IGNATIUS VON MANRESA - Kai-Uwe Wegner - E-Book

IGNATIUS VON MANRESA E-Book

Kai-Uwe Wegner

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Beschreibung

Dieses Buch ist ein Bekenntnis des Verfassers zu seinen eigenen Werten. Es ist ein Versuch, einer erkrankten Gesellschaft neue Werte an die Hand zu geben. Es ist eine Verherrlichung der Mutter Erde, die in unseren Tagen ausgebeutet und zerstört wird. Und vor allem ist es ein Bestreben, dem Menschen ein neues Ziel zu geben.

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Kai-Uwe Wegner

IGNATIUS

VON

MANRESA

Kai-Uwe Wegner

IGNATIUS

VON

MANRESA

©2021 Kai-Uwe Wegner

Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 42,

22359 Hamburg

978-3-347-06206-1 (Paperback)

978-3-347-06207-8 (Hardcover)

978-3-347-06208-5 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Vorwort

Der Mensch des Abendlandes ist krank. Woran ist er erkrankt? Er hat sein Ziel, sein Wohin, seinen Lebenssinn verloren und wird von unheilvollen Kräften hin- und hergerissen. Seit nunmehr über einem Jahrhundert kämpfen diese Kräfte um die Herrschaft nicht nur in der abendländischen, sondern in der gesamten Welt und haben dabei den Menschen an den Rand seiner Vernichtung gebracht. Faschismus, Kommunismus und Kapitalismus nennen sich diese Kräfte und sie haben sich allesamt als unzulänglich erwiesen. Und so stehen wir heute vor einem großen Abgrund, in den nicht nur das Abendland, sondern die gesamte Menschheit zu stürzen droht. Nichts wird diesen Sturz in die Tiefe, diesen Sturz in die Vernichtung, verhindern können, wenn nicht der Mensch selbst diese Krankheit überwindet. Doch wie kann er sie überwinden? Indem er sich selbst endlich wieder als Teil der Natur begreift und seinen Platz innerhalb dieser findet. Indem er den Nihilismus überwindet und wieder zu seinem Glauben findet, der allein das Fundament seines Handelns sein kann. Indem er seinen übermächtig gewordenen Verstand zugunsten einer auf Jesu Botschaft gegründeten Vernunft zurückstellt. Indem er neue Eliten ins Leben ruft, die einen gesunden Machtwillen, Glauben und Verantwortungsbewusstsein in sich vereinen. Dieses Buch ist ein Bekenntnis des Verfassers zu den Werten Jesu. Es ist der Versuch einer neuen Deutung seiner ewig Geltung besitzenden Botschaft. Es ist kein Buch für die Vielen. Es ist ein Buch für die Wenigen. Möge es ein Buch für Glaubenssuchende sein, denen es danach verlangt, die Herrschaft des Geldes zu brechen und ihr Leben in den Dienst des Herrn zu stellen. Möge es ein Buch für diejenigen sein, die die Liebe zum Menschen und der Ekel vor dem Konsumsklaven zu seiner Überwindung drängt. Möge es ein Buch für die Wenigen sein, deren Geist nicht umhin kann, die Verirrung des Wohlstandsmenschen zu erkennen, und die deshalb den Willen in sich verspüren, der Natur und ihrem Schöpfer zu ihrem Recht zu verhelfen.

Bielefeld im Mai 2021

IGNATIUS

VON

MANRESA

 

„Ich bin ganz nach ihnen“, sagt ich. „Das große Wort, das εν διαφερον εαυτω des Heraklit, das konnte nur ein Grieche finden, denn es ist das Wesen der Schönheit, und ehe das gefunden war, gab`s keine Philosophie. Nun konnte man bestimmen, das Ganze war da. Die Blume war gereift; man konnte nun zergliedern. Der Moment der Schönheit war nun kund geworden unter den Menschen, war da im Leben und Geiste, das Unendlicheinige war. Man konnt es aus einander setzen, zerteilen im Geiste, konnte das Geteilte neu zusammendenken, konnte so das Wesen des Höchsten und Besten mehr und mehr erkennen und das Erkannte zum Gesetze geben in des Geistes mannigfaltigen Gebieten.“

