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In 'HAMLET' von William Shakespeare, einer zweisprachigen Ausgabe auf Deutsch und Englisch, taucht der Leser ein in eine Geschichte voller Intrigen, Verrat und Rache. Der literarische Stil Shakespeares, geprägt von tiefsinnigen Monologen und komplexen Charakteren, verleiht diesem Drama eine zeitlose Qualität. Mit einem Mix aus Tragik und Komödie fordert das Stück den Leser auf, über Themen wie Macht, Verrat und Moral nachzudenken, was auch im literarischen Kontext der Zeit Shakespeares von Bedeutung war. Die zweisprachige Ausgabe erlaubt es dem Leser, sowohl den originalen Text als auch die deutsche Übersetzung zu genießen, was das Verständnis und die Wertschätzung des Werkes vertieft. William Shakespeare, einer der bekanntesten Dramatiker der Weltliteratur, schrieb 'HAMLET' möglicherweise vor dem Hintergrund gesellschaftlicher und politischer Unruhen im elisabethanischen England. Die Thematik von Rache und Machtmissbrauch spiegelt möglicherweise die turbulenten Zeiten wider, in denen das Stück entstand. Shakespeare hat mit 'HAMLET' ein Werk geschaffen, das bis heute fasziniert und seine zeitlose Relevanz bewahrt hat. Für Leser, die sich für klassische Literatur, Dramen und psychologische Tiefe interessieren, ist 'HAMLET' ein absolutes Muss. Mit seiner packenden Handlung und seinem einzigartigen Stil wird dieses Werk sowohl Liebhaber von Shakespeare als auch neue Leser gleichermaßen begeistern.
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Seitenzahl: 314
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Books
(german)
Inhalt
PERSONEN
ERSTER AKT
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
VIERTE SZENE
FÜNFTE SZENE
ZWEITER AKT
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTER AKT
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
VIERTE SZENE
VIERTER AKT
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
VIERTE SZENE
FÜNFTE SZENE
SECHSTE SZENE
SIEBENTE SZENE
FÜNFTER AKT
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
KÖNIG CLAUDIUS von Dänemark
HAMLET, Sohn des vorigen und Neffe des gegenwärtigen Königs
POLONIUS, Oberkämmerer
HORATIO, Hamlets Freund
LAERTES, Sohn des Polonius
VOLTIMAND Hofleute
CORNELIUS Hofleute
ROSENKRANZ Hofleute
GÜLDENSTERN Hofleute
OSRICK Hofleute
Ein EDELMANN Hofleute
Ein PRIESTER
MARCELLUS , Offizier
BERNARDO , Offizier
FRANCISCO , ein Soldat
REINHOLD, Diener des Polonius
SCHAUSPIELER
Ein [norwegischer ] HAUPTMANN
Zwei Spaßmacher, TOTENGRÄBER
[Ein GESANDTER ] Englische GESANDTE
Der GEIST von Hamlets Vater
FORTINBRAS, Prinz von Norwegen
KÖNIGIN GERTRUD von Dänemark, Hamlets Mutter
OPHELIA, Tochter des Polonius
Herren und Frauen vom Hofe, Offiziere und Soldaten, Matrosen, [ein Diener, ein Bote. Gefolge ] Boten und anderes Gefolge.
Die Szene ist in Helsingör, [nur in der vierten Szene des vierten Aktes eine Ebene in Dänemark ]
Helsingör. Eine Terrasse vor dem Schlosse
Francisco auf dem Posten, Bernardo tritt auf.
BERNARDO Wer da?
FRANCISCO Nein, mir antwortet; steht und gebt Euch kund!
BERNARDO Lang lebe der König!
FRANCISCO Bernardo?
BERNARDO Er selbst.
FRANCISCO Ihr kommt gewissenhaft auf Eure Stunde.
BERNARDO Es schlug schon zwölf, mach dich zu Bett, Francisco.
FRANCISCO Dank für die Ablösung! 's ist bitter kalt, Und mir ist schlimm zumut.
BERNARDO War Eure Wache ruhig?
FRANCISCO Alles mausestill.
BERNARDO Nun, gute Nacht! Wenn Ihr auf meine Wachtgefährten stoßt, Horatio und Marcellus, heißt sie eilen.[Horatio und Marcellus treten auf. ]
FRANCISCO Ich denk, ich höre sie. - He, halt! Wer da?Horatio und Marcellus treten auf.
HORATIO Freund dieses Bodens.
MARCELLUS Und Vasall des Dänen.
FRANCISCO Hab gute Nacht!
MARCELLUS O grüß dich, wackrer Krieger. Wer hat dich abgelöst?
FRANCISCO Bernardo hat den Posten. Habt gute Nacht.Ab.
MARCELLUS Holla, Bernardo!
BERNARDO Sprecht! He, ist Horatio da?
HORATIO Ein Stück von ihm.
BERNARDO Willkommen Euch! Willkommen, Freund Marcellus!
HORATIO Nun, ist das Ding heut wiederum erschienen?
BERNARDO Ich habe nichts gesehn.
MARCELLUS Horatio sagt, es sei nur Einbildung, Und will dem Glauben keinen Raum gestatten An dieses Schreckbild, das wir zweimal sahn; Deswegen hab ich ihn hieher geladen, Mit uns die Stunden dieser Nacht zu wachen, Damit, wenn wieder die Erscheinung kommt, Er unsern Augen zeug und mit ihr spreche.
HORATIO Pah, pah! Sie wird nicht kommen.
BERNARDO Setzt Euch denn Und laßt uns nochmals Euer Ohr bestürmen, Das so verschanzt ist gegen den Bericht, Was wir zwei Nächte sahn.
HORATIO Gut, sitzen wir, Und laßt Bernardo uns hievon erzählen.
