Homo faber. Königs Erläuterungen. - Bernd Matzkowski - E-Book

Homo faber. Königs Erläuterungen. E-Book

Bernd Matzkowski

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Beschreibung

Königs Erläuterungen zu Max Frisch: Homo faber- Textanalyse und Interpretation mit ausführlicher Inhaltsangabe und Abituraufgaben In einem Band bieten dir die neuen Königs Erläuterungen alles, was du zur Vorbereitung auf Referat, Klausur, Abitur oder Matura benötigst. Das spart Zeit bei der Vorbereitung! Alle wichtigen Infos zur Interpretation. - von der ausführlichen Inhaltsangabe über Aufbau, Personenkonstellation, Stil und Sprache bis zu Interpretationsansätzen - plus 4 Abituraufgaben mit Musterlösungen und 2 weitere zum kostenlosen Download . sowohl kurz als auch ausführlich. - Die Schnellübersicht fasst alle wesentlichen Infos zu Werk und Autor und Analyse zusammen. - Die Kapitelzusammenfassungen zeigen dir das Wichtigste eines Kapitels im Überblick - ideal auch zum Wiederholen. - Das Stichwortregister ermöglicht dir schnelles Finden wichtiger Textstellen. . und klar strukturiert. - Ein zweifarbiges Layout hilft dir Wesentliches einfacher und schneller zu erfassen. - Die Randspalte mit Schlüsselbegriffen ermöglichen dir eine bessere Orientierung. - Klar strukturierte Schaubilder verdeutlichen dir wichtige Sachverhalte auf einen Blick. . mit vielen zusätzlichen Infos zum kostenlosen Download.

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KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN

Band 148

Textanalyse und Interpretation zu

Max Frisch

HOMO FABER

Von Bernd Matzkowski

Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen

Zitierte Ausgaben: Max Frisch: Homo faber. Text und Kommentar. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1998 (Suhrkamp BasisBibliothek Bd. 3). Alle Zitate aus dem Roman werden durch die Seitenangabe direkt hinter dem Zitat kenntlich gemacht.

Über den Autor dieser Erläuterung: Bernd Matzkowski ist 1952 geboren. Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Lehrer am Heisenberg Gymnasium Gladbeck. Fächer: Deutsch, Sozialwissenschaften, Politik, Theater. Ausbildungskoordinator.

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Die öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig.

Hinweis: Die Rechtschreibung wurde der amtlichen Neuregelung angepasst. Zitate von Max Frisch müssen auf Grund eines Einspruches in der alten Rechtschreibung übernommen werden.

3. Auflage 2013

ISBN 978-3-8044-6902-0

© 2002, 2010 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelbild: Sam Shepard als Walter Faber im Kinofilm „Homo Faber“ (1991), © ullstein bild – united archives

Hinweise zur Bedienung

Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis ist vollständig mit dem Inhalt dieses Buches verknüpft. Tippen Sie auf einen Eintrag und Sie gelangen zum entsprechenden Inhalt.

Fußnoten Fußnoten sind im Text in eckigen Klammern mit fortlaufender Nummerierung angegeben. Tippen Sie auf eine Fußnote und Sie gelangen zum entsprechenden Fußnotentext. Tippen Sie im aufgerufenen Fußnotentext auf die Ziffer zu Beginn der Zeile, und Sie gelangen wieder zum Ursprung. Sie können auch die Rücksprungfunktion Ihres ePub-Readers verwenden (sofern verfügbar).

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INHALT

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

2. Max Frisch: Leben und Werk

2.1 Biografie

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Kalter Krieg und Wirtschaftswunder

Der Aufstieg des Autors Max Frisch

Zeitbezüge

2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken

3. Textanalyse und -interpretation

3.1 Entstehung und Quellen

3.2 Inhaltsangabe

(Geraffter) Handlungskern in chronologischer Abfolge

Vorgeschichte

Fabel (plot)

Romaninhalt im Erzählverlauf

„Erste Station“

„Zweite Station“

3.3 Aufbau

Kompositionsstruktur

Zeitstruktur

Strukturelemente und Bausteine des Erzählens

3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken

Die Hauptfiguren

Walter Faber

Hanna

Sabeth

Wichtige Nebenfiguren

Ivy

Joachim Hencke

Marcel

3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen

3.6 Stil und Sprache

3.7 Interpretationsansätze

Bildnis-Thematik

Bezüge zur Mythologie

Vergleich mit Ödipus

4. Rezeptionsgeschichte

5. Materialien

Das Weltbild Fabers

Frisch und Brecht

Die Erzählstrategie des Romans

Die Reisen Fabers

6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen

Aufgabe 1 ***

Aufgabe 2 ***

Aufgabe 3 *

Aufgabe 4 *

Literatur

Zitierte Ausgaben

Materialbände

Lernhilfen und Kommentare für Schüler

Sekundärliteratur

Verfilmung

1.Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

Damit sich jeder Leser in unserem Band rasch zurechtfindet und das für ihn Interessante gleich entdeckt, hier eine Übersicht.

