Hall of Souls - L. J. - E-Book
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Hall of Souls E-Book

L J

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Beschreibung

Himmel und Hölle an einem Ort, um über das Leben der Toten zu entscheiden. Die wohl bedeutendsten Thronfolger sind dazu bereit, die eine gewollt, der andere aus Tradition. Teufelssohn und die Tochter des Lichts müssen eine tödliche Aufnahme Prüfung überleben, damit sie an das Elite-College gelangen. Mörderische Umstände zwingen Silver und Raven auf die Erde, wo nicht nur ihre Gefühle zur mancherlei Verwirrung führen. Verbotener Weise.

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Inhaltsverzeichnis

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Raven

Prüfungsregeln

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Silver

Raven

Silver

Raven

Raven

Silver

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Silver

Raven

Silver

Silver

Raven

Ryan

Silver

Silver

Silver

Silver

Raven

Raven

Silver

Silver

Raven

Raven

Silver

Silver

Raven

Silver

Raven

Silver

Silver

Triggerwarnung

Playlist

Nachwort

Für alle die einen Platz im Herzen des Grinches suchen.

Hier findet ihr ihn<3

Triggerwarnung auf Seite →

LEKTION 1:

Empfinde niemals Mitleid!

Wer Mitleid empfindet zeigt Schwäche, Schwäche bedeutet Tod!

Silver

Du entscheidest über ihre Seele. Ihre Zukunft. Über das Leben nach dem Tod. Ich packe den Rest in meine Tasche und gehe aus meinem Zimmer. Ich schweife mir den Mantel über und trete aus dem Palast. Mit meiner Tasche auf dem Rücken trete ich von schweren Marmorstufen nieder. Der Himmel ist kein Ort aus Wolken. Er ist ein Palast. Um in den Palast zu kommen, muss man entweder eine friedliche Seele oder ein Kind des mächtigsten Gottes sein. Auf mich trifft letzteres zu. Ich wurde in dem Palast erschaffen. Nicht aus Ton. Sondern aus Liebe. Eine irrationale chemische Reaktion, die zwischen zwei Lebewesen entsteht.

Vor mir liegt eine Stadt aus Erinnerungen. Seelen bauen sich ein Leben aus ihren Erinnerungen zusammen.

Ich setzte meine Füße auf den flauschigen Boden des Himmels. Ich atme einmal tief ein und wieder aus. Ein. Aus. Um den Moment zu genießen. Um ihn festzuhalten. Ich setzte einen Fuß nach dem anderen und gehe Richtung Delas. Ein paar Heavener kreuzen meine Wege. Sie verbeugen sich. Ich nicke. Sie gehen weiter. Seelen tanzen zu Musik, die aus Flöten und Gitarren kommen. Sie winken mir zu und schenken mir ein Lächeln. Sie sind zu früh gegangen. Ich spüre, wie meine Tasche mich langsam zu Boden zieht. Ich bleibe stehen und ziehe die Kordeln zu-recht. Es ist mein erster Seelenbeutel. Verlorene Seelen werden damit direkt in den Himmel gebracht. Es ist kein Katz- und Mausspiel. Sie werden nicht in einen Beutel geworfen. Manche Seelen sind nicht bereit zu gehen. So helfen wir ihnen und dieser Beutel bringt sie ohne weiteres in Sicherheit.

Delas ist ganz in der Nähe. Vögel zwitschern. Ich richte meinen Mantel und streiche über mein Gewand. Es ist weiß und mit goldenen Büchern geschmückt. Es ist das Symbol des Palastes des mächtigsten Gottes.

Die Tür öffnet sich. Der Geruch von Chrysanthemen kommt mir entgegen. „Guten Tag, Miss Silver. Bitte treten Sie doch ein!“ Der Mann deutet Richtung Tresen. Dahinter steht eine hochgewachsene Frau mit seidig weißem Haar. Das Haar ist lang und fällt ihr über die Schulter. Sie trägt eine Robe, die wie eine edle Tunika aussieht.

