst sind, weil die Menschen sich völlig durchmischt und kollektiv individualisiert haben, dann wird auch diese herzlose Stigmatisierung nach Gruppenzugehörigkeiten enden. Sicherheitshalber wählt unser Journalist kompatible Vergleichsgruppen und schreibt, Amerikaner seien nicht krimineller als Franzosen oder Obdachlose als Investmentbanker. Wie wäre es indes mit Afghanen, Rumänen oder Algeriern im Vergleich mit Franzosen? Sind Zigeuner krimineller als Mormonen? Begehen Uhrmacher mehr Straftaten als Luden oder Bauarbeiter? Fragen über Fragen.

Zur Studie. Sie nimmt Niedersachsen als typisches pars pro toto für ’schland, das nur am Rande. Auf Seite 60/61 gibt es eine Tabelle »Zustimmung zu islamisch fundamentalistischen Aussagen«. Quelle ist eine niedersachsenweite Befragung unter muslimischen Schülern anno 2015 – inzwischen dürften sie noch etwas optimistischer geworden sein –, welche unter anderem folgende Zustimmungswerte auf folgende Aussagen ergab:

–Der Koran ist das einzig wahre Glaubensbuch; die darin festgehaltenen Regeln müssen genau befolgt werden. 69.6 Prozent (Jungen 69.0/Mädchen 70.3)

–Der Islam ist die einzige wahre Religion; alle anderen Religionen sind weniger wert. 36.6 Prozent (35.0/37.6)

–Ich kann mir gut vorstellen, selbst für den Islam zu kämpfen und mein Leben zu riskieren. 29.9 Prozent (27.1/32.6)

–Die islamischen Gesetze der Scharia, nach denen zum Beispiel Ehebruch oder Homosexualität hart bestraft werden, sind viel besser als die deutschen Gesetze 27.4 Prozent (32.2/22.5)

–Muslime werden auf der ganzen Welt unterdrückt; dagegen müssen sie sich mit Gewalt zur Wehr setzen. 19.8 Prozent (24.0/15.2)

–Es ist die Pflicht jedes Muslims, Ungläubige zu bekämpfen und den Islam auf der ganzen Welt zu verbreiten. 18.6 Prozent (16.9/20.1)

–Muslimen ist es erlaubt, ihre Ziele notfalls auch mit terroristischen Anschlägen zu erreichen. 3.8 Prozent (4.8/2.9)

Für jeden politisch und vor allem perspektivisch denkenden Freund des Rechtsstaates und des Pluralismus müssten die Alarmglocken schrillen angesichts dessen, was da heranwächst. Doch der Kommentar in der Studie gibt Entwarnung: «Nur ein kleiner Teil der Muslime stimmt im Durchschnitt allen Items zu (Hervorhebung von mir – M. K.). Dies trifft auf 10.8 % der Muslime der niedersachsenweiten Schülerbefragung 2015 zu. Werden die Ergebnisse zusammengefasst, so ist unter Nutzung eines neu entwickelten Messinstruments zur Erfassung islamisch extremistischer Einstellungen zu konstatieren, dass sich etwa jeder neunte muslimische Jugendliche zustimmend äußert. Werden die hier ebenfalls berichteten Raten zu rechtsextrem und linksextrem eingestellten Jugendlichen zum Vergleich herangezogen, so ist dieser Anteil nicht übermäßig hoch.«

Wenn also unser Mustafa zwar sagt, dass die Scharia über jedem weltlichen Gesetz steht und es die Pflicht des Muslims sei, Ungläubige zu bekämpfen, dafür aber terroristische Anschläge ablehnt, wird er vermittels des neu entwickelten Messinstruments unter die eher harmlosen Feinde des Rechtsstaates rubriziert. Und jeder zehnte Martin denkt – und handelt – im Grunde ebenso, nur halt auf links- oder rechtsextreme Weise. Wer aber, außer vielleicht H. Maas, wäre bereit, seine Lesart des Grundgesetzes notfalls auch mit terroristischen Mitteln durchzusetzen?

Weiter im Text: »Die PKS Niedersachsens zeigt ferner für das Jahr 2014, dass die ab 14-jährigen Frauen bei den Tatverdächtigen der Gewaltkriminalität nur einen Anteil von 12,4 % erreichen, obwohl sie im selben Jahr 50,9 % der Wohnbevölkerung stellten. Frauen sind offenbar erheblich weniger gewaltorientiert als Männer. Die Annahme erscheint berechtigt, dass sie bei Konflikten eher auf gewaltfreie Lösungen hinwirken und versuchen werden, die zu ihrem engeren sozialen Umfeld gehörenden Männer entsprechend zu beeinflussen. (…) Die große Mehrheit der männlichen Jugendlichen und jungen Männer, die im Verlauf der letzten beiden Jahre als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, lebt hier ohne Partnerinnen, Mütter, Schwestern oder andere weibliche Bezugspersonen in reinen Männergruppen. Die gewaltpräventive, zivilisatorische Wirkung, die von Frauen ausgeht, kommt dadurch weniger zum Tragen, während einem anderen Faktor größeres Gewicht zukommen kann: die Orientierung an gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen».

Man achte auf die hohe Zustimmungswerte bei Schülerinnen zu radikalen Positionen oben. Wahrscheinlich sind die frommen Schwestern von der Gesellschaft in Kaltland aggressiv gemacht worden. Man sieht schließlich im gesamten Orient kaum etwas anderes als unter dem zivilisierenden Einfluss ihrer Frauen friedfertig ihr Wasserpfeifchen schmauchende Moslems. Es ist wie eigentlich immer bei Pfeiffer: Behauptungen, Mutmaßungen und Unterstellungen werden mit Zahlen verrührt zur rosigen Prognose. Die Regierung ist zufrieden, die Medienclaque applaudiert.

Ein letztes Zitat: »Hinzu kommt ein Aspekt, der sehr zu beachten ist, wenn die Zahlen von polizeilich registrierten Tatverdächtigen den zentralen Ausgangspunkt einer Kriminalitätsanalyse bilden. Sie beruhen nun einmal primär auf der Anzeigebereitschaft der Opfer. Diese aber wird offenbar stark von der ethnischen Zugehörigkeit des jeweiligen Täters beeinflusst. (…) Je fremder der Täter ist, umso eher wird angezeigt.«

Es gibt dafür zwar keinen stichhaltigen Beleg, klingt aber gut. Alexander Wendt hat freilich auf einen Aspekt hingewiesen, den diese Leute immer übersehen, nämlich dass die tatsächliche Kriminalitätsrate dann ungeheuer hoch sein müsste, weil die vielen nicht angezeigten Straftaten durch Biodeutsche die exorbitant anwachsende Migrantenkriminalität ja weit überträfen. Und wie war das eigentlich in den Jahren vor 2015? Muss ein alter deutscher Schlager mit neuem Text versehen werden: »Kein Schwein zeigt mich an«?

Die Tagesthemen setzten gestern Abend der Manipulation verlässlich das Sahnehäubchen auf. Die Sprecherin suggerierte bei der »Meldung« zur besagten »Studie«, die Gewaltkriminalität der Migranten resultiere daher, dass sie »keine Bleibeperspektive« besäßen; eine dauerhafte Aufnahme samt Familienzusammenführung könnte die Aggressionen für immer befrieden.

So etwas hätte sich Karl Eduard v. Schnitzler wahrscheinlich nicht getraut.