Im 2. Kapitel beschreiben wir Frischs Leben und stellen den zeitgeschichtlichen Hintergrund dar:

Max Frisch lebte von 1911 bis 1991, die meiste Zeit in Zürich.

Der Zweite Weltkrieg ist bei Erscheinen des Romans zwölf Jahre vorbei. An seine Stelle ist der „Kalte Krieg“ getreten, in Deutschland setzt die Phase des „Wirtschaftswunders“ und der „Restauration“ ein.

Homo faber erscheint 1957. Zuvor sind bereits einige Theaterstücke Frischs zur Aufführung gekommen, und auch sein Roman Stiller ist schon erschienen (1954).

Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.

Homo faber – Entstehung und Quellen:

Als eine Quelle des Romans wird eine Skizze in Frischs Tagebuch aus dem Jahre 1946 angesehen. Bedeutender sind aber wahrscheinlich Eindrücke von den Reisen, die Frisch zur Zeit der Entstehung des Romans unternahm, so etwa in die USA, nach Italien, Griechenland und Kuba.

Inhalt:

Der Roman umfasst zwei„Stationen“. Eine direkte Einteilung in Kapitel gibt es nicht; durch Absätze (Leerzeilen) lassen sich aber Unterabschnitte erkennen.

Der Ingenieur Walter Faber, Protagonist und Verfasser des „Berichts“, lernt auf einer Schiffsreise eine junge Frau (Sabeth) kennen und verliebt sich in sie. Bei einem Aufenthalt in Paris trifft Faber Sabeth wieder und begleitet sie nach Griechenland, wo Sabeth ihre Mutter besuchen will. In Frankreich kommt es zu einer Liebesnacht zwischen den beiden. Allmählich wird Faber klar, dass Sabeth seine leibliche Tochter ist und ihre Mutter seine frühere Geliebte Hanna, die er seinerzeit verlassen hatte, als sie schwanger wurde. Entgegen der Absprache hat Hanna das gemeinsame Kind aber nicht abtreiben lassen.

In Griechenland kommt es zu einem Unfall, an dessen Folgen Sabeth stirbt. Faber selbst trifft Hanna wieder. Er muss sich in Athen in ein Krankenhaus einweisen lassen, um sich einer Magenoperation (Krebs) zu unterziehen. Er überlebt diese Operation nicht.

Chronologie und Schauplätze:

Der Handlungskern umfasst rund fünf Monate (März bis Juli 1957), die Vorgeschichte geht aber bis in die Jahre 1934–1936 zurück. Die Chronologie wird durch Rückblenden (Vorgeschichte) und Vorgriffe unterbrochen, es kommt also nicht zu einem linearen Erzählprozess.

Handlungsorte sind u. a. New York, Caracas, Frankreich, Italien, Kuba und Griechenland, Stadt-, Dschungel- und Wüstenlandschaften.

Die „innere Dramaturgie“ des Erzählprozesses wird über Motive, Motivverbindungen, thematische Komplexe, metaphorische Elemente und Symbole aufgebaut.

Personen:

Die Hauptpersonen sind

Walter Faber:

50 Jahre alt, Ingenieur, für die UNESCO tätig

Er lebt in der Welt der Vernunft, des Berechenbaren, der ­Mathematik; die Natur, die Sinnlichkeit und das Emotionale sind ihm eher fremd.

Er leidet häufig unter starken Magenschmerzen, ignoriert ­seine Krankheit aber lange.

Hanna:

Hanna Landsberg ist als Kontrastfigur zu Faber angelegt.

Sie ist temperamentvoll, spontan und willensstark.

Als „Halbjüdin“ flieht sie zur Zeit des Nationalsozialismus aus Deutschland.

Sie hat Kunstgeschichte studiert und arbeitet am Archäologischen ­Institut in Athen.

Sabeth:

Sabeth (eigentlich: Elisabeth), 20 Jahre alt, ist ambivalent angelegt.

Sie interessiert sich für Kunst, begeistert sich auf der Reise mit Faber für Natur und Landschaft, ist aber auch mit Attri­buten zeitgenössischer Jugendlichkeit ausgestattet.

