Ilias & Odyssee - Homer - E-Book

Ilias & Odyssee E-Book

Homer

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Beschreibung

Vollständige und überarbeitete Fassung mit einem Vorwort zu Autor und Werk Die immense Bedeutung der homerischen Epen ist bis heute nicht zu unterschätzen, wirken sich doch Ilias und Odyssee seit der Antike identitäts- und kulturbildend aus. Als Johann Heinrich Voß die Schriften ins Deutsche überträgt, entdecken hiesige Dichter ihre Liebe zu Ilias und Odyssee - und mit ihnen die Leser. Keiner der bedeutenden deutschen Lyriker ist von Homers Werk unbeeinflusst. Mit der wohlwollenden Aufnahme der Epen geht die Wertschätzung der griechischen Sprache einher, die seitdem zum Kanon humanistischer Bildung gehört. Zitate und Reminiszenzen homerischer Motive finden sich nicht nur in der europäischen Literatur, in zeitgenössischen Filmen sowie in den bildenden Künsten, sondern sie haben als Redewendungen Eingang in die Alltagssprache gefunden. 1. Auflage (Überarbeitete Fassung) Umfang: 1443 Buchseiten bzw. 1368 Normseiten Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 1333

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Homer

Ilias & Odyssee

Übersetzung: Johann Heinrich Voß

Überarbeitung, Korrekturen und Umschlaggestaltung: Null Papier Verlag

1. Auflage, ISBN 978-3-95418-054-7

Umfang: 1368 Normseiten bzw. 1191 Buchseiten

www.null-papier.de/homer

Inhalt

Autor und Werk

Ilias

Inhalt

Erster Gesang

Zweiter Gesang

Dritter Gesang

Vierter Gesang

Fünfter Gesang

Sechster Gesang

Siebenter Gesang

Achter Gesang

Neunter Gesang

Zehnter Gesang

Elfter Gesang

Zwölfter Gesang

Dreizehnter Gesang

Vierzehnter Gesang

Fünfzehnter Gesang

Sechzehnter Gesang

Siebzehnter Gesang

Achtzehnter Gesang

Neunzehnter Gesang

Zwanzigster Gesang

Einundzwanzigster Gesang

Zweiundzwanzigster Gesang

Dreiundzwanzigster Gesang

Vierundzwanzigster Gesang

Odyssee

Inhalt

Erster Gesang

Zweiter Gesang

Dritter Gesang

Vierter Gesang

Fünfter Gesang

Sechster Gesang

Siebenter Gesang

Achter Gesang

Neunter Gesang

Zehnter Gesang

Elfter Gesang

Zwölfter Gesang

Dreizehnter Gesang

Vierzehnter Gesang

Fünfzehnter Gesang

Sechzehnter Gesang

Siebzehnter Gesang

Achtzehnter Gesang

Neunzehnter Gesang

Zwanzigster Gesang

Einundzwanzigster Gesang

Zweiundzwanzigster Gesang

Dreiundzwanzigster Gesang

Vierundzwanzigster Gesang

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Herzliche Grüße

Jürgen Schulze, Null Papier Verlag

Autor und Werk

Die immense Bedeutung der homerischen Epen ist bis heute nicht zu unterschätzen, wirken sich doch Ilias und Odyssee seit der Antike identitäts- und kulturbildend aus. Besonders die Ilias wirft jedoch Fragen auf, die womöglich nie beantwortet werden können. Als sicher gilt, dass beide Epen mündlich vorgetragen und in ihrer überlieferten Form erst später schriftlich festgehalten wurden. Wie alt die Dichtungen tatsächlich sind, ob sie von Homer verfasst wurden und ob überhaupt eine Person dieses Namens gelebt hat, ist höchst umstritten.

Der hypothetische Autor

Vorausgesetzt, Homer hätte existiert, wird sein Leben zwischen dem zwölften und dem achten vorchristlichen Jahrhundert datiert. Ausschlaggebend für diese Annahmen sind die ihm zugeschriebenen Epen und Dichtungen.

Beide Epen verraten intime Kennerschaft der archaischen Aristokratie, woraus gefolgert wird, Homer sei als wandernder Sänger in adligen Häusern zu Gast gewesen. Für die ältere Datierung sprechen die Beschreibungen der mykenischen Gesellschaft sowie der Kriegskunst um 1150 v. Chr. Gegner dieser These berufen sich darauf, dass auch ein späterer Autor über derartiges historisches Wissen verfügt haben könne. Zudem verweisen sie auf einzelne Wendungen in der Ilias, die nicht vor 700 v. Chr. gebräuchlich gewesen seien. Darüber hinaus finden sich in der – auf etwa 750 v. Chr. datierten – Odyssee zahlreiche der Ilias entlehnte Formulierungen, die indizieren, dass sie ein Spätwerk des Verfassers der älteren Schrift sein könnte.

Der Name des Dichters leitet sich vom altgriechischen Hómeros her, das übersetzt „Geisel“ bedeutet. Geiselnahme kann eine Form der Unfreiheit sein, um Lösegeld einzufordern oder um sich ein Ehrenpfand anzueignen. Ein gebildeter Mann, der womöglich mehrere Sprachen beherrscht, mag als Schreiber oder Lehrer dienen und seinen Herrn durch erbauliche Dichtung unterhalten. Tatsächlich wird spekuliert, ob Homer ein solches Los zumindest zeitweilig zuteilwurde.

Griechische Nachfolger Homers beziehen seinen Namen hingegen auf die angebliche Blindheit des Dichters. Diese weniger ehrenrührige Deutung hinterließ ihre Spuren sowohl in der römischen als auch in der abendländischen Kunst.

Form und Gliederung der Epen

Die in periodischen Hexametern verfassten Dichtungen bedienen sich formaler Elemente, die mehrere Formen des mündlichen Vortrags sowie der Interpretation gestatten. Charakteristisch sind, neben epischen Formeln, Beinamen für Menschen oder Götter sowie an die Musen gerichtete Proömien. Solche einleitenden Gesänge bereiten den Leser – ursprünglich den Zuhörer – zumeist auf das Thema der folgenden Verse vor, während Beinamen der Veranschaulichung dienen. Formelhafte Verse beziehungsweise metrischer Aufbau erleichtern die Rezitation der Gesänge aus dem Gedächtnis. Beide Epen umfassen jeweils 24 Gesänge. Freilich ist nach wie vor ungeklärt, von wem diese Gliederung stammt. Sie könnte homerisch sein, von mehreren Verfassern oder von einem letzten Bearbeiter nachträglich vorgenommen worden sein.

Ilias

Das Hauptthema des Epos‘ vom Trojanischen Krieg ist der Zorn, namentlich der des Achilles (Achilleus). Nachdem Agamemnon ihm die Briseïs raubt, verweigert der Myrmidone den Kampf. Seine Wut auf den König von Mykene, der als Oberbefehlshaber der Achaier fungiert, wird für die vor Troja lagernden Griechen beinahe zum Verhängnis. Durch Zeus‘ Eingreifen gelingt es den Trojanern, die Flotte der Achaier anzugreifen. Erst danach erlaubt Achilles seinem Freund Patroklos, den trojanischen Ausfall zu beenden. Während des unbedachten Sturms auf die Festung wird Patroklos durch Hektor getötet; die Folge seines Grolls fällt auf Achilles selbst zurück. Er einigt sich nun mit Agamemnon, richtet seinen Zorn gegen Hektor und führt die Myrmidonen wieder selbst in den Krieg. Das Glück wendet sich daraufhin den Achaiern zu. Achilles tötet Hektor und schändet den Leichnam seines Feindes. Seine Rage überwindet er erst, als König Priamos, der Vater des trojanischen Helden, ihm vergegenwärtigt, dass sowohl er selbst als auch Achilles unersetzliche Verluste erlitten haben.

Odyssee

Ursprünglich – möglicherweise bereits um 1150 v. Chr. – existierten vermutlich mindestens zwei verschiedene Epen, die von der Irrfahrt sowie von der Heimkehr des Odysseus erzählten. Diese mündlichen Überlieferungen wurden eventuell erst in der Mitte des achten vorchristlichen Jahrhunderts schriftlich fixiert und um die Suche des Telemachos nach seinem Vater ergänzt.

Drei Handlungsstränge sind in der schriftlichen Odyssee geschickt verwoben: die Telemachie, die märchenhaften Begegnungen mit mythischen Gestalten sowie Odysseus‘ Heimkehr und Rache an den unrechtmäßigen Freiern seiner Frau. Der Autor erzählt, wie der König – nach zehn Kriegsjahren – weitere ereignisreiche zehn Jahre durch eine von Ungeheuern und göttlichen Wesen bevölkerte Welt irrt, bevor er endlich auf Ithaka eintrifft. Dort beobachtet der Held, wie Rivalen seine Frau Penelope zur Heirat drängen und dabei das königliche Vermögen aufzehren. Durch göttliche Hilfe und mit der Unterstützung seines Sohnes Telemachos sowie des Sklaven Eumaios gelingt es Odysseus, die unwillkommenen Gäste zu überwältigen. Zentrales Motiv dieser abenteuerlichen Geschichte ist die Treue.

Von der Wirkung des Wortes

Ob Homer gelebt hat oder nicht – das ihm zugeordnete epische Werk ist in seiner Bedeutung für die abendländische Kultur nicht hoch genug einzuschätzen. Bereits den Griechen und Römern gilt er als vorbildhafter Dichter schlechthin. Für die griechischen Poleis wirkt er als Nationaldichter, indem er mittels Ilias und Odyssee ein verbindendes Selbstverständnis für alle Griechen erschafft. Ähnliches beabsichtigt später Vergil, als er mit „Aeneis“ ein mythologisches Gründungsepos für Rom verfasst.

