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Folge 18 - Herr Heiland zeigt dem Mörder die rote Karte: Sonntal ist im Fußballfieber! Beim traditionsreichen Hilarius-Pokal treffen sich die Altherrenmannschaften der umliegenden Dörfer auf dem buckligen Bolzplatz in Sonntal am See. In einem mehrtägigen Fußballturnier kämpfen sie dann um den begehrten Pokal. Die verfeindeten Mannschaften würden sich am liebsten schon vor dem ersten Anpfiff ans Leder gehen. Doch wer steckt hinter dem Mord an Kreisschiedsrichter Aloisius "Loisl" Tryller, der nach dem ersten Spieltag plötzlich tot in der Kabine liegt? Während das Schicksal des Altherrenturniers in der Schwebe hängt, schlüpft Pastor Heiland einmal mehr ins Trikot des Hobbyermittlers. Doch der Fall ist alles andere als rund ...
Über die Serie: Der gemütliche Dorfpastor Klaas Heiland wagt einen Neuanfang im bayrischen Touristenidyll Sonntal am See. Dabei muss er nicht nur mit seiner resoluten Haushälterin, dem überambitionierten Bürgermeister und den eigenwilligen Traditionen der Sonntaler zurechtkommen: Nein, hier in der Provinz geben sich die Mörder die Klinke in die Hand! Und im Gegensatz zum sympathischen Dorfpolizisten Tobias Kern hat der friedliebende Heiland ein Talent zur Lösung von Kriminalfällen ...
Herr Heiland - ein himmlischer Wohlfühl-Krimi für alle Fans von gemütlichen Ermittlungen.
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.
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Seitenzahl: 133
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Herr Heiland zeigt dem Mörder die rote Karte: Sonntal ist im Fußballfieber! Beim traditionsreichen Hilarius-Pokal treffen sich die Altherrenmannschaften der umliegenden Dörfer auf dem buckligen Bolzplatz in Sonntal am See. In einem mehrtägigen Fußballturnier kämpfen sie dann um den begehrten Pokal. Die verfeindeten Mannschaften würden sich am liebsten schon vor dem ersten Anpfiff ans Leder gehen. Doch wer steckt hinter dem Mord an Kreisschiedsrichter Aloisius »Loisl« Tryller, der nach dem ersten Spieltag plötzlich tot in der Kabine liegt? Während das Schicksal des Altherrenturniers in der Schwebe hängt, schlüpft Pastor Heiland einmal mehr ins Trikot des Hobbyermittlers. Doch der Fall ist alles andere als rund …
Der gemütliche Dorfpastor Klaas Heiland wagt einen Neuanfang im bayrischen Touristenidyll Sonntal am See. Dabei muss er nicht nur mit seiner resoluten Haushälterin Fräulein Dimpel, dem überambitionierten Bürgermeister Moritz Mindenfeld und den eigenwilligen Traditionen der Sonntaler zurechtkommen: Nein, hier in der Provinz geben sich die Mörder die Klinke in die Hand! Und im Gegensatz zum sympathischen Dorfpolizisten Tobias Kern hat der friedliebende Heiland ein Talent zur Lösung von Kriminalfällen …
JOHANN SIMONS
Potztausend, der Gärtner war es!
Klaas Heiland schlug das Buch, in dem er geblättert hatte, so fest zu, als müsse er sich gegen es wehren. Dann seufzte er. Warum denn immer der Gärtner? Fiel den Verfassern dieser Kriminalromane nichts Neues mehr ein? Musste alles auf mordlüsterne Botaniker hinauslaufen? Herr, erbarme dich!
Es war Freitagnachmittag in Sonntal am See, Heilands ebenso idyllischer wie übersichtlicher Gemeinde im bayerischen Nirgendwo. Nachdem er das sonntägliche Hochamt vorbereitet hatte, war der einundsechzigjährige Dorfpastor in die neue Leihbücherei weitergezogen. Diese hatte erst vor wenigen Wochen eröffnet und lag in der Nähe des Sportplatzes. Jenny Jessen, die Direktorin der hiesigen Grundschule, führte sie ehrenamtlich, und für die passionierte Leseratte Heiland gehörte die Sonntaler Lesegrube schon jetzt zu den schönsten Orten dies- und jenseits des Messwein-Regals.
