Hooka Adlerauge - Hans-Joachim Schemel - E-Book

Hooka Adlerauge E-Book

Hans-Joachim Schemel

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Beschreibung

Der junge Indianer Hooka Adlerauge bekommt von seinem Vater den Auftrag, dem Häuptling des Nachbarstammes eine Botschaft zu überbringen. So beginnt eine Geschichte voller Begegnungen und Abenteuer, die Hooka zusammen mit seiner Freundin Schwanenfeder, einem Adler und einem Büffelkalb erlebt. Ganz auf sich allein gestellt bestehen sie so manche Gefahr und lernen dabei, sich in der Wildnis zurecht zu finden.

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Für unsere Enkelkinder:

Albrecht, Benedikt, Georgia, Lioba, Lovis,

Lou, Lucia, Moritz, Nino und Sophia

Hans-Joachim Schemel

Landschafts- und Stadtplaner (Studium an der Technischen Universität München). Inhaber des Büros für Umweltforschung und Stadtentwicklung (www.umweltbuero-schemel.de), Forschungsprojekte und Gutachten zu den Bereichen Verkehr, Sport und Umwelt, Tourismus und Kommunikation, Kinder und Natur. Veröffentlichung von Büchern z.B. über Naturerfahrungsräume für Kinder in der Stadt.

Christiane Neuberger

Kunsterzieherin und Künstlerin (Kunststudium an der Universität München, Schwerpunkt Grafik, Museumspädagogik). Leitung einer Schultheatergruppe, Arbeit im Projekt „Kreativität im Alter“ (Kunstakademie und Volkshochschule), zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, private und öffentliche Ankäufe.

Inhaltsverzeichnis

Der junge Adler

Das Büffelkalb

Der Fluss

Schwanenfeder

Beim Reiten

Eine Schlange

Das Spiel

Auf dem Heimweg

Der Leitwolf

Die Büffeljagd

Die Jagdbeute

Die Spur

Das Bärenjunge

Brummi wird stark

Auf der Suche

Der schlaue Fuchs

Der Weg

Der junge Adler

Mitten in der Nacht wachte der junge Indianer Hooka auf. Er war zehn Jahre alt. Im Zelt war es ganz still. Seine fünf Jahre ältere Schwester schlief neben ihm ganz tief. Sie wurde „Helle Sonne“ genannt, weil ihre Augen hell wie die Sonne strahlten. Etwas weiter entfernt lagen Hookas Eltern auf einem großen Bärenfell. Auch sie schliefen fest. Der junge Indianer war aufgewacht, weil er ein Geräusch gehört hatte. Es war nun ganz still im Zelt. „Vielleicht habe ich nur geträumt“, dachte Hooka. Doch da vernahm er plötzlich wieder das Geräusch, das ihn geweckt hatte. Es hörte sich an, als ob jemand am Zelt kratzte. Was war das? Er hatte Angst. „Ich werde meine Schwester und meine Eltern wecken, dachte er.“ Aber dann überlegte er weiter: „Vielleicht ist es ja nichts Gefährliches, was ich da gehört habe. Ich will mal nachsehen, was das ist.“ Ganz langsam kroch er aus seinem Hirschfell hervor und schlich sehr leise an den Rand des Zeltes. Dort gab es ein Loch, durch das er nach draußen schaute. Aber er konnte nichts Außergewöhnliches erkennen. Deshalb schlich er an den Ausgang des Zeltes und schob die Plane beiseite. Und da plötzlich sah er etwas am Boden liegen, direkt am Rand des Zeltes: einen Vogel. Mit einem zuckenden Flügel berührte er das Zelt. Dadurch entstand das Kratzgeräusch.