Wenig gelesen wird Homer im europäischen Mittelalter, weil Latein das Griechische dominiert. Erst mit Dante Alighieri erscheinen im 13. und 14. Jahrhundert wieder Bezüge zur homerischen Epik. Zu neuer Rezeption verhilft der griechischen Dichtung die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen. Nachdem 1453 die dortigen Gelehrten aus der Stadt fliehen, gelangen griechische Texte und die nötige Sprachkenntnis in den Westen. Sowohl Gedankengut als auch Kunst der Renaissance sind stark durch die homerische Dichtung beeinflusst. Die Wertschätzung jener Epoche für Homer spiegelt sich nicht zuletzt in den zahlreichen Übersetzungen der Epen wider.

Als Johann Heinrich Voß die Schriften ins Deutsche überträgt, entdecken hiesige Dichter ihre Liebe zu Ilias und Odyssee – und mit ihnen die Leser. Keiner der bedeutenden deutschen Lyriker ist von Homers Werk unbeeinflusst. Mit der wohlwollenden Aufnahme der Epen geht die Wertschätzung der griechischen Sprache einher, die seitdem zum Kanon humanistischer Bildung gehört.

Zitate und Reminiszenzen homerischer Motive finden sich nicht nur in der europäischen Literatur, in zeitgenössischen Filmen sowie in den bildenden Künsten, sondern sie haben als Redewendungen Eingang in die Alltagssprache gefunden.

Es mag sein, dass Homer ein Mythos ist. Aber ohne Ilias und Odyssee wäre Europa ein anderer Kontinent. Homers Epen sind die literarische Wiege unserer Kultur.

Ilias

Inhalt

1. Gesang

ΑDen Priester Chryses zu rächen, dem Agamemnon die Tochter vorenthielt, sendet Apollon den Achaiern eine Pest. Agamemnon zankt mit Achilleus, weil er durch Kalchas die Befreiung der Chryseïs fordern ließ, und nimmt ihm sein Ehrengeschenk, des Brises Tochter. Dem zürnenden Achilleus verspricht Thetis Hilfe. Entsendung der Chryseïs, und Versöhnung Apollons. Der Thetis gewährt Zeus so lange Sieg für die Troer, bis ihr Sohn Genugtuung erhalte. Unwille der Here gegen Zeus. Hephästos besänftigt beide.

2. Gesang

ΒZeus, des Versprechens eingedenk, bewegt Agamemnon durch einen Traum, die Achaier zur Schlacht auszuführen. Rat der Fürsten; dann Volksversammlung. Agamemnon, das Volk zu versuchen, befiehlt Heimkehr; und alle sind geneigt. Odysseus, von Athene ermahnt, hemmt sie. Thersites dringt schmähend auf Heimkehr, und wird gestraft. Das beschämte Volk, durch Odysseus und Nestor völlig gewonnen, wird von Agamemnon zur Schlacht aufgefordert. Frühmahl, Opfer und Anordnung des Heers. Verzeichnis der achaiischen Völker. Die Troer in Versammlung hören die Botschaft, und rücken aus. Verzeichnis der troischen Völker.

3. Gesang

ΓBegegnung der Heere. Alexandros oder Paris, nachdem er vor Menelaos geflohn, erbietet sich ihm durch Hektor zum Zweikampf um Helena, welchen Menelaos annimmt. Die Heere ruhn, und Priamos wird zum Vertrage aus Ilios gerufen. Indes geht Helena auf das skäische Tor, wo Priamos mit den Älteste sitzt, und nennt ihm die achaiische Heerführer. Priamos fährt in das Schlachtfeld hinaus. Vertrag, Priamos Rückkehr, Zweikampf. Den besiegten Paris entführt Aphrodite in seine Kammer, und ruft ihm Helena. Agamemnon fordert den Siegespreis.

4. Gesang

ΔZeus und Here beschließen Trojas Untergang. Athene beredet den Pandaros, einen Pfeil auf Menelaos zu schießen. Den Verwundeten heilt Machaon. Die Troer rücken an, und Agamemnon ermuntert die achaiischen Heerführer zum Angriff. Schlacht.

5. Gesang

ΕDiomedes, den Athene zur Tapferkeit erregt, wird von Pandaros geschossen. Er erlegt den Pandaros, und verwundet den Äneias, samt der entführenden Aphrodite. Diese flieht auf Ares Wagen zum Olympos. Apollon trägt, von Diomedes verfolgt, den Äneias in seinen Tempel auf Pergamos, woher er, geheilt bald zurückkehrt. Auf Apollons Ermahnung erweckt Ares die Troer, und die Achaier weichen allmählich. Tlepolemos von Sarpedon erlegt. Here und Athene fahren vom Olympos, den Achaiern gegen Ares zu helfen. Diomedes von Athene ermahnt und begleitet, verwundet den Ares. Der Gott kehrt zum Olympos, und die Göttinnen folgen.

6. Gesang

ΖDie Achaier im Vorteil. Hektor eilt in die Stadt, damit seine Mutter Hekabe zur Athene flehe. Glaukos und Diomedes erkennen sich als Gastfreunde. Hekabe mit den edlen Troerinnen fleht. Hektor ruft den Paris zur Schlacht zurück. Er sucht seine Andromache zu Hause, und findet sie auf dem skäischen Tore. Er kehrt mit Paris in die Schlacht.

7. Gesang

ΗAthene und Apollon, die Schlacht zu enden, heißen Hektor den tapfersten Achaier zum Zweikampf fodern. Unter neun Fürsten trifft das Los den Ajas, Telamons Sohn. Die Nacht trennt die Kämpfer. Nestor in Agamemnons Gezelt rät Stillstand, um die Toten zu verbrennen, und Verschanzung des Lagers. Antenor in Ilios rät, die Helena zurückzugeben; welches Paris verwirft. Am Morgen läßt Priamos die Achaier um Stillstand bitten. Bestattung der Toten. Verschanzung des Lagers, und Poseidons Unwille. In der Nacht unglückliche Zeichen von Zeus.

8. Gesang

ΘDen versammelten Göttern verbietet Zeus, weder Achaiern noch Troern beizustehn, und fährt zum Ida. Schlacht. Zeus wägt den Achaiern Verderben, und schreckt sie mit dem Donner. Here bittet den Poseidon umsonst, den Achaiern zu helfen. Die Achaier in die Verschanzung gedrängt. Agamemnon und ein Zeichen ermuntert sie zum neuen Angriff. Teukros streckt viele mit dem Bogen, und wird von Hektor verwundet. Die Achaier von neuem in die Verschanzung getrieben. Here und Athene fahren vom Olympos den Achaiern zu Hilfe. Zeus befiehlt ihnen durch Iris umzukehren. Er selbst zum Olympos gekehrt droht den Achaiern noch größere Niederlage. Hektor mit den siegenden Troern übernachtet vor dem Lager.

9. Gesang

ΙAgamemnon beruft die Fürsten, und rät zur Flucht. Diomedes und Nestor widerstehn. Wache am Graben. Die Fürsten von Agamemnon bewirtet ratschlagen. Auf Nestors Rat sendet Agamemnon, den Achilleus zu versöhnen, den Phönix, Ajas Telamons Sohn, und Odysseus, mit zween Herolden. Achilleus empfängt sie gastfrei, aber verwirft die Anträge, und behält den Phönix zurück. Die anderen bringen die Antwort in Agamemnons Zelt. Diomedes ermahnt zur Beharrlichkeit, und man geht zur Ruhe.

10. Gesang

ΚDer schlaflose Agamemnon und Menelaos wecken die Fürsten. Sie sehn nach der Wache, und besprechen sich am Graben. Diomedes und Odysseus, auf Kundschaft ausgehend, ergreifen und töte den Dolon, welchen Hektor zum Spähen gesandt. Von ihm belehrt, töten sie im troischen Lager den neugekommenen Rhesos mit zwölf Thrakiern, und entführen des Rhesos’ Rosse.

11. Gesang

ΛAm Morgen rüstet sich Agamemnon, und führt zur Schlacht. Hektor ihm entgegen. Vor Agamemnons Tapferkeit fliehn die Troer. Zeus vom Ida sendet dem Hektor Befehl, bis Agamemnon verwundet sei, den Kampf zu vermeiden. Der verwundete Agamemnon entweicht, und Hektor dringt vor. Verwundet kehrt Diomedes zu den Schiffen; dann Odysseus, von Ajas aus der Umzingelung gerettet; dann Machaon und Eurypylos. Zu Nestor, der mit Machaon vorbeifuhr, sendet Achilleus den Patroklos zu fragen, wer der Verwundete sei. Patroklos, durch Nestors Rede gerührt, begegnet dem Eurypylos, führt ihn voll Mitleid ins Zelt, und verbindet ihn.

12. Gesang

ΜKünftige Vertilgung der Mauer. Die Achaier eingetrieben. Hektor, wie Polydamas riet, läßt die Reisigen absteigen, und in fünf Ordnungen anrücken. Nur Asios mit seiner Schar fährt auf das linke Tor, welches zween Lapithen verteidigen. Ein unglücklicher Vogel erscheint den Troern; Polydamas warnt den Hektor umsonst. Zeus sendet den Achaiern einen stäubenden Wind entgegen. Hektor stürmt die Mauer, und die beiden Ajas’ ermuntern zur Gegenwehr. Sarpedon und Glaukos nahn dem Turme des Menestheus, dem Telamons Söhne zu Hilfe eilen. Glaukos entweicht verwundet; Sarpedon reißt die Brustwehr herab. Hektor zersprengt ein Tor mit einem Steinwurf; worauf die Troer zugleich über die Mauer und durch das Tor eindringen

13. Gesang

ΝKampf um die Schiffe. Poseidon, von Zeus unbemerkt, kommt die Achaier zu ermuntern. Dem Hektor am erstürmte Tore des Menestheus widerstehn vorzüglich die Ajas. Zur Linken kämpfen am tapferste Idomeneus und Meriones wider Äneias, Paris und andere. Auf Polydamas Rat beruft Hektor die Fürsten, daß man vereint kämpfe, oder zurückziehe. Verstärkter Angriff.

