In limine - Kaline von Bose - E-Book

In limine E-Book

Kaline von Bose

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Beschreibung

Blende mich, Ferner, bei Tag nicht am flimmernden Blau einer hoffenden Stunde. Schließ mir am Abend, wenn es müde vor Sehnsucht, behutsam mein Auge. Kehr bei mir ein, wenn es dunkelt, nimm mich und gib einen Augenblick mir meine Seele zurück. Verletze mir nachts, wenn Du fort bist, im Traum nicht mein Auge an einer Scherbe von Dir. Wende mir über dem Schnitt, der uns trennt, meinen Blick, dass er sieht: Auch Du kannst die Wunde nicht heilen. Doch still mir im einsamen Frühlicht das Bluten des Messers.

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Kaline von Bose, geboren 1963, ist und war in allen Bereichen der Geisteswissenschaften und angewandten Kunst tätig, studierte Literatur und Sprachen zeit- und kulturübergreifend.

Sie ist gebürtige Münchnerin, lebt und lebte hier und in Berlin.

Und sie schreibt seit schon eigentlich immer, vor allem Gedichte.

Ihre Heimat ist ihre Sprache, ihr Glaube genauso.

meinem Sohn Hans Philipp. meinem Mann Hans-Jürgen, meinem Bruder Hans Christian, meinem Onkel Hans Dietrich, meinem Großonkel Hans Bernd, deren Frauen und allen anderen Ungeheuern, nicht nur namens Hans, dir.

in Liebe

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Densa e grave

Zonenrandgebiet

Carneval

Salpeter

Anatomie

Riesenrad

einmal eins

Anfang

weiße magie

Sicambre

Incognito

Gespräch

JuNKER

Transit

... ou la question du père I

... ou la question du père II

Flut

Auf dem Kinderspielplatz

Gebet

Bastet

Nur drei Dinge

Zustände

Offener Ort

Fünf Erden

Cesenatica

Ritus

La morte

Zeichen

Osaka

Anubis

Bei Preußens

Das fünfte Haus

I. Ankunft

II. Rückkehr

CADisH

Prolog

Zu nah,

zu fern

zu bla

(knapp daneben ist auch vorbei).

Zu. ja, ja: zu / an / bei: ad.

Viel zu an, (vor-)bei.

ad, AD: außer Dienst, anno domini, alter

Depp - was auch immer.

Abkürzungen halt.

Eine

UNTIEFE.

Was für ein Wort: Wieso "Un"?

Sind denn Unkosten billiger als Kosten?

Was für ein Unwort (gekürt oder nicht).

Nicht, wie üblich Herz, Seele, Schmerz.

Alles ohne-

hin

bestritten: alles Hysterie

(Hymen im Frauenbauch),

wirklich Herz, Seele, Schmerz.

Das Vater-Familienwort

für die Mutter-Familie:

"Ferz"

(dialektal pfälzisch, heißt: Unfug, Quatsch;

gibt's auch "mit Krücken", man denke sich

seinen Teil).

Tot aber

ohnehin alle

oder anderswie weg.

Nur noch Spuren da

von ihrem Hineintreten in mein:

Was ich sein hätte werden solln früher...

Dann meine Wegwisch-Versuche,

mein verplemperndes Schön-Tun.

Bleibt dann nur der Geruch,

das Putzen des blutigen Schlüssels, der

zum siebten, verbotenen Zimmer führt.

Blaubart, Rapunzel und Asche.

Mein Zuhause jetzt, voll davon, bleibt.

Bleibt ein Kind,

das nicht wohnen mag dort,

sich nicht passen will mehr,

endlich bleiben und

endlich ganz weit ganz fort.

Das öfter traurig ist

(bei aller Intelligenz

und bei allem bewahrten Humor,

sogar dem Sinn für das Bunte

und seine Ordnung),

trist.

Wär da nur

dieses Stiefelpaar auch

knapp daneben

getreten.

Polarwolf:

stahl-

blaue Glut.

Der Hindin aus-

gelieferte Flucht,

der Himmel,

der Schneesprung,

das Maulvoll

Blut -

stahlblau,

Polarwolf,

die Glut.

Densa e grave

Weißt du: Es sind

nicht die Wolken.

Wenn er sich nur

ein wenig mehr zu neigen

gewagt hätte,

von alpha nach omega

oder a nach dem alten z etwa -,

dann hätte er mit uns sprechen,

mit uns essen und trinken können.

Den Horizont auch küssen.

Doch so

schürzt er die Lippen,

der schamvolle Mond,

und mündet nur

hinter den Wolken.

Zonenrandgebiet

Brücke, Berlin, keine

Luftbrücke, Glienicke,

Gefangenenaustausch

im so kalten Krieg.

Der Stich des Skorpion.

Im Zonenrandgebiet gehen übrigens

Frauen besser vor ihren Männern,

es könnten ja Tretminen liegen.

Immer und überall nur die Frage,

wer denn zuerst hochgeht,

er oder sie oder

umgekehrt,

wer: Wir.

So etwas gibt es und gab es übrigens an

anderen Orten und zu anderen

Zeiten immer und überall auch.