Hooka war erleichtert. Vor einem Vogel hatte er keine Angst. Er ging zu ihm und nahm ihn in die Hand. Der Vogel schmiegte sich zitternd in die Hand des jungen Indianers. Hooka sah sich den Vogel genauer an. Er war so groß wie eine Amsel, aber sah ganz anders aus. Das Vogelherz schlug ängstlich. Hooka ging leise zu seiner Schwester. „Wach auf!“ flüsterte er. „Ich habe eine Überraschung.“ Als sich Helle Sonne die Augen gerieben hatte sah sie, was Hooka in der Hand hielt. „Wo hast Du den jungen Adler gefangen?“ fragte sie. Nun war es Hooka, der überrascht war. Ein Adler!!! Damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte manchmal einen großen Vogel hoch am Himmel schweben gesehen und sein Vater hatte ihm gesagt: „Das ist ein Adler – der König der Lüfte!“ Allen Indianern war es streng verboten, mit Pfeilen auf dieses großartige Tier zu schießen. In einiger Entfernung vom Dorf befand sich auf einem steilen Felsen das Nest der Adlerfamilie. Dieses Nest war unerreichbar. Noch nie hatte jemand dort hineinschauen können. Helle Sonne sagte: „Der junge Adler ist sicherlich bei seinen ersten Flugversuchen bei uns abgestürzt.“

Inzwischen waren auch die Eltern von Hooka aufgewacht und aus dem Zelt getreten. Als sie in Hookas Hand den Vogel sahen, waren sie sehr erstaunt. Sie erkannten sofort, dass es ein junger Steinadler war. So etwas hatten sie bisher nur auf einer Zeichnung gesehen – aber noch nie in echt. Hooka fragte: „Darf ich den Vogel behalten?“ Der Vater antwortete: „Ja, du darfst ihn behalten, aber nur wenn du versprichst, dass du ihn jeden Tag fütterst. Frage unseren Medizinmann Spitzes Büffelhorn, was so ein junger Adler frisst.“ Harke versprach es. Er freute sich sehr darüber, dass der junge Adler nun ganz allein ihm gehörte. Er wollte ihn großziehen. Er war glücklich.

Gleich nach dem Frühstück machte er sich mit seinem Vogel-Schützling auf den Weg zum Medizinmann. Der wohnte am Rand des Indianerdorfs. Der Eingang des Zeltes war mit Büffelhörnern geschmückt. Dem jungen Indianer wurde ganz bange. Er hatte den alten Medizinmann schon manchmal gesehen. Hooka erinnerte sich daran, wie der Medizinmann in einer Runde mit den alten Männern und Frauen des Indianerstammes gesessen und mit ihnen eine Friedenspfeife geraucht hatte. Die Alten hatten darüber beraten, ob der Stamm mit allen Zelten weiterziehen oder noch ein Jahr in dem Tal bleiben sollten, das sie das Tal des flüsternden Baches nannten. Als Hooka nun vor dem Zelt des Medizinmanns stand, dachte er ängstlich: „Kennt mich der Medizinmann überhaupt? Und wird er mir auf meine Fragen antworten? Ich hätte doch lieber meine Schwester mitnehmen sollen.“ Aber nun gab es kein Zurück.

Er klopfte an die Plane des Eingangs. Aber niemand rührte sich. Da nahm er einen Ast, der dort lag, und schlug mit ihm gegen ein Büffelhorn. Das ergab einen lauten Ton. „Wer ist da?“ tönte es aus dem Zelt. Der Indianerjunge rief mit fester Stimme: „Ich bin es, mein Name ist Hooka!“ Aus dem Zelt hörte er den Medizinmann sprechen: „Komm nur herein, mein Junge. Ich kenne Dich. Du bist der Sohn unseres Häuptlings Große Schlange.