BERNARDO Die allerletzte Nacht, Als eben jener Stern, vom Pol gen Westen, In seinem Lauf den Teil des Himmels hellte, Wo jetzt er glüht, da sahn Marcell und ich, Indem die Glocke eins schlug -
MARCELLUS O still! Halt ein! Sieh, wie's da wieder kommt!Der Geist kommt , in Waffen.
BERNARDO Ganz die Gestalt wie der verstorbne König.
MARCELLUS Du bist gelehrt, sprich du mit ihm, Horatio!
BERNARDO Siehts nicht dem König gleich? Schau's an, Horatio!
HORATIO Ganz gleich; es macht mich starr vor Furcht und Staunen.
BERNARDO Es möchte angeredet sein.
MARCELLUS Horatio, sprich mit ihm.
HORATIO Wer bist du, der sich dieser Nachtzeit anmaßt, Und dieser edlen, kriegrischen Gestalt, Worin die Hoheit des begrabnen Dänmark Weiland einherging? Ich beschwöre dich Beim Himmel, sprich!
MARCELLUS Es ist beleidigt.
BERNARDO Seht, es schreitet weg.
HORATIO Bleib, sprich! Sprich, ich beschwör dich, sprich!Geist ab.
MARCELLUS Fort ists und will nicht reden.
BERNARDO Wie nun, Horatio? Ihr zittert und seht bleich: Ist dies nicht etwas mehr als Einbildung? Was haltet Ihr davon?
HORATIO Bei meinem Gott, ich dürfte dies nicht glauben, Hätt ich die sichre, fühlbare Gewähr Der eignen Augen nicht.
MARCELLUS Siehts nicht dem König gleich?
HORATIO Wie du dir selbst. Genau so war die Rüstung, die er trug, Als er sich mit dem stolzen Norweg maß; So droht' er einst, als er in harter Zwiesprach Aufs Eis warf den beschlitteten Polacken. 's ist seltsam.
MARCELLUS So schritt er, grad um diese dumpfe Stunde, Schon zweimal kriegrisch unsre Wacht vorbei.
HORATIO Wie dies bestimmt zu deuten, weiß ich nicht; Allein soviel ich insgesamt erachte, Verkündets unserm Staat besondre Gärung.
MARCELLUS Nun setzt euch, Freunde; sagt mir, wer es weiß, Warum dies aufmerksame, strenge Wachen Den Untertan des Landes nächtlich plagt? Warum wird Tag für Tag Geschütz gegossen Und in der Fremde Kriegsgerät gekauft? Warum gepreßt für Werften, wo das Volk Den Sonntag nicht vom sauren Werktag trennt? Was gibts, daß diese schweißbetriefte Eil Die Nacht dem Tage zur Gehülfin macht? Kann jemand mich belehren?
HORATIO Ja, ich kanns; Zum mindsten heißt es so. Der letzte König Ward, wie Ihr wißt, durch Fortinbras von Norweg, Den eifersüchtger Stolz dazu gespornt, Zum Kampf gefordert; unser tapfrer Hamlet - Denn diese Seite der bekannten Welt Hielt ihn dafür - schlug diesen Fortinbras, Der laut dem untersiegelten Vertrag, Durch Recht und Rittersitte wohl bekräftigt, Mit seinem Leben alle Länderein, So er besaß, verwirkte an den Sieger; Wogegen auch ein angemeßnes Teil Von unserm König ward zum Pfand gesetzt, Das Fortinbras anheimgefallen wäre, Hätt er gesiegt, wie durch denselben Handel Und Inhalt der besprochnen Punkte seins An Hamlet fiel. Nun hat Jung Fortinbras Von unerprobtem Feuer heiß und voll, An Norwegs Ecken hier und da ein Heer Landloser Abenteurer aufgerafft, Für Brot und Kost zu einem Unternehmen, Das Herz hat; welches denn kein andres ist, Wie unser Staat das auch gar wohl erkennt, Als durch die starke Hand und Zwang der Waffen Die vorbesagten Land' uns abzunehmen, Die so sein Vater eingebüßt; und dies Scheint mir der Antrieb unsrer Zurüstungen, Die Quelle unsrer Wachen und der Grund Von diesem Treiben und Gewühl im Lande.
BERNARDO Nichts anders, denk ich, ists als eben dies. Wohl trifft es zu, daß diese Schreckgestalt In Waffen unsre Wacht besucht, so ähnlich Dem König, der der Anlaß dieses Kriegs.
HORATIO Ein Stäubchen ists, des Geistes Aug zu trüben. Im höchsten palmenreichsten Stande Roms, Kurz vor dem Fall des großen Julius, standen Die Gräber leer, verhüllte Tote schrien Und wimmerten durch alle römschen Gassen; Und ebensolche Zeichen grauser Dinge, Als Boten, die dem Schicksal stets vorangehn, Und Vorspiel der Entscheidung, die sich naht, Hat Erd und Himmel insgemein gesandt An unsern Himmelsstrich und Landsgenossen, Wie feuergeschweifte Sterne, blutger Tau, Die Sonne fleckig; und der feuchte Stern, Des Einfluß waltet in Neptunus' Reich, Krankt an Verfinstrung wie zum Jüngsten Tag.[Der Geist kommt wieder. ] Doch still! Schaut, wie's da wieder kommt.Der Geist kommt wieder. Ich kreuz es Und sollt es mich verderben. -[Er breitet die Arme aus. ] Steh, Phantom, Hast du Gebrauch der Stimm und einen Laut: Sprich zu mir! Ist irgendeine gute Tat zu tun, Die Ruh dir bringen kann und Ehre mir: Sprich zu mir! Bist du vertraut mit deines Landes Schicksal, Das etwa noch Voraussicht wenden kann: O sprich! Und hast du aufgehäuft in deinem Leben Erpreßte Schätze in der Erde Schoß, Wofür ihr Geister, sagt man, oft im Tode Umhergeht,Der Hahn kräht. sprich davon! Verweil und sprich![Der Hahn kräht. ] Halt es doch auf, Marcellus!
