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Ein Kobold hat es nicht leicht. Cillian wohnt in einem zugigen Wandloch. Der Hausherr spuckt wie ein Lama, wenn man nicht rechtzeitig Goldstücke nach ihm wirft. Und Streiche machen auch nur halb so viel Spaß, wenn man anschließend auf Nulldiät gesetzt wird.
Kein Wunder, dass sich Cillian auf einen ruhigen Abend freut, als die Familie Bend des Kobolds herbeigeschafftes Gold in einem teuren Restaurant verprassen will.
Ausgerechnet eine ungeschickte Fee vermasselt Cillian gründlich die Abendplanung und der mürrische Kobold muss sich schon bald die Frage stellen, wer eigentlich in wessen Falle getappt ist.
Eine süße Kurzgeschichte, die zum Schmunzeln und Verlieben einlädt.
Umfang: ca. 21 Taschenbuchseiten
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Herz über Kobold
»Hiiiiiiiilfeeee!«, kreischte ein zartes Stimmchen und erreichte damit eine Höhe, die Cillian schmerzlich das Gesicht verziehen ließ. Da wollte man mal einen ruhigen Nachmittag verbringen, ein wenig in der Zeitung »Streiche und Scherze leicht gemacht« lesen und dann brüllte jemand derart penetrant nach Hilfe.
Als Kobold hatte man es wirklich nicht leicht. Ständig erwarteten die Menschen Schabernack. Natürlich einfallsreiche Schelmenstücke, nicht diese 08/15-Streiche wie Schmiere in der Zahnpasta oder Alleskleber in der Tagescreme. Obwohl das der Dame des Hauses meistens einen Vorteil verschaffte – die überflüssigen Hautfalten konnte sie so bequem hinter den Ohren ankleben.
Und wäre das alles nicht genug, verlangten die Menschen auch noch, dass die Kobolde sie reich machten. Im Gegenzug durften die Kobolde in ihren Häusern wohnen, so wie Cillian bei der Familie Bend wohnte.
Wenn man ihn fragte, war das ein schlechter Tausch. Er wohnte in einem Loch in der Wohnzimmerwand. Während die Familie Bend in hohen Räumen lebte, konnte sich der Kobold kaum gerade hinstellen, ohne mit seinem Zylinder gegen das Mauerwerk zu stoßen. Dabei war er nur knapp dreißig Zentimeter groß und brachte der Familie so viel Gold ein, dass er sich davon zehn Ferienhäuser auf den Malediven leisten könnte.
Kurzum, die Miete war Wucher. Der Einzige, der noch schlimmer dran war, war der Butler.
»Ist denn da jemand?«, brüllte es erneut und Cillian konnte das aufgeregte Hicksen hören, als sich die Stimme panisch überschlug.
Er raschelte missbilligend mit der Zeitung. Hoffentlich kam der Kater vorbei und fraß diese Heulboje. Furchtbar.
»Hilfe, ich sterbe. Ich werde ohnmächtig!«
Schön wäre es! Dann würde endlich Ruhe herrschen!
»Mein Fuß stirbt ab! Er ist schon ganz blau!«
Zu schade, dass es nicht ihre Zunge war, die abstarb.
Endlich brachen die sinnlosen Rufe ab, stattdessen hörte er nun verzweifeltes Weinen. Das Wimmern war noch schlimmer als das Geschrei. Der hohe Ton bohrte sich in sein Gehirn und bescherte ihm Zahnschmerzen.
Gute Güte, dann ging er eben nachsehen.
Der Kobold seufzte innig und faltete seine Zeitung zusammen, die er akkurat auf dem Tisch ablegte, Kante auf Kante mit der des Tisches.
Er zupfte seine Weste zurecht, die sich beim Sitzen ein wenig in Falten gelegt hatte, setzte den smaragdgrünen Zylinder auf und schritt durch das unförmige Loch in der Wand, das den Eingang zu seiner Behausung darstellte.
Missmutig folgte er den Schluchzern in die Küche. Dort fiel sein Blick auf die Mausefalle, die Mr Bend aufgestellt hatte, um unliebsame Nager zu erledigen. Der Bügel war heruntergeschnappt, der Mäuseköder ein Stück davongesprungen. Zwischen Bügel und Holzplatte steckte ein zierliches Frauenbein. Das sah ausgesprochen ungesund aus. Aber es war auch kein Grund, derart zu schreien, dass der Putz von den Wänden rieselte.
Das Bein gehörte im Übrigen zu einem ebenso grazilen Frauenkörper, der kaum größer war wie er selbst. Das fliederfarbene Kleid war hoffnungslos zerknittert und ließ auf den mangelnden Ordnungssinn seiner Besitzerin schließen. Lange blonde Haare wallten über schneeweiße Schultern.
Cillian schnaubte abfällig. Eine Fee. Natürlich, er hätte es sich denken können. Es gab keine wehleidigeren Geschöpfe auf dieser Welt. Feen lebten im Märchenwald und trauten sich nur selten in die Welt der Menschen. Und wenn sie es doch taten, dann heulten sie bei jedem kleinen Missgeschick.