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Unentbehrlich in allen Fragen des Auslieferungsrechts Immer häufiger sind Strafverteidiger mit internationalen Fragestellungen konfrontiert, insbesondere wenn eine Strafverfolgung gegen den Mandanten in verschiedenen Staaten erfolgt, dieser im Ausland inhaftiert wurde oder ein anderer Staat seine Auslieferung beantragt. Berührungspunkte mit ausländischen Rechtsordnungen entstehen im Rahmen der Rechtshilfe ebenso wie bei Ermittlungen gegen multinationale Unternehmen. Das Handbuch macht mit sämtlichen relevanten Institutionen und Verfahren vertraut und bietet ihm praxisgerechte Handreichungen für konkrete Verfahrensabläufe und Verfahrenssituationen. Behandelt werden alle wichtigen Fragestellungen zum internationalen Rechtshilfeverkehr. Besonderes Augenmerk liegt auf der Verteidigung in Auslieferungssachen, insbesondere mit dem Europäischen Haftbefehl. Hinsichtlich des transnationalen Einsatzes europäischer Ermittlungsbehörden (OLAF, Europol, Eurojust) werden Hinweise zum kompetenten und effektiven Agieren bei der Vertretung von Einzelpersonen und (multinationalen) Unternehmen gegeben. Die Verfahren bei den immer relevanter werdenden Beschwerden vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Anschluss an das nationale Strafverfahren werden ebenso behandelt wie die Beschwerden vor dem Ausschuss der UN gegen Folter (CAT) und dem Menschenrechtsrat der UN (HRC). Schließlich wird eine praxisgerechte Anleitung für die Verteidigung vor internationalen und gemischten Tribunalen mit besonderem Fokus auf den Internationalen Strafgerichtshof gegeben. In der völlig neu bearbeiteten 2. Auflage u.a.: -Wichtige Änderungen beim Verfahren der Individualbeschwerde durch das 14. Protokoll und die Änderung der Verfahrensordnung (2016) -Aktuelle strafrechtlich relevante Spruchpraxis des HRC und des CAT -Behandlung aktueller Problemkreise des Auslieferungsrechts insbesondere auch im Hinblick auf die europ. Ermittlungsanordnung -Verteidigungsrelevante Gesichtspunkte des Völkerstrafrechts und kompakte Darstellung des internationalen Strafverfahrensrechts
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Auslieferung – Rechtshilfe – EGMR – internationale Gerichtshöfe
von
Prof. Dr. Heiko Ahlbrecht
Rechtsanwalt in Düsseldorf
Klaus-Michael Böhm
Richter am OLG, Karlsruhe
Prof. Dr. Robert Esser
Universität Passau
Franziska Eckelmans
Den Haag
2., neu bearbeitete Auflage
www.cfmueller.de
Internationales Strafrecht › Herausgeber
Praxis der Strafverteidigung
Band 32
Begründet von
Rechtsanwalt Dr. Josef Augstein (†), Hannover (bis 1984)
Prof. Dr. Werner Beulke, Passau
Prof. Dr. Hans Ludwig Schreiber, Göttingen (bis 2008)
Herausgegeben von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Werner Beulke, Passau
Rechtsanwalt Prof. Dr. Dr. Alexander Ignor, Berlin
Schriftleitung
Rechtsanwalt (RAK München und RAK Wien) Dr. Felix Ruhmannseder, Wien
Internationales Strafrecht › Autoren
Prof. Dr. Heiko Ahlbrecht ist Rechtsanwalt in Düsseldorf, Fachanwalt für Strafrecht, Lehrbeauftragter an der Leibniz Universität Hannover für Steuerstrafrecht und Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen und Honorarprofessor der Leibniz Universität Hannover.Kontakt: [email protected]
Klaus-Michael Böhm ist Richter am OLG Karlsruhe.Kontakt: [email protected]
Prof. Dr. Robert Esser ist Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches, Europäisches und Internationales Strafrecht und Strafprozessrecht sowie Wirtschaftsstrafrecht an der Universität Passau, Forschungsstelle Human Rights in Criminal Proceedings (HRCP).Kontakt: [email protected]
Franziska Eckelmans ist Rechtsberaterin im Bereich internationales Strafrecht; derzeit leitende Rechtsberaterin an der Geschäftsstelle der Besonderen Kammern Kosovos. Keine der in diesem Beitrag geäußerten Meinungen kann einer der Organisationen, mit denen die Autorin affiliiert war (IStGH, ECCC) oder ist (KSC), zugerechnet werden, sondern allein der Autorin.Kontakt: [email protected]
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ISBN 978-3-8114-4810-0
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Neun Jahre nach dem Erscheinen der Erstauflage freuen wir uns, eine aktualisierte 2. Auflage dieses für die Praxis der Strafverteidigung so wichtigen Bandes der Gelben Reihe präsentieren zu können.
Längst steht der Begriff „Internationales Strafrecht“ nicht nur für das traditionelle Strafanwendungsrecht der §§ 3 ff. StGB, sondern auch für die insbesondere strafprozessrechtsrelevante Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auf der Grundlage von Individualbeschwerden gem. § 34 EMRK (s. Teil 1), ferner für den Rechtshilfeverkehr in Strafsachen mit Staaten innerhalb und außerhalb der EU (s. Teil 3), für das Völkerstrafrecht, das an den Internationalen Strafgerichtshöfen der Vereinten Nationen Anwendung findet (s. Teil 5) sowie für strafrechtsrelevante Tätigkeiten von Kontrollausschüssen der Vereinten Nationen (s. Teil 2) und diverse Tätigkeiten europäischer und internationaler Ermittlungsbehörden (s. Teil 4). Jeder Strafverteidiger und jede Strafverteidigerin kann gezielt oder unverhofft mit diesen speziellen, für sich genommen nicht ohne Weiteres zugänglichen Rechtsmaterien in Berührung kommen. Sie werden in dem vorliegenden Buch einen hilfreichen und verlässlichen Leitfaden und Ratgeber finden. Auch für Staatsanwaltschaften und Gerichte dürfte vor allem die minutiöse Darstellung des die Praxis in Deutschland häufiger beschäftigenden Rechtshilferechts eine wahre Fundgrube sein.
Wie bisher hat Robert Esser, der mit der Rechtsprechung des EGMR wie nur wenige vertraut ist, die Teile 1 und 2 bearbeitet und auf den neuesten Stand gebracht. Heiko Ahlbrecht hat seine Bearbeitung von Teil 4 fortgeführt. Die Aktualisierung des auf über 300 Seiten angewachsenen Teils 3 lag jetzt ausschließlich bei Klaus Michael Böhm, der als Richter am OLG Karlsruhe selbst an wegweisenden Entscheidungen im Bereich des Rechtshilfeverkehrs mitgewirkt hat. Er hat sein Augenmerk besonders auf die neuen Rechtsentwicklungen gerichtet, darunter auf die Europäische Ermittlungsanordnung.
Aus dem Kreis der Bearbeiter ausgeschieden sind Heiner Hugger und Michael Rosenthal, denen für ihre Mitarbeit an der Erstauflage noch einmal herzlich gedankt sei. Dieser Dank gilt auch Stefan Kirsch, der ebenfalls ausgeschieden ist und die Darstellung der anwaltlichen Tätigkeit an den Internationalen Strafgerichtshöfen Franziska C. Eckelmans übergeben hat, die hierfür als ehemalige Legal Advisor der Appeals Division des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag geradezu prädestiniert ist.
Allen Autoren sei für ihr Engagement gedankt und dem Buch der Erfolg gewünscht, den es verdient.
