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Folge 7 - Herr Heiland staunt: Sonntal am See erhält eine eigene Polizeiwache. Ein Erfolg für Dorfpolizist Kern, doch Bürgermeister Mindenfeld ist wenig begeistert. Die neue Wache stört das Idyll, aus dem er seinen Tourismus-Traum von der "bayrischen Riviera" formen will! Folgerichtig bleibt Mindenfeld auch der Eröffnungsfeier fern und trifft sich lieber mit potentiellen Investoren in einer abgelegenen Jagdhütte. Am nächsten Morgen ist einer von ihnen tot - und über Sonntal schwebt ein fürchterlicher Verdacht ...
Über die Serie: Der gemütliche Dorfpastor Klaas Heiland wagt einen Neuanfang im bayrischen Touristenidyll Sonntal am See. Dabei muss er nicht nur mit seiner resoluten Haushälterin, dem überambitionierten Bürgermeister und den eigenwilligen Traditionen der Sonntaler zurechtkommen: Nein, hier in der Provinz geben sich die Mörder die Klinke in die Hand! Und im Gegensatz zum sympathischen Dorfpolizisten Tobias Kern hat der friedliebende Heiland ein Talent zur Lösung von Kriminalfällen ...
Herr Heiland - ein himmlischer Cosy-Krimi für alle Fans von gemütlichen Ermittlungen.
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Seitenzahl: 129
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Der gemütliche Dorfpastor Klaas Heiland wagt einen Neuanfang im bayrischen Touristenidyll Sonntal am See. Dabei muss er nicht nur mit seiner resoluten Haushälterin Fräulein Dimpel, dem überambitionierten Bürgermeister Moritz Mindenfeld und den eigenwilligen Traditionen der Sonntaler zurechtkommen: Nein, hier in der Provinz geben sich die Mörder die Klinke in die Hand! Und im Gegensatz zum sympathischen Dorfpolizisten Tobias Kern hat der friedliebende Heiland ein Talent zur Lösung von Kriminalfällen …
Herr Heiland staunt: Sonntal am See erhält eine eigene Polizeiwache. Ein Erfolg für Dorfpolizist Kern, doch Bürgermeister Mindenfeld ist wenig begeistert. Die neue Wache stört das Idyll, aus dem er seinen Tourismus-Traum von der »bayrischen Riviera« formen will! Folgerichtig bleibt Mindenfeld auch der Eröffnungsfeier fern und trifft sich lieber mit potentiellen Investoren in einer abgelegenen Jagdhütte. Am nächsten Morgen ist einer von ihnen tot – und über Sonntal schwebt ein fürchterlicher Verdacht …
JOHANN SIMONS
»Wie wäre es denn mal mit einem Mord?«, fragte Fräulein Dimpel. »Der würde doch hervorragend zu Ihnen passen, Herr Pfarrer.«
Klaas Heiland hob erstens den Blick und zweitens die Braue, beides rechtschaffen pikiert. »Wie bitte?«
Seine treue Haushälterin stand im offenen Türrahmen des Pfarrbüros von Sonntal am See. Elvira Dimpel trug auch an diesem grauen Freitagmorgen eine ihrer geliebten Kittelschürzen. Darüber hinaus trug die Einundsiebzigjährige eine wissende Miene zur Schau und einen hölzernen Kochlöffel in der erhobenen Rechten. Mit Letzterem wedelte sie in der Luft herum wie ein desorientierter Dirigent.
»Mord«, wiederholte sie. »Das ist doch Ihr Thema schlechthin. Und da Sie ganz offenkundig noch immer eins suchen, böte es sich ja geradezu an. Für Ihre Sonntagspredigt, meine ich.«
Ach, daher wehte der Wind! Seit einer geschlagenen Stunde saß Heiland nun schon am Schreibtisch und brütete über dem, was er am Sonntag auf der Kanzel sagen wollte. Der guten Seele des Hauses schien dies nicht entgangen zu sein. Und wirklich: Bislang kamen Heiland die nötigen Worte nur sehr stockend in den Sinn – nicht zuletzt, weil er schlicht nichts zu sagen hatte. Aktuell stand kein Feiertag ins Haus Gottes, und auch die mitunter eigenartig speziellen Traditionen seiner kleinen Gemeinde, die der Zweiundsechzigjährige so noch an keinem anderen Ort der Welt erlebt hatte, machten gerade eine gnädige Pause. Insgeheim konnte er dem rüstigen Fräulein auf seiner Schwelle daher nur zustimmen: Mord war durchaus ein Thema.
