Herr Heiland und der Geist von Halloween - Johann Simons - E-Book

Herr Heiland und der Geist von Halloween E-Book

Johann Simons

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Folge 14 - Herr Heiland sieht Gespenster: Sonntals Bürgermeister Mindenfeld plant eine große Halloween-Party - doch dem Wirt des Gasthauses "Zur stolzen Kaiserkrone" ist das Gruselfest ein Dorn im Auge. Hat es etwa damit zu tun, dass einst ein reisender Vertreter in Zimmer 13 der "Kaiserkrone" starb, nachdem er felsenfest behauptet hatte, dort würde es spuken? Kurz nach ihrer Entdeckung verschwand die Leiche spurlos ... Während Sonntal sich für Halloween rüstet, gehen Pfarrer Heiland und Polizist Kern dem Spuk auf den Grund - und stoßen auf ein gut gehütetes Geheimnis.

Über die Serie: Der gemütliche Dorfpastor Klaas Heiland wagt einen Neuanfang im bayrischen Touristenidyll Sonntal am See. Dabei muss er nicht nur mit seiner resoluten Haushälterin, dem überambitionierten Bürgermeister und den eigenwilligen Traditionen der Sonntaler zurechtkommen: Nein, hier in der Provinz geben sich die Mörder die Klinke in die Hand! Und im Gegensatz zum sympathischen Dorfpolizisten Tobias Kern hat der friedliebende Heiland ein Talent zur Lösung von Kriminalfällen ...

Herr Heiland - ein himmlischer Wohlfühl-Krimi für alle Fans von gemütlichen Ermittlungen.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.


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Inhalt

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Über diese Folge

Herr Heiland sieht Gespenster: Sonntals Bürgermeister Mindenfeld plant eine große Halloween-Party – doch dem Wirt des Gasthauses »Zur stolzen Kaiserkrone« ist das Gruselfest ein Dorn im Auge. Hat es etwa damit zu tun, dass einst ein reisender Vertreter in Zimmer 13 in der »Kaiserkrone« starb, nachdem er felsenfest behauptet hatte, dort würde es spuken? Kurz nach ihrer Entdeckung verschwand die Leiche spurlos … Während Sonntal sich für Halloween rüstet, gehen Pfarrer Heiland und Polizist Kern dem Spuk auf den Grund – und stoßen auf ein gut gehütetes Geheimnis.

Herr Heiland – Die Serie

Der gemütliche Dorfpastor Klaas Heiland wagt einen Neuanfang im bayrischen Touristenidyll Sonntal am See. Dabei muss er nicht nur mit seiner resoluten Haushälterin Fräulein Dimpel, dem überambitionierten Bürgermeister Moritz Mindenfeld und den eigenwilligen Traditionen der Sonntaler zurechtkommen: Nein, hier in der Provinz geben sich die Mörder die Klinke in die Hand! Und im Gegensatz zum sympathischen Dorfpolizisten Tobias Kern hat der friedliebende Heiland ein Talent zur Lösung von Kriminalfällen …

JOHANN SIMONS

Kapitel 1

Sonntaler Schrecken

»Geister und Dämonen? Das kommt gar nicht in die Tüte. Wenn die sich bei uns blicken lassen, dann mach ich denen Beine!«

Die ebenso laute wie tiefe Stimme hallte durch das Treppenhaus und ließ Pastor Klaas Heiland verdutzt innehalten. Der Geistliche befand sich im Obergeschoss, die Stimme war jedoch aus der unteren Etage gekommen – und sie war gleich darauf erneut zu vernehmen.