Im Oktober 2017
Passau
Werner Beulke
Berlin
Alexander Ignor
Vorwort der Herausgeber
Abkürzungsverzeichnis
Teil 1Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
A.Einführung
I.Die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Protokolle
II.Bedeutung und Rangstellung der EMRK im deutschen Recht
III.Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
IV.Verfahrensarten vor dem EGMR
V.Zugänglichkeit der Rechtsprechung des EGMR
VI.Arbeitsbelastung des Gerichtshofs
VII.Reformen des Kontrollsystems
VIII.Urteile und Entscheidungen gegen Deutschland
IX.Spruchkörper des Gerichtshofs
1.Einzelrichter, Ausschüsse, Kammern, Große Kammer
2.Ausschluss/Befangenheit eines Richters
3.Kanzlei
B.Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Individualbeschwerde
I.Zuständigkeit des EGMR
1.Sachliche Anwendbarkeit der EMRK (ratione materiae)
2.Persönliche Unvereinbarkeit mit der EMRK (ratione personae)
3.Zeitliche Anwendbarkeit der EMRK (ratione temporis)
4.Örtliche Anwendbarkeit der EMRK (ratione loci)
II.Parteifähigkeit des Beschwerdeführers
III.Prozess-/Verfahrensfähigkeit des Beschwerdeführers
IV.Postulationsfähigkeit (Vertretung – locus standi)
V.Beschwerdebefugnis (Opfereigenschaft)
1.Selbstbetroffenheit
2.Unmittelbare Betroffenheit
3.Gegenwärtige Betroffenheit (Wegfall der Opfereigenschaft)
a)Potentielle Opfer
b)Wegfall der Opfereigenschaft
c)Sonderfall: Tod des Beschwerdeführers
VI.Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe
1.Im deutschen Strafprozess zu erschöpfende Rechtsmittel
a)Vertikale Erschöpfung
b)Horizontale Erschöpfung
2.Zeitpunkt
VII.Frist
1.Fristbeginn
2.Fristende
VIII.Form
1.Inhalt der Beschwerde und sonstige Formvorgaben
2.Grundsatz der freien Kommunikation mit dem Gerichtshof
IX.Wiederholte Überprüfung (res iudicata)/Litispendenz
X.Offensichtliche Unbegründetheit
XI.Rechtsschutzbedürfnis/Missbrauch des Beschwerderechts
XII.Unerheblicher Nachteil
C.Behandlung der Beschwerde durch den EGMR
I.Vor der Zuweisung an einen Spruchkörper
1.Registrierung der Beschwerde durch die Kanzlei
2.Zuteilung der Beschwerde an eine bestimmte Sektion
3.Schriftverkehr mit der Kanzlei des Gerichtshofs
a)Formale Anforderungen
b)Inhaltliche Vorgaben
c)Einhaltung von Eingabefristen
4.Zugang zur Verfahrensakte
II.Behandlung der Beschwerde vor den verschiedenen Spruchkörpern des EGMR
1.Zuweisung der Beschwerde an einen Spruchkörper
2.Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschwerde
a)Verfahren vor dem Einzelrichter
b)Verfahren vor einem Ausschuss
3.Entscheidung über die Begründetheit der Beschwerde
a)Verfahren vor dem Ausschuss
b)Verfahren vor einer Kammer
c)Gemeinsame Entscheidung über Zulässigkeit und Begründetheit
d)Veröffentlichung der Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschwerde
4.Abgabe der Rechtssache an die Große Kammer
5.Überprüfung des Kammerurteils durch die Große Kammer
6.Streichung der Beschwerde im Register
III.Das Verfahren im Einzelnen
1.Anordnung vorläufiger Maßnahmen
2.Vergleichsverhandlungen (friendly settlement, Art. 39 Abs. 1 EMRK)
a)Beendigung des Verfahrens aufgrund einer gütlichen Einigung
b)Gescheiterter Vergleich und einseitige Erklärungen (unilateral declarations)
c)Gütliche Einigung nach Feststellung der Konventionsverletzung (Follow-up Friendly Settlements)
d)Durchsetzung der Zusagen einer gütlichen Einigung/einseitigen Erklärung
3.Gewährung einer Verfahrenshilfe
4.Anordnung der obligatorischen Vertretung
5.Schriftliches Verfahren – Vorbereitung der mündlichen Verhandlung
6.Antrag auf Festsetzung einer gerechten Entschädigung
7.Information und Ladung der Verfahrensbeteiligten
IV.Ablauf der mündlichen Verhandlung
1.Grundsätze
2.Öffentlichkeit der Verhandlung
3.Anwesenheit der Parteien
4.Obligatorische Vertretung
5.Beweiserhebung
6.Beteiligung Dritter
7.Einvernahme von Zeugen und Sachverständigen
8.Verhandlungsprotokoll
9.Schlussantrag
D.Urteil des EGMR
I.Beratung und Abstimmung
II.Prüfungsumfang
III.Inhalt des Urteils
IV.Bindungswirkung des Urteils
1.Inter-partes-Wirkung
2.Bindung über Einzelfall hinaus
3.Im Übrigen: Normative Leitfunktion
4.Pilotverfahren
V.Entscheidung über eine gerechte Entschädigung
1.Allgemeine Grundsätze
2.Ersatz des materiellen Schadens (pecuniary damage)
3.Ersatz des immateriellen Schadens (non-pecuniary damage)
4.Erstattung der Kosten und Auslagen (costs and expenses)
5.Verzinsung der Entschädigungssumme (default interest)
6.Durchsetzung des Entschädigungsanspruchs; Abtretbarkeit und Pfändbarkeit
VI.Unterzeichnung, Verkündung und Zustellung des Urteils
VII.Antrag auf Auslegung des Urteils
VIII.Überwachung des Urteils
IX.Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem EGMR
X.Berichtigung von Fehlern in Entscheidungen und Urteilen
E.Kosten des Verfahrens
F.Wiederaufnahme des nationalen Strafverfahrens
Teil 2Kontrollausschüsse auf der Ebene der Vereinten Nationen
A.Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen – Human Rights Committee (HRC)
I.Rechtliche Grundlage
II.Zulässigkeit einer Individualbeschwerde (admissibility)
1.Beschwerdefähigkeit/Beschwerdegegner
2.Beschwerdebefugnis/Beschwerdegegenstand
3.Vertretung
4.Erschöpfung der nationalen Rechtsbehelfe (Art. 2 IPBPR; Art. 5 Abs. 2 lit. b FP, Rule 96 lit. f)
5.Form der Beschwerde
6.Frist für die Einlegung der Beschwerde
7.Rechtsschutzbedürfnis
8.Offensichtliche Unbegründetheit der Beschwerde
9.Verbot der Überwachung der schriftlichen Korrespondenz von Straf- und Untersuchungsgefangenen mit dem HRC
a)Strafgefangene
b)Untersuchungsgefangene
III.Behandlung eingehender Individualbeschwerden
IV.Erlass einstweiliger Maßnahmen (interim measures)
V.Entscheidung des HRC über die Begründetheit der Beschwerde (decision on the merits)
VI.Kosten und Dauer des Verfahrens
B.Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter (CAT)
I.Aufgabe und Funktion
II.Zulässigkeitsvoraussetzungen der Individualbeschwerde
1.Beteiligtenfähigkeit/Beschwerdegegner
2.Beschwerdegegenstand
3.Beschwerdebefugnis
4.Erschöpfung der nationalen Rechtsbehelfe
5.Form der Beschwerde
6.Frist
7.Rechtsschutzbedürfnis
8.Verbot der Überwachung der schriftlichen Korrespondenz von Straf- und Untersuchungsgefangenen mit dem CAT
a)Strafgefangene
b)Untersuchungsgefangene
III.Behandlung eingehender Beschwerden
IV.Abschließende Entscheidung des CAT
V.Erlass einstweiliger Maßnahmen (interim measures)
VI.Zusatzprotokoll vom 18.12.2002 zur UNCAT
VII.Weitere Institutionen
Teil 3Das Rechtshilfeverfahren
A.Einführung
B.Rechtsgrundlagen der Rechtshilfe
C.Allgemeine Strukturen des Verfahrens
I.Das Zulässigkeitsverfahren
1.Eingehende Ersuchen
a)Ausgestaltung des Verfahrens
b)Anwendbare Verfahrensgrundsätze
aa)Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs
bb)Die Amtsaufklärungspflicht
cc)Der Grundsatz „in dubio pro reo“
dd)Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen
2.Ausgehende Ersuchen
II.Bewilligungsverfahren
D.Der gerichtliche Rechtsschutz
I.Das Zulässigkeitsverfahren
II.Das Bewilligungsverfahren
E.Das Auslieferungsverfahren
I.Einführung
II.Allgemeine Grundsätze
