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Die Sehnsucht nach berührenden Begegnungen ergreift uns Menschen besonders dann, wenn sie durch äußere Hindernisse erschwert zu sein scheinen. Dabei geht ihnen zunächst eine tiefgreifende persönliche Heilung voraus: Erst wenn wir uns ehrlich mit uns selbst auseinandersetzen, können wir Empathie, Dankbarkeit und Vergebung auch anderen zuteilwerden lassen. Vera Bartholomay regt uns mit ihrem Buch dazu an, uns auf unsere Werte zu besinnen, mit leicht im Alltag durchführbaren Übungen mehr Achtsamkeit und Selbstfürsorge in unser Leben zu bringen und uns dadurch zu öffnen für tiefe Begegnungen mit unseren Mitmenschen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 237
Cover
Impressum
Titelseite
Inhalt
Übersicht: Übungen und Rituale
Traum für eine neue Zeit
Einleitung
Die Sehnsucht nach berührenden Begegnungen
Herzen öffnen
Selbstfürsorge – deine persönliche Stärkung
Gemeinsam oder einsam
Das Herz im Körper
Heilsame Berührung
Die Heilung der Herzen
Herzensprojekte
In die Weite reichen
Segen
Über die Autorin
Ausblick
Quellen und weitere Leseempfehlungen
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Titelseite
Einführung
Impressum
Cover
Hauptteil
lebensgut_verlag
LebensGut Verlag
LebensgutVerlag
Newsletter:
www.lebensgut-verlag.de/kontakt/
1. Auflage 2022
Lektorat: Isabelle Romann
Gestaltung und Satz: Miriam Hase
Bildnachweis: depositphotos #345842718 Ariyathongchai, freepik.com
www.lebensgut-verlag.de
Von Herzen für
Dan und Tonje
Jonas und Tanmaya
Inhaltsverzeichnis
Übersicht: Übungen und Rituale
Traum für eine neue Zeit
Einleitung
Die Sehnsucht nach berührenden Begegnungen
Herzen öffnen
Selbstfürsorge – deine persönliche Stärkung
Gemeinsam oder einsam
Das Herz im Körper
Heilsame Berührung
Die Heilung der Herzen
Herzensprojekte
In die Weite reichen
Segen
Über die Autorin
Ausblick
Quellen und weitere Leseempfehlungen
Übersicht: Übungen und Rituale
Rosenblütenmeditation für die Herzöffnung
Alles ist gut
Ein neuer Blick auf dich selbst
Ein kostbarer Augenblick
Lauschen
Tonglen
Herzfäden
Meeresatmung
Rippenraumdehnung
Größer werden
Brustraum dehnen
Umarme dich selbst
Dein größeres Ich
Lichtsäule
Dankbarkeitsübung 1
Dankbarkeitsübung 2
Dankbarkeitsübung 3
Dankbarkeitsübung 4
Problemlösung durch Herzdenken
Die Wirkung von Dankbarkeit auf den Körper
Anregungen zur Stimulation des Vagusnervs
Energie geben über die Hände
Mehr Leichtigkeit
Herzrücken
Energie zurückholen
Herzensbitte
Herzensbrücke
Über die aktuellen Probleme hinaussehen
Abschiedsritual 1
Abschiedsritual 2
Metta-Meditation für Liebe und Mitgefühl
Das Lichtnetz
Bedingungslose Fürsorge
Morgensegen
Diese Hördateien findest du unter:
www.vera-bartholomay.com/herzbonus
Traum für eine neue Zeit
In der Morgendämmerung werde ich plötzlich wach. Oder bin ich noch im Traum? Im Raum hat sich etwas verändert, ohne dass ich gleich greifen kann, was es genau ist. Dann sehe ich die Umrisse eines Körpers vor dem Fenster, das zum Garten hinzeigt. Und ich weiß, er ist wieder da, es gibt wieder eine Botschaft für mich aus einer Welt jenseits der unseren.
Es werden keine Worte gesprochen. Daran habe ich mich schon lange gewöhnt. Und dennoch tauschen wir ganze Sätze aus, es gibt keinen Zweifel an den Inhalten. Paradoxa gehören zu diesen Begegnungen dazu.