Als Hooka in das dunkle Zelt trat, konnte er kaum etwas sehen. Erst als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er den Medizinmann. Der saß regungslos auf einem kleinen Stapel aus Fellen. Hooka wusste, dass man den Medizinmann nicht einfach so ansprechen durfte. Er wartete, bis der Medizinmann seine Worte an ihn richtete. „Sei willkommen, Sohn von Große Schlange. Was führt dich zu mir?“ sagte der alte Medizinmann mit sanfter Stimme. Hooka verlor seine Angst bei diesem freundlichen Mann. „Ich habe einen jungen Adler gefunden“, sagte er und zeigte den Vogel. „Ich möchte dich fragen, was ein junger Adler frisst. Ich möchte ihn großziehen.“ Eine Weile war es ganz still im Zelt. Dann antwortete der alte Mann in ruhigen Worten: „Du tust recht, dass Du mich fragst. Denn ein junger Adler braucht gute Nahrung, um nicht krank zu werden. Steinadler fressen Mäuse, Murmeltiere, Katzen, Hasen und Hühner. Sie erbeuten aber auch größere Tiere wie etwa junge Rehe, Gämsen oder Füchse. Ein junger Adler wird von seinen Eltern vor allem mit Mäusen und Küken gefüttert, aber auch mit kleinen Fleischbrocken von erlegten größeren Tieren.“ Nach diesen Worten machte er eine kleine Pause. Und dann sagte er: „Möge der junge Adler von dir zu einem großen Adler erzogen werden. Hooka, du erhältst von mir den Namen Adlerauge, weil deine Augen den verunglückten Adler zuerst entdeckt haben. Alle Indianer des Stammes sollen dich Adlerauge nennen. Und nun gehe zurück zu deinem Vater, dem Häuptling Große Schlange, und richte ihm Grüße von mir aus. Wenn du den kleinen Vogel gut pflegst, wird dein Vater stolz auf dich sein.“

Hooka verließ das Zelt des Medizinmannes mit freudig klopfendem Herzen. Draußen wartete auf ihn seine Schwester Helle Sonne. Zusammen mit ihr ging er in das Zelt seiner Eltern und erzählte, was er erlebt hatte.

Seine Freunde staunten über den kleinen Adler, als sie ihn sahen. Helle Sonne half Hooka, dem Adler ein Vogelhaus zu bauen. Und zusammen mit seiner Schwester und seinen Freunden ging Hooka auf die Suche nach Futter für den jungen Adler. Dieser sperrte schon hungrig den Schnabel auf. Das erste Futter, das Hooka ihm gab, waren fünf Mäuse. Sie waren in Fallen gefangen worden.

Alle Kinder des Dorfes halfen Adlerauge dabei, regelmäßig die Nahrung für den Vogel zu besorgen. Mit Pfeil und Bogen erlegten sie Hasen, Füchse und andere Beutetiere. Damit machten sie jeden Tag den hungrigen Vogel satt. Hooka wurde der beste Freund des jungen Adlers. Der ganze Indianerstamm freute sich über den Vogel, der langsam größer wurde. Nach drei Monaten konnte er fliegen. Im Alter von einem Jahr war er ein erwachsener Adler. Mit seinen großen Schwingen kreiste er über dem Dorf. Nun ging er ohne seinen Freund Hooka auf die Jagd nach Beute. Aber sein Zuhause war weiterhin bei Adlerauge. Er wohnte jetzt nicht mehr im Vogelhaus. Auf einem hohen Baum zwischen den Zelten des Indianerstamms hat er sich ein Nest gebaut. Der Adler war immer dabei, wenn sein Freund Adlerauge und die anderen Indianerkinder am Bach, im wilden Wald oder auf einer Lichtung spielten.

Das Büffelkalb

Hooka Adlerauge wachte im Wigwam seiner Familie auf. Er hatte gerade schön geträumt, als er von einem Stimmengewirr aus dem Traum gerissen wurde. Er blickte zum Lager seiner Schwester und zum Lager der Eltern, aber sie waren nicht da. Adlerauge sprang auf und eilte zum Zeltausgang. Dort sah er viele Dorfbewohner, die mit besorgten Gesichtern aufgeregt durcheinanderredeten. Hooka entdeckte seine Schwester Helle Sonne in der Menge und fragte sie: was ist passiert? Worüber regen sich die Leute so auf? Helle Sonne nahm Adlerauge zur Seite und sprach: „Heute früh ist unser Nachbar, Schlauer Fuchs, zur Pferdekoppel gegangen. Dabei hat er entdeckt, dass eines der Pferde unseres Stammes fehlte. Deshalb hat er Alarm geschlagen. Manche im Dorf vermuten, dass ein Indianer aus dem Nachbarstamm das Pferd gestohlen hat.“ Auch Adlerauge wurde nun zornig. „Dieser blöde Dieb!“, dachte er. Hooka wusste, dass sein Stamm jedes Pferd dringend brauchte, zum Beispiel für die Büffeljagd.

