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Gerettet in letzter Sekunde! Doch was Prinz Eirik nach seinem Schiffbruch in den sturmumtosten Wellen vor Cornwall einen Moment lang für eine Nixe hält, entpuppt sich als die Meeresbiologin Arielle Tremain. Fasziniert von der unkonventionellen Schönheit und ihrem leidenschaftlichen Umwelt-Engagement, bietet Eirik ihr in seinem Königreich einen Job an. Heiß knistert es zwischen ihnen, und bald will er so viel mehr von ihr! Bis er aus Pflichtbewusstsein eine andere heiraten muss, möchte er ein letztes Mal aus vollem Herzen lieben. Seine ganz und gar unstandesgemäße Arielle …
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Seitenzahl: 200
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2022 by Chantelle Shaw Originaltitel: „Her Secret Royal Dilemma“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA, Band 2576 12/2022 Übersetzung: Anike Pahl
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 12/2022 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751510165
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
als ich gebeten wurde, eine Geschichte zu schreiben, die auf einem Märchen basiert, habe ich mich für Die kleine Meerjungfrau entschieden. Ich hatte irgendwann einmal von einer jungen Frau gelesen, die eine gute Schwimmerin ist und dabei immer eine Monoflosse trägt. Da hatte ich meine echte Meerjungfrau. Arielle möchte unbedingt dem Schatten der schrecklichen Verbrechen ihres Vaters entkommen, und nachdem sie Prinz Eirik vor dem Ertrinken rettet, fühlt sie sich zu dem gut aussehenden Thronfolger hingezogen. Aber sie weiß, dass sie niemals ein Teil seiner glamourösen Welt sein kann.
Es hat mir so viel Spaß gemacht, das nordische Fürstentum Fjernland zu erschaffen, das Eirik bald regieren würde. Von ihm wird erwartet, dass er eine standesgemäße Ehe schließt – mit seiner Prinzgemahlin. Aber er kann die rothaarige Sirene nicht vergessen, die ihn verzaubert hat. Eirik und Arielle teilen eine Leidenschaft für den Meeresschutz. Wie üblich habe ich viel zu viel recherchiert, dabei aber einige erstaunliche Menschen kennengelernt, die an Initiativen beteiligt sind, um die riesigen Mengen an Plastikmüll in den Ozeanen zu recyceln. Ich hoffe, euch gefällt die Geschichte von Arielle und Eirik!
In Liebe
Chantelle xxx
Die Welle war riesig. Im Schein seiner Stirnlampe sah Prinz Eirik eine gewaltige Wasserwand vor seiner Jacht aufragen. Die See war rau und wild, aufgepeitscht von einem Sturm, der früher als vorhergesagt eingetroffen war. Aber dies war eine Monsterwelle, die weißen Schaum versprühte, während sie sich überschlug.
Eiriks Jacht, die Mako, hatte ihren Mast verloren, als das Unwetter vor etwa einer Stunde über ihn gekommen war. Die Antenne war abgebrochen, sodass er kein Funksignal bekam und keinen Notruf absetzen konnte. Die dichten Wolken verhinderten, dass das Satellitentelefon funktionierte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Around the Island of Ireland-Regatta, kurz AII, abzubrechen. Die Teilnehmer waren vom Jachthafen in Penash an der Südküste Cornwalls aus in See gestochen. Auf dem Rückweg war es ihm gelungen, einen provisorischen Mast mit Segel aufzurichten, und er war auf dem Weg zur Küste gut vorangekommen. Die zerklüfteten Klippen Cornwalls waren zwar nah, aber nicht nah genug.
Die Nacht hatte undurchdringliche Finsternis mitgebracht. Sein Kopf pochte an der Stelle, wo er kurz zuvor vom Querbaum getroffen worden war. Er strich sich das nasse Haar aus den Augen und bemerkte im Fackelschein das Blut an seinen Fingern, das von der Wunde an seiner Stirn stammte. Dann sah er, wie diese riesige Welle wie in Zeitlupe auf das Deck prallte. Ein Krachen erfüllte seine Ohren und erinnerte ihn an das Tosen einer Lawine, die einen Berg hinunterraste.