Heute Nacht ist die Stimmung sehr ernst. Die Botschaft ist ganz klar: Es geht so nicht weiter. Die Menschen entwickeln sich in eine Richtung, die zu ihrer eigenen Zerstörung führt. Sie müssen innehalten lernen. Wieder spüren lernen, worauf es wirklich ankommt, was wirklich wichtig ist. Warum sie überhaupt hier auf dieser Erde sind. Es geht so ganz und gar nicht um Besitz und Konsum, um „schneller, höher, weiter“. Es müssen wieder Herzen berührt werden, von all der Schönheit dieser Erde, von Begegnungen zwischen den Menschen.
Was können wir aber tun, damit die Menschen wieder den Zugang zu ihren eigenen Herzen finden? Wie können wir für die notwendige Langsamkeit und Stille sorgen, ohne die es nicht möglich sein wird?
Es gibt in dieser Nacht keine Antworten. Nur Fragen. Vielleicht suchen wir gemeinsam nach den Antworten?
Einleitung
Das Buch in deinen Händen ist ein persönliches Buch. Es handelt von meinen eigenen Erfahrungen und von Menschen um mich herum, von privaten Kontakten und beruflichen Begegnungen. Von Menschen, die mich beeindruckt oder erschreckt haben. Geschichten, die mich nicht losgelassen haben. Erkenntnisse darüber, was uns das Leben erschwert oder leichter macht. Dabei sehr wissend, wie schwer manche Schritte im Alltag sind, wie sehr auch meine persönlichen Erfahrungen mir ununterbrochen genügend Stolpersteine bieten. Und wie ich gerade deshalb auf der Suche nach hilfreichen Gedanken und Methoden bin.
In diesem Buch findest du nur wenig über Forschung oder Wissenschaft. Beweisen kann ich gar nichts. Aber vielleicht erreiche ich trotzdem oder gerade deshalb dein Herz. Vielleicht kann ich ein wenig dabei helfen, auch deine Sehnsucht nach einer anderen Welt zu wecken oder zu stärken.
Wollen wir uns gemeinsam auf den Weg machen, unsere eigenen Herzen und einige andere besser kennenzulernen?
Wollen wir – frei nach Rainer Maria Rilke – erst die Fragen lieben lernen und dann langsam in die Antworten hineinleben?
Die Sehnsucht nach berührenden Begegnungen
Liebe als größte Macht
„What if the mightiest word is love?“ Diese große Frage stellte die Lyrikerin Elizabeth Alexander bei der ersten Amtseinführung von Barack Obama.
Wenn Liebe die allergrößte Macht hätte …
Wie müssten wir dann leben? Wie könnten wir dann leben?
Damit meine ich nicht nur die exklusive Liebe zwischen einzelnen Menschen, sondern eine all(es)umfassende Kraft. Liebe zu den Menschen, ja, vielleicht gar für die ganze Schöpfung. Eine Liebe, die als Kraft nicht verloren geht, sondern weiterwandert, auch lange nachdem wir als Einzelwesen nicht mehr auf dieser Erde sind. Liebe in einer Form, deren Tragweite wir bislang nur ahnen können.
In den vergangenen Jahren waren wir in besonderem Maße aufgerufen, unser Menschsein miteinander und füreinander neu zu denken. Wir fanden uns in einer verwandelten Lebenssituation wieder, in einer Welt, deren Regeln, Grenzen und Werte auf den Kopf gestellt wurden.
Für viele von uns waren es lebensentscheidende Monate, in denen wir uns wiederholt fragten, was nun wirklich wichtig ist? Wie wollen wir leben? Wie sehr brauchen wir uns?
Meine eigenen Antworten auf solche Fragen lauteten mit immer größer werdender Überzeugung: „Wir brauchen eine tiefere Herzensqualität.“
Konsum, Statussymbole, nichtssagende soziale Interaktionen, Zeitstress durch die vielen Aktivitäten, die vermeintlich im Alltag sein mussten, und so viel mehr. All diese Dinge verloren ihre Wertigkeit und mussten nach einer Weile für jeden Einzelnen neu geprüft werden.
Wir gingen durch tiefe Transformationszeiten. Manche turbulenter als andere. Aber niemand blieb unberührt.