14. Gesang

ΞNestor, der den verwundeten Machaon bewirtet, eilt auf das Getöse hinaus, und spähet. Ihm begegnen Agamemnon, Diomedes und Odysseus, die, matt von den Wunden, das Treffen zu schaun kommen. Agamemnons Gedanken an Rückzug tadelt Odysseus. Nach Diomedes’ Vorschlag gehn sie die Achaier zu ermuntern; und Poseidon tröstet den Agamemnon. Here, mit Aphroditens Gürtel geschmückt, schläfert den Zeus auf Ida ein, daß Poseidon noch mächtiger helfe. Hektor, den Ajas mit dem Steine traf, wird ohnmächtig aus der Schlacht getragen. Die Troer fliehn, indem Ajas, Oileus’ Sohn, sich auszeichnet.

15. Gesang

ΟDer erwachte Zeus bedroht Here, und gebeut, ihm Iris und Apollon vom Olympos zu rufen; daß jene den Poseidon aus der Schlacht gehen heiße, dieser den Hektor herstelle, und die Achaier scheuche, bis Achilleus den Patroklos sende. Es geschieht. Hektor mit Apollon schreckt die Achaier, deren Helden nur widerstehn, in das Lager zurück, und folgt mit den Streitwagen über Graben und Mauer, wo Apollon ihm bahnt. Den Kampf hört Patroklos in Eurypylos Zelt, und eilt den Achilleus zu erweichen. Die Achaier ziehn sich von den vorderen Schiffen. Ajas, Telamons Sohn, kämpft von den Verdecken mit einem Schiffspeere, und verteidigt des Protesilaos Schiff, das Hektor anzünden will.

16. Gesang

ΠDem Patroklos erlaubt Achilleus, in seiner Rüstung zur Verteidigung der Schiffe, aber nicht weiter, auszuziehn. Ajas wird überwältigt, und das Schiff brennt. Achilleus treibt den Patroklos sich zu bewaffnen, und ordnet die Scharen. Patroklos vertreibt die Troer, erst vom brennenden Schiffe, dann völlig. Verfolgung und Abschneidung der äußersten. Sarpedons Tod. Patroklos ersteigt die Mauer, wird aber von Apollon gehemmt. Hektor fährt gegen Patroklos zurück, der seinem Wagenlenker Kebriones tötet. Den tapferen Patroklos macht Apollon betäubt und wehrlos; worauf ihm Euphorbos den Rücken, dann Hektor den Bauch durchbohrt. Seinen Genossen Automedon verfolgt Hektor.

17. Gesang

ΡStreit um Patroklos. Euphorbos von Menelaos erlegt. Hektor, von Automedon sich wendend, raubt dem Patroklos die Rüstung, ehe Ajas, Telamons Sohn, ihn verscheucht. Drauf in Achilleus’ Rüstung verstärkt er den Angriff auf den Leichnam, dem mehrere Achaier zu Hilfe eilen. Hartnäckiger Kampf bei wechselndem Glück. Die traurenden Rosse des Achilleus, die Zeus gestärkt, lenkt Automedon in die Schlacht, wo Hektor und Äneias umsonst ihn angreifen. Um Patroklos wankender Sieg. Menelaos sendet den Antilochos mit der Nachricht zu Achilleus. Er selbst und Meriones tragen den Leichnam, indes beide Ajas abwehren.

18. Gesang

ΣAchilleus jammert um Patroklos’ Tod. Thetys hört seinen Entschluß Hektor zu töten, obgleich ihm bald nach jenem zu sterben bestimmt sei, und verheißt ihm andere Waffen von Hephästos. Den Achaiern entreißt Hektor beinahe den Leichnam; aber Achilleus, der sich waffenlos an den Graben stellt, schreckt durch sein Geschrei die Troer. Nacht. Den Troern rät Polydamas, in die Feste zu ziehn, ehe Achilleus hervorbreche: welches Hektor verwirft. Die Achaier wehklagen um Patroklos und legen ihn auf Leichengewande. Der Thetys schmiedet Hephästos die erbetenen Waffen.

19. Gesang

ΤAm Morgen bringt Thetys die Waffen, und sichert den Leichnam vor Verwesung. Achilleus beruft die Achaier, entsagt dem Zorn, und verlangt sogleich Schlacht. Agamemnon erkennt sein Vergehn, und erbietet sich die Geschenke holen zu lasse. Auf Odysseus’ Rat nehmen die Achaier das Frühmahl, die Geschenke nebst der Briseïs werden gebracht, und Agamemnon schwört, sie niemals berührt zu haben. Achilleus ohne Nahrung wird von Athene gestärkt, und zieht mit dem Heere gerüstet zum Kampf. Sein Roß weissagt ihm nach dem heutigen Siege den nahen Tod, den er verachtet.

20. Gesang

ΥZeus verstattet den Göttern Anteil an der Schlacht, daß nicht Achilleus, dem Schicksal entgegen, sogleich Troja erobere. Donner und Erdbeben. Die Götter zum Kampfe gestellt. Den Äneias reizt Apollon gegen Achilleus. Beiderlei Schutzgötter setzen sich gesondert. Den besiegten Äneias entrückt Poseidon, damit seine Nachkommen die Troer beherrschen. Hektor, den Achilleus angehend, wird von Apollon zurückgehalten. Durch des Bruders Polydoros Ermordung gerührt, naht er ihm gleichwohl. Hektors Speer haucht Athene zurück, ihn selbst entführt Apollon. Achilleus mordet die Fliehenden.

21. Gesang

ΦAchilleus stürzt einer Schar Troer in den Skamandros mit dem Schwerte nach. Zwölf Lebende fesselt er zum Sühnopfer für Patroklos. Den getöteten Lykaon hineinwerfend, höhnt er, daß der Stromgott nicht rette. Auch den Asteropäos, eines Stromgottes Sohn, welchen Skamandros erregte, streckt er ans Ufer, und höhnt der Stromgötter. Skamandros gebeut ihm, außer dem Strome zu verfolgen. Er verspricht’s; doch in der Wut springt er wieder hinein. Der zürnende Strom verfolgt ihn ins Feld. Jener, von Göttern gestärkt, durchdringt die Flut. Als Skamandros noch wütender den Simois zu Hilfe ruft, sendet ihm Here den Hephästos entgegen, der das Feld trocknet, dann ihn selber entflammt. Des Jammernden gebeut Here zu schonen. Ares und Aphrodite von Athene besiegt, Phöbos dem Poseidon ausweichend, Artemis von Here geschlagen, Hermes die Leto scheuend. Rückkehr der Götter. Priamos öffnet den Flüchtigen das Tor. Den verfolgenden Achilleus hemmt Agenor; dann in Agenors Gestalt fliehend, lockt Apollon ihn feldwärts, indes die Troer einflüchten.

22. Gesang

ΧDen zurückkehrenden Achilleus erwartet Hektor vor der Stadt, obgleich die Eltern von der Mauer ihn jammernd hereinrufen; beim Annahn des Schrecklichen flieht er, dreimal um Ilios verfolgt. Zeus wägt Hektors Verderben, und sein Beschützer Apollon weicht. Athene in Deïphobos Gestalt verleitet den Hektor zu widerstehn. Achilleus fehlt, Hektors Lanze prallt ab; drauf mit dem Schwert anrennend wird er am Halse durchstochen, dann entwaffnet, und rückwärts am Wagen zu den Schiffen geschleift. Wehklage der Eltern von der Mauer, und der zukommenden Andromache.

23. Gesang

ΨAchilleus mit den Seinen umfährt den Patroklos, wehklagt, und legt den Hektor aufs Antlitz am Totenlager. In der Nacht erscheint ihm Patroklos, und bittet um Bestattung. Am Morgen holen die Achaier Holz zum Scheiterhaufen. Patroklos wird ausgetragen, mit Haarlocken umhäuft und samt den Totenopfern verbrannt. Boreas und Zephyros erregen die Flammen. Den andern Morgen wird Patroklos’ Gebein in eine Urne gelegt, und, bis Achilleus’ Gebein hinzukomme, beigesetzt; vorläufiger Ehrenhügel auf der Brandstelle. Wettspiele zur Ehre des Toten: Wagenrennen, Faustkampf, Ringen, Lauf, Waffenkampf, Kugelwurf, Bogenschuß, Speerwurf.

24. Gesang

ΩAchilleus, nach schlafloser Nacht, schleift Hektors Leib um Patroklos’ Grab; doch Apollon verhütet Entstellungen. Zeus befiehlt dem Achilleus durch Thetys, den Leichnam zu erlassen; und dem Priamos durch Iris, dem Achilleus die Lösung zu bringen. Priamos, durch ein Zeichen gestärkt, kommt unter Hermes Geleit, unbemerkt von den Hütern, zu Achilleus’ Gezelt. Er erlangt den Leichnam des Sohns, nebst Waffenstillstand zur Bestattung, und kehrt unbemerkt nach Ilios zurück. Um Hektors Totenlager Wehklage der Gattin, der Mutter, und Helenens. Bestattung und Gastmahl.

Erster Gesang

Den Priester Chryses zu rächen, dem Agamemnon die Tochter vorenthielt, sendet Apollon den Achaiern eine Pest. Agamemnon zankt mit Achilleus, weil er durch Kalchas die Befreiung der Chryseïs fordern ließ, und nimmt ihm sein Ehrengeschenk, des Brises Tochter. Dem zürnenden Achilleus verspricht Thetis Hilfe. Entsendung der Chryseïs, und Versöhnung Apollons. Der Thetis gewährt Zeus so lange Sieg für die Troer, bis ihr Sohn Genugtuung erhalte. Unwille der Here gegen Zeus. Hephästos besänftigt beide.

Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus,Ihn, der entbrannt den Achaiern unnennbaren Jammer erregte,Und viel tapfere Seelen der Heldensöhne zum AïsSendete, aber sie selbst zum Raub darstellte den Hunden,

5Und dem Gevögel umher. So ward Zeus Wille vollendet:Seit dem Tag, als erst durch bitteren Zank sich entzweitenAtreus Sohn, der Herrscher des Volks, und der edle Achilleus.Wer hat jene der Götter empört zu feindlichem Hader?Letos Sohn und des Zeus. Denn der, dem Könige zürnend,

10Sandte verderbliche Seuche durchs Heer; und es sanken die Völker:Drum weil ihm den Chryses beleidigst, seinen Priester,Atreus Sohn. Denn er kam zu den rüstigen Schiffen Achaias,Frei zu kaufen die Tochter, und bracht’ unendliche Lösung,Tragend den Lorbeerschmuck des treffenden Phöbos Apollon

15Und den goldenen Stab; und er flehete laut den Achaiern,Doch den Atreiden vor allen, den zween Feldherren der Völker:Atreus Söhn’, und ihr andern, ihr hellumschienten Achaier,Euch verleihn die Götter, olympischer Höhen Bewohner,Priamos Stadt zu vertilgen, und wohl nach Hause zu kehren;

20Doch mir gebt die Tochter zurück, und empfahet die Lösung,Ehrfurchtsvoll vor Zeus ferntreffendem Sohn Apollon.Drauf gebot beifallend das ganze Heer der Achaier,Ehrend den Priester zu scheun, und die köstliche Lösung zu nehmen.Aber nicht Agamemnon, des Atreus Sohne, gefiel es;

25Dieser entsandt’ ihn mit Schmach, und befahl die drohenden Worte:Daß ich nimmer, o Greis, bei den räumigen Schiffen dich treffe,Weder anitzt hier zaudernd, noch wiederkehrend in Zukunft!Kaum wohl möchte dir helfen der Stab, und der Lorbeer des Gottes!Jene lös’ ich dir nicht, bis einst das Alter ihr nahet,

30Wann sie in meinem Palast in Argos, fern von der Heimat,Mir als Weberin dient, und meines Bettes Genossin!Gehe denn, reize mich nicht; daß wohlbehalten du kehrest!Jener sprach’s: doch Chryses erschrak, und gehorchte der Rede.Schweigend ging er am Ufer des weitaufrauschenden Meeres;

35Und wie er einsam jetzt hinwandelte, flehte der AlteViel zum Herrscher Apollon, dem Sohn der lockigen Leto:Höre mich, Gott, der du Chrysa mit silbernem Bogen umwandelst,Samt der heiligen Killa, und Tenedos mächtig beherrschest,Smintheus! hab ich dir je den prangenden Tempel gekränzet,

40Oder hab’ ich dir je von erlesenen Farren und ZiegenFette Schenkel verbrannt; so gewähre mir dieses Verlangen:Meine Tränen vergilt mit deinem Geschoß den Achaiern!Also rief er betend; ihn hörete Phöbos Apollon.Schnell von den Höhn des Olympos enteilet’ er, zürnendes Herzens,

45Auf der Schulter den Bogen und ringsverschlossenen Köcher.Laut erschallen die Pfeile zugleich an des Zürnenden Schulter,Als er einher sich bewegt’; er wandelte, düster wie Nachtgraun;Setzte sich drauf von den Schiffen entfernt, und schnellte den Pfeil ab;Und ein schrecklicher Klang entscholl dem silbernen Bogen.

50Nur Maultier’ erlegt’ er zuerst und hurtige Hunde:Doch nun gegen sie selbst das herbe Geschoß hinwendend,Traf er; und rastlos brannten die Totenfeuer in Menge.Schon neun Tage durchflogen das Heer die Geschosse des Gottes.Drauf am zehnten berief des Volks Versammlung Achilleus,

55Dem in die Seel’ es legte die lilienarmige Here;Denn sie sorgt’ um der Danaer Volk, die Sterbenden schauend.Als sie nunmehr sich versammelt, und voll gedrängt die Versammlung;Trat hervor und begann der mutige Renner Achilleus:Atreus Sohn, nun denk’ ich, wir ziehn den vorigen Irrweg

60Wieder nach Hause zurück, wofern wir entrinnen dem Tode;Weil ja zugleich der Krieg und die Pest hinrafft die Achaier.Aber wohlan, fragt einen der Opferer, oder der Seher,Oder auch Traumausleger; auch Träume ja kommen von Zeus her:Der uns sage, warum so ereiferte Phöbos Apollon:

65Ob versäumte Gelübd’ ihn erzürneten, ob Hekatomben:Wenn vielleicht der Lämmer Gedüft und erlesener ZiegenEr zum Opfer begehrt, von uns die Plage zu wenden.Also redete jener, und setzte sich. Wieder erhub sichKalchas der Thestoride, der weiseste Vogelschauer,

70Der erkannte, was ist, was sein wird, oder zuvor war,Der auch her vor Troja der Danaer Schiffe geleitetDurch wahrsagenden Geist, des ihn würdigte Phöbos Apollon;Dieser begann wohlmeinend, und redete vor der Versammlung:Peleus Sohn, du gebeutst mir, o Göttlicher, auszudeuten

75Diesen Zorn des Apollon, des fernhintreffenden Herrschers.Gerne will ich’s ansagen; doch du verheiße mit Eidschwur,Daß du gewiß willfährig mit Wort und Händen mir helfest.Denn leicht möcht’ erzürnen ein Mann, der mächtiges AnsehnsArgos Völker beherrscht, und dem die Achaier gehorchen.

80Stärker ja ist ein König, der zürnt dem geringeren Manne.Wenn er auch die Galle den selbigen Tag noch zurückhält;Dennoch laur’t ihm beständig der heimliche Groll in den Busen,Bis er ihn endlich gekühlt. Drum rede du, willst du mich schützen?Ihm antwortete drauf der mutige Renner Achilleus:

85Sei getrost, und erkläre den Götterwink, den du wahrnahmst.Denn bei Apollon fürwahr, Zeus Lieblinge, welchem, o Kalchas,Flehend zuvor, den Achaiern der Götter Rat du enthüllest:Keiner, so lang’ ich leb’, und das Licht auf Erden noch schaue,Soll bei den räumigen Schiffen mit frevelnder Hand dich berühren,

90Aller Achaier umher! und nenntest du selbst Agamemnon,Der nun mächtig zu sein vor allem Volke sich rühmet!Jetzo begann er getrost, und sprach, der untadliche Seher:Nicht versäumte Gelübd’ erzürnten ihn, noch Hekatomben;Sondern er zürnt um den Priester, den also entehrt’ Agamemnon,

95Nicht die Tochter befreit’, und nicht annahm die Erlösung:Darum gab uns Jammer der Treffende, wird es auch geben.Nicht wird jener die schreckliche Hand abziehn vom Verderben,Bis man zurück dem Vater das freudigblickende MägdleinHingibt, frei, ohn’ Entgelt, und mit heiliger Festhekatombe

100Heim gern Chrysa entführt. Das möcht’ ihn vielleicht versöhnen.Also redete jener, und setzte sich. Wieder erhub sichAtreus Heldensohn, der Völkerfürst Agamemnon,Zürnend vor Schmerz; es schwoll ihm das finstere Herz voll der Galle,Schwarz umströmt; und den Augen entfunkelte strahlendes Feuer.

105Gegen Kalchas zuerst mit drohendem Blicke begann er:Unglücksseher, der nie auch ein heilsames Wort mir geredet!Immerdar nur Böses erfreut dein Herz zu verkünden!Gutes hast du noch nimmer geweissagt, oder vollendet!Jetzt auch meldest du hier als Götterspruch den Achaiern,

110Darum habe dem Volk der Treffende Wehe bereitet,Weil für Chryses Tochter ich selbst die köstliche LösungAnzunehmen verwarf. Denn traun! weit lieber behielt’ ichSolche daheim; da ich höher wie Klytämnestra sie achte,Meiner Jugend Vermählte: denn nicht ist jene geringer,

115Weder an Bildung und Wuchs, noch an Geist und künstlicher Arbeit.Dennoch geb’ ich sie willig zurück, ist solches ja besser.Lieber mög’ ich das Volk errettet schaun, denn verderbend.Gleich nur ein Ehrengeschenk bereitet mir, daß ich allein nichtUngeehrt der Danaer sei; nie wäre das schicklich!

120Denn das seht ihr alle, daß mein Geschenk mir entgehet.Ihm antwortete drauf der mutige Renner Achilleus:Atreus Sohn, ruhmvoller, du habbegierigster aller,Welches Geschenk verlangst du vom edlen Volk der Achaier?Nirgends wissen wir doch des gemeinsamen vieles verwahret:

125Sondern so viel wir aus Städten erbeuteten, wurde geteilet;Auch nicht ziemt es dem Volke, das einzelne wieder zu sammeln.Aber entlass’ du jetzo dem Gotte sie; und wir AchaierWollen sie dreifach ersetzen und vierfach, wenn uns einmal ZeusGönnen wird, der Troer befestigte Stadt zu verwüsten.

130Gegen ihn rief antwortend der Völkerfürst Agamemnon:Nicht also, wie tapfer du seist, gottgleicher Achilleus,Sinn’ auf Trug! Nie wirst du mich schlau umgehn, noch bereden!Willst du, indes dir bleibt das Geschenk, daß ich selber umsonst hierSitze, des meinen beraubt? und gebietest mir, frei sie zu geben?

135Wohl denn, wofern mir ein andres verleihn die edlen Achaier,Meinem Sinn es erlesend, das mir ein voller Ersatz sei!Aber verleihn sie es nicht; dann komm’ ich selber, und nehm’ es,Deines vielleicht, auch des Ajas Geschenk wohl, oder Odysseus’Führ’ ich hinweg; und zürnen vielleicht wird, welchem ich nahe!

140Doch von solcherlei Dingen ist Zeit zu reden auch künftig.Auf nun, zieht ein schwärzliches Schiff in die heilige Meerflut;Sammelt hinein vollzählig die Ruderer; bringt auch ApollonsHekatomb’; und sie selbst, des Chryses rosige Tochter,Führet hinein; und Gebieter des Schiffs sei der Könige einer:

145Ajas, oder der Held Idomeneus, oder Odysseus,Oder auch du, Peleide, du schrecklichster unter den Männern!Daß du den Treffenden uns durch heilige Opfer besänftigst.Finster schaut’ und begann der mutige Renner Achilleus:Ha, du in Unverschämtheit gehülleter, sinnend auf Vorteil!