1.Der Grundsatz der Spezialität
2.Das vereinfachte Auslieferungsverfahren
3.Die Auslieferungshaft
a)Die vorläufige Festnahme
b)Die vorläufige Auslieferungshaft
c)Auslieferungshaft
d)Haftaufhebungsgründe und zeitliche Begrenzung der Haft
e)Haft zur Durchführung der Auslieferung
f)Haftentschädigung
III.Auslieferung nach dem EuAlÜbk
1.Formelle Erfordernisse
2.Materielle Anforderungen
a)Beiderseitige Straf- und Verfolgbarkeit
b)Mindesthöchststrafen
c)Keine Tatverdachtsprüfung
3.Auslieferungshindernisse
a)Der ordre public-Vorbehalt
b)Verfahrens- und deliktsbezogene Auslieferungshindernisse
aa)Abwesenheitsurteile (Kontumazialurteile )
bb)Die politische Straftat
cc)Terrorstraftaten
dd)Die rechtsstaatswidrige politische Verfolgung
ee)Doppelverfolgung und der Grundsatz „ne bis in idem“
ff)Verjährung
gg)Rückwirkungsverbot
hh)Verstöße gegen die MRK
ii)Sonstige Auslieferungshindernisse
c)Personenbezogene Auslieferungshindernisse
aa)Deutsche Staatsangehörige
bb)Todesstrafe
cc)Unerträglich harte Strafe
dd)Folter
ee)Unmenschliche Behandlung im Strafvollzug
ff)Individuelle Härtegründe
gg)Strafmündigkeit und Minderjährigkeit
hh)Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
ii)Asyl und politische Verfolgung
jj)Auslieferung und Ausweisung
kk)Verstöße gegen die EMRK
F.Auslieferung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls
I.Einführung
1.Die gesetzgeberischen Folgen der Entscheidung des BVerfG
2.Die Vorgaben des Rahmenbeschlusses
3.Die Auswirkungen des EuHbG vom 20.7.2006
II.Das Zulässigkeitsverfahren
1.Formelle Anforderungen an einen Europäischen Haftbefehl
2.Geltung allgemeiner Verfahrensgrundsätze
3.Rückwirkung
4.Das Meistbegünstigungsprinzip
5.Vereinfachte Auslieferung
6.Fristen und Haft
7.Materielle Anforderungen
a)Reduzierung des gerichtlichen Prüfungsmaßstabes
b)Beiderseitige Strafbarkeit
c)Grundsatz der Spezialität
d)Auslieferung deutscher Staatsangehöriger
aa)Verfassungsrechtliche Vorgaben
bb)Die Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch den Gesetzgeber
cc)Straftaten mit maßgeblichem Auslandsbezug
dd)Straftaten mit maßgeblichem Inlandsbezug
ee)Mischfälle
ff)Rücküberstellung
gg)Überstellung zur Strafvollstreckung
hh)Rückwirkung
ii)Besonderheiten des Bewilligungsverfahrens bei Deutschen
8.Die Auslieferung im Inland wohnhafter Ausländer
9.Auslieferungshindernisse
a)Der europäische „ordre public“
b)Sonstige Auslieferungshindernisse
aa)Zwingende Ablehnungsgründe
bb)Abwesenheitsurteile
cc)Verjährung
dd)Politische Verfolgung
ee)Haftbedingungen
ff)Andere Auslieferungshindernisse
III.Das Bewilligungsverfahren
1.Allgemeine Bewilligungshindernisse
a)Anderweitige strafrechtliche Verfolgung
b)Verfahrenseinstellung im ersuchten Staat
c)Auslieferungsersuchen eines anderen Staates
d)Weitere Bewilligungshindernisse
2.Besondere Bewilligungshindernisse
a)Die Auslieferung im Inland wohnhafter Ausländer
3.Der Ablauf des Bewilligungsverfahrens
a)Allgemeines
b)Die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens
c)Die Ausgestaltung des Gerichtsverfahrens
4.Auslieferung aufgrund bilateraler oder mehrseitiger Verträge
5.Auslieferung ohne vertragliche Grundlage
6.Besondere Formen der Auslieferung
a)Weiterlieferung
b)Durchlieferung
c)Vorübergehende Auslieferung
d)Nachtragsersuchen
e)Mehrheit von Auslieferungsersuchen
G.Verteidigung in Auslieferungssachen
I.Zustandekommen des Mandats – Rahmenbedingungen
1.Mandatsanbahnung
2.Verständigung und Dolmetscher
3.Der erste Kontakt mit dem Mandanten
4.Erste Aktivitäten im Mandat
5.Beiordnung als Pflichtbeistand
6.Exkurs: Der Mandant auf der Flucht oder in ausländischer Auslieferungshaft
II.Verfahrensgang und Rechtsmittel
1.Vereinfacht dargestellter Verfahrensgang einer Auslieferung nach dem EuAlÜbk
2.Vereinfacht dargestellter Verfahrensgang einer Auslieferung aufgrund Europäischen Haftbefehls (EuHbG II)
III.Schnelle Einarbeitung in die einschlägigen Rechtsquellen
IV.Prüfungsschema Auslieferung
1.Prüfungsschema – Auslieferungsersuchen nach dem EuAlÜbK
2.Prüfungsschema – Auslieferung nach dem Europäischen Haftbefehl
V.Strategische Ansätze und Standardüberlegungen
1.Zulässigkeits- und Bewilligungsverfahren
2.Verfassungsbeschwerde als letzter Ausweg?
3.Völkerrechtliche Zusicherung
VI.Gebühren und Kosten
1.Gebühren als Beistand
2.Besuchsüberwachung
3.Erstattung notwendiger Auslagen des Verfolgten
4.Haftentschädigung
H.Die Vollstreckungs- und Verfolgungshilfe
I.Die Vollstreckungshilfe bei Freiheitsstrafen
1.Vertragliche Vollstreckungshilfe
a)Allgemeine Grundlagen
b)Der Vollstreckungshilfeverkehr nach dem Überstellungsübereinkommen
aa)Allgemeines
bb)Vollstreckung deutscher Urteile im Ausland nach dem Überstellungsübereinkommen
cc)Vollstreckung ausländischer Erkenntnisse im Inland nach dem Überstellungsübereinkommen
(1)Allgemeines
(2)Initiative in Deutschland
(3)Initiative im Ausland
(4)Fluchtfälle
c)Der Vollstreckungshilfeverkehr innerhalb der EU
aa)Allgemeines
bb)Vollstreckung deutscher Urteile in einem EU-Mitgliedstaat
(1)Weitere verfahrensrechtliche Fragen
(2)Initiative im Ausland
cc)Vollstreckung ausländischer Erkenntnisse von EU-Mitgliedstaaten in Deutschland
2.Weitere Möglichkeiten der vertraglichen Vollstreckungshilfe
3.Vertraglose Vollstreckungshilfe
II.Die Vollstreckungshilfe bei Geldstrafen
III.Die Verfolgungshilfe
I.Sonstige Rechtshilfe
I.Rechtsgrundlagen – IRG, EuRhÜbk, EU-RhÜbk, SDÜ und Europäische Ermittlungsanordnung
II.Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen und Verfahren
III.Rechtsschutz
1.Rechtsschutz gegen die Bewilligung der Rechtshilfe/die Leistungsermächtigung
2.Rechtsschutz gegen die Vornahmehandlung
IV.Traditionelle Rechtshilfemaßnahmen
1.Durchsuchung und Beweismittelbeschlagnahme
2.Herausgabe von Beweismitteln und des aus der Tat Erlangten
a)Beschlagnahme und Herausgabe eines Bankguthabens
b)Rechtsschutz gegen die Herausgabe nach § 66 IRG
3.Vernehmungen
a)Beschuldigtenvernehmung
b)Zeugenvernehmung
c)Spezialfall: Anwaltliche Zeugnisverweigerungsrechte ausländischer Kollegen
d)Teilnahme von ausländischen Prozessbeteiligten an Rechtshilfehandlungen in Deutschland
e)Exkurs: Ladungszustellung zur Zeugenvernehmung
4.Erteilung von Auskünften und Übermittlung von Informationen aus dem Strafregister
V.Rechtsbeistand und Akteneinsicht
VI.Moderne Ermittlungsmethoden
1.Allgemeines
2.Videovernehmung eines Zeugen
VII.Verwertbarkeit von im Ausland erhobenen Beweisen
VIII.Rechtshilfe in Steuerstrafsachen und SEC-Verfahren
1.Rechtshilfe in Steuerstraf- und -ordnungswidrigkeitenverfahren
2.Rechtshilfe in Verfahren der SEC
J.Neue Entwicklungen innerhalb der Europäischen Union
Teil 4Europäische und internationale Ermittlungsbehörden
A.Architektur der europäischen und internationalen Ermittlungsbehörden
B.Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF)
I.Historie
II.Rechtsgrundlagen und Kompetenzen
1.Untersuchungen
2.Sanktionen
III.Verfahrensrechte
IV.Unangekündigte Kontrollen im Unternehmen durch OLAF
V.Prozessuale Verwertbarkeit im nationalen Verfahren
VI.Rechtsschutz und institutionelle Kontrolle von OLAF