Wir stellen die Hauptpersonen ausführlich vor, gehen aber auch auf weitere wichtige Personen ein.

Stil und Sprache Frischs:

Untertitel des Romans: „Ein Bericht“

„Rollensprache“, die durch die Sprache des erzählenden ­(berichtenden) Ingenieurs Walter Faber geprägt ist.

häufig ein nüchterner, trockener, vom Nominalstil dominierter Sprach­gebrauch

Typenbezeichnungen, Produktnamen und Übernahmen aus dem Anglo-Amerikanischen

Mit den Veränderungen der Hauptfigur im Laufe der Erzählung gehen teilweise Veränderungen der Sprache einher, so etwa eine Neigung zum Bildlichen.

Als Interpretationsansätze bieten sich an:

die Bildnisthematik,

die Bezüge zur antiken Mythologie (Anspielungen, Verweise, Namen),

im Kontext damit die Frage nach der Schuld Fabers, hier ­besonders im Vergleich zu Ödipus (Inzestproblematik, Selbsterkenntnis, Verantwortung und Schicksal).

2.Max Frisch: Leben und Werk

Max Frisch (1911–1991) © ullstein bild – Würth GmbH/Swiridoff

2.1Biografie[1]

Jahr

Ort

Ereignis

Alter

1911

Zürich

Geburt am 15. Mai als Sohn des Architekten Franz Bruno Frisch und seiner Gattin Karolina, geb. Wildermuth

1924

Eintritt ins Realgymnasium des Kantons

13

1930

Germanistikstudium an der Universität Zürich

19

1931–1934

Journalistische Arbeiten

20–23

1932

Tod des Vaters

21

1933

Prag

Sportreporter bei der Eishockeyweltmeisterschaft

22

1934

Jürg Reinhart. Eine sommerliche Schicksalsfahrt erscheint (erste Veröffentlichung).

23

1936

Zürich

Beginn des Architekturstudiums

25

1937

Die Erzählung Antwort aus der Stille erscheint.

26

1939–1945

Dienst in der Armee

28–34

1940

Blätter aus dem Brotsack. Geschrieben im ­Grenzdienst 1939 erscheint.

Anstellung als Architekt

29

1942

Ehe mit Gertrud Constanze von Meyenburg; Gründung eines eigenen Architekturbüros; Frisch gewinnt den ersten Preis im Architekturwettbewerb um das städtische Freibad am Letzigraben.

31

1943

Der Roman J´adore ce qui me brûle oder Die Schwierigen erscheint.

Geburt der Tochter Ursula

32

1944

Geburt des Sohnes Hans Peter; Frisch beginnt damit, Dramen zu verfassen.

33

1945

Zürich

Das Stück Nun singen sie wieder wird am ­Zür­­­cher Schauspielhaus uraufgeführt.

Bin oder Die Reise nach Peking erscheint.

34

1946

Zahlreiche Reisen, u. a. nach Deutschland.

Die Romanze Santa Cruz sowie die Farce Die Chinesische Mauer werden am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt.

35

1947

Bekanntschaft mit Brecht und Dürrenmatt; Bau des Schwimmbads am Letzigraben;

Tagebuch mit Marion erscheint.

36

1948

Reisen nach Berlin, Prag und Warschau; Teilnahme am „Congrès mondial des ­intellectuels pour la paix“ (Wrozlaw/Polen)

37

Zürich

Als der Krieg zu Ende war wird am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt.

1949

Zürich

Geburt der Tochter Charlotte

38

1950

Tagebuch (1946–1949) erscheint.

39

1951

Zürich

Graf Öderland wird am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt.

40

1951–1952

USA

Stipendiat der Rockefeller-Stiftung

40–41

1953

Zürich/Berlin

Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie wird am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt.

42

1954

Der Roman Stiller erscheint.

Trennung von der Familie

43

1955

Frisch verkauft sein Architekturbüro.

44

1957

Der RomanHomo fabererscheint.

Reisen nach Griechenland und in die ­arabischen Staaten

46

1958

Zürich

Biedermann und die Brandstifter wird am ­Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt (als ­Hörspiel bereits 1953 gesendet).

Georg-Büchner-Preis

47

1959

Scheidung

48

1960

Rom

Frisch lebt mit Ingeborg Bachmann ­zusammen (bis 1962).

49

1961

Zürich

Andorra wird am Zürcher Schauspielhaus ­uraufgeführt.

50

1962

Frisch lernt Marianne Oellers kennen.

51

1964

Der Roman Mein Name sei Gantenbein ­erscheint.