Und obwohl es Zeiten mit einer äußerlich sozialen Distanz gab, erlebten wir im Inneren eine immer stärker werdende Transformation ins Wir.
Denn getragen haben uns in dieser Zeit häufig die tiefen Freundschaften, Beziehungen und so manche unerwartete Herzensbegegnung mit völlig fremden Menschen. Das war der Nektar, der tief in unsere Zellen hineinsickerte und uns Mut und Zuversicht gab. Und Sinn. Denn was sollte der Sinn unserer irdischen Existenzen sein, wenn nicht die Berührung der Herzen?
Wenn Liebe die allergrößte Macht wäre …
Dann wäre eine der dringendsten Aufgaben die Heilung der Herzen. Vielleicht gar als wichtigster Bestandteil einer wirklich tiefgreifenden persönlichen Heilung. Als Fundament für eine sich verwandelnde Welt, in der neue Werte an Gültigkeit gewinnen. In der ein Wir-Gefühl mehr Raum gewinnen kann.
Dabei sind wir alle verletzte Wesen. Haben wir doch immer wieder erfahren, wie sehr es geschmerzt hat, unsere Herzen für Menschen und Gegebenheiten zu öffnen und dabei verwundet zu werden. Vielleicht wissen wir, dass es keine Alternative dazu gibt, trauen uns aber nicht, wieder voll in unsere Herzenskraft zu gehen.
Wollen wir einige dieser Schritte zusammen wagen? Und den Zauber, aber auch den Schrecken genauer anschauen. Lösungen suchen, dort wo es schwierig wird. Kleine Anregungen und Übungen für alltägliche und ganz besondere Situationen wirken lassen. Aber uns auch Mut machen und stärken lassen von Worten, Erfahrungen und Geschichten.
Lichtfragmente sammeln
In der jüdischen Mystik, der Kabbala, gibt es eine Geschichte vom „Zerbrechen des Gefäßes“ („Schvirat ha-Kelim“) bei der Entstehung unserer Welt, die viel über unser Menschsein aussagt.
Die anschließende Kurzfassung davon ist von mir sehr frei nach einem Gespräch zwischen der Autorin Rachel Naomi Remen und Krista Tippett erzählt.
„Am Anfang der Schöpfung gab es eine große, heilige Dunkelheit. Diese war der Ursprung aller Dinge. Im Laufe der Zeit entstand unsere Welt als ein göttlicher Lichtstrahl aus der Dunkelheit. Dabei geschah etwas, was dazu führte, dass mit Licht gefüllte Gefäße zerbrachen. Und die Ganzheit der Welt, das Licht der Welt zerbrach in abertausende Lichtfragmente und fiel in die Welt der Materie hinein – in Ereignisse und in alle Menschen hinein –, wo es bis zum heutigen Tag tief versteckt ist.“
Rachel Naomi Remens Großvater war Rabbi. In seiner Interpretation dieser klassischen Kabbala-Geschichte ist die Menschheit eine Antwort auf diesen Unfall. Denn wir sind als Menschen mit der Fähigkeit ausgestattet, das verborgene Licht in allen Ereignissen und in allen Menschen zu finden, es hervorzuholen und dadurch wieder sichtbar zu machen. So können wir nach und nach dazu beitragen, die Ganzheit der Welt wiederherzustellen, die Heilung der Welt („Tikun Olam“) möglich zu machen.
Laut Rachel Naomi Remen ist dies eine gemeinsame Aufgabe aller Menschen, die je gelebt haben, die heute auf der Erde sind und die kommen werden. Wir sind alle Heilende dieser Welt. Jeder Mensch an seiner Stelle und in seinem Leben. Denn jeder von uns ist genau das, was gebraucht wird. Wir haben genau die Fähigkeiten bekommen, die an unserer Stelle im Leben benötigt werden.
Du bist also genau richtig, so wie du bist!
Zum Nachdenken:
Wie kannst du mit diesem Wissen leben?
Was kannst du tun, um genau deinen Anteil an der Heilung der
Welt zu erfüllen?
Was könnte es gleich heute sein?