Ich nicke und folge seiner Hand. Der nette Mann schließt die Tür und die Frau stellt sich aufrecht hin. Dann deutet sie eine Verbeugung an. „Miss Silver. Welch eine Ehre Sie hier zu sehen. Wie kann ich Ihnen helfen?“ Die Frau schenkt mir ein Lächeln. Mein Rücken schmerzt. „Ich habe mich angemeldet!“ Die Frau nickt und schaut auf ein Hologramm. Sie zieht eine Kiste aus dem Regal, auf der mein Name vermerkt scheint. Es klickt und die Kiste öffnet sich. Zum Vorschein kommt ein Briefumschlag. Ich nehme ihn entgegen und lese:

Behüte das Geheimnis! Gib nicht mit deiner selbst an! Achte auf den Teufelssohn! Behalte deine Krone immer auf dem Kopf!

Vater schrieb diesen Brief. Er weigerte sich zu kommen. Mein Inneres zieht sich zusammen. Ein Schluchzen entringt meiner Lunge. Ich halte den Umschlag fest in meinen Händen, bis ich etwas zu spüren glaube. Einen Schlüssel? Ich streife ihn glatt und öffne ihn. Tatsächlich. Mit einer weiteren Botschaft.

Finde das Schloss!

Ich betrachte den Schlüssel. Er ist klein und verschnörkelt. Etwa so groß wie eine Traube. Vorne geht er von einem Rechteck zu Zacken über. Es sieht aus wie eine Krone. Hinten ist er rund. Darauf ist etwas eingraviert. Die Sprache ist mir fremd. „Wissen Sie, welche Sprache das ist?“, ich halte der Frau am Tresen den Schlüssel hin. Sie nimmt ihn und betrachtet ihn genau. Zwischendurch wendet sie ihn. Nach jeder Drehung nickt sie. Die Frau in Weiß legt ihn wieder auf den Tresen. „Tatsächlich.“, sagt sie schließlich. Ich nehme ihn wieder an mich und schaue gespannt zu ihr. „Es ist eine der ersten Sprachen des Palastes. Sie ist uralt. Dein Vater hatte allen Heavenern diese Sprache gelehrt. Daher haben sie auch ihren Namen: Es ist die Sprache des Himmels. Heute ist die Sprache selten. Dein Vater lehrt sie nur den wichtigsten Heavenern, wie Bibliothekaren oder höheren Vacrums.“ Meine Augen weiten sich. Heavener. Eine Sprache, die wie Angestellte heißt. Angestellte, die wie eine Sprache heißen. „Mein Vater lehrte sie mir nie.“ Ich schaue zu meinen Füßen herunter. „Ich werde doch bald eine sein.“, ergänze ich still. Ich schaue auf und die Frau nickt verständnisvoll. „Er wollte Sie beschützen“, flüstert die Frau. Ich versuche mit meinem Handrücken die Tränen zurückzuhalten. Ich schüttle den Kopf und schaue wieder zu der Kiste. Die Frau in Weiß folgt meinem Blick. Nach-einander kommen verschiedene Dinge zum Vorschein. „Dies hier:“, sie hält ein Gewand und eine Robe in die Höhe, „ist Ihre Uniform. Jede Himmels-Anwärterin wird so eine tragen. Es ist Pflicht.“ Ich lasse meine Tasche vom Rücken gleiten und öffne sie. Endlich. Die Uniform findet ganz oben im Rucksack Platz. „Die Unterrichtsbücher.“, sagt die Frau in Weiß knapp. „Vielen Dank.“, die Bücher halte ich in meinem Arm, da der Seelenbeutel bis obenhin voll ist. „Wissen Sie, wie Sie zum Heaven and Hell College kommen?“, fragt die Frau. Ich nicke. „Mit dem Fahrstuhl fahr ich Richtung Fahrzeuge. Alle Anwärter werden gemeinsam zum College gebracht, um dann eine Prüfung zu absolvieren.“

„Viel Erfolg!“, rufen mir der Mann an der Tür und die Frau in Weiß zu. Den werde ich brauchen. Ich setzte mir die schwere Tasche auf den Rücken und marschiere los. Vor mir liegt ein Fahrstuhl der Furcht. Es ist riskant hier lang zu gehen. Man könnte ein Wesen des Teufels sehen. Ich drücke auf den Knopf des Fahrstuhls. Pling. Die Türen öffnen sich. Ich trete ein. Ich klicke auf >HaHC<. Der Fahrstuhl rast. Ich fange an zu straucheln und versuche mit meinen Armen Halt zu finden. Die Zahlen, die Etagen gleichen, werden immer weniger. 100. 99. 98. 97. Mein Kopf dreht sich. Ich schmecke Galle in meinem Mund. 47. 46. 45. Gleich werde ich beim Mitteltor sein. Ein Ort zwischen Himmel und Hölle. Dort, wo Kinder des mächtigsten Gottes und Kinder des Teufels zu Vacrums ausgebildet werden. 13. 12. 11. Zum Heaven und Hell College darf man nur ausgewählte Dinge mitbringen. Abgesehen von Robe und Büchern darf man bis zu 5kg Tragegewicht Dinge mitnehmen, die einen persönlichen Wert haben. 3. 2. 1. Pling.

