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FAIRCLOUGHS GEERBTE BRAUT von GEORGIE LEE Keine Liebesheirat, sondern eine Vernunftehe schließt Lady Mary mit dem smarten Silas Fairclough im fernen Amerika. Doch kaum haben sie sich das Ja-Wort gegeben, müssen sie zurück nach England. Wo noch immer alle von dem Skandal reden, vor dem Mary damals geflohen ist – und vor dem sie jetzt nur Silas‘ wahre Liebe retten kann! DER KUSS DES UNWIDERSTEHLICHEN DUKES von VIRGINIA HEATH Eine unerwartete Begegnung, errötende Wangen – und Pietro Venturi, Duca della Torizia, weiß sofort: Genau wie er denkt auch Lilian Fairclough daran, wie er ihr in England einen heißen Kuss geraubt hat! Was nicht erklärt, warum sich die wunderschöne Witwe in dieser lauen Frühlingsnacht in seinem römischen Palazzo befindet …
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Seitenzahl: 619
Georgie Lee, Virginia Heath
Historical Saison BAND 89
IMPRESSUM
HISTORICAL SAISON erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Erste Neuauflage in der Reihe HISTORICAL SAISON, Band 89 4/2022
© 2019 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Mr Fairclough’s Inherited Bride“ erschienen bei: Mills & Boon, London in der Reihe: HISTORICAL Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Eleni Nikolina
© 2020 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Lilian and the Irresistible Duke“ erschienen bei: Mills & Boon, London in der Reihe: HISTORICAL Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Eleni Nikolina
Abbildungen: Lee Avison / Trevillion Images, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 4/2022 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751511384
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Baltimore – September 1842
Gentlemen, hören Sie mich an.“ Silas klopfte hart mit den Fingerknöcheln auf die glänzende Oberfläche des Speisezimmertisches und gewann damit wieder die Aufmerksamkeit der inzwischen recht ausgelassenen Männer in ihren schwarzen Abendanzügen und weißen Westen, die mit ihm am Tisch saßen. „Wenn es uns gelingt, Eisenschienen in Amerika zu fertigen, statt uns dafür auf England zu verlassen, können wir die Konkurrenz beherrschen.“
„Aber die englischen Schienen sind unseren weit überlegen“, bemerkte Mr. Penniman, die Hände auf dem runden Bauch ruhe lassend. „Ebenso wie ihre Lokomotiven.“
„Und auch billiger“, fügte Mr. Baxter hinzu und schnippte einen kleinen Krümel neben seinem Teller fort.
„Die Preise werden in die Höhe schießen, sollte die Regierung die Zollsätze ändern oder sollte sonst irgendetwas die englische Lieferung unterbrechen“, rief Silas allen in Erinnerung. Er war entschlossen, diese Investoren für seine Idee zu gewinnen. „Wenn wir unsere eigenen Gießereien errichten, die besten Stahlbauarbeiter einstellen und von den besten heimischen Lieferanten kaufen, können wir unsere eigenen Schienen herstellen und sie zehnmal schneller verlegen als die Konkurrenz. Es wird uns sicherstellen, dass die Baltimore Southern Railroad die eindrucksvollste Eisenbahn Amerikas ist und an vorderster Stelle aller Erneuerungen auf diesem Gebiet steht. Wir könnten sogar unsere eigenen Lokomotiven bauen.“
Ein Sturm des Unglaubens und Staunens wurde laut. Mr. Penniman und Mr. Baxter drückten ihre Verwunderung über eine solche Idee aus, während Mr. Wilson und Mr. Farrow begeistert zu sein schienen ob einer solchen Aussicht.
Am Ende der Tafel saß Richard Jackson, Silas’ Partner und Mentor, neben Lady Mary Weddell, dessen Mündel und Gastgeberin des heutigen Abends, doch Richard sagte nichts. Er überließ es den Gentlemen zu diskutieren und vertraute darauf, dass Silas die wohlhabenden Investoren dazu überreden würde, noch mehr Geld in die Baltimore Southern zu stecken, als sie es bereits getan hatten. Silas würde weder Richard noch sich selbst enttäuschen oder zulassen, dass der Mangel an Weitblick anderer Männer ihn der Mittel beraubte, die er an seine Familie schicken musste. Die Baltimore Southern würde wachsen und erfolgreich sein. Dafür würde Silas sorgen, was auch geschah.
„Amerika geht nach Westen, Gentlemen.“ Silas hob die Stimme. „Wenn seine Grenzen den Pazifischen Ozean erreichen, werden neue Häfen und Handelsstraßen nach Südamerika und dem Osten eröffnet und uns neue ungeahnte Möglichkeiten erschließen. Und die Eisenbahn wird der Schlüssel zu allem sein. Mit ihr wird der Kontinent überquert werden und uns den Gewinn aus all diesen neuen Möglichkeiten einbringen.“
„Sie glauben doch nicht, man könnte die Strecken tatsächlich so weit ausbauen?“ Mr. Penniman beugte sich vor, um sich besser an Silas wenden zu können. „Es würde einen technischen Kraftakt enormen Ausmaßes benötigen, um allein die Sierra Nevada zu durchqueren.“
„Mit der Zeit werden wir die nötigen Ingenieure finden und die Ausstattung, die selbst Berge bezwingen wird. Bereits jetzt sind wir in der Lage, die Menschen mit der Bahn in vier Tagen von Kentucky nach Washington, D.C., reisen zu lassen, wofür sie auf einem Pferd drei Wochen gebraucht hätten. Stellen Sie sich doch nur vor, Güter und Rohmaterialien ebenso schnell zu Fabriken und Märkten transportieren zu können. Mit Ihrer Investition in die Gießerei können wir die ersten Schritte unternehmen, um diese großartige Zukunft wahr werden zu lassen.“
Die Männer nickten zustimmend. Selbst die Zögerlichen unter ihnen wurden nachdenklich. Silas versuchte, sich seine Erregung nicht anmerken zu lassen. Er hatte sie überzeugt. Er spürte es.
„Sie haben kühne Träume, Mr. Fairclough“, sagte der zur Glatze neigende Mr. Penniman, bevor er sich vorbeugte und die letzte Süßspeise von der Platte auf dem Tisch nahm.
„Seine kühnen Träume werden die unseren schon bald in den Schatten stellen“, warf Richard ein und machte sich damit zum ersten Mal als Seniorpartner und Besitzer dieses Hauses bemerkbar. Er hielt ein Taschentuch an die Lippen und hustete so diskret, wie er konnte. „Ein kluger Mann investiert in die Zukunft, solange sie noch erschwinglich ist.“
„Ich versichere Ihnen, Gentlemen, wir sind nicht die Einzigen, die dieses Gespräch führen, aber wir müssen die Ersten sein, die ihre Pläne in die Tat umsetzen.“ Silas gab seinem Kammerdiener Tibbs ein Zeichen, den Männern nachschenken zu lassen. Es war ein vorzüglicher Brandy, den Silas sich von einer seiner besten englischen Quellen hatte besorgen lassen. Keiner der Diener füllte allerdings Silas’ Glas auf. Heute Abend musste er einen klaren Kopf bewahren.
Mr. Penniman legte eine Hand über sein Kristallglas und blickte zu Lady Mary Weddell hinüber, um zu zeigen, dass er sich aus Achtung vor ihr zurückhielt. „Nein, danke. Ich glaube, ich hatte genug für einen Abend.“
„Versagen Sie sich meinetwegen nicht die Freuden, die Mr. Faircloughs und Mr. Jacksons Großzügigkeit Ihnen schenken, Mr. Penniman“, ermutigte Lady Mary ihn lächelnd. „Meine Anwesenheit soll niemals der Grund dafür sein, dass die Kehle eines Gentlemans austrocknet, besonders wenn Dinge besprochen werden, die einen kräftigen Schluck verlangen.“
Sie gab einem Diener ein Zeichen, ein neues Tablett mit Süßspeisen vor Mr. Penniman zu stellen. So unauffällig hatte sie die frischen Leckerbissen kommen lassen, dass selbst Silas nichts aufgefallen war. Kluges Mädchen.
Mr. Penniman zögerte nicht, die größte Schokopraline mit einer feinen Puderzuckerschicht auszuwählen. „Sie sind eine außergewöhnlich kluge Frau, Lady Mary. Eines Tages werden Sie einen Mann sehr glücklich machen.“
Lady Marys Lächeln blieb ebenso betörend wie vorher, wenn auch weniger strahlend. Doch der Gentleman widmete sich seinem Konfekt, sodass ihm nichts auffiel. Silas allerdings sehr wohl. In ihren Augen schimmerte dasselbe schmerzliche Bedauern, das er in den Gesichtern der Frauen bemerkt hatte, die regelmäßig Hilfe suchend auf den Stufen der Fairclough-Stiftung erschienen. Er bezweifelte zwar, dass Lady Mary den gleichen Kummer hatte wie jene Frauen, doch das ungute Gefühl, dass etwas Unangenehmes sie nach Amerika geführt hatte, wollte ihn nicht loslassen.
Er dachte an ihre große Hilfe bei seinen Bemühungen um die Investoren und winkte Tibbs herbei, der sich neben ihm herabbeugte. „Schicken Sie Lady Mary bitte ein nettes Geschenk für ihre Unterstützung heute Abend.“
„Wie nett soll das Geschenk sein, Sir?“ Man sah seinen grauen Augen regelrecht an, dass er in Gedanken schon die diversen Geschäfte und Juweliere Baltimores Revue passieren ließ.
