Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
In den Sternstunden der Menschheit verdichtet Stefan Zweig individuelle Augenblicke zu weltgeschichtlicher Bedeutung. Vom Untergang Napoleons bei Waterloo, zu Goethes unerfüllter Altersliebe, von der Entdeckung des Pazifik durch Bilbao, zu Lenins Rückkehr nach Russland, zeigen die Sternstunden den einzelnen Menschen als brillantes aber auch tragisches Subjekt der Geschichte.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 317
Das Hörbuch können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
STEFAN ZWEIG
wurde 1881 als Sohn des jüdischen Textilfabrikanten Moritz Zweig und dessen Frau Ida in Wien geboren.
Nach dem Abschluss des Gymnasiums studiert er von 1900-1904 Romanistik und Germanistik und promoviert mit einer Arbeit über Hippolyte Taine. In dieser Zeit beginnt er auch mit ersten literarischen Arbeiten. Es folgen zahlreiche Reisen um die Welt. Nach dem ersten Weltkrieg, den er im Pressequartier verbrachte, wird er Pazifist. 1933 werden seine Bücher in Berlin verbrannt. 1934 emigriert er nach London, um 1941 mit seiner zweiten Frau Lotte Altmann über New York nach Südamerika auszuwandern. 1942 begeht er in Petrópolis, Brasilien, gemeinsam mit seiner Ehefrau Selbstmord.
n den Sternstunden der Menschheit verdichtet Stefan Zweig individuelle Augenblicke zu weltgeschichtlicher Bedeutung. Dabei ist er vor allem an dem Augenblick interessiert, in dem sich der Charakter des Handelnden essentiell offenbart. Vom Untergang Napoleons bei Waterloo zu Goethes unerfüllter Altersliebe und der Entstehung seiner Marienbader Elegie, von der Entdeckung des Pazifik durch Bilbao bis zu Lenins Rückkehr nach Russland im gepanzerten Zug, zeigen die Sternstunden den Einzelnen als brillanten oder zaghaften Agenten des Schicksals.
tefan Zweig verdeutlicht in seinen Sternstunden der Menschheit, dass es vor allem individuelle Entscheidungen sind, die über Sieg und Niederlage, Erflog oder Misserfolg bedeutender historischer Momente entscheiden. Die zwölf hier versammelten literarischen Miniaturen beschreiben genau jene Augenblicke im Leben großer Persönlichkeiten wie Goethe, Händel, Napoleon und Lenin, die zu „Quantensprüngen“ in der kulturellen, wissenschaftlichen oder ästhetischen Entwicklung der Menschheit geführt haben.
"Nie ist mit tieferer Bescheidenheit ein Weltruhm getragen worden." Thomas Mann über Stefan Zweig
Stefan Zweig
Sternstunden der Menschheit
Stefan Zweig
Zwölf historische Miniaturen
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttps://dnb.d-nb.de abrufbar.
Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
Alle Rechte vorbehalten
Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2014Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2013Der Text wurde behutsam revidiert nach derAusgabe Stockholm, 1943Korrektorat: Dr. Markus Lorenz, Bonn undDavid Zettler, marixverlag GmbHCovergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbHBildnachweis: Lebensfreude, Gemälde von Helena Winkler, Karlsruhe,www.helenawinkler.comeBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0339-7
www.marixverlag.de
Vorwort
Flucht in die Unsterblichkeit
Die Entdeckung des Pazifischen Ozeans, 25. September 1513
Die Eroberung von Byzanz
29. Mai 1453
Georg Friedrich Händels Auferstehung
21. August 1741
Das Genie einer Nacht
Die Marseillaise, 25. April 1792
Die Weltminute von Waterloo
Napoleon, 18. Juni 1815
Die Marienbader Elegie
Goethe zwischen Karlsbad und Weimar, 5. September 1823
Die Entdeckung Eldorados
J. A. Suter, Kalifornien, Januar 1848
Heroischer Augenblick
Dostojewski, Petersburg, Semenowskplatz 22. Dezember 1849
Das erste Wort über den Ozean
Cyrus W. Field, 28. Juli 1858
Die Flucht zu Gott
Ein Epilog zu Leo Tolstois unvollendetem Drama »Und das Licht scheinet in der Finsternis«, Ende Oktober 1910
Der Kampf um den Südpol
Kapitän Scott, 90. Breitengrad, 16. Januar 1912
Der versiegelte Zug
Lenin, 9. April 1917
Kein Künstler ist während der ganzen vierundzwanzig Stunden seines täglichen Tages ununterbrochen Künstler; alles Wesentliche, alles Dauernde, das ihm gelingt, geschieht immer nur in den wenigen und seltenen Augenblicken der Inspiration. So ist auch die Geschichte, in der wir die größte Dichterin und Darstellerin aller Zeiten bewundern, keineswegs unablässig Schöpferin. Auch in dieser »geheimnisvollen Werkstatt Gottes«, wie Goethe ehrfürchtig die Historie nennt, geschieht unermesslich viel Gleichgültiges und Alltägliches. Auch hier sind wie überall in der Kunst und im Leben die sublimen, die unvergesslichen Momente selten. Meist reiht sie als Chronistin nur gleichgültig und beharrlich Masche an Masche in jener riesigen Kette, die durch die Jahrtausende reicht, Faktum an Faktum, denn alle Spannung braucht Zeit der Vorbereitung, jedes wirkliche Ereignis Entwicklung. Immer sind Millionen Menschen innerhalb eines Volkes nötig, damit ein Genius entsteht, immer müssen Millionen müßige Weltstunden verrinnen, ehe eine wahrhaft historische, eine Sternstunde der Menschheit in Erscheinung tritt.
