9,99 €
Gewöhnlich hängen wir mit unseren Gedanken an Vergangenem oder wir sorgen uns um Zukünftiges - daraus ziehen wir Identität und Sicherheit. Thich Nhat Hanh zeigt, wie wir mehr und mehr Vertrauen entwickeln können in ein Leben, das in der Gegenwart wirklich verankert ist und von dem wir uns nicht fortwährend wegträumen. Wir können im Hier und Jetzt, in unserem ganz alltäglichen Leben, von Augenblick zu Augenblick Heimat und Sicherheit finden - dies ist die hoffnungsvolle Botschaft des vietnamesischen Zen-Meisters. Er verkörperte diese Botschaft wie kaum ein Zweiter.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 97
Buch
Gewöhnlich hängen wir mit unseren Gedanken an Vergangenem oder wir sorgen uns um Zukünftiges - daraus ziehen wir Identität und Sicherheit. Thich Nhat Hanh zeigt, wie wir mehr und mehr Vertrauen entwickeln können in ein Leben, das in der Gegenwart wirklich verankert ist und von dem wir uns nicht fortwährend wegträumen. Wir können im Hier und Jetzt, in unserem ganz alltäglichen Leben, von Augenblick zu Augenblick Heimat und Sicherheit finden - dies ist die hoffnungsvolle Botschaft des vietnamesischen Zen-Meisters. Er verkörperte diese Botschaft wie kaum ein anderer.
Autor
Thich Nhat Hanh war einer der bekanntesten spirituellen Lehrer unserer Zeit. Der Zen-Meister, Dichter und Friedensaktivist lebte zwischenzeitlich aufgrund seines Engagements für ein Ende des Vietnam-Kriegs in Frankreich im Exil. Das von ihm gegründete Praxiszentrum Plum Village wird jährlich von Menschen aus aller Welt besucht. Die zahlreichen Bücher des Autors bringen den Menschen aller Kulturen die Kunst des achtsamen Lebens näher.
Außerdem von Thich Nhat Hanh im Programm
Das Wunder der Achtsamkeit, Arkana Antworten von Herzen, Arkana Aus Angst wird Mut, Arkana Das Wunder des bewussten Atmens, Arkana Der furchtlose Buddha, Arkana Die Welt ins Herz schließen, Arkana Frei sein, wo immer du bist, Arkana Achtsam leben – wie geht das denn?, Arkana Jeden Augenblick genießen, Arkana
Thich Nhat Hanh
Im Hier und Jetzt zu Hause sein
Herausgegeben, zusammengestellt und übersetzt von Ursula Hanselmann
Mit einem Vorwort von Ursula Hanselmann
Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber ausfindig zu machen, verlagsüblich zu nennen und zu honorieren. Sollte uns dies im Einzelfall aufgrund der schlechten Quellenlage bedauerlicherweise einmal nicht möglich gewesen sein, werden wir begründete Ansprüche selbstverständlich erfüllen.
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.
Deutsche Ausgabe Januar 2024
Copyright © 2006/2016 der Originalausgabe: Theseus in Kamphausen Media GmbH, Bielefeld
Copyright © 2024 dieser Ausgabe: Arkana Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
Die Gedichte sind dem Band Nenne mich bei meinen wahren Namen, Gesammelte Gedichte, entnommen (übersetzt von Karen Siebert), Theseus Verlag, 1997
Lektorat: Ursula Richard
Kalligrafien: Kerstin Fiebig, ad department
Covergestaltung: Tina Agard Grafik & Buchdesign, Stuttgart
Covermotiv: © iStockphoto, VeraPetruk
Gestaltung und Satz: Tina Agard Grafik & Buchdesign, Esslingen a. N.
ISBN 978-3-641-37019-0V001
www.arkana-verlag.de
Im Hier und Jetzt zu Hause seinEinführung von Ursula Hanselmann
Vorwort
Ausruhen und nichts tun
Innehalten
Präsent sein, zu Hause sein
Verbundenheit und Intersein
Kontaktadressen
Zum Weiterlesen
Wer einmal erlebt hat, wie wohltuend, erfrischend und heilsam es ist, ganz im gegenwärtigen Moment zu sein, im Hier und Jetzt wirklich anzukommen, in dem wird eine tiefe Sehnsucht erwachsen, solche Augenblicke öfter und länger zu erleben. Ganz bei sich und gleichzeitig mit allem verbunden, fühlt man sich zu Hause, nichts fehlt, alles ist da.
Oft ertappe ich mich im Alltag dabei, wie ich drei Dinge gleichzeitig tun will; ich beginne etwas, mache mit einer anderen Sache weiter und finde dann noch eine dritte Aufgabe, die sofort erledigt werden muss. Wenn mir bewusst wird, was ich da tue, dann lasse ich erst einmal alles stehen, mache mir, wenn möglich, eine Tasse Tee, gebe mir zehn Minuten Auszeit und versuche in dieser Zeit, nur Tee zu trinken, sonst gar nichts. Danach gehe ich viel entspannter an meine Aufgaben, erledige eine nach der anderen, und die Dinge gelingen mir viel besser und schneller, weil ich ganz dabei bin.