»Feuerwehr-Präsident schlägt Alarm: ›Angriffe werden immer brutaler‹«, schreibt Bild. »Acht Angriffe auf Einsatzkräfte und 57 Attacken gegen Einsatzfahrzeuge zählte alleine die Berliner Feuerwehr zum Jahreswechsel. Rettungssanitäter wurden sogar mit Schusswaffen bedroht.« Der Mann heißt Hartmut Ziebs, geht mit keiner Silbe auf den mindestens mutmaßlichen Täterkreis ein – hatten wir früher wahrscheinlich auch schon, wurde halt nicht angezeigt – und sagt im Interview: »Alle Innenminister verurteilen diese Attacken. Aber das reicht nicht. Warum gehen die Bürger nicht auf die Straße und demonstrieren gegen Gewalt an Feuerwehrleuten? Angriffe auf die Feuerwehr sind Angriffe auf unsere Werte. Das Innenministerium in Hessen hat eine Schutzschleife in rot-weiß-blau als Zeichen der Solidarität herausgebracht. Rot für die Feuerwehr, weiß für die Rettungssanitäter und blau für die Polizei. Diese Schleife kann jeder als sichtbares Symbol gegen Gewalt auf Einsatzkräfte tragen.«

Wenn hinreichend viele Solidarisierer die republikanische Schleife tragen, kann das nächste Silvester ja kommen! Pfeiffer wird parallel dazu eine Studie abliefern, dass gerade zum Jahreswechsel Perpektivlosigkeit und fehlende familiäre Einhegung zu Ausschreitungen führen. Aber mal Ernst beiseite: Der Feuerwehrchef ist ein gestandener, bislang offenbar nicht der Debilität verdächtigter Mann um die Sechzig, und er sondert solchen infantilen Schwachsinn ab. Sind diese Leute verrückt oder gekauft? Dass hier etwas absichtlich und vorsätzlich geduldet wird, kann ja kein Zurechnungsfähiger mehr übersehen.

5. Januar

Eine Journalistin der dpa, also einer Nachrichtenagentur, hat den Leiter der Leipziger Buchmesse, Oliver Zille, im Interview mit einer Kaskade von Frage traktiert, ob und warum er »rechte Verlage« zulassen werde. Im Grunde ist da nichts zu fragen, die banale Antwort würde lauten: Selbstverständlich, wir sind eine Messe, und da kann jeder ausstellen, linke Verlage finden sich ja auch zuhauf ein. Aber so einfach ist es bekanntlich nicht, weshalb die Interviewerin – die, ich wiederhole es, eine sich als Verbreiterin möglichst objektiv gehaltener Nachrichten ausgebende Agentur vertritt – von Anbeginn des Gesprächs in den Verhörmodus schaltet:

»Auf der Frankfurter Buchmesse hat es im Herbst Tumulte an Ständen rechter Verlage gegeben. Wie sieht es im Frühjahr in Leipzig aus – werden wir rechte Verlage auf der Buchmesse sehen?«

Es hat also Tumulte gegeben? Tatsache ist, dass linke Randalierer die Veranstaltungen besagter Verlage gestört, deren Stände verwüstet und Bücher beschädigt bzw. »entsorgt« haben (unter anderem meine). Wer Bücher zerstört, ist ein Barbar und hat auf einer Buchmesse nichts zu suchen. Und damit das nicht mehr passiert, sollen also die Verlage ausgeschlossen werden, deren Bücher zerstört wurden. Suggeriert eine »Nachrichtenagentur«.

Der Rest ist Echolalie; die Journalistin stellt hintereinander die folgenden Versionen der immergleichen Frage:

»Mit welcher Begründung lassen Sie die Auftritte rechter Verlage in Leipzig zu?«

»Die Leipziger Messe ist eine GmbH. Wieso muss eine Firma die Meinungsfreiheit garantieren?«

»Es gibt Initiativen wie #verlagegegenrechts, die das Argument umdrehen und sagen, Meinungsfreiheit wird nicht allein dadurch gewährt, dass man rechten Scharfmachern ein Podium bietet. Was sagen Sie dazu?«

»Auf der Frankfurter Buchmesse musste sogar die Polizei eingreifen. Wie wollen Sie verhindern, dass es solche Szenen auch in Leipzig gibt?«

»Wie viele rechte Verlage werden denn überhaupt auf der Messe vertreten sein?«

»Sie sagen, die Aufmerksamkeit für rechte Töne nimmt generell zu. Aber indem Sie den Sprechern eine Bühne bieten, wird sie ja auch nicht gerade kleiner.«

Fast alle Fragen laufen, bei Lichte besehen, auf einen »Kampf gegen links« hinaus. Aber das ist unserem dpa-Genie vermutlich schon selber aufgefallen.

O Gott, was liest man: Alexander Dobrindt im Interview von Marionetta Slomka »vorgeführt«, weil der stammelnde CSUler ihr und dem Publikum nicht erklären konnte, was er eigentlich meint, wenn er eine »konservative Revolution der Bürger« anzetteln will. Dabei liegen die Antworten doch auf der Hand. Er hätte sagen sollen: Naheliegenderweise wollen wir zuerst einmal die Alimentierung Ihres Belehrungs- und Erziehungssenders beenden; anstatt dem Steuerzahler Milliarden abzupressen, damit Sie agitieren, schlemmen und mit Personal aasen können, sollten Sie sich der Konkurrenz am Markt stellen, und wenn die linken Lautsprecher des Staatsfunks heruntergedimmt werden, wird automatisch das gesellschaftliche Klima besser. Dann wollen wir Steuererleichterungen für Familien mit Kindern, sofern die Eltern etwas zum Gemeinwohl beitragen, eine Befristung aller Sozialleistungen außer für wirklich Bedürftige, die Wiederherstellung des Rechtsstaates an den Grenzen und vor Gericht, die Rückkehr des Sühnegedankens in die Rechtspflege, mehr große, moderne, sichere – und Donald Trump würde sagen: schönere – Gefängnisse für die Schulung derer, die momentan mit lächerlichen zur Bewährung ausgesetzten Strafen für schwere Verbrechen davonkommen, weil die Knäste mit dem Gold aus den Schiffen überfüllt sind. Wir wollen die Rückkehr zu einem Bildungssystem, bei dem die Schüler nach Verlassen der Schule lesen, schreiben und rechnen können und mindestens eine Fremdsprache beherrschen, die Beendigung der Abiturienten- und Geisteswissenschaftsstudentenschwemme und die Streichung aller Mittel für den Gender-Okkultismus, die Streichung sämtlicher Mittel, die in den verfassungswidrigen »Kampf gegen rechts« fließen, die Kürzung der Kultur- und Bühnensubventionen, weil dort ja eh nur noch Kultur demoliert wird, und natürlich eine Einwanderungspolitik, die Neubürger bevorzugt, die ihre Rechnungen selber bezahlen wollen (und können) bei strikter Abweisung und Ausschaffung aller anderen, zumal der zahllosen Straftäter, die sich hier breitgemacht haben. Wir wollen einen Mentalitätswandel, wir wollen, dass Frühaufsteher, Buckelkrummmacher, Arbeitsplätzeschaffer, Erfinder und Patentanmelder mehr und die Schwätzer, Sozialabsahner, Ideologieverbreiter und Asylindustriespitzbuben weniger Geld verdienen. Wir wollen überhaupt den Menschenschlag abschaffen, der für seine schiere Existenz eine Belohnung zu verdienen meint, und den Menschenschlag fördern, der selber für sich sorgt. Das hätte fürs erste genügt. Mehr hätte Frau Slomka in ihrer Sendezeit eh nicht untergebracht.

6. Januar

Warum sind bei den Jahreswechselfreiluftevents diesmal so viele Feuerwehrleute und Sanitäter angegriffen worden? En passant weist Vera Lengsfeld in ihrer Bilanz der diesjährigen Silvestergewalt, die von unseren sozialistischen Medienschaffenden in bewährter Konsequenz und im noch bewährteren Chor kleingeredet wurde, auf eine mögliche Ursache hin: Es waren diesmal weniger Frauen auf den Straßen unterwegs, worüber viele erwartungsfrohe Neumitbürger mit Recht sauer gewesen sein dürften – sieht denn so Willkommenskultur aus? –, so dass sie ihre überschüssigen Energien anderswo abarbeiten mussten. Und müssen.