Friedrich Hölderlin „Hyperion“

Jesus sprach: Wenn sie zu euch sagen: „Woher kommt ihr?“, dann sagt zu ihnen: „Wir kommen aus dem Licht, daher, wo das Licht aus sich selbst heraus geboren ist. Es hat sich erzeugt und es hat sich in ihrem Bild offenbart.“ Wenn sie zu euch sagen: „Wer seid ihr?“, dann sagt: „Wir sind seine Söhne und wir sind die Auserwählten des lebendigen Vaters.“ Wenn sie euch fragen: „Welches ist das Zeichen eures Vaters in euch?“, sagt zu ihnen: „Es ist Bewegung und Ruhe.“

Thomas-Evangelium (Fragment 50)

Traum und Sinnreise des Ignatius

*

Ignatius von Manresa lebte ein Leben in Dunkelheit und Unwissenheit, doch als er in seinem vierzigsten Lebensjahre stand, erkrankte er schwer und lag viele Wochen zwischen Leben und Tod. So weit ging die Erkrankung, dass er für einige Stunden gar für tot angesehen worden ist. Schließlich überwand er seine Krankheit und kam wieder zu Kräften. Doch in ihm hatte sich ein Wandel vollzogen. Er fand keine Freude mehr, weder an seinen Kindern noch an seiner Frau oder an jedweder Tätigkeit. Nachdem er einige Jahre so zugebracht, beschloss er, seine Heimat zu verlassen, um in den Bergen sowohl Lebensfreude als auch sich selbst wiederzufinden. So verließ er seine Familie und lebte viele Jahre allein in den Bergen, sich von Beeren, Pilzen und Wildfleisch ernährend. An einem sonnigen Tage begab er sich mit einem schon seit vielen Monden seinen Geist quälen-den Zweifel auf die Erhöhung eines Berges und setzte sich in den Schatten seines ihm liebsten Baumes. Da kam in ihm plötzlich die Frage auf: „Gott? Was ist das?“ Und sein Gewissen antwortete ihm: „Das ist dein Schöpfer, der dich geschaffen hat.“ Da sprach sein Zweifel: „Wie könnte ich geschaffen sein? Wie sollte ich eines Schöpfers Werk sein, der ich doch unsterblich bin? Und ist nicht alles Leben ebenso wie ich unsterblich und eines Ursprungs?“ Und so verließ er den Baum und stieg erhobenen Herzens die Erhöhung des Berges hinab, den neugeborenen Gedanken tief in seinem Geiste tragend.

*

Als Ignatius viele Jahre in den Bergen gelebt hatte, trug es sich zu, dass er eines Nachts keinen Schlaf finden konnte. Und nachdem er viele Stunden wach gelegen hatte, verließ er sein Schlaflager und begab sich in den Garten, den er zu seiner Freude angelegt hatte. Dort setzte er sich neben einen wohlriechenden Apfelbaum, lehnte sich mit seinem Rücken an seinen Stamm und betrachtete den Sternenhimmel. Sein Blick verlief sich in die Tiefe des Raumes und plötzlich überkam ihn der Schlaf. Tief in das Unbewusste fiel sein Geist und er betrat Wege, die er noch niemals gegangen war. Und als er erwachte, war ihm, als hätte er eine Reise vollendet, die ihm Ziel und Sinn seines Daseins offenbart. Ja, nicht nur allein das, sondern ebenso den Ursprung des Lebens und des Raumes. Sogleich ging er in seine Höhle, zündete eine Kerze an und schrieb, als flösse es ihm aus seinem Herzen und nicht aus seinem Kopfe:

*

„Wenn der Mensch seinen Gedanken nachgeht, wenn er träumt, wenn er eine Melodie erfindet oder sich erinnert, dann schaut er in sich hinein und schöpft aus dem Unendlichen. Egal, wie oft er dies tut, er wird niemals sagen können: „Jetzt habe ich dort alles vorgefunden. Mehr gibt es nicht zu entdecken." Es wird dort immer etwas Neues zu entdecken geben, denn die Wege sind dort unendlich. Wenn jemand im Geiste sein ganzes Leben einen Weg ginge, so könnte er ihn dennoch nie beenden. In der physischen Welt enden alle Wege irgendwann einmal, in der geistigen niemals. Dies steht in einem sonderbaren Gegensatz zur Endlichkeit der physischen Welt und ließ daher verständlicherweise im Menschen den Verdacht aufkommen, dieser Geist könne auch nach dem Tode seines Körpers weiterhin bestehen. Zumal das Merkvermögen dieses Geistes so gewaltig ist, dass er in ihr die gesamte physische Welt, also das gesamte Universum, kopieren könnte und dennoch genügend Raum vorhanden wäre, um ein weiteres Universum in sich aufzunehmen; sein Denkvermögen so hoch entwickelt ist, dass er die komplexesten Strukturen entschlüsseln und begreifen kann und jedem Geschöpf auf dieser Erde weitaus überlegen ist; sein Schaffensvermögen so unerschöpflich ist, dass die von ihm hervorgebrachten Melodien, Gedankengebäude, Poesien, Einfälle, Erfindungen oder Träumereien niemals ein Ende finden werden. Angesichts dieser herausragenden Qualität des Geistes, die in der uns bekannten Welt nicht ihresgleichen hat, ist es nicht verwunderlich, dass der Mensch seinen wahren Ursprung außerhalb der Erde vermutete.