VII.Verhältnis zur nationalen Strafverfolgungskompetenz
C.Europol
D.Europäisches Justizielles Netz
E.EUROJUST
F.Europäische Staatsanwaltschaft
G.Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation – Interpol
Teil 5Anwälte an Internationalen Strafgerichten
A.Einführung
B.Internationale und gemischte Strafgerichte – Gerichtsbarkeit und Organisation
I.Die beiden internationalen ad hoc-Strafgerichtshöfe für Jugoslawien (JStGH, 2003-2017) und Ruanda (RStGH, 2004-2015) und ihr Nachfolgemechanismus (MICT, seit 2012)
1.Hintergrund
2.Allgemeines
3.Rechtsgrundlagen
4.Organisation
5.Zusammenarbeit mit den souveränen Staaten
6.Prozessuale Kurzübersicht
II.Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH)
1.Hintergrund
2.Allgemeines
a)Gerichtsbarkeit
b)Ausübung der Gerichtsbarkeit
c)Zulässigkeit eines Falles
d)Verfahrensrechtliches
3.Rechtsgrundlagen
a)IStGH Statut
b)Verfahrens- und Beweisregeln (VBR-IStGH)
c)Verbrechenselemente
d)Geschäftsordnungen
e)Andere Rechtsgrundlagen
f)Article 21
4.Organisation
5.Zusammenarbeit mit den souveränen Staaten und internationalen Organisationen
a)Allgemeines
b)Verweigerung der Zusammenarbeit
c)Deutsche Zusammenarbeit mit dem IStGH
6.Prozessuale Übersicht
III.Nationale Strafgerichte mit internationalen Elementen
1.Einführung
2.IStGH und Weltrechtsprinzip
3.Nationale Tribunale mit internationalen Elementen – gemischte Tribunale
a)Die Besonderen Spruchkörper des Distriktsgerichts Dili in Ost-Timor – SPSC
b)Der Strafgerichtshof für Sierra Leone – SCSL/RSCSL
c)Die Besonderen Strafkammern in Kambodscha – ECCC
d)Die bosnischen Kammern für Kriegsverbrechen am Staatsgerichtshof (WCCBiH) und die UNMIK/EULEX-Kammern in Kosovo
e)Hoher Gerichtshof von Irak – IHT
f)Die Besonderen Afrikanischen Kammern – CAE
g)Die Besonderen Kammern für Kosovo – KSC
h)Die Besonderen Kammern der Zentralafrikanischen Republik – CPS
i)Strafgerichtshof für den Libanon
j)Nationale Verfahren (keine gemischten Kammern)
C.Zulassung als Anwalt/Anwältin und Rechtskostenhilfe
I.Organisation der Kanzlei und der Anwaltschaft
II.Verteidigung
III.Vertretung von Opfern
D.Anwaltliche Handlungsschwerpunkte/Schwerpunktwissen im internationalen Strafverfahren
I.Schwerpunktwissen – IStGH-Handwerkszeug
1.Elektronisches Gericht
2.Dokumente/Schriftsätze
3.Dokumentennummer
4.Gerichtsferien u.Ä.
II.Schwerpunktwissen – Ermittlungen vor dem IStGH
1.Der Beginn der Ermittlungen
2.Beweismittel
3.Haft- oder Vorladungsbefehl
III.Schwerpunktwissen – Opferbeteiligung am IStGH
1.Hintergrund
2.Antrag auf Beteiligung am Verfahren
3.Begriffsbestimmung „Opfer“
4.Art und Weise der Opferbeteiligung
5.Das Wiedergutmachungsverfahren
IV.Handlungsschwerpunkt – Vorverfahren
1.Wahrung der Rechte des Beschuldigten/Angeklagten und Haftfragen
2.Das Aussieben von Fällen ohne ausreichende Beweisgrundlage
a)Die Vorbereitung der Anhörung zur Anklagebestätigung
b)Die Anhörung zur Anklagebestätigung
c)Die Entscheidung zur Bestätigung der Anklage
d)Änderung der Anklageschrift („Amendment“)
3.Klärung von Vorfragen („preliminary objections“)
4.Vorbereitung der Hauptverhandlung
a)Schuldbekenntnis/Geständnis („guilty plea“/„admission of guilt“)
aa)MICT/JStGH
bb)IStGH
b)Zusammenlegung oder Trennung von Verfahren
aa)Ein oder mehrere Verfahren für mehrere Angeklagte
bb)Ein oder mehrere Verfahren auf Grundlage einer Anklage
c)Materialeinsichtsrechte/Offenlegungspflichten („disclosure“) und Schutzmaßnahmen
d)Planung der Hauptverhandlung
aa)MICT/JStGH
bb)IStGH
V.Handlungsschwerpunkt – Hauptverfahren
1.Verfahrensprinzipien
2.Die Angeklagte in der Hauptverhandlung
3.Eröffnung der Hauptverhandlung
4.Die Beweisaufnahme
a)Zulässigkeit von Beweismitteln
b)Ablauf der Beweisaufnahme
aa)JStGH/MICT
bb)IStGH
c)Zeugen
d)Andere Beweismittel
5.Beendigung der Hauptverhandlung
6.Urteil und Strafmaß
VI.Handlungsschwerpunkt – Rechtsmittel
1.Revision
2.Beschwerde
3.Wiederaufnahme des Verfahrens
VII.Sonstige Handlungsschwerpunkte und Schwerpunktwissen
1.Handlungsschwerpunkt – Vollstreckung
2.Schwerpunktwissen – Rechtspflegedelikte u.Ä.
3.Schwerpunktwissen – Entschädigung an Festgenommene oder Verurteilte
E.Völkerstrafrecht
I.Kriegs- und Bürgerkriegsverbrechen
II.Verbrechen der Aggression
III.Verbrechen gegen die Menschlichkeit
IV.Völkermord
V.Die Allgemeinen Regeln des Völkerstrafrechts
1.Allgemeine Strafrechtsprinzipien
2.Täterschafts- und Teilnahmeformen
3.Mens rea
4.Ausschluss der Strafbarkeit
5.Immunität und Verjährung
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
a.A.
anderer Ansicht
abl.
ablehnend
ABl. EG
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften
ABl. EU
Amtsblatt der Europäischen Union (ab 2004)
Abs.
Absatz
Abschn.
Abschnitt
abw.
abweichend
a.E.
am Ende
AEUV
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
a.F.
alte Fassung
AG
Amtsgericht
AGS
Zeitschrift für das gesamte Gebührenrecht und Anwaltsmanagement
Alt.
Alternative
a.M.
anderer Meinung
amtl.
amtlich
Anh.
Anhang
Anm.
Anmerkung
AnwBl.
Anwaltsblatt (Zeitschrift)
AO
Abgabenordnung
AöR
Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift)
AR
Allgemeines Register
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
AUR
Agrar- und Umweltrecht (Zeitschrift)
ausf.
ausführlich
AVR
Archiv des Völkerrechts (Zeitschrift)
AWG
Außenwirtschaftsgesetz
Az.
Aktenzeichen
BAnz
Bundesanzeiger
BayObLG
Bayerisches Oberstes Landesgericht
BayObLGSt
Entscheidungssammlung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes in Strafsachen
BayStVollzG
Bayerisches Strafvollzugsgesetz
BB
Betriebsberater (Zeitschrift)
Bd.
Band
Bearb.
Bearbeiter
Begr.
Begründung
Bek.
Bekanntmachung
Beschl.
Beschluss
betr.
betreffend
Bf.
Beschwerdeführer
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHR
Entscheidungssammlung BGH-Rechtsprechung
BGHSt
Entscheidungssammlung des BGH in Strafsachen
BR
Bundesrat
BR-Drucks.
Bundesratsdrucksache
Bsp.
Beispiel
bspw.
beispielsweise
BT-Drucks.
Bundestagsdrucksache
Buchst.
Buchstabe
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Amtliche Sammlung)
BVerfGG
Bundesverfassungsgerichtsgesetz
BVerfGK
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 1-20 (Kammerentscheidungen)
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
bzgl.
bezüglich
BZRG
Bundeszentralregistergesetz
bzw.
beziehungsweise
CBFA
Commission Bancaire, Financière et des Assurances
ca.
circa
CAE
Chambres Africaines Extraordinaires
CAT
Committee against Torture (UN-Anti-Folterausschuss)
CCBE
Council of Bars and Law Societies of Europe
CCPR
Covenant on Civil and Political Rights (= IPBPR)
CCZ
Corporate Compliance Zeitschrift
CETS
European Treaty Series (chronologisches Verzeichnis der auf der Ebene des Europarats aufgelegten Übereinkommen)
CHR
Commission on Human Rights (UN-Menschenrechtskommission)
CoE
Council of Europe (Europarat)
CPCC
Code of Professional Conduct for Counsel
CPT
Committee for the Prevention of Torture (Europäisches Anti-Folter-Übereinkommen)
CPS
Cour Pénale Spéciale (Zentralafrikanische Republik)
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
ders.
derselbe
d.h.
das heißt
dies.
dieselbe
Diss.
