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London, 1741. Gesundheitlich am Ende, finanziell ruiniert und trotz früherer Erfolge vereinsamt, fristet Georg Friedrich Händel sein Leben in tiefer Verzweiflung. Die Quelle, aus der sein musikalisches Schaffen hervorging, scheint versiegt zu sein. Doch da fällt ein Manuskript in seine Hände, das ihn merkwürdig berührt. Neue Kraft durchströmt ihn und schließlich bricht die Musik aus ihm heraus, die ihn und sein Werk unsterblich machen werden: "Der Messias". Stefan Zweigs bewegende Erzählung über die Entstehung des "Messias" ist voller Hoffnung und Leidenschaft, beseelt vom Glauben an eine schöpferische Kraft, die stärker ist als der Tod. Mit dem vollständigen Libretto des "Messias".
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Seitenzahl: 47
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BUCH LESEN
COVER
HAUPTTITEL
INHALT
BILDNACHWEIS
ÜBER DAS BUCH
IMPRESSUM
HINWEISE DES VERLAGS
Stefan Zweig
Georg Friedrich Händels Auferstehung
Patmos Verlag
STEFAN ZWEIGGeorg Friedrich Händels Auferstehung
GEORG FRIEDRICH HÄNDELBrief an Charles Jennens
JOHANN GOTTFRIED HERDERDeutsche Textfassung des „Messias“
E.T.A. HOFFMANN Über den „Messias“
MAX CHOPGeorg Friedrich Händel – Ein leidenschaftlicher Geist
STEFAN ZWEIG
Georg Friedrich Händels Auferstehung
21. August 1741
Der Diener Georg Friedrich Händels saß am Nachmittag des 15. April 1757, auf das Sonderbarste beschäftigt, vor dem Parterrefenster des Hauses in Brookstreet. Er hatte ärgerlich bemerkt, dass sein Tabakvorrat ausgegangen war, und eigentlich hätte er nur zwei Straßen weit zu laufen gehabt, um sich in der Bude seiner Freundin Dolly frischen Knaster zu besorgen, aber er wagte sich nicht vom Hause, aus Furcht vor seinem jähzornigen Herrn und Meister.
Georg Friedrich Händel war in vollsaftiger Wut aus der Probe nach Hause gekommen, prallrot das Gesicht von aufwallendem Blut und dick die Adersträhnen an den Schläfen, mit einem Knall hatte er die Haustür zugeworfen und wanderte jetzt, der Diener konnte es hören, so heftig im ersten Stock auf und ab, dass die Decke bebte: Es war nicht ratsam, an solchen Zorntagen lässig im Dienste zu sein. So suchte der Diener ablenkende Beschäftigung für seine Langeweile, indem er statt schöngekringelten blauen Rauches aus seiner kurzen Tonpfeife Seifenblasen aufsteigen ließ. Er hatte sich einen kleinen Napf mit Seifenschaum zurechtgemacht und vergnügte sich, aus dem Fenster die bunten farbigen Blasen auf die Straße zu jagen. Die Vorübergehenden blieben stehen, zerstäubten im Spaß mit dem Stock eine und die andere der farbigen Kugeln, sie lachten und winkten, aber sie wunderten sich nicht. Denn von diesem Hause in Brookstreet konnte man alles erwarten; hier dröhnte plötzlich nachts das Cembalo, hier hörte man Sängerinnen heulen und schluchzen, wenn sie der cholerische Deutsche in seinem Berserkerzorn bedrohte, weil sie um einen Achtelton zu hoch oder zu tief gesungen. Für die Nachbarn von Grosvenorsquare galt Brookstreet 25 seit Langem als Narrenhaus.
Der Diener blies still und beharrlich seine bunten Blasen. Nach einiger Zeit hatte sich seine Geschicklichkeit schon sichtlich gemehrt, immer größer und dünnhäutiger wurden die marmorierten Kugeln, immer höher und leichter schwebten sie empor und eine sogar über den niederen First des gegenüberliegenden Hauses.
Da, plötzlich schrak er auf, denn das ganze Haus erbebte von einem dumpfen Schlag. Die Gläser klirrten, die Gardinen schwankten; etwas Massiges und Schweres musste im obern Stockwerk hingeschmettert haben. Und schon sprang der Diener auf und in einem Rand die Stufen empor zu dem Arbeitszimmer.
Der Sessel war leer, auf dem der Meister bei der Arbeit saß, das Zimmer war leer, und schon wollte der Diener weitereilen in den Schlafraum, da entdeckte er Händel, regungslos auf dem Boden liegend, die Augen starr offen, und jetzt, als der Diener im ersten Schreck stillstand, hörte er ein dumpfes, schweres Röcheln. Der starke Mann lag auf dem Rücken und stöhnte, oder vielmehr: Es stöhnte aus ihm mit kurzen, immer schwächeren Stößen.
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