*

Wenn der Mensch sich selbst verlässt und seine Sinne der physischen Welt zuwendet, wird er eines großen Kontrastes gewahr: des Kontrastes von toter gegenüber lebendiger Materie. Tote Materie kann sich aus sich heraus nicht bewegen, doch lebendige Materie hat in sich die Fähigkeit, sich zu bewegen oder gar zu verändern. Ein Baum wächst. Ein Tier läuft, schwimmt, kriecht oder fliegt. Das Gras sprießt aus dem Boden hervor und eine Blume blüht. Der Mensch sieht dieses Leben und eine Frage kommt in ihn auf: „Was ist Leben?" So schön auch die Formen des Lebens sind -ihm ist klar, dass er durch die alleinige Wahrnehmung der Lebensformen mit den Sinnen das Leben nicht begreifen wird, denn das Leben wirkt von innen heraus. Was immer Leben auch sein mag, es ist etwas, das von innen heraus Materie zur Entfaltung bringt. Es muss aber auch eine Art von Energie sein, denn es gibt keine Bewegung ohne Energie. Es scheint also eine Art von Energie zu sein, die im Raume befindlich zur Entfaltung gekommen ist und die weder extrahierbar noch messbar ist. Sie ist bestimmter Materie eingegeben und niemand vermag zu sagen, woher sie kommt und weshalb sie auf dieser Erde vorhanden ist.

*

Bei der Betrachtung der Sinnenwelt und ihres ewigen Wandels entgeht dem Beobachter nicht, dass trotz dieser unaufhörlichen Veränderung diese an eine bestimmte Ordnung und Gesetze gebunden ist. So muss unweigerlich in ihm die Frage aufkommen: „Wer oder was hat die Materie im Raume den Naturgesetzen unterworfen?" d.h. „Wer oder was bindet die Materie an diese Gesetze, und wie kam es zu einer solchen Bindung?" Bei der Entstehung des Raumes müssen diese Naturgesetze bereits gewirkt haben, d.h. ihre Richtung und Ordnung muss der Materie bereits immanent gewesen sein, denn sie hat gewissermaßen Ewigkeitscharakter. Es ist völlig gleichgültig, ob Materie zerstört wird oder neu entsteht, sie ist dabei stets den Naturgesetzen unterworfen. Durch diese Gesetze beugt sich die Materie gewissermaßen einem Willen, der bereits vorhanden gewesen sein muss, bevor es überhaupt Materie gab. Diesen Willen schrieb man einem Gott oder Göttern zu. Doch welche Indizien gibt es für einen Gott oder für Götter? Habe ich jemals einen gesehen oder sprach ich jemals mit jemandem, der glaubhaft einen solchen sprach oder sah? Alles, was ich jemals über Gott oder Götter gehört oder gelesen habe, hat in mir den Verdacht hervorgerufen, dass sie vielmehr für etwas stehen, was man nicht anders zu bezeichnen wusste. Niemand und nichts konnte mich bisher davon überzeugen, dass jemals ein Gott mit verständlicher Stimme zu einem Menschen sprach und ihm seinen Willen mitteilte.

*

Auf diesen drei Ebenen begegnet also der Mensch etwas Heiligem, wodurch in ihm drei elementare Fragen aufkommen:

1. Was ist Geist?

2. Was ist Leben?

3. Wer oder was hat den Raum mit seiner Ordnung geschaffen?

Diese drei Fragen möchte ich die Urfragen nennen, denn sie beschäftigen den Menschen, seitdem er auf der Erde wandelt. Eine Volksgemeinschaft, die auf diese Urfragen keine Antwort geben kann, hat keine Zukunft. Dies führen mir vor allem die Unzulänglichkeiten der materialistischen Gesellschaftsordnungen vor Augen. Wer immer eine Volksgemeinschaft mit Lebensdauer geschaffen hat, tat dies auf dem Fundament der Beantwortung dieser drei Fragen.