„Es soll ein Geschenk für eine Dame sein, Tibbs. Auserlesen.“ Silas hob sein halb leeres Glas und sah zu Lady Mary hinüber, die gleichmütig nickte. Sie war eine zurückhaltende junge Frau, die er auf Anfang zwanzig schätzte, also etwa drei oder vier Jahre jünger als er mit seinen fünfundzwanzig Jahren. Ihren lebhaften, intelligenten braunen Augen schien nichts zu entgehen. Das blonde Haar trug sie wie eine reifere Dame und ohne die Löckchen an den Seiten wie die die meisten jungen Damen derzeit. Sie hatte eine schmale Taille, die ihre vollen Brüste betonte, obwohl sie gut unter einem hochgeschlossenen Kleid aus einem viel zu schlichten, schweren grauen Stoff versteckt waren. Trotz der puritanischen Bescheidenheit ihres Aufzugs hatte sie die Haltung einer Königin, die mit der Sicherheit einer erfahrenen Gastgeberin alles überblickte, was zum Gelingen des Dinners nötig war. Wenn sie sich besser gekleidet und ihr Haar modischer frisiert hätte, wäre sie wirklich ein bemerkenswertes Exemplar ihres Geschlechts gewesen. Doch wie Silas in den drei Monaten herausgefunden hatte, die er bei Richard wohnte, war es nicht ihre Gewohnheit, sich in den Vordergrund zu spielen. Stattdessen war sie stets zurückhaltend, wenn Lady Mary auch den Ernst dessen sehr wohl begriff, was Richard und Silas zu erreichen versuchten, und alles tat, was in ihrer Macht stand, um ihnen dabei zu helfen.
„Jawohl, Sir.“ Tibbs richtete sich wieder auf, und Silas war sicher, dass Lady Mary gefallen würde, was immer Tibbs für sie aussuchen würde. Silas wusste nichts über ihre Vorlieben, da er bisher noch nicht über mehr mit ihr gesprochen hatte als über das Wetter. Obwohl sie beide aus England stammten, kam sie natürlich nicht aus der wenig respektablen Gegend Londons wie Silas. Zu seiner Erleichterung erkannten die Amerikaner nicht den Unterschied in ihren Akzenten. Je vornehmer er ihnen erschien, desto wohlwollender würden sie seine kühnen Ideen betrachten.
„Gentlemen, auf uns und auf die erfolgreiche Erweiterung der Baltimore Southern-Eisenbahngesellschaft.“ Richard hob sein Glas zum Toast. So wie Silas hatte auch er kaum an seinem Brandy genippt. Die Gäste taten es ihm nach und wiederholten seine Worte so begeistert, dass Silas lächeln musste. Sie hatten die Investoren sicher, selbst Mr. Penniman, der Lady Mary gerade ein galantes Lächeln zuwarf. Silas leerte sein Glas und ließ sich von Tibbs nachschenken. Jetzt konnte er unbesorgt feiern. Erst morgen würde die harte Arbeit beginnen.
„Wir haben es geschafft.“ Silas lehnte sich entspannt in dem Ledersessel in Richards Arbeitszimmer zurück und streckte die Beine zur Wärme des prasselnden Kaminfeuers aus. Es war ein eindrucksvoller Raum mit eleganten Holzmöbeln und Ledersesseln, in dem Richard Jahre damit zugebracht hatte, sein Vermögen mithilfe diverser Geschäftsunternehmen aufzubauen. Doch es war vor allem die Eisenbahn, die ihm besonders am Herzen lag – ebenso wie Silas. Silas war sprachlos gewesen, als er das erste Mal hier gestanden hatte, gerade am Tage davor vom Schiff gestiegen, das ihn aus England hergebracht hatte. Und er hatte sich geschworen, dass er eines Tages ein solches Arbeitszimmer besitzen würde. Es war ihm ein Vergnügen, heute in diesem Sessel zu sitzen, an sein eigenes Arbeitszimmer zu Hause zu denken und daran, dass er fast jedes Ziel erreicht hatte, das er sich gesetzt hatte, seit er Liverpool vor fast fünf Jahren verlassen hatte.
„Nicht wir. Du hast es geschafft.“ Richard holte sein Taschentuch hervor und hielt es sich vor den Mund, als er von einem trockenen Husten geschüttelt wurde.
„Ohne deinen Einfluss hätten sie mich nicht unterstützt.“ Silas wünschte, es wäre sein eigener guter Ruf gewesen, der ihm geholfen hätte, die Investoren zu überzeugen, aber noch hatte er sich keinen aufgebaut. Bis ihm das gelang, war er Richard für seine Beziehungen dankbar und für jede Gelegenheit, die er ihm gegeben hatte, seit Silas in Amerika angekommen war. Ohne Richard wäre er noch immer ein mittelloser Niemand ohne Aussichten gewesen. Silas tippte mit einem Finger gegen sein Glas. Nie wieder würde er dieser Niemand sein. „Ich habe den englischen Patentinhaber bereits um die Erlaubnis gebeten, seine Lokomotive hier zu bauen. Nach allem, was wir schon in das Dampfwerk investiert haben, müssen wir so bald wie möglich beginnen, sie zu produzieren.“
Die Schienen, die in der neuen Gießerei hergestellt wurden, konnten an andere Eisenbahnen verkauft werden, um die Kosten der Investition auszugleichen, aber stärkere, schnellere Lokomotiven waren der Schlüssel zur Zukunft der Eisenbahn. Silas wünschte, es gäbe bessere amerikanische Modelle, aber sein neues Heimatland konnte noch mit keinem bestechenden Entwurf aufwarten. Mit der Zeit würde auch das bestimmt geschehen, aber zurzeit war er noch darauf angewiesen, sich die Rechte an den britischen Plänen sichern zu können.
„Diese Lokomotive wird die Baltimore Southern zu neuen Höhen des Erfolgs führen.“ Richard atmete rasselnd ein. „Aber früher, als es jedem von uns lieb ist, wirst du ohne mich neue Investoren gewinnen müssen.“
„Du denkst doch nicht daran, dich zurückzuziehen, oder?“ Richard lebte für seine Arbeit.
„Ich liege im Sterben, Silas.“
Derselbe plötzliche Würgreiz wie vor zehn Jahren, als seine Mutter aus dem Krankenzimmer seines Vaters gekommen und ihm dessen Siegelring übergeben hatte, packte ihn auch jetzt. „Was redest du da?“
„Ich habe mehrere Ärzte zurate gezogen, während ich in Philadelphia war. Die besten im Land. Sie bestätigten, was ich schon seit einer Weile vermutete.“
„Das kann nicht sein.“ Silas war der ständige Husten natürlich nicht entgangen, oder dass Richard im letzten Jahr immer dünner geworden war, aber er hatte es ignoriert – und alles, was es bedeutete. „Es muss doch etwas geben, was sie tun können. In Europa ist die Medizin fortgeschrittener als hier, wo die meisten Quacksalber glauben, man könnte mit einem Aderlass alles kurieren.“
„Nein, Silas. Du und ich können vieles bekämpfen, aber das nicht.“ Richard setzte sich, und sein schmaler Körper wirkte verloren im breiten Ledersessel. „Es tut mir nur leid, dass ich die transkontinentale Eisenbahnstrecke, die du dir erträumst, nicht mehr sehen werde. Du bist ein Visionär, der seine Träume wahr werden lässt, und ich bin stolz auf dich – deswegen und wegen all der Dinge, die du getan hast, seit du mit einem Empfehlungsschreiben von Jasper King auf meiner Schwelle erschienen bist. Ein junger Mann mit kaum mehr als dem, was er am Leib trug, und einer Handvoll britischer Geldnoten. Ich ging davon aus, dass du Jaspers und mein Vertrauen verdienst, und du hast mir wieder und wieder bewiesen, wie recht ich doch hatte. Du verwandeltest dich von einem Habenichts zum Partner einer Eisenbahngesellschaft mit einem ansehnlichen Einkommen, das sich nach heute Abend enorm vermehren wird.“
„Beschreie es bloß nicht. Bisher haben wir nicht mehr als ihr Wort. Ihr Geld haben wir noch nicht, die Gleise gibt es noch nicht und auch das Patent für die englische Lokomotive ist uns noch nicht sicher.“ Silas nahm einen tiefen Schluck von seinem Brandy. Offenbar gab es auch keine gemeinsame Zukunft für sie. Aber nein. So viele Menschen lebten trotz Schwindsucht noch jahrelang weiter, warum sollte es bei Richard anders sein?
„Ich rede nicht von der Baltimore Southern. Ich habe weder Frau noch Kinder, da ich mein Leben meinen Geschäften gewidmet habe. Es gibt Tage, da denke ich, das war ein Fehler. Aber dann denke ich an dich.“ Er legte Silas eine Hand väterlich sanft auf den Arm. „Du bist wie ein Sohn für mich, Silas. Ich möchte nicht, dass du ebenso einsam wirst wie ich.“
„Das werde ich nicht. Irgendwann werde ich sicher heiraten.“ Eine Ehe stand allerdings nicht an erster Stelle seiner Prioritäten.