Glienicke, Brücke,

jetzt woanders und umbenannt,

im Zonenrandgebiet,

als Symbol für eine vermeintliche

Wiedervereinigung, für einen Austausch,

wie und wo auch immer.

Zonenrandgebiet und die

alten Anlagen, Türme und so

zur Erinnerung

an das sinnlose Sterben,

überall.

Jedes Mal

drei Kreuze beim

Grenzübertritt

von West nach Ost,

umgekehrt sicher viel mehr.

West-östlich keinesfalls

Diwan und

wenig Ruhe.

So gern würde ich

eine Nacht schlafen

auf Diwan, auch ohne nichts.

Enttrieben

den neonlichthohen Fabriken

einer stampfhammerdröhnenden Kindheit

auf der Suche nach einem Vaterort

ward ich zurückgelassen von ihm

ohne Eigenschaften.

Renaissancemensch

schuf ich mich

im Taumel der Messbarmachung

zum Fluchtpunkt

der Zentrifugen

gottgleicher Maschinen

und einsam.

Im Innern dabei

bodenlos und verängstet

erhöhe ich

zwischen Liebe, Pflicht und Prostitution

den Erfüllungseinsatz

ohne Erfolg.

Begehrlich die Blicke

Neidender und Versicherter,

doch die entseelte Rezeption

meines samtenen Kartenhauskörpers

bearbeitet alle Anträge

zwangsläufig

unbefriedigend

Carneval

lieben ach liebe

nacht lieben acht

am helligen nach

mittag oder auch am

abend (morgens selten)

ich verspreche dich

hoch und heilig ich

liebe dir von jetzt

sofort an mindestens

hunderttausendmillionen

jahre lang jeden

morgen jeden abend

und mittags und nachts

ich will dich für jetzt ganz und

gar nicht mehr klarkommen mit

diesen ganzen gefühlen streicheln

küssen lachen haschich rauchen

und zigaretten reden streicheln

küssen anschauen reden trinken

lachen ach nacht lieben küssen

den ganzen tüll tigerschlangenmist

ausziehen runterziehn lachen deine

farbe in meinem gesicht meine farbe

in deinem gesicht elender farbbrei

in gesichtern weiße nasen spitzen

lachen lieben lächeln deine augen

streicheln tanzen haut und

wach sein nacht dein schlafen

streicheln die haut du mit

deiner hauptfrau und den vielen

nebenfraun wach nach dieser nacht

alleine auf morgen früh.

fortgehen mit deinem geruch

in der weißen nase wärme deiner

auf meiner haut und mit

zwei verschiedenen schuhen.

Salpeter

Zum ersten Mal aufrecht

und fraglos

vor deinen Spiegeln

nehm ich ganz langsam,

voll Sorgfalt,

dein Gift.

Dass es jetzt

immer werde und

nicht wiederkehre

wie Schlaf, dass

dieses Imperfekt ende,

dass.

Dass, einzig noch,

immer noch dass.

Mit ihm

bricht jetzt plötzlich

Entsetzen

ins stille Schlucken

und Angst, dass noch Worte

der Deutung verfallen

und Blicke und Gesten

deiner Erinnerung, dann.

Bricht ein Fieber hinein,

noch zu ordnen, erklären, verbrennen,

ein Weißes zu finden

für eine Nachschrift,

ein ich wollte, ich will, doch

es bleibt ja kaum Zeit mehr,

es gibt hier kein Blatt, kein Papier,

auch kein Wort für den Anfang,

ich wollte, ich will und

dies dass.

Mit ihm geht es zurück und dann

weiter, wie immer allein

und noch immer umgeben

von deiner Geschäftigkeit,

dass.

Du schöne und warme

Sehnsucht mit mir allein

in allem und einem

überlieben wir endlos.

Und an Allerheiligen

oder an allerspätestens

fahren wir

über die messbare Zeit

und den Raum hinaus

nach woanders vertraut,

verführen Gefühle,

überleben Momente,

lassen sie schweben,

knüpfen nicht an,

geliebte Sehnsucht,

halten nicht fest,

doch den Atem an

in den Betten der Vorstadt.

Durch unsere Fenster

nähert sich, spiegelt

sich blau in den Augen,

den Blicken des Bruders

das ferne Ufer.

Mein Stattprinz,

kleiner Misanthropenkönig,

sei Frosch,

verbirg deine Schwimmhäute

ungeküsst.

Anatomie

Was ist klein,

was ist groß,

wenn du atmest?

Leiser du

laut auch

die Räume

ausfüllen lässt

mit deinem Atem.

Aussingen, ausspielen und

Weiser, du, leise,

ihnen doch überlässt,

sich zu öffnen.

Was ist groß,

was ist klein,

wenn dich Kindermund

wahr,

liebevoll,

strahlend

"Schnecke" nennt?

Ganz junger Knabe,

dich im Ansturm erkennt und - selbst ein Schneckenprinz -

dich seinen heimeligen Vorfahren weiß.

Was meint das,

klein und groß,

offen, zu?

Schneckenfühler sind

richtbar nach überallhin.

Immer rückzugsbereit, wie ihr Leib,

der unverletzt über die Dornen

geht, wenn der Schneck dann sein

Wirbelhaus

hauchdünn mit einer Membran

verschließt.

Selbst nicht singt

oder spielt