Irgendwann in den späten Achtzigern produzierte die DDR-Industrie, und zwar der VEB Halbleiterwerk Frankfurt/Oder in Kooperation mit Carl Zeiss Jena, einen Ein-Megabit-Chip. Toshiba stellte die Dinger damals schon massenhaft her, und Chips mit weit höherer Speicherkapazität befanden sich in Arbeit, doch die Propaganda tönte tagelang vom DDR-Elektronikwunder. Damals kursierte der Witz: »Wir bauen die größten Mikrochips der Welt!« Daran fühlte ich mich erinnert, als ich las, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière mahnt, Deutschland müsse sich mehr auf die Entwicklung von Chiptechnologie, vor allem von Sicherheitstechnologien kaprizieren, denn deutsche IT-Sicherheitsprodukte seien weltweit hoch anerkannt. Ungefähr so wie der Ein-Megabit-Chip aus der DDR?

Deutschland verfüge doch kaum über IT-Sicherheitstechnologien, notiert der bloggende Informatiker Hadmut Danisch. »Außerdem gehören Mikroprozessoren und deren Speicherverwaltung nicht zu den ›IT-Sicherheitsprodukten‹, obwohl sie damit viel zu tun haben. Man kann aber nicht einfach mal unter ›Sicherheitsprodukte‹ einen Prozessor neu bauen. Und ob wir hier in Deutschland genug Know-How haben, um solche Fehler zu vermeiden, möchte ich bezweifeln – ich glaube nicht mal, dass wir hier rein leistungsmäßig konkurrenzfähige Prozessoren hinbekommen. Lasst es mich so sagen: Sie können ja nicht mal einen Flughafen bauen, und das ist prinzipiell einfacher. Und die Sicherheitsforschung ist in Deutschland ein Witz. Wir haben kaum befähigte Professoren, und die Professuren werden noch mit Quotenfrauen vermurkst, die bei Kryptographie und ähnlichem sofort kapitulieren.« Den künftig drohenden Cyberattacken von Terroristen, Kriminellen und unfreundlichen Staaten haben de Maizière und seine Truppe jedenfalls nicht allzu viel entgegenzusetzen.

Zugleich hat die Bundespolizei, weil sie kaum noch Rekruten findet, die Anforderungen an die potenziellen Bewerber auf einen Ausbildungsplatz grotesk minimiert: Wer für den mittleren Polizeivollzugsdienst kandidiert, darf beim Einstellungstest-Diktat auf zweihundert Wörter 24 Rechtschreibfehler machen; die Unter- oder besser Obergrenze beim Body-Mass-Index (BMI) wurde auf 35 angehoben (ich dürfte als Polizeibewerber 116 Kilogramm wiegen, aber Mike Tyson hatte immerhin einen BMI um die 31), und die bislang geforderte Mindestkörpergröße wurde ebenfalls abgeschafft. Du darfst als Polizeianwärter dumm, fett und ein Gnom sein und wirst verbeamtet, aber trotzdem finden sie keine. Wer hat schließlich schon Lust, sich in den molekularen Bürgerkriegen der Zukunft verheizen lassen, zumindest solange kein Gustav Noske im Amt ist?

Inzwischen fordern sogar führende Sozis, die Polizei solle personell aufgestockt werden – nur mit Merkellego, so die dahinter lauernde Erkenntnis, wird der Schutz der Bürger vor Schutzsuchenden bei konstant offenen Grenzen und weiterhin ungeregelter Einwanderung im unteren fünfstelligen Bereich pro Monat nicht funktionieren. Die Grenzen kontrollieren geht bekanntlich nicht, denn das fordert die AfD, und dann würden wir uns abschotten und schnurstracks »in Inzucht degenerieren« (W. Schäuble). Zugleich sind die roten Strolche, wenn ich richtig informiert bin, für den Familiennachzug. Das heißt, die Polizeiplanstellen müssten dann von Neuem aufgestockt werden. Da jetzt schon Rekrutenmangel herrscht, werden sie wahrscheinlich früher oder später auch um Gehbehinderte, Blinde, Sekundäranalphabeten, Drogensüchtige, durchgefallene DSDSKandidaten und Gender-Forscherinnen werben.

Dass er das Wirtstier und damit am Ende sich selbst umbringt, ist das Dilemma des Parasiten – und die letzte Genugtuung des Wirts.

8. Januar

»Für viele muslimische Jugendliche bricht in Auschwitz eine Welt zusammen«, vermeldet das Internet-Flusensieb Huffington Post.

»Ja«, juxt Freund ***, »es hat Überlebende gegeben.«

14. Januar

Am 24. Dezember gab eine Freundin meiner Frau, Pianistin auch sie, ein Essen, und einer der Gäste, ein russischer Cellist, ist auf dem Heimweg von einem Rudel junger »Südländer« ins Koma geprügelt worden. Geschehen zu Karlsruhe in der Heiligen Nacht. Ich erzähle das, weil der Musiker diese Woche aus dem Krankenhaus entlassen wurde; er hatte eine Schädelfraktur und ein gebrochenes Fußgelenk. Die Hände sind gottlob unverletzt geblieben. Gelesen habe ich davon nirgends etwas. Die Polizei hat sich bis heute nicht dafür interessiert, dass ein durch Fremdeinwirkung schwer Verletzter in die Notaufnahme eingeliefert wurde. (PS: Nachdem ich den Vorfall veröffentlicht hatte, nahm die Kripo Karlsruhe über mich Kontakt zu dem Cellisten auf; die Täter konnten nicht ermittelt werden.)

Dergleichen Angriffe geschehen längst täglich und landesweit. Einem ehemaligen Fußball-Profi von Hannover 96 und dänischen Nationalspieler widerfuhr dasselbe wie dem Cellisten, als er einer Frau helfen wollte – Männer, die Frauen helfen wollen, sind eine völlig neue, von keinerlei #metoo-Gelärme assistierte Opfergruppe in ’schland –, auch er erlitt einen Schädelbruch durch das Einwirken einer »Gruppe«. Die Lektion ist einfach: Komme nicht zwischen die Gruppe und ihre Beute. Dass der Sportler sich über den Vorfall nicht äußern will, hängt, fürchte ich, damit zusammen, dass im deutschen Fußball die »Respect«-Fuchtel herrscht und brav gegen »rechts« vulgo die einzige Partei, die noch an die alte Bundesrepublik glaubt, gekämpft werden muss, damit Deutschland immer noch ein bisschen bunter wird.

Die allzu exakte Beschreibung der Kollateralschäden liefe denn doch auf den allseits geschätzten Vorwurf oder wenigstens Verdacht der Ausländerfeindlichkeit hinaus, wie bei den immerhin gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen einer noch nicht so lange und einer schon länger hier lebenden Schar im sächsischen Wurzen (so etwas passiert nur noch im Osten; im Westen gibt es keine biodeutschen »Gruppen« mehr, die sich gegen das tägliche Angepöbelt-, Angemacht- und Zusammengeschlagenwerden von Landsleuten zur Wehr setzen). Dass die andere Seite rassistisch oder eben inländerfeindlich agiere, diesen Vorwurf hört man bekanntlich nie, denn der wäre, na was schon: ausländerfeindlich.

Dergleichen geschieht, wie gesagt, nicht nur täglich, der potentielle Täterkreis wird mit dem Segen der Bundesregierung auch täglich vergrößert. Die Grenzen sind so unkontrolliert wie eh und je, und es werden nicht nur kaum abgelehnte Asylbewerber abgeschoben, sondern im Gegenteil sogar Abertausende neue auf Kosten des Steuerzahlers mit Chartermaschinen eingeflogen – ein welthistorisch wahrhaft singulärer Vorgang (man stelle sich vor, Rom hätte die Vandalen mit gemieteten Sänften an den Tiber tragen lassen) und ein totaler Sieg gegen die Schlepper, die den Bumsbombern nach nunmehr Deutschland ohnmächtig von unten mit den Fäusten drohen. Die Große Koalition in statu nascendi, in welcher sich der krachende Wahlverlierer SPD auf einmal so fordernd aufführt wie ein fideler Araberclan, will jedes Jahr bis zu einer Viertelmillion neue Problemfälle importieren, und der deutsche Michel, der über Jahrzehnte von den Moralposaunisten mürbe getrötet wurde, schaut verdattert zu, käut die Endsiegs- und Wunderwaffenparolen wieder und ballt da und dort schweigend die Faust in der Tasche. Deutschland schafft sich ab, und die meisten Deutschen finden nichts dabei. Sie glauben allen Ernstes an die Existenz eines Konstrukts namens »die neuen Deutschen«, wie es das Munkelrübenpaar Münkler/Münkler merkelfromm verhieß. Unmögliches existiert für dieses Volk nicht. Sie haben 1917/18 »Wir schaffen das!« gerufen, 1939/41 dasselbe wiederholt, und nun geschieht es wieder. Nachdem man die Nibelungen zu Schuldneurotikern gemacht hat, entfaltet sich ihre Treue nunmehr im Öffnen der Schatullen und Hinhalten der anderen Wange. Was für ein Narrenfest! Schade, dass es einmal enden muss.