Herzen öffnen
Rosenblütenmeditation für die Herzöffnung
Die folgende Übung öffnet dein Herz ganz sanft für neue Wahrnehmungen.
Sorge für eine ungestörte Zeit und setze dich bequem hin. Achte dabei darauf, dass du den Boden gut unter deinen Füßen spürst. Vielleicht magst du auch die Augen schließen.
Atme tief ein und aus. Lasse das Ausatmen dabei immer etwas länger sein als das Einatmen. Lasse alles, was du heute bereits erlebt hast oder womit du dich zurzeit beschäftigst, bewusst von dir abfallen und genieße die langsam einkehrende Ruhe. Versuche für einen kurzen Moment, dein eigenes Herz wahrzunehmen. Dabei solltest du nichts bewerten, sondern nur wahrnehmen. Wie fühlt es sich an?
Dann stelle dir vor, dass sich eine kleine zarte Rosenknospe in deinem Herzen befindet. Sie hat deine Lieblingsfarbe. Während du langsam und tief ein- und ausatmest, öffnet sich die Rosenknospe ganz behutsam. Immer mehr. Die Blätter entfalten sich nach und nach, dabei strömt ein angenehmer Rosenduft hinaus. Gönne dir reichlich Zeit dafür.
Wenn die Knospe ganz zur Blüte geworden ist, spürst du, wie der Duft weit über dein eigenes Herz hinausströmt und die Menschen um dich herum erreicht, auch wenn sie gerade nicht im Raum sind, sondern irgendwo da draußen.
Genieße diesen Zustand für einen Moment, und vielleicht spürst du sogar, dass sich durch diese kleine Übung etwas in dir verändert hat.
Dann atmest du noch einmal tief ein und öffnest die Augen wieder.
Vielleicht schaffst du es, ein wenig von diesem Rosenduft mitzunehmen, wenn du danach wieder in deinen Alltag gehst. Lasse dich davon überraschen, was heute geschehen darf.
Das Herz ist ein Kraftfeld
Wenn manche Menschen einen Raum betreten, geht die Sonne auf. Sie haben die besondere Fähigkeit, alles um sie herum hell zu erleuchten, und strahlen eine solche Herzenswärme aus, dass sich die Anwesenden gleich entspannen und besser fühlen. Meistens wissen sie noch nicht einmal um diese Fähigkeit. Zumindest halten sie sie nicht für etwas Besonderes. Sonst hätten sie wohl auch nicht diese unschuldige und so ganz und gar nicht auf Effekt bedachte Wirkung.
Kein Wunder, dass eine solche Ausstrahlung wahrgenommen werden kann, denn unser Körper ist von einem elektromagnetischen Feld umgeben, das von empfindlichen Messgeräten im Abstand von bis zu drei Metern gemessen werden kann. Und ich behaupte aus Erfahrung, dass es auch noch viel weiter reicht …
Dabei hat man festgestellt, dass das elektromagnetische Feld des Herzens das stärkste des Körpers ist, sogar 5000-mal stärker als das des Gehirns.
Forschende im amerikanischen HeartMath® Institute haben nachgewiesen, dass Informationsmuster, die im Herzen einer Person erzeugt wurden, in den Gehirnwellen einer zweiten Person messbar sind. Das bedeutet konkret, dass von uns erzeugte Gefühlszustände – oder nennen wir sie hier elektromagnetische Informationen – von anderen Menschen um uns herum registriert werden können.
Das Herz nimmt Dinge wahr und fühlt wirklich.
Forschende im Bereich der Neurowissenschaften haben außerdem nachgewiesen, dass das Herz ein eigenes unabhängiges Nervensystem aufweist, das große Ähnlichkeit mit dem Nervensystem des Gehirns hat. Das Herz besitzt mindestens 40 000 Nervenzellen (Neuronen). Das entspricht immerhin der Menge von Neuronen, über die auch verschiedene Funktionsbereiche des Gehirns verfügen. Dr. J. Andrew Armour hat passend dazu den Begriff „Herzgehirn“ („heart brain“) geprägt. Dieses Neuronensystem hat übrigens sowohl ein Kurzzeit- als auch ein Langzeitgedächtnis, und die Signale, die es an das Gehirn schickt, können unsere emotionalen Erfahrungen beeinflussen.