Die drei Urfragen

*

Was ist Geist?

Was weiß der Mensch von der Welt des Geistes? Die Welt der Sinne kennt er. Er hat sie abgetastet, ausgemessen und erforscht. In jeden Winkel ist er gekrochen und er spricht heute stolz: „Diese Welt kenne ich“. Doch was weiß er von der Welt des Geistes. Sie ist unendlich größer, unzugänglicher und nicht ausmessbar, doch sie ist ebenso real wie die Welt der Sinne. Ich betrete sie und bewege mich mühelos in ihr. Alles, was ich jemals in der Welt der Sinne gefunden habe, finde ich in ihr wieder. Alles, was mir jemals durch den Kopf gegangen ist, finde ich dort wieder. Alles, wozu die Kraft meines Geistes mich befähigt, kann ich dort neu erschaffen. Es ist eine Welt, die es ohne die andere -die äußere Welt- nicht gäbe. Aber gäbe es auch die äußere ohne die innere Welt? Welche der beiden war zuerst da? Die äußere kann die innere nicht hervorrufen, denn sie ist nur Materie. Und auch die innere kann die äußere nicht hervorbringen, denn sie ist nur Geist. Und dennoch sind beide miteinander verbunden und verändern sich gegenseitig. Es gibt keine Veränderung in der einen, ohne eine Veränderung in der anderen hervorzurufen. Nichts aus der äußeren Welt wird der Mensch begreifen, ohne gleichzeitig die innere Welt neu zu gestalten. Die äußere Welt kennt kein Begreifen, sie funktioniert einfach so, wie es ihr eingegeben worden ist. Die äußere Welt ist für alle Menschen gleich, doch die innere ist jedem anders gegeben. Alles, was lebt, besitzt eine innere Welt, doch wie unendlich verschieden sind diese inneren Welten. Je gewaltiger, tiefgehender und höhenreicher die innere Welt eines Lebewesens ist, desto vielfältiger sind auch ihre Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die äußere Welt. Wir haben die äußere Welt, die uns unendlich und unermesslich erschien, erkundet und mit Grenzsteinen versehen. Doch was wissen wir über die innere Welt, die uns all das, was wir über die äußere Welt gelernt haben, wieder vergessen machen kann? Der Reichtum einer einzigen inneren Welt reicht aus, um Millionen Wahrnehmungen der äußeren Welt grundlegend zu verändern. Und doch wissen wir über diese Welt so gut wie nichts und erkunden weiter die äußere Welt, weil eben diese Welt einfacher zu begehen ist und aus ihrer Erforschung scheinbar größere Vorteile zu ziehen sind.

*

Sonderbar und unergründlich ist doch der Geist. Es gibt Tage, an denen erwache ich und ein Gedankenreichtum ohne Grenzen steht mir zur Verfügung. Es ist, als ob ich in einem Garten inmitten der süßesten und vollsten Früchte stünde. Ich brauche nur meinen Arm zu erheben und sie zu pflücken. So setze ich mich an meinen Tisch und die Gedanken sprudeln nur so hervor, so dass meine Hand kaum hinterher kommt. Dann gibt es Tage, an denen mir nichts einfällt und der Garten ohne eine einzige Frucht vor meinen Augen steht. Und ich denke mir dann: „Er wird wohl nie wieder Früchte hervorbringen. Er liegt für immer brach.“ Und doch wird eine reiche Ernte diese Dürrezeit wieder vergessen machen. Was macht den Geist fruchtbar und lebendig und was macht ihn träge und unfruchtbar? Wer gibt ihm die Gedanken ein, dass sie aus ihm hervorsprudeln? Wird der Mensch dies jemals ergründen?