Ein langer Tag im Seniorenheim, mir tun die Füße weh, ich bin müde und will nach Hause. Jemand sagt: »Die Spülmaschine müsste noch ausgeräumt werden« – nicht mehr. Und dieser Satz löst einen unglaublichen Monolog in meinem Kopf aus, einen Monolog der Rechtfertigungen, Anschuldigungen, Erklärungen und Richtigstellungen. Die ganze Zugfahrt über ärgere ich mich, stelle immer wieder klar, dass ich den ganzen Tag schwer gearbeitet habe – ehrenamtlich –, dass ich schon vierzehn Stunden unterwegs bin und ja auch je mand anderes die Spülmaschine ausräumen könnte und überhaupt wird meine Arbeit nicht so anerkannt, wie ich mir das wünsche und angemessen fände und so weiter und so fort – ein CD-Player, der immer wieder an derselben Stelle hängen bleibt und die Litanei nur ein wenig abgeändert in stetigen Schleifen wiedergibt.
Das Haus, in dem ich lebe, liegt auf einer Anhöhe. Völlig meinem Ärger hingegeben ist mir gar nicht bewusst, wie locker leicht ich diese Steigung heute nehme, bis ich auf einmal merke, was ich da tue, und innehalte. Plötzlich sehe ich wieder die Blumen am Wegrand, höre das Rauschen des Baches, der neben der Straße fließt, nehme die Sonne wahr, die mich schon die ganze Zeit begleitet. Und alles ist gut in diesem Moment; ich bin wieder da, ganz im Augenblick und lächle mir zu, mir, die ich so viel Zeit vergeudet habe wegen eines einfachen Satzes, den ich mit allen möglichen Dingen beschwert habe.
Innehalten heißt in diesem Fall aber auch sich die Zeit nehmen, hinzuschauen, was da geschehen ist, welche Knöpfe wieder gedrückt wurden und wo es in meiner Übung noch gewaltig hakt. Da ist zum Beispiel dieses alte Bedürfnis, alles gut machen zu wollen, meine Unfähigkeit, klare Grenzen zu setzen, der Wunsch, beliebt und anerkannt zu sein, da sind diffuse Schuldgefühle, die mir sagen: »Hier gibt es so viel zu tun, da sollte ich doch noch mal eben die Spülmaschine ausräumen können.« Innehalten gibt mir die Möglichkeit, mich wieder neu auszurichten, und zu erkennen, wo alte Muster ganz leicht angeregt werden können.
Und vielleicht werde ich beim nächsten Mal schon ein wenig eher stoppen können, sehen, dass die anderen auch den ganzen Tag auf den Beinen waren und nach Hause wollen, und mit ihnen nach einer für alle zufrieden stellenden Lösung suchen.
Ein lieber Freund ist schwer krank. Eine tiefe Gewohnheitsenergie meldet sich: »Mir das Schlimmste vorzustellen, damit ich gewappnet bin.« Auch hier hilft mir wieder, innezuhalten und mich im gegenwärtigen Moment zu verankern. Was ist jetzt? Gerade jetzt? Er ist krank, aber er lebt noch! Ich bin hier, der Himmel ist blau, die Sonne wärmt, und ich weiß, er wird jetzt auf der Terrasse in der Sonne liegen. Ich hole meine Hängematte und verbinde mich mit ihm, bin glücklich, dass es ihn noch gibt. Manchmal nehme ich ihn in Gedanken bei der Hand, um für ihn zu gehen, zu schauen, zu hören. So sind wir beide in diesem Moment ganz lebendig.
Innehalten und präsent sein, ankommen im gegenwärtigen Moment – dies sind wunderbare Übungen, die unseren Alltag viel heller werden lassen. Wir können neue Wege in unserem Geist anlegen und müssen nicht immer den ausgetretenen Pfaden unserer Gewohnheitsenergien folgen. Wir können offen dem begegnen, was ist. Wir spüren unseren Körper, nehmen wahr, was in unserem Geist geschieht, und sind verbunden mit allem, was im gegenwärtigen Moment mit uns ist. Wir sind da. Und je öfter wir ganz da sind, desto wohler fühlen wir uns in diesem Moment, wir sind zu Hause in dieser Gegenwärtigkeit.
Gegenwärtiger Augenblick, wunderbarer Augenblick.
Der Buddha hat uns vor über 2500 Jahren eine Vielzahl von Werkzeugen an die Hand gegeben, diesen wunderbaren Augenblick zu berühren.
Der vietnamesische Mönch, Dichter und Vertreter einer sozial engagierten Spiritualität Thich Nhat Hanh wird nicht müde, uns diese Werkzeuge immer wieder nahe zu bringen, uns die Freude an der Übung zu vermitteln, uns zu ermuntern, zu ermutigen und anzuregen, das Gesagte auszuprobieren. In Vorträgen, Büchern und bei seinen vielen Reisen vermittelt er einen lebendigen Buddhismus, den er als umfassende Praxis zur Heilung und Transformation versteht. Seine spirituellen Zentren in Frankreich und Amerika sind bedeutende Übungsorte für alle geworden, die die Achtsamkeit zusammen mit anderen erlernen oder wieder entdecken wollen.