Dissertation
DR
Decisions and Reports (Entscheidungen der EKMR)
DRiZ
Deutsche Richterzeitung (Zeitschrift)
EBA
Europäische Beweisanordnung
ECBA
European Criminal Bar Association
ECCC
Extraordinary Chambers in the Courts of Cambodia
ECOSOC
Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen
Ed./Eds.
Editor/Editors (Herausgeber)
EEA
Europäische Ermittlungsanordnung
EG
Europäische Gemeinschaft, Einführungsgesetz
EGGVG
Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz
EGMR
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
EGMR-KEV
EGMR Kostenhilfe-Erstattungsverordnung
EGMR-KHG
Gesetz zur Einführung von Kostenhilfe für Drittbetroffene in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
Einf.
Einführung
Einl.
Einleitung
EJIL
European Journal of International Law
EKMR
Europäische Kommission für Menschenrechte (bis 1998)
EMRK
Europäische Menschenrechtskonvention
Entsch.
Entscheidung
entspr.
entsprechend
erg.
ergänzend
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
EUAlÜbk/EU-Ausl.ÜbK
EU-Auslieferungsübereinkommen
EUBestG
EU-Bestechungsgesetz v. 10.9.1998
Eucrim
The European Criminal Law Associationʼs Forum (Online-Zeitschrift)
EuGH
Gerichtshof der Europäischen Union (Luxemburg)
EuGHE
Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften/Union
EuGHG
Gesetz betreffend die Anrufung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens auf dem Gebiet der polizeilichen Zusammenarbeit und der justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen nach Art. 35 des EU-Vertrages (EuGH-Gesetz – EuGHG)
EuGRZ
Europäische Grundrechte Zeitschrift
EuHb
Europäischer Haftbefehl
EUHbG
Europäisches Haftbefehlsgesetz (auch: EUHG)
EURAG
Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland
EU-RhÜbk
EU-Rechtshilfeübereinkommen (Europäische Union)
EuRhÜbk
Europäisches Rechtshilfeübereinkommen (Europarat, 1959)
EuV
Vertrag über eine Verfassung für Europa v. 29.10.2004
EUV
Vertrag über die Europäische Union
EuZW
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
evtl.
eventuell
EWS
Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht
EZB
Europäische Zentralbank
f., ff.
folgende
FamRZ
Zeitschrift für das gesamte Familienrecht
Fn.
Fußnote
FP
(Erstes) Fakultativprotokoll v. 19.12.1966 zum IPBPR
FS
Festschrift
FSA
Financial Services Authority
GA
Goltdammerʼs Archiv für Strafrecht (Zeitschrift)
gem.
gemäß
GG
Grundgesetz
ggf.
gegebenenfalls
GK
Große Kammer
GOG
Geschäftsordnung des Gerichts
GOK
Geschäftsordnung der Kanzlei
grds.
grundsätzlich
GYIL
German Yearbook of International Law
GVG
Gerichtsverfassungsgesetz
h.L.
herrschende Lehre
h.M.
herrschende Meinung
HRC
Human Rights Committee (UN-Menschenrechtsausschuss)
HRLJ
Human Rights Law Journal
HRRS
Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht (Online-Zeitschrift)
Hrsg.
Herausgeber
HUDOC
Entscheidungssammlung/Rechtsprechung von EKMR und EGMR
ICB
International Criminal Bar
ICC
International Criminal Court
ICTR
International Criminal Tribunal for Rwanda
ICTY
International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia
i.d.F.
in der Fassung
i.d.R.
in der Regel
IGH
Internationaler Gerrichtshof
ILC
International Law Commission
IMT
International Military Tribunal
IMTFE
International Military Tribunal for the Far East
InfAuslR
Informationsbrief Ausländerrecht (Zeitschrift)
IPBPR
Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte v. 19.12.1966
IRG
Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen
i.S.d.
im Sinne der/des
IStGH
Internationaler Strafgerichtshof (Den Haag; auch: ICC)
IStGHG
Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof
IStR
Internationales Steuerrecht (Zeitschrift)
i.S.v.
im Sinne von
i.Ü.
im Übrigen
i.V.m.
in Verbindung mit
JBl.
Justizblatt/Juristische Blätter (Österreich)
JGG
Jugendgerichtsgesetz
JECL
Journal of European Criminal Law (Zeitschrift)
JICJ
Journal of International Criminal Justice
JR
Juristische Rundschau (Zeitschrift)
JSt
Journal für Strafrecht
JStGH
Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien
JStGHG
Jugoslawienstrafgerichtshof-Gesetz
JURA
Juristische Ausbildung (Zeitschrift)
JuS
Juristische Schulung (Zeitschrift)
Justiz
Die Justiz (Zeitschrift)
JZ
Juristenzeitung (Zeitschrift)
Kap.
Kapitel
KSC
Kosovo Specialist Chambers
KG
Kammergericht
KJ
Kritische Justiz (Zeitschrift)
Komm.
Kommentar
Kriminalistik
Kriminalistik (Zeitschrift)
krit.
kritisch
KrWaffKontrG
Kriegswaffenkontrollgesetz
LG
Landgericht
Lfg.
Lieferung
Lit.
Literatur
LJIL
Leiden Journal of International Law
LK
Leipziger Kommentar, StGB
LR
Löwe/Rosenberg, StPO (Kommentar)
MDR
Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift)
MedR
Medizinrecht (Zeitschrift)
medstra
Zeitschrift für Medizinstrafrecht
MICT
Mechanism for International Criminal Tribunals
m.N.
mit Nachweisen
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
NdsRpfl
Niedersächsische Rechtspflege
NdsVBl
Niedersächsische Verwaltungsblätter
n.F.
neue Fassung
NGO
Non governmental Organisation
Nr.
Nummer
NJOZ
Neue Juristische Online-Zeitschrift
NJVollzG
Niedersächsisches Justizvollzugsgesetz
NJW
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)
NJW-RR
Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Zeitschrift)
NLMR
Newsletter Menschenrechte
Nord ÖR
Zeitschrift für Öffentliches Recht in Norddeutschland
NStZ
Neue Zeitschrift für Strafrecht
NStZ-RR
Neue Zeitschrift für Strafrecht-Rechtsprechungsreport
NuR
Natur und Recht (Zeitschrift)
NVwZ
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
NVwZ-RR
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungs-Report
NZA
Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht
NZWiSt
Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht
ÖJZ
Österreichische Juristen-Zeitung
o.g.
oben genannt(e)
OHCHR
Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (Genf)
OLAD
Office of Legal Aid and Detention Matters
OLAF
Office Européen de Lutte Anti-Fraude
OLG
Oberlandesgericht
OVG
Oberverwaltungsgericht
OWiG
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
PD
Practice Direction (Verfahrensanordnung)
Prot.
Protokoll
PStr
Praxis des Steuerstrafrechts (Zeitschrift)
Rb-EUHb
Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl
rd.
rund
RdA
Recht der Arbeit (Zeitschrift)
RegE
Regierungsentwurf
Res.
Resolution des UN-Sicherheitsrates
RG
Reichsgericht
RGBl.
Reichsgesetzblatt
RiStBV
Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren
RiVASt
Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten
Rn.
Randnummer
R&P
Recht und Psychiatrie (Zeitschrift)
Rs.
Rechtssache
RSCSL
Residual Special Court for Sierra Leone
Rspr.
Rechtsprechung
RStGH
Strafgerichtshof für Ruanda
S., s.
Satz, Seite, siehe
SCSL
Special Court for Sierra Leone
SDÜ
Schengener Durchführungsübereinkommen
SIS
Schengener Informationssystem
sog.
sogenannte
s.o.
siehe oben
SoldG
Soldatengesetz
StGB
Strafgesetzbuch
StIGH
Statut des Internationalen Gerichtshofs v. 26.6.1945
STL
Special Tribunal for Lebanon
StPO
Strafprozessordnung
StraFo
Strafverteidigerforum (Zeitschrift)
StRR
StrafRechtsReport (Zeitschrift)
StV
Zeitschrift Strafverteidiger
StVollstrO
Strafvollstreckungsordnung
StVollzG
Strafvollzugsgesetz
s.u.
siehe unten
str.
streitig
st. Rspr.
ständige Rechtsprechung
Tab.
Tabelle
TÜ
Telefonüberwachung
u.Ä.
und Ähnliche/s
u.a.
unter anderem, und andere
ÜAG
Gesetz zur Ausübung des Übereinkommens v. 21.4.1983 über die Überstellung verurteilter Personen (Überstellungsausführungsgesetz)
ÜberstÜbK
Überstellungsübereinkommen
U-Haft
Untersuchungshaft
UK
Vereinigtes Königreich
UN
Vereinte Nationen
UNCAT
UN-Anti-Folterkonvention v. 10.12.1984
UNO
United Nations Organization
unstr.
unstreitig
UNTAET
United Nations Administration in East Timor
UNTS
United Nations Treaty Series
Urt.