MARCELLUS Soll ich nach ihm mit der Hellbarde schlagen?
HORATIO Tu's, wenns nicht stehen will!
BERNARDO 's ist hier!
HORATIO 's ist hier!
MARCELLUS 's ist fort!Geist ab. Wir tun ihm Schmach, da es so majestätisch, Wenn wir den Anschein der Gewalt ihm bieten; Denn es ist unverwundbar wie die Luft, Und unsre leeren Streiche foppen uns.
BERNARDO Es war am Reden, als der Hahn just krähte.
HORATIO Und da fuhrs auf gleich einem sündgen Wesen Beim Aufruf zum Gericht. Ich hab gehört, Der Hahn, der als Trompete dient dem Morgen, Erweckt mit schmetternder und heller Kehle Den Gott des Tages, und auf seine Mahnung, Sei's in der See, im Feur, Erd oder Luft, Eilt jeder schweifende und irre Geist In sein Revier; und von der Wahrheit dessen
Helsingör. Ein Staatszimmer im Schlosse
Der König, die Königin, Hamlet, Polonius, Laertes, Voltimand, Cornelius, Herren vom Hofe und Gefolge.
KÖNIG Wiewohl von Hamlets Tod, des werten Bruders, Noch das Gedächtnis frisch, und ob es Unserm Herzen Zu trauern ziemte und dem ganzen Reich, In eine Stirn des Grames sich zu falten: So weit hat Urteil die Natur bekämpft, Daß Wir mit weisem Kummer sein gedenken, Zugleich mit der Erinnrung an Uns selbst. Wir haben also Unsre weiland Schwester, Jetzt Unsre Königin, die hohe Witwe Und Erbin dieses kriegerischen Staats, Mit unterdrückter Freude sozusagen, Mit einem heitern, einem nassen Auge, Mit Leichenjubel und mit Hochzeitklage, In gleichen Schalen wägend Leid und Lust, Zur Eh genommen; haben auch hierin Nicht Eurer bessern Weisheit widerstrebt, Die frei Uns beigestimmt. Für alles Dank! - Nun wißt Ihr, hat der junge Fortinbras Aus Minderschätzung Unsers Werts und denkend, Durch Unsers teuren selgen Bruders Tod Sei Unser Staat verrenkt und aus den Fugen, Gestützt auf diesen Traum von seinem Vorteil, Mit Botschaft Uns zu plagen nicht ermangelt Um Wiedergabe jener Länderein, Rechtskräftig eingebüßt von seinem Vater An Unsern tapfern Bruder. - So viel von ihm; Nun von Uns selbst und Eurer Herberufung. So lautet das Geschäft: Wir schreiben hier An Norweg, Ohm des jungen Fortinbras, Der schwach, bettlägrig, kaum von diesem Anschlag Des Neffen hört, daß er den fernern Gang Hierin mög hemmen, da ja doch die Werbung, Bestand und Zahl der Truppen, alles nur Aus seinem Volk geschieht; und senden nun Euch, wackrer Voltimand, und Euch, Cornelius, Mit diesem Gruß zum alten Norweg hin, Euch keine weitre Vollmacht übergebend, Zu handeln mit dem König, als das Maß Der hier erörterten Artikel zuläßt. Lebt wohl, und Eil empfehle Euren Eifer!
CORNELIUS und VOLTIMAND Hier, wie in allem, wollen wir ihn zeigen.
KÖNIG Wir zweifeln nicht daran. Lebt herzlich wohl! -Voltimand und Cornelius ab. Und nun, Laertes, sagt, was bringt Ihr Uns? Ihr nanntet ein Gesuch; was ists, Laertes? Ihr könnt nicht von Vernunft dem Dänen reden, Und Euer Wort verlieren. Kannst du bitten, Was ich nicht gern gewährt, eh du's verlangt? Der Kopf ist nicht dem Herzen mehr verwandt, Die Hand dem Munde dienstgefällger nicht, Als Dänmarks Thron es deinem Vater ist. Was wünschest du, Laertes?
LAERTES Hoher Herr, Vergünstigung nach Frankreich rückzukehren, Woher ich zwar nach Dänmark willig kam, Bei Eurer Krönung meine Pflicht zu leisten; Doch nun gesteh ich, da die Pflicht erfüllt, Strebt mein Gedank und Wunsch nach Frankreich hin Und neigt sich Eurer gnädigen Erlaubnis.
KÖNIG Erlaubts der Vater Euch? Was sagt Polonius?
POLONIUS Er hat, mein Fürst, die zögernde Erlaubnis Mir durch beharrlich Bitten abgedrungen, Daß ich zuletzt auf seinen Wunsch das Siegel Der schwierigen Bewilligung gedrückt. Ich bitt Euch, gebt Erlaubnis ihm zu gehn.
KÖNIG Nimm deine günstge Stunde: Zeit sei dein, Mit deinen Gaben nutze sie nach Lust. - Doch nun, mein Vetter Hamlet und mein Sohn -
HAMLETbeiseit. Mehr als befreundet, weniger als Freund.
KÖNIG Wie, hängen stets noch Wolken über Euch?
HAMLET Nicht doch, mein Fürst, ich habe zuviel Sonne.
KÖNIGIN Wirf, guter Hamlet, ab die nächtge Farbe Und laß dein Aug als Freund auf Dänmark sehn. Such nicht beständig mit gesenkten Wimpern Nach deinem edlen Vater in dem Staub. Du weißt, 's ist aller Los: was lebt, muß sterben Und Ewges nach der Zeitlichkeit erwerben.
HAMLET Ja, gnädge Frau, 's ist aller Los.
KÖNIGIN Nun wohl, Weswegen scheint es so besonders dir?