Wechseln wir auf die Perspektive der anderen Seite. Die Menschen, die hierher strömen, besitzen einen durchschnittlichen IQ deutlich unter 100, aber sie sind klug genug, die Beute nicht auszuschlagen, die ihnen so generös dargeboten wird, deutsche Frauen zuweilen inclusive. Sie sind oftmals weder Bürgerkriegsflüchtlinge noch politisch Verfolgte, sondern von ihren Familien vorausgeschickte kräftige junge Männer, die einen Brückenkopf ins deutsche Sozialsystem errichten und dann die gesamte Mischpoke (hähä) nachholen sollen. In ihren Köpfen tragen viele von ihnen sittliche und moralische Wertvorstellungen weniger aus Tausendundeiner Nacht als vielmehr aus tausend Jahren tribalistischer Stagnation. Zugleich ereilt sie hier die kognitive Dissonanz von Menschen, denen man eingeredet hat, dass sie dem einzigen Gott dienen und den einzig wahren Glauben vertreten, also quasi eine Herrenrasse sind, und sich nun vor die knifflige Situation gestellt sehen, dass die Unreinen und Minderwertigen alles besitzen, was sie auch gern haben wollen, und alles können, was sie auch gern können oder wenigstens als dienende Kompetenzen in Beschlag nehmen möchten: Die Häuser, die Autos, die Händis, die Pornos, die Huren – alles ist besser als daheim, aber im Besitz von dekadenten Ungläubigen. Man muss nur die Hände ausstrecken und sich den Rest mit Gewalt nehmen; diese ulkig schlaffen, merkwürdig hilfs- und kulturell unterwerfungsbereiten Eingeborenen bieten es ja direkt an, nur eben nicht in ausreichendem Maße. Und da sie sehen, dass mit Widerstand nicht zu rechnen ist, dass zuweilen sogar schwere Gewalttäter von den Richtern nur verbal am Ohr gezupft werden und als freie Männer den Gerichtssaal verlassen – eine Bewährung kann nur Gott verhängen –, während zugleich ihre Zahl ständig wächst und immer mehr bereits im Lande ansässige, ehedem teilverwestlichte Glaubensbrüder auf ihre Seite wechseln, werden sie mutig und beginnen das zu tun, was eben des Eroberers edle und fundamentale Pflicht ist: sich Land zu nehmen und Räume zu erobern.

Die okkupierten Territorien werden markiert durch Symbole ihrer Kultur und ihres Glaubens – Kopftuch, Schleier, Rauschebart, Halal-Essen, Alkoholverbot, Moschee, Muezzinruf, Friedensrichter, Scharia-Polizei, Salafistenpropagandastände – und mit Gewalt verteidigt bzw. ausgedehnt. Diese Gewalt verbreiten »Gruppen« oder veritable Dschihadisten. Sie markieren die neuen Reviere. Bereits die Jungen sind gehalten – und werden dabei vom deutschen Strafrecht gepampert –, sich »Respekt« zu verschaffen, wie soeben in Cottbus geschehen, wo drei »Jugendliche«, 14, 15 und 17 Jahre alt, vor einem Einkaufszentrum ein Ehepaar (51 und 43) mit einem Messer angegriffen haben, denn die Kartoffeln hatten ihnen nicht den Vortritt gewährt und die Frau sich obendrein geweigert, ihnen Respekt zu zollen. In dem Deutschland, in dem wir gut und gerne leben, kann ein 14-jähriger wahrscheinlich rechtswidrig importierter Semiprimat eine 43-jährige Unreine öffentlich auffordern, sich vor ihm zu neigen.

Wir bekommen von unseren linksgrün gefinkelten und gemerkelten Wohlmeinenden und von deutschkundigen Muslim-Funktionären regelmäßig zu hören, dass all diese Gewalttaten Einzelfälle und keineswegs Bestandteile einer Struktur seien, wie auch die gelegentlichen Morde, mit denen sogenannte Flüchtlinge ihre Beziehungen zu abspenstigen deutschen Mädchen beenden, bloße »Beziehungstaten« seien, die nichts mit der Religion oder ethnisch-kulturellen Prägung der Täter und erst recht nichts mit einer intendierten Unterwerfung zu tun hätten. Wie auch die seltenen Terroranschläge nicht – eher fällt man bekanntlich daheim mit einem »Verdammt!« von einer Leiter, als dass einen ein »Allahu akbar!« ins Jenseits eskortiert. Verurteilen nicht die meisten Muslime sowohl die Kopftreterei als auch die Abstecherei – und den Terror sowieso? Sind nicht auch Muslime Opfer solcher Taten? Eine Islamisierung findet erstens nicht statt, und wo doch, präferiert, zweitens, die Mehrheit der Muslime ein friedliches Zusammenleben.

Sehen wir davon ab, dass sämtliche Studien der letzten Dekade unter deutschen und europäischen Muslimen schariakonforme Mehrheiten präsentierten, also eine Majorität der Muslime hierzulande das religiöse Recht in Befragungen über das weltliche stellt. Die meisten Muslime werden persönlich die Anwendung von Gewalt wahrscheinlich ablehnen, zumindest für sich selbst. Die meisten Muslime lehnen auch die Radikalen ab. Aber das taten sie in Algerien oder anderen Ländern Nordafrikas ebenfalls, die sich in einem Tempo reislamisiert haben, das man selbst dortzulande nicht für möglich hielt. Eine ganze Frauengeneration ist unter dem Schleier verschwunden. Es geht nämlich nicht um Mehrheiten, das wird man doch gerade Deutschen nicht erzählen müssen, denn Mehrheiten pflegen sich anzupassen. Eine radikale, junge, gewaltbereite Minderheit reicht aus. Wenn in gewissen Gebieten Frauen ohne Kopftuch belästigt werden und als solche erkennbare Muslimas nicht, wird die Zahl der Kopftuchträgerinnen in diesen Gebieten zunehmen. Wenn Homosexuelle, Juden, überhaupt Eingeborene bzw. Nicht-Muslime im öffentlichen Raum Angst vor Schlägern oder Messerstechern haben müssen, werden sie entweder diese Räume meiden oder sich unkenntlich machen. Eine latente, aber ständig drohende Hintergrundgewalt erzwingt Anpassung.

Dasselbe geschieht, ebenfalls unter Druck und Gewaltandrohung, in den biodeutsch-muslimischen Partnerschaften, wie uns eben der Rechtleitungskanal Kika vorgeführt hat (wobei als pikante Note hinzukommt, dass ein syrischer Vorzeige-»Teenager«, dem sich die deutsche minderjährige Freundin unterordnen muss, offenbar mit einem radikalen Islamisten sympathisiert). Immer unterwirft sich das Mädchen der Religion des Kerls und geht in seinen Besitz über, während ein deutscher Bub es sich zehnmal überlegen sollte, ob er eine Muslima angräbt oder gar angrapscht, ohne konvertiert zu sein; die Brüder sehen das meistens nicht gern. Der kuriose Vorgang, dass einem ein nicht besonders denkbegabter Gattungsgenosse die Überlegenheit seines Weltbildes verklickert, verliert an Komik, wenn man anfängt, Zähne auszuspucken.