Die Türen öffnen sich. Es sieht verlassen aus. Ich habe viel von Bushaltestellen, die sich auf der Erde befinden, gelesen. Genauso sieht es hier aus: Eine verlassene Haltestelle auf Wolken. Daneben steht ein großer Bus. Ein Doppeldecker. Vermutlich für die Teufelskinder. Vor dem Bus stehen ein paar Anwärter. Ein Teil mit Gewand. Ein Teil mit schwarzen Lackhosen und Tattoos. Ich straffe meinen Rücken und gehe gerade-wegs Richtung Haltestelle. Der Boden unter meinen Füßen ist kaum wahrnehmbar. Ich schwebe. Ich biege zu den Gewändern ab. „Hey“, eine Gruppe an Himmels-Anwärtern dreht sich um „Hey“, begrüßt mich eine sanfte Stimme. „Ich bin Silver“, stelle ich mich vor. Daraufhin stellt sich die ganze Gruppe vor. Tara – die sanfte Stimme – ist eine junge Frau mit langem blondem Haar und steht links neben mir. Jason, rechts von mir, ist ein kleiner junger Mann mit schwarzen Locken. Die anderen heißen Louis, Viktori und Dreamer. Sie alle tragen dasselbe wie ich. Meine Aufmerksamkeit schweift ab, als bei den Lederhosen neue dazu stoßen. Ein Mann, nicht viel älter als ich, gesellt sich mit zwei weiteren dazu. Die restlichen Lederhosen verstummen und verbeugen sich. Sie verbeugen sich? Ich tippe Tara auf die Schulter „Wer ist das?“, ich zeige auf den großen muskulösen Kerl, der scheinbar gerade den neusten Klatsch und Tratsch verbreitet. Er ist es bestimmt nicht, rede ich mir ein. Oder doch? Eine weitere Lederhose verbeugt sich. „Das, meine Liebe, ist: Der Sohn des Teufels höchstpersönlich.“, bestätigt Tara meine Vermutung. Der Sohn des Teufels. Raven. Ohne Nachname. Nur die Kinder mit göttlicher Herkunft tragen keinen Nachnahmen, so auch die Teufelskinder. Raven scheint meinen Blick gespürt zu haben. Ich schlucke. Sein Lächeln ist arrogant, wenngleich ihm eine schwarze Haarsträhne ins Gesicht fällt. Er wendet den Blick ab und erzählt weiter. Ich wende mich ebenfalls meiner Gruppe zu.

Gib nicht mit deiner selbst an!

Hat Vater geschrieben. Das tut Raven. Er will mit Ruhm prahlen. Fataler Fehler.

„Alle Anwärter bitte zum Bus. Oben sind Heavener und unten die Hells.“

Eine Frauenstimme hallt wie ein Echo an der Haltestelle. Die Türen öffnen sich und die Lederhosen treten zuerst ein. Vereinzeltes Stöhnen tritt unter den Hells auf. Raven blickt nun einmal zu mir rüber. Dann setze auch ich mich in Bewegung. Tara und Jason sind mit den anderen in eine Diskussion verwickelt.

Raven und der Rest der Höllenschar hat Platz genommen. Dann kommen wir dran. „Ihr Name?“, fragt eine Frau an der Tür des Busses. „Silver“, antworte ich „Und weiter?“, will die Frau wissen. „Einfach nur Silver. Kind des mächtigsten Gottes.“, die Frau schaut mich mit geweiteten Augen an. Dann lässt sie mich passieren.

Behalte die Krone immer auf deinem Kopf!