Jedenfalls in Sonntal am See. Seit mehreren Monaten lebte das Nordlicht Heiland nun schon in der bayerischen Provinz, umgeben von Kuhweiden und Bergen, dem Stausee und dem dichten Wald. Und obwohl seine neue Heimat exakt so aussah, wie man sich den Inbegriff eines malerischen Ansichtskartenmotivs vorstellte, in dem Fuchs und Hase einander mit ausgesprochener Freundlichkeit Gute Nacht sagten, purzelten dem Sonntaler Pfarrer seit seiner Ankunft die Leichen nur so vor die Füße.
Heiland wusste nicht, woran das lag. In den Unterlagen seines pensionierten Amtsvorgängers war von derartigen Kriminalfällen kein Wort zu finden. Doch ob er es nun wollte oder nicht: Heiland sah sich mit verblüffender Regelmäßigkeit in kriminelle Ermittlungen verwickelt, die seine kleinen grauen Zellen forderten und seinen pastoralen Alltag gehöriger durcheinanderwirbeln konnten als das Großreinemachen in Fräulein Dimpels Pfarrhaus.
Nur: War das wirklich Grund genug, darüber auch noch zu predigen?
»Ich weiß nicht so recht, meine Liebe«, gestand er und schob die unbeschriebenen Seiten auf seinem Tisch hilflos zusammen. »Mord auf der Kanzel von Sankt Hilarius? Finden Sie das nicht ein wenig … Nun ja. Makaber?«
»Das fünfte Gebot ist nicht makaber, sondern das Wort Gottes«, gab Fräulein Dimpel schlicht zurück.
Sie wirkte mitunter katholischer als der Papst, und ihre Kenntnisse der heiligen Schrift übertrafen selbst die von Heilands alten Ausbildern im Priesterseminar. Außerdem duldete sie weit weniger Widerspruch.
»Selbstverständlich ist es das«, stimmte Heiland ihr zu, »aber …«
Sie ließ ihn gar nicht erst ausreden. »Na, es war ja nur ein Vorschlag. Ich sehe ja, wie schwer Sie sich heute tun. Da dachte ich, ich helfe Ihnen. Aber ich kann Sie auch in Ruhe nach Alternativen grübeln lassen. Gott weiß, dass ich in der Küche mehr als genug zu tun habe.«
Letzteres bewiesen nicht zuletzt die Düfte eindrucksvoll, die schon seit einer ganzen Weile durchs Erdgeschoss wehten. Das resolute Fräulein hatte es sich zur Aufgabe gemacht, dem Genussmenschen Heiland einen anderen Lebenswandel aufzuzwingen. Seitdem durfte der Geistliche seinen heiß geliebten Sahnetorten nur noch stumm zuwinken, wenn er sie in der Auslage der örtlichen Bäckerei Bais liegen sah. Den letzten saftigen Rinderbraten hatte er beim Pfarrfest genossen, das sogar schon mehrere Monate zurücklag. Stattdessen setzte das ebenso wohlmeinende wie strenge Fräulein ihm gesunde Speisen vor – von der Sorte, die man in Heilands Augen weit eher in Kaninchenställen und Diätcamps vermuten würde. Er bekam Salate und gedünstete Knollen, Knäckebrot und fettreduzierten Käse, Mohrrüben und – wie auch heute, wenn ihn der Duft nicht trog – Kohl.
»Ist das Wirsing?«, fragte Heiland. Dabei strengte er sich an, einen niedergeschlagenen Gesichtsausdruck zu vermeiden. Es fiel schwer. »Etwa schon wieder?«
Dimpel nickte. »Wirsing gehört zu den gesündesten Speisen der Welt. Und den hier habe ich ganz frisch von Bauer Billen. Der wird Ihnen schmecken und guttun.«
»Aber wir hatten doch Anfang der Woche schon Wirsing«, klagte der beleibte Pfarrer. Dass er viel lieber mal ein paar herzhafte Frikadellen – Fleischpflanzerl, wie sie hierzulande aus ihm unverständlichen Gründen genannt wurden – und ein kühles Bier gehabt hätte, verschwieg er natürlich.