Der Islam kommt zwar nicht als eine paramilitärische Struktur nach Europa, aber eben auch nicht als beliebig auslegbarer Glaube zahlreicher unzusammenhängender und willkürlich handelnder Einzelner. Es ist ein dezentral organisierter, aber letztlich einheitlich agierender Großorganismus. Die meisten Muslime folgen einem für sie unverhandelbaren Regelwerk, das im Koran und in den Hadithen niedergelegt ist. Der westliche Heilsplan des Individualismus, des Konsumismus und des Hedonismus, welchem zufolge alle familiären, ethnischen, nationalen und kulturellen Bindungen »Konstrukte« sind und aufgelöst werden müssen, zerschellt an der Klippe eines zwar uralten, unterkomplexen, scheinbar überholten, jedoch kollektiv mächtigen Regelwerks. Die Anpassung der überlegenen, jedoch pazifistischen, wohlhabenden, jedoch wehrlosen Gastgeberkultur an die primitivere, aber vitale und drohfähige Kultur der Einwanderer ist die logische Folge. Lose Einzelne, die kaum mehr familiäre Loyalitäten kennen, weil die Familien oft schlicht nicht vorhanden sind, geschweige irgendwelche Gruppenbindungen, stehen Brüdern, Sippen, Clans, Banden und einer missionarischen, teilweise aggressiven Religionsgemeinschaft gegenüber. Deutschland ist sturmreif, und die vom Volk gewählten Kollaborateure sorgen dafür, dass jeder Widerstand erstickt wird.

Wenn Muslime wie Bassam Tibi, Imad Karim, Necla Kelek oder Hamed Abdel-Samad eine islamische Aufklärungfordern, also die Trennung von Religion und Recht, werden sie nicht nur von ihren eigenen Leuten attackiert, sondern in der gesamten deutschen Öffentlichkeit zunehmend als Störenfriede behandelt und isoliert. Die Gründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin-Moabit, Seyran Ateş, steht unter Personenschutz und findet wenig Unterstützung in den tonangebenden Milieus dieser Republik. Die haben längst ihre überkommenen BRD-Totems geschleift, die sie so lange ostentativ umtanzten, wie sie Nutzen daraus ziehen konnten und keine Gefahr drohte: Frauenrechte, Jugendschutz, Homosexuellengleichstellung, Anti-Antisemitismus, alles haben sie fallengelassen, und nun verrichten sie ihren Götzendienst am dampfenden Altar des Multikulturalismus und der »Buntheit«, wo im Tagestakt Einheimische geopfert werden, darunter Frauen, Schwule, Minderjährige, Juden … Die Idee, die Einwanderer würden sich unserer Kultur, die sie als dekadent verachten, und unserem Rechtssystem, das sie als schwächlich belächeln, frohgemut assimilieren, ist romantisch, dumm und verlogen. Mit den Worten eines Orks der mittleren Führungsebene bei der Belagerung von Minas Tirith: Dieses Land stinkt vor Angst. Und mal unter uns düsterdeutschen Betschwestern: Wozu sein Herz an ein Land binden, welches verlässlich Kohorten von Endsiegs-Narren und die dazugehörigen Legionen feiler Opportunisten hervorbringt?

Wir werden mit Billigung der politischen und wirtschaftlichen Eliten erobert – neben der Masseneinwanderung über die Grenzen steht jene in den Kreißsälen –, und der Steuerzahler ist gezwungen, seine ethnisch-kulturelle Verdrängung zu finanzieren (die besonders begabten Nationalmasochisten tun dies sogar gern). Die Verdrängung hat auf der Straße begonnen und inzwischen den Wohnraum erreicht, sogar jenen der sogenannten Mittelschicht, über deren unbegründete Abstiegsängste die Wahrheits- und Qualitätspresse periodisch die Nase zu rümpfen pflegt. Zu diesem Prozess muss sich jeder mittelfristig irgendwie verhalten. Man kann ins Exil gehen (die Osteuropäer, Russland, vielleicht Portugal, Österreich und die Schweiz kämen in Frage), man kann auf Gated Communities (wo man auch die gebildeten Muslime trifft) und die Entwicklung der Gesichtserkennungsund Drohnentechnologie zur eigenen Verteidigung vertrauen, man kann den Koran auswendig lernen (das macht immer Eindruck; ich empfehle die Rückert-Übersetzung, die ist am poetischsten), man kann vor zwei muslimischen Zeugen das Glaubenbekenntnis sprechen (ich nehme an, diese Version wird unter Journalisten, Kirchenfunktionären und sog. Linksintellektuellen populär, denn man darf dann gleich dieselben Leute unter anderem Vorzeichen weiterverfolgen, obendrein ohne weibliche Konkurrenz und Frauenquoten), sich den Identitären anschließen, sich bewaffnen, Bürgerwehren bilden, sich in ländlichen Gebieten separieren, Glocken läuten, beten, Kinderscharen zeugen, afrikanische Christen um sich scharen, verzweifelt die AfD wählen oder hoffnungsvoll die Grünen. Ein alter chinesischer Fluch lautet: »Mögest du in bewegten Zeiten leben!« Die Bewohner des Sozialparadieses BRD treten gerade in dieses Stadium ein. Die plötzlich über dieses Land hereinbrechende rohe Gewalt, der die meisten noch blöde blinzelnd und in der Hoffnung hospitieren, der Kelch werde an ihnen vorübergehen und alles werde schon nicht so schlimm, ist nur der Vorbote.

Leser *** sendet »eine kleine, vielleicht nicht gar nutzlose anmerkung zu Ihrem text: es stimmt schlicht nicht, dass der import von migranten in der historie noch nie vorgekommen ist. ausgerechnet die gegenüber den vandalen noch viel fataleren goten wurden 376 von der römischen küstenwache über die donau massenhaft aufs territorium des imperiums geschippert, die goten hatten selber keine boote, die flußgrenztruppen schon…, aus gründen der menschenrechte und der demographie, so wurde damals schon von christlichen bischöfen in konstantinopel argumentiert, sei die förderung der zuwanderung eine humane tat, und wenn das als argument eher hinterhergeschoben wurde, als die goten um 420 schon allpräsent in militär und bürokratie waren, dann geschah es 376 aus schlichter schlamperei oder aus gründen der geld- und sklavengier der begrüßungsadministration im damaligen dünn besiedelten thrakien … egal … der administrativ vorgeschriebene vorgang der registrierung und entwaffnung der neu hinzugekommenen scheiterte übrigens sogleich an der schieren masse der migranten, die römischen beamten mit ihren tischchen suchten das weite, und es scheint, dass danach die goten selber ihren familiennachzug alla grande auf gekaperten römischen booten zuende führten … zwei jahre später hatten sie, naiv empfangen und dann schändlich sich selbst und dem hunger überlassen, das erste kaiserliche heer samt kaiser vernichtet, alles geschehen im heutigen bulgarien an der treffend sogenannten balkanroute …, der ort der schlacht wird als adrianopel (heute eine islamisch geprägte stadt edirne mit herrlicher moschee) in den geschichtsbüchern verzeichnet … 409 war dann ja die hauptstadt rom dran, erobert und noch recht zurückhaltend geplündert von den nachfahren und veteranen der von rom organisierten massenmigration von 376 an der donau … nochmal zwei generationen später war es dann vorbei mit dem imperium im westen, das der kaiser im osten den barbaren aus dem norden überlassen hatte … man sollte die lektionen, welche die geschichte lehren könnte, nicht übersehen … ob alles immer gleich passiert, ist ja eine offene frage, aber man darf ruhig spekulieren, mit dem arianismus hatten die goten wie die vandalen und sueben sogar ihre eigene konfession, die ihnen bei der distinktion half … immerhin kam es damals entlang der zugangsroute der goten, hunnen und awaren ins italische kernland zur gründung von venedig, von verzweifelten längerdortlebenden in den sümpfen auf pfahlhäuser gerammt und so vor den wasserscheuen barbaren geschützt. ob es auch heute in entlegenen wäldern oder lagunen zu einer solchen kulturtat kommen kann? ein paar ingenieure mit rudimentären kenntnissen eines hiesigen fachhochschuldstudiums müssten immerhin überleben …

ich hoffe, Sie verzeihen mir meine kleine anmerkung, sie ist nicht besserwisserisch gemeint, aber seit ich den großartigen, naturgemäß nicht ins deutsche übersetzten historiker alessandro barbero mit gleich zwei büchern über die donauzuwanderung des späten 4. jahrhunderts rezipiert habe, ist es mir ein anliegen, dieses wissen deutschen freunden und bekannten nicht vorzuenthalten …«

Aus einem Urteil des OLG Koblenz, 1. Senat für Familiensachen:

»Zwar hat sich der Betroffene durch seine unerlaubte Einreise in die Bundesrepublik nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 3, 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 AufenthG strafbar gemacht. (…) Die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich jedoch seit rund eineinhalb Jahren außer Kraft gesetzt und die illegale Einreise ins Bundesgebiet wird momentan de facto nicht mehr strafrechtlich verfolgt.«

Ein erstaunliches Dokument sozusagen richterlich beglaubigten Landesverrats.