Inmitten der Menge sah Hooka seinen Vater. Häuptling Große Schlange ergriff soeben das Wort. Mit ruhiger und strenger Stimme, die das Stimmengewirr zum Schweigen brachte, sagte er: „Es gibt einen guten Grund, warum wir zornig sind. Aber wir wollen ohne Aufregung beraten, was nun zu tun ist. Ich rufe den Rat der Ältesten zusammen. Kommt in meinen Wigwam, dort werden wir in Ruhe überlegen, wie wir das Problem lösen.“ Mit diesen Worten ging er langsam und würdig in sein Zelt – und die Alten des Dorfes folgten ihm.

In Gedanken versunken ging Adlerauge aus dem Dorf hinaus und rief seinen Freund den Adler. Der setzte sich auf seine Schulter und Hooka erzählte ihm, warum die Leute seines Stammes so unruhig sind. Er würde gern wissen, warum das Pferd nicht mehr in der Koppel war, ob es gestohlen wurde und wer der Dieb war. Nach einer Stunde trennten sich die Freunde wieder und Hooka ging zu seinem Wigwam. Als er dort ankam, stand seine Mutter Goldener Mond vor dem Eingang und flüsterte ihm zu: „Wir dürfen jetzt nicht das Zelt betreten. Sonst stören wir den Ältestenrat bei seiner Besprechung. Die weisen Männer und Frauen wollen unter sich sein.“ In diesem Augenblick hörte Adlerauge die Stimme seines Vaters Große Schlange durch die Zeltwand: „Meine Freunde, wir haben nun gründlich beraten, was wir tun wollen. Wir werden uns mit unserem Nachbarstamm in Verbindung setzen, um zu erfahren, ob sie etwas von einem Pferdedieb wissen. Ich werde meinen Sohn mit einer Botschaft an den Häuptling dieses Stammes schicken. Hau! Ich habe gesprochen!“ Die alten und weisen Männer und Frauen saßen noch eine Weile beisammen und rauchten eine Friedenspfeife. Dann verließen sie den Wigwam des Häuptlings.

Als Hooka ins Zelt trat, kam sein Vater Große Schlange auf ihn zu und sagte mit ruhiger Stimme: „Mein Sohn, ich glaube du hast draußen vor dem Zelt schon gehört, worum ich dich bitten möchte. Traust du dir zu, die Botschaft zu überbringen? Oder wäre es dir lieber, wenn dich deine Schwester Helle Sonne auf dem Weg begleitet? Hooka Adlerauge war stolz, dass ihm eine so wichtige Aufgabe übertragen werden sollte. Aber er hatte auch etwas Angst. Er dachte bei sich: „Und wenn ich mich verlaufe? Und was mache ich, wenn mir ein wildes großes Tier begegnet, zum Beispiel ein Puma oder ein Bär?“ Aber er verwarf diese Gedanken und sprach: „Ja, mein Vater und Häuptling, ich werde es gern allein tun. Mich wird mein Freund der Adler begleiten.“ Sofort nach dem Abendessen ging er zu Bett, um genug Kraft für den nächsten Tag zu sammeln. Aber er konnte lange nicht einschlafen. Er sah dem bevorstehenden Abenteuer etwas bange entgegen.

Noch vor Sonnenaufgang verließ Hooka Adlerauge am nächsten Morgen sein Dorf und verschwand im Urwald. Er hatte sich seinen Bogen gegriffen und einen Köcher voller Pfeile umgehängt. Im Gürtel steckte sein Tomahawk. In seiner Brusttasche trug er den Brief, den er dem Häuptling des Nachbarstammes übergeben sollte. Und über ihm