Hochzeitsreise zu verschenken - Stephanie Bond - E-Book

Hochzeitsreise zu verschenken E-Book

Stephanie Bond

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Beschreibung

Pamela ist noch nie so erregt gewesen. Die Kombination aus heißem Wasser, Kerzenlicht und diesem Mann ist so aufreizend. Voller Verlangen streichelt sie Alan und folgt ihm ins Schlafzimmer. Am nächsten Tag fürchtet sie jedoch, dass alles in einer Katastrophe enden wird. Alan hat sie nach ein paar Cocktails doch nur zu dieser Hochzeitsreise nach Florida überredet, weil die Trauung mit ihrer besten Freundin Jo geplatzt ist. Er wird sie niemals so lieben wie seine Ex-Braut. Deshalb beschließt Pamela, Alan zu Hause in Savannah nicht mehr zu treffen, und bestimmt keine leidenschaftlichen Nächte mit ihm zu verbringen. Aber das Schicksal hat andere Pläne: Sie erfährt von ihrer Ärztin, dass sie ein Baby erwartet. Doch sie wagt nicht, das Alan zu gestehen. Nun wird Jo aktiv. Sie setzt alles daran, ihren Ex-Freund noch einmal vor den Traualtar zu bringen. Diesmal mit Pamela!

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Seitenzahl: 199

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IMPRESSUM

Hochzeitsreise zu verschenken erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1997 by Stephanie Hauck Originaltitel: „Wife is a 4-Letter Word“ Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANYBand 873 - 2000 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Beate Klockow

Umschlagsmotive: Dutko / iStockphoto

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733767730

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Alan Parish kickte die leere Getränkedose in die Luft, ohne auf seine sorgfältig polierten Schuhe zu achten. Er hatte die Hände tief in den Hosentaschen vergraben und beobachtete, wie die Dose scheppernd aufs regennasse Pflaster des Bürgersteigs fiel.

Schön, wenn es John Sterlings Kopf wäre, dachte er und gab der Dose erneut einen Tritt.

Er suchte nach passenden Schimpfwörtern, doch keines, das ihm einfiel, schien auf jenen eigentlich sehr netten Kerl zu passen, der ihm gerade die Frau vor der Nase weggeschnappt hatte. Und zwar direkt vor dem Traualtar. Das einzige Adjektiv, das Alan für diesen Mann einfiel, war clever.

Er nahm an, dass es sinnvoller gewesen wäre, Josephine schon vor Monaten oder Jahren zu heiraten. Stattdessen hatte er ihre Beziehung als etwas Naturgegebenes betrachtet und nicht mitbekommen, wie sie sich in einen ihrer Auftraggeber verliebte. Heute hatte sie ihn, Alan, einfach vor dem Altar stehen lassen, ehe ihre Mutter, die in der ersten Reihe saß, dazu kam, in Ohnmacht zu fallen.

Und nun waren seine Freunde und Kollegen wohl gerade dabei, das neue Brautpaar hochleben zu lassen – auf seine Kosten, und das nicht nur im übertragenen Sinn. Alan zuckte zusammen, als er an die Kiste mit seinem Lieblingschampagner dachte, die er an der Bar der Empfangshalle zurückgelassen hatte.

Ein Auto näherte sich mit hoher Geschwindigkeit und fuhr hupend an ihm vorbei durch eine tiefe Pfütze. Alan bekam die kalte Dusche direkt ab. Er fühlte, wie das schmutzige Wasser seine Kleidung bis auf die Haut durchnässte. Der weiße Volvo, der schuld an seiner Misere war, bremste scharf und hielt, wobei ein Vorderrad auf den Bürgersteig geriet.

Alan wunderte sich nur mäßig, denn er kannte Pamela Kaminskis Fahrkünste zur Genüge.