Dieses Buch enthält eine Vielzahl inspirierender Anregungen Thich Nhat Hanhs, Vorschläge zur Übung, zum Nachdenken, zum Wirkenlassen, die uns helfen können, uns mehr und mehr im Hier und Jetzt zu verankern, im Hier und Jetzt unsere wahre Heimat zu finden. Mögen sie Samen sein, die bei Ihnen auf fruchtbaren Boden fallen, den Garten ihres Geistes kultivieren und wunderschöne Blüten der Achtsamkeit hervorbringen.
Ursula Hanselmann
Mai 2006
Buddhismus ist eher eine Praxis als eine Religion. Wenn wir von Buddhismus sprechen, dann meinen wir eine Praxis, die uns dabei helfen kann, uns zu verändern. Religiöse Themen wie Schöpfung, Offenbarung, Erlösung sind im Buddhismus nicht so wichtig. Im Buddhismus reden wir über diese Dinge gar nicht. Wir sprechen nur von der Praxis, und so ist es letztendlich nicht ganz richtig, Buddhismus der Kategorie »Religion « zuzuordnen.
Praxis im Buddhismus ist Kultivierung des Geistes, denn der Geist wird als Grundlage von allem gesehen. Der Geist ist so etwas wie die Erde, ein Garten, den wir kultivieren, damit Blumen und Früchte wachsen können. Das entsprechende Sanskrit-Wort heißt cittabhavana. Citta ist der Geist und bhavana bedeutet Kultivierung. Das Wort »Meditation« ist ein westlicher Begriff. Im Buddhismus sprechen wir von der Kultivierung des Geistes, wenn wir die Praxis, die Übung, meinen. Im Chinesischen bedeutet das Wort Praxis: etwas verbessern, reparieren, festigen, verwandeln, etwas verschönern, wahrer, realer machen. Eine Praxis, die darauf zielt, uns schöner, wahrer zu machen, die dazu dient, uns zu vervollkommnen, uns gesünder zu machen, glücklicher.
Der Buddha ist weder Gott noch Schöpfer; der Buddha ist ein menschliches Wesen, das gut praktiziert hat, das sich selbst verwandelt und die Rolle eines großen Bruders, eines Lehrers für uns übernommen hat. Er ist kein Gott sondern ein Freund, der uns leitet.
Wenn wir die grundlegenden Texte des Buddhismus studieren wie zum Beispiel das Sutra der Achtsamkeit auf den Atem (Anapanasati-Sutra) oder das Sutra der vier Verankerungen der Achtsamkeit (Satipathana-Sutra), so sehen wir, dass es Texte sind, die uns beim Üben helfen, die uns dabei helfen, unseren Geist zu kultivieren. Diese Texte sind keine psychologischen Texte, sie sind aber auch keine philosophischen Abhandlungen. Ebenso wenig sind sie aber auch als religiöse Texte zu verstehen.
Diese Texte dienen der Praxis, der Heilung, der Transformation. Es sind Worte, die darauf abzielen zu transformieren. Sie sind somit eine Art Medizin.
Der Westen tendiert dazu, Buddhismus als Religion zu sehen, und Buddhisten selbst haben ihre Tradition in eine Religion umgewandelt. Der Buddhismus in seinen Ursprüngen war keine andächtige, fromme Praxis, auch keine rituelle. Im Zentrum stand die umfassende Kultivierung des Geistes.
Wir praktizieren aber nicht nur mit dem Geist, wir üben auch mit dem Körper. Cittabhavana stärkt unsere Gesundheit – unsere körperliche und unsere geistige Gesundheit.
Cittabhavana – im Westen sagen wir meist »Meditation« – dient der Befriedung, der Beruhigung unseres Körpers und unseres Geistes, der Entspannung von Körper und Geist. Wir führen dem Körper und dem Geist nährende Elemente zu. Wir benötigen diese Nahrung für unseren Körper und unseren Geist: Frieden, Glück, Liebe. Die Praxis bewirkt Transformation. Transformation von Krankheit, Transformation von negativen Geistesinhalten wie Angst, Ärger, Verzweiflung.
Um zu vollständiger Heilung, vollständiger Transformation zu gelangen, müssen wir ein tiefes und authentisches Wissen von uns selbst und unserem Umfeld entwickeln. Die Praxis beinhaltet also auch ein tiefes Schauen – in uns selbst und in unsere Umwelt. Dadurch können wir die Wirklichkeit erkennen, und Heilung und Transformation werden möglich. Heilung und Transformation gehen Hand in Hand mit Einsicht und Wissen. Wissen bedeutet hier nicht intellektuelles Wissen, sondern Weisheit, tiefes Verstehen des Seins. Das wird uns befreien, wird uns heilen und transformieren.
Ach du, die du im Kreise läufst,