150Wie doch gehorcht dir willig noch einer im Heer der Achaier,Einen Gang dir zu gehn, und kühn mit dem Feinde zu kämpfen?Nicht ja wegen der Troer, der lanzenkundigen, kam ichMit hieher in den Streit; sie haben’s an mir nicht verschuldet.Denn nie haben sie mir die Rosse geraubt, noch die Rinder;

155Nie auch haben in Phtia, dem scholligen Männergefilde,Meine Frucht sie verletzt; indem viel Raumes uns sondert,Waldbeschattete Berg’, und des Meers weitrauschende Wogen.Dir, schamlosester Mann, dir folgten wir, daß du dich freutest;Nur Menelaos zu rächen, und dich, du Ehrevergeßner,

160An den Troern! Das achtest du nichts, noch kümmert dich solches!Selbst mein Ehrengeschenk, das drohest du mir zu entreißen,Welches mit Schweiß ich errungen, und mir verehrt die Achaier!Hab’ ich doch nie ein Geschenk, wie das deinige, wann die AchaierEine bevölkerte Stadt des troischen Volkes verwüstet;

165Sondern die schwerste Last des tobenden SchlachtengetümmelsTrag’ ich mit meinem Arm: doch kommt zur Teilung es endlich,Dein ist das größte Geschenk; und ich, mit wenigem fröhlich,Kehre heim zu den Schiffen, nachdem ich erschlafft von dem Streite.Doch nun geh’ ich gen Phtia! denn weit zuträglicher ist es,

170Heim mit den Schiffen zu gehn, den gebogenen! Schwerlich auch wirst du,Weil du allhier mich entehrst, noch Schätz’ und Güter dir häufen!Ihm antwortete drauf der Herrscher des Volks Agamemnon:Fliehe nur, wenn’s dein Herz dir gebeut! Nie werd’ ich dich wahrlichAnflehn, meinethalb zu verziehn! Mir bleiben noch andre,

175Ehre mir zu erwerben; zumal Zeus waltende Vorsicht!Ganz verhaßt mir bist du vor allen beseligten Herrschern!Stets doch hast du den Zank nur geliebt, und die Kämpf’ und die Schlachten!Wenn du ein Stärkerer bist, ein Gott hat dir solches verliehen!Schiffe denn heim, du selbst mit den Deinigen, daß du in Ruhe

180Myrmidonen gebietest! denn du bist nichts mir geachtet;Nichts auch gilt mir dein Pochen! vielmehr noch droh’ ich dir also:Weil mir Chryses Tochter hinwegnimmt Phöbos Apollon,Werd’ ich sie mit eigenem Schiff und eignen GenossenSenden; allein ich hole die rosige Tochter des Brises

185Selbst mir aus deinem Gezelt, dein Ehrengeschenk: daß du lernest,Wie viel höher ich sei als du, und ein anderer zage,Gleich sich mir zu wähnen, und so mir zu trotzen ins Antlitz!Jener sprach’s; da entbrannte der Peleion’, und das Herz ihmUnter der zottigen Brust ratschlagete, wankendes Sinnes:

190Ob er das schneidende Schwert alsbald von der Hüfte sich reißendTrennen sie sollt’ auseinander, und niederhaun den Atreiden;Oder stillen den Zorn, und die mutige Seele beherrschen.Als er solches erwog in des Herzens Geist und Empfindung,Und er das große Schwert schon hervorzog; naht’ ihm vom Himmel

195Pallas Athen’, entsandt von der lilienarmigen Here,Die für beide zugleich in liebender Seele besorgt war.Hinter ihn trat sie, und faßte das bräunliche Haar des Peleiden,Ihm allein sich enthüllend; der anderen schaute sie keiner.Staunend zuckte der Held und wandte sich: plötzlich erkannt’ er

200Pallas Athenens Gestalt, und fürchterlich strahlt’ ihm ihr Auge.Und er begann zu jener, und sprach die geflügelten Worte:Warum, o Tochter Zeus des Ägiserschütterers, kamst du?Etwa den Frevel zu schaun von Atreus Sohn Agamemnon?Aber ich sage dir an, und das wird wahrlich vollendet:

205Sein unbändiger Stolz wird einst noch das Leben ihm kosten!Drauf antwortete Zeus blauäugige Tochter Athene:Deinen Zorn zu stillen, gehorchtest du, kam ich vom Himmel;Denn mich sendete Here, die lilienarmige Göttin,Die für beide zugleich in liebender Seele besorgt ist.

210Aber wohlan, laß fahren den Streit, und zucke das Schwert nicht.Magst du mit Worten ihn doch beleidigen, wie es dir einfällt.Denn ich sage dir an, und das wird wahrlich vollendet:Einst wird dir noch dreimal so herrliche Gabe geboten,Wegen der heutigen Schmach. Drum fasse dich nun, und gehorch’ uns.

215Ihr antwortete drauf der mutige Renner Achilleus:Euer Wort, o Göttin, geziemet es, wohl zu bewahren,Welche Wut auch im Herzen sich hebt; denn solches ist besser.Wer dem Gebot der Götter gehorcht, den hören sie wieder.Sprach’s, und hemmte die nervichte Hand an dem silbernen Hefte,

220Stieß in die Scheide zurück das große Schwert, und verwarf nichtAthenäens Gebot. Sie wandte sich drauf zum Olympos,In den Palast des donnernden Zeus, zu den anderen Göttern.Doch der Peleide begann mit erbitterten Worten von neuemGegen des Atreus Sohn; denn noch nicht ruht’ er vom Zorne:

225Trunkenbold, mit dem hündischen Blick, und dem Mute des Hirsches!Niemals weder zur Schlacht mit dem Volke zugleich dich zu rüsten,Noch zum Hinterhalte zu gehn mit den edlen Achaias,Hast du im Herzen gewagt! Das scheinen dir Schrecken des Todes!Zwar behaglicher ist es, im weiten Heer der Achaier

230Ihm sein Geschenk zu entwenden, der dir entgegen nur redet!Volkverschlingender König! Denn nichtigen Menschen gebeutst du!Oder du hättest, Atreide, das letzte Mal heute gefrevelt!Aber ich sage dir an, und mit heiligen Eide beschwör’ ich’s!Wahrlich bei diesem Zepter, der niemals Blätter und Zweige

235Wieder zeugt, nachdem er den Stamm im Gebirge verlassen;Nie mehr sproßt er empor, denn ringsum schälte das Erz ihmLaub und Rinde hinweg; und edele Söhne AchaiasTragen ihn jetzt in der Hand, die Richtenden, welchen KronionSeine Gesetze vertraut: dies sei dir die hohe Beteurung!

240Wahrlich vermißt wird Achilleus hinfort von den Söhnen AchaiasAllzumal; dann suchst du umsonst, wie sehr du dich härmest,Rettung, wenn sie in Scharen, vom männermordenden HektorNiedergestürzt, hinsterben; und tief in der Seele zernagt dichZürnender Gram, daß den besten der Danaer nichts du geehret!

245Also sprach der Peleid’, und warf auf die Erde den Zepter,Rings mit goldenen Buckeln geschmückt; dann setzt’ er sich nieder.Gegen ihn stand der Atreid’ und wütete. Jetzo erhub sichNestor mit holdem Gespräch, der tönende Redner von Pylos,Dem von der Zung’ ein Laut wie des Honiges Süße daherfloß.

250Diesem waren schon zwei der redenden MenschengeschlechterHingewelkt, die vordem ihm zugleich aufwuchsen und lebten,Dort in der heiligen Pylos; und jetzt das dritte beherrscht’ er.Dieser begann wohlmeinend, und redete vor der Versammlung:Wehe, wie großes Leid dem achaiischen Lande herannaht!

255Traun, wohl freun wird sich Priamos des, und Priamos Söhne,Auch das Volk der Troer wird hoch frohlocken im Herzen,Wenn sie das alles gehört, wie ihr durch Zank euch ereifert,Ihr, die ersten Achaier im Rat, und die ersten im Kampfe.Aber gehorcht! Ihr beide seid jüngeres Alters, denn ich bin!

260Denn schon vormals pflog ich mit stärkeren Männern Gemeinschaft,Als ihr seid; und dennoch verachteten jene mich nimmer!Solche Männer ersah ich nicht mehr, und ersehe sie schwerlich,So wie Peirithoos war, und der völkerweidende Dryas,Käneus auch, und der Held Exadios, auch Polyphemos,

265Oder wie Ägeus Sohn, der götterähnliche Theseus.Traun, das waren die stärksten der lebenden Erdebewohner,Waren selbst die stärksten und kämpften nur wider die stärksten,Wider die Bergkentauren, und übeten grause Vertilgung.Seht, und jenen war ich ein Kriegsgenoß, der aus Pylos

270Herkam, fern ans dem Apierland; denn sie riefen mich selber;Und ich kämpfte das meinige mit. Doch jene vermochteKeiner, so viel nun leben des Menschengeschlechts, zu bekämpfen.Dennoch hörten sie Rat von mir, und gehorchten dem Worte.Aber gehorcht auch ihr; denn Rat zu hören ist besser.

275Weder du, wie mächtig du seist, nimm jenem das Mägdlein;Sondern laß, was ihm einmal zum Dank verliehn die Achaier:Noch auch du, o Peleid’, erhebe dich wider den KönigSo voll Trotz; denn es ward nie gleicher Ehre ja teilhaftEin bezepterter König, den Zeus mit Ruhme verherrlicht.

280Wenn du ein Stärkerer bist, und Sohn der göttlichen Mutter:Ist er mächtiger doch, weil mehrerem Volk er gebietet.Atreus Sohn, laß fahren den Zorn; und ich selbst will AchilleusAnflehn, auch sein Herz zu besänftigen, ihn, der die großeSchutzwehr ist dem achaiischen Volk im verderbenden Kriege.