„Tut mir leid“, rief sie und raffte ihre Röcke, um auszusteigen, was ihr nur mit Mühe gelang. „Der Saum dieses verdammten Kleids hat sich im Pedal verheddert.“ Sie schlug die Wagentür zu und humpelte zu Alan hinüber. „Einer meiner Absätze ist übrigens abgebrochen“, berichtete sie.

Alan wischte mit einem Finger über seine wasserbespritzten Brillengläser. Eigentlich hätte Pamela in ihrem pfirsichfarbenen Tüllkleid höchst lächerlich wirken müssen, doch das war nicht der Fall. Sie war nicht im Geringsten eitel und sah außerdem grundsätzlich so umwerfend aus, dass selbst dieses scheußliche Brautjungfernkleid daran nichts ändern konnte.

Aus ihrem tiefen Dekolleté förderte sie nun eine Handvoll Taschentücher zutage. Dann schob sie eine dunkelblonde Haarsträhne, die ihrer Hochfrisur entschlüpft war, hinters Ohr und begann Alans Gesicht trockenzutupfen. „Es tut mir so leid“, sagte sie noch einmal.

„Schon gut“, gab er zurück. „Ich brauchte sowieso eine Abkühlung.“

Sie verzog das Gesicht. „Eigentlich meinte ich deine Hochzeit.“

„Oh.“ Er bemühte sich, nicht in den Ausschnitt der besten Freundin seiner Exverlobten zu starren und gab sich seinem Kummer hin. Pamela hatte wenig Erfolg mit ihrer Trocknungsaktion, doch er hielt ganz still. „Wie kam Jo bloß dazu, dieses Kleid für dich auszusuchen?“, bemerkte er säuerlich.

„Hat sie ja gar nicht. Irgendjemand hat die Kleider vertauscht. Als Jo endlich kam, war sie so nervös, dass ich sie damit nicht belästigen wollte.“

Alan schnaubte wütend. „Da sie heute nur Augen für John Sterling hatte, nehme ich an, dass sie es gar nicht bemerkt hat.“

„Scheint so, als wäre sie heute durchaus mit anderen Dingen beschäftigt gewesen“, gab Pam zu.

Alan holte tief Atem. „Ich vermute, sie haben geheiratet.“

Pam mied seinen Blick und nickte. „Ehe ich ging, hörte ich, wie Jo es ihrer Mutter erzählte.“

„Warum bist du nicht zur Trauung geblieben?“

„Weil ich fand, dass mit Jo, ihrem Bräutigam und seinen drei Kindern bereits genügend Leute vor dem Altar standen.“

Alan seufzte frustriert. „Ich begreife es immer noch nicht. All die Jahre hat sie mir erzählt, sie wolle keine Kinder. Und nun heiratet sie einen Mann, der gleich drei hat.“

„Hm“, meinte Pamela mitfühlend. „Eine wahre Bürde.“ Sie warf die feuchten Taschentücher in einen Mülleimer und zog vorn an ihrem Kleid, um im Ausschnitt nach weiteren Taschentüchern zu forschen.

Alan schluckte. Zwar hatte er Pamela Kaminski gegenüber nie romantische Gefühle entwickelt, doch was ihr Äußeres betraf, ging es ihm nicht anders als den übrigen Männern in Savannah. Er erspähte unter dem schaurigen Tüllkleid einen schwarzen halterlosen BH, und was dieser umschloss, war sexy genug, um selbst den tugendhaftesten Mönch vom Pfad der Tugend abzubringen. Sie fand zwei Taschentücher und Alan lockerte mit zwei Fingern seinen Kragen, der ihm plötzlich zu eng erschien.

„Hattest du vor, auf meiner Hochzeit Tränen zu vergießen, Pam?“, fragte er spöttisch.