*

Wenn ich meinen Blick von der Erde ab- und der scheinbar unendlichen Lebensfeindlichkeit des Raumes zuwende, drängt sich mir oft der Gedanke auf, dass all das -der gesamte Raumgeschaffen worden ist, damit dieses Leben hervorgebracht werden kann. Und was läge näher? Ein Planet innerhalb eines Sonnensystems, der sich um eine Sonne dreht, die alles Leben auf ihm tötete, wenn er ihr zu nahe käme, und der kein Leben hervorgebracht hätte, wenn er sich zu weit von ihr entfernt hätte. Alle Bedingungen innerhalb dieses Sonnensystems sind genau so, dass Leben auf der Erde entstehen musste. Weder kann dies in einem Raume, in dem Naturgesetze gelten, ein Zufall sein, noch kann dieses Leben innerhalb eines lebensfeindlichen Raumes als ein Zufallsprodukt, das durch das Zusammentreffen günstiger Gegebenheiten entstanden ist, bezeichnet werden. Spricht nicht vieles dafür, dass dieses Leben hervorgebracht werden sollte und dass dieses Sonnensystem innerhalb des Raumes dafür geschaffen worden ist, um auf diesem Planeten das Leben entstehen zu lassen? Gäbe es auf der Erde einfach nur Leben ohne Geist, der dieses Leben und den Raum begreifen kann, könnte man womöglich von einem Zufall sprechen. Es gibt jedoch diesen Geist, der die Naturgesetze begreift, den Raum erkennt und sich außerhalb des Körpers bewegen kann. Das Vorhandensein dieses Geistes ändert alles. Denn der Mensch als der bedeutendste Träger dieses Geistes kann nicht umhin, die ordnende Kraft seines Geistes in der Natur und im Raume wiederzufinden, ja, diese als verwandt zu empfinden. Der Geist des Menschen und der Geist des Schöpfers des Raumes und der Erde haben für ihn den selben Ursprung. Dennoch nannte er diesen Schöpfer Gott oder Götter, empfand sich als niederen Abkömmling dieses Göttlichen und ordnete sich ihm unter. Doch sein Geist, der in ihm wirkt, scheint derselbe zu sein, der im Schöpfer des Raumes wirkt und seine Schaffenskraft als Träger dieses Geistes scheint dieselbe zu sein, die den Raum erschaffen hat. Der einzige Unterschied scheint mir zu sein, dass im Menschen dieser Geist innerhalb seines Leibes wirkt, wohingegen der Geist ohne Leib im gesamten Raume und im Unendlichen wirkt. Solange der Geist an den Körper des Menschen gebunden ist, befindet er sich innerhalb der Materie. Wenn er nach dem Tode des Körpers diesen verlässt, wird er eins mit dem Geiste außerhalb der Materie. Das Leben des Menschen auf der Erde ist ein Durchdringen der Materie durch eine unendliche Kraft. Solange sich also der Geist innerhalb der Materie befindet, ist er von dem Geiste außerhalb der Materie und dessen Bewusstsein getrennt. Deshalb ist er sich weder bewusst, wie er in seinen Körper gelangte noch, wohin er gehen wird, wenn er ihn verlässt. Erst durch die Ordnung innerhalb der Natur und des Raumes erkennt er das Wirken des großen Geistes. Ihm wird bewusst, dass die Kraft, die diesen Raum mit all ihren Wundern geschaffen hat, auch in ihm wirkt. Er wird dies niemals kausal beweisen können -denn kausal beweisen kann der Geist, solange er mit Materie verbunden ist, nur Gesetze, die innerhalb der Materie wirken- aber er spürt in seinem Geiste, dass er sich dieser Wahrheit nicht entziehen kann. Beweise bedarf es nur innerhalb der materiellen Welt, in der der Geist, vom großen Geist getrennt, die Welt des Raumes begreifen lernen muss. Verbunden mit dem großen Geist außer-halb der Materie bedarf es keiner Beweise, denn diesem großen Geist ist alles Wissen und alle Wahrheit offenbar. Er ist wie eine Sonne in einer Ewigkeit, deren Strahlen die vergeistigte und in der Materie wirkende Urkraft ist.

*

Allem, was sich im Raume befindet, liegt eine höhere Ordnung zugrunde: der Aufbau der Atome, die Bewegung des Blutes im Herz -Kreislaufsystem, das ökologische Gleichgewicht auf der Erde oder die Bewegung der Planeten um die Sonne. Nichts im Raume geschieht zufällig, sondern es gehorcht einer ordnenden Kraft. Bei der Entstehung dieses Raumes muss also diese ordnende Kraft der Materie immanent gewesen sein. Da es keine Bewegung im Raume gibt ohne eine solche ordnende Kraft, muss sie also bereits vor der Entstehung des Raumes vorhanden gewesen sein. Wir nennen diese ordnende Kraft: Naturgesetze. Naturgesetze sind Vernunftgesetze. Dies bedeutet, sie sind der Wille einer höheren übergeordneten Vernunft. Dieser Wille möchte den Raum genau so, wie er sich darstellt. Warum will er ihn genau so? Es ist sicherlich nicht völlig abwegig, dass dabei unserer Erde -einer Enklave des Lebens mitten im unendlichen Tod- eine besondere Rolle zukommen sollte. Auch wenn unser Sonnensystem innerhalb des Raumes verschwindend klein ist und wir nicht wissen, wie viele andere Orte es in diesem Raum gibt, auf denen es Leben gibt, so stellt sie dennoch etwas Außergewöhnliches dar. Was macht unsere Erde zu solch einem besonderen Ort? Es ist nicht allein ihre Schönheit mitten im Dunkel des Raumes oder ihre Vielfalt der Arten mitten in der Eintönigkeit des Raumes oder ihre Lebendigkeit der Formenwelt mitten in der Todesstille des Raumes. Nein, es ist vor allem das Vorhandensein von Geschöpfen, die ein Bewusstsein und ein Begreifen-Wollen der ordnenden Kraft im Raume in sich tragen. Es ist die