Hatte Niels damals Angst gehabt? Eirik erinnerte sich an jenen schicksalhaften Tag vor etwas mehr als einem Jahr. Er war seinem Bruder einige Meter voraus gewesen und hatte es noch geschafft, auf Skiern zu einer Gruppe von Kiefern hinüberzufahren, die etwas Schutz vor der Lawine geboten hatte. Bei einem Blick auf die weiße Schneemasse, die den Hang hinunterdonnerte, hatte er tief in seinem Herzen gewusst, dass Niels nicht überleben konnte.
Eiriks Trauer mischte sich mit Schuldgefühlen, weil er seinen Bruder zum Skifahren überredet hatte. Sie hatten beide die schnellen Pisten geliebt, als sie jünger waren, doch Niels war als Thronfolger des Fürstentums Fjernland von seinen Eltern stets davon abgehalten worden, irgendwelche Risiken einzugehen.
Die Welt drehte sich um Eirik, und der sternenlose Himmel verschmolz mit dem schwarzen Meer, als die mächtige Welle seine Jacht um fast hundertachtzig Grad kippte. Nach einer gefühlten Ewigkeit unter Wasser richtete sich die Mako wieder auf.
Hustend und keuchend schnappte Eirik nach Luft. Seine Lunge brannte, und er begutachtete den neuen Schaden. Der provisorische Mast war komplett zerstört worden. Mit letzter Kraft kämpfte er sich zu dem Fach vor, in dem die Leuchtraketen aufbewahrt wurden, die nur bei unmittelbarer Lebensgefahr eingesetzt werden durften.
Es war ernüchternd, sich einzugestehen, dass seine Situation dermaßen ernst geworden war. Wenige Augenblicke später stieg eine leuchtend rote Rauchfahne in den Himmel auf, und er hoffte, dass jemand an Land das Signal sehen und die Küstenwache alarmieren würde.
Die See hatte sich etwas beruhigt, nachdem die Monsterwelle vorübergezogen war. Ein Schimmer von Mondlicht war erkennbar, während sich die Wolken auflösten, und zeigte Eirik, dass die Jacht noch näher an die Küste getrieben war. Aber der Bug des Bootes lag zu tief im Wasser, und er erkannte, dass die Mako sank. Seine einzige Chance bestand darin, zu versuchen, ans Ufer zu schwimmen. Aber dort krachte eine gewaltige Brandung gegen die Klippen, und es war kaum möglich, an den zerklüfteten Felsen vorbeizukommen.
Er löste die Sicherheitsleine, mit der er an der Jacht befestigt war, und kletterte über die Reling. Im Mondlicht konnte er gerade noch die Umrisse des Ufers in der Ferne ausmachen. Eirik schnitt eine Grimasse. Es war ein verrückter Plan, aber er hatte keine andere Wahl.
In diesem Moment sah er die Schwanzflosse. Er wusste, dass im Meer um Cornwall herum regelmäßig Delfine gesichtet wurden. Aber es hatte gar nicht wie ein Delfin ausgesehen. Die typisch geschwungene, große Flosse durchbrach erneut die Oberfläche, diesmal näher am Boot, bevor sie wieder in den Wellen verschwand.
Fassungslos starrte Eirik wenige Sekunden später in das Gesicht, das ein paar Meter vom Boot entfernt im Wasser aufgetaucht war. Er musste halluzinieren. Vielleicht litt er ja auch an einer Gehirnerschütterung? Erschöpft rieb er sich die Augen. Als er sie wieder öffnete, schwamm das Wesen immer noch im Meer. Eine weibliche Gestalt … mit einem Fischschwanz! Was zum Teufel war das?
Sie hob einen Arm und winkte ihm zu.
Eirik fluchte. Er glaubte nicht an die mystischen Geschichten von Meerjungfrauen oder irgendwelchen Sirenen, aber in diesem Moment konnte er sich keine andere Erklärung vorstellen.
„Folg mir!“ Ihre Stimme erhob sich über das Rauschen des Windes. Sie verschwand in den Wellen, und die große Flosse machte ein plätscherndes Geräusch.
Wasser schwappte schon über das Vorderdeck. Die Mako sank schnell. Eirik blieb nichts anderes übrig, als ins Meer zu springen und um sein Leben zu schwimmen. Das Wasser war bitterkalt, und sein Körper reagierte automatisch mit einem Atemaussetzer, der ihn würgen ließ. Im Mund hatte er einen salzigen Geschmack. Er wusste, dass die Gefahr einer Unterkühlung bestand. Seine Überlebenschancen waren momentan gering.