„Die Taschentücher waren eigentlich für Jo gedacht. Sie hat schon den ganzen Morgen ununterbrochen geheult.“

„Vielen Dank.“

Pam blickte mitleidig lächelnd zu ihm auf. „Verzeih mir, Alan. Ich wollte dich nicht kränken. Ich weiß doch, wie sehr du Jo liebst.“

„Warum bist du mir nachgefahren?“

„Ich dachte mir, du könntest vielleicht einen Freund brauchen. Wo ist eigentlich dein Freund, der dein Trauzeuge sein sollte?“

„Wahrscheinlich auf der Hochzeitsparty.“

„Und wo wolltest du gerade hin?“

„Zum Flughafen.“

Sie lachte. „Da musst du aber noch eine ganze Weile laufen.“

„Mein Flug nach Fort Meyers geht erst in vier Stunden. Ich wollte nach der Trauung genügend Zeit zum Feiern haben.“

„Du hast nur einen Scherz gemacht, nicht wahr?“, fragte Pam zögernd. „Oder willst du wirklich allein auf Hochzeitsreise gehen?“

„Warum nicht?“ Er zuckte die Achseln. „Ich habe bereits bezahlt. Dort am Strand werde ich meinen Kummer in Margaritas ertränken und so viele Limonen essen, dass ich für den Rest meines Lebens nicht mehr Gefahr laufe, Skorbut zu kriegen.“

Pam blickte ihn nachdenklich an. Ein Regentropfen fiel auf ihre Wange und rollte zum Kinn. Wenig später goss es wie aus Kübeln.

Alan nahm es ergeben hin. Viel mehr konnte an diesem Tag sowieso nicht mehr schief gehen. Ein greller Blitz zuckte über den Himmel und fuhr in eine Baumgruppe in einiger Entfernung. Was Alan zu der Einsicht brachte, dass er das Schicksal lieber nicht herausfordern sollte.

Pam zog ihn zu ihrem Auto. „Ich bringe dich zum Flughafen. Wo ist dein Gepäck?“

„Im Kofferraum der gemieteten Limousine, die ich vor der Kirche stehen gelassen habe. Ich werde alles, was ich brauche, in Fort Meyers kaufen.“ Er öffnete die Beifahrertür und stieg ein.

„Anschnallen!“, kommandierte Pam und ließ den Motor an.

Alans Gurt trat sofort in Aktion, denn Pam fuhr so schwungvoll rückwärts vom Bordstein herunter, dass Alan nach vorn geschleudert wurde. Danach wendete sie verbotenerweise mitten auf der Fahrbahn und raste Richtung Autobahn. Alan zuckte jedes Mal zusammen, wenn sie krachend einen anderen Gang einlegte und stemmte sich mit beiden Armen gegen das Armaturenbrett.

„Pam …“

Sie warf ihm einen Seitenblick zu und lenkte dabei nach rechts, kümmerte sich nicht darum, dass das Auto vorübergehend auf den Seitenstreifen geriet und riss das Steuer herum, um wieder auf die Fahrbahn zu gelangen. „Was gibt es?“, fragte sie.

„Schon gut“, erwiderte er hastig. „Wir reden miteinander, wenn wir am Flughafen sind. Weißt du überhaupt, wohin du fahren musst?“

Der Wagen schlingerte plötzlich, bis Pamela ihr Kleid hochriss, damit es sich nicht ständig in den Pedalen verhakte. Sie war barfuß. „Du weißt doch, dass ich mehr oder weniger im Auto lebe“, sagte sie. „Ich weiß immer, wohin ich fahren muss.“

Alan begriff nun, warum sie die erfolgreichste Immobilienmaklerin in Savannah war. Nach einer Autofahrt mit ihr war vermutlich jeder potenzielle Hauskäufer so verängstigt, dass er jeden Vertrag blind unterzeichnete.

Er befürchtete das Schlimmste, als sie begann, mit einer Hand nach einem Radiosender zu suchen, ohne dabei auf die Fahrbahn zu schauen. Alan hielt es schließlich nicht mehr aus und löste sie ab. Er fand einen Sender, der Schmuserock spielte und lehnte sich zufrieden zurück.