Wenn nur nicht immer diese uninspirierten Romane wären, dachte er. Seufzend stellte er das Buch, in dem er geblättert hatte, zurück ins Regal und nahm sich ein zweites. Ein Gärtner nach dem anderen. Ob ich die reizende Frau Jessen mal fragen soll, wo die guten Bücher stehen?
Zwei Kinder in Fußballtrikots liefen lachend durch den Raum und rissen ihn aus seinen Gedanken. Heiland kannte sie nur vom Sehen, denn sie waren noch zu jung für seinen Religionsunterricht – und erst recht für die Erstkommunion. Was sie außerdem waren, ließ sich wohl am besten mit »wild« beschreiben. Das dachte wohl auch die sichtlich angestrengte Mutter, die ihnen auf dem Fuße folgte und Heiland dabei einen entschuldigenden Blick zuwarf.
Auf den Blick folgte … ein Bürgermeister.
»Herr Heiland«, grüßte Moritz Mindenfeld, als er den Dorfpastor bemerkte. Er hatte nichts mit seinen drei Vorgängern zu tun, kam nur aus derselben Richtung. Und er lächelte. »Sie auch hier? Na, die Welt ist klein, hm?«
»In Sonntal absolut«, erwiderte Heiland und reichte dem jüngeren Mann die Hand. »Fuchs und Hase und so weiter …«
Mindenfeld war kein unsympathischer, aber auch kein einfacher Mensch. Der gebürtige Sonntaler – und ehemalige Olympiasportler – litt an einer Krankheit, die sich »blinder Aktionismus« nannte. So hatte er es sich zur heiligen Aufgabe gemacht, den beschaulichen Ort am See zu einem Szenetreff der Reichen und Schönen zu machen. Fast alle seine politischen Ideen und Ambitionen drehten sich um die Frage, wie er seine Heimat aus ihrem Dornröschenschlaf wecken und auf den Radar der Champagner schlürfenden High Society und ihrer prall gefüllten Geldbörsen bringen konnte. Dass Sonntal absolut kein Interesse daran hatte, ein zweites St. Moritz oder eine, wie Mindenfeld es stets gern formulierte, bayerische Riviera zu werden, spielte für den Mann keinerlei Rolle. Mindenfeld war überzeugt, es besser zu wissen und ohnehin nur das Wohl seines geliebten Dorfes im Sinn zu haben. Auf die Idee, dass gerade der Dornröschenschlaf das Wohl Sonntals definierte, kam er erst gar nicht. Auch an diesem Nachmittag machte er einen ausgesprochen ambitionierten Eindruck. Sein dunkler Anzug saß tadellos, sein schwarz gefärbtes Haar war akkurat gescheitelt, und das Zahnpastalächeln in seinem von unzähligen Sonnenbankstunden gestählten Gesicht wirkte wie eine grellweiße Insel in gebräunter See.
»Sind Sie dienstlich hier, mein Lieber?«, fragte Heiland. »Oder hat auch Sie das Lesefieber gepackt?«
Sein Gegenüber setzte zu einer Antwort an, machte dann aber einen schnellen Ausfallschritt, als die beiden Kinder erneut durch den Raum hetzten, dicht gefolgt von ihrer vor Anstrengung schnaufenden Mutter. Erst jetzt bemerkte Heiland, dass die drei allesamt Fußballtrikots trugen.
»Dienstlich«, antwortete Mindenfeld schließlich. »Sie wissen ja, dass Jenny hier in der neuen Lesegrube auch einige historische Dokumente zu unserem Dorf lagert. Es gehören sogar Grundbucheinträge dazu, wurde mir mitgeteilt. Karten und Bebauungspläne von anno dazumal. Die will ich mir genauer ansehen.«
»Ich wusste gar nicht, dass Sie sich als Historiker verdingen«, sagte Heiland. Er kannte die erwähnten Unterlagen gut, immerhin hatten sie ihm erst vor wenigen Wochen bei der Aufklärung eines Mordfalles geholfen. »Landkarten aus früheren Tagen? Ich hielt Sie bislang eher für einen Mann, der an die Zukunft denkt, statt an das Vergangene.«
Mindenfeld lachte. »Ein guter Bürgermeister hat stets beides im Blick, die Tradition und die Chancen. Und in diesem speziellen Fall lässt sich die Chance vielleicht aus dem Traditionellen gestalten.«
»Sie sprechen in Rätseln, mein Lieber«, meinte Heiland.