285Gegen ihn rief antwortend der Völkerfürst Agamemnon:Wahrlich, o Greis, du hast wohlziemende Worte geredet.Aber der Mann will immer den anderen allen zuvor sein;Allen will er gebieten im Heer, und alle beherrschen,Allen Gesetz’ austeilen, die niemand, mein’ ich, erkennet!

290Wenn sie ja Lanzenkund’ ihm verliehn, die ewigen Götter;Stellen sie darum ihm frei, auch Schmähungen auszurufen?Ihm in die Red’ einfallend, begann der edle Achilleus:Ja fürwahr, ein Feiger und Nichtiger müßt’ ich genannt sein,Wenn ich in allem mich dir demütigte, was du nur aussprichst!

295Andern gebeut’ du solches nach Willkür; aber nur mir nichtWinke Befehl; ich möchte hinfort dir wenig gehorchen!Eines verkünd’ ich dir noch, und du bewahr’ es im Herzen.Niemals heb’ ich die Arme zum Streit auf wegen des Mägdleins,Weder mit dir, noch andern; ihr gabt, und nehmet sie wieder.

300Aber so viel mir sonst bei dem dunkelen Schiffe sich findet,Davon nimmst du mir schwerlich das mindeste, wider mein Wollen.Oder wohlan, versuch’ es! damit sie alle mit ansehn,Wie alsbald an der Lanze dein schwarzes Blut mir herabträuft!Also haderten beide mit widerstrebenden Worten,

305Standen dann auf, und trennten den Rat bei den Schiffen Achaias.Peleus Sohn, zu den Zelten gewandt und schwebenden Schiffen,Wandelte, samt Menötios’ Sohn und seinen Genossen.Doch der Atreid’ entließ ein hurtiges Schiff in die Meerflut;Wählete zwanzig hinein der Ruderer; bracht’ auch Apollons

310Hekatomb’; und darauf des Chryses rosige TochterFührt’ er hinein; und Gebieter des Schiffs war der weise Odysseus.Alle nun eingestiegen, durchsteuerten flüssige Pfade.Drauf hieß Atreus Sohn sich entsündigen alle Achaier:Und sie entsündigten sich, und warfen ins Meer die Befleckung,

315Opferten dann für Apollon vollkommene SühnhekatombenMutiger Stier’ und Ziegen am Strand des verödeten Meeres;Und hoch wallte der Duft in wirbelndem Rauche gen Himmel.So war alles im Heere beschäftiget. Doch AgamemnonLieß nicht ruhn, was er zankend zuvor gedroht dem Achilleus;

320Sondern Talthybios schnell und Eurybates rief er ermahnend,Die Herold’ ihm waren und rasch aufwartende Diener:Gehet hin zum Gezelte des Peleiaden Achilleus;Nehmt an der Hand und bringt des Brises rosige Tochter.Wenn er sie nicht hergäbe, so möcht’ ich selber sie nehmen,

325Hin mit mehreren kommend; was ihm noch schrecklicher sein wird!Jener sprach’s und entließ sie, die drohenden Worte befehlend.Ungern gingen sie beid’ am Strand des verödeten Meeres,Bis sie die Zelt’ und Schiffe der Myrmidonen erreichten.Ihn nun fanden sie dort am Gezelt und dunkelen Schiffe

330Sitzend; und traun, nicht wurde des Anblicks fröhlich Achilleus.Beide bestürzt vor Scheu und Ehrfurcht gegen den KönigStanden, und wageten nichts zu verkündigen, oder zu fragen.Aber er selbst vernahm es in seinem Geist, und begann so:Freude mit euch, Herold’, ihr Boten Zeus und der Menschen!

335Nahet euch! Ihr nicht seid mir Verschuldete; nur Agamemnon,Der euch beide gesandt um Brises rosige Tochter.Auf denn, führe heraus das Mägdelein, edler Patroklos,Und laß jene sie nehmen. Doch sei’n sie selber mir Zeugen,Vor den seligen Göttern, und vor den sterblichen Menschen,

340Auch vor dem Könige dort, dem Wüterich: Wenn man hinfort nochMeiner Hilfe bedarf, dem schmählichen Jammer zu steuernJenes Volks…! Ha, wahrlich, er tobt in verderblichem Wahnsinn,Blind im Geiste zugleich vorwärts zu schauen und rückwärts,Daß bei den Schiffen er sichre das streitende Heer der Achaier!

345Jener sprach’s; und Patroklos, dem lieben Freunde gehorchend,Führt’ aus dem Zelt, und gab des Brises rosige TochterJenen dahin; und sie kehrten zurück zu den Schiffen Achaias.Ungern ging mit ihnen das Mägdelein. Aber AchilleusWeinend setzte sich schnell, abwärts von den Freunden gesondert,

350Hin an des Meeres Gestad’, und schaut’ in das finstre Gewässer.Vieles zur trauten Mutter nun flehet er, breitend die Hände:Mutter, dieweil du mich nur für wenige Tage gebarest,Sollte mir Ehre doch der Olympier jetzo verleihen,Der hochdonnernde Zeus! doch er ehret mich nicht, auch ein wenig!

355Siehe, des Atreus Sohn, der Völkerfürst Agamemnon,Hat mich entehrt, und behält mein Geschenk, das er selber geraubet!Also sprach er betränt; ihn vernahm die treffliche Mutter,Sitzend dort in den Tiefen des Meers beim grauen Erzeuger.Eilendes Schwungs entstieg sie der finsteren Flut, wie ein Nebel;

360Und nun setzte sie nahe sich hin vor den Tränenbenetzten,Streichelt’ ihn drauf mit der Hand, und redete, also beginnend:Liebes Kind, was weinst du? und was betrübt dir die Seele?Sprich, verhehle mir nichts, damit wir es beide wissen.Doch schwerseufzend begann der mutige Renner Achilleus:

365Mutter, du weißt das alles; was soll ich es dir noch erzählen?Thebe belagerten wir, Eëtions heilige Feste,Und verwüsteten sie, und führeten alles von dannen.Redlich teilten den Raub die tapferen Söhne Achaias,Und man erkor dem Atreiden des Chryses rosige Tochter.

370Chryses darauf, der Priester des treffenden Phöbos Apollon,Kam zu den rüstigen Schiffen der erzumschirmten Achaier,Frei zu kaufen die Tochter, und bracht’ unendliche Lösung,Tragend den Lorbeerschmuck des treffenden Phöbos ApollonUm den goldenen Stab; und er flehete laut den Achaiern,

375Doch den Atreiden vor allen, den zween Feldherrn der Völker.Drauf gebot beifallend das ganze Heer der Achaier,Ehrend den Priester zu scheun, und die köstliche Lösung zu nehmen.Aber nicht Agamemnon, des Atreus Sohne, gefiel es;Dieser entsandt’ ihn mit Schmach, und befahl ihm drohende Worte.

380Zürnend vernahm es der Greis und wandte sich. Aber ApollonHörte des Flehenden Ruf, denn sehr geliebt war ihm jener.Und nun sandt’ er sein Todesgeschoß; und die Völker AchaiasStarben in Scharen dahin, da rings die Geschosse des GottesFlogen im weiten Heere der Danaer. Siehe da weissagt’

385Uns ein kundiger Seher den heiligen Rat des Apollon.Eilend riet ich selber zuerst, den Gott zu versöhnen.Aber der Atreion’ ereiferte: schnell sich erhebendSprach er ein drohendes Wort, das nun der Vollendung genaht ist.Jene geleiten im Schiff frohblickende Söhne Achaias

390Heim nach Chrysa zurück, auch bringen sie Gaben dem HerrscherDoch mir nahmen nun eben die Herold’ aus dem GezelteBrises Tochter hinweg, das Ehrengeschenk der Achaier.O wenn du es vermagst, so hilf dem tapferen Sohne!Steig empor zum Olympos, und flehe Zeus, wenn du jemals

395Ihm mit Worten das Herz erfreuetest, oder mit Taten.Denn ich habe ja oft dich selbst im Palaste des VatersRühmen gehört, wie du einst dem schwarzumwölkten Kronion,Du von den Göttern allein, die schmähliche Kränkung gewendet,Als vordem ihn zu binden die andern Olympier drohten,

400Here und Poseidaon zugleich, und Pallas Athene.Doch du kamst, o Göttin, und lösetest ihn aus den Banden,Rufend zum hohen Olympos den hundertarmigen Riesen,Den Briareos nennen die Himmlischen, aber ÄgäonJeglicher Mensch; denn er raget auch selbst vor dem Vater an Stärke.

405Dieser nun saß bei Kronion dem Donnerer, freudiges Trotzes.Drob erschraken die Götter, und scheuten sich, jenen zu fesseln.Setze nun, des ihn erinnernd, zu jenem dich, fass’ ihm die Knie’ auch,Ob es vielleicht ihm gefallen den Troern Schutz zu gewähren,Aber zurück zu drängen zum Lager und Meer die Achaier,

410Niedergehaun, bis sie alle sich sättigen ihres Gebieters,Auch er selbst der Atreide, der Völkerfürst Agamemnon,Kenne die Schuld, da den besten der Danaer nichts er geehret!Aber Thetis darauf antwortete, Tränen vergießend:Wehe mir! daß ich, mein Kind, dich erzog, unselig Geborner!

415Möchtest du hier bei den Schiffen doch frei von Tränen und KränkungSitzen; dieweil dein Verhängnis so kurz nur währet, so gar kurz!Aber zugleich frühwelkend und unglückselig vor allenWurdest du! Ja, dich gebar ich dem Jammergeschick im Palaste!Dies dem Donnerer Zeus zu verkündigen, ob er mich höre,

420Geh’ ich selber hinauf zum schneebedeckten Olympos.Du indes an des Meers schnellwandelnden Schiffen dich setzend,Zürne dem Danaervolk, und des Kriegs enthalte dich gänzlich.Zeus ging gestern zum Mahl der unsträflichen ÄthiopenAn des Okeanos Flut; und die Himmlischen folgten ihm alle.