»Hörst du, Moritz? Beine mache ich denen. Solche Spukgestalten haben in meinem Haus nichts verloren, absolut gar nichts! Das weißt du genau. Und das sieht meine Gerda übrigens ganz ähnlich.«

Allmählich fand Heiland erste Orientierung. Der Mann, der sich dort unten so lautstark echauffierte, musste Gerd Söhnchen sein, Ehegatte von Gerda Söhnchen und Betreiber des Gasthofs Zur stolzen Kaiserkrone, den er zweifelsfrei mit der Bezeichnung »in meinem Haus« gemeint hatte. Und was Menschen namens Moritz anging, war Heiland in all seinen Lebensjahren bislang nur ein Einziger begegnet: Moritz Mindenfeld nämlich, der Bürgermeister und Hausherr des Gebäudes, in dessen Treppenhaus er sich soeben aufhielt.

Das Rathaus lag im Ortskern von Sonntal am See, einem ebenso kleinen wie schmucken Dorf irgendwo im bayerischen Nirgendwo. Es hatte sonnengelbe Außenwände, ein flaches Dach und eine Arztpraxis im Obergeschoss. Aus dieser war Dorfpastor Heiland eben gekommen – nach einem routinemäßigen Kontrolltermin bei Doktor Loibl – und wenn er zurück ins Pfarrhaus wollte, musste er durchs Erdgeschoss. Vorsichtig schlich er die Stufen hinunter.

»Nun lass die Kirche mal im Dorf, Gerd«, meldete sich der Hausherr nun zu Wort. Moritz Mindenfeld klang nicht gerade, als nähme er den Gastwirt ernst. »Niemand muss hier irgendwem die Beine lang machen. Wir reden doch bloß. Und worüber wir reden, ist in meinen Augen die beste Idee seit langem. Ein Halloweenfest in Sonntal wäre …«

»Pah!«, fiel Söhnchen ihm ins Wort. »Heidnischer Unsinn, das wäre das. Nichts als neumodischer Schnickschnack, den hier bei uns niemand will und niemand braucht. Wenn ihr euch kostümieren wollt, dann wartet gefälligst bis zum Fasching!«

»Verzeihung«, erklang plötzlich noch eine dritte Männerstimme, die Heiland zur Abwechslung mal nicht kannte. »Aber was denn jetzt? Ist Halloween heidnischer Unsinn oder neumodischer Schnickschnack? Ich bin mir nicht sicher, dass die beiden Worte deckungsgleich sind.«

»Wollen Sie vielleicht witzig sein?«, fuhr Söhnchen den Besitzer der fremden Stimme prompt an. »War das ein Scherz? Nun, ich scherze nicht, Herr Schaufler. Ich nicht!«

Inzwischen hatte Heiland das Erdgeschoss erreicht. Die drei Männer, deren Streit er seit Verlassen der Arztpraxis belauschte, standen mitten im Flur, direkt vor Mindenfelds Büro. Gerd Söhnchen trug einen waldgrünen Janker zu blau-weiß kariertem Hemd. Kleine Schweißperlen prangten auf seiner teigigen Stirn, und das Goldkettchen an seinem Hals bebte bei jedem entrüsteten Atemzug.

Oder ist das mehr als nur Entrüstung, wunderte sich Heiland, und die Entrüstung selbst nur kaschierende Fassade?

Fast kam ihm der Wirt verängstigt vor. Dabei war Gerd Söhnchen nun wirklich niemand, der sich leicht ins Bockshorn jagen ließ.

Moritz Mindenfeld, der Söhnchen gegenüberstand, wirkte jedenfalls deutlich entspannter. Der Bürgermeister der kleinen Gemeinde trug einen modischen Anzug und das schwarz gefärbte Haar sorgsam gescheitelt. Das sonst übliche Zahnpastalächeln blieb aber hinter missbilligend verzogenen Lippen verborgen. Zwischen den beiden Streithähnen stand der Dritte in ihrem Bunde und wirkte ziemlich belustigt. Herr Schaufler erwies sich als ein krausköpfiger Bursche von vielleicht dreißig Lenzen. Er hatte die Hände in den Taschen seiner dunklen Jeans und sah von Söhnchen zu Mindenfeld und zurück wie ein Zuschauer beim Tennis.