„Ebenso wenig möchte ich, dass alles, was ich aufgebaut habe, verloren geht. Ich vermache dir nicht nur meinen Anteil an der Eisenbahn, sondern fast mein gesamtes Vermögen.“
„Ich will es nicht, Richard.“
Und er verdiente es auch nicht. Er wollte nicht reich werden, indem er seinen Mentor beerbte.
„Ich bestehe darauf. Du sollst alles bekommen, was ich nicht Mary vermache. Sie bekommt das Haus und eine ansehnliche finanzielle Zuwendung. Es würde mir viel bedeuten, wenn du dich um sie kümmern würdest, wenn ich nicht mehr da bin. Sie ist zwar keine Blutsverwandte, aber sie hat meiner Schwester sehr beigestanden in ihren letzten Jahren und war mir in den vergangenen drei Monaten ein großer Trost. Ich möchte, dass sie eine sichere Zukunft hat, dass ihr nichts fehlt und sie sich um nichts zu sorgen braucht.“
„Natürlich kümmere ich mich darum, dass es ihr gut ergehen wird.“ Silas blickte ernst in die Flammen im Kamin. Er konnte Richards Wunsch nachempfinden, seine Liebsten versorgt zu wissen. Die Bankschecks, die er regelmäßig nach England überweisen ließ, unterhielten seine Mutter und seine Schwestern, damit die Spenden an die Fairclough-Stiftung weiterhin all jenen Frauen helfen konnten, die in Not waren. Silas stürzte den Rest seines Brandys hinunter, und das scharfe Getränk trieb ihm die Tränen in die Augen. Gewiss, er schickte seiner Familie Geld, aber sehr viel mehr nicht. Was konnten sie aber auch sonst von ihm erwarten? Er hatte nie Teil der Stiftung sein wollen, und wäre er nicht nach Amerika gekommen, um mit Richard zu arbeiten, hätten sie kein Geld von ihm zu erwarten gehabt. Jeden Abend drehten sich seine Gedanken auf diese Weise im Kreis, wann immer er daran dachte, wie weit er von seiner geliebten Familie entfernt war. Er schenkte sich nach. Heute Abend war ihm nicht danach zumute, darüber zu grübeln, was er sich alles hatte zuschulden kommen lassen.
„Geld ist allerdings nicht alles“, meinte Richard jetzt nachdenklich. „Andere, weniger greifbare Dinge müssen auch bedacht werden. Das Ansehen eines Mannes, sein Einfluss, das richtige Auftreten, das er bei geschäftlichen Verhandlungen an den Tag legen muss oder wenn er sich in Gesellschaft begibt. Wie du heute sicher hast feststellen können.“
„Ich mache hoffentlich nicht den Eindruck eines Fischhändlers.“
„Aber du brauchst jenes gewisse Etwas, Silas, damit die Leute eine noch höhere Meinung von dir bekommen.“
„Ist ihre Meinung über mich denn so gering?“ Silas lachte. Gelegentlich erlaubte er sich ein schönes Kartenspiel in einem seiner Clubs oder andere Freuden, aber er hatte niemals Schulden gemacht, sich betrunken oder eine Frau, ob nun ehrbar oder weniger ehrbar, in Schwierigkeiten gebracht. Da er mit der Fairclough-Stiftung aufgewachsen war, hatte er nur allzu oft mit ansehen müssen, welche Not jene unglücklichen Geschöpfe ertragen mussten, und war entschlossen, dass keine Frau seinetwegen leiden sollte. „So, wie die Mütter mir auf jedem Ball ihre Töchter anpreisen, dachte ich eigentlich, dass die gute Gesellschaft von Baltimore mich recht gut zu schätzen weiß.“
„In allem besteht die Möglichkeit zu einer Verbesserung.“ Richard öffnete den kleinen Humidor auf dem Tisch neben sich und hielt ihn Silas hin, der eine Zigarre herausnahm. Zwar rauchte er nicht oft, aber etwas an Richards Ausdruck verriet ihm, dass es eine Gelegenheit zu sein schien, die nach einer Zigarre oder einem stärkeren Getränk verlangte. Auch Richard nahm eine Zigarre heraus, knipste die Spitze ab und steckte sie sich zwischen die Lippen. Er beugte sich vor, damit Silas ihm Feuer geben konnte, rauchte einen tiefen Zug und begann zu husten. Silas presste besorgt die Lippen zusammen. „Du brauchst einen respektablen Ruf, den nur eine achtbare Ehe jedem Mann verleihen kann, Silas.“
Silas begann ebenfalls zu husten. Damit hatte er nicht gerechnet. „Eine Achtbarkeit, wie du sie für dich nie gesucht hast.“
„Fast hätte ich es einmal getan. Vor vielen Jahren, als ich in Mobile lebte. Damals war ich im Bauwollgeschäft und dabei, mein erstes richtiges Vermögen zu machen. Wir waren verliebt, aber ich verlor sie an das Gelbfieber. Ich habe nie wieder eine Frau wie sie finden können.“
Es war das erste Mal, dass Richard mit so viel Zuneigung von einer Frau sprach, wenn man von seiner inzwischen verstorbenen Schwester absah. Die Vorstellung, Richard könnte schon viel zu bald mit beiden Frauen vereint sein, schnürte Silas die Kehle zu. „Was hat dich dann ausgerechnet jetzt ans Heiraten denken lassen?“
„Deine Zukunft. Und die Marys.“ Er stieß keuchend den Rauch aus. „Es ist nicht gut für eine wohlhabende Frau, ledig zu sein und jedem Mitgiftjäger im Land ausgeliefert. Sie sollte verheiratet sein, mit eigenem Heim und eigener Familie, Gesellschaften für dich geben und in jeder Weise deine Interessen fördern, weil es auch ihre eigenen sind.“
Silas hatte niemals Richards Klugheit infrage gestellt, und es gefiel ihm gar nicht, jetzt eine Ausnahme zu machen. „Ich gebe dir mein Wort, dass ich sie vor Mitgiftjägern schützen und dafür sorgen werde, dass sie eine gute Ehe eingeht.“
Lachend warf Richard den Kopf in den Nacken. Nur das Rasseln in seiner Brust lenkte von seiner Fröhlichkeit ab. „Ich glaube, ich muss noch direkter werden.“
„Oh, du bist direkt genug.“ Mehr, als Silas lieb war. Er wollte natürlich heiraten und eine Familie gründen, aber noch nicht so bald und nicht mit einer ihm völlig fremden Frau. Lady Mary war gewiss eine sehr angenehme Dame, aber er wusste fast nichts über sie. „Wir kennen uns nicht sehr gut.“
„Das lässt sich leicht ändern.“
„Sie könnte der Idee nicht besonders zugetan sein.“
„Auch das ist kein unüberwindbares Hindernis.“ Richard beugte sich vor, und das Licht vom Kaminfeuer betonte die Hagerkeit seines Gesichts. Richard war sehr krank, daran gab es keinen Zweifel. Wieder einmal würde Silas allein in der Welt stehen. Er war vielleicht kein fünfzehnjähriger Junge mehr, dem viel zu früh die Verantwortung eines Mannes aufgebürdet wurde, aber die Situation erinnerte ihn schmerzhaft an damals. „Es ist nicht lediglich eine Herzensangelegenheit, Silas, sondern eine sehr praktische Verbindung, die für euch beide von großem Vorteil sein wird. Ich weiß, ich habe dir nicht sehr viel über Mary erzählt, also werde ich dir jetzt sagen, was ich kann. Sie ist die Tochter des Earl of Ashford.“
Umso verwunderlicher war es, dass sie nicht bei ihrer Familie war. „Was tut sie hier? Warum ist sie nicht in London, wo ihre Mutter eine gute Partie für sie finden könnte?“
Richard rollte die Zigarre zwischen den Fingern hin und her. „Das musst du dir von ihr selbst erklären lassen.“
Doch Silas war sicher, dass er nicht zu fragen brauchte. Es gab nur einen Grund, weswegen ein Mann von so hohem Stand seine Tochter verstoßen würde. In der Stiftung waren ihm viele junge Frauen aus guten Familien begegnet. Die Einzelheiten ihrer Schicksale unterschieden sich zwar voneinander, aber die Geschichte selbst war immer dieselbe – ein Mann, ein Fehlurteil und eine plötzliche Veränderung ihrer gesellschaftlichen Stellung. Silas hatte es ihnen niemals zur Last gelegt. Seine Eltern hatten ihn nicht zu derlei Vorurteilen aufgezogen. Er selbst hatte auch nicht wenige Fehler begangen, also konnte er sie gut verstehen und war der Meinung, dass die Männer mindestens ebenso viel Verantwortung trugen wie sie. „Aber warum sollte eine Ehe mit ihr vorteilhafter sein als, sagen wir, mit Mr. Pennimans Tochter?“
Richard hob den Zeigefinger. „Erstens: Verbinde niemals das Geschäftliche mit dem Vergnügen. Es ist besser, du behältst jemanden wie Mr. Penniman als Investor und nicht als Schwiegervater. Dadurch wird er weniger Einfluss auf deine Geschäfte haben, und es wird nicht unangenehm, sollten die Dinge nicht so laufen wie gewünscht.“ Er hob noch einen Finger. „Zweitens: Mary ist eine wahre Dame. Die Amerikaner denken, dass jeder, der deinen Akzent hat, auch von Adel ist. Wenn du allerdings eine Frau an deinem Arm hast und am Kopfende deiner Tafel, die wirklich zur höchsten Gesellschaft gehört, wirst du noch mehr in ihrer Achtung steigen. In Amerika wimmelt es nur so von jüngeren Söhnen der Aristokratie, die versuchen, ein Vermögen zu machen, aber eine junge Dame von Marys vornehmer Abstammung, die zur Verfügung steht, ist wirklich ein seltener Fall. Zusammen könntet ihr beide wirklich etwas aus euch machen.“
„Wir würden einen weiteren einfachen Bürger zeugen wie mich, der ich der Sohn eines vierten Sohnes bin, der sich mehr für gute Taten interessierte als für die Fuchsjagd. Ich bin meinem Großvater, dem Earl, niemals begegnet. Wahrscheinlich weiß er gar nicht, dass es mich gibt.“ Seine Eltern mit ihrer Leidenschaft für philanthropische Werke hatten ihn täglich an diese Tatsache erinnert, während er aufwuchs. Silas nahm einen Schluck vom edlen Brandy und ließ ihn genüsslich auf der Zunge zergehen. Er bewunderte seine Eltern für ihre Selbstlosigkeit, aber sein Leben wollte er anders gestalten.