Existenz von Geschöpfen mit Geist, den kein anderes uns bekanntes Geschöpf besitzt. Und dieser Geist ist an das Leben gebunden, er ist ohne dieses Leben nicht vorstellbar. Dieser Geist macht die Erde zu einem außergewöhnlichen Ort. Erst dieser Geist begreift ihre besondere Stellung innerhalb des Raumes. Erst dieser Geist erkennt Naturgesetze und die Ordnung innerhalb des Raumes. Ohne diesen Geist wäre das Leben auf der Erde sicherlich ebenso schön und einmalig, doch wer verstünde es? Was ist überhaupt diese Schönheit ohne einen Geist, der sie begreift? Denn erst durch den Geist gibt es sie überhaupt, d.h. ist sie bewusst. Leben als Träger des Geistes stellt innerhalb des uns bekannten Raumes den unbestrittenen Höhepunkt dar.

*

Eine rein materialistische Genesis der Erde wird man wohl niemals wissenschaftlich widerlegen können, doch wie sehr widerspricht sie der Wahrscheinlichkeit. Mitten im scheinbar unendlichen Raum des Todes eine von Leben bedeckte Erdkugel, die sich, in einer festen Ordnung befindlich, um eine Sonne dreht, die all das Leben auf ihr hervorbringt. Die Erde selbst ist ein Planet, der seiner ihm eingegebenen Ordnung und Gesetzen gehorcht, die nicht aufgehoben werden könnten, ohne ihn zu zerstören. Und auf ihr leben Geschöpfe, die nicht nur die Ordnung dieser Erde begreifen, sondern auch ihre Entstehung erklären und diese beweisen können. Doch das Instrument, das dies vermag, ist keine Materie, sondern Geist. Mittels ihres Geistes erkennen sie die Welt und ihre Rolle in ihr. Mittels ihres Geistes entschlüsseln sie die Struktur der Materie und ihre Entstehungsgeschichte. Es ist dieser Geist, der sie dazu befähigt, und er kennt weder Grenzen noch Tod. Er wirkt im Menschen, ob er wach ist oder schläft. Seine Existenz macht den Menschen zum Herrscher der Erde. Durch ihn löst er sich von der Materie und betrachtet seinen Leib und alles Sein von einem höheren Standpunkt aus. Wenn ein solcher Geist -der nichts anderes als ein ordnendes Vermögen istauch in allem, was ihn umgibt, eine ihm verwandte Ordnung erkennt, und alles, was im unendlichen Raum vorhanden ist, diese Ordnung in sich trägt: Wie sollte das, was diese höhere Ordnung hervorgebracht hat, sterblich sein? Muss diese Ordnung nicht schon dagewesen sein, bevor die Materie entstanden ist? Und wird sie nicht auf das in mir ordnende Vermögen nach dem Tode meines Körpers weiter wirken?

*

Was ist Leben?