»Tut mir leid, ich erkläre es Ihnen bei Gelegenheit sehr gern genauer.« Mindenfeld lächelte wieder. »Aber für den Augenblick müssen Sie mich bitte entschuldigen, ja? Ich habe noch einen Anschlusstermin und will vorher unbedingt diese Karten sehen.«
»Nur zu. Und viel Erfolg mit diesen Chancen, von denen Sie sprachen.«
Mindenfeld verabschiedete sich freundlich und verließ den Raum durch eine offen stehende Seitentür. Jenseits der Schwelle hatte auch Heiland soeben die Hausherrin Jessen bemerkt, und der emsige Dorfvorstand schien sie um eine Auskunft bitten zu wollen.
Heiland war das nur recht. Soll er doch seine Grundbucheinträge studieren, dachte er. Ich bin ohnehin nicht hier, um mit Leuten zu plaudern, sondern um mir eine spannende Lektüre für das Wochenende auszuleihen und …
»Herr Pfarrer?«, erklang eine Stimme in seinem Rücken.
Heiland stutzte, drehte sich um und fand sich zu seiner Überraschung der kleinen Ella Schäfer gegenüber. Die Schülerin und Ministrantin seiner kleinen Dorfkirche saß hinter dem Regal, in dem er vorhin gewühlt hatte, auf einem breiten Kissen am Boden. Neben ihr ruhte ein Stapel Comichefte, der ihr fast bis zum Ellbogen reichte.
»Ella«, wunderte sich Heiland. »Was machst du denn hier? Suchst du die Abteilung mit den Kinderbüchern?«
Die junge Schäfer deutete kopfschüttelnd auf ihre Lektüre. »Die hab ich längst gefunden. Ich bin hier, weil’s hier ruhiger ist als im Zimmer mit den Kindersachen. Da plappern bloß alle wild durcheinander, Herr Pfarrer. Vor allem die Jungs. Und wissen Sie, worüber? Über Fußball!«
Sie sprach das Wort aus, als würde sie sich davor ekeln. Heiland konnte sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen.
»Beim Lesen haben wir’s lieber gemütlich, hm?«, fragte er wissend.
Ein kräftiges Nicken. Dann runzelte Ella die Stirn. »Aber Sie lesen ja gar nicht. Sind Sie hier, weil Sie einen Mörder suchen?«
Abermals hob Heiland staunend die Brauen. Es stimmte: Er suchte erschreckend oft nach Verbrechern. Seit er in Sonntal den Dienst an der Kanzel angetreten hatte, schienen sich die Mörder hier die Klinke in die Hand zu geben – so häufig, dass der arme Dorfpolizist Tobias Kern hoffnungslos überfordert war. Heiland unterstützte Kern daher, wann immer er konnte, und hatte sich dank seiner kriminalistischen Lieblingslektüren auch durchaus schon als talentierter Hobbydetektiv erwiesen. Gemeinsam lösten Kern und er einen Fall nach dem anderen – und das in Heilands Fall gewissermaßen buchstäblich zwischen Sakristei und Kanzel.
»Einen Mörder?«, wiederholte der Einundsechzigjährige nun. »Nein, nein, Ella. Wo denkst du hin? Ich suche allerhöchstens einen Roman über Mörder. Etwas, das mir das bevorstehende Wochenende versüßen kann und …«
Wieder kam er nicht dazu, den Gedanken zu Ende zu formulieren. Denn im Nebenraum der Lesegrube war es plötzlich laut geworden – und, wie Heiland fand, ganz schön hitzig.
»Ich fasse es nicht!«, erklärte dort eine tiefe Männerstimme. Ihr anklagender Ton hatte keine Mühe, auch jenseits der offenen Seitentür noch Gehör zu finden. »Das meinst du nicht ernst. Sag, dass du das nicht ernst meinst, sonst vergesse ich meine gute Kinderstube!«
»Ich schau mal, was da los ist, ja?«, meinte Heiland. Dann schenkte er Ella ein Lächeln und verließ den Raum auf dem Weg, den auch Moritz Mindenfeld genommen hatte.
Die Identität des Sprechers war Heiland längst klar. Als Seelsorger der kleinen Gemeinde hielt er es für seine berufliche Pflicht, seine Schäfchen zur Not auch noch im Schlaf zu erkennen. Und die sonore Stimme dort drüben konnte nur einem von ihnen gehören: Erich Bender, dem Betreiber des Sonntaler Roxy-Kinos. Bender war ein vernünftiger Mensch, jedenfalls nach Heilands Erfahrung, und neigte eigentlich nicht zu lautstarken Wutausbrüchen. Warum er dennoch gerade explodierte, erklärte sich Heiland aber schon auf den ersten Blick.