Noch ein Grund mehr, sich Gedanken darüber zu machen, wie wir unser Herz strahlen lassen.
Die Essenz von Liebe
Bedingungslose Liebe schenken. Oh je, welch ein großes Wort: bedingungslos. Und ich spreche hier ausdrücklich nicht vom Hormonzustand von Frischverliebten.
Wer kann das schon wirklich gut – bedingungslos lieben? Dennoch gibt es eine solche Liebe, auch wenn wir sie alle wohl eher kurze Zeit wirklich spüren oder geben dürfen.
Die Seminarleiterin hatte lange Zeit in tibetischen Klöstern verbracht und dort täglich Liebe und Mitgefühl für alle Mitgeschöpfe praktiziert. Jetzt wollte sie unserer Gruppe verschiedene Zustände klarmachen und bat mich, für das nächste Beispiel zur Verfügung zu stehen. Ich setzte mich vor sie – vollkommen unvorbereitet auf das, was jetzt kam.
Es legte sich ein warmer Mantel aus Liebe um mich und füllte mich gleichzeitig von innen und von außen durch alle Poren. Ein leichtes, lichtvolles, fast schwebendes Gefühl von ungeahnter Intensität. Ich war vollkommen ergriffen und überwältigt. Ein solches Gefühl hatte ich in meinem Leben noch nie erfahren.
Genauso schnell, wie es mir geschenkt wurde, wurde es auch wieder beendet, und ich war zurück im bisherigen Seminargeschehen. Aber etwas in mir war für immer verwandelt.
Da habe ich verstanden, dass man bedingungslose Liebe tatsächlich lernen kann. Natürlich ist es ein Zustand, aber auch eine Methode, die wir üben können. „Herzensgüte“ ist nicht unbedingt eine Fähigkeit, die Menschen von Geburt in sich haben, sondern oft das Ergebnis einer langen Lebensreise und Einübung. So wie es zu den buddhistischen Meditationspraktiken seit Jahrtausenden gehört, die viele Menschen – übrigens auch der Dalai Lama – täglich für mehrere Stunden praktizieren. Genaueres findest du in der Beschreibung der Metta-Meditation an anderer Stelle in diesem Buch.
Menschen, die eine Weile im Umfeld des Dalai Lama sein durften, berichten davon, wie sie sich vollkommen aufgehoben und angenommen gefühlt haben, ja, regelrecht mit Liebe geflutet wurden. Und das von einem vollkommen fremden Menschen, der vielleicht noch nicht einmal besonders persönlich wurde. So schaffen es Menschen wie der Dalai Lama und andere „Herzensgüte-Profis“, Hunderttausende von Menschen zu faszinieren und zu beschenken.
Aber wie fangen wir „normalen“ Menschen an, wenn das Ziel so groß ist? Natürlich mit winzigen Babyschritten.
Eine Einstiegsübung könnte so aussehen:
Alles ist gut
Setze dich bequem hin und schließe deine Augen. Stelle dir vor, dass du dich in einem der seltenen Augenblicke befindest, in denen alles gut ist. Du bist mit dir im Reinen, ja, sogar ganz glücklich. Um dich herum ist alles so, wie es sein soll. Deine Lebensumstände, deine Mitmenschen.
Vielleicht denkst du jetzt, einen solchen Zustand kenne ich gar nicht, wie soll ich ihn mir dann vorstellen? Doch, ich behaupte, du kennst ihn. Vielleicht nur aus sekundenlangen Erlebnissen, aber dennoch geht es jetzt genau darum.
Wenn du immer noch behauptest, du kennst einen solchen Zustand nicht, dann stelle ihn dir für einen Augenblick in deiner Fantasie vor. Nur ganz kurz. Sekunden genügen. Koste diese wenigen Sekunden wie eine seltene Frucht. Mit der Zeit wirst du diesen Zustand immer länger halten können.
Lasse dieses kostbare Gefühl immer mehr nach außen strahlen – über deinen Körper hinaus, zu deinen Mitmenschen hin, zur Natur um dich herum. Beginne hier auch erst einmal klein und weite die Reichweite mit der Zeit immer mehr aus.