„Allerdings weißt du, dass es ihn gibt. Immer wieder habe ich dich seinen Namen während eines Gesprächs erwähnen hören, wenn es dir von Nutzen sein konnte.“
Silas zuckte mit den Schultern. „Man muss die wenigen Mittel nutzen, die einem zur Verfügung stehen, und ich versichere dir, meine Mittel sind eher mager.“
„Mit Mary an deiner Seite werden diese Mittel sich vervielfachen. Du könntest ihr Familienwappen auf deiner Kutsche zur Schau stellen oder eine Mischung zwischen ihrem und deinem schaffen. Und wie gut würde sich so etwas auf deinem Briefkopf oder deiner Visitenkarte machen? Du könntest es sogar den Insignien der Baltimore Southern hinzufügen. Das würde der Gesellschaft einen Hauch englischen Niveaus geben und Kaufleute und Passagiere sehr beeindrucken.“ Wie immer dachte Richard laut, wenn ihm neue Ideen kamen. Es ging darum, die Idee zu verkaufen, wie er stets erklärte, und nicht das Geschäft. Diese Fähigkeit war Richards besondere Gabe, und Silas hatte in den letzten fünf Jahren hart an sich gearbeitet, um es ihm gleichzutun.
Silas nahm einen Zug von seiner Zigarre und formte beim Ausatmen kleine Kreise. „Selbst wenn ich einverstanden wäre, was würden Lady Marys Eltern zu einer solchen Verbindung sagen?“
„Sie haben schon vor einer ganzen Weile das Recht eingebüßt, Marys Entscheidungen zu billigen oder zu missbilligen“, entgegnete Richard scharf. „Außerdem sind sie ja nicht da, um verächtlich auf dich herabzuschauen, oder? Und es ist auch kaum wahrscheinlich, dass sie ihr vornehmes Gut verlassen und einen ganzen Ozean überqueren werden, um sich zu beschweren.“
„Das ist wahr.“ Silas begann, über Richards Vorschlag nachzudenken, wie er über jede andere Geschäftsentscheidung nachdachte, die Richard ihm je vorgetragen hatte. Noch war er nicht bereit, in Lady Mary zu investieren, aber die Vorteile einer solchen Verbindung waren überzeugend genug, um sie in Betracht zu ziehen.
Eine interessante Idee, dachte Mary insgeheim, während sie im Schatten vor der Tür zum Arbeitszimmer stand und den Männern zuhörte. Es war nicht das erste Mal, dass sie sich im Dunkeln versteckte, während andere Leute ihre Zukunft besprachen. Allmählich war es ihr zur Gewohnheit geworden. Dieses Mal war der Vorschlag wenigstens freundlich gemeint und diente ihrem Vorteil, denn Richard war an ihrem Wohl gelegen. Und das war mehr, als sie über ihre eigenen Eltern sagen konnte. Deren Interesse hatte mehr ihrem eigenen Ruf und ihrer Stellung gegolten als dem Glück ihrer Tochter.
Sie berührte die kleine Taschenuhr, die von einem Band an ihrem Mieder hing. Es war ein Geschenk von Richards Schwester Ruth, das sie an ihrem ersten Weihnachtsfest hier in Amerika bekommen hatte. Sie strich mit den Fingern über die zarte Filigranarbeit. Die Uhr war eine von Ruths vielen freundlichen Gesten gewesen, die sie Mary in all den Jahren entgegengebracht hatte. Wie sehr Ruth ihr fehlte. Aber schuldbewusst gestand Mary sich ein, dass das einsame Leben auf dem Land ihr ganz und gar nicht fehlte.
Im Arbeitszimmer war es still geworden. Nur das Knistern des Kaminfeuers war zu hören – und Richards gelegentliches Husten, das Mary ebenso schmerzlich traf, wie die schwere Krankheit seiner Schwester sie getroffen hatte. Richard kannte Marys Geheimnis und ebenso wie seine Schwester hatte er ihr die Gelegenheit gegeben, ein neues Leben zu beginnen und wenigstens auf einen Teil der Zukunft zu hoffen, die Preston Graham ihr genommen hatte. Es war alles, was sie gesucht hatte, als sie, noch ganz grün von ihrer Seekrankheit, von Bord des Schiffes getaumelt war und die salzige, mit scharfem Rauch geschwängerte Luft Baltimores einatmet hatte. Ihre Erziehung zur Dame und Herrin eines großen Haushalts sollte schließlich in Richards Haus nutzbringend eingesetzt werden. Als Richard sie dazu ermutigt hatte, das Mahl mit der Haushälterin zu besprechen und als Gastgeberin an seiner Tafel zu sitzen, hatte Mary zunächst verlegen und voller Zurückhaltung reagiert. Doch heute Abend hatte sie sich wieder an ihr altes Können erinnert. Das Mahl war tadellos verlaufen, und die Unterhaltung floss problemlos dahin, sodass Richard und Mr. Fairclough ihre Verhandlung vorteilhaft abwickeln konnten. Mary hatte den Speiseraum mit neu gefundenem Selbstvertrauen verlassen, und zum ersten Mal seit vielen Jahren wagte sie es, an eine Zukunft zu glauben, die sie endgültig von ihrer Vergangenheit befreien würde.
Doch der Tod drohte sie ihr ein zweites Mal zu nehmen. Was sollte sie ohne Richard tun, der ihr geholfen hätte, in der Gesellschaft Baltimores zurechtzukommen? Wieder würde sie in einer Welt leben müssen, die ihr sogar noch fremder war als die Landgegend in Devon und das bescheidene, aber gastfreundliche Landhäuschen einer alten Jungfer.
Mr. Faircloughs tiefe Stimme beendete das Schweigen, als er über eine Geschäftsangelegenheit zu sprechen begann. Sein selbstsicherer Ton weckte ihr Interesse – so wie Prestons Stimme in jenen Nächten im Stall oder in seiner Kutsche –, bevor sie hart und kalt geklungen hatte wie die Straße nach Gretna Green.
Mary zog sich leise zurück und huschte über den Marmorboden der schmalen Eingangshalle mit der hohen Decke und dann die glänzend polierte Holztreppe zu ihrem Zimmer hinauf. Sie setzte sich an ihre Frisierkommode, ohne nach Mrs. Parker, ihrer Kammerzofe, zu klingeln. Obwohl sie mit einem Kindermädchen und einer Gouvernante aufgewachsen war und schließlich bei ihrem Eintritt in die Gesellschaft auch eine eigene Kammerzofe für ihre wertvolle Garderobe bekommen hatte, war sie seit vier Jahren daran gewöhnt, sich um sich selbst zu kümmern, und zögerte meist, nach jemandem zu klingeln.
Aber jetzt nicht mehr. Sie war keine Gesellschafterin mehr, sondern eine Dame, und würde auch nie wieder weniger sein. Also zog sie schließlich doch an der Klingelschnur.
„Sie sind heute Abend schon früh hochgekommen, Lady Mary.“ Mrs. Parker trat lächelnd aus dem anliegenden Raum ein. Mary freute sich über die Offenheit der älteren Frau. Hätte eine Zofe es gewagt, ihre Mutter auf eine so ungezwungene Weise anzusprechen, wäre sie ohne Referenzen auf die Straße geworfen worden. Damals war Mary diese strenge Distanz zwischen den Dienern und der Herrschaft richtig und angemessen erschienen. Aber jetzt nicht mehr.
„Der Abend war erfolgreich, aber ermüdend.“ Sie hatte hart gearbeitet, um alles bis ins letzte Detail für das Dinner vorzubereiten, und jetzt freute sie sich darauf, endlich zu schlafen. Sie musste sich ausruhen, so viel sie konnte, um die Schwierigkeiten überstehen zu können, die sie in den folgenden Monaten erwarteten, sollte Richards Gesundheit sich ebenso schnell verschlechtern wie die seiner Schwester. Mary hatte die blutbefleckten Taschentücher gesehen und das Rasseln in Richards Brust gehört – es war die gleiche Krankheit, die auch Ruth das Leben gekostet hatte. Mary berührte unwillkürlich die Uhr an ihrem Mieder, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie ertrug es nicht länger, Menschen zu verlieren, die ihr viel bedeuteten und denen auch sie etwas bedeutete.
„Na, na, Lady Mary, was ist denn?“ Mrs. Parker legte Mary tröstend eine Hand auf die Schulter.