HAMLET Scheint, gnädge Frau? Nein, ist; mir gilt kein »scheint«. Nicht bloß mein düstrer Mantel, gute Mutter, Noch diese Tracht, nach Brauch von ernstem Schwarz, Noch stürmisches Geseufz beklemmten Atems, Noch auch im Auge der ergiebige Strom, Noch die gebeugte Haltung des Gesichts Samt aller Sitte, Art, Gestalt des Grames Ist das, was wahr mich kundgibt; dies scheint wirklich; Es sind Gebärden, die man spielen könnte. Was über allen Schein, trag ich in mir; All dies ist nur des Kummers Kleid und Zier.
KÖNIG Es ist gar lieb und Eurem Herzen rühmlich, Hamlet, Dem Vater diese Trauerpflicht zu leisten. Doch wißt, auch Eurem Vater starb ein Vater, Dem seiner, und der Nachgelaßne soll Nach kindlicher Verpflichtung einige Zeit Die Leichentrauer halten. Doch zu beharren In eigenwillgen Klagen ist das Tun Gottlosen Starrsinns, ist unmännlich Leid, Zeigt einen Willen, der dem Himmel trotzt, Ein unverschanztes Herz, störrisch Gemüt, Zeigt blöden, ungelehrigen Verstand. Wovon man weiß, es muß sein; was gewöhnlich Wie das Gemeinste, das die Sinne rührt: Weswegen das in mürrischem Widerstande Zu Herzen nehmen? Pfui! Es ist Vergehn Am Himmel; ist Vergehen an dem Toten, Vergehn an der Natur, vor der Vernunft Höchst töricht, deren allgemeine Predigt Der Väter Tod ist und die immer rief Vom ersten Leichnam bis zum heut verstorbnen: Dies muß so sein! - Wir bitten, werft zu Boden Dies unfruchtbare Leid und denkt von Uns Als einem Vater; denn wissen soll die Welt, Daß Ihr an Unserm Thron der Nächste seid, Und mit nicht minder Überschwang der Liebe, Als seinem Sohn der liebste Vater widmet, Bin ich Euch zugetan. Was Eure Rückkehr Zur hohen Schul in Wittenberg betrifft, So widerspricht sie höchlich Unserm Wunsch, Und Wir ersuchen Euch: Beliebt zu bleiben Hier in dem milden Scheine Unsers Auges, Als Unser erster Hofmann, Vetter, Sohn!
KÖNIGIN Laß deine Mutter fehl nicht bitten, Hamlet; Ich bitte, bleib bei uns, geh nicht nach Wittenberg!
HAMLET Ich will Euch gern gehorchen, gnädge Frau.
KÖNIG Wohl, das ist eine liebe, schöne Antwort. Seid wie Wir selbst in Dänmark. - Kommt, Gemahlin! Dies willge, freundliche Nachgeben Hamlets Lächelt das Herz mir an, und dem zu Ehren Soll das Geschütz heut jeden frohen Trunk, Den Dänmark ausbringt, an die Wolken tragen, Und wenn der König anklingt, soll der Himmel Nachdröhnen irdschem Donner. - Kommt mit mir![König, Königin, Laertes und Gefolge ab. ] Alle außer Hamlet ab.
HAMLET O schmölze doch dies allzu feste Fleisch, Zerging' und löst' in einen Tau sich auf! Oder hätte nicht der Ewge sein Gebot Gerichtet gegen Selbstmord! O Gott! O Gott! Wie ekel, schal und flach und unersprießlich Scheint mir das ganze Treiben dieser Welt! Pfui, pfui darüber! 's ist ein wüster Garten, Der auf in Samen schießt; verworfnes Unkraut Erfüllt ihn gänzlich. Dazu mußt es kommen! Zwei Mond erst tot! - Nein, nicht soviel, nicht zwei! Solch trefflicher Monarch, verglichen diesem, Apoll bei einem Satyr! So meine Mutter liebend, Daß er des Himmels Winde nicht zu rauh Ihr Antlitz ließ berühren. Himmel und Erde! Muß ich gedenken? Hing sie doch an ihm, Als stieg das Wachstum ihrer Lust mit dem, Was ihre Kost war. Und doch, in einem Mond - Laßt michs nicht denken! - Schwachheit, dein Nam ist Weib! - Ein kurzer Mond; bevor die Schuh verbraucht, Womit sie meines Vaters Leiche folgte, Wie Niobe, ganz Tränen - sie, ja sie - O Himmel, würd ein Tier, das nicht Vernunft hat, Doch länger trauern! - meinem Ohm vermählt, Dem Bruder meines Vaters, doch ihm ähnlich, Wie ich dem Herkules! In einem Mond, Bevor das Salz höchst frevelhafter Tränen Der wunden Augen Röte noch verließ, War sie vermählt! - O schnöde Hast, so rasch In ein blutschänderisches Bett zu stürzen! Es ist nicht, und es wird auch nimmer gut. Doch brich, mein Herz, denn schweigen muß mein Mund!Horatio, Bernardo und Marcellus treten auf.
HORATIO Heil Eurer Hoheit!
HAMLET Ich bin erfreut, Euch wohl zu sehn; Horatio - wenn ich nicht mich selbst vergesse?
HORATIO Ja, Prinz, und Euer armer Diener stets.
HAMLET Mein guter Freund; vertauscht mir jenen Namen. Was macht Ihr hier von Wittenberg, Horatio? - Marcellus?
MARCELLUS Gnädger Herr -
HAMLET Es freut mich, Euch zu sehn. Habt guten Abend! - Im Ernst, was führt Euch weg von Wittenberg?
HORATIO Ein müßiggängerischer Hang, mein Prinz.