Entsteht aber in der Kunst ein Genius, so überdauert er die Zeiten; ereignet sich eine solche Weltstunde, so schafft sie Entscheidung für Jahrzehnte und Jahrhunderte. Wie in der Spitze eines Blitzableiters die Elektrizität der ganzen Atmosphäre, ist dann eine unermessliche Fülle von Geschehnissen zusammengedrängt in die engste Spanne von Zeit. Was ansonsten gemächlich nacheinander und nebeneinander abläuft, komprimiert sich in einen einzigen Augenblick, der alles bestimmt und alles entscheidet: ein einziges Ja, ein einziges Nein, ein Zu-Früh oder ein Zu-Spät macht diese Stunde unwiderruflich für hundert Geschlechter und bestimmt das Leben eines Einzelnen, eines Volkes und sogar den Schicksalslauf der ganzen Menschheit.
Solche dramatisch geballten, solche schicksalsträchtigen Stunden, in denen eine zeitüberdauernde Entscheidung auf ein einziges Datum, eine einzige Stunde und oft nur eine Minute zusammengedrängt ist, sind selten im Leben eines Einzelnen und selten im Laufe der Geschichte. Einige solcher Sternstunden - ich habe sie so genannt, weil sie leuchtend und unwandelbar wie Sterne die Nacht der Vergänglichkeit überglänzen - versuche ich hier aus den verschiedensten Zeiten und Zonen zu erinnern. Nirgends ist versucht, die seelische Wahrheit der äußern oder innern Geschehnisse durch eigene Erfindung zu verfärben oder zu verstärken. Denn in jenen sublimen Augenblicken, wo sie vollendet gestaltet, bedarf die Geschichte keiner nachhelfenden Hand. Wo sie wahrhaft als Dichterin, als Dramatikerin waltet, darf kein Dichter versuchen, sie zu überbieten.
Bei seiner ersten Rückkehr aus dem entdeckten Amerika hatte Kolumbus auf seinem Triumphzug durch die gedrängten Straßen Sevillas und Barcelonas eine Unzahl Kostbarkeiten und Kuriositäten gezeigt, rotfarbene Menschen einer bisher unbekannten Rasse, nie gesehene Tiere, die bunten, schreienden Papageien, die schwerfälligen Tapire, dann merkwürdige Pflanzen und Früchte, die bald in Europa ihre Heimat finden werden, das indische Korn, den Tabak und die Kokosnuss. All das wird von der jubelnden Menge neugierig bestaunt, aber was das Königspaar und seine Ratgeber am meisten erregt, sind die paar Kästchen und Körbchen mit Gold. Es ist nicht viel Gold, das Kolumbus aus dem neuen Indien bringt, ein paar Zierdinge, die er den Eingeborenen abgetauscht oder abgeraubt hat, ein paar kleine Barren und einige Handvoll loser Körner, Goldstaub mehr als Gold - die ganze Beute höchstens ausreichend für die Prägung von ein paar hundert Dukaten. Aber der geniale Kolumbus, der fanatisch immer das glaubt, was er gerade glauben will, und der ebenso glorreich mit seinem Seeweg nach Indien recht behalten hat, flunkert in ehrlicher Überschwänglichkeit, dies sei nur eine winzige erste Probe. Zuverlässige Nachricht sei ihm gegeben worden von unermesslichen Goldminen auf diesen neuen Inseln; ganz flach, unter dünner Erdschicht, läge dort das kostbare Metall in manchen Feldern. Mit einem gewöhnlichen Spaten könne man es leichthin aufgraben. Weiter südlich aber seien Reiche, wo die Könige aus goldenen Gefäßen becherten und das Gold geringer gelte als in Spanien das Blei. Berauscht hört der ewig geldbedürftige König von diesem neuen Ophir, das sein Eigen ist; noch kennt man Kolumbus nicht genug in seiner erhabenen Narrheit, um an seinen Versprechungen zu zweifeln. Sofort wird für die zweite Fahrt eine große Flotte ausgerüstet, und nun braucht man nicht mehr Werber und Trommler, um Mannschaft zu heuern. Die Kunde von dem neuentdeckten Ophir, wo das Gold mit bloßer Hand aufgehoben werden kann, macht ganz Spanien toll: zu Hunderten, zu Tausenden strömen die Leute heran, um nach dem Eldorado, dem Goldland, zu reisen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!