Wenn du diese Übung regelmäßig machst, wird sie dir immer leichter fallen, und du wirst spüren, dass sie etwas mit dir macht, etwas in dir verändert. Vielleicht wirst du gelassener, ruhiger, in dir stimmiger. Vielleicht liebst du irgendwann tatsächlich Menschen, die Welt und auch dich selbst ein Stück weit bedingungsloser?
Aber auch in alltäglichen Situationen – ohne Meditationen und Übungen – entfaltet das Kraftfeld des Herzens seine Wirkung.
Mir geht es gerade gut. Ich habe gute Nachrichten bekommen und bin voll in Gedanken über diese Freude und Erleichterung, dass jetzt alles gut wird. Offenbar lächele ich, ohne es selbst zu merken, während ich durch eine Menschenmenge in der Stadt gehe. Eine ältere Bettlerin spricht mich an, und ohne groß nachzudenken oder sie im besonderen Maße wahrzunehmen, gebe ich ihr ein paar Münzen. Sie schaut mich an und sagt: „Danke für das Lächeln!“ So wenig bedarf es also. Ihr geht es jetzt besser und mir erst recht.
Ein Geschenk an andere
Verschenke dich
Es war einer dieser sehr trüben Tage. Gerade hatte ich Nachrichten bekommen, die mich sehr verunsicherten und vieles infrage stellten. Ich bin sicher, auch du kennst solche Tage, an denen man sich am liebsten verkriechen möchte und bloß keine Herausforderungen mehr bewältigen mag. Ich bin nichts wert, ich kann nichts, niemand interessiert sich für mich.
Ich musste aber etwas einkaufen gehen und beschloss, diesen Tag selbst in die Hand zu nehmen und die Stimmung zu ändern. Die Frau hinter der Theke hatte auch keinen leichten Tag heute. Das sah man ihr an. Ich sagte ihr bewusst etwas Nettes. Ich weiß gar nicht mehr, worüber – vielleicht ihre Frisur, die Farbe ihrer Bluse, was auch immer. Ihr Gesicht hellte sich auf, und der Tag war gerettet. Aber interessanterweise nicht nur für sie, sondern auch für mich.
Denn: „Wir leben nicht von dem, was wir bekommen, sondern von dem, was wir geben.“ Diesen Satz habe ich einmal auf dem Frankfurter Flughafen entdeckt. Die Weisheit versteckt sich manchmal an seltsamen Orten.
Wir leben nicht nur um unserer selbst wegen. Wir sind auch da, damit etwas für andere entstehen kann, um andere zu stärken, stützen und nähren. Den Boden für etwas zu bereiten. Meist in klitzekleinen Gesten, die gar nicht so spektakulär erscheinen.
Aber auch dir tut es gut – wie ein asiatischer Spruch es ausdrückt: „Es bleibt immer ein wenig Duft an den Händen derer haften, die Rosen schenken.“
Zum Nachdenken:
Was könnte heute deine Aufgabe sein? Für wen?
Kommunikation ohne Worte
Der amerikanische Autor Parker Palmer geriet vor vielen Jahren in eine schwere Depression. Gar nichts ging mehr. Der Kontakt zur Welt war verloren, er war kaum erreichbar für Sinneseindrücke, Menschen oder Worte.
Ein Freund erfasste die Situation und tat intuitiv das Einzige, womit er ihn erreichen konnte. Jeden Nachmittag schaute er nach der Arbeit bei Parker Palmer vorbei und massierte ihm ausgiebig die Füße. Denn, warum auch immer, die Füße waren noch eine Körperstelle, an der er eine Berührung nicht nur zulassen, sondern auch wirken lassen konnte. Von dieser Art der Berührung konnte er langsam wieder in einen vorsichtigen Kontakt mit seiner Umgebung treten und mit der Zeit sogar die Zuneigung seines Freundes wahrnehmen und wie sehr er ihn als Mensch hinter all den dunklen Schatten gesucht hatte.
Zum Nachdenken:
Wie können wir uns noch erreichen, wenn die üblichen Wege nicht mehr funktionieren?
Vielleicht hast du selbst etwas erlebt, das dich wieder zum Leben erweckt hat, als du ganz weit unten warst?