15. Januar

Heute feiert – so will ich doch hoffen – Günter Maschke seinen 75. Geburtstag. Der gebürtige Erfurter ist einer der bedeutendsten Köpfe, die dieses Land nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs hervorgebracht hat, was auf den ersten Blick in einem gewissen Widerspruch zu seinem lediglich esoterischen Ruhm und zur fehlenden Würdigung des Jubilars stehen mag, auf den zweiten Blick ist es schon recht; manche Instrumente klingen in engen und klebrigen Resonanzräumen einfach nicht.

Maschkes Biographie ist geronnene deutsche Nachkriegsgeschichte: Als Adoptivkind kam er von Mitteldeutschland nach Trier, 1960 trat er in die illegale KPD ein, heiratete die Schwester von Gudrun Ensslin, studierte Philosophie bei Ernst Bloch, schloss sich der »Subversiven Aktion« Tübingen und danach dem SDS an, verweigerte den Wehrdienst und entzog sich einer drohenden Verhaftung durch die Ausreise zuerst nach Österreich und schließlich nach Kuba, wo er politisches Asyl erhielt. Der reale Sozialismus ernüchterte ihn, er äußerte offen Kritik und wurde schließlich aus Castros Zuckerrohrparadies ausgewiesen. Er kehrte in die Bundesrepublik zurück und verbüßte eine einjährige Haftstrafe wegen Fahnenflucht in Landsberg. Später lehrte er als Dozent an der Marineschule von La Punta (Peru) Theorie und Strategie der Partisanenbekämpfung und nahm selber an Gefechten gegen den Sendero Luminoso (»Leuchtender Pfad«) teil. Sowohl bei der kubanischen Miliz als auch bei der Marineinfanterie in Peru »ging es weniger ängstlich, ging es freier zu« als in Deutschland, resümierte er später, denn: »Aus einem verzagten Hintern kommt kein fröhlicher Furz – und der Hintern war im demokratischen Deutschland verzagter als im totalitären Cuba und im autoritären Peru.«

Eine Zeitlang war Maschke freier Mitarbeiter der Frankfurter Allgemeinen, wo bekanntlich die verklemmten Popos längst das Sagen haben, und mit aller Folgerichtigkeit endete sein Aufenthalt dort aufgrund unerwünschter Ansichten. »Nach einer publizistischen Kontroverse mit Jürgen Habermas schied Maschke 1985 aus der FAZ-Mitarbeit aus«, liest man auf Wikipedia; tatsächlich wurde er ebenso hinausgeworfen wie aus Kuba (wo die Militärpolizisten dem Dissidenten bei dessen Abtransport zum Flughafen immerhin noch eine Lebewohl-Zigarre in die Hemdbrusttasche steckten, worauf bei einem Rausschmiss im stilabholden Deutschland niemand kommen würde), und zwar weil er sich zu positiv über Carl Schmitt geäußert hatte. Heute gilt der linke Renegat als bester und belesenster Kenner des schwefelumschwafelten Staatsrechtlers (Maschke: »Zuweilen weht mich der Verdacht an, daß ich mich dummgelesen habe«). Beiseite gesprochen: Es gehört zu den bemerkenswerten Phänomenen dieser Republik, dass nach Kontroversen mit Herrn Habermas immer Karrieren endeten und Reputationen ruiniert waren; an der Brillanz der Argumente des Transzendentaldemokraten lag es nicht. Über dessen »Theorie des kommunikativen Handelns« befand der Verstoßene lakonisch, es sei der Mühe nicht wert, sich mit einer Theorie zu befassen, die jeden Tag durch die Abendnachrichten bequem widerlegt werde.

Von der radikalen Linken wechselte Maschke zu den gemäßigten Rechten. Er übersetzte Donoso Cortes und Gómez Dávila ins Deutsche und publizierte vor allem zu staats- und völkerrechtlichen Themen, und zwar immer in einem blendenden, beißenden Stil. Seine Generationen-Essay »Die Verschwörung der Flakhelfer« etwa beginnt mit dem Satz: »Die Bundesrepublik, halb ordentlicher Industriehof, halb Naherholungszone mit regelmäßig entleertem Papierkorb, dieses handtuchbreite Restland, dessen Bewohner nach Harmlosigkeit gieren, ist zugleich das Land, in dem jeder zum Verfassungsfeind des anderen werden kann.«

Auf die heutige Linke, »die UNESCO-Linken mit ihrem rührend kindlichen Menschenbild«, blickt der einstige Revoluzzer mit Geringschätzung. »Angesichts ihrer heutigen theoretischen Anämie muß sie ihren lächerlichen Aufkläricht als Aufklärung verkaufen, ihre Zerstörung der Bildung als Bildungspolitik, ihr faible für ›humanitäre Aktionen‹ – gleich Imperialismus – als Friedenspolitik, ihre so brachiale wie seichte Umerziehung als Befreiung usw. Die klassische Hoch-Aufklärung war ein extrem skeptisches, elitäres Unternehmen (…) Solcher Realismus fehlt den heutigen naßforschen Vulgarisatoren völlig. Der realistische Blick auf den Menschen, das Erkenne-die-Lage und Rechne-mit-den-Beständen, damit aber die Vernunft – das sind Dinge, die doch weit eher auf der Rechten zu finden sind. Was sind hundert Seiten Habermas gegenüber einer Seite Hobbes oder Gehlen? Wer klärt da auf?«

Auf die Frage »Glauben Sie an Gott?« hat er vor ein paar Sündenjährchen geantwortet: »Nicht immer, aber oft. Hemingway antwortete einmal auf diese Frage: ›Sometimes at night.‹ Man entdeckt, meist schockhaft, was für ein Dummkopf und Feigling man ist, wie kleinmütig, rachsüchtig, heuchlerisch, zur Liebe unfähig man ist. Zu derlei Gedanken sind Nächte besonders geeignet. Das Leben besteht aus grauenvollen, absurden Bruchstücken, und man denkt darüber nach, was Er fragen wird an jenem Tage: ›Günter Maschke, was hast du getan?‹ ›Ich habe zwei bis drei gute Aufsätze geschrieben und ansonsten das Meer gepflügt, aber selbst das ohne Fleiß!‹ Das wird noch meine positivste Antwort sein.«

Dem Herrgott galt übrigens auch der erste Satz, den ich von ihm zu hören bekam. Er lautete: »Ich glaube, dass Gott raucht.« Mögen ihm die Zigaretten und der Wein auch heute munden!