Diese Meerjungfrau – oder was auch immer sie war – tauchte ein paar Meter vor ihm auf und winkte ihm wieder zu. Ihre Haut wirkte im Mondlicht silbrig, und ihr Gesicht mit den hohen Wangenknochen sah so exquisit aus wie bei einem kostbaren Gemälde. Ihr langes Haar glitt wie ein Schleier durch das Wasser, als sie sich umdrehte und davonschwamm.
Eirik machte sich auf die Suche nach ihr. Er wusste nicht, wer oder was sie überhaupt war, aber sie war definitiv seine einzige Hoffnung.
Er hatte seine Stirnlampe verloren, aber der Mond schien inzwischen hell, und das ermöglichte ihm, die Schwanzflosse zu erkennen, wann immer sie die Oberfläche durchbrach. Seine Brust war eng, seine Schultern brannten von der Anstrengung beim Kraulen. Die Schwimmweste half ihm, sich über Wasser zu halten, aber er spürte, wie die starke Strömung ihn zu den Felsen zog, die wie riesige Reißzähne aus dem Meer ragten.
Unwillkürlich erinnerte er sich an die Legenden von schönen Sirenen, die Männer ins Verderben geführt hatten. Und auch er hatte einer schönen Frau noch nie widerstehen können, dachte er mit grimmigem Humor. Er war am Ende. Die Strömung trieb ihn immer näher an das todbringende Ufer heran, und sein Lebenswille schwand, während die Kälte bis tief in seine Knochen vordrang.
Dann spürte er, wie eine Hand seinen Arm berührte. Die Meerjungfrau befand sich direkt neben ihm. Ihre Augen waren groß und unergründlich, und Eirik kam der Gedanke, dass er vielleicht schon tot und in eine seltsame Unterwelt abgestiegen war.
„Gib nicht auf!“, verlangte sie. „Bleib dicht bei mir!“
„Wer bist du?“, rief er ihr hinterher, aber sie schwamm schon ein Stück vor ihm. Er zwang seine schmerzenden Muskeln, ihm zu gehorchen und ein paar weitere Schwimmzüge zu machen.
Mittlerweile schienen sie sich in einem Kanal mit ruhigerem Wasser zu befinden, der zwischen den Felsen verlief. Die Wellen schlugen auf beiden Seiten lautstark gegen die Klippen, aber Eirik sah schon eine kleine Bucht und einen Sandstreifen vor sich.
Großer Gott! Seine Füße berührten den Meeresboden, und er kroch halb kriechend, halb stolpernd aus der Brandung auf den Strand. Seine Kehle fühlte sich rau an von dem vielen Salzwasser, das er geschluckt hatte.
Er sank auf die Knie, hustete und würgte und rang nach Luft. Dann wurde er kurz bewusstlos.
Als er wieder zu sich kam, lag seine Wange auf dem nassen Sand. Jemand drehte ihn auf den Rücken und stützte seinen Kopf.
„Du wirst wieder gesund. Bitte, erhol dich wieder!“
Die Stimme klang wie eine beschwingte Melodie, von der Eirik wusste, dass er sie niemals vergessen würde. Seine Augenlider fühlten sich zu schwer an, er konnte sie nicht öffnen, und ihm war so furchtbar kalt.
„Geh nicht! Gib nicht auf!“
Die Stimme war nun lauter. Es lag eine Dringlichkeit in ihrem Gesang, eine Zärtlichkeit, die sich um Eiriks gefrorenes Herz legte. Er spürte warmen Atem auf seinem Gesicht, auf seinen Lippen. Eine Hand strich sanft über seinen Kiefer, und dann bedeckte ein weicher Mund den seinen. Ihr Atem erfüllte seinen Mund. Der Kuss eines Engels, oder in diesem Fall einer Meerjungfrau, holte Eirik vom Abgrund zurück.
Er wünschte, er könnte für immer in ihrer Umarmung bleiben, und öffnete langsam die Augen. Ein unergründlicher, dunkler Blick war auf ihn gerichtet. Sofort löste sie ihren Mund von seinem und ließ seinen Kopf auf den Sand sinken. Bis er sich aufgerappelt und auf einen Ellbogen gestützt hatte, war seine Retterin schon ins Meer zurückgekehrt und saß auf einem teilweise untergetauchten Felsen. Es war unmöglich, die Farbe ihres nassen Haars zu erkennen, das sich in Wellen um ihre Schultern gelegt hatte. Die große Flosse, die er zuallererst gesehen hatte, glitzerte silbern im Mondlicht.