»Na und? Man kann nie zu gesund sein, Herr Pfarrer. Erst recht nicht in Ihrem Alter.«
Damit drehte Elvira Dimpel sich um und verschwand wieder in Richtung Küche. Heiland blieb allein zurück – allein mit seinem Hunger und den unbeschriebenen Seiten der elenden Predigt.
Du sollst nicht töten, dachte er. Also dann.
Vorsichtig schrieb er das fünfte Gebot auf das weiße Papier, betrachtete die Worte, strich sie wieder durch.
Nein. Es fühlte sich einfach nicht richtig an. Unpassend, jedenfalls für einen friedlichen und ruhigen Sonntag in seiner Kirche. Die Sonntaler Morde durften herzlich gern draußen bleiben, wenn es um das Haus des Herrn ging.
Heiland wollte gerade erneut an Fleischpflanzerl denken, als es an der Haustür klopfte. In Windeseile war Fräulein Dimpel zur Stelle und öffnete sie, noch bevor er von seinem Tisch aufstehen und ihr zuvorkommen konnte.
»Herr Hufnagl«, grüßte die alte Dame. »Na, das ist aber eine Überraschung.«
Tatsächlich: Xaver Hufnagl trat in den Hausflur. Der ebenso kahlköpfige wie wortkarge Küster von Sankt Hilarius galt als Mann fürs Grobe im Dorf und war außerdem Leiter des Kirchenchors. Er trug einen abgewetzten Blaumann, aus dessen Brusttasche zahlreiche Werkzeuge ragten. Darüber hinaus trug er an diesem Morgen eine vielfach zerbeulte Blechbüchse, die nicht nur in ihrem Format an einen vor langer Zeit ausrangierten Farbeimer erinnerte.
»Servus, Herr Schmitzbauer«, nuschelte der kleine Mann.
Heiland erhob sich. Dass sein Küster ihn mit dem Namen seines Amtsvorgängers ansprach, wunderte ihn schon lange nicht mehr. »Hallo, Herr Hufnagl. Ist alles in Ordnung? Ich glaube, ich wüsste es, wenn wir einen Termin vereinbart hätten.«
»Kein Termin.« Hufnagls schwielige Hände präsentierten die Blechbüchse. Es wirkte wie eine Aufforderung. »Es is’ nur wegen der Hilli.«
Verwirrt blinzelte Heiland in die leere Büchse. »Wegen … wem?«
Der Küster trat in das Pfarrbüro und stellte sein rätselhaftes Mitbringsel auf Heilands leere Seiten. »Hilli«, wiederholte er gewohnt wortkarg. »Is’ ja mal wieder Zeit.«
»Ach was, jetzt schon?« Fräulein Dimpel nickte anerkennend. »Nein, wie schnell das immer geht. Warten Sie, mein Bester. Ich hole nur kurz meine Geldbörse.«
Heiland runzelte die Stirn. »Verzeihung, aber ich kann Ihnen beiden nicht ganz folgen. Worum geht es?«
Während Dimpel schnell im Obergeschoss des Pfarrhauses verschwand, wo auch sie ihr Schlafzimmer hatte, klopfte der Küster gegen die Büchse. »Hilli.« Es schien ihm Erklärung genug zu sein.
»In der Tat.« Heiland nickte ebenfalls wissend, wenn auch nur aus Hilflosigkeit. »Und, ähm, was ist so ein Hilli?«
»Na, Sie sind ja ein Scherzbold«, sagte Dimpel, noch bevor Hufnagl auch nur den Mund öffnen konnte. Die Haushälterin kam bereits wieder die Stufen der schmalen Treppe hinunter, ihre mit blumigem Stickmuster verzierte Handtasche in Händen. »In erster Linie ist Hilli natürlich eine Sie und kein Was. Und Sie kennen sie sehr genau, Herr Pfarrer. Also stellen Sie sich nicht so ahnungslos.«
»Ich fürchte, das wird schwer, meine Liebe.« Seufzend ließ Heiland sich erneut in seinem Sessel nieder. »Viel ahnungsloser als ich kann man nämlich gar nicht sein. Hilli ist also eine …«
Er hatte »Blechbüchse« sagen wollen, doch Küster Hufnagl kam ihm rettend zur Hilfe.