„Ist das alles, was du finden kannst?“, beschwerte sich Pam. „So ein Zeug höre ich immer bei meinem Zahnarzt. Als ob das Bohrgeräusch nicht schon ekelhaft genug wäre.“

Alan seufzte und suchte weiter, bis er etwas Peppigeres fand. Pam begann mitzusummen, allerdings ziemlich falsch. Da fiel sein Blick auf den rechten Scheibenwischer. „Ist das eine Männersocke?“, wollte er wissen.

„Ja“, antwortete sie. „Der Gummiwischer ist irgendwann abgefallen und das kratzende Metall auf der Scheibe hat mich genervt.“

Alan erschauerte.

Sie lächelte ihn an. „Die schwarze Socke ist kaum von einem Gummi zu unterscheiden und sie leistet prima Dienste.“

Er ließ sich kurz zu der Überlegung verleiten, welcher von Pams Liebhabern die Socke wohl bei ihr vergessen hatte. Doch eigentlich war es ihm egal. Er schwieg, schloss die Augen und versetzte sich in seiner Fantasie an einen weißen Strand, an dem ein Barkeeper ihn mit Unmengen von Drinks versorgte, während er all seine neuen Science-Fiction-Romane las, ohne auch nur einen Gedanken an Mrs. Josephine Montgomery Sterling zu verschwenden.

Pamela ließ ihn in Ruhe und sang fröhlich vor sich hin. Nach ein paar Minuten jedoch öffnete Alan die Augen und betrachtete ihr Profil. Es war nahezu klassisch schön, mit einer edlen, geraden Nase und fein modellierten Wangenknochen. Nur der Mund fiel etwas aus dem Rahmen, denn die Oberlippe war etwas voller als die Unterlippe, was sehr verführerisch wirkte. Pam besaß große blaue Augen und eine lange dunkelblonde Mähne und war insgesamt eine solche Schönheit, dass ein Mann fast Angst bekommen konnte. Trotzdem lag ihr zumindest die mutigere Hälfte der ledigen Männer von Savannah zu Füßen, soweit sie sie ließ; und die andere Hälfte bewunderte sie von ferne.

In dem Club, in dem er verkehrte, gab es genug Klatsch über Pams Männerverschleiß. Er fragte sich, wie viel davon wahr und wie viel erfunden war, weil die gute Gesellschaft von einer Frau, die aus der ärmsten Schicht von Savannah stammte, nichts anderes denken mochte. Pamela war in den Grasswood-Projekten aufgewachsen, dem Schandfleck der sonst so sauberen Stadt. Hier lebten seit Generationen Drogensüchtige, Prostituierte und Taschendiebe.

Alan hatte Pamela kennen gelernt, als sie gerade dabei war, sich auf der privaten High School, die praktisch seiner Familie gehörte, mit einem anderen Mädchen zu prügeln. Er hatte sie getrennt und sich dabei ein paar Tritte der kleinen Pam eingefangen. Sie war auf die High School gelangt, weil die Akademie von Saint London Stipendien für begabte Kinder aus armen Familien vergeben hatte. Zwei Brüder von ihr gingen ebenfalls in diese Schule, wurden aber bald relegiert, weil sie nur Unfug im Sinn hatten. Pam schaffte es ebenfalls in kurzer Zeit, der Schule verwiesen zu werden.

Als er sich einige Jahre später in Jo verliebte, fand er heraus, dass die beiden Frauen sehr gute Freundinnen waren. Zu seinem Erstaunen hatte sich die kleine Wilde in eine hochattraktive, erfolgreiche Immobilienmaklerin verwandelt. Sie war immer noch sehr impulsiv und gut für Skandale, doch Alan gewöhnte sich bald an sie.