HAMLET Das möcht ich Euren Feind nicht sagen hören, Noch sollt Ihr meinem Ohr den Zwang antun, Daß Euer eignes Zeugnis gegen Euch Ihm gültig wär. Ich weiß, Ihr geht nicht müßig. Doch was ist Eur Geschäft in Helsingör? Ihr sollt noch trinken lernen, eh Ihr reist.
HORATIO Ich kam zu Eures Vaters Leichenfeier.
HAMLET Ich bitte, spotte meiner nicht, mein Schulfreund, Du kamst gewiß zu meiner Mutter Hochzeit!
HORATIO Fürwahr, mein Prinz, sie folgte schnell darauf.
HAMLET Wirtschaft, Horatio! Wirtschaft! Das Gebackne Vom Leichenschmaus gab kalte Hochzeitschüsseln. Hätt ich den ärgsten Feind im Himmel lieber Getroffen, als den Tag erlebt, Horatio! Mein Vater - mich dünkt, ich sehe meinen Vater.
HORATIO Wo, mein Prinz?
HAMLET In meines Geistes Aug, Horatio.
HORATIO Ich sah ihn einst, er war ein wackrer König.
HAMLET Er war ein Mann, nehmt alles nur in allem; Ich werde nimmer seinesgleichen sehn.
HORATIO Mein Prinz, ich denk, ich sah ihn vorge Nacht.
HAMLET Sah? Wen?
HORATIO Mein Prinz, den König, Euren Vater.
HAMLET Den König, meinen Vater?
HORATIO Beruhigt das Erstaunen eine Weil Durch ein aufmerksam Ohr, bis ich dies Wunder, Auf die Bekräftigung der Männer hier, Euch kann berichten.
HAMLET Um Gottes willen, laßt mich hören!
HORATIO Zwei Nächte nacheinander wars den beiden, Marcellus und Bernardo, auf der Wache In toter Stille tiefer Mitternacht So widerfahren. Ein Schatten wie Eur Vater, Geharnischt, ganz in Wehr, von Kopf zu Fuß, Erscheint vor ihnen, geht mit ernstem Tritt Langsam vorbei und stattlich; schreitet dreimal Vor ihren starren, furchtergriffnen Augen, So daß sein Stab sie abreicht, während sie, Geronnen fast zu Gallert durch die Furcht, Stumm stehn und reden nicht mit ihm. Dies nun In banger Heimlichkeit vertraun sie mir. Ich hielt die dritte Nacht mit ihnen Wache; Und da, wie sie's berichtet, in der Zeit Und der Gestalt buchstäblich alles wahr, Kommt das Gespenst. Ich kannte Euren Vater: Hier diese Hände gleichen sich nicht mehr.
HAMLET Wo ging dies aber vor?
MARCELLUS Auf der Terrasse, wo wir Wache hielten.
HAMLET Ihr sprachet nicht mit ihm?
HORATIO Ich tats, mein Prinz, Doch Antwort gab es nicht; nur einmal schiens, Es höb sein Haupt empor und schickte sich Zu der Bewegung an, als wollt es sprechen; Doch krähte eben laut der Morgenhahn, Und bei dem Tone schlüpft' es eilig weg Und schwand aus unserm Blick.
HAMLET Sehr sonderbar!
HORATIO Bei meinem Leben, edler Prinz, 's ist wahr; Wir hieltens durch die Pflicht uns vorgeschrieben, Die Sach Euch kundzutun.
HAMLET Im Ernst, im Ernst, Ihr Herrn, dies ängstigt mich. Habt Ihr die Wache heut?
[ALLE ] MARCELLUS und BERNARDO Ja, gnädger Herr.
HAMLET Geharnischt, sagt Ihr?
[ALLE ] BEIDE Geharnischt, gnädger Herr.
HAMLET Vom Wirbel bis zur Zeh?
[ALLE ] BEIDE Von Kopf zu Fuß.
HAMLET So saht Ihr sein Gesicht nicht?
HORATIO O ja doch, sein Visier war aufgezogen.
HAMLET Nun, blickt' er finster?
HORATIO Eine Miene, mehr Des Leidens als des Zorns.
HAMLET Blaß oder rot?
Ein Zimmer in Polouius' Hause
Laertes und Ophelia treten auf.
LAERTES Mein Reisegut ist eingeschifft. Leb wohl! Und, Schwester, wenn die Winde günstig sind Und Schiffsgelegenheit sich findet, schlaf nicht, Laß von dir hören.
OPHELIA Zweifelst du daran?
LAERTES Was Hamlet angeht und sein Liebsgetändel, So nimms als Sitte, als ein Spiel des Bluts, Ein Veilchen in der Jugend der Natur, Frühzeitig, nicht beständig - süß, nicht dauernd, Nur Duft und Labsal eines Augenblicks; Nichts weiter.
OPHELIA Weiter nichts?
LAERTES Nur dafür halt es; Denn die Natur, aufstrebend, nimmt nicht bloß An Größ und Sehnen zu; wie dieser Tempel wächst, So wird der innre Dienst von Seel und Geist Auch weit mit ihm. Er liebt Euch jetzt vielleicht, Kein Arg und kein Betrug befleckt bis jetzt Die Tugend seines Willens; doch befürchte, Bei seinem Rang gehört sein Will ihm nicht; Er selbst ist der Geburt ja untertan. Er kann nicht, wie geringe Leute tun, Für sich auslesen, denn an seiner Wahl Hängt Sicherheit und Heil des ganzen Staats. Deshalb muß seine Wahl denn auch beschränkt sein Vom Beifall und der Stimme jenes Körpers, Von welchem er das Haupt. Wenn er nun sagt, er liebt dich, Geziemt es deiner Klugheit, ihm zu glauben, Soweit er, nach besonderm Recht und Stand, Tat geben kann dem Wort, das heißt, nicht weiter, Als Dänemarks gesamte Stimme geht. Bedenk, was deine Ehre leiden kann, Wenn du zu gläubig seinem Liede lauschest, Dein Herz verlierst und deinen keuschen Schatz Vor seinem ungestümen Dringen öffnest. Fürcht es, Ophelia, fürcht es, liebe Schwester, Und halte dich im Hintergrund der Neigung, Fern von dem Schuß und Anfall der Begier! Das scheuste Mädchen ist verschwendrisch noch, Wenn sie dem Monde ihren Reiz enthüllt. Selbst Tugend nicht entgeht Verleumdertücken, Es nagt der Wurm des Frühlings Kinder an, Zu oft noch, eh die Knospe sich erschließt, Und in der Früh und frischem Tau der Jugend Ist giftger Anhauch am gefährlichsten. Sei denn behutsam! Furcht gibt Sicherheit, Auch ohne Feind hat Jugend innern Streit.