Urteil
usw.
und so weiter
u.U.
unter Umständen
UVollzO
Untersuchungshaftvollzugsordnung
v.
von, vom
VBR
Verfahrens- und Beweisregeln
VerfO
Verfahrensordnung
VG
Verwaltungsgericht
VGH
Verwaltungsgerichtshof
vgl.
vergleiche
Vorb.
Vorbemerkung
VO
Verordnung
VR
Verwaltungsrundschau (Zeitschrift)
WCCBiH
Strafkammern am Obersten Gerichtshof in Bosnien und Herzegowina
wistra
Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht
WGC
Working Group on Communications
WGS
Working Group on Communications
WM
Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift)
WStG
Wehrstrafgesetz
WuW
Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift)
WuWE
Wirtschaft und Wettbewerb Entscheidungssammlung
WÜK
Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen v. 24.4.1963
ZäöRV
Zeitschrift für ausländisches und öffentliches Recht und Völkerrecht
z.B.
zum Beispiel
ZBR
Zeitschrift für Beamtenrecht
ZEuS
Zeitschrift für europarechtliche Studien
ZfStrVo
Zeitschrift für Strafvollzug
Ziff.
Ziffer
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ZIS
Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik (Online-Zeitschrift)
zit.
zitiert
ZP
Zusatzprotokoll
ZPO
Zivilprozessordnung
ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik
ZStW
Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (Zeitschrift)
z.T.
zum Teil
zusf.
zusammenfassend, Zusammenfassung
zust.
zustimmend
zutr.
zutreffend
ZWH
Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen
A.Einführung
B.Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Individualbeschwerde
C.Behandlung der Beschwerde durch den EGMR
D.Urteil des EGMR
E.Kosten des Verfahrens
F.Wiederaufnahme des nationalen Strafverfahrens
1
Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg werden zunehmend auch von deutschen Strafgerichten und Strafverfolgungsbehörden rezipiert. Insbesondere im Strafprozessrecht sind in den letzten Jahren über das Verfahren der Individualbeschwerde (Art. 34 EMRK) europaweit verbindliche strafprozessuale Standards festgeschrieben worden, die der Verteidiger für das eigene Mandat fruchtbar machen und nach Erschöpfung des nationalen Rechtsschutzes selbst durch einen Gang nach Straßburg für den individuellen Fall nutzbar machen kann. Trotz einer stetig steigenden Zahl an Individualbeschwerden und einer damit verbundenen Arbeitsbelastung des EGMR wird dessen Judikatur in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen und – mit Hilfe von Verteidigern – neue strafprozessuale Problemfelder erschließen.
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › I. Die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Protokolle
2
Die EMRK wurde am 4.11.1950 von den Gründungsmitgliedern des Europarates als erstes regionales Rechtsinstrument zum Schutz der Menschenrechte verabschiedet. Die am 3.9.1953 nach der Ratifizierung durch den zehnten Vertragsstaat in Kraft getretene Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, in dessen Abschnitt I (Art. 2-18 EMRK) Menschenrechte und Grundfreiheiten verbürgt sind, die von den Vertragsstaaten der Konvention (Contracting Parties) gegenüber allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen zu gewährleisten sind (Art. 1 EMRK). Alle 47 Mitgliedstaaten des Europarates sind Vertragspartei der Konvention.[1]
3
In Ergänzung zu den Kernbestimmungen der EMRK sind insgesamt siebzehn Protokolle zur Zeichnung aufgelegt worden, von denen bisher fünfzehn in Kraft getreten sind. Die Protokolle Nr. 2, 3, 5, 8, 9, 10 (nie in Kraft getreten), 11, 14, 14bis (seit 1.6.2010 außer Kraft), 15 und 16 betreffen Änderungen des Kontrollverfahrens; durch die sechs Zusatzprotokolle (ZP-EMRK) Nr. 1, 4, 6, 7, 12, 13 wurden der Konvention neue Garantien hinzugefügt. Das 12. ZP-EMRK v. 4.11.2000 (allgemeines Diskriminierungsverbot) und das (auch) strafprozessual relevante 7. ZP-EMRK v. 22.11.1984 sind von der Bundesrepublik Deutschland gezeichnet, aber (noch) nicht ratifiziert worden.
4
Einen mittelbaren Bezug zur EMRK hat die Europäische Konvention zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe v. 26.11.1987 (CETS 126), die regelmäßige Besuche von Hafteinrichtungen durch den Europäischen Anti-Folterausschuss (Committee for the Prevention of Torture – CPT) ermöglicht, aber – anders als die UN-Antifolterkonvention (UNCAT; Rn. 649) – kein Verfahren der Individualbeschwerde vorsieht.[2] Die Tätigkeitsberichte des CPT werden vom EGMR als Erkenntnisquelle, u.a. zur Auslegung von Art. 3 EMRK, herangezogen.[3]
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › II. Bedeutung und Rangstellung der EMRK im deutschen Recht
5
Die EMRK überlässt es den Vertragsparteien (Staaten), in welcher Weise sie ihrer Pflicht zur Beachtung der Vertragsvorschriften nachkommen. Der Bundesgesetzgeber hat der EMRK mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG zugestimmt.[4] Damit wurde die Konvention ins deutsche Recht transformiert. Zugleich hat der Gesetzgeber einen entsprechenden Rechtsanwendungsbefehl erteilt.[5] Für die BR Deutschland ist die EMRK am 3.9.1953 in Kraft getreten.[6]
6
Die EMRK besitzt in der bundesdeutschen Rechtsordnung weder den Status von Verfassungsrecht noch denStatus einer allgemeinen Regel des Völkerrechts i.S.v. Art. 25 GG. Die Konvention nimmt aber (jedenfalls formal) den Rang eines (einfachen) Bundesgesetzes[7] ein (Art. 59 Abs. 2 GG). Ihre Bestimmungen sind damit unmittelbar geltendes deutsches Recht; sie binden sowohl die vollziehende Gewalt als auch die Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 3 GG).[8]Landesgesetzen, auch Landesverfassungsrecht, geht die EMRK damit schon nach Art. 31 GG vor. Komplexer ist das Verhältnis der EMRK zum sonstigen Bundesrecht und zur Verfassung (Grundgesetz).
7
Wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 14.10.2004 (Görgülü)[9] betont hat, nimmt die gesamte Rechtsprechung des EGMR – über das Zustimmungsgesetz zur Ratifizierung (Art. 59 Abs. 2 GG) – an der innerstaatlichen Verbindlichkeit der EMRK teil. Darüber hinaus lässt sich über Art. 1 EMRK eine völkerrechtliche Bindung der BR Deutschland an den übertragungsfähigen Inhalt der gesamten Rechtsprechung des EGMR – nicht jedoch an die gegen andere Staaten ergehenden Urteile als solche (vgl. Art. 46 EMRK) – herleiten (vgl. dazu näher Rn. 463 ff.).[10]
8
An die Rechtsprechung des EGMR sind alle nationalen staatlichen Stellen, vor allem aber die deutschen Gerichte, zwar nicht völkerrechtlich, wohl aber innerstaatlich gebunden.[11] Sie haben die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung in jedem Strafverfahren zu beachten und anzuwenden.[12]
9
Das BVerfG stellt diesen Grundsatz allerdings in bedenklicher Weise unter einen verfassungsrechtlichen Vorbehalt („sofern dies nicht zu einer Einschränkung oder Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt“)[13], dessen Reichweite lebhaft diskutiert wird und noch nicht abschließend geklärt ist (vgl. Rn. 10).[14] Zudem dürfe die Rechtsprechung des EGMR nicht schematisch auf das nationale Recht übertragen werden; sie müsse vielmehr „möglichst schonend“ in das nationale Recht eingepasst werden.[15] Der EGMR akzeptiert, dass keine „schematische Parallelisierung“ erfolgt, in der Sache müssen die Konventionsrechte allerdings stets beachtet werden.[16]
10
Die Strafgerichte müssen die in einem Strafverfahren angewandten Gesetze und sonstigen Vorschriften im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der BR Deutschland auslegen, da nicht anzunehmen sei – so das BVerfG – dass der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet habe, von diesen völkerrechtlichen Verpflichtungen abweichen oder ihre Verletzung ermöglichen wolle.[17] Die Berücksichtigung der Gewährleistungen der EMRK und der Rechtsprechung des EGMR muss dabei „im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung“[18] erfolgen. Eine Grenze für die konventionskonforme Auslegung sieht das BVerfG in „eindeutig entgegenstehendem Gesetzesrecht oder deutschen Verfassungsbestimmungen“[19]. Setzt sich das Strafgericht hingegen überhaupt nicht mit der relevanten Judikatur des EGMR auseinander, obwohl der Beschuldigte bzw. dessen Vertreter hierauf Bezug genommen hat, ist die Erhebung einer Anhörungsrüge[20] ratsam – andernfalls riskiert der Betroffene, dass seine spätere Verfassungsbeschwerde wegen Subsidiarität als unzulässig abgewiesen wird.[21]
11
Das BVerfG selbst zieht nicht nur die EMRK, sondern auch die Rechtsprechung des EGMR auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der vom Grundgesetz geschützten Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze heran.[22] Daher kann der EMRK durchaus ein faktischer Vorrang vor dem gesamten deutschen Recht zugesprochen werden.[23]
12
Über das Gebot einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung[24] kommt der EMRK und der gesamten Rechtsprechung des EGMR eine weitreichende Klarstellungs- und Konkretisierungsfunktion für das deutsche Strafverfahrensrecht zu, insbesondere für solche Garantien, die im GG nicht ausdrücklich genannt sind (z.B. der Grundsatz eines fairen Verfahrens, Art. 6 Abs. 1 EMRK; Unschuldsvermutung, Art. 6 Abs. 2 EMRK).