»… Glocke«, sagte der Kahle. »Oben aufm Turm.«
»Ganz genau.« Dimpel zückte einen makellosen Zwanzigeuroschein aus der Handtasche, faltete ihn akkurat und warf ihn in die Büchse. »Auf dem Turm. Nein wirklich, Herr Pfarrer: Sie hören die gute Hilli doch jeden Tag, genau wie wir alle.«
Allmählich verstand der Pastor. »Sie meinen unsere Kirchturmglocke? Hilli steht für Sankt Hilarius?«
»Und das so eindrucksvoll wie wenig sonst«, bestätigte Dimpel stolz und ließ dem Zwanziger nach kurzer Überlegung einen nicht minder faltenfreien Zehner folgen. »Jeder Kirchgänger hier im Dorf liebt die gute alte Glocke. Deshalb gönnen wir ihr ja auch in regelmäßigen Abständen eine Generalüberholung.«
Ungläubig sah Heiland sie an. »Sie renovieren die Kirchturmglocke? Obwohl sie noch gar nicht kaputt ist?«
»Reinkarnieren«, korrigierte Hufnagl.
»Verzeihung?«
»Reinkarnieren«, wiederholte der Küster gelassen. »Alte raus, neue rein. Aber immer dieselbe Glocken.«
Als bekennender Fan von Kriminalromanen genoss Heiland es sehr, sich aus einzelnen Wissensbrocken ein Gesamtbild zusammen zu kombinieren. Was ihm seine beiden Gegenübers hier aber an Hinweisen lieferten, ergab kein Bild, sondern ein Chaos.
»Moment, Moment.« Abwehrend hob er die Hand. »Jetzt mal ganz langsam und von vorne, bitte. Haben Sie Mitleid mit dem Neu-Sonntaler. Sie … Sie kaufen allen Ernstes alle paar Jahre eine neue Kirchenglocke? Auch wenn die alte noch tadellos funktioniert? Und Sie erachten sie dann als …«
»… als wiedergeboren, zumindest nennen wir es so.« Dimpel schenkte Hufnagl ein warmes Lächeln. »Weil sich ja niemand von Hilli trennen möchte, aber der Zahn der Zeit natürlich vor niemandem Halt macht.«
»Freilich«, brummte der Küster.
»Hach.« Dimpel schwärmte. »Es ist doch immer wieder schön, das mitzuerleben. Ich erinnere mich noch an meine allererste Hilli-Sammlung, wussten Sie das? Das muss gegen Ende der fünfziger Jahre gewesen sein.«
Skeptisch betrachtete Heiland die Büchse. Er war noch nie ganz oben auf dem Turm von Sankt Hilarius gewesen, aber selbstverständlich wusste er, dass die Glocke tadellos funktionierte. Außerdem wusste er natürlich, was Kirchenglocken kosten konnten. Niemand tauschte sie freiwillig aus, absolut niemand.
Na ja, dachte er. Niemand außer Sonntal …
»Muss dann auch«, meinte Hufnagl. Er schien genauso wenig an Dimpels Erinnerungen interessiert wie Heiland selbst. »Machens’ ein andermal?«
Erst nach einer geschlagenen Sekunde begriff Heiland, dass der Kahle auch von ihm eine Spende erwartete. »Was? Oh, ähm … Ja. Ein andermal.«
Hufnagl nickte zustimmend, nahm seine Büchse wieder und verließ das Pfarrhaus.
Dimpel öffnete ihm die Haustür und verabschiedete ihn herzlich. Dann, den Blick noch immer ins Freie gerichtet, hob sie verdutzt beide Brauen. »Nanu? Du auch? Was ist denn heute Morgen los?«
»Ist er da?«, hörte Heiland eine andere, ihm ebenfalls sehr vertraute Männerstimme von draußen. »Hat er kurz Zeit? Denn wenn nicht, kann ich darauf leider keine Rücksicht nehmen, Fräulein Dimpel!«
Na bravo. Heiland seufzte innerlich. Der auch noch.