Hinter den dreien lag der Ausgang. Durch die Glastür des Rathauses konnte Heiland den Dorfplatz erkennen, eine kreisrunde Fläche unter ansichtskartenblauem Herbsthimmel. An den Platz grenzten die wohl wichtigsten Bauwerke von ganz Sonntal: das gelbe Rathaus, vor dem die bajuwarische Fahne im sanften Morgenwind wehte, die stolze Kaiserkrone mit ihrer Fachwerkfassade und den blumigen Fensterkästen und natürlich Heilands Kirche. Das spitze Pyramidendach und der hohe, weiße Turm von St. Hilarius waren weit über die Dorfgrenzen hinaus zu sehen und nicht nur in den Augen des beleibten Pastors das Herz von ganz Sonntal. Dazu kamen die Bäckerei Bais mit ihrem kleinen Café voller köstlicher Sahnetorten, der vielleicht kleinste Supermarkt der Welt und der Zeitungskiosk. Letztere konnte Heiland von seiner Position am Treppenaufgang zwar nicht sehen, aber auch sie gehörten zum Gesamtbild des Dorfplatzes – genau wie der plätschernde Brunnen schräg gegenüber des Gasthofs und Mindenfelds schwarzer BMW, mit dem der Bürgermeister alltäglich zur Arbeit kam und dabei sämtliche Durchfahrtsregeln des Platzes missachtete.

Aktuell war Mindenfeld auf Deeskalation aus. »Jetzt beruhige dich doch, Gerd«, wandte er sich an den Wirt. Dabei warf er Schaufler einen warnenden Blick zu. »Niemand will hier witzig sein. Was wir wollen, ist ganz einfach: dir helfen. Dir und dem gesamten Dorf. So ein Halloweenfest ist eine grandiose PR-Gelegenheit für uns alle. Die sind voll im Trend, und wenn wir es richtig anstellen, locken wir damit feierfreudige Menschen aus nah und fern zu dir und Gerda in den Saal der stolzen Kaiserkrone. Stell dir das doch nur mal vor: ein Grusel-Maskenball bei euch im Haus. Sonntal bittet zum Tanz – aber bei Graf Dracula und Konsorten. Zum Monstertango! Ihr legt ein paar unheimliche Platten auf, dekoriert euer Lokal mit Plastikspinnweben und Geisterfratzen, und schon wird aus der alten Kaiserkrone ein absolutes Muss für den Besuch in Sonntal.«

»Wir sind ein absolutes Muss!«, betonte der Wirt mit einigem Nachdruck. »Das war schon immer so, Moritz, und dafür braucht es beileibe keine Plastikspinnennetze und Draculas.«

»Äh, natürlich.« Mindenfeld schien den Fehler selbst bemerkt zu haben und ruderte schnell zurück. »So habe ich das auch nicht gemeint. Selbstverständlich seid ihr …«

»Und ich kann mich da nur wiederholen«, ließ Söhnchen ihn gar nicht erst ausreden. »Unser Haus braucht keine Gimmicks, um Besucher zu sich zu locken. Die kommen von ganz allein, und das schon seit Jahrzehnten!«

»Aber Herr Söhnchen«, sagte Schaufler.

Auch ihn ließ der Wirt umgehend auflaufen. »Und was dieses Halloween angeht«, wurde er nun wieder lauter. »Als ich Kind war, gab es das gar nicht. Nicht hier bei uns. Da war der einunddreißigste Oktober der Tag vor Allerheiligen, weiter nichts. Maximal noch Weltspartag. Und hat uns das geschadet? Sind wir deshalb auch nur ein Ideechen schlechter durchs Leben gekommen, nur weil wir keinen Feiertag für Ungeheuer, Teufel und grausliche Spukfiguren hatten? Im Gegenteil, Herrschaften! Ganz im Gegenteil!«

Heiland konnte und wollte dem Schauspiel nicht länger zusehen, zumal es ihn absolut nichts anging. Die anderen Männer hatten ihn nach wie vor nicht bemerkt, aber wenn er das Haus verlassen wollte, musste sich das ändern. Also räusperte er sich merklich.