Mindenfeld. Na, ich hätte es mir denken können …
Bender und der Bürgermeister standen im Nebenraum an einem kleinen Ecktisch. Auf diesem hatte Moritz Mindenfeld eine kleine Pappkiste stehen, die aus Jenny Jessens Archivbeständen stammen musste. Diverse Papiere lagen schon rings um sie herum verstreut. Neben Mindenfeld stand auch noch die Hausherrin selbst. Jessen sah erleichtert auf, als Heiland näher trat.
»Das ist sogar mein voller Ernst, Erich«, echauffierte sich der Bürgermeister gerade. Sein Blick haftete an Bender, als wäre er waffenscheinpflichtig. »Und ich verstehe auch nicht, warum du deswegen so zeterst. Das hat absolut nichts mit dir zu tun.«
»Ach ja?« Der Kinobetreiber schnaubte spöttisch. »Es ist mein Vereinsheim. Schon vergessen?«
»Es ist eine Bruchbude«, hielt Mindenfeld dagegen. »Ehrlich gesagt grenzt es an ein Wunder, dass euch noch keine Behörde den Schuppen dicht gemacht hat – aus Sicherheitsbedenken. Ich tue euch Schmalspurliberos einen Gefallen, Erich. Ob du das nun einsehen willst oder nicht.«
»Klärt mich jemand auf?«, fragte Heiland vorsichtig. Dabei breitete er die Arme aus, als wolle er die ganze Welt besänftigen. »Wo liegt das Problem?«
»Bei ihm, Herr Pfarrer«, erwiderte Bender, ohne sein Gegenüber aus den Augen zu lassen und durchaus knurrend. »Wie üblich.«
»Herr Mindenfeld sieht sich alte Lagepläne an«, erklärte Frau Jessen. Selbst ihr blonder Pferdeschwanz wirkte betrübt. »Vom Sportplatz und seiner Umgebung. Er sagt, er will das Vereinsheim der Sohlen abreißen lassen.«
»Abreißen und auswechseln«, betonte der Bürgermeister. Es klang wie ein Widerspruch. »An die Stelle kommt dann ein hochmodernes Fitnesscenter, mit Sportgeräten, wöchentlichen Trainingskursen und einer kleinen Praxis für Sportmedizin. Das wertet das komplette Dorf auf, Herrschaften!«
Abermals hob Heiland die Hände. »Ich fürchte, Sie müssen noch eine Spur langsamer mit mir umgehen. Was in aller Welt sind die Sohlen?«
»Na, wir«, meinte Bender. »Was denn sonst? Kennen Sie uns nicht?«
Fast schon trotzig drehte er sich um und präsentierte den Rücken seines blauweißen Shirts. Es war ebenfalls ein Trikot, wie Heiland registrierte, und seine Rückseite war mehrzeilig beschriftet: Bender, Sonntaler Sohlen. Trainer.
»Der Fußballclub«, soufflierte Jessen erneut. »Erich leitet den Verein seit über zwanzig Jahren.«
»Ganz genau«, stimmte der ältere Mann zu. »Und deswegen weiß ich auch, dass das Vereinsheim an unserem Sportplatz vollkommen in Ordnung ist.«
Heiland kannte das kleine Haus neben dem Spielfeld von seinen Sonntagsspaziergängen. Er verstand herzlich wenig von Sport, erst recht nichts von Fußball, hatte das rechteckige Gebäude mit dem Flachdach und den schlanken Fenstern aber nie als besonders baufällig empfunden. Weit eher erschreckte ihn, dass er auch nach all der Zeit in Sonntal noch immer nicht gewusst hatte, wie die örtlichen Kicker hießen. Normalerweise interessierten ihn alle Belange einer ihm zugeteilten Gemeinde, doch beim Fußball schien er instinktiv Ausnahmen zu machen.
»Das ist so wenig in Ordnung wie dein Oberstübchen«, fand Mindenfeld. Er nahm eines der Papiere vom Tisch, einen schief kopierten Kartenausschnitt, und hielt es in die Höhe wie ein Anwalt das entscheidende Beweisstück. »In meinen Augen kann das mehr als nur weg, Erich. Und an seine Stelle bauen wir etwas, das den Sportplatz aufwertet wie nie zuvor. Das hilft auch deinen Sohlen, wart’s nur ab.«
»Nur über meine Leiche«, knurrte Bender. »Hörst du? Das Haus ist die Seele meiner Mannschaft, dem krümmst du keinen einzelnen Mauerstein.«
Mindenfeld schüttelte den Kopf. »Was bist du heute so dramatisch? Liegt das am Turnier?«
Fragend sah Heiland zu Jessen. »Turnier?«, formte er dabei lautlos mit den Lippen.