OPHELIA Ich will den Sinn so guter Lehr bewahren Als Wächter meiner Brust; doch, lieber Bruder, Zeig nicht, wie heilvergeßne Prediger tun, Den steilen Dornenweg zum Himmel andern, Derweil als frecher, lockrer Wollüstling Er selbst den Blumenpfad der Lust betritt Und spottet seines Rats.
LAERTES O fürchte nichts! Zu lange weil ich - doch, da kommt mein Vater.Polonius kommt. Zwiefacher Segen ist ein zwiefach Heil; Der Zufall lächelt einem zweiten Abschied.
POLONIUS Noch hier, Laertes? Ei, ei, an Bord, an Bord! Der Wind sitzt in dem Nacken Eures Segels, Und man verlangt Euch. Hier mein Segen mit dir -indem er dem Laertes die Hand aufs Haupt legt Und diese Regeln präg in dein Gedächtnis: Gib den Gedanken, die du hegst, nicht Zunge, Noch einem ungebührlichen die Tat. Leutselig sei, doch mach dich nicht gemein. Den Freund, der dein, und dessen Wahl erprobt, Mit ehrnen Haken klammr ihn an dein Herz. Doch schwäche deine Hand nicht durch Begrüßung Von jedem neugeheckten Bruder. Hüte dich, In Händel zu geraten; bist du drin, Führ sie, daß sich dein Feind vor dir mag hüten. Dein Ohr leih jedem, wenigen deine Stimme; Nimm Rat von allen, aber spar dein Urteil. Die Kleidung kostbar, wie's dein Beutel kann, Doch nicht ins Grillenhafte: reich, nicht bunt; Denn es verkündigt oft die Tracht den Mann, Und die vom ersten Rang und Stand in Frankreich Sind darin ausgesucht und edler Sitte. Kein Borger sei und auch Verleiher nicht; Sich und den Freund verliert das Darlehn oft, Und Borgen stumpft der Wirtschaft Spitze ab. Dies über alles: Sei dir selber treu, Und daraus folgt, so wie die Nacht dem Tage, Du kannst nicht falsch sein gegen irgendwen. Leb wohl! Mein Segen fördre dies an dir!
LAERTES In Ehrerbietung nehm ich Abschied, Herr.
POLONIUS Euch ruft die Zeit; geht, Eure Diener warten.
LAERTES Leb wohl, Ophelia, und gedenk an das, Was ich dir sagte.
OPHELIA Es ist in mein Gedächtnis fest verschlossen, Und Ihr sollt selbst dazu den Schlüssel führen.
LAERTES Lebt wohl!Ab.
POLONIUS Was ists, Ophelia, das er Euch gesagt?
OPHELIA Wenn Ihr erlaubt, vom Prinzen Hamlet wars.
POLONIUS Ha, wohl bedacht! Ich höre, daß er Euch seit kurzem oft Vertraute Zeit geschenkt, und daß Ihr selbst Mit Eurem Zutritt sehr bereit und frei wart. Wenn dem so ist - und so erzählt man mirs, Und das als Warnung zwar -, muß ich Euch sagen, Daß Ihr Euch selber nicht so klar versteht, Als meiner Tochter ziemt und Eurer Ehre. Was gibt es zwischen euch? Sagt mir die Wahrheit!
OPHELIA Er hat seither Anträge mir getan Von seiner Zuneigung.
POLONIUS Pah, Zuneigung! Ihr sprecht wie junges Blut, In solchen Fährlichkeiten unbewandert. Und glaubt Ihr den Anträgen, wie Ihrs nennt?
OPHELIA Ich weiß nicht, Vater, was ich denken soll.
POLONIUS So hörts denn: Denkt, Ihr seid ein dummes Ding, Daß Ihr für bar Anträge habt genommen, Die ohn Ertrag sind. Nein, betragt Euch klüger, Sonst, um das arme Wort nicht tot zu hetzen, Trägt Eure Narrheit noch Euch Schaden ein.
OPHELIA Er hat mit seiner Lieb in mich gedrungen, In aller Ehr und Sitte.
POLONIUS Ja, Sitte mögt Ihrs nennen; geht mir, geht!
OPHELIA Und hat sein Wort beglaubigt, lieber Herr, Beinah durch jeden heilgen Schwur des Himmels.
POLONIUS Ja, Sprenkel für die Drosseln. Weiß ich doch, Wenn das Blut kocht, wie das Gemüt der Zunge Freigebig Schwüre leiht. Dies Lodern, Tochter, Mehr leuchtend als erwärmend, und erloschen
Die Terrasse
Hamlet, Horatio und Marcellus treten auf.
HAMLET Die Luft geht scharf, es ist entsetzlich kalt.
HORATIO 's ist eine schneidende und strenge Luft.
HAMLET Was ist die Uhr?
HORATIO Ich denke, nah an zwölf.
MARCELLUS Nicht doch, es hat geschlagen.
HORATIO Wirklich schon? Ich hört es nicht; so rückt heran die Stunde, Worin der Geist gewohnt ist umzugehn.Trompetenstoß und Geschütz abgefeuert hinter der Szene. Was stellt das vor, mein Prinz?