»Guten Abend, Herr Klonovsky, ich gestatte mir, Ihren sehr pauschal geratenen Hinweis auf den ›durchschnittlichen IQ von deutlich unter 100‹ (bei den aktuellen Einwanderern; Acta diurna von gestern – M.K.) mit meinen Quellen etwas zu konkretisieren, wobei ich mich auf muslimische und afrikanische ›shit-hole countries‹ begrenze:

Land

CA

IQ

Bahrain

84

81

Botswana

74

71

Ägypten

81

83

Indonesien

82

87

Iran

83

84

Kuwait

76

87

Marokko

71

84

Oman

81

85

»Palestina«

80

86

Philippinen

74

86

Qatar

72

83

Saudi Arabien

74

80

Südafrika

63

72

Syrien

81

79

Tunesien

81

84

Türkei

87

90

UAEmirates

92

83

Yemen

64

83

Sie wundern sich garantiert nicht überfolgende Vergleichsdaten:

Australien

101

98

Österreich

100

100

Deutschland

99

99

Hong Kong

104

108

Japan

105

105

Niederlande

102

100

Neuseeland

100

99

Singapur

105

108

Südkorea

106

106

Schweiz

100

101

Taiwan

103

105

UK

100

100

USA

98

98

Es gibt aber auch sehr viele erfolgreiche Migranten. »Fast jeder zweite Flüchtling, der gegen die Ablehnung seines Asylantrags klagt, ist damit in erster Instanz vor den Verwaltungsgerichten erfolgreich«, meldet die FAZ.

16. Januar

In einer Rede im sächsischen Chemnitz fordert der Anwalt Maximilian Krah, der von der CDU zur AfD gewechselt ist, das Publikum auf, nicht immer nur über die Motive zu rätseln, die hinter dem willkommenskulturellen Amoklauf der Kanzlerin stehen mögen, sondern einmal diejenigen in den Blick zu nehmen, die beim Götzendienst um den bon sauvage ihre eigenen Kinder zum Opfer bringen. Was, fragt er, ist eigentlich im Leben beispielsweise der Eltern der in Kandel erdolchten Mia oder bei denen der in Freiburg ermordeten Maria L. oder bei denen des schariakonform weichgeklopften Kika-Mädchens falsch gelaufen, dass sie ihre Töchter überhaupt einer solchen Situation aussetzten? Jedem nüchtern Denkenden sei doch klar, dass solche interkulturellen Konflikte jederzeit möglich sind und die Gegenseite womöglich ganz anders damit umgeht, als in deutschen Bildungseinrichtungen gemeinhin gelehrt wird. Wer oder was hat diesen Leuten die Skepsis und den Schutzreflex abtrainiert? Offenbar seien sie »von einem kollektiven Wahn befallen. Das heißt, sie tun etwas, wovon der gesunde Menschenverstand eigentlich sagt: Finger weg!« Und warum, fragt Krah weiter, sind gerade die Menschen in Ostdeutschland anscheinend dagegen immunisiert?

Meine Antwort kennen Sie. Die Gehirnwäsche im Westen war viel smarter und tiefreichender als in der DDR, wo auch das nicht funktioniert hat, am Ende wahrscheinlich sogar besser als die in Rotchina. Man hat den armen Westdeutschen den Selbsterhaltungsinstinkt abdressiert und ihnen gleichzeitig eingeredet, dass sie die moralische HerrInnenrasse der Menschheit, gewissermaßen die Elite der nationalen Selbstabschaffung seien. Diese spinnerten Provinzler träumen von der Einen Welt, wo zehn Milliarden Gleiche einander zum energiereduzierten Massenschunkeln unterhaken, sie glauben allen Ernstes, ein Teil der Menschheit denke schon jetzt wie sie, und der große Rest strebe es an. Ihr Erwachen ist blutig und wird noch viel blutiger werden. Das Ganze läuft unter Darwin Awards. Wie so oft müssen die Kinder für die Torheiten ihrer Eltern, die Völker für jene ihrer Regierungen büßen.

Um eine Vorstellung zu gewinnen, welche Sitten uns mitsamt ihrer schutzbedürftigen Beherziger inzwischen zugelaufen sind, muss man die Meldung über den soeben in Potsdam zu lebenslanger Haft verurteilten somalischen Mörder bis zu Ende lesen. Der Asylbewerber hatte einen Landsmann erstochen. Täter und Opfer kannten sich gut. Auch ihre Familien übrigens. »Die Großfamilie des Angeklagten hat nach eigener Darstellung den Angehörigen des Opfers Kamele im Wert von 36.000 US-Dollar übergeben, damit diese Familie auf eine Blutrache verzichtet«, meldet rbb. »Die beiden Großfamilien leben in Somalia in nächster Nachbarschaft.«

17. Januar

Eines meiner Lieblingsbonmots stammt von Ralph Waldo Emerson und lautet: »Das Gefühl, gut gekleidet zu sein, verschafft eine Sicherheit, wie sie keine Religion geben kann.« Rein empirisch sind gut gekleidete Menschen freilich noch seltener anzutreffen als fromme, auch wenn zunehmend neues religiöses Bodenpersonal im postchristlichen Westen eintrifft, das aber in der Regel ebenfalls nicht besonders ansprechend gekleidet ist.

Während den Damen oder mittlerweile Mädels eine erhebliche Freiheit des sich-Kleidens zu Gebote steht, sowohl was die Formen als auch die Farben betrifft, vom kleinen Schwarzen bis zum Ballkeid, vom Dirndl bis zum Kostüm, sollte ein westlicher Mann, der etwas auf sich hält, beim Verkehr mit anderen Menschen die bürgerliche Uniform tragen: den Anzug. (Ein guter Bekannter erschien sogar im Anzug, als er mir beim Umzug half.) Wie jeder schon einmal auf Bildern gesehen hat, wirkt sogar ein Schimpanse im Anzug manierlich, also sollte auch jeder höhere maskuline Primat einen anziehen, bevor er sich in die Öffentlichkeit begibt. Dieses Gebot galt hundert Jahre, inzwischen gilt es bekanntlich längst nicht mehr. Das Bequeme, Praktische, Billige, »Funktionale« hat das geschmacklich Ansprechende und sittlich Verbindende abgelöst, und nur ein Don Quichotte des Ästhetischen kann sich noch darüber beklagen. »Ein Photo mit streikenden Arbeitern um 1900 zeigt eine Menge in schwarzen Anzügen mit schwarzen Melonen auf dem Kopf«, schreibt Asfa-Wossen Asserate in seinem Buch Manieren. »Mit diesem Typ Proletarier gedachten Bebel und Lenin und Mussolini Staat zu machen. Welches Staatsbild entspricht dem Unisex-Jogginganzug?«

Bekanntlich wird uns Letzterer als ein Bestandteil oder Kollateralschaden der individuellen Freiheit verkauft, welche einschränkungslos zu preisen sei, »denn-die-Melone-hat-Hitler-nicht-verhindert«, und jedes Staatsbild ist verwerflich, solange der bildlose Staatsgötze hinreichend für die große Umverteilung sorgt. Tatsächlich erleben wir einen Siegeszug der Vulgarität, auf welche Freiheit ohne kulturelle Verbindlichkeiten anscheinend unvermeidlich hinausläuft. Der merkwürdige Reiz, den Filme aus den 30er bis 60er Jahren auf den dafür Empfänglichen ausüben, egal ob sie in Europa oder Übersee gedreht wurden, hat neben der warmen, unhektischen, kultivierten Diktion der Darsteller ja vor allem mit ihrer Kleidung zu tun. »Es wäre vielleicht nicht einmal abwegig, in der gesamten Periode von der Jahrhundertwende bis etwa 1970 eine stilistische Einheit zu sehen«, notierte Rolf Peter Sieferle. In den Filmen etwa seien Ton, Stimmung, Ambiente ungefähr identisch. »Ähnlich die Mode, vor allem die Männermode: Anzug und Schlips treten gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf und beginnen seit den frühen siebziger Jahren wieder zu verschwinden; sie degenerieren zur Berufskleidung von Versicherungsvertretern und Politikern. Vielleicht können sie, ähnlich wie die Culotte im 19. Jahrhundert, noch eine längere Zeit ihr Dasein in bestimmten Gesellschaftssegmenten fristen, doch gehören sie nicht mehr zur dominanten Uniformierung des Massenmenschen.«