Mary war ihr dankbar für ihr Mitgefühl. Es erinnerte sie an Ruth. „Nichts. Ich bin nur ein wenig müde von der heutigen Aufregung.“ Es gab keinen Grund, auch Mrs. Parker den Abend zu verderben. Sie würde die Wahrheit über Richard bald genug erfahren, wenn sie sie nicht bereits kannte.
Mrs. Parker nickte, dass ihr zu einem ordentlichen Knoten aufgestecktes graues Haar erbebte. „Ich werde Ihnen das Nachthemd herauslegen und das Mädchen mit dem Wasser heraufschicken, damit Sie sich das Gesicht waschen können.“
„Vielen Dank, Mrs. Parker.“
„Gern, Lady Mary.“ Sie wandte sich um, holte Marys Nachthemd aus feinem Leinen hervor und legte es auf die Tagesdecke. Mary hatte es sich gekauft, um es anstelle ihrer schlichten Baumwollnachthemden zu tragen, mit denen sie hier angekommen war. „Es ist so schön, eine jüngere Person im Haus zu haben. Und Sie verleihen dem Haus ein weibliches Flair. Nur, wenn ich das sagen darf, fehlt es einigen Ecken im Haus noch ein wenig daran. Zum Beispiel in diesem Zimmer.“
„Ja, das stimmt.“ Mary hatte nichts an diesem Raum verändert, der ihr zugewiesen worden war. Es war das komfortabelste Zimmer, das sie bewohnte, seit sie Foxcomb Hall, das Haus ihrer Ahnen, vor vier Jahren verlassen hatte, allerdings sehr viel förmlicher als das Zimmer neben Ruths Schlafzimmer. Richard ermutigte sie, es nach ihrem Geschmack zu dekorieren, und vielleicht wurde es Zeit, dass sie lernte, wie man das richtig tat. „Morgen können wir beide nach einem anderen Stoff für die Vorhänge suchen.“
„Das wäre schön. Vielleicht einen netten Blauton.“ Mrs. Parker sah sich um, als hätte sie schon seit einer Weile überlegt, was man aus diesem Raum machen könnte, und freute sich darauf, ihre Ideen in die Tat umzusetzen. Mary machte es nichts aus.
„Aber keinen Chintz. Ich verabscheue Chintz.“ Ihr Vater hatte Foxcomb Hall regelrecht damit überflutet.
„Ich auch.“ Mrs. Parker rümpfte die Nase. „Ich sehe mal, wo das Mädchen mit dem Wasser bleibt. Ich mag die Kleine sehr gern, aber sie hat zu lange keine wahre Dame mehr bedient und scheint ihre Pflichten vergessen zu haben.“ Damit eilte sie hinaus.
Eine wahre Dame.
Mary war erstaunt, dass Mrs. Parker sie für eine zu halten schien. Sie hatte Mary dabei angetroffen, wie sie über den letzten Brief ihrer Schwester Jane geweint hatte, und Mary hatte ihr erzählt, wie sehr ihr Ruth, deren Freundschaft und Trost fehlten. Lange hatte sie sich nicht mehr so einsam gefühlt und so weit entfernt von der Familie, von der sie früher geglaubt hatte, geliebt zu werden. Mrs. Parker hatte sich als ebenso mitfühlend erwiesen wie Ruth und Richard, und sie gab ihr nicht die Schuld daran, dass sie jung gewesen war und so verliebt und naiv, dass sie die Folgen ihres Handelns nicht geahnt hatte. Es verlieh ihr die Hoffnung, dass auch andere Menschen in Amerika ihr vergeben würden.
Richard hatte ihr versichert, dass es hier zu viele Menschen mit einer fragwürdigen Vergangenheit gab, die nach Amerika gekommen waren, um ihren Traum von Erfolg und Freiheit zu verwirklichen, als dass sie sich Gedanken um Marys Vergangenheit machen würden. Mary hoffte sehr, dass er recht hatte.
Auf ihrer Frisierkommode befanden sich ihre persönlichen Gegenstände – ihre Bänder, ihr Nähkasten, ihr Briefpapier. Sie schob einen kleinen Gedichtband beiseite und betrachtete den Brief, der darunter gelegen hatte. Er war an ihre Eltern gerichtet und ließ sie wissen, wo sie jetzt lebte. Doch so sehr sie sich auch bemühte, ihn zu beenden, zu versiegeln und abzuschicken, es gelang ihr einfach nicht. Vor vier Jahren hatten sie aufgehört, sich darum zu kümmern, wo sie war und was sie tat. Die Einzige, die sich noch interessierte, war Jane. Ihre Briefe waren sorgsam in der obersten Schublade verwahrt, von einem blauen Band zusammengehalten. Ihr Verlangen, Mary wiederzusehen, sprach aus jedem ihrer Worte. So sehr, dass sie sogar ihrem Vater getrotzt hatte, indem sie ihrer Schwester schrieb.
Mary nahm den dicksten Umschlag aus der Schublade und holte den Brief hervor, um noch einmal Janes Bericht von ihrer Hochzeit in der St George’s Cathedral zu lesen. Ihre Schwester beschrieb ihr cremefarbenes Satinkleid, die feine Spitze an ihrer Schleppe, die Musik, die Gäste und jedes Detail der Gerichte, die beim Hochzeitsempfang serviert worden waren. All das wäre Mary zuteil geworden, wenn sie auf ihren Verstand gehört hätte, statt auf ihr Herz. Einen solchen Fehler würde sie nie wieder begehen.
Das Geräusch eines Wagens und Pferdeschnauben von der Straße vor dem Haus zog Mary ans Fenster. Sie schob den Vorhang leicht beiseite und sah Mr. Faircloughs schwarz lackierte Kutsche mit den Lampen an den Seiten vorfahren. Licht fiel auf die Straße, als die Haustür geöffnet wurde. Mit festen, energischen Schritten überquerte Mr. Fairclough den Gehweg, sodass sein Umhang flatterte. Den Kopf hielt er nachdenklich gesenkt, dann blieb er vor der Kutsche stehen und winkte Richard an der Tür noch ein letztes Mal zu.
Mary wurde auf einmal klar, dass sie nicht hier sein sollte, sondern in dem London, das Jane in ihren Briefen beschrieb. Was für eine Närrin du doch gewesen bist, dachte Mary. Sie zerknüllte den Brief in der Hand, und eine Träne der Wut und des Selbstmitleids lief ihr über die Wange. Ungeduldig wischte sie sie fort. Alles hätte anders sein können, wenn sie klüger gewesen wäre. Aber sie war es nicht gewesen, und es hatte sie alles gekostet – ihre Familie, ihr Herz, ihre Zukunft, ihr Leben und alles, was sie daran geliebt hatte.
Mr. Fairclough stieg in die Kutsche. Sie konnte sein Gesicht nicht sehen, aber sollte er an sie denken und an Richards Vorschlag, so hoffte sie, dass seine Gedanken wohlwollender Art waren. Der Kutscher spornte die Pferde an, und nach einer Weile war die Kutsche verschwunden und nur das Hufgeklapper auf dem Kopfsteinpflaster war noch kurz zu hören. Heute Abend hatte sie Mr. Fairclough im heimatlichen Akzent über Ideen und Aussichten sprechen hören, über die Zukunft und Pläne für sich und das Unternehmen, und er hatte sie beeindruckt. Sie wollte sein wie er, aus dem Nichts zu kommen und etwas aus sich zu machen. Einen Mann mit seinem Ansehen zu heiraten, würde ihr helfen, dieses Ziel zu erreichen. Wenn sie ebenso viel Mühe in sich und diese Angelegenheit steckte wie er in die Eisenbahn, könnte eine Zukunft, die sie sich einst für sich vorgestellt hatte, doch noch möglich sein. Sie wäre eine verheiratete Frau, wenn sie auch nur sehr wenig über den Mann wusste, den sie sich als Ziel setzte.
Das ist kein unüberwindbares Hindernis, hörte sie Richard noch sagen. Und er hatte recht.
Auch in England hatte man nicht damit gerechnet, dass sie eine Liebesheirat eingehen würde, warum sollte sie also hier darauf bestehen? Ihre Eltern hatten sie angeblich geliebt, aber sie hatten nicht gezögert, sie zu verstoßen. Preston hatte ihr seine Liebe geschworen, doch auch er hatte sie bei der ersten Gelegenheit im Stich gelassen. Nur Ruth hatte sie geliebt, und der Tod hatte sie ihr geraubt, sodass Mary ebenso qualvoll gelitten hatte wie in jenem liederlichen Gasthof auf einer einsamen Straße nach Gretna Green. Mary war entschlossen, sich nie wieder von der Liebe leiten oder zerstören zu lassen. Ihr erster Versuch zu heiraten, war die leidenschaftliche Fantasie eines liebeskranken Mädchens gewesen. Ihr nächster Versuch würde auf Vernunft basieren. Sie würde eine Partnerschaft mit einem Mann eingehen, den sie respektierte und der wieder eine wahre Dame aus ihr machen konnte.