Raven

„Natürlich, Sir!“, Marlok dreht sich um und geht fort. Ich stelle das Buch über Kriege und Verhängnis zurück ins Regal. Ich drücke auf meinen Nasenrücken um nachzudenken. Was brauche ich alles? „Ein gutes Buch wird Ihre Ausbildung nicht versüßen.“ Genervt drehe ich mich um und sehe einen Gnom vor meinen Füßen tanzen. „Mein Herr, wenn Sie mich entschuldigen.“, das Höllenwesen senkt seinen Kopf und geht. „Verlassen mich heute alle?!“, brülle ich in die Leere. Ich nehme ein Buch und werfe es zu Boden. Dann gehe ich Richtung Treppe und stapfe runter.

Ich öffne die Tür, welche mich um meine dreifache Größe überragt, und lasse sie zufallen. Hells schauen mich von allen Seiten an. Ich schenke ihnen einen wütenden Blick. Alle wenden ihre Blicke ab. Mir soll es recht sein. Ich biege in einen anderen Flügel ab. Steile Treppen führen hoch in meine Gemächer. Ich reiße die Türen auf und schreie. Ich lasse mich auf mein Bett fallen und starre die Decke an. Was hab ich vergessen? „Die Decke kann dir auch keine Antwort geben. Idiot.“, ich balle meine Hände zu Fäusten. Ich schwinge mich aus meinem Bett und kontrolliere den Beutel, den ich gefüllt habe. Alle Teufels-Anwärter bekommen einen. Eine uralte Tradition, welche ich als Thronfolger weiterführen muss. Alle wichtigen Sachen sind drin. Schwarz lackierte Hosen, Dolche und Kutten. Was brauche ich am College? Ich lasse meinen Blick durch das Gemach wandern. Denk nach, Raven. Denk nach. Ein Klopfen unterbricht mein Denken. „Ja?“, rufe ich durch die verschlossene Tür. Ein Hell tritt ein. Er verbeugt sich. „Was wollen Sie?“, ich stemme meine Arme auf den Schreibtisch. „Ich wollte Ihnen nur eben mitteilen, dass Ihre Fahrgelegenheit in zwanzig Feuerzungen losfährt.“ Die Feuerzunge zischt einmal. Ich winke ab. Gerade, als ich weiter zu grübeln versuche, ergänzt der Hell: „Vergessen Sie nicht Ihre Uniform am Fahrstuhl abzuholen!“ Das war es. Die Uniform. Der Hell verschwindet aus der Tür. Ich schließe meinen Beutel. „Parvus“, flüstere ich. Der Beutel schrumpft. Ich schnappe ihn mir und drehe ihn in meiner Hand. Perfekt. Mein Blick schweift ein letztes Mal durch mein Gemach. Ein großer Kamin füllt das Zimmer. Mit einem Schnipsen lösche ich ihn. Die Feuerzunge zischt zum zehnten Mal. Ich drehe mich zu meinem Bett um. Darauf liegt ein Buch mit einer Nachricht. Fragend schaue ich auf das Buch nieder. Es ist ein Buch über Erbe und Wohlstand. Ich öffne es und ein Zettel fällt auf mein Bett.

Töte oder werde getötet!

Mutter. Ein Wesen aus Hass. Die perfekte Königin. Meine Hand fühlt nach dem Dolch an meinem Oberschenkel. Ich schließe die Augen. Töte oder werde getötet, rufe ich mir in den Sinn. Etwa ein Viertel der Hölle wurde zu Vacrums ausgebildet. Die Feuerzunge zischt. Ich öffne meine Augen und lasse das Buch auf mein Bett fallen.

Mit großen Schritten eile ich zur Tür. Die Treppe nehme ich kaum wahr. Ich renne durch den Palast. Alle möglichen Wesen machen mir Platz. Vor der großen Tür bleibe ich stehen. „Pass auf dich auf, Mutter“, murmle ich. Dann reiße ich die Türen auf und renne nach draußen. Eine verbrannte Landschaft begrüßt mich. Am Ende liegt ein Schacht. Ich renne weiter ohne außer Atem zu kommen. Ein weiteres Mal zischt die Feuerzunge. Ich klappe die Türen auf und springe nach unten. Dabei fällt mir mein schwarzes Haar ins Gesicht. Ich streiche es weg, aber es will nicht halten. Egal. Meine Knochen schmerzen vom Aufprall. Rechts von mir steht eine Kerze. Ich lege Daumen und Zeigefinger auf den Docht. Schon entfacht ein kleines Feuer.