13
Da die EMRK innerhalb der deutschen Rechtsordnung (nur) im Range eines Bundesgesetzes steht (Rn. 6), kann ein Bf. vor dem BVerfGnicht unmittelbar die Verletzung eines in der Konvention garantierten Menschenrechts mit der Verfassungsbeschwerde rügen.[25] Die Bestimmungen der Konvention selbst ebenso wie die Urteile des EGMR scheiden daher als unmittelbarerPrüfungsmaßstab für ein Verfahren vor dem BVerfG aus (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG; § 90 Abs. 1 BVerfGG).[26] Da die EMRK zwar geltendes Bundesrecht, nicht aber zugleich Teil der Verfassungen der Länder ist, kann (auch) eine Verfassungsbeschwerde nach Landesrecht nicht auf eine ihrer Bestimmungen gestützt werden.[27]
14
Es bleibt aber die Möglichkeit, das einer EMRK-Bestimmung „parallele Grundrecht“ zum Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde zu machen und dieses sodann über das Gebot einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung mit Hilfe der einschlägigen Rechtsprechung des EGMR „inhaltlich anzureichern“.
15
Die „Nichtberücksichtigung“ einer einschlägigen EGMR-Judikatur (dazu Rn. 8) kann zudem als Verstoß gegen das jeweils betroffene parallele Grundrecht i.V.m dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gerügt werden.[28]
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › III. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
16
Als Kontrollorgan der EMRK wurde der EGMR am 21.1.1959 mit Sitz in Straßburg eingerichtet. Seine zentrale Aufgabe ist die Auslegung und Anwendung der Konvention nebst ihrer Zusatzprotokolle (Art. 32 EMRK).[29] Das Verfahren vor dem Gerichtshof ist in Art. 27 ff. EMRK[30] und in der Verfahrensordnung des EGMR (VerfO; Rules of Court) geregelt). Die aktuelle Fassung der VerfO ist am 14.11.2016 in Kraft getreten.[31]Eine wesentliche Änderung des Verfahrens ging mit der Neufassung der Rule 47 zum 1.1.2014 einher (Rn. 205 ff.).
17
Ergänzend hat der Präsident des Gerichtshofs insgesamt sieben Verfahrensanordnungen (Practice Directions(PD); alle Stand November 2016) als Handreichung für die bei der Einlegung einer Beschwerde zu beachtenden Formalia erlassen. Diese betreffen insbesondere das Erscheinen der Verfahrensbeteiligten zu mündlichen Verhandlungen, die Einreichung von Schriftsätzen oder sonstiger Unterlagen sowie die Geltendmachung von Entschädigungsleistungen (Rule 32):
18
Practice Direction: Institution of Proceedings
Practice Direction: Requests for Interim Measures
Practice Direction: Requests for Anonymity
Practice Direction: Just satisfaction claims
Practice Direction: Secured Electronic Filing by Governments
Practice Direction: Electronic Filing by Applicants
Practice Direction: Written Pleadings
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › IV. Verfahrensarten vor dem EGMR
19
Vertragsstaaten der EMRK können sich mit der Behauptung, ein anderer Vertragsstaat habe gegen ein Recht der Konvention verstoßen, an den EGMR wenden (Art. 33 EMRK). Von der Möglichkeit einer solchen Staatenbeschwerde haben die Vertragsstaaten allerdings aus politischen und diplomatischen Gründen bisher nur spärlich Gebrauch gemacht.
20
Mit der Individualbeschwerde (Art. 34 EMRK) kann dagegen jeder Einzelne, jede Personenvereinigung und jede nichtstaatliche Organisation den Gerichtshof wegen der Verletzung eines in der Konvention oder einem Zusatzprotokoll gewährleisteten Rechts anrufen (zur Parteifähigkeit im Detail siehe Rn. 101).
21
Die Einholung eines abstrakten Gutachtens zu verfahrensrechtlichen Fragen durch den EGMR ist nur auf Antrag des Ministerkomitees möglich (Art. 47-49 EMRK). Weder die EMRK noch die VerfO des EGMR sehen vor, dass ein nationales Gericht oder eine betroffene Person dem Gerichtshof eine Fragestellung, die für ein auf nationaler Ebene anhängiges Verfahren entscheidungserheblich ist, zur Entscheidung vorlegen kann.[33] Dass die EMRK in ihrem Kontrollsystem kein Vorabentscheidungsverfahren kennt, ergibt sich schon aus dem Erfordernis der nationalen Rechtswegerschöpfung vor Anrufung des EGMR (siehe Rn. 148).
22
Durch das Protokoll Nr. 16 zur EMRK vom 2.10.2013 (CETS 214) können die Staaten ihren obersten Gerichten („highest courts and tribunals“) künftig die Möglichkeit einräumen, dem Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung konkrete Rechtsfragen betreffend die Auslegung der Konvention und ihrer Protokolle anlässlich einer bei ihnen anhängigen Rechtssache vorzulegen. Zuständig für die Erstellung dieser advisory opinions wird die GK sein (Art. 2 Nr. 2 des 16. P-EMRK); den advisory opinions wird jedoch keine Bindungswirkung zukommen (Art. 5 des 16. P-EMRK).
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › V. Zugänglichkeit der Rechtsprechung des EGMR
23
Sämtliche Urteile und Entscheidungen[34] des EGMR seit 1960 – und zahlreiche Entscheidungen der EKMR aus dem Zeitraum von 1955 bis 1998 – sind in der zentralen Datenbank (HUDOC) auf der Homepage des Gerichtshofs zugänglich (www.hudoc.echr.coe.int). Neben einer Schnellsuche ist dort eine Eingabemaske eingerichtet, die eine spezifizierte Suche nach einzelnen Urteilen und Entscheidungen des EGMR ermöglicht. Der als Download bereitgestellte HUDOC User Manual[35] enthält Hinweise für die verschiedenen Suchfunktionen und -kriterien. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs ist auch auf CD-ROM erhältlich.[36]
24
Eine Zusammenfassung der aktuellen Entwicklung der Straßburger Rechtsprechung bieten die Jahresberichte (Annual Reports) und die monatlich auf der Homepage des EGMR(www.echr.coe.int) unter der Rubrik Case-Law – Case-law Analysis bereitgestellten Rechtsprechungsübersichten (Case-Law Information Notes) und Presseberichte zu einzelnen Fällen (Press Releases), die über HUDOC abgerufen werden können.
25
Die zwischen 1960 und 1995 ergangenen Urteile des EGMR sind in englischer und französischer Sprache in der amtlichen Sammlung (Publications of the European Court of Human Rights – Series A) erschienen. In den seit 1996 erschienenen Sammelbänden (Reports of Judgments and Decisions–ECHR) sind ausgewählte Urteile und Entscheidungen des Gerichtshofs enthalten (vgl. Rule 78).
26
Regelmäßige und unregelmäßige Übersichten zur Rechtsprechung des EGMR erscheinen in der NStZ[37], in der ÖJZ[38] und bis 2008 im GYIL[39]. Einige Urteile und Entscheidungen – insbesondere die Deutschland betreffende Judikatur – sind zudem über die Internetseite des BMJV[40] und seit einiger Zeit auch unmittelbar über HUDOC in einer nichtamtlichen deutschen Übersetzung durch das BMJV zugänglich.[41]
27
Ein Fundstellenverzeichnis der in deutschsprachigen Rechtszeitschriften veröffentlichten Urteile ist unter www.egmr.org (keine offizielle Seite des Gerichtshofs) eingestellt.