Dezember 1842
Hier, bitte.“ Silas streute Schreibsand über die Tinte seiner Unterschrift und reichte sie Mr. Hachman, seinem Sekretär. Vor seiner Bürotür und im unteren Geschoss war das Surren vom Maschinensaal der Baltimore Southern zu hören, das nur hin und wieder von einem metallenen Geräusch unterbrochen wurde, mit dem der Stahl in verschiedene Teile gehämmert wurde. Dieser Maschinensaal war der erste von vielen, wie Silas hoffte. Bald würden die Gegend von Baltimore und anderer Städte im ganzen Land von Maschinensälen und zahlreichen Bahnhöfen übersät sein, die dabei helfen würden, Menschen und Unmengen von Gütern, die in Baltimores Häfen eintrafen, die Küste entlang weiterzubefördern.
„Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer ersten Lieferung von Eisenbahnschienen aus Ihrer, ich meine, aus der neuen Gießerei der Baltimore Southern, Mr. Fairclough.“ Mr. Hachman nahm die unterschriebenen Papiere an sich und steckte sie in seine Lederaktenmappe. „Die regelmäßigen Lieferungen werden die Männer hier und auf den Schienen sehr lange beschäftigen.“
„Das ist gut, denn sehr viele Männer brauchen Arbeit.“ Das Land hatte sich noch nicht ganz von der Krise von 1837 erholt, und da die Baumwollpreise noch immer niedrig waren, befanden sich sehr viele Menschen auf der Suche nach Arbeit. Silas mit seiner Eisenbahn würde ihnen Arbeit geben. Er berührte den Siegelring an seinem linken kleinen Finger. Sein Vater hatte ihm einmal vorgeworfen, er besäße keine Nächstenliebe und wäre gierig und unersättlich, aber das stimmte nicht. Er war lediglich auf andere Weise wohltätig als sein Vater. Schließlich konnte es nicht falsch sein, den Menschen zu helfen, aber dabei auch sich selbst. Nächstenliebe musste nicht immer mit Entbehrungen einhergehen. „Wir werden den amerikanischen Markt beherrschen und unseren Fortschritt nie wieder vom Atlantik oder der Politik fremder Länder behindern lassen.“
„Es ist ein großartiger Tag, Mr. Fairclough, und eine wunderbare Zukunft für Sie und Mr. Jackson.“
„Jetzt brauchen wir nur noch eine neue englische Lokomotive, um mehr Güter und Menschen über unsere neu ausgelegten Schienen ziehen zu können.“
Und wir müssen hoffen, dass es Richard lange genug gut geht, damit er die Früchte unserer Arbeit noch erlebt.
Silas schnipste etwas von der grünen Schreibunterlage. Das Rasseln in Richards Lunge hatte sich im kalten Wetter verschlechtert. Seine Krankheit erinnerte Silas an den Typhus in London, als alle ängstlich darauf warteten, wen es als Nächsten erwischen würde. Bei den Faircloughs war Silas’ Vater das Opfer gewesen. Entschlossenheit, Energie und Eifer, die seinen Vater durch so viele Schwierigkeiten mit der Stiftung geholfen hatten, reichten jedoch nicht aus, um die Krankheit zu besiegen. Er war gestorben und hatte Silas eine große Bürde hinterlassen, so wie auch Richard es tun würde. Silas schwenkte in seinem Drehstuhl herum und starrte aus dem großen Fenster hinter sich auf den Betriebshof der Baltimore Southern. Die Landschaft wirkte unter den dunklen Wolken noch kahler als sonst. Er war bereit, die Führung der Eisenbahn zu übernehmen, aber er wollte sie nicht auf diese Weise, ebenso wenig wie er gewollt hatte, dass sein Vater starb. Und er würde Richard nicht enttäuschen, so wie er seinen Vater enttäuscht hatte.
„Mr. Fairclough, es gibt da noch eine wichtige Angelegenheit, die ich mit Ihnen besprechen muss“, unterbrach Mr. Hachman Silas’ Gedanken. „Unser englischer Anwalt besuchte Ihre Mutter und erfuhr, dass die Fairclough-Stiftung seit sechs Monaten nicht mehr ihren gewohnten monatlichen Scheck bekommen hat.“
„Wie ist das möglich?“ Silas wirbelte zu ihm herum. „Ich unterschreibe diese Schecks persönlich und füge jeden Monat auch einen Brief hinzu.“
„Ich weiß nicht. Mehr hat der Anwalt nicht darüber geschrieben.“ Mr. Hachman holte ein Papier aus seiner Aktenmappe und reichte es Silas.
Der Anwalt teilte in seinem knappen Bericht mit, dass er Silas’ Mutter im Oktober besucht habe. Abrupt sprang Silas auf und warf den Brief auf den Schreibtisch. „Der Bericht ist zwei Monate alt.“
„Er wurde per Postschiff geschickt, das in Liverpool aufgehalten wurde.“
„Bei dem Gehalt, das wir ihm zahlen, um unsere Interessen in England zu vertreten, hätte er wirklich die Mittel haben müssen, um den Brief mit dem Dampfschiff zu schicken.“
„Ich habe jeden angewiesen, die gesamte Korrespondenz in Zukunft so schnell wie möglich zu schicken.“
„Aber was ist hiermit?“ Silas zog sich der Magen zusammen bei dem Gedanken, dass seine Familie aufgrund dieser Verzögerung finanzielle Schwierigkeiten durchgemacht haben musste. Wenn er nicht so mit der Gießerei beschäftigt gewesen wäre, hätte er vielleicht rechtzeitig das Problem erkannt.
„Seitdem habe ich keine weitere Korrespondenz erhalten. Und unser Anwalt muss angenommen haben, dass die Angelegenheit geklärt wurde, da er nichts von uns gehört hat, oder er wartet immer noch auf Anweisungen.“
„Ich frage mich, warum keine meiner Schwestern mir geschrieben hat.“ Sonst waren sie doch auch nicht müde, ihm jede triviale Einzelheit ihres Lebens mitzuteilen, sich über seine Berichte zu freuen und ihn aus der Ferne anzuspornen. Er wusste nicht, was seine Mutter von seinem Leben in Amerika hielt. Die wenigen Briefe, die sie ihm im Lauf der Jahre geschickt hatte, handelten jedes Mal von geschäftlichen Belangen. Silas konnte es ihr nicht verdenken, dass sie so selten schrieb. Er hatte ihr keinen Grund dafür gegeben, nach innigerem Kontakt mit ihm zu verlangen, als er England so abrupt verließ.
„Das kann ich nicht sagen, Sir, aber falls Sie die Möglichkeit haben, auf anderem Wege herauszufinden, was geschehen ist, würde ich vorschlagen, dass Sie es tun.“
„Ich werde Lady Alexandra schreiben, der Cousine meines Vaters. Sie steht auf gutem Fuße mit meiner Mutter. Falls sie wirklich in Schwierigkeiten sind, wird sie es wissen. Und fügen Sie dem Brief einen Scheck bei. Er soll unverzüglich mit dem Dampfschiff geschickt werden.“
„Jawohl, Mr. Fairclough.“ Der Mann schloss seine Mappe, verbeugte sich und ging.
Silas machte sich sofort daran, Lady Alexandra die Dringlichkeit der Situation zu erklären, ohne eine Panik durchklingen zu lassen, die vielleicht gar nicht angebracht war. Er konnte nur hoffen, dass seine Mutter sich an Lady Alexandra um Hilfe gewandt hätte, wenn die Lage wirklich verzweifelt gewesen wäre. Allerdings wusste er, wie stolz sie war. Sein Vater hatte immer behauptet, dass Silas über einen Überfluss an Stolz verfügte – genau wie der Earl, sein Großvater.
Es kann nicht so schlimm sein. Wenn doch, hätte Lady Alexandra mir doch sofort geschrieben.
Die Tatsache, dass er weder von ihr noch einer seiner Schwestern eine Nachricht erhalten hatte, gab ihm Hoffnung. Vielleicht war ja bereits ein Brief unterwegs, in dem stand, dass alles gut war und seine Familie das Geld erhalten hatte.
Es war lange her, seit er Lady Alexandra zuletzt gesehen hatte, und jetzt dachte er an die Weihnachtsfeste, die er und seine Familie im Herrenhaus der hohen Dame verbracht hatten. Seinen Schwestern mochte es nicht so sehr gefallen haben, Weihnachten auf Lady Alexandras Gut zu verbringen, aber Silas war fasziniert gewesen von ihrem luxuriösen Lebensstil, dem vornehmen Herrenhaus, den vielen Dienern und dem kleinen Glas Portwein, das sie ihm nach dem Dinner heimlich gereicht hatte. Die Zeit mit ihr war seine erste wirkliche Begegnung mit echtem Wohlstand gewesen, und er hatte ihn sehr zu schätzen gewusst – ganz besonders an dem Weihnachtsfest nach dem Tod seines Vaters.
Wann war ich das letzte Mal zu Weihnachten zu Hause gewesen?
Er erinnerte sich nicht. Lange vor Liverpool. In den letzten Jahren hatten die Geschäfte der Eisenbahn es ihm unmöglich gemacht zu reisen. Er rief seinen Schreiber und gab ihm den Brief an Mr. Hachman. Der Anwalt gehörte zu den besten, mit denen Silas je zusammengearbeitet hatte, und er erinnerte Silas an Septimus Clark, den Leiter der Fairclough-Stiftung, der in den schwierigen Jahren nach dem Tod von Silas’ Vater geholfen hatte, sie zu erhalten. Er war es auch gewesen, der seine Mutter überredet hatte, für Silas eine Stellung bei Jasper King in Liverpool zu finden. Auf diese Weise hatte er Silas in eine Richtung gelenkt, die ihn zu Richard geführt hatte und schließlich zum Erfolg.