Sofort wirbelte Bürgermeister Mindenfeld herum. »Herr Heiland? Sieh mal einer an, guten Morgen!«

»Ihnen auch einen guten Morgen, meine Herren«, grüßte der Pastor freundlich. Langsam trat er näher. »Lassen Sie sich von mir bitte nicht stören. Ich will nur kurz vorbei und ins Pfarrhaus, damit …«

»Sagen Sie, Herr Pfarrer«, fuhr Schaufler ihm dazwischen. »Sie sind doch der Pfarrer hier, richtig? Wie stehen Sie als Mann der Kirche zu Halloween? Ist das auch Ihnen ein Dorn im Auge, oder stören Sie sich nicht daran?«

Heiland blinzelte verwirrt. »Was? Oh, äh … Nun ja. Mit der Kirche hat dieses Fest nicht allzu viel zu tun.«

»Ja, aber stört es Sie?«, ließ Schaufler nicht locker. »Betrachten Sie es ebenfalls als heidnisch und falsch?«

»Falsch hab ich nie gesagt«, meinte Söhnchen brummend.

»Nein, nein.« Heiland winkte ab und gab sich bewusst salomonisch. »Gottes Kinder sollen und dürfen ihre Vergnügungen schon haben. Zumindest ist das von jeher meine Meinung. Was niemandem schadet, tut auch niemandem weh, und ein jedes Tierchen braucht sein Pläsierchen.«

»Sehen Sie, Alois?«, sagte Mindenfeld und lächelte erleichtert. »Ich sagte Ihnen ja, unser Herr Heiland ist ein Mann mit Sinn und Verstand. Ach, Herr Heiland, habe ich Ihnen den Herrn Schaufler überhaupt schon vorgestellt? Er kommt aus der Nähe von Garching und bewirbt sich um den Posten als mein Assistent.«

Schaufler streckte lächelnd die Hand aus.

Heiland schüttelte sie. »Assistent, ja? Ich wusste gar nicht, dass Sie jemals einen solchen hatten, Herr Mindenfeld.«

»Bislang nicht, das stimmt«, gestand der Angesprochene. »Aber bei allem, was ich hier zu tun habe, dachte ich mir, es kann nicht schaden. Wenn wir erst bayerische Riviera sind, dann kann das Rathaus gar nicht genug Entscheider haben. Spätestens dann reichen meine beiden Schultern nämlich längst nicht mehr, um all das zu meistern, was an Arbeit anfallen dürfte.«

Die Idee von der »bayerischen Riviera« schwebte Mindenfeld im Kopf, solange Heiland ihn schon kannte. Der Bürgermeister, der es in jungen Jahren bis zum leidlich erfolgreichen Olympioniken geschafft hatte, sah das verschlafene Sonntal am See als eine Art Rohdiamanten. Ihn zu schleifen und zu einem Hotspot für die Reichen und Schönen zu machen, war seine oberste Aufgabe – zumindest in seinen Augen. Das Dorf selbst hatte für Mindenfelds Pläne und Luftschlösser meist nur ein müdes Lächeln übrig, zumal diese in aller Regel schneller platzten als ein übervoller Ballon im Sonnenschein.

Gerd Söhnchen lächelte allerdings nicht. Die jüngste Idee des Bürgermeisters war ihm übel aufgestoßen. »Ich bleibe dabei: Mit mir und der stolzen Kaiserkrone wird es keine Halloween-Party geben, Moritz. Der erste Vampir, der bei mir am Tresen auftaucht, bekommt einen von Gerdas Schaschlikspießen ins Herz gerammt. Verstanden?«

Bevor Mindenfeld antworten konnte, machte der Wirt auch schon auf dem Absatz kehrt. Mit Schritten, die nicht minder entschlossen wirkten als seine Worte zuvor, verließ er das gelbe Rathaus.

