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Dieses Buch ist nach einer tiefgehenden Krise entstanden und ist die Antwort darauf, bzw. eine Art Widerhall der Krise. Auf den ersten Blick scheint die Liebe mit ihren verschiedenen und widersprüchlichen Aspekten das Thema dieser Texte zu sein, aber näher und genauer betrachtet ist es der Zustand von Heimatlosigkeit, Unbehaustsein, innerlich wie äußerlich.
Diesen Gedichten und deren Zusammenstellung ist manchmal etwas Erzählerisches eigen, sie beschreiben, besser gesagt, sie markieren die verschiedenen Etappen dieser teilweise leidintensiven, aber zugegebenermaßen aufregenden Lebensphase.
Wie im Band zuvor und vielleicht noch bewusster geht es aber auch um die Untrennbarkeit von Leben und Kunst. "Ich weiß nur, was ich erlebt, geliebt und gelitten habe", hat Ungaretti, der große Erneuerer der italienischen Lyrik, einmal gesagt. Und dieser Ausspruch gewinnt im Zusammenhang mit den Gedichten eine zwingende und fast leitmotivische Bedeutung. Es verweist aber auch auf eine überpersönliche Sichtweise auf die Dinge, auf die Erscheinungen, was letztlich die Aufgabe jeder Kunst ist.
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Veröffentlichungsjahr: 2020
Heraklit
Lass es uns gleichtun
dem Mond
der sich immer neu
auf dem Wasser
erfindet
Lass uns
einander begegnen
in der noch jungen
unausgeküssten
Nacht
Lass uns
nach jeder Umarmung
verschwunden
uns wieder erkennen
verschwunden
und Andere sein
In der Winterfrühe
Wir lagen zusammen
in der Winterfrühe
Das Gefieder des Lichts
bauschte sich auf
über unseren Körpern
die enger sich
ineinander schmiegten
am Rand
unserer atemschöpfenden
unserer gemeinsamen Nacht
Ich sah durchs Fenster
noch halb von dir benommen
halb von Schlaf
zwischen alten Bäumen
weißen Rauch
aufsteigen
vom benachbarten Haus
aufsteigen
weißen Rauch
dem eisklaren
heller werdenden Raum entgegen
Verwandelte Landschaft
Während ich Dich umarme
fällt Schnee
Die Welt
vor unserem Fenster
eine in Weite und Angekommensein
verwandelte Landschaft
Der Schnee macht
dass das Novemberzwielicht
das sonst so klamm
auf den Menschen und den Dingen lastet
geräumiger wird
und weicher
Jedes Geräusch
jede Stimme darin
hebt sich auf
Der Schnee fällt
dichter ins Zimmer
auf Laken und Kissen
So zugeschneit
zwei Zueinandergewehte
sind wir ganz Ohr
Das Schneefeld
Das Schneefeld
das sich ausbreitet
krähenschwingenweit
vom Auge zum Baum
über den Fluss bis zum Fels
es tanzt
als flirrender Punkt
auf der Netzhaut
Das Schneefeld
ein Blickfeld
tagesmondsanft
jenseits der Raumangst