Das Wunder im anderen erkennen
Wie fühlt sich jemand in deiner Anwesenheit?
Menschen vergessen vielleicht, was genau in welcher Situation geschah, aber nicht so schnell, wie sie sich durch deine Worte gefühlt haben.
In meiner Schulzeit gab es eine Lehrerin, die mich sehr geprägt hat. Vor einiger Zeit trafen sich einige aus ihrer Schülerschaft, und Einzelne berichteten, dass sie ja wohl ihre Lieblingsschülerinnen und -schüler damals gewesen seien. Na, das dachte ich ehrlich gesagt auch von mir. Welch eine Gabe dieser Lehrerin, dass so viele Kinder und Jugendliche aus ihrer Schülerschaft von ihr das Gefühl vermittelt bekamen, für sie etwas ganz Besonderes zu sein!
Zum Nachdenken:
Ich bin sicher, dir fallen jetzt einige Situationen aus deinem Leben ein, in denen bestimmte Menschen ein Gefühl in dir ausgelöst haben, das du nie vergessen hast. Vielleicht war es ein lobendes Wort oder eine entscheidende Anregung? Oder fühltest du dich in diesem Augenblick wirklich gesehen?
Vielleicht magst du dir drei Sätze überlegen, die dir unendlich gutgetan haben. Auch wenn es lange her sein sollte.
Wer hat sie gesprochen? Warum haben sie dich so berührt? Ahnst du, dass auch du so etwas in anderen bewirkt hast?
Siehe, welch ein Mensch!
In einer kleinen Kirche entdecke ich eine Inschrift am Altar:
„Ecce homo – Siehe, welch ein Mensch“
Die Inschrift ist auf der Seite angebracht, wo Geistliche stehen, wenn sie zur Gemeinde sprechen. Mich hat es sehr berührt, mir vorzustellen, dass sie in diesem Bewusstsein zu den einzelnen Menschen in der Kirche sprechen konnten.
Wie wäre es, als Mensch in dieser Gemeinde das Gefühl zu bekommen, in diesem Augenblick wirklich gesehen zu werden – mit all meinen Fehlern, mit all meinen Schwächen? Und dennoch geliebt zu sein.
Für manche Menschen entsteht dieses Gefühl im Zwiegespräch mit göttlichen Kräften. Ein Geschenk.
Ein neuer Blick auf dich selbst
Nun können wir solche Situationen nicht herbeizaubern. Aber lasse uns mal einen kleinen Versuch machen, einen etwas anderen Blick auf dich selbst zu richten.
Diesmal ist es eine Schreibübung. Du brauchst also einige leere Blätter, einen Stift und natürlich einen ungestörten Augenblick.
Mache zuerst für einige Minuten die Augen zu und stelle dir vor, dass du hinter deinen geschlossenen Augenlidern deinen Blick ein wenig weitest. Als würdest du ein Stück weiter nach links und rechts als üblich schauen wollen, ohne die Position deiner Augen zu ändern. Dadurch entspannen sich deine Augen und nehmen mehr wahr.
Dann änderst du die Blickrichtung, als könntest du dich selbst jetzt von einer höheren Stelle aus betrachten. Als würdest du wie ein Vogel von der Erde abheben können und schwebend aus der Luft einen Blick auf die Person richten, die du bist. Aber jetzt so, als wäre es eine fremde Person, die du betrachtest.
Aus dieser hohen und weiten Perspektive beschreibst du jetzt, welch einen Mensch du gerade vor dir siehst. Dein Blick ist voller Güte und Liebe, voller Wertschätzung und Gnade. Kritische Stimmen sind hier absolut untersagt.
Es ist egal, ob dir eher Wortfragmente oder ganze Sätze in den Sinn kommen. Schreibe alles auf. Erlaube dir, in dieser Beschreibung Worte über dich zu benutzen, die du sonst nicht so leicht in den Mund nehmen würdest. Hier ist nicht die Stelle für Bescheidenheit. Alles, was spontan kommt, soll ungefiltert einen Platz auf deinem Papier finden.
Wenn es dir sehr schwerfällt, wiederholst du diese Übung einige Tage oder Wochen später. Aber irgendwann solltest du sie unbedingt machen.