53

1965

Berzona

Frisch kehrt aus Rom in die Schweiz zurück.

54

1966

UdSSR

Reise in die UdSSR

55

1968

Biografie: Ein Spiel wird am Zürcher ­Schauspielhaus uraufgeführt.

Heirat mit Marianne Oellers;

57

UdSSR

zweite Reise in die UdSSR

1969

Japan

Reise nach Japan

59

1971

Wilhelm Tell für die Schule erscheint.

60

USA

Aufenthalt in den USA

1972

Tagebuch (1966–1971) erscheint.

61

1974

Dienstbüchlein erscheint.

63

USA

Erneuter Aufenthalt in den USA

1975

Die Erzählung Montauk erscheint.

64

1976

Friedenspreis des Deutschen Buchhandels;

65

China

Reise nach China;

Gesammelte Werke in zeitlicher Folge ­erscheinen.

1978

Triptychon. Drei szenische Bilder erscheinen.

67

1979

Die Erzählung Der Mensch erscheint im ­Holozän erscheint.

Scheidung von M. Oellers

68

1981

New York

Neben Berzona hat Frisch auch in New York einen Wohnsitz.

70

1982

Blaubart. Eine Erzählung erscheint.

71

1984

Zürich

Frisch lebt wieder in Zürich.

73

1987

Moskau

Reise nach Moskau

76

1989

Schweiz ohne Armee? Ein Palaver erscheint.

78

1990

Schweiz als Heimat? Versuche über 50 Jahre erscheint.

79

1991

Zürich

Frisch stirbt kurz vor seinem 80. Geburtstag am 4. April in seiner Wohnung.

79

2.2Zeitgeschichtlicher Hintergrund

ZUSAMMENFASSUNG

Der Zweite Weltkrieg ist bei Erscheinen des Romans seit zwölf Jahren beendet. An seine Stelle ist in den 1950er Jahren der „Kalte Krieg“ getreten, in Deutschland setzt die Phase des „Wirtschaftswunders“ und der „Restau­ration“ ein.

Der „amerikanische Traum” („the American Way of Life“) hält u. a. über Mode (Jeans), Konsumgüter (Camel-­Zigaretten) und Musik (Rock ‘n‘ Roll) Einzug in Deutschland.

Homo faber erscheint 1957 und weist zahlreiche Zeit­bezüge (Politik, Wirtschaft, gesellschaftliches Leben) auf.

Kalter Krieg und Wirtschaftswunder

Als Max Frischs Roman erscheint, sind erst zwölf Jahre seit dem Ende des Zweite Weltkrieges vergangen. Man hat sich gerade im Frieden eingerichtet und ist dabei, die Zeit des Nationalsozialismus zu vergessen bzw. zu verdrängen. Und schon stehen die Menschen wieder an der Schwelle zu einem nächsten, noch größeren und dann wahrscheinlich auch letzten Krieg, denn die einstige Anti-Hitler-Koalition ist längst zerfallen. Die USA und die Sowjetunion stehen sich im „Kalten Krieg“ als Führer von zwei militärischen und zugleich politischen und ideologischen Blöcken in Europa am „Eisernen Vorhang“ hochgerüstet gegenüber. Mitte der 1950er Jahre beläuft sich das Arsenal an Atomwaffen auf rund 50.000 Stück; die Menschheit ist längst in der Lage, sich selbst und alles Leben auf der Welt mehrfach auszulöschen. Die Blockade Berlins (1948/49), der Koreakrieg (1950–1953) und die Suez-Krise (1956) waren deutliche Zeichen der ­Blockkonfronta­tion, deren steinernes Symbol die Mauer in Berlin werden sollte (13. August 1961).

In Deutschland sind die Trümmer des Krieges nahezu weggeräumt, das sogenannte Wirtschaftswunder der „sozialen Marktwirtschaft“ hat eingesetzt, die Westintegration der Bundesrepu­blik ist abgeschlossen, denn die BRD ist mittlerweile Mitglied des Europarats und durch die Pariser Verträge (1954) auch Mitglied der Westeuropäischen Union und der NATO. Im Jahre 1957, dem Erscheinungsjahr von Homo faber, ist die Wiederbewaffnung beschlossen und die Bundeswehr bereits gegründet (1956). Politisch ist das Klima dieser „Restaurationsjahre“ durch die konservativen Regierungen aus CDU und CSU bestimmt, die 1957 unter Konrad Adenauer einen Wahlsieg erringen, bei dem sie 50,2 % aller Stimmen auf sich vereinigen können. Der zentrale Wahlslogan hieß (bezeichnenderweise): „Keine Experimente!“