„Wer bist du?“, fragte er und räusperte sich.
„Du bist jetzt in Sicherheit. Hilfe wird kommen“, sagte sie ihm mit ihrer sanften Stimme, bevor sie in die Fluten tauchte.
„Warte!“ Eirik starrte ihr nach, aber sie war verschwunden. Hatte er sich das alles eingebildet? Sein logischer Verstand war davon überzeugt. Aber ohne die Führung der fremden Schönheit hätte er den Weg zur Bucht niemals gefunden.
Er ließ sich zurückfallen und verlor immer wieder das Bewusstsein. Einige Zeit später, es konnten Minuten oder Stunden sein, hörte er die Rotorblätter eines Hubschraubers am Himmel über ihm. Er schirmte seine Augen gegen das grelle Licht des Suchscheinwerfers ab und beobachtete, wie Sanitäter auf ihn zukamen.
„Eure Hoheit, Eure Adjutanten werden zutiefst erleichtert sein, dass Ihr in Sicherheit seid“, erklärte ihm einer der Männer. „Wir waren sehr besorgt, nachdem der Funkkontakt zu Ihnen abgebrochen war. Ein unglaublicher Zufall, dass Sie den Weg zur Pixie Cove gefunden haben. Nur wenige Menschen aus dieser Gegend wissen, dass das Meer hier teilweise viel ruhiger ist.“
Feenbucht! Der Name war zutreffend, dachte Eirik. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, das von Salz und Blut verfilzt war. „Das war kein Zufall“, murmelte er. „Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich wurde von einer … Meerjungfrau hergeführt.“
Es klang sogar absolut lächerlich, und er erwartete, dass man ihn auslachen und ihm eine Gehirnerschütterung attestieren würde. Aber der Mann schien seltsamerweise gar nicht überrascht.
„Aha, Cornwalls ureigene Meerjungfrau. Ich habe sie zwar selbst noch nicht gesehen, aber ich habe schon von Arielle gehört.“
„Selbst du musst zugeben, dass Prinz Eirik umwerfend ist.“
Die scharfe Stimme neben ihr erschreckte Arielle. Sie errötete, weil sie dabei ertappt worden war, wie sie den gut aussehenden Mann auf der anderen Seite der Rasenfläche anstarrte. Er zog die bewundernden Blicke aller anwesenden Frauen auf sich.
„Sogar ich?“ Genervt sah sie Tamara Bray an und zog die Augenbrauen hoch.
Tamara war ein echtes Miststück und die Anführerin einer Clique von Mädels, die Arielle damals schon die Schulzeit zur Hölle gemacht hatte.
„Du hast dich nie für einen der Männer interessiert, die hier in der Gegend wohnen. Obwohl sich sowieso keiner von ihnen mit der Tochter eines verurteilten Verbrechers einlassen würde. Glaubst du wirklich, dass ein Niemand wie du eine Chance bei einem echten Prinzen hätte?“
Es gab gute Gründe, warum Tamara Arielles Vater für das hasste, was er getan hatte. Während seiner Abwesenheit hatte sich ihre Wut dann auf Arielle gerichtet.
„Allerdings sieht keiner der hiesigen Jungs so aus wie er, das muss ich zugeben“, murmelte Tamara.
Arielle folgte ihrem Blick durch den Garten, wo Seine Hoheit, Prinz Eirik von Fjernland, mit dem Vorsitzenden des Jachtclubs plauderte. Zweifellos war der Prinz absolut umwerfend. Mit seinem zerzausten, dunkelblonden Haar und der honigfarbenen Haut sah er aus wie ein goldener Gott. Der Verband um seine Stirn tat seinen schönen Gesichtszügen keinen Abbruch.
In der Vergangenheit waren regelmäßig Fotos des Playboy-Prinzen in der Boulevardpresse erschienen, doch seit dem Tod seines Bruders war Prinz Eirik aus dem Rampenlicht der Medien verschwunden. Um ehrlich zu sein, hatte sich Arielle schon früher ein wenig in ihn verknallt. Sie hatte sein Bild aus einem Promi-Magazin ausgeschnitten und an den Kühlschrank gehängt. Jedes Mal, wenn sie ihn öffnete, fielen ihr Eiriks faszinierende Augen auf, die das gleiche Blau hatten wie der Himmel über Cornwall an einem frischen Frühlingstag.