»Du meine Güte«, murmelte Heiland. »Ich fürchte, unser lieber Herr Söhnchen hat heute Morgen nicht die beste Laune.«

»Hm«, brummte Mindenfeld. »Das können Sie laut sagen, Herr Heiland. Dabei ist meine Idee wirklich etwas, wovon alle profitieren. Halloween ist heutzutage in, und wenn Sonntal erfolgreich auf den Trend aufspringt, dann nutzt es jedem hier.«

»Wir könnten die Feier auch einfach in einem anderen Saal abhalten«, schlug Schaufler vor. Seine hellblauen Augen funkelten tatenfroh. »Wir brauchen dafür nicht diesen Söhnchen, wenn der zu kalte Füße bekommt. Vielleicht gehen wir rüber ins Roxy-Kino, ziehen die Sache dort ab und zeigen dazu noch einen Horrorstreifen auf der Leinwand oder …«

Mindenfeld hob abwehrend die Hand. »Geben wir ihm Zeit, Alois. Gerd ist einer von den Guten. Der braucht das Fest, auch wenn er es noch nicht weiß. Er braucht den Umsatz dringender als jeder andere im Dorf.«

Erstaunt runzelte Heiland die Stirn. Von geschäftlichen Krisen im Gasthof hörte er zum ersten Mal. »Laufen die Geschäfte so schlecht in der stolzen Kaiserkrone? Sie klingen ja fast, als stünden die Söhnchens vorm Konkurs.«

»Das nun nicht«, beruhigte der Bürgermeister ihn prompt. »Aber Gerd und Gerda spüren die Konkurrenz, die sie eine Ewigkeit lang nicht hatten. Die spüren sie sogar sehr deutlich.«

Allmählich verstand Heiland. Draußen am Stausee hatte vor einigen Wochen ein Lokal eröffnet. Es gehörte zum Campingplatz und hatte ewig lange leer gestanden, bis ein Ehepaar aus Franken – Carmen und Bert Egerling – es gekauft und neueröffnet hatten. Er selbst war noch nicht dort gewesen, hatte es aber vor.

»Also geben wir ihm einfach noch ein wenig Bedenkzeit«, fuhr Mindenfeld fort, abermals an seinen potenziellen Vize gerichtet. »Vielleicht überlegt er es sich anders, wenn er mal durchatmet und die Fakten sieht. Und mit Gerda redet, versteht sich.«

»Halloween ist aber schon übermorgen, Herr Mindenfeld!«, warnte Schaufler.

Der Bürgermeister ließ sich nicht beirren. »Eben. Übermorgen. Nicht heute.« Dann sah er zu Heiland, als wäre das Thema für ihn beendet. »Und Sie, Herr Pfarrer? Waren Sie beim Arzt, oder was führt Sie zu uns ins Rathaus?«

»In der Tat«, bestätigte Heiland. »Ein reiner Routinetermin, keine Sorge. Nur ein Check-up nach der Blinddarm-Episode. Und ich darf stolz verkünden: Meine Genesung verläuft nach wie vor absolut mustergültig. Doktor Loibl war sehr zufrieden mit mir.«

Dann fiel sein Blick auf die Anzeige der Kirchturmuhr draußen vor der Tür, und er erblasste.

»Letzteres werde ich allerdings nicht von Fräulein Dimpel sagen können«, fuhr er fort, »wenn ich mich jetzt nicht spute. Meine Herren, bitte entschuldigen Sie mich. Ich komme zu spät zum Mittagessen. Und Sie wissen ja, wie das gute Fräulein werden kann, Herr Mindenfeld …«

Der Bürgermeister konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Unheimlicher als zehn Draculas zusammen. Und tödlicher als jeder Schaschlikspieß diesseits von Bad Blümchen.«

»Das haben Sie gesagt, mein Lieber«, meinte Heiland mit einem verschwörerischen Zwinkern.