Wenn wir jetzt gemeinsam in einer Gruppe wären, würde ich dein Blatt anschließend von einer anderen Person für dich vorlesen lassen. Vielleicht hast du aber das Glück, in deinem Umfeld eine solche Person zu haben, die dir nach einiger Zeit dein Blatt ohne Wertung und voller Respekt vorliest. Damit du diesen anderen Blick auf dich auch über das Hören aufnehmen kannst.
Unterschiedliche Geschöpfe
„In Gottes Garten gibt es viele Blumen“ heißt es ja so schön. Wir sind aber meist schnell im Verurteilen anderer Menschen, wenn sie uns nicht gefallen oder uns auf die Nerven gehen.
Manchmal ist es jedoch spannend, einen Versuch zu wagen, gerade diese Menschen wie seltene Pflanzen oder Blumen zu betrachten. Für einen Augenblick aus dem Urteil zu gehen und sie möglichst neutral anzuschauen. Du musst sie dabei nicht mögen oder lieben, sondern nur hinschauen.
Welches Gewächs habe ich da vor mir? Was hat diesen Menschen gebildet? Welche Form oder Gestalt hat dieser Mensch bekommen, geprägt durch Wind und Kälte, durch all diese Ereignisse, von denen wir wenig wissen? Welche Blüte ist dabei entstanden? Was hat dieser Mensch dadurch entwickelt, was vielleicht gar nicht so leicht sichtbar ist? Schaffe ich es, gerade bei Menschen, die ich nicht besonders mag, doch noch irgendetwas Schönes zu entdecken?
„Vergegnung“ und Herzensbegegnung
Eine Annäherung aus jüdisch-christlicher Sicht
Gastbeitrag von Christoph Jost – Seelsorger und Lyriker
In seinen autobiografischen Fragmenten „Begegnung“ erzählt der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber gleich zu Beginn, wie er als vierjähriges Kind die Trennung seiner Eltern und den folgenden Verlust seiner ersten Heimat, der elterlichen Wohnung in Wien, erlebte und wie er anschließend bei seinen Großeltern väterlicherseits in Lemberg untergebracht wurde. Er beschreibt sie als Menschen, „die dem Bereden von Dingen der eigenen Existenz abhold waren“, und so wurde unter ihnen auch nicht von der Trennung seiner Eltern und dem Wegzug seiner Mutter gesprochen, „natürlich schon gar nicht in meiner Gegenwart“. So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass der kleine Junge aus der Fassung gerät, als er eines Tages auf dem Innenbalkon des Hauses stehend von einem vier Jahre älteren Mädchen ohne äußeren Anlass zu hören bekommt, dass seine Mutter niemals mehr zurückkommen wird. Und er wusste, dass er „an der Wahrheit des gesprochenen Wortes keinen Zweifel hegte. Es blieb in mir haften.“
Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass Kinder nur sehr zögerlich über tiefgreifend bewegende Erlebnisse reden, schon gar nicht über traumatisierende. Aber genauso sicher scheint zu gelten, dass sie diese in ihrem Inneren intensiv verarbeiten, dass sie das Unfassbare begreifbar‚ in einem für sie passenden Bild oder Begriff „fassbar“ machen müssen. „Später einmal habe ich mir das Wort ,Vergegnung‘ zurechtgemacht, womit etwa das Verfehlen einer wirklichen Begegnung zwischen Menschen bezeichnet war.“
Wir können ohne Kontakte, ohne Gespräche, ohne Begegnungen nicht leben, und wir entwickeln, jeder für sich, ein sehr ausgeprägtes, untrügliches Gespür dafür, ob uns eine zufällige oder absichtliche Begegnung taugt oder nicht. Entsprechend reagieren wir, öffnen wir uns oder wenden uns ab, sind wir „tief im Herzen“ bewegt oder unberührt. Wir haben ein feinfühliges Sensorium für ge- oder misslingende, für heilsame oder unheilsame Begegnungen. Und ohne dass Martin Buber seine unerschöpflichen Gedanken über das Wesen „wirklicher Begegnung“ erklärend entfalten muss, wird es allein in seinem zurechtgemachten Wort „Vergegnung“ nur allzu deutlich erahnbar.