Leben regt sich auf der Erde in einer unendlichen Vielfalt. So wie der Geist in mir unerschöpflich Neues hervorbringt, so schafft das Leben unerschöpflich neue Lebensformen. Ich erkenne kein Ziel, keinen Endpunkt, zu dem das Leben hinstrebt, sondern nur ein ewiges Schaffen-Wollen. Nichts auf der Erde wird geschaffen, damit es Bestand hat, sondern alles wird geboren, um auch wieder zu sterben. Obgleich jedes Geschöpf in sich die unendliche Kraft des Lebens spürt, ist es zum Sterben verdammt. Doch was stirbt da eigentlich? Wir sehen, wie ein Sterbender aufhört zu atmen und sein Blick blass und starr wird. Sein Körper verfault und löst sich auf. Das Leben hat seinen Leib verlassen. Es ist der Körper, die Materie, die wir sterben, bzw. sich auflösen sehen. Doch stirbt dort Leben? Leben ist Kraft, besser gesagt Energie, die sich im Raume befindet und auf unserem Planeten wirkt. Unser Sonnensystem ist genau so ausgestaltet, damit dies möglich ist. Sollte das wirklich Zufall sein? Ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass bei der Schaffung des Raumes das Hervorbringen von Lebensformen gewollt war? Alles, was wir sagen können, ist doch: Wenn ein Geschöpf stirbt, verliert eine Lebensform ihre Ausprägung und löst sich in ihre kleinsten Teilchen auf, die wieder zur Schaffung neuer Lebensformen dienen. Die Energie jedoch, die das Geschöpf lebendig machte, hat bisher noch niemand entstehen oder vergehen gesehen. Und wie sollte dies auch möglich sein? Denn sie wirkt auch nach dem Tode unzähliger Geschöpfe weiter, um neue Lebensformen hervorzubringen. Lebensformen sterben, Materie verändert sich, doch Lebensenergie wirkt unerschöpflich fort. Selbst wenn unsere Erde einmal zerstört sein, selbst wenn unsere Sonne verglüht sein und unser Sonnensystem nicht mehr existieren sollte, wird Lebensenergie an einem anderen Ort im Raume neue Lebensformen hervorbringen. Leben ist unerschöpflich und ewig schaffend.

*

Die Substanz der Lebensenergie können wir weder sehen noch wissenschaftlich nachweisen, doch der Geist des Menschen nimmt sie wahr und gab ihr schon in frühester Zeit den Namen “Seele“. Die Urbegriffe “Seele“ und “Geist“, die sich in jedem Volk und jeder Religion wiederfinden, sind keine Hypothese, sondern Tatsachen, die ebenso real sind wie Objekte aus der Sinnenwelt. Ihr Wirken kann allein aus der Materie heraus niemals erklärt werden, weshalb die Wissenschaft sich diesbezüglich in einem großen Dilemma befindet. Wenn Geist einzig eine Substanz des Gehirns und Seele einzig Energie des Körpers ist, die beide gemeinsam mit ihm sterben und deren Ursprung unbekannt ist, werden die meisten Phänomene des Lebens niemals begriffen werden können. Es ist, als ob jemand das Prinzip einer Dampfmaschine begreifen wollte, ohne von der im Dampf enthaltenen Wärmeenergie irgendeine Kenntnis zu besitzen. Er kann die Maschine genauestens studieren und bei Schäden alle notwendigen Reparaturen durchführen. Doch wenn jemand ihn fragt, wie es möglich sei, dass diese Maschine zum Laufen komme und welche Rolle dabei der Dampf spiele, wird er keine ausreichende Erklärung finden können. Und sollte jemand den Dampferzeuger manipulieren, sodass es zu Schäden durch die verminderten Druckenergie käme, würde er die Ursachen hierfür nicht finden können und ratlos vor der defekten Maschine stehen. Ebenso ergeht es dem Wissenschaftler, für den das Lebewesen sich bewegende Materie ist. Er wird die Organe und den Aufbau des Körpers genauestens untersuchen und sowohl Strukturen als auch Zusammenhänge begreifen. Was jedoch das Leben, was Lebensenergie ist, und wie und warum sie in diesen Körper gelangte, davon fehlt ihm jegliches Wissen. Wie sollte ein Arzt einen Menschen, der körperlich erkrankt ist, weil seine Seele oder sein Geist Schaden genommen haben, helfen können? Er wird die Organe, die sich als Folge des seelischen Schadens im krankhaften Zustand befinden, therapieren und nichts erreichen, solange der seelische Schaden bleibt und am Ende ebenso ratlos vor dem verstorbenen Patienten stehen wie der oben beschriebene Dilettant vor seiner defekten Maschine. Es ist eben eine unleugbare Tatsache, dass das Leben und die von ihm geschaffenen Ausdrucksformen im Raume sich allein aus der Struktur und Funktion der Materie niemals ergründen lassen werden. Ebenso wenig wie Liebe, Hass, Neid, Sehnsucht, Wut oder Wollen lässt sich auch das Phänomen des Lebens nicht aus der Materie heraus erklären. Der Mensch wird dabei ohne die Begriffe “Seele“ und “Geist“, auch wenn er ihre Existenz wissenschaftlich nicht beweisen kann, nicht auskommen können. Inwiefern sie jedoch auf die Materie wirken und welche Vorstellung man von ihnen haben sollte, darüber wird es innerhalb der Menschheit niemals einen endgültigen Konsens geben können. Der Mensch sollte sich darüber im Klaren sein, dass es sehr wohl Wahrheiten gibt, zu denen er keinen abschließenden Standpunkt einnehmen kann, die ihm jedoch, wenn er sie ignoriert oder leugnet, für das Verständnis der grundlegendsten Phänomene fehlen werden.