Dann reichte er den beiden im Gang verbliebenen Männern die Hand, öffnete die gläserne Eingangspforte und verließ das Rathaus so schnell, als wären alle Geister Halloweens gleichzeitig hinter ihm her.

Das Pfarrhaus lag gleich neben der Kirche. Der zweigeschossige Bau mit den schmalen Fenstern gehörte zu den ältesten Häusern im ganzen Dorf und hatte schon Heilands Amtsvorgänger beherbergt. Man erreichte ihn über eine kleine Treppe, die zum Vorgarten führte. Ein weiterer, deutlich größerer Garten wartete hinter dem Gebäude und grenzte direkt an die Sakristei von St. Hilarius. Heiland zog den Haustürschlüssel aus der Manteltasche, während er den kurzen gepflasterten Pfad zur Eingangstür entlangging, und ließ sich selbst ein. Sofort schlug ihm der Duft von sattem Kohlgemüse entgegen.

Das Innere des Pfarrhauses war nicht sonderlich geräumig, dafür aber urgemütlich. Im Erdgeschoss befanden sich das Büro des Dorfgeistlichen, die Küche und das kleine Wohnzimmer. Über eine recht steile Treppe gelangte man in den oberen Stock, wo das Bad und die beiden Schlafzimmer warteten. Eines davon gehörte Heiland, das zweite der Haushälterin. Genau wie das Haus selbst, hatte Heiland auch sie von seinem Vorgänger sozusagen geerbt.

»Fräulein Dimpel?«, rief er, als er den Mantel an die Garderobe hängte. »Ich bin wieder da. Sagen Sie, was duftet denn hier so köstlich?«

Elvira Dimpel, die auf das Fräulein bestand wie der Gottvater auf die Einhaltung der Zehn Gebote, trat aus der Küche in den Flur. Auch an diesem Morgen trug die ebenso fromme wie resolute Einundsiebzigjährige wieder eine ihrer geliebten Kittelschürzen, dazu hatte sie das graue Haar zu sorgsam gerollten Locken frisiert. In der Hand hielt sie einen hölzernen Kochlöffel.

»Weißkohl, Herr Pfarrer«, antwortete sie. »Heute gibt’s Weißkohl mit Pellkartoffeln und Magerquark. Das ist gut für Ihre Figur.«

Heilands Ernährung war Dimpels Langzeitprojekt. Seit er die rüstige Dame kannte, sorgte sie sich an seiner Statt um Dinge, die ihn zwar angeblich massiv betrafen, von denen er vorher aber kaum jemals gehört hatte. Worte wie Cholesterinspiegel, Transfette, Blutfettwerte und Hypertonie fielen in Dimpels Küche quasi ständig. Die Mahlzeiten, die die Haushälterin ihrem Pfarrer vorsetzte, folgten daher allesamt dem Ziel, ihn gesünder und vitaler zu machen. Dabei fühlte Heiland sich kein bisschen krank, wie ihm auch der zurückliegende Termin beim Arzt wieder bestätigt hatte – zumindest in seinen Augen.

»Ein gutes Essen«, so sagte er gern, »muss den Körper und die Seele gleichermaßen sättigen.« Ersteres gelang zwar auch Fräulein Dimpels Knäckebrotscheiben und Brokkoliröschen, für eine satte Seele bedurfte es aber einer anderen Art von Kost. Nicht selten, wenn Heiland nachts wach lag, sah er im Geiste die Sahnetorten aus Bäcker Bais’ Schaufenster vor sich. Das, so fand er, war echtes »Soul Food«.

Eine zweite Person gesellte sich zu Dimpel in den offenen Rahmen der Küchentür. Heiland hob überrascht die Braue.