Niemand Geringeres als Moritz Mindenfeld erschien auf der Türschwelle. Der Bürgermeister von Sonntal am See steckte in einem maßgeschneiderten Anzug, und sein pechschwarz gefärbtes Haar saß so tadellos wie der strenge Knoten seiner Krawatte mit der blau-weißen Löwen-Nadel. Highlight seines sonnenbankbraunen Gesichts waren die übernatürlich weißen Zähne, die immer dann aufblitzten, wenn er werbewirksam lächeln musste. Darauf hatte er aktuell aber merklich wenig Lust.
»Sie!«, schimpfte er los, kaum dass er Heiland erblickte. »Bei allem gebührenden Respekt, Herr Pfarrer: Was denken Sie sich eigentlich?«
Heiland erhob sich abermals von seinem Sessel hinter dem Schreibtisch. »Stimmt etwas nicht?«
»Das kann man wohl sagen«, grollte der jüngere Mann. »Ich will wirklich nicht ungebührlich wirken. Aber ich finde das unerhört, das muss ich ehrlich sagen. Eine absolute Frechheit.«
Heiland verstand nur Bahnhof. Er kannte sein Gegenüber als engagierten, mitunter ein wenig anstrengenden Lokalpolitiker. Der Ex-Profisportler Mindenfeld sah gewaltiges touristisches Potenzial in seinem verschlafenen Heimatort, war damit aber meist alleine. Er nahm auch keine Rücksicht, wenn es darum ging, seine großspurigen Visionen umzusetzen. Dass die meisten dieser Pläne früher oder später im Sande verliefen, weil sich die Wirklichkeit einfach nicht nach seinen Wünschen richten wollte, stand natürlich auf einem anderen Blatt.
»Wovon redest du denn, Moritz?«, fragte Dimpel, die den Bürgermeister seit dessen Kindertagen kannte. »Und warum dieser anklagende Ton?«
»Na, wegen ihm«, jammerte der Angesprochene. Dabei deutete er auf Heiland wie ein Anwalt vor Gericht. »Er ist doch Schuld an der ganzen Misere, Fräulein Dimpel. Aber eines sage ich Ihnen, Herr Pfarrer: Nicht mit mir, klar? Da stelle ich mich quer!«
»Mein lieber Mindenfeld«, versuchte Heiland, den Gast zu besänftigen. »Nun beruhigen Sie sich doch. Ich versichere Ihnen, es stand nie in meiner Absicht, Sie oder irgendjemand anderen zu verletzen. Was ist denn überhaupt pass…«
»Da stelle ich mich quer«, wiederholte Mindenfeld.
Dann machte er auf dem Absatz kehrt und verließ das Haus so unerwartet, wie er es betreten hatte. Ohne ein einziges Wort der Erklärung.
»Was ist dem denn über die Leber gelaufen?«, murmelte Dimpel, als sie die Tür hinter ihm schloss. »So kenne ich den kleinen Moritz gar nicht.«
»Eine gute Frage, meine Liebe«, murmelte Heiland. »Ich fürchte, ich muss es herausfinden. Denn allem Anschein nach gibt er mir die Schuld dafür.«
Der Gedanke gefiel dem gemütlichen Geistlichen ganz und gar nicht.
Bereits in seiner aktiven Zeit an der Ostsee hatte Klaas Heiland die seltsamsten Dinge segnen müssen. Das, so zeigte die Erfahrung, gehörte zum Beruf des Pastors einfach dazu. Wohnhäuser, Autos, Bushaltestellen, Boote … Die Liste war lang. An einem besonders denkwürdigen Sonntagnachmittag hatte man ihn sogar auf den Travemünder Priwall gebeten, um eine komplette Feriendorfsiedlung zu weihen – jedes Haus einzeln. Die Zeremonie inmitten der eingeschossigen Neubauten hatte Heiland bis in den späten Abend hinein beansprucht, und als er fertig wurde, hatte er jeden Knochen im Leib spüren können. Damals hatte Heiland sehr genau gewusst, warum sich der Travemünder Pastor Kruse für diesen Tag krank gemeldet und den Kollegen aus der Nachbargemeinde um eine Vertretung gebeten hatte.
Doch eines war selbst an ihm bislang vorübergegangen.
»Es gibt immer ein erstes Mal«, murmelte er und näherte sich der neuen Polizeiwache.