Die Meeresbrise zerrte an ihren Haaren, die sie in dem Bemühen, anständig auszusehen, auf den Kopf festgesteckt hatte. Eine verirrte kastanienrote Locke streifte ihre Wange, und sie hob eine Hand, um sie hinter ihr Ohr zu streichen. Ihr Blick war immer noch auf Prinz Eirik gerichtet.
Er sah viel besser aus als vor drei Tagen in der Pixie Cove. Sie hatte sich Sorgen um ihn gemacht, nachdem sie ihn am Strand zurückgelassen und Hilfe geholt hatte. Als sie in den Nachrichten gesehen hatte, dass der Prinz in ein Krankenhaus in Penzance geflogen worden war, war sie unendlich erleichtert gewesen.
Prinz Eiriks große und imposante Erscheinung hob ihn von den anderen Gästen des Jachtclubs ab, die sich um ihn scharten. Sein beeindruckender, muskulöser Körperbau und die dichten blonden Bartstoppeln auf seinem Kinn waren ein Hinweis auf seine wikingerzeitliche Abstammung.
„Wo ist eigentlich Fjernland?“, fragte Tamara.
„Es ist eine Insel in der Nordsee zwischen der dänischen Halbinsel Jütland und der Küste Südnorwegens“, erklärte Arielle abwesend. Historisch gesehen hatte Dänemark wiederholt versucht, Fjernland zu kontrollieren, aber die Fjernländer waren die furchterregendsten und unbarmherzigsten aller nordischen Krieger gewesen, und die Insel wurde irgendwann im 10. Jahrhundert zu einem unabhängigen Fürstentum. „Der derzeitige Monarch ist Prinz Otto III., seine Frau heißt Hulda. Prinz Eirik ist ihr einziger lebender Sohn und Erbe nach dem Tod seines älteren Bruders, Prinz Niels.“
„Du warst schon immer eine Angeberin. Aber auch wenn du einen tollen Abschluss in der Tasche hast, bleibt dein Vater ein Mörder. Und viele Leute hier finden, dass du auch ins Gefängnis gehörst“, zischte Tamara giftig.
„Ich wusste doch nichts von den Machenschaften meines Vaters! Und mir tut entsetzlich leid, was mit deinem Cousin passiert ist“, verteidigte sich Arielle nicht zum ersten Mal.
„Ja, genau“, stöhnte Tamara sarkastisch.
Bei der Erwähnung ihres Vaters bildete sich ein Knoten in Arielles Magengrube. Sie spürte, dass sie ihrer Vergangenheit niemals entkommen konnte. Traurig blickte sie zum Hafen, wo die Jachten, die an der berühmten Segelregatta Around the Island of Ireland teilgenommen hatten, vor Anker lagen.
Alle Boote hatten das Rennen innerhalb von achtundvierzig Stunden beendet, mit einer bemerkenswerten Ausnahme. Der Unfall von Prinz Eirik hatte es in die internationalen Schlagzeilen geschafft, aber zum Glück wurde Arielles Beteiligung nicht erwähnt. Das Letzte, was sie wollte, war, die Aufmerksamkeit der Presse auf sich zu ziehen.
Das Klirren der Takelage wurde von der Brise zu ihr herübergetragen, und die Boote schaukelten in der Dünung wie ungeduldige Pferde. Der salzige Geruch des Meeres weckte in Arielle den Wunsch, schwimmen zu gehen. An den meisten Tagen schwamm und tauchte sie mit einer Monoflosse. Das Meer war ihr zweites Zuhause, und sie war eine gute Schwimmerin. Das Selbstvertrauen, das sie unter Wasser empfand, war in allen anderen Bereichen ihres Lebens nicht vorhanden. Nur dort war sie in ihrem Element.
Genau wie ihr Vater lebte sie zurückgezogen von den anderen Dorfbewohnern in der alten Hütte auf den Klippen, die ihr ganzes Leben lang ihr Zuhause gewesen war. Kaum verwunderlich, denn Gerran Rowses Ruf als Unruhestifter hatte dazu geführt, dass die Leute sie mieden, ebenso wie ihre Mutter, als diese noch lebte.