Trotzdem hatte er sich unbehaglich gefühlt, als Jo ihn das erste Mal bat, Pam zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung zu begleiten. Wie erleichtert war er jedoch gewesen, als er feststellte, dass Pamela nicht nur sexy war, sondern sich auch in jeder Umgebung, und sei sie noch so mondän, bewegen konnte. Ihr Auftreten war elegant, ihre Konversation geschmeidig und ehe der Abend um war, hatte sie sogar einige mögliche Kunden an Land gezogen. Sogar für Alans Computerfirma fielen ein paar Interessenten ab.

Pam und Jo, seine zurückhaltende Exverlobte, waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht.

„Ich warte mit dir, bis dein Flug geht“, verkündete Pam und fuhr ins Parkhaus.

„Das ist nicht nötig“, erwiderte er und hielt sich fest, als sie um die engen Betonpfeiler bog.

Mit quietschenden Reifen hielt sie in einer Parklücke, kurz bevor der Wagen Kontakt mit der Wand aufnehmen konnte. „Ich spendiere dir einen Drink“, sagte sie und kletterte aus dem Auto. „Aber vorher brauche ich ein Paar andere Schuhe.“

Sie raffte ihren Rock und ging auf Strümpfen zum Kofferraum. Alan folgte ihr. Verblüfft sah er das Sammelsurium an Schuhen, das sich vor ihm ausbreitete. Es gab Pumps, Sandaletten, Stiefel, Turnschuhe.

„Handelst du nebenbei mit Schuhen?“, erkundigte er sich.

Sie lachte. „Da ich nie weiß, wen ich beim Häuserbesichtigen treffe und ob ich auf den Dachboden oder in den Park muss, habe ich immer das Passende dabei.“

Alan griff nach einem knallroten Lackstiefel, der ihr bis zur Mitte des Oberschenkels reichen musste. „Wo gibt es die Peitsche dazu?“

Sie riss ihm den Stiefel aus der Hand und warf ihn in den Kofferraum. Hastig durchwühlte sie die Schuhe und förderte einen hellen, hochhackige Pumps zu Tage. Sie schlüpfte hinein und balancierte auf einem Bein, während sie nach dem zweiten suchte. „Aha“, sagte sie, hielt ihn triumphierend hoch, zog ihn an und warf das Paar mit dem abgebrochenen Absatz in den Kofferraum. Dann schlug sie die Heckklappe zu. „So, lass uns jetzt gehen.“

Sie erregten nicht gerade geringes Aufsehen, als sie das Flughafengebäude auf der Suche nach einer Lounge durchquerten. Schließlich fanden sie eine Bar und ließen sich in einer Nische nieder. Pam bestellte sofort eine Karaffe Margaritas mit Eis und als der Kellner das Gewünschte brachte, goss sie zwei Gläser ein. Sie feuchtete ihren Handrücken mit der Zunge an und streute Salz darauf. Alan tat das Gleiche.

„Du bringst den Toast aus“, forderte sie ihn mit glänzenden Augen auf.

Er war fasziniert von ihrer Schönheit und stammelte nur: „Auf das Single-Dasein.“ Dann stießen sie an.

„Darauf trinken wir“, bestätigte sie und kippte rasch die Hälfte ihres Drinks. Danach leckte sie das Salz von ihrer Hand und saugte eine Limonenscheibe aus.

Alan tat es ihr nach und verzog das Gesicht, als er in die saure Limone biss. „Eigentlich wollte ich ja gar nicht heiraten“, murmelte er.

„Warum hast du Jo dann einen Antrag gemacht?“

„Es hört sich dämlich an, aber irgendwie dachte ich, es sei an der Zeit.“

Sie fixierte ihn zweifelnd, schwieg aber dazu. Stattdessen lachte sie. „Du siehst ganz schön mitgenommen aus.“

Alan betrachtete sein durchnässtes Hemd und den schmutzigen, zerknitterten Smoking. Er lachte und warf Pam einen herausfordernden Blick zu. „Du aber auch.“

Beide brachen in Gelächter aus. Alan löste seine Krawatte, sodass beide Enden lose über seine Hemdbrust hingen. „Was für ein grauenvoller Tag“, sagte er und drehte das Glas mit der blassgrünen Flüssigkeit in der Hand.