Der Schacht scheint leer zu sein. Na super. Weiter weg sind Schemen zu erkennen. Unerkennbar, was es ist. Ich trete näher. Der Schemen kommt mir entgegen. Ein Hell. „Raven.“, hallt eine männliche Stimme. Ich verenge meine Augen zu Schlitzen, um etwas erkennen zu können. „Hallo?“, erwidere ich selbstbewusst. Der Mann verharrt. Meine Füße sind wie angewurzelt. Mein Atem angespannt. „Wo wollen Sie hin?“, fragt die unbekannte Stimme. „Zum Mitteltor.“, sage ich stumpf. Ich horche in die Stille hinein. Der Mann zieht scharf Luft ein. „Folgen Sie mir!“ Ich führe die Lampe vor meine Augen und schleiche hinter dem Mann her. Etwas unter meinen Füßen knackt. Ich bleibe stehen und hebe den Fuß. Überreste. Mein Mund verzieht sich. Abartig. Ich schüttle den Kopf und geh weiter. „Raven, mein Herr. Sehen Sie das?“, die Stimme gehört zu einem alten Mann. „Wahrscheinlich lebt dieser schon länger hier“, erlaube ich mir zu denken. Der alte Mann deutet auf ein verrunzeltes Gerät. Vermutlich der Fahrstuhl. „Ein Fahrstuhl“, bestätigt mir der alte Mann. Er betätigt einen Knopf, welcher zu leuchten beginnt. „Bevor ich es vergesse.“, der Mann bückt sich, „Ihre Uniform.“, er stellt sich auf Zehnspitzen, um sie mir in die Hand zu drücken. Ich öffne den Karton. Ein schwarzes Hemd sowie eine Hose befinden sich im Karton. Überall mit dem College-Logo versehen. Zwei Hs in einem Halbkreis. Die Fahrstuhltüren öffnen sich. Ich schließe den Karton.

Gerade, als mich der alte Mann verabschieden will, kommen zwei Menschen auf mich zu gerannt. Beide machen eine Vollbremsung vor dem Fahrstuhl. „Nick und Ryan“, lache ich höhnisch „Ich dachte, ihr Holzköpfe wärt schon am Tor.“, ich ziehe die beiden in den Fahrstuhl. Beide fangen an zu straucheln. Als sie halt gefunden haben, gebe ich ihnen einen Schlag auf den Hinterkopf. „Wichser!“, brüllt Ryan rum. Nick stimmt ihm zu. „Beeilt euch! Gleich erlischt die letzte Feuerzunge!“, ruft der alte Mann uns zu. Die Fahrstuhltüren schließen sich. Wir schauen uns verdutzt an, dann fängt der Fahrstuhl an zu rasen. In die Höhe. Nick fällt zu Boden nieder. Schwächling. Ryan klammert sich an irgendetwas fest. Ich stehe breitbeinig und mit verschränkten Armen in der Mitte. Idioten. Der Aufzug kommt zum Stillstand. Dann ruckelt es einmal und die Türen öffnen sich.