Arielle passte nirgendwo hinein, schon gar nicht in den exklusiven Jachtclub des Ortes. Die Mitglieder waren meist wohlhabende, pensionierte Geschäftsleute, die das Stadtleben gegen die Küstenidylle eingetauscht hatten und sich über das Fehlen bekannter Café- und Restaurantketten beklagten. Keiner der örtlichen Fischer, die mit ihren Trawlern aufs Meer hinausfuhren, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, gehörte dem Jachtclub an. Aber Arielle hatte auch mit der Fischergemeinschaft von Penash wenig zu tun. Diese Männer hatten ihren Vater damals mitten in der Nacht besucht …
Sie war überrascht gewesen, als der Vorsitzende des Jachtclubs am Vortag in ihrem Atelier aufgetaucht war.
„Der Prinz von Fjernland hat das Krankenhaus verlassen und wird dem Gewinner der AII-Regatta den Preis überreichen“, hatte Charles Daventry ihr mitgeteilt. „Der Privatsekretär von Prinz Eirik hat mir mitgeteilt, dass Seine Hoheit Sie gerne treffen würde.“
Arielles Herz hatte einen Schlag ausgesetzt. „Warum will er mich denn treffen?“ Hatte der Prinz herausgefunden, dass sie ihm geholfen hatte? Doch dann war ihr der unangenehme Gedanke gekommen, dass er vielleicht neugierig auf die Berühmtheit ihres Vaters war. Die Presse hatte sie nach der Verurteilung von Gerran Rowse regelrecht gejagt, und auch aus diesem Grund hatte Arielle ihren Nachnamen geändert.
„Prinz Eirik setzt sich mit Leidenschaft für den Meeresschutz ein“, hatte Charles erklärt. „Er unterstützt internationale Kampagnen und hat von Ihrem Projekt gehört, bei dem Plastikabfälle aus dem Meer recycelt und zu Dekorationsartikeln verarbeitet werden.“
Charles hatte einen Untersetzer in die Hand genommen, den Arielle aus recyceltem Plastikgranulat hergestellt hatte, und ihn mit neugieriger Miene betrachtet. „Das Komitee hat beschlossen, Sie zu bitten, einige Ihrer Produkte in den Jachtclub zu bringen. Wenn der Prinz nach der Preisverleihung etwas Zeit hat, möchte er sie sich vielleicht ansehen.“
Werbung für den Meeresschutz war immer eine gute Sache, hatte Arielle sich gedacht, als sie vorhin im Clubhaus angekommen war. Die Gäste hatten noch zu Mittag gegessen, und ein hochnäsiger Angestellter hatte sie nach draußen zu einem Tisch auf dem Rasen geführt, wo sie ihre Arbeit ausstellen sollte. Einige andere örtliche Unternehmen waren ebenfalls eingeladen worden – auch Tamara war dort, um die Firma ihres Vaters zu vertreten.
Sie warf Arielle einen bösen Blick zu, bevor sie zu einem Stand ging, wo Bierkästen mit der Aufschrift Bray’s Brewery standen. „Warum tust du nicht allen einen Gefallen und verschwindest einfach? Ich weiß nicht, warum du überhaupt hier bist.“
„Offenbar ist der Prinz an meiner Kunststoff-Recycling-Initiative interessiert.“
„Das bezweifle ich. Sobald sein Sicherheitsteam herausgefunden hat, dass dein Vater ein verurteilter Krimineller ist, werden sie dich bestimmt nicht mehr in seine Nähe lassen.“
Arielle war inzwischen richtig sauer. Sie hatte jahrelang ertragen, dass ihr Vater ihr das Gefühl gab, wertlos zu sein. Die Wut in ihr kochte hoch. Sie hatte nichts Falsches getan, aber trotzdem war sie von den Dorfbewohnern geächtet worden.
Vielleicht hätte sie sich mehr Mühe geben sollen, die Wahrheit über die zwielichtigen Geschäfte ihres Vaters herauszufinden. Die kleine Farm, auf der er hauptsächlich Schafe gehalten hatte, war nicht sehr einträglich gewesen. Doch eines Tages hatte Arielle hinter einigen Heuballen versteckt eine große Menge Bargeld gefunden. Dann waren Fremde in ihre Hütte gekommen, und sie hatte sich in ihrem Zimmer eingeschlossen, wie ihr Vater es ihr aufgetragen hatte. Mehr wusste sie nicht.