Die Menschen in Deutschland sehen – trotz der weltpolitisch angespannten Lage – eher optimistisch in die Zukunft, wenn auch die atomare Bedrohung durchaus Ängste hervorruft. Die Einkommen lassen ersten bescheidenen Wohlstand zu, man sieht vermehrt Autos auf den Straßen (1953 hat der Bestand an PKW und Motorrädern in der BRD den von 1939 in Gesamtdeutschland bereits überschritten, bei Volkswagen laufen täglich rund 1500 „Käfer“ vom Fließband). Die ersten weiteren Reisen werden geplant. Ein Land vieler Träume ist die USA, das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, das in Deutschland nicht nur durch seine Soldaten, sondern auch durch seine Musik (Elvis Presley), seine Hollywoodfilme und seinen Lebensstil präsent ist.

Der Aufstieg des Autors Max Frisch

In diese Phase der politischen Restauration und des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland fällt Frischs Aufstieg als ­Autor. Mit seinem Roman Stiller hatte er den ersten wirklich großen Erfolg erzielt (1954), sein Homo faber (1957) mehrte seinen Ruhm, und die Verleihung des renommierten Georg-Büchner-Preises (1958) adelte ihn literarisch. Der Schweizer Autor schien den Deutschen ein gleichermaßen unabhängiger wie kritischer Geist zu sein, der gewillt war, seinen eigenen Weg zu verfolgen, und sich deshalb die Freiheit herausnehmen konnte, im Jahre 1948 am „Weltkongress der Intellektuellen für den Frieden“ in Polen teilzunehmen und nur drei Jahre später als Stipendiat der Rockefeller-Stiftung in die USA zu gehen.

Zeitbezüge

Frischs Roman greift auf vielfältige Weise Facetten jener Zeit auf. Über die Figur Hanna und die Beziehung Walter Fabers zu ihr holt er z. B. die nationalsozialistische Vergangenheit in den Text (Antisemitismus, Rassismus, siehe S. 49 f.) und zeigt am Umgang Fabers mit dieser Vergangenheit auch Strategien der Verdrängung. Die Auseinandersetzung mit der atomaren Aufrüstung wird ebenso im Text angesprochen (Verweis auf den Aufruf der „Göttinger Sieben“, siehe S. 181) wie das Fortbestehen von Vorurteilen und Aspekte der Mentalität des „Kalten Kriegs“ (siehe die Äußerungen Herbert Henckes über Wiederbewaffnung, Russen, Asiaten und Hitler, S. 9 f.). Es sind aber letztlich nicht jene Splitter der Zeitgeschichte, die über Erwähnungen oder Anspielungen und in Äußerungen der Figuren den Zeitbezug des Romans ausmachen, sondern die sich in der Figur Walter Fabers spiegelnden grundsätzlichen Merkmale der Dekade:

Eine Super-Constellation in New York 1954 © Dr. Alexander Mayer/Wikipedia

„In der Tat gibt sich Walter Faber (...) alle Mühe, dem Leser als einer jener Zeitgenossen zu erscheinen, die damals in der westlichen Wirtschaftswunderwelt in Funk, Fernsehen und Presse als Phänotyp der Stunde in Erscheinung traten: als kompetenter und potenter technischer Macher, der im Auftrag einer internationalen Organisation und im Besitz eines schier unerschöpflichen Spesenkontos von einem Job zum andern durch Länder und Kontinente hetzt, beherrscht, selbstsicher, bindungslos.“[2]

Der Bezug zu Zeit und Gesellschaft der 1950er Jahre wird im Protagonisten des Romans gebündelt: Technikgläubigkeit undTechnikskeptizismus werden über die Faber-Figur ebenso entfaltet wie das USA-Bild (Begeisterung für und Ablehnung des „American Way of Life“), die Auseinandersetzung zwischen den Geschlechtern und der Dualismus von Ratio und Gefühl. Diese miteinander verschränkten Themenbereiche machen den Roman bei seinem Erscheinen zu einem Roman der Zeitgeschichte und zugleich zeitlos und gegenwärtig.

2.3Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken

ZUSAMMENFASSUNG

­Als Homo faber 1957 erscheint, ist Max Frisch (1911–1991) bereits ein bekannter Autor. Einige Dramen Frischs sind schon auf die Bühne gekommen; als das bis dahin erfolgreichste kann wohl Biedermann und die Brand­stifter gelten. Sein berühmtestes Drama Andorra wird 1961 uraufgeführt. Doch auch als Romancier ist Frisch bereits erfolgreich (Stiller, 1954).