Nick steht auf und richtet seine Hose. Sie ist weit geschnitten und somit hochgerutscht. Ich verdrehe die Augen und trete aus dem Fahrstuhl aus. Vor mir liegt ein verlassener Ort. Ich gehe einen weiteren Schritt und merke, wie weich der Boden ist. Verdammte Scheiße, dass muss der Himmel sein. Ich blicke auf eine Art Haltestelle, wo sich Hells und Heavener befinden. Direkt daneben steht ein großer Bus. „Igitt“, bemerkt Ryan. Ich schaue zu ihm herab und bemerke, wie angeekelt er dreinschaut. Ich stelle den Karton auf den Boden. „Parvus“, flüstere ich und der Karton wird klein. Ich lasse ihn in meiner Jackentasche verschwinden, sowie den Beutel. „Immerhin nicht so viele Heavener“, ergänzt Nick, „Natürlich nicht, du Holzkopf. Hells sind immer in der Überzahl.“, schnauze ich ihn an. Ich strecke meinen Rücken durch, um meine volle Größe zu präsentieren. Ich schaue zu Ryan hinab und schwenke dann meinen Blick auf Nick, der nur ein wenig kleiner ist. Beide nicken. Ich lasse meinen Nacken knacken und gehe Richtung Hells. Sie scheinen zu merken, dass ich auf direktem Wege zu ihnen bin. Der erste verbeugt sich. Ich nicke. Andere tun es ihm nach. Ich bedeute ihnen aufzuhören, verschränke meine Arme vor der Brust und atme einmal tief aus. Dies lässt alle aufschauen. „Guten Morgen, Raven.“, eine junge Frau verbeugt sich vor meinen Füßen. „Guten Morgen, Scarlett.“, antworte ich ihr. Scarlett ist die Tochter eines guten Freundes meines Vaters. Wir kennen uns seit Kindestagen. „Wie es scheint, sind wir in der Überzahl.“, bemerke ich nebenbei, dabei merke ich wie unnütz dieser Kommentar war und werfe meine Arme in die Luft. „Ich warne euch! Wer stirbt, der wird vergessen. Wer überlebt…“, ich schaue in die Augen meiner Bürger, dann senke ich meine Stimme „muss ich euch nicht erklären!“, beende ich schließlich meinen Satz. Meine Hände noch immer gehoben, schaue ich mich um. Angst und Kampfgeist tritt unter den Hells auf. Ich spüre einen Blick von der Seite. Langsam lasse ich meinen Kopf Richtung Heavener schwenken. Tatsächlich. Eine Heavener. Eine große, junge Frau mit weißem Haar schaut mir tief in die Augen. Sie scheint vergessen zu atmen. Ich lächle arrogant, eine Haarsträhne fällt mir dabei ins Gesicht. Ich wende meinen Blick ab und streiche mir die Haarsträhne hinters Ohr. „Ich wette ein Drittel von euch wird überleben.“, spotte ich weiter. Plötzlich ertönt eine weibliche Stimme:

„Alle Anwärter bitte zum Bus. Oben sind Heavener und unten die Hells.“

Vereinzeltes Stöhnen tritt unter den Hells auf. „Name?“, fragt eine Frau Ryan, „Ryan Deamons“, antwortet dieser. Die Frau nickt und hakt etwas auf einem Zettel ab. Nun ist Nick dran. Ich wende meinen Blick ab und schaue Richtung Heavener. Wer ist diese Frau? „Name?“, werde ich aus meinen Gedanken gezogen. Ich räuspere mich und sage: „Raven.“, die Frau schaut mir tief in die Augen. Dann mustert sie meinen Körper. „Und weiter?“, entsetzt schaue ich auf die Frau nieder. „Raven.“, versuche ich es erneut, „Ich habe verstanden, dennoch brauche ich Ihren Nachnamen für die Liste!“, die Frau wird lauter. „Fahren sie zur Hölle!“, damit gehe ich zu Nick und Ryan. Ich schaue einmal über meine Schulter. Die Frau sieht mich mit weit geöffneten Augen an. Dann schüttelt sie den Kopf und wendet sich dem Nächsten zu. Ryan und Nick sitzen ganz hinten. Sie haben mir in der Mitte Platz gelassen. Ich setze mich zu ihnen. Schwer atme ich aus. Weitere Hells füllen den Bus. Wer braucht schon Busse, wenn man sich Beamen kann? Menschen, unverständliche Wesen.

Alle Hells befinden sich im Bus. Nun sind die Heavener dran. Das Mädchen mit dem weißen Haar tritt ein. „Name?“, fragt die Frau erneut. Ich spitze meine Ohren „Silver.“, antwortet diese. „Und weiter?“, die Frau scheint genauso verwirrt zu sein wie ich. „Einfach nur Silver. Kind des mächtigsten Gottes.“, die Frau schaut sie mit geweiteten Augen an. Dann lässt sie Silver passieren. Ich schlucke. Teuflischer Scheiß. Zwei Kinder von Göttern. An. Einem. Ort! Ich lasse mich tief in meinen Sitz fallen. Ich schaue Silver hinterher. Sie hat schulterlanges Haar und trägt ein weißes Gewand mit einer Robe. Auf dem Rücken hat sie einen schweren Beutel. Sie verlagert ihr Körpergewicht Richtung Wand und stapft nach oben. Sie schaut noch einmal zurück. Dabei kreuzen sich unsere Blicke. Ich schlucke. Sie tut es mir gleich. Eine Frau mit langem blondem Haar eilt hinter ihr her. Sie wendet den Blick ab. Dann verschwindet sie um die Ecke.

Silver

Die obere Etage des Busses ist lang. Überall kann man Platz nehmen. „Scheinbar warst du noch nie in einem Bus“, bemerkt Tara. Ich nicke. „Nun,“, fängt sie an und schiebt mich nach hinten zu den Viererplätzen. Unten gab es davon keine. „In einem Bus, ist es üblich mehrere Personen zu transportieren.“, erklärt sie mir.