„Allerdings“, bestätigte Pam und trank ihr Glas leer. „Wusstest du, dass Jo scharf auf John Sterling war?“

„Ich wusste nur, dass er scharf auf Jo war. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ein Mann mit so vielen Kindern bei ihr eine Chance hätte.“ Er leerte sein Glas, leckte Salz und biss in eine Limonenscheibe. „Wusstest du denn Bescheid?“

Sie schüttelte den Kopf und füllte die Gläser neu. „Mir war klar, dass sie irgendetwas bedrückte, aber ich schob es einfach auf die übliche Nervosität vor der Hochzeit.“ Sie nahm einen großen Schluck.

Alan beobachtete fasziniert, wie sie mit ihrer Zungenspitze das Salz von ihrer Hand leckte und danach mit ihren perlweißen Zähnen in die Limone biss. „Ich komme mir vor wie ein Idiot“, gab er zu, trank und vollzog dasselbe Ritual wie Pam. „Bestimmt lachen alle über mich.“

Sie schüttelte erneut den Kopf. Dabei löste sich eine weitere Haarsträhne aus ihrer Frisur. „Wahrscheinlich haben sie alle Mitleid mit dir.“

„Danke. Davon geht es mir auch nicht besser.“

„Wenn du wiederkommst, hat man es bestimmt längst vergessen“, beruhigte sie ihn und füllte die leeren Cocktailgläser erneut.

Alan spürte, wie der Alkohol sich langsam in seinem Kopf bemerkbar machte. Er hatte noch nichts gegessen. Nun schob er seine Brille auf der Nase zurück. „Hoffentlich. Aber irgendwie glaube ich nicht daran. Vielleicht sollte ich wegziehen.“

„Das ist doch Schwachsinn. Du lebst seit Ewigkeiten in Savannah. Außerdem würde es deine Eltern verletzen. Und deine Firma …“ Sie hob ihr Glas und sah Alan streng an. „Du kannst nicht wegziehen, ehe du nicht den Auftrag von Mr. Gordon bekommen hast. Es hat mich einige Mühe gekostet, euch zwei auf der letzten Benefizveranstaltung zusammenzubringen.“

„Ich weiß“, erwiderte er und kippte seine Margarita in einem Zug. „Du hast recht. Ich muss mich einfach ein bisschen in meinem Elend wälzen.“

„Du kommst schon wieder auf die Füße“, meinte sie aufmunternd. „Dutzende von Debütantinnen werden bei dir Schlange stehen.“

Bildete er es sich nur ein oder klangen ihre Worte leicht genuschelt?

„Quatsch“, sagte er nur. „Ich werde niemals heiraten. Ab heute ist das Wort Ehefrau für mich ein Schimpfwort.“

„Pfui“, lachte Pamela. Sie fühlte sich ein wenig beschwipst. Als sie einen langen Blick auf ihren Zechkumpan warf, spürte sie, wie Neid in ihr aufstieg. Neid auf Jo, denn dieser Mann hier liebte sie so sehr, dass er niemals heiraten wollte, wenn er sie nicht bekam. Pam biss sich auf die Unterlippe. Sie kannte Jo Montgomery nun schon so lange und bisher hatte ihre Freundin immer bemerkenswert viel Verstand bewiesen. Bis heute.

Was um alles in der Welt hatte sie dazu bewogen, Alan vor dem Altar stehen zu lassen und dafür einen Witwer mit drei Kindern zu heiraten? Sicher, Jo hatte ihr gebeichtet, dass zwischen ihr und Alan im Bett nicht viel lief. Pam fand Alan sowieso eher langweilig. Sie hielt ihn für einen Computerfreak, der nur an seine Arbeit dachte. Doch selbst ein solcher Mann verdiente es nicht, am Tag der Hochzeit abserviert zu werden. Jo, von schlechtem Gewissen geplagt, hatte Pam gebeten, Alan nachzufahren und auf ihn aufzupassen.