425Aber am zwölften Tag, dann kehret er heim zum Olympos.Hierauf steig’ ich empor zum ehernen Hause Kronions,Und umfass’ ihm die Knie’; und ich traue mir, ihn zu bewegen.Als sie solches geredet, einteilte sie. Jener allein nunZürnt’ im Geist, und gedachte des schöngegürteten Weibes,

430Das man mit Trotz und Gewalt ihm hinwegnahm. Aber OdysseusKam und brachte gen Chrysa die heilige Sühnhekatombe.Als sie nunmehr in des Ports tiefgründige Räume gekommen,Zogen sie ein die Segel, und legten ins schwärzliche Schiff sie;Lehnten darauf zum Behälter den Mast, an den Tauen ihn senkend,

435Eilig hinab, und schoben das Schiff mit Rudern zur Anfuhrt;Warfen dann Anker hinaus, und befestigten Seil’ am Gestade.Aus nun stiegen sie selbst an den wogenden Strand der Gewässer,Aus auch lud man das Opfer dem treffenden Phöbos Apollon;Aus auch stieg Chryseïs vom meerdurchwallenden Schiffe.

440Diese nun führte sogleich zum Altar der weise Odysseus,Gab in des Vaters Hände sie hin, und redete also:Chryses, mich sandte daher der Völkerfürst Agamemnon,Daß ich die Tochter dir brächt’, und die Sühnhekatombe dem PhöbosOpferte für die Achaier, den Zorn zu versöhnen des Herrschers,

445Der nun Argos’ Volke so schmerzliches Wehe verhänget.Sprach’s, und gab in die Hände sie ihm; und mit Freuden empfing erSeine geliebte Tochter. Auch ordneten jene des GottesHerrliche Sühnhekatomb’ um den schöngebaueten Altar;Wuschen darauf sich die Händ’, und nahmen sich heilige Gerste.

450Aber Chryses betete laut mit erhobenen Händen:Höre mich, Gott, der du Chrysa mit silbernem Bogen umwandelst,Samt der heiligen Killa, und Tenedos mächtig beherrschest!So wie schon du zuvor mich höretest, als ich dich anrief,Wie du Ehre mir gabst, und furchtbar schlugst die Achaier;

455Also auch nun von neuem gewähre mir dieses Verlangen:Gib den Danaern nun der schmählichen Plage Genesung!Also rief er betend; ihn hörete Phöbos Apollon.Aber nachdem sie gefleht, und heilige Gerste gestreuet:Beugten zurück sie die Häls’, und schlachteten, zogen die Häut’ ab,

460Sonderten dann die Schenkel, umwickelten solche mit FetteZwiefach umher, und bedeckten sie dann mit Stücken der Glieder.Jetzo verbrannt’ es auf Scheitern der Greis, und dunkeles WeinesSprengt’ er darauf; ihn umstanden die Jünglinge, haltend den Fünfzack.Als sie die Schenkel verbrannt, und die Eingeweide gekostet;

465Schnitten sie auch das übrige klein, und steckten’s an Spieße,Brieten es dann vorsichtig, und zogen es alles herunter.Aber nachdem sie ruhten vom Werk, und das Mahl sich bereitet,Schmausten sie, und nicht mangelt’ ihr Herz des gemeinsamen Mahles.Aber nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war;

470Füllten die Jünglinge schnell die Krüge zum Rand mit Getränke,Wandten von neuem sich rechts und verteileten allen die Becher.Jene den ganzen Tag versöhnten den Gott mit Gesange,Schön anstimmend den Päan, die blühenden Männer Achaias,Preisend des Treffenden Macht; und er hörte freudiges Herzens.

475Als die Sonne nunmehr hinsank, und das Dunkel herauszog,Legten sich jene zur Ruh’ an den haltenden Seilen des Schiffes.Als aufdämmernd nun Eos mit Rosenfingern emporstieg;Jetzo schifften sie heim zum weiten Heer der Achaier.Günstigen Hauch sandt’ ihnen der treffende Phöbos Apollon;

480Und sie erhuben den Mast, und spannten die schimmernden Segel.Voll nun schwellte der Wind des Segels Mitt’, und umher schollLaut die purpurne Wog’ um den Kiel des gleitenden Schiffes;Und es durchlief die Gewässer, den Weg in Eile vollendend.Als sie nunmehr hinkamen zum weiten Heer der Achaier,

485Zogen das schwärzliche Schiff sie empor an die Feste des Landes,Hoch auf den kiesigen Sand, und breiteten drunter Gebälk hin;Selbst dann zerstreuten sie sich ringsher zu Gezelten und Schiffen.Jener zürnt’, an des Meers schnellwandelnden Schiffen sich setzend,Peleus göttlicher Sohn, der mutige Renner Achilleus:

490Niemals mehr in den Rat, den männerehrenden, ging er;Niemals mehr in die Schlacht. Doch Gram zernagte das Herz ihm,Daß er blieb; er verlangte nur Feldgeschrei und Getümmel.Als nunmehr die zwölfte der Morgenröten emporstieg;Kehreten heim zum Olympos die ewigwährenden Götter

495Alle zugleich; Zeus führte. Doch Thetis vergaß das Geheiß nichtIhres Sohns; sie enttauchte der Woge des Meers, und erhub sichSchon in dämmernder Frühe zum Himmel empor und Olympos;Fand nun den wartenden Zeus abwärts von den anderen sitzend,Dort auf dem obersten Gipfel des vielgezackten Olympos.

500Und sie setzte sich nahe vor ihm, umschlang mit der LinkenSeine Knie’, und berührt’ ihn unter dem Kinn mit der Rechten;Flehend zugleich begann sie zum herrschenden Zeus Kronion:Vater Zeus, wenn ich je mit Worten dir, oder mit Taten,Frommt’ in der Götterschar; so gewähre mir dieses Verlangen:

505Ehre mir meinen Sohn, der frühhinwelkend vor andernSterblichen ward! Doch hat ihn der Völkerfürst AgamemnonJetzo entehrt, und behält sein Geschenk, das er selber geraubet!Aber o räch’ ihn du, Olympier, Ordner der Welt, Zeus!Stärke die Troer nunmehr mit Siegskraft, bis die Achaier

510Meinen Sohn mir geehrt, und reichliche Ehr’ ihm vergolten!Jene sprach’s; ihr erwiderte nichts der Wolkenversammler;Lange saß er und schwieg. Doch Thetis schmiegte sich fest ihmAn die umschlungenen Knie’, und flehete wieder von neuem:Unverstellt verheiße mir jetzt, und winke Gewährung;

515Oder verweigere mir’s! (Nichts scheuest du!) daß ich es wisse,Ganz sei ich vor allen die ungeehrteste Göttin!Unmutsvoll nun begann der Herrscher im Donnergewölk Zeus:Heillos traun ist solches, daß du mit Here zu hadernMich empörst, wann sie künftig mich reizt durch schmähende Worte.

520Zanket sie doch schon so im Kreis der unsterblichen GötterStets mit mir, und saget, ich helf’ im Streit den Troern.Eile du denn jetzt wieder hinweg, daß nicht dich bemerkeHere; doch mir sei die Sorge des übrigen, wie ich’s vollende.Aber wohlan, mit dem Haupte dir wink’ ich es, daß du vertrauest.

525Solches ist ja meiner Verheißungen unter den GötternHeiligstes Pfand, denn nie ist wandelbar, oder betrüglich,Noch unvollendet das Wort, das mit winkendem Haupt ich gewähret.Also sprach, und winkte mit schwärzlichen Brauen Kronion;Und die ambrosischen Locken des Königes wallten ihm vorwärts

530Von dem unsterblichen Haupt; es erbebten die Höhn des Olympos.So ratschlagten sie beid’, und trennten sich. Siehe, die GöttinFuhr in die Tiefe des Meers vom glanzerhellten Olympos;Zeus dann in seinen Palast. Die Unsterblichen standen empor ihmAlle vom Sitz, dem Vater entgegen zu gehn; und nicht einer

535Harrte des Kommenden dort, entgegen ihm traten sie alle.Er nun nahte dem Thron, und setzte sich. Aber nicht achtlosHatt’ es Here bemerkt, wie geheim ratschlagte mit jenemNereus Tochter des Greises, die silberfüßige Thetis.Schnell mit kränkender Rede zu Zeus Kronion begann sie:

540Wer hat, Schlauer, mit dir der Unsterblichen wieder geratschlagt?Immer war es dir Freude, von mir hinweg dich entfernend,Heimlich ersonnenen Rat zu genehmigen! Hast du doch niemalsMir willfähriges Geistes ein Wort gesagt, was du denkest!Drauf begann der Vater des Menschengeschlechts und der Götter:

545Here, nur nicht alles getraue dir, was ich beschließenEinzusehn; schwer würde dir das, auch meiner Gemahlin!Zwar was dir zu hören vergönnt ist, keiner soll jenesFrüher erkennen denn du, der Unsterblichen oder der Menschen.Doch was mir von den Göttern entfernt zu beschließen genehm ist,

550Solches darfst du mir nicht auskundigen, oder erforschen.Ihm antwortete drauf die hoheitblickende Here:Welch ein Wort, Kronion, du schrecklicher, hast du geredet!Nie doch hab’ ich zuvor mich erkundiget, oder geforschet;Sondern ganz in Ruhe beschließest du, was dir genehm ist.

555Doch nun sorg’ ich im Herzen und fürchte mich, daß dich beschwatzeNereus Tochter des Greises, die silberfüßige Thetis.Denn sie saß in der Frühe bei dir, und umschlang dir die Kniee.Ihr dann winkend, vermut’ ich, gelobtest du, daß du AchilleusEhren willst, und verderben der Danaer viel’ an den Schiffen.

560Gegen sie rief antwortend der Herrscher im Donnergewölk Zeus:Immer, du Wunderbare, vermutest du; spähest mich immerDoch nicht schafft dein Tun dir das mindeste; sondern entfernterWirst du im Herzen mir stets: was dir noch schrecklicher sein wird;Wenn auch jenes geschieht, so wird mir’s also gelieben!