Ich setze mich ans Fenster. Tara sitzt direkt neben mir. Ich schaue nach unten. Einzelne Heavener stehen vor der Tür. Ich wende meinen Blick von ihnen ab und schaue ins Nichts. Das Mitteltor scheint nur ein Ort der Überbringung zu sein. Erstaunlich. Ich merke, wie Tara mir über die Schulter schaut. Ich drehe mich in ihre Richtung. „Hast du Angst?“, will sie von mir wissen. „Ja, die habe ich.“, hauche ich. Mein Atem geht zitternd, wenn ich daran denke. Jason und Dreamer gesellen sich zu uns. Sie schauen uns verdutzt an. „Haben wir was verpasst?“, fragt Dreamer. Seine Stimme ist tiefer als ich dachte. „Nur, dass Miss Silver noch nie in einem Bus war.“, alle fangen an zu lachen. Ich stimme mit ein. „Konnte sich die Königliche Hoheit sowas nicht erlauben?“, spottet jemand aus der letzten Ecke. Ich schaue nach vorne. Eine Gruppe Männer und Frauen sind soeben hochgekommen. Die Gruppe verstummt. „Ignoriere die, Silver. Die sind nur eifersüchtig.“, versucht es Dreamer. Tara streichelt meinen Rücken. Gerade, als ich aufstehen will, legt Tara eine Hand auf mein Bein. „Nicht“, flüstert sie. Ich presse mich in den Sitz. Die sechs Heavener setzen sich weiter nach vorne. Erleichtert atme ich aus. Ich schaue noch einmal nach draußen. Es ist keiner mehr zu sehen.

„Guten Tag, liebe Anwärter, wie schön, dass Sie hierhin gefunden haben.“

Applaus setzt ein. Die Frauenstimme wartet, bis Ruhe einsetzt. Dann fährt sie fort.

„Eine lange Reise wird es sein, bis wir zu eurer ersten Prüfung kommen. Die Aufnahmeprüfung. Diese entscheidet, wie schon der Name verrät, ob ihr angenommen werdet.“

Stille setzt ein. Alle hören aufmerksam zu.

„Wie Sie wissen, ist Ihr Überleben nicht garantiert. Rund ein Viertel dieses Busses wird es nicht schaffen. Darum empfehlen wir Ihnen, keine engen Freundschaften zu knüpfen.“

Das Mikrofon piepst. Ich halte mir die Ohren zu. Dann fährt die Frau fort.

„Der Tod kann euer bester Freund werden.“

Damit verabschiedet sich die Frau vom Mikrofon und der Bus fährt los. Weiter ins Nichts. „Tiefgründig, diese Frau.“, bemerkt Jason. „Ich werde nicht sterben.“, verkündet er stolz. Wieder fangen wir alle an zu lachen. „Was denn?“ Wir lachen lauter. „Das kannst du doch nicht wissen, Alter.“, Dreamer patscht ihm freundschaftlich auf den Rücken.

Nach und nach kehrt Ruhe ein. Tara ist mit Viktori in eine Diskussion verwickelt. Dafür hat sich Tara umgedreht. Dreamer und Jason reden über den Tod. Wie zufällig er kommen kann. Dreamer meint, er ist wie ein Freund, man erwartet nicht, dass er kommt. Mein Körper, fest an den Sitz gepresst, schließe ich die Augen. Raven. Ich reiße meine Augen wieder auf. Verflucht. Dreamer schaut mich besorgt an, „Albtraum.“, antworte ich auf die unausgesprochene Frage. Er nickt und redet weiter. Verflucht. Was war das vorhin? Noch größerer Mist ist, dass er jetzt weiß, wer ich bin. Na super. Ich laufe ihm direkt ins Messer. Ich schließe meine Augen und sehe ihn direkt vor mir. Genervt öffne ich die Augen. Ein letztes Mal, rede ich mir ein. Wiederholt schließe ich meine Augen. Geht doch.