Die Direktorin der Grundschule lachte. »Sagen Sie bloß nicht, davon wissen Sie auch nichts. Heute fängt doch der Hilarius-Pokal an, unser alljährliches Fußball-Event. Das Auftaktspiel bestreiten unsere Sonntaler Sohlen in diesem Jahr gegen die Nichtskönner aus der Kreisstadt, Bolzplatz Bad Blümchen 1892. Ich mache die Lesegrube extra früher dicht, weil ich pünktlich zum Anpfiff am Spielfeldrand stehen möchte. So ziemlich jeder aus dem Dorf wird da sein.«
»Mea maximal culpa«, gestand Heiland. »Ich scheine eine instinktive Sperre gegen das Thema Fußball zu haben, die jegliches Wissen darüber herausfiltert, bevor es mein Hirn erreicht. Alle diese Informationen sind komplett neu für mich. Wir haben einen Hilarius-Pokal?«
Sankt Hilarius war der Schutzpatron der Gemeinde. Seine Statue stand im Nebeneingang der Pfarrkirche. Von einer nach ihm benannten Trophäe hörte Heiland trotzdem zum ersten Mal.
»Na ja«, antwortete Bender, bevor Jessen es konnte. »Momentan hat Schwarzberg den. Mal wieder. Aber das werden meine Jungs schon ändern. Wirst schon sehen, Moritz.«
Schwarzberg war das Nachbardorf, so viel wusste der Pastor. Allerdings hatte er bis heute nicht begriffen, warum Sonntal und die Nachbarn einander so spinnefeind waren. Die Fehde zwischen den beiden Ortschaften war älter als jede Erinnerung und für die Dörfler dennoch so alltäglich wie die blauweißen Fahnen vor dem Rathaus und der Jesus über dem Kirchenaltar. Ein Sonntaler gönnte einem Schwarzberger nicht einmal die Butter auf der Brezel.
Und selbst wenn doch, dachte Heiland seufzend, würde der Schwarzberger lieber verhungern, als sie aus Sonntaler Händen anzunehmen.
»Die Schwarzberg Kickers haben den letztjährigen Pokal gewonnen«, erklärte Jessen dem Pastor. »Erich und seine Mannschaft warten schon seit Monaten auf die Chance zur Revanche.«
»Und wir werden sie nutzen«, versprach der Kinobetreiber. Dann sah er auf seine Armbanduhr und erschrak. »Grundgütiger, schon so spät? Ich muss zum Spiel!«
Auch Jessen und Mindenfeld begannen, sich zu sputen. Was immer sie noch zu klären hatten, schien bis nach dem Turnier warten zu können.
»Moment, Moment«, sagte Heiland. »Verstehe ich das richtig? Diese Veranstaltung beginnt jetzt und heute?«
»Anpfiff ist um sechzehn Uhr sechzehn«, bestätigte Mindenfeld. »Fragen Sie mich nicht, warum. Das war schon immer so.«
»Weil der Schiri beim ersten Mal zu spät kam«, wusste Bender. »Sein Auto war nicht angesprungen, und statt um halb vier kam er erst nach vier in Sonntal an. Die Zuschauer am Spielfeldrand hielten das damals für einen Teil des Turniers, also haben sie es beibehalten.«
Typisch Sonntal, dachte Heiland und schmunzelte.
Dieses Dorf hatte echt ein Faible für Sonderlichkeiten. Ehe er sich selbst bremsen konnte, schloss er sich den anderen kurzerhand an und verließ die Lesegrube ebenfalls – zugunsten des Sportplatzes. Und ohne ein Buch.
»Herrgottsakra, der Herr Pfarrer!« Fräulein Dimpel staunte so sehr, dass ihr beinahe das Stück Kuchen vom Pappteller rutschte. »Was machen Sie denn hier?«
»Ich wohne hier«, rechtfertigte sich Klaas Heiland.
»Ja, schon«, meinte die rüstige Dame. »Aber doch nicht auf dem Sportplatz. Sie und Sport?«