565Sitze denn ruhig und schweig’, und gehorche du meinem Gebote.Kaum wohl schätzten dich sonst die Unsterblichen all’ im Olympos,Trät’ ich hinan, ausstreckend zu dir die unnahbaren Hände!Jener sprach’s; da erschrak die hoheitblickende Here;Schweigend saß sie nunmehr, und bezwang die Stürme des Herzens.

570Doch rings traurten im Saale die göttlichen Uranionen.Jetzo begann Hephästos, der kunstberühmte, zu reden,Seiner Mutter zu Gunst, der lilienarmigen Here:Heillos traun wird solches zuletzt, und gar unerträglich,Wenn ihr beid’ um Sterbliche nun euch also entzweiet,

575Und zu Tumult aufreizet die Himmlischen! Nichts ja geneußt manMehr von der Freude des Mahls; denn es wird je länger, je ärger!Jetzt ermahn’ ich die Mutter, wiewohl sie selber Verstand hat,Unserem Vater zu nahn mit Gefälligkeit, daß er hinfort nichtSchelte, der Vater Zeus, und uns zerrütte das Gastmahl.

580Denn sobald er es wollte, der Donnergott des Olympos,Schmettert’ er uns von den Thronen; denn er ist mächtig vor allen,Aber wohlan, du wollest mit freundlichen Worten ihm schmeicheln;Bald wird wieder zu Huld der Olympier uns versöhnt sein.Jener sprach’s, und erhub sich, und nahm den doppelten Becher,

585Reicht’ in die Hand der Mutter ihn dar, und redete also:Duld’, o teuerste Mutter, und fasse dich, herzlich betrübt zwar!Daß ich nicht, du Geliebte, mit eigenen Augen es sehe,Wann er dich straft; darin sucht’ ich umsonst, wie sehr ich mich härmte,Rettung: schwerlich ja mag dem Olympier einer begegnen!

590Denn schon einmal vordem, als abzuwehren ich strebte,Schwang er mich hoch, bei der Ferse gefaßt, von der heiligen Schwelle.Ganz den Tag hinflog ich, und spät mit der sinkenden SonneFiel ich in Lemnos hinab, und atmete kaum noch Leben;Aber der Sintier Volk empfing mich Gefallenen freundlich.

595Sprach’s; da lächelte sanft die lilienarmige Here;Lächelnd darauf entnahm sie der Hand des Sohnes den Becher.Jener schenkte nunmehr auch der übrigen GötterversammlungRechts herum, dem Kruge den süßen Nektar entschöpfend.Doch unermeßliches Lachen erscholl den seligen Göttern,

600Als sie sahn, wie Hephästos in emsiger Eil’ umherging.Also den ganzen Tag bis spät zur sinkenden SonneSchmausten sie; und nicht mangelt’ ihr Herz des gemeinsamen Mahles,Nicht des Saitengetöns von der lieblichen Leier Apollons,Noch des Gesangs der Musen mit hold antwortender Stimme.

605Aber nachdem sich gesenkt des Helios leuchtende Fackel,Gingen sie auszuruhn, zur eigenen Wohnung ein jeder,Dort wo jedem vordem der hinkende Künstler HephästosBauete seinen Palast mit erfindungsreichem Verstande.Zeus auch ging zum Lager, der Donnergott des Olympos,

610Wo er zuvor ausruhte, wann süßer Schlaf ihm genaht war:Dorthin stieg er zu ruhn mit der goldenthronenden Here.

Zweiter Gesang

Zeus, des Versprechens eingedenk, bewegt Agamemnon durch einen Traum, die Achaier zur Schlacht auszuführen. Rat der Fürsten; dann Volksversammlung. Agamemnon, das Volk zu versuchen, befiehlt Heimkehr; und alle sind geneigt. Odysseus, von Athene ermahnt, hemmt sie. Thersites dringt schmähend auf Heimkehr, und wird gestraft. Das beschämte Volk, durch Odysseus und Nestor völlig gewonnen, wird von Agamemnon zur Schlacht aufgefordert. Frühmahl, Opfer und Anordnung des Heers. Verzeichnis der achaiischen Völker. Die Troer in Versammlung hören die Botschaft, und rücken aus. Verzeichnis der troischen Völker.

Alle nunmehr, die Götter und gaulgerüsteten Männer,Schliefen die ganze Nacht; nur Zeus nicht labte der Schlummer;Sondern er sann im Geiste voll Unruh, wie er AchilleusEhren möcht’, und verderben der Danaer viel’ an den Schiffen.

5Dieser Gedank’ erschien dem Zweifelnden endlich der beste:Einen täuschenden Traum zu Atreus Sohne zu senden.Und er begann zu jenem, und sprach die geflügelten Worte:Eile mir, täuschender Traum, zu den rüstigen Schiffen Achaias;Gehe dort ins Gezelt zu Atreus Sohn Agamemnon,

10Ihm das alles genau zu verkündigen, was ich gebiete.Heiß’ ihn rüsten zur Schlacht die hauptumlockten AchaierAll’ im Heer; denn jetzo sei leicht ihm bezwungen der TroerWeitdurchwanderte Stadt. Nicht mehr zweifaches EntschlussesSein die olympischen Götter; bewegt schon habe sie alle

15Here durch Flehn; und hinab auf Ilios schwebe Verderben.Jener sprach’s; und der Traum, sobald er die Rede vernommen,Eilte hinweg, und kam zu den rüstigen Schiffen Achaias.Hin nun eilt’ er, und fand des Atreus Sohn AgamemnonSchlafend in seinem Gezelt; ihn umfloß der ambrosische Schlummer.

20Jener trat ihm zum Haupt’, an Gestalt dem Sohne des NeleusNestor gleich, den hoch vor den Ältesten ehrt’ Agamemnon;Dessen Gestalt nachahmend begann der göttliche Traum so:Schlummerst du, Atreus Sohn, des feurigen Rossebezähmers?Keinem Richter gebührt’s die ganze Nacht zu durchschlummern,

25Dem zur Hut sich die Völker vertraut, und so mancherlei obliegt.Auf, nun höre mein Wort; ich komm’, ein Bote Kronions,Der dich sehr, auch ferne, begünstiget, dein sich erbarmend.Rüsten heißt er zur Schlacht die hauptumlockten AchaierAll’ im Heer; denn jetzo sei leicht dir bezwungen der Troer

30Weitdurchwanderte Stadt. Nicht mehr zweifaches EntschlussesSein die olympischen Götter; bewegt schon habe sie alleHere durch Flehn; und hinab auf Ilios schwebe VerderbenHer von Zeus. Du merk’ es im Geiste dir, daß dem GedächtnisNichts entfällt, wann jetzo vom lieblichen Schlaf du erwachest.

35Also sagt’ ihm der Traum, und wandte sich; jenen verließ erDem nachsinnend im Geist, was nie zur Vollendung bestimmt war.Denn er hoffte noch heut’ des Priamos Stadt zu erobern;Tor! und erkannte nicht, was Zeus für Taten geordnet.Denn er beschloß noch Jammer und Angstgeschrei zu erregen

40Troern zugleich und Achaiern im Ungestüme der Feldschlacht.Jetzo erwacht’ er vom Schlaf, noch umtönt von der göttlichen Stimme;Setzte sich aufrecht hin, und zog das weiche Gewand an,Sauber und neugewirkt, und warf den Mantel darüber;Unter die glänzenden Füß’ auch band er sich stattliche Sohlen;

45Hängte sodann um die Schulter das Schwert voll silberner Buckeln;Nahm auch den Herrscherstab, den ererbeten, ewiger Dauer;Wandelte dann zu den Schiffen der erzumschirmten Achaier.Eos aber die Göttin erstieg den hohen Olympos,Zeus und den anderen Göttern des Tageslicht zu verkünden.

50Und er gebot Herolden von hellaustönender Stimme,Rings zur Versammlung zu rufen die hauptumlockten Achaier.Tönend ruften sie aus, und flugs war die Menge versammelt.Einen Rat nun setzt’ er zuerst der erhabenen Ältsten,Am Nestorischen Schiffe, des herrschenden Greises von Pylos;

55Als sich jene gesetzt, entwarf er die weise Beratung:Freunde, vernehmt; ein göttlicher Traum erschien mir im SchlummerDurch die ambrosische Nacht; und ganz dem erhabenen NestorWar an Wuchs und Größ’ und Gestalt er wunderbar ähnlich.Dieser trat mir zum Haupt, und redete, also beginnend:

60Schlummerst du, Atreus Sohn, des feurigen Rossebezähmers?Keinem Richter gebührt’s die ganze Nacht zu durchschlummern,Dem zur Hut sich die Völker vertraut, und so mancherlei obliegt.Auf, nun höre mein Wort; ich komm’ ein Bote Kronions,Der dich sehr, auch ferne, begünstiget, dein sich erbarmend.

65Rüsten heißt er zur Schlacht die hauptumlockten AchaierAll’ im Heer, denn jetzo sei leicht dir bezwungen der TroerWeitdurchwanderte Stadt. Nicht mehr zweifaches EntschlussesSein die olympischen Götter; bewegt schon haben sie alleHere durch Flehn; und hinab auf Ilios schwebe Verderben

70Her von Zeus. Du merk’ es im Geiste dir. - Dieses geredet,Flog er hinweg und verschwand; und der liebliche Schlummer verließ mich.Aber wohlan, ob vielleicht zu rüsten gelingt die Achaier!Selber zuerst durch Worte versuch’ ich sie, wie es Gebrauch ist,Und ermahne zur Flucht in vielgeruderten Schiffen:

75Ihr dann, anderswo andre, beredet sie wieder zu bleiben.Also redete jener, und setzte sich. Wieder erhub sichNestor, welcher gebot in Pylos sandigen Fluren;Dieser begann wohlmeinend, und redete vor der Versammlung:Freunde, des Volks von Argos erhabene Fürsten und Pfleger,

80Hätte von solchem Traum ein anderer Mann uns erzählet;Lug wohl nennten wir ihn, und wendeten uns mit Verachtung.