Sie begutachtete ihn etwas genauer. Der gute, alte Alan. Immer korrekt und edel gekleidet, das blonde Haar immer sorgfältig gekämmt, immer elegant, immer weltgewandt, immer höflich.

Er stammte aus altem Geldadel. Sie fragte sich, ob er überhaupt wusste, was Hunger hieß. Was es bedeutet, nicht zur Schule gehen zu können, weil sich der zweite Schuh gerade aufgelöst hat. Was es heißt, Geld zusammenzukratzen, um gleich drei Familienmitglieder pro Woche gegen Kaution aus der Untersuchungshaft freizukriegen. Ihre Welten waren so verschieden wie nur möglich.

Gleich darauf musste sie ein Lächeln unterdrücken. Gerade eben, mit zerzaustem Haar, schmutzigem Hemd und bespritzter Brille, wirkte Alan eigentlich mehr wie einer ihrer Gelegenheitsliebhaber.

„Was findest du so lustig?“, wollte er wissen.

„Nichts“, antwortete sie mit schwerer Zunge und winkte dem Kellner, um noch eine Karaffe Margaritas zu bestellen. Während sie gemeinsam einen Drink nach dem anderen kippten, überzeugten Alan und Pam sich gegenseitig wortreich von den Vorteilen des Alleinlebens.

Schließlich warf Alan die letzte Limonenscheibe auf den Berg, der sich vor ihnen angesammelt hatte, und verkündete: „Zeit, aufzubrechen.“

Pam streckte ihm die Hand hin. „Ich glaube, ich bleibe hier, bis ich wieder nüchtern bin.“

„Macht das bei deinem Fahrstil irgendeinen Unterschied?“

Sie schmollte, sagte aber: „Ich wünsche dir eine schöne Zeit, Alan.“

„Tja“, meinte er, „ich wollte schon immer meine Hochzeitsnacht allein verbringen.“ Er verbeugte sich theatralisch.

„Vielleicht lernst du ja jemanden kennen.“

Alan richtete sich auf und murmelte etwas.

„Wie bitte?“, fragte sie überrascht und nicht ganz sicher, ob sie richtig gehört hatte.

„Komm mit“, wiederholte er.

Pam hätte sich fast an ihrem letzten Drink verschluckt. „Wie bitte?“

„Komm mit mir.“ Er grinste.

„Du bist betrunken.“

„Nein“, erwiderte er und bekam Schluckauf.

„Ich gehe nicht mit dir auf Hochzeitsreise, Alan.“

„Warum denn nicht?“, beharrte er. „Meine Sekretärin hat eine Suite in einem Luxushotel gebucht. Es ist alles bereits bezahlt. Das Zimmer, die Mahlzeiten, einfach alles.“ Er holte die Flugtickets aus der Innentasche seines leichten Mantels. „Los, komm schon. Ich brauche Gesellschaft und du brauchst mal Urlaub.“

Das stimmt, dachte sie. Eine Woche Ferien waren verführerisch.

„Am Strand liegen, Margaritas trinken, Steak und Hummer essen“, lockte er. „Halbnackte Männer.“

„Hm?“ Immerhin schien sie interessiert.

Er nickte. „Könnte doch sein, dass du in Florida den Mann fürs Leben findest.“

Sie jedoch dachte daran, dass sie eine Woche mit Alan Parish zusammen sein müsste und sie hatte nicht vor, das Bett mit ihm zu teilen. „Ich kann nicht.“

„Ich schlafe auf dem Gästebett“, versicherte er.

„Was sollen die Leute denken? Was soll ich Jo erzählen?“

„Wieso?“, fragte er.

„Na ja, du weißt schon. Wir beide eine Woche allein in einem Hotel …“

Er wirkte schockiert. „Du meinst, irgendjemand könnte denken, wir hätten ein Verhältnis?“ Er lachte laut und Pamela fühlte sich wie ein Dummkopf.