Silas fragte sich, ob seine Mutter ihren damaligen Entschluss bereute, besonders nachdem Septimus sich zurückgezogen hatte. Millie hatte Silas über Jerome Edwards geschrieben, den Mann, der Septimus’ Stellung eingenommen hatte. Sie hatte von ihm in den höchsten Tönen gesprochen, aber Silas wäre es lieber gewesen, er hätte bei seinem Vorstellungsgespräch und dem der anderen Kandidaten anwesend sein können. Stattdessen hatte er darauf vertrauen müssen, dass seine Mutter und Schwestern die richtige Wahl getroffen hatten – ebenso wie er darauf vertraut hatte, dass die monatlichen Zahlungen seine Familie erreichen würden. Und das war nicht der Fall gewesen.
Die Tür zu Silas’ Büro stand offen. Richard kam selbstbewussten Schrittes herein, aber es war nicht zu übersehen, wie locker sein Anzug ihm saß und wie hager auch sein Gesicht war. Silas berührte den Siegelring an seinem Daumen, doch obwohl er lächelte, schnürte sich Silas bei seinem Anblick die Kehle zu. „Richard, was bringt dich her?“
„Ich möchte die Pläne für die neue englische Lokomotive sehen, von der du mir erzählt hast.“
„Sie ist großartig.“ Silas breitete einige Zeichnungen von der Lokomotive aus England auf dem Tisch aus, die ihm Mr. Williams, der Konstrukteur der Maschine, geschickt hatte. „Sie benötigt nur die Hälfte der Menge an Kohle wie unser jetziges Modell und ist stärker und schneller. Mit dieser Lokomotive können wir die Reisezeit verringern und doppelt so viel Ware transportieren. Mit ihr und mit den neuen Gleisen werden wir unsere Konkurrenten aus dem Feld schlagen.“
„Ich bin sicher, wir werden genauso erfolgreich sein mit ihr wie mit unserer Gießerei.“ Richard klopfte ihm auf die Schulter. „Lass uns einen Spaziergang machen, dann kannst du mir das neue Dampfwerk zeigen.“
Sie verließen das relativ ruhige Büro und begaben sich in den Lärm der Maschinenwerkstatt. Dort erwiderten sie die freundlichen Rufe der Arbeiter, deren Gesichter schwarz waren von Schmiere und Schweiß. Silas und Richard in ihren dunklen Anzügen bildeten einen großen Kontrast zu den Männern in ihren schweißfeuchten Hemden und den derben Hosen. Vor dem Gebäude lag der Geruch nach Kohle von den großen Lagerhallen in der Luft. Er vermischte sich mit der Feuchtigkeit vom nahegelegenen Patapsco, einem Fluss, der in den Atlantik mündete und auf dem unzählige Schiffe ihre Waren in den Hafen von Baltimore brachten oder sie von dort weitertransportierten.
Silas und Richard überquerten den Betriebshof, um zu einem hohen neuen Gebäude aus Glas und Eisen zu gelangen, das in der Nähe der Gleise erbaut wurde. Arbeiter umringten die Metallstruktur und wuchteten die enormen Glasscheiben an ihren Platz. „Ich habe die Größe des Dampfwerks verdoppelt, damit genug Platz für die breitere englische Lokomotive ist, und habe mehr Glas hinzugefügt. Dann haben die Arbeiter mehr Licht. Es ist ein kleines Risiko, aber es lohnt sich, wenn erst einmal die erste Dampflok hier herausrollt und wir Profit zu machen beginnen, statt nur Geld hineinzustecken.“
„Ich freue mich, dass wir mit unseren Plänen vorankommen, obwohl dir ganz allein Anerkennung für diese Investition gebührt.“ Richard wies mit seinem Gehstock auf das geordnete Chaos um sie herum. „Nachdem das alles also schon geregelt ist, hast du dem Thema deiner Heirat vielleicht schon einen Gedanken geschenkt?“
„Nein.“ Die vergangene Woche war die längste Zeit, die Silas seit September in Baltimore verbracht hatte. Davor war er ständig zwischen Pennsylvania und Baltimore hin und her gereist, um den Erwerb der Gießerei und die Verwandlung des Stahlwerks am Produktionsgleis zu beaufsichtigen. Die wenigen Male, die er sich in der Stadt aufgehalten hatte, hatte er Geschäftsmänner und Investoren getroffen und somit kaum Zeit gehabt, die Ruhe in seinem oder gar in Richards Haus zu genießen oder sich um Lady Mary zu bemühen.
„Ich sage noch immer, dass es ein guter Vorschlag ist, Silas. Du wirst deine Zeit nicht mit jungen Hohlköpfen verschwenden müssen und sie braucht nicht zu befürchten, in die Hände eines Mitgiftjägers zu geraten, der abzuschätzen versucht, ob mein Nachlass an sie genügt, um ihn alles andere übersehen zu lassen.“
„Alles andere?“
„Dir das zu erzählen, überlasse ich der Dame. Ich bin nicht ihr Vater, sondern nur jemand, der sich um ihre Zukunft und ihr Glück sorgt. Und auch um deines. Ich möchte, dass ihr beide wahre Partner füreinander seid und nicht nur den Vorteil im anderen seht und euch abwendet, sobald dieser Vorteil nicht mehr existiert.“
„Ich bin zu dem Schluss gekommen, eine Ehe wäre sowohl in meinem als auch in Lady Marys Interesse“, meinte Silas, während sie zum Hafenbecken schlenderten, wo die Kohle vom Schiff entladen wurde.
„Das wäre sie auch, und ich bin sicher, ihr beide würdet euch gut verstehen. Sprich heute Abend auf Mrs. Pennimans Weihnachtsball mit ihr, Silas. Versuch, in ihr zu sehen, was ich in ihr sehe und was sie dir bieten kann. Wenn es dir nicht gelingt, dann werde ich es dir nicht verdenken, wenn du dich weigerst.“
Silas wusste, dass er es wirklich so meinte. Er würde Richard nicht länger warten lassen. Es wurde Zeit, dass er diese seltsame Investition einschätzte und sich auf die eine oder andere Weise entschied.
Mary saß Richard in der Kutsche gegenüber. Ihr gelbes Seidenballkleid wurde ein wenig von Mrs. Parker neben ihr zusammengedrückt. Sie warteten in einer langen Schlange von Kutschen darauf, den Eingang zum Haus der Pennimans zu erreichen. Weihnachten war zwar erst in drei Wochen, aber der Weihnachtsball der Penninmans läutete jedes Jahr die Festtage mit Bällen und Gesellschaften in Baltimore ein, bevor jedermann mit der eigenen Familie Weihnachten feierte. Das Herrenhaus am Mount Vernon Square war im klassischen Stil erbaut mit den breiten Säulen zu beiden Seiten der wuchtigen Holztür. Gemeinsam mit einer Reihe ebenso eindrucksvoller Häuser umgab es den breiten, mit Bäumen bepflanzten Platz, in dessen Zentrum eine hohe dorische Säule stand, deren oberen Teil eine Statue von Präsident George Washington zierte.
„Du hast erneut mit Mr. Fairclough über deine Idee gesprochen, oder?“, wandte Mary sich an Richard und konnte ihre Ungeduld kaum unterdrücken. Die Angelegenheit mit der Gießerei hatte Mr. Fairclough so lange von Baltimore ferngehalten, dass Mary fürchtete, er könnte sie vergessen haben. Während er fort gewesen war, hatte sie ein neues Ballkleid und zwei Tageskleider gekauft, um sich im besten Licht zu zeigen. Doch sie hatte sich gezwungen, es nicht zu übertreiben, falls Mr. Fairclough die Vorstellung, sie zu heiraten, mit einem Lachen abtun sollte. Sie wollte so viel Würde wie möglich bewahren. In jedem Fall gefiel es ihr nicht, dass der Ball die erste Gelegenheit sein sollte, da die Sache zur Sprache gebracht werden konnte, wie er sich auch entscheiden mochte. Es konnte so viel dazwischenkommen. Mary war entzückt gewesen, als die Einladung gekommen war. Jahre waren vergangen, seit sie einen Ball besucht hatte, und damals war sie ein anderer Mensch gewesen – unerfahren und unreif.
„Ja, ich habe ihn darauf angesprochen.“ Richard hielt sich am Ledergurt fest, als die Kutsche wieder vorwärtsruckelte.
„War er von der Idee angetan?“ Die Aussicht auf ein großes Erbe sollte ihm dabei helfen können, über die Fehler ihrer Vergangenheit hinwegzusehen, aber sie wollte um ihrer selbst willen geliebt werden, nicht wegen ihres Vermögens.
Liebe. Mary rief sich sofort zur Ordnung. Diesen Gedanken gab sie am besten sofort auf. Das erste Mal hatte sie an die Liebe geglaubt und war von ihr verraten worden. Diesen Fehler würde sie nicht ein zweites Mal begehen. Wenn Richard glaubte, dass Mr. Fairclough gut zu ihr passte, dann war das Grund genug für sie, den Gentleman zu ermutigen.