Das Gebäude ist größer, als ich es mir je ausmalen konnte. Türme ragen an jeder Seite hoch. Anwärter aus verschiedenen Jahrgängen laufen auf dem Campus rum. Hier sind alle. Haveners und Hells. Sie scheinen sich blendend zu verstehen. Ich schaue an mir herab. Ich trage die Uniform des Colleges. Wie bin ich da reingekommen? Jemand hakt sich bei mir unter. Tara. Neben ihr laufen Dreamer, Jason, Viktori und Luis. Alle lachen, außer mir. Unbehagen durchströmt meinen Körper. Irgendetwas stimmt doch nicht. Dreamer bleibt stehen. Er wechselt die Seite, um neben mir herzulaufen. Er nimmt meine Hand. Ein kalter Schauer rinnt meinen Rücken herunter. Schmetterlinge breiten sich in meinem Bauch aus. Zitternd atme ich ein. Dreamer kommt näher. So nah, dass ich seinen Atem an meinem Ohr spüren kann. Er raunt mir etwas ins Ohr. Etwas Unanständiges. Ich beiße auf meine Lippe. Verflucht. Er nimmt meine Hand und küsst sie. Dann geht er wieder zwischen Jason und Tara. Zitternd atme ich aus. Tara erzählt über die Gruppenverteilung zwischen Heavener und Hells. Scheinbar war die Sitzung sonderbar. Die Hells mochten die Heavener nicht leiden und die Heavener die Hells nicht.

Ich schaue zu Dreamer herüber. Dieser scheint meinen Blick gemerkt zu haben. Er zwinkert mir zu. Heilige Scheiße. So muss sich dieses irrationale Vorkommnis anfühlen. Liebe. Wir gehen durch eine große Tür, welche wiederrum in einen Gemeinschaftssaal führt. Sofort fällt mein Blick auf Raven. Er hat ein Bein auf einer der Sitzbänke gestellt. Mit seinen Händen dirigiert er in der Luft. Enthusiastisch erzählt er von etwas. Ich würde gerne wissen, worum es geht.

Wir treten ein. Alle machen uns Platz. Warum? Wir gehen tiefer in den Saal. Dann laufen wir an Raven vorbei. Er schaut mich an. Wendet dann aber seinen Blick ab. Plötzlich bleiben alle stehen. Jede Bewegung verharrt. Außer meine. Was zum…? Ich ziehe meinen Arm aus dem von Tara. Mein Finger geht direkt Richtung Taras Kopf. Er ist wie Porzellan. Scharf ziehe ich die Luft ein. Auf einmal fängt alles an zu wackeln. Anwärter fallen um, wie Pinne. Tara fällt nach hinten. Ich halte sie. Ruckartig stoppt es. Ich stelle Tara wieder gerade hin. Dann ruckelt es schlimmer und schlimmer. Alle fallen zu Boden. Es klirrt. Anwärter zerspringen. Mir wird übel. Ich halte eine Hand vor meinen Mund. Ich versuche Tara zu halten. Klirr. Sie zerspringt in Tausende von Teilen. Jason und Dreamer fallen. Ich renne. Vergeblich. Viktori wackelt. Ich halte sie. Erleichtert atme ich aus. Der Saal erhitzt sich. Flammen kriechen unter den Türen hervor. Ein Knall. Eine Tür fliegt in alle Richtungen. Ich ducke mich. Schützend werfe ich meine Arme über den Kopf. Ein weiterer Knall. Ich schreie. Es ruckelt. Ein Knall direkt hinter mir. Der Geruch von verbranntem Fleisch tritt mir in die Nase. Der Kloß in meinem Hals wird größer. Ich schreie lauter. Das Ruckeln wird schlimmer. Boom! Boom! Boom! Türen fliegen. Anwärter schmelzen. „Nein!“, schreie ich in die Explosion.

„Nein!“, schreie ich lauter. Ich reiße meine Augen auf und blicke in grüne Augen. „Schsch, beruhige dich! Es war nur ein Traum.“, versucht Tara mich zu beruhigen. Meine Arme fuchteln noch immer in der Luft rum. „Nein!“, wimmere ich. Erst jetzt merke ich, wie mich alle anstarren. Ich schlucke.

„´tschuldigung.“, nuschle ich. Ich schaue zu den anderen. Jason und Dreamer schauen mich besorgt an. Dreamer. Beide schenken mir ein schwaches Lächeln. Ein größeres schenke ich ihnen zurück.

„Hallo Anwärter, da jetzt alle wach zu sein scheinen, möchte ich Ihnen bekannt geben, dass wir uns bei der Hälfte befinden.“