*

Eine solche Wahrheit ist der Ursprung des Lebens. Obgleich es immer ein Mysterium bleiben wird, kann der Mensch nicht umhin, eine Antwort auf die Frage „Was ist Leben?" einzunehmen. Sie ist eine der großen Sinnfragen und solange der Mensch diese Frage nicht beantworten kann, wird er seinem Leben keinen Sinn geben können. Denn, wie sollte er den Sinn seines Daseins ausmachen können, wenn er keine Überzeugung in sich trägt, wessen Ursprungs das Leben in ihm ist? Sinnfragen muss der Mensch stets selbst für sich beantworten. Wenn er es sich jedoch leicht machen möchte und die von anderen bereits errungenen Antworten übernimmt, wird er nur vorübergehend Ruhe finden. Der Zweifel wird ihn stets quälen. Überzeugung und Gewissheit wird nur erlangen, wer sich die Mühe macht, die große Reise der Sinnfindung selbst anzutreten. Und selbst dann ist nicht gewiss, ob er diese Reise beenden oder nach ihrer Beendigung Antworten besitzen wird. So wie jede Reise ist auch diese Reise ein Wagnis mit unsicherem Ausgang. Doch eines ist gewiss, wer sie beendet und in sich Antworten auf die großen Sinnfragen gefunden hat, wird damit ebenso in sich Frieden und seinen ihm zugedachten Platz in der Schöpfung gefunden haben.

*

Die Unerschöpflichkeit des Lebens haben die Menschen erkannt und gaben ihr daher den Namen “Seele“. Sie erspürten gleichzeitig im Geiste die Unsterblichkeit dieser Seele und bemühten sich, diese gemäß ihren intellektuellen Möglichkeiten zu beweisen. Sicherlich waren diese mitunter sehr limitiert, dennoch sollten diese unzulänglichen Erklärungen keineswegs darüber hinwegtäuschen, dass viele Völker, die nicht im Wissensaustausch miteinander standen, dennoch die gleiche Wahrnehmung des Lebens hatten -nämlich als eine Kraft, die auch nach dem Tode eines Geschöpfes weiterwirkt. All unser Wissen, durch welches wir heute einzigartig in der Geschichte des Menschen dastehen, hat uns geholfen, die Strukturen und den Aufbau der Erde und des Raumes zu verstehen. Doch was den Ursprung und die Qualität des Lebens betrifft, sind wir keineswegs weitergekommen. Denn was Leben ist, was es bedeutet und weshalb es im Raume existiert, wird man niemals wissenschaftlich ergründen können. Dazu müsste man außerhalb des Raumes stehend diesen betrachten können. Innerhalb des Raumes existierend werde ich es stets nur als eine Kraft wahrnehmen können, über deren Ursprung ich nur mutmaßen kann. Entscheidend jedoch für die Qualität der Mutmaßung ist nicht der kausale, sondern der organische Verstand.

*

Alles, was der Mensch auf der kausalen Ebene erforscht und beweist, gehört der Sinnenwelt an und ist daher endlich. Die Energie, die der Materie gegeben ist, ist nicht messbar und daher nicht mit dem kausalen Verstand erfassbar. Dennoch ist sie real, und wir spüren ihre Wirklichkeit -sowohl als Ausdrucksform in der Sinnenwelt mittels der Sinneswahrnehmung als auch mit dem Geist mittels des organischen Verstandes. Letzterer ist das Werkzeug des Geistes, um vor allem Gefühlszustände verstehen und einordnen zu können. Besäßen wir nur den kausalen Verstand, wüssten wir nicht, was Liebe, Neid, Hass oder Eifersucht ist, denn er kann nur die Auswirkungen dieser Gefühlszustände untersuchen. Um sie wirklich verstehen zu können, bedarf es eines Verstandes, der sich denkend in sie hineinfühlt. Dies tut der organische Verstand. Ich möchte ihn mit einer Maschine vergleichen,