„Er hat sie nicht abgelehnt.“
„Das ist ja nicht besonders hoffnungsvoll.“
„In Silas Faircloughs Fall ist es das. Er lässt sich Zeit, um über alles nachzudenken. Ich habe mein Bestes gegeben, um die Vorteile einer Verbindung zwischen euch aufzuzeigen, und jetzt liegt es an dir, das Geschäft abzuschließen.“
Mary unterdrückte ein Seufzen. So weit war es mit ihr gekommen, dass man um sie verhandelte und in sie investierte wie in eine Gießerei. Sie strich sich über das Kleid und fragte sich, ob sie der Schneiderin hätte erlauben sollen, dem Mieder einen etwas tieferen Ausschnitt zu geben. Schon vor langer Zeit hatte sie gelernt, was wirklich die Aufmerksamkeit eines Mannes anzog – es gab also keinen Grund, Mr. Fairclough nicht wissen zu lassen, dass eine Verbindung mit ihr sich nicht nur in finanzieller Hinsicht lohnte. Er mochte gut überlegen, wenn es um eine Entscheidung ging, aber er war trotzdem noch immer ein Mann, zu ihrer Erleichterung ein sehr gut aussehender Mann mit beeindruckender Statur. Zwar interessierte sie sich nicht aus Zuneigung für ihn, aber selbst sie war nicht bereit, jedem Mann hinterherzulaufen, gleich wie alt und dicklich er auch war, nur weil er sie zu seiner Frau machen könnte. So groß war ihre Verzweiflung noch nicht.
„Mach dir keine Sorgen. Ich bin sicher, du wirst Erfolg haben. Dir ist Silas’ Beharrlichkeit und Vernunft ebenfalls eigen, und er hat deine versöhnliche, warmherzige Natur. Und ihr beide zeigt eine Leidenschaft für das Leben, die ich bewundere. Ihr werdet euch großartig verstehen.“
„Das hoffe ich.“ Ihre Zukunft hing offenbar davon ab. Wenn Mary auch nicht sicher war, dass sie so versöhnlich war, wie Richard glaubte. Der Groll, den sie noch immer für die Menschen auf der anderen Seite des Ozeans hegte, schien ihr manchmal die Kehle zuschnüren zu wollen. Sie atmete tief durch und griff unwillkürlich nach der Uhr an ihrem Mieder. Aber sie hatte sie zu Hause gelassen. Mary dachte an die vielen Stunden, die Ruth damit zugebracht hatte, ihr Geduld und Nachsichtigkeit beizubringen und sie zu ermutigen, über die Fehler der Menschen hinwegzusehen. Doch so sehr Mary sich auch bemüht hatte, Ruths Einfluss hatte nicht genügt, um ihr Herz ihrer Familie gegenüber zu erweichen. Entschlossen schob sie den Gedanken an vergangenen Kummer beiseite. Auf dem heutigen Ball würde sie ein neues Schicksal für sich in Angriff nehmen, das in nichts dem glich, das die Menschen in England für sie ausgesucht hatten. Und sie würde sich nicht von der Vergangenheit aufhalten lassen.
Schließlich erreichte ihre Kutsche die Stufen vor dem Eingang, und ein Diener öffnete den Verschlag. Er reichte Mary die behandschuhte Hand, um ihr hinunterzuhelfen. Einen Moment lang vergaß sie Mr. Fairclough in ihrer Vorfreude auf das Licht, die Musik, die Menschen, die sie erwarteten. Auf dem Land mit Ruth war nie etwas Aufregendes geschehen, und das Leben mit Richard in Baltimore war auch eher geruhsam und beschaulich. Heute würde endlich die selbst auferlegte, fast völlige Abgeschiedenheit der vergangenen vier Jahre ein Ende finden. Sie würde Baltimore auf eine Art und Weise auf sich aufmerksam machen, die selbst ihr Erscheinen am Kopf von Richards Tafel übertreffen würde. Nach dem Ball würde sie nicht wieder zu ihrer Anonymität zurückkehren, und der Gedanke erschreckte sie ebenso sehr, wie er sie begeisterte.
Richard begleitete sie hinein, während Mrs. Parker ihnen folgte, wie es sich für eine respektable Anstandsdame gehörte. In England würde eine Zofe niemals ihre Herrin auf einen Ball begleiten, aber in Amerika waren die Dinge anders, und Mary war froh darüber. Heute Abend brauchte sie den Trost von Freunden an ihrer Seite. Sie betraten eine rechteckige Halle mit schwarzweißem Marmorboden, weißen Wänden und weiteren Säulen im selben Stil wie jene vor dem Haus. Langsam bahnten Richard und die beiden Damen sich einen Weg durch das Gedränge, wobei Richard Gentlemen begrüßte, mit denen er Geschäfte machte, und Mary sie mit einem freundlichen Lächeln bedachte. Gleich darauf standen sie in der Schlange, die sie schließlich zu ihren Gastgebern führte.
„Lady Mary, es ist ein großes Vergnügen, Sie wiederzusehen“, sagte Mr. Penniman liebenswürdig. „Darf ich Ihnen Mrs. Penniman vorstellen?“ Und er wies auf die füllige Dame an seiner Seite.
Mary knickste vor ihr und bemerkte die Blumenstickerei auf dem malvenfarbenen Seidenkleid ihrer Gastgeberin und die enormen Perlen, die ihren Hals und ihr Handgelenk zierten. Mary erinnerte sich an ihre Mutter, die ebenso hinreißend ausgesehen hatte in ihrem kostbaren Ballkleid und dem Familienschmuck, und damals hatte Mary ihn ebenso bewundert und begehrt wie jetzt Mrs. Pennimans Schmuck. Wenn heute alles gut ging, würde sie sich vielleicht wieder mit der gleichen Eleganz umgeben können wie früher. Ihr Herz klopfte heftig, als sie sich aufrichtete und respektvoll lächelte. Ihre Gastgeberin erwiderte ihr Lächeln strahlend.
„Lady Mary, Sie ehren uns mit Ihrer Gegenwart. Ich hätte nie gedacht, ich würde einmal die Tochter eines Earls in unserem bescheidenen Zuhause begrüßen dürfen.“
Einen Moment versetzte es Mary einen Stich, als ihr Vater erwähnt wurde, und sie rechnete schon halb damit, dass jemand das Gespräch unterbrechen und enthüllen würde, dass ihre Familie mit ihr gebrochen hatte. Doch nichts geschah, und so antwortete sie freundlich: „Ihr Zuhause ist sehr schön, wenn nicht sogar schöner als die meisten Häuser am Grosvenor Square, und ich bin entzückt, dass Sie mich zu Ihrem Ball eingeladen haben.“
„Ich danke Ihnen so sehr, Lady Mary.“
Richard ging mit ihr weiter zu der Haupteingangshalle mit ihrer hohen Decke und der breiten Marmortreppe, über die man in die oberen Stockwerke gelangte. Auf ihrem Weg zum großen Ballsaal im hinteren Teil des Hauses passierten sie zahlreiche antike römische Statuen. Sie kamen nur langsam voran, da sie alle paar Augenblicke stehen blieben, um einen Bekannten zu begrüßen oder jemandem vorgestellt zu werden. Mary gab sich Mühe, jedem Gast ihre ganze Aufmerksamkeit zu schenken, gleichzeitig hielt sie aber Ausschau nach Mr. Fairclough.
Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bevor sie den Ballsaal erreichten. Sein Anblick nahm Mary den Atem. Er war ebenso beeindruckend wie jeder Ballsaal, den sie jemals in England gesehen hatte. Über ihnen wölbte sich eine Decke aus Glas und Schmiedeeisen. Hohe Säulen zwischen den vielen Fenstern beherrschten drei der vier Wände und erlaubten so den Lichtern der Stadt zu flackern wie die Kerzen in den Kron- und Wandleuchtern um sie herum. Auf einem Podium am anderen Ende des Saals spielten die Musiker für die Tanzpaare, die bereits in ihren weiten Röcken und dunklen Anzügen über die Tanzfläche wirbelten. Es war alles, was Mary einst so sehr geliebt und was einen großen Teil ihres Lebens ausgemacht hatte. Und sie hatte gefürchtet, es nie wieder erleben zu dürfen. Sie sehnte sich mit jeder Faser ihres Körpers danach, mit jemandem zu tanzen, aber sie blieb an Richards Seite. Auf keinen Fall wollte sie ihrem Verlangen nach Vergnügen nachgeben, nur um es sich gleich darauf wieder entreißen zu lassen.
Verstohlen sah sie sich um, noch immer auf der Suche nach Mr. Fairclough. Sie konnte es kaum erwarten, ihn zu sehen. Doch die Erkenntnis, dass sie sich um einen Mann bemühte, machte ihr Angst, und sie erinnerte sich hastig daran, dass es ja um keine Liebesheirat ging und sie vernünftig und gelassen bleiben musste. Vielmehr ging es um eine Vernunftehe und eine bessere Zukunft, nicht um ein heimliches Stelldichein.
„Ich lasse euch hier, meine Lieben“, sagte Richard, löste Marys Hand von seinem Arm, „und geselle mich zu den Gentlemen in den Kartenraum.“
„Jetzt schon?“ Mary hatte nicht damit gerechnet, sich dem Ballsaal ohne Richards beruhigende Gegenwart stellen zu müssen oder gar die Angelegenheit mit Mr. Fairclough allein zu meistern.
„Du kommst schon zurecht mit Mrs. Parker an deiner Seite.“
„Machen Sie sich keine Sorgen, Mr. Jackson. Ich werde auf sie achten, als wäre sie meine eigene Tochter“, versicherte Mrs. Parker ihm.