HAMLET Der König wacht die Nacht durch, zecht vollauf, Hält Schmaus und taumelt den geräuschgen Walzer; Und wie er Züge Rheinweins niedergießt, Verkünden schmetternd Pauken und Trompeten Den ausgebrachten Trunk.
HORATIO Ist das Gebrauch?
HAMLET Nun freilich wohl. Doch meines Dünkens, bin ich eingeboren Und drin erzogen schon, ists ein Gebrauch, Wovon der Bruch mehr ehrt als die Befolgung. Dies schwindelköpfge Zechen macht verrufen Bei andern Völkern uns in Ost und West; Man heißt uns Säufer, hängt an unsre Namen Ein schmutzig Beiwort; und fürwahr, es nimmt Von unsern Taten, noch so groß verrichtet, Den Kern und Ausbund unsers Wertes weg. So geht es oft mit einzeln Menschen auch, Daß sie durch ein Naturmal, das sie schändet, Als etwa von Geburt - worin sie schuldlos, Weil die Natur nicht ihren Ursprung wählt -, Ein Übermaß in ihres Blutes Mischung, Das Dämm und Schanzen der Vernunft oft einbricht, Auch wohl durch Angewöhnung, die zu sehr Den Schein gefällger Sitten überrostet - Daß diese Menschen, sag ich, welche so Von einem Fehler das Gepräge tragen - Sei's Farbe der Natur, sei's Fleck des Zufalls -, Und wären ihre Tugenden so rein Wie Gnade sonst, so zahllos wie ein Mensch Sie tragen mag: in dem gemeinen Tadel Steckt der besondre Fehl sie doch mit an, Der Gran von Schlechtem zieht des edlen Wertes Gehalt herab in seine eigne Schmach.[Der Geist kommt. ]
HORATIO O seht, mein Prinz, es kommt!Der Geist kommt.
HAMLET Engel und Boten Gottes, steht uns bei! - Sei du ein Geist des Segens, sei ein Kobold, Bring Himmelslüfte oder Dampf der Hölle, Sei dein Beginnen boshaft oder liebreich, Du kommst in so fragheischender Gestalt, Daß ich dich sprechen will. Ich nenn dich, Hamlet, Fürst, Vater, Dänenkönig; o gib Antwort! Laß mich in Blindheit nicht vergehn! Nein, sag, Warum dein fromm Gebein, verwahrt im Tode, Die Leinen hat gesprengt, warum die Gruft, Worin wir ruhig eingeurnt dich sahn, Geöffnet ihre schweren Marmorkiefer, Dich wieder auszuwerfen? Was bedeutets, Daß, toter Leichnam, du in vollem Stahl Aufs neu des Mondes Dämmerschein besuchst, Die Nacht entstellend, daß wir Narren der Natur So fürchterlich uns schütteln mit Gedanken, Die unsern Seelen nicht erreichbar sind? Sag, was ist dies? Warum? Was solln wir tun?Der Geist winkt Hamlet zu sich.
HORATIO Es winkt Euch zu, mit ihm hinwegzugehn, Als obs nach einer Mitteilung verlangte An Euch allein.
MARCELLUS Seht, wie es Euch mit freundlicher Gebärde Hinweist an einen mehr entlegnen Ort; Geht aber nicht mit ihm!
HORATIO Nein, keineswegs!
HAMLET Es will nicht sprechen; wohl, so folg ich ihm.
HORATIO Tuts nicht, mein Prinz!
HAMLET Was wäre da zu fürchten? Mein Leben acht ich keine Nadel wert; Und meine Seele, kann es der was tun, Die ein unsterblich Ding ist, wie es selbst? Es winkt mir wieder fort, ich folg ihm nach.
HORATIO Wie, wenn es hin zur Flut Euch lockt, mein Prinz, Vielleicht zum grausen Gipfel jenes Felsen, Der in die See nickt über seinen Fuß? Und dort in andre Schreckgestalt sich kleidet, Die der Vernunft die Herrschaft rauben könnte Und Euch zum Wahnsinn treiben? O bedenkt! Der Ort an sich bringt Grillen der Verzweiflung Auch ohne weitern Grund in jedes Hirn, Der so viel Klafter niederschaut zur See Und hört sie unten brüllen.
HAMLET Immer winkt es. - Geh nur, ich folge dir.
MARCELLUS Ihr dürft nicht gehn, mein Prinz!
HAMLET Die Hände weg!
HORATIO Hört uns, Ihr dürft nicht gehn!
HAMLET Mein Schicksal ruft Und macht die kleinste Ader dieses Leibes So fest als Sehnen des Nemeer Löwen.Der Geist winkt.
Ein abgelegener er Teil [der Terrasse ] des Schloßes
Der Geist und Hamlet kommen.
HAMLET Wo führst du hin mich? Red, ich geh nicht weiter.
GEIST Hör an!
HAMLET Ich wills.
GEIST Schon naht sich meine Stunde, Wo ich den schweflichten, qualvollen Flammen Mich übergeben muß.
HAMLET Ach, armer Geist!
GEIST Beklag mich nicht, doch leih dein ernst Gehör Dem, was ich kund will tun.
HAMLET Sprich! Mir ists Pflicht Zu hören.
GEIST Auch zu rächen, wenn du erst Wirst hörn.
HAMLET Was?