Natürlich käme kein Mensch auf diese Idee, sagte sie sich. Alan Parish, der reiche Sohn aus gutem Hause und Pamela Kaminski aus den Slums von Savannah … undenkbar.

„Was Jo betrifft“, fuhr Alan fort, „so bin ich sicher, dass sie uns niemals zusammen auf irgendwelche Veranstaltungen geschickt hätte, wenn sie Angst gehabt hätte, dass sich zwischen uns etwas entwickelt.“

Pam war betrunken, aber nicht so sehr, dass sie die vage Beleidigung in dieser Aussage nicht wahrnahm. „Du magst recht haben, aber es gibt bestimmt ein paar Leute, die sich das Maul über uns zerreißen werden.“

„Kein Mensch wird davon erfahren, Pam.“

Sie blickte an ihrem fürchterlichen pfirsichfarbenen Tüllkleid hinunter. „Ich habe nichts anzuziehen.“

„Wir gehen in Fort Meyers einkaufen. Komm schon, Pam.“

Sie dachte fieberhaft nach. Eine Woche Urlaub. Ein Traum! Und außerdem hatte Jo sie gebeten, auf Alan aufzupassen. Sie rieb sich die schmerzenden Schläfen. Dann trank sie ihr Glas in einem Zug leer, blickte zu Alan auf und lächelte. „Na schön. Immerhin könnte ich ein Paar neue Sandaletten gebrauchen. Ich komme mit.“

2. KAPITEL

Alan salutierte, als er an der Chefstewardess vorbeiging und ließ sich auf seinen Sitz fallen. Ein stechender Schmerz durchbohrte sein Gehirn. Verzweifelt versuchte er, sich an etwas Wichtiges zu erinnern, doch es gelang ihm nicht. Seufzend lehnte er den Kopf zurück, schloss die Augen und tastete mit einer Hand nach seiner Brieftasche. Sie war noch da. Das konnte es also nicht gewesen sein, was ihm abhanden gekommen war.

„Entschuldigung“, ertönte eine laute weibliche Stimme.

Alan öffnete seine Augen einen winzigen Spalt und sah Pamela Kaminski, die um die Ecke bog und einem anderen Passagier schwungvoll ihre Handtasche an den Kopf stieß.

„Verzeihung, Sweetie“, lachte sie und drückte ihrem Opfer einen Kuss auf die Glatze.

Alan lächelte erfreut, weil ihm plötzlich einfiel, was er vergessen hatte. Pamela!

„Da bist du ja“, begrüßte sie ihn. Ihre Augen verrieten, dass sie nicht mehr ganz nüchtern war. „Als ich aus der Damentoilette kam, warst du verschwunden. Glücklicherweise ist mein zweiter Name Jo. So musste ich die Passkontrolleure nur noch davon überzeugen, dass ich auf meinem Führerschein anders heiße als auf dem Flugticket, weil ich gerade geheiratet habe.“ Sie kicherte. „Wow!“ Sie schwang sich in den Sitz neben Alan, lehnte sich zu ihm hinüber und rief: „Ich bin noch nie erster Klasse geflogen.“

„Drinks ohne Ende“, informierte er sie.

Sie grinste. „Wirklich? Ich könnte noch ein paar Margaritas gebrauchen.“

„So was kriegst du hier leider nicht.“

Sie schmollte und versuchte, sich anzuschnallen, was ihr misslang. Alan half ihr. „Der Gurt hat sich verdreht“, sagte er und beugte sich über Pam, um ihn zu entwirren. Dabei kitzelten ihn die Ärmel ihres Kleides am Hals. Während er sich bemühte, den Gurt zu schließen, konnte er die Augen nicht von Pams verführerisch tiefem Ausschnitt wenden. Beim dritten Versuch klappte es endlich und der Gurt rastete ein.