Typischerweise lesen wir in den Gazetten, dass »Top-Manager« zunehmend auf die Krawatte verzichten, und zwar mit einer gewissen Periodizität, als müsse noch der Letzte der enorm wichtigen Herren davon überzeugt werden. Am spektakulärsten aber, so Sieferle, sei das Verschwinden des Hutes – ich vermag mir an dieser Stelle jedesmal die Bemerkung nicht zu verkneifen: mit Ausnahme der Geßler-Hüte –: »Im Untergang des Hutes bestätigt sich die alte kulturkritische Diagnose, daß mit der bürgerlichen Kultur eine sehr weit in hochkulturelle Räume zurückreichende Tradition untergegangen ist.«

Was stattdessen über die gesamte westliche Welt hereinbrach, war die Kultur der Unterschicht. Dieser Prozess begann im Gefolge des 68er Destruktionstheaters, als die gesamte westliche Welt in Alltagsgeschmacksfragen auf LSD gekommen zu sein schien: Die Frisuren, die knallbunten Farben von Hemden, Autos und Tapeten, die Schnitte der Hosen und die auf Küchenfliesen geklebten Pril-Blumen bezeugten, dass die Gesellschaft ästhetisch verrückt geworden war. Die Befreiung des Menschen von den »bürgerlichen Zwängen« lief naturgemäß darauf hinaus, dass er seinen animalischen Trieben mehr Auslauf verschaffen durfte. Am signifikantesten standen dafür die sogenannte sexuelle Revolution, der explodierende Drogenkonsum und die Rockmusik. Mögen die Beatles noch Genies gewesen sein, der abschüssige Weg war beschritten. Heute hören die Jugendlichen Rap, und die Luxusvorstellungen eines Spitzenpolitikers oder -managers laufen ungefähr auf das hinaus, was Videos amerikanischer »Gangsta-Rapper« als die verdienten Trophäen des Rücksichtslosen präsentieren: geile Weiber, große Autos, teure Uhren.

Sieferle übernimmt für diesen Prozess einen Begriff, den der amerikanische Kulturhistoriker Paul Fussell geprägt hat: prole drift. Diese Drift besteht darin, dass der Stil – und das gilt nicht nur für die Kleidermode – »nicht mehr von oben nach unten, sondern von unten nach oben fließt«. Dergleichen habe es in agrarischen Zivilisationen nie gegeben. Die aus der aristokratischen Kultur gewachsene bürgerliche Kultur wandert derweil ins Museum (das Museum ist bürgerliche Kultur). Oper, klassisches Konzert, Hausmusik, Salon, Manieren, Tischsitten, Konventionen, Konversation, Bildungskanon, all das sind nur noch von distinkten Käuzen gepflegte Überbleibsel einer verschwundenen Epoche. Wer einen Prozess namens prole drift überhaupt bemerkt, gehört schon zu diesen Käuzen. Die neue, »moderne« Kultur besteht zu einem gewissen Teil noch aus dem Abräumen der alten – der Begriff Regietheater sollte hier als pars pro toto hinreichen –, ansonsten genügt der Besuch einer documenta und eines Rock-Pop-Rap-Konzerts, um zu wissen, worauf die Sache hinausläuft. Zum Phänomen prole drift gehören Boxkämpfe, Fußballspiele, überhaupt Sportereignisse als der zentrale Kult unserer Zeit – außer in Mekka und bei Papstbesuchen versammeln sich nirgendwo so viele Menschen, aber beim Sport tun sie es regelmäßig in insgesamt ungleich höherer Zahl –, dazu gehört generell die Vorliebe für Massenveranstaltungen, Massenpartys, Massentourismus, Massenstrände, Massenskipisten, überhaupt alles Massenhafte. Und eben auch die Veränderung der Kleidung ins Funktionale, Stillose, Beliebige, aber in seiner Beliebigkeit entsetzlich Uniforme.

Apropos funktional: Ich werde mich jetzt in meinem Harris Tweed-Anzug für ein Vormittagsschläfchen aufs Sofa legen, in der schönen Gewissheit, dass der Stoffbeim Aufstehen keine einzige Falte haben wird. Mallory, Irvine und die anderen Titanen der frühen Alpinistik sind in Tweedanzügen auf den Mount Everest gestiegen (und dort gestorben, was allemal würdiger ist, als irgendwo in Jack Wolfskin-Klamotten zu mumifizieren).

Wenn es wärmer wird, reden wir über italienische Anzüge.

»Für mich nach 20 Jahren als Gerichtsreporterin der erschütterndste Prozess meines Berufslebens.« So beginnt ein Artikel über den Prozess gegen Mohammed N., 27, und Adil E., 35, »die mit falschen Identitäten nach Deutschland eingereist waren«. Die beiden Marokkaner hatten »mehrere Unterkünfte zerlegt, Menschen in und vor Gaststätten angegriffen. So bekam ein Mann ein Bierglas ins Gesicht geschlagen, einem Behinderten wurde die Krücke weggenommen, als er zu Boden ging, wurde er mit der Krücke geschlagen. Schon diese Taten hatten die Angeklagten gemeinsam begangen, doch der 35-Jährige hatte noch mehr auf Lager: So wurden einmal Menschen auf einem Supermarktparkplatz mit einer Machete verfolgt, bei zwei anderen Gelegenheiten zog der 35-Jährige einmal mit einer Axt und ein weiteres Mal mit einer Motorsäge durch den Ort. Die Motorsäge stammte dabei übrigens aus einen Garageneinbruch bei dem Vorsitzenden eines Flüchtlingshilfevereins, den die Lindlarer extra zur Unterstützung der ankommenden Asylanten gegründet hatten.«

Was alles offenbar kein Anlass war, diese fröhlichen Gesellen auszuweisen oder vorm Kanzleramt anzuketten. Erst mussten die beiden einen Mitbewohner mit »ungeheurer Brutalität und selten anzutreffendem Vernichtungswillen«, wie der Richter sagte, zusammenschlagen und -treten. Das ins Koma geprügelte Opfer landete auf der Intensivstation, die beiden Täter in U-Haft. Dort ging es weiter. »Nachdem er einen Mitgefangen schwer verletzt hatte und schließlich einen Justizvollzugsbeamten angegriffen und mit dem Tode bedroht hatte (›Ich habe schon zwei Menschen getötet und du bist der dritte‹), war der 35-Jährige nur noch in Hand- und Fußfesseln, begleitet von mehreren Beamten, ins Gericht gebracht worden. Dem Gericht hatte E. schon angekündigt, dass er nicht an der Urteilsverkündung teilnehmen werde, weil der Richter kein Recht habe, dort zu sitzen und er nur Angst vor Gott habe. Das Urteil werde er anfechten. Tatsächlich musste E. von den Beamten gefesselt in den zweiten Stock in den Gerichtssaal getragen werden und selbst dort kämpfte der Mann mit aller Kraft gegen die Beamten. Lediglich am Boden liegend konnte er halbwegs ruhig gehalten werden.«

So geht es also zu am Landgericht Köln in Zeiten wachsender Gefahr von rechts.

Das Schlusswort der Gerichtsreporterin lautet: »Ich gebe jedenfalls mein Ehrenwort, dass bei meiner Arbeit in den Gerichten deutsche Angeklagte die absolute Minderheit sind.«

Ein Kessel Buntes, Fortsetzung:

»572 Fälle von Genitalverstümmelung« seien allein in Hessen erfasst, meldet die Welt, die Dunkelziffer sei aber um ein Vielfaches höher zu veranschlagen: »In ganz Deutschland leben fast 50 000 weibliche Opfer von Genitalverstümmelung, wie eine Studie des Bundesfamilienministeriums im Jahr 2017 ergab. Verbreitet ist diese Praxis demnach unter anderem in Ägypten, Eritrea, Somalia, Äthiopien, Mali und dem Irak«.

18. Januar

Ein berühmtes Zitat aus Tocquevilles Großessay Über die Demokratie in Amerika beschreibt mit Falkenblick in die Zukunft