GEIST Ich bin deines Vaters Geist; Verdammt auf eine Zeitlang, nachts zu wandern Und tags, gebannt, zu fasten in der Glut, Bis die Verbrechen meiner Zeitlichkeit Hinweggeläutert sind. Wär mirs nicht untersagt, Das Innre meines Kerkers zu enthüllen, So höb' ich eine Kunde an, von der Das kleinste Wort die Seele dir zermalmte, Dein junges Blut erstarrte, deine Augen Wie Stern' aus ihren Kreisen schießen machte, Dir die verworrnen krausen Locken trennte Und sträubte jedes einzelne Haar empor Wie Nadeln an dem zorngen Stacheltier; Doch diese ewge Offenbarung faßt Kein Ohr von Fleisch und Blut. - Horch, horch, o horch! Wenn du je deinen teuren Vater liebtest -
HAMLET O Himmel!
GEIST - räch seinen schnöden, unerhörten Mord!
HAMLET Mord?
GEIST Ja, schnöder Mord, wie er aufs beste ist, Doch dieser unerhört und unnatürlich.
HAMLET Eil, ihn zu melden, daß ich auf Schwingen, rasch Wie Andacht und des Liebenden Gedanken, Zur Rache stürmen mag!
GEIST Du scheinst mir willig; Auch wärst du träger als das feiste Kraut, Das ruhig Wurzel treibt an Lethes Bord, Erwachtest du nicht hier. Nun, Hamlet, höre: Es heißt, daß, als ich schlief in meinem Garten, Mich eine Schlange stach; so wird das Ohr des Reichs Durch den erlognen Hergang meines Todes Schmählich getäuscht! Doch wisse, edler Jüngling, Die Schlang, die deines Vaters Leben stach, Trägt seine Krone jetzt.
HAMLET O mein prophetisches Gemüt! Mein Oheim?
GEIST Ja, der blutschänderische Ehebrecher, Durch Witzes Zauber, durch Verrätergaben - O arger Witz und Gaben, die imstand So zu verführen sind! - gewann den Willen Der scheinbar tugendsamen Königin Zu schnöder Lust. O Hamlet, welch ein Abfall! Von mir, des Liebe von der Echtheit war, Daß Hand in Hand sie mit dem Schwure ging, Den ich bei der Vermählung tat, erniedert Zu einem Sünder, von Natur durchaus Armselig gegen mich! Allein wie Tugend nie sich reizen läßt, Buhlt Unzucht auch um sie in Himmelsbildung; So Lust, gepaart mit einem lichten Engel, Wird dennoch eines Götterbettes satt Und hascht nach Wegwurf. - Doch still, mich dünkt, ich wittre Morgenluft: Kurz laß mich sein. - Da ich im Garten schlief, Wie immer meine Sitte nachmittags, Beschlich dein Oheim meine sichre Stunde Mit Saft verfluchten Bilsenkrauts im Fläschchen, Und träufelt' in den Eingang meines Ohrs Das schwärende Getränk, wovon die Wirkung So mit des Menschen Blut in Feindschaft steht, Daß es durch die natürlichen Kanäle Des Körpers hurtig wie Quecksilber läuft, Und wie ein saures Lab, in Milch getropft, Mit plötzlicher Gewalt gerinnen macht Das leichte, reine Blut. So tat es meinem, Und Aussatz schuppte sich mir augenblicklich, Wie einem Lazarus, mit ekler Rinde Ganz um den glatten Leib. So ward ich schlafend und durch Bruderhand Um Leben, Krone, Weib mit eins gebracht, In meiner Sünden Blüte hingerafft, Ohn Abendmahl, ohn Beicht, ohn letzte Ölung, Die Rechnung nicht geschlossen, ins Gericht Mit aller Schuld auf meinem Haupt gesandt.
[HAMLET ] O schaudervoll! O schaudervoll, höchst schaudervoll!
[GEIST ] Hast du Natur in dir, so leid es nicht, Laß Dänmarks königliches Bett kein Lager Für Blutschand und verruchte Wollust sein! Doch wie du immer diese Tat betreibst, Befleck dein Herz nicht; dein Gemüt ersinne Nichts gegen deine Mutter; überlaß sie Dem Himmel und den Dornen, die im Busen Ihr stechend wohnen. Lebe wohl mit eins: Der Glühwurm zeigt, daß sich die Frühe naht, Und sein unwirksam Feuer wird schon blasser. Ade! Ade! Ade! Gedenke mein!Ab.
HAMLET O Heer des Himmels! Erde! - Was noch sonst? Nenn ich die Hölle mit? O pfui! Halt, halt, mein Herz! Ihr meine Sehnen, altert nicht sogleich, Tragt fest mich aufrecht! Dein gedenken? Ja, Du armer Geist, solang Gedächtnis haust In dem zerstörten Ball hier. Dein gedenken? Ja, von der Tafel der Erinnrung will ich Weglöschen alle törichten Geschichten, Aus Büchern alle Sprüche, alle Bilder, Die Spuren des Vergangnen, welche da Die Jugend einschrieb und Beobachtung; Und dein Gebot soll leben ganz allein Im Buche meines Hirnes, unvermischt Mit minder würdgen Dingen. Ja, beim Himmel! O höchst verderblich Weib! O Schurke, lächelnder, verdammter Schurke! Schreibtafel her, ich muß mirs niederschreiben, Daß einer lächeln kann und immer lächeln Und doch ein Schurke sein; zum wenigsten Weiß ich gewiß, in Dänmark kanns so sein.Schreibt. Da steht Ihr, Oheim! - Jetzt zu meiner Losung! Sie heißt: Ade, ade! Gedenke mein! - Ich habs geschworen.
HORATIOhinter der Szene. Mein Prinz! Mein Prinz!
MARCELLUShinter der Szene. Prinz Hamlet!
HORATIOhinter der Szene. Gott beschütz ihn!
HAMLET So sei es!
MARCELLUShinter der Szene. Heda, ho! Mein Prinz!
HAMLET Ha, heißa, Junge! Komm, Vogel, komm!Horatio und Marcellus kommen.
MARCELLUS Wie stehts, mein gnädger Herr?
HORATIO Was gibts, mein Prinz?
HAMLET O wunderbar!
HORATIO