Automatisch hob sie eine Hand und fuhr mit dem Zeigefinger über die blasse Narbe auf ihrer Wange. Ihr Vater verbüßte gerade eine lebenslange Haftstrafe im Gefängnis, und sie musste ihn nicht mehr fürchten – aber seine skandalösen Verbrechen verfolgten sie bis heute.
Tamara hat recht, dachte Arielle düster. Prinz Eirik würde sich nicht für das interessieren, was sie zu sagen hatte. Nach dem, was sie über ihn gelesen hatte, war sein Jetset-Leben eine einzige Abfolge ausschweifender Partys. Wo immer er auftauchte, wurde er gefeiert und bewundert, und sein legendärer Charme zog Frauen an wie Motten das Licht.
„Prinz Eirik ist auf dem Weg hierher“, rief Tamara aufgeregt. „Ich kann nicht glauben, dass ich einen echten Prinzen kennenlerne.“
Arielle beobachtete Eirik, wie er die Rasenfläche überquerte und direkt auf sie zukam. Tamara ignorierte er. Seine hochgewachsene Gestalt verdeckte halb die Sonne, und Arielle musste ihren Kopf neigen, um sein Gesicht zu erkennen. Ihre Blicke trafen sich, und sie sah ein Aufblitzen des Erkennens in seinen blauen Augen.
„Du bist das! Die Meerjungfrau!“ Er klang fassungslos und trat näher an sie heran. Aufmerksam betrachtete er ihr Gesicht. „Wer bist du?“
Bevor sie antworten konnte, warf Prinz Eirik einen Blick über die Schulter und fluchte, als er sah, wie sein Gefolge von Helfern ihm über den Rasen nacheilte. „Ich dachte, ich hätte mir das nur eingebildet. Aber du bist eine echte Frau.“ Seine intensive Musterung jagte einen Hitzeschub durch Arielles Adern.
Er war noch umwerfender, als sie ihn in Erinnerung hatte. Drei Tage zuvor hatte sie seinen Kopf in ihrem Schoß gelagert, und er hatte eine Verletzlichkeit ausgestrahlt, die ihr ans Herz gegangen war. Jetzt schien er sich von der Tortur im Meer vollständig erholt zu haben, und seine überpräsente, männliche Potenz weckte eine uralte weibliche Reaktion tief in ihrem Becken.
Sie schätzte, dass er knapp über zwei Meter groß war. Das blassblaue Hemd, das über seinem Oberkörper spannte, war am Hals aufgeknöpft, sodass ein paar Brusthaare zum Vorschein kamen. Arielle senkte ihren Blick und musterte seine schmalen Hüften und langen Beine, die in einer schmal geschnittenen marineblauen Hose steckten. Er strahlte Stärke und Kraft aus. Sie hob den Blick zu seinem Gesicht, und der Glanz in seinen Augen ließ ihr Herz einen Schlag aussetzen.
„Du hast mir das Leben gerettet.“ Er fluchte erneut, als er den Vorsitzenden des Jachtclubs auf sie zukommen sah. „Ich möchte noch mit dir reden“, sagte er in leisem Ton. „Aber nicht hier. Gibt es einen Ort, an dem wir allein sein können?“
„Ich glaube nicht“, murmelte sie und dachte daran, dass die Pressefotografen, die sich im Club aufhielten, sehr penetrant werden konnten.
Er verbarg seine Frustration nur mit Mühe, als Charles Daventry neben Arielles Tisch stehen blieb.
„Eure Hoheit, das ist Arielle Tremain, die für die Organisation Clean Sea tätig ist.“
Arielle reichte dem Prinzen die Hand und murmelte: „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Eure Hoheit.“
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Charles die Stirn runzelte, und erinnerte sich daran, dass sie angewiesen worden war, vor dem Prinzen einen Knicks zu machen. Doch bevor sie das tun konnte, legte Prinz Eirik seine starken Finger um ihre Hand, und ein Gefühl wie ein elektrischer Strom schoss ihren Arm hinauf.
„Arielle.“ Sein heiserer Akzent war unheimlich sexy. „Du hast einen wunderschönen Namen. Er passt zu dir.“