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › VI. Arbeitsbelastung des Gerichtshofs
28
Vor allem auf dem Gebiet des Strafverfahrensrechts hat der EGMR dank der zahlreichen, aus unterschiedlichen nationalen Strafverfahrensordnungen stammenden Individual-Beschwerden im Laufe der Jahre europäische Mindeststandards herausbilden können.[42] Diese positive Entwicklung ist auf das Verfahren der Individualbeschwerde (Art. 34 EMRK) zurückzuführen, dem inzwischen – über die primäre Gewährleistung eines individuellen Menschenrechtsschutzes hinaus – mittelbar auch eine objektive Rechtsschutzfunktion zukommt.
29
Statistiken und Tätigkeitsberichte des EGMR aus den letzten Jahren sind ebenso beeindruckend wie besorgniserregend.[43]Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Zahl der verkündeten Urteile (993)[44] im Jahr 2016 erstmals wieder gestiegen (2015: 823; 2014: 891; 2013: 916; 2012: 1.093; 2011: 1.157; 2010: 1.499; 2009: 1.625; 2008: 1.543; 2007: 1.503; 2006: 1.560; 2005: 1.105; 2004: 718; 2003: 703; 2002: 844; 2001: 888; 2000: 695; 1999: 177).
30
36.579 Beschwerden wurden 2016 als unzulässig verworfen oder aus dem Register gestrichen (2015: 43.133; 2014: 83.675; 2013: 89.737; 2012: 86.201; 2011: 50.677; 2010: 38.576; 2009: 33.065; 2008: 30.163; 2007: 27.033; 2006: 28.159; 2005: 27.613; 2004: 20.350; 2003: 17.272; 2002: 17.868; 2001: 8989; 2000: 6776; 1999: 3520).
31
Durch die hohe Rate an Unzulässigkeitserklärungen gelang es dem EGMR im Jahr 2012 erstmals, die Zahl der anhängigen Beschwerden abzubauen, um insgesamt 16 %. Die Zahl der anhängigen Individualbeschwerden lag am 31.12.2011 bei 151.600 Beschwerden, am 31.12.20012 nur noch bei 128.100 (gezählt werden nur diejenigen Beschwerden, die bereits einem Spruchkörper zugewiesen sind: vgl. auch: 2010: 139.650; 2009: 119.300; 2008: 97.330; 2007: 79.400; 2006: 66.500; 2005: 56.800).
32
Nachdem die Zahl der anhängigen Beschwerden in den vergangenen Jahren weiter verringert werden konnte, stieg diese im Jahr 2016 wieder um fast 25 % im Vergleich zum Vorjahr: Am 31.12.2016 lagen rund 79.750 (31.12.2013: 99.900; 31.12.2014: 69.900; 31.12.2015: 64.850) Beschwerden an.[45] Konkret für Deutschland waren Ende 2016 insgesamt 213 Beschwerden anhängig (2015: 212).[46] Die Verringerung führte der EGMR-Präsident Dean Spielmann 2014 auf zusätzliche Finanzmittel sowie auf die Einrichtung einer speziellen Sektion aus Einzelrichtern zurück, die offensichtlich unzulässige Beschwerden herausfiltern.[47] Diese Methoden sollen nun auch auf sich wiederholende Fälle angewandt werden, die immerhin knapp die Hälfte der derzeitig anhängigen Beschwerden darstellen (geschätzt 30.500 der insgesamt 64.850).[48]
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Im Jahr 2016[49] haben den Gerichtshof 53.500 Individualbeschwerden erreicht, was ein Plus von 32 % gegenüber dem Vorjahr (2015: 40.550; 2014: 56.200) darstellt.[50] Insgesamt konnten 38.505 (2015: 45.574; 2014: 86.068) Beschwerden erledigt werden.[51] Damit konnten weniger Fälle erledigt werden, als neue hinzukamen, so dass die Zahl der anhängigen Beschwerden erstmalig wieder anstieg. Dies erklärt sich jedoch damit, dass in den vergangenen Jahren vor allem eine große Anzahl an Unzulässigkeitsentscheidungen ergangen ist. Nachdem dieser Rückstand weitgehend abgebaut ist, liegt der Fokus nunmehr verstärkt auf komplexeren und demnach zeitaufwändigeren Verfahren.[52] Allerdings fasst der Gerichtshof in den letzten Jahren auch verstärkt Verfahren, die ähnliche rechtliche Probleme betreffen, zur Entscheidung zusammen. Somit können, auch wenn die Zahl der Entscheidungen nicht weiter ansteigt wie bisher, mehr Beschwerden erledigt werden.[53]
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Speziell für Deutschland ergeben sich für das Jahr 2016 folgende Verfahrenszahlen: Insgesamt wurden 677 Beschwerden durch den EGMR erledigt (2015: 913). Davon wurden 658 (2015: 901) Beschwerden bereits im Vorfeld als unzulässig erklärt oder aus der Liste der anhängigen Verfahren gestrichen, nur in 19 Fällen (2015: 12) entschied der EGMR durch Urteil, wobei er nur in vier Fällen tatsächlich eine Verletzung der EMRK feststellte (Art. 3, 6 und 8 EMRK). 676 (2015: 789) Verfahren wurden darüber hinaus an Spruchkörper zur weiteren Überprüfung weitergeleitet.
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Insgesamt ergingen gegen die Bundesrepublik seit 1959 305 Urteile, wobei in 186 Fällen eine Gesetzesverletzung festgestellt wurde. Die Mehrzahl der Verletzungen (insgesamt 127 Fälle) betraf dabei Art. 6 EMRK (davon 102 Fälle in Bezug auf eine zu lange Verfahrensdauer), gefolgt von Verstößen gegen Art. 5 EMRK (29) und Art. 13 EMRK (24).
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Obwohl angestrebt wird, dass die Beschwerden innerhalb von drei Jahren erledigt werden, beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer derzeit immer noch zwischen vier und fünf Jahren.
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › VII. Reformen des Kontrollsystems
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Die große Zahl der beim EGMR eingehenden Beschwerden hat eine weitere strukturelle Reform des Kontrollsystems erforderlich gemacht.[54] Das am 13.5.2004 zur Zeichnung aufgelegte und am 1.6.2010 in Kraft getretene 14. Protokoll zur EMRK über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention (CETS 194) führte zu signifikanten Änderungen des Individualbeschwerdeverfahrens (Art. 34 EMRK).[55]
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Das Protokoll hat den Einzelrichter als neuen Spruchkörper eingeführt, der durch Mitarbeiter der Kanzlei unterstützt wird, die als nichtrichterliche Berichterstatter (Rapporteurs) fungieren. Der Einzelrichter kann eine Beschwerde (endgültig) für unzulässig erklären oder im Register streichen, „wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann“ (Art. 27 Abs. 1 EMRK).
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Die durch das 11. P-EMRK geschaffenen, in Art. 26 Abs. 1 EMRK verankerten und seit 1998 für die Filterung eingehender Beschwerden zuständigen, aus drei Richtern bestehenden Ausschüsse (Committee) – sie erledigten schon vor Inkrafttreten des 14. Protokolls 90 % aller eingehenden Beschwerden – dürfen nun zeitgleich mit der Entscheidung über die Zulässigkeit auch (endgültig) über die Begründetheit einer Beschwerde befinden, dies allerdings nur auf der Grundlage einer „gefestigten Rechtsprechung“ des Gerichtshofs (well-established case-law; Art. 28 EMRK).
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Auf der Zulässigkeitsebene wurde neben der seit jeher möglichen Feststellung einer Beschwerde als offensichtlich unbegründet (Art. 35 Abs. 3 lit. a Var. 1 EMRK) eine weitere Möglichkeit dermateriellenFilterung eingeführt. Eine Beschwerde kann jetzt auch dann als unzulässig eingestuft werden (Art. 35 Abs. 3 lit. b EMRK), wenn (kumulativ) der Bf. keinen erheblichen Nachteil erlitten hat (significant disadvantage), der Fall bereits von einem nationalen Gericht gebührend geprüft wurde (duly considered, vgl. zur neuerlichen Änderung hierzu Rn. 252) und keine menschenrechtlichen Besonderheiten aufweist (unless respect for human rights […] requires an examination).
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Zur sog. pilot judgment procedure, die nicht Aufnahme in das 14. Protokoll gefunden hat, aber vom Gerichtshof bereits praktiziert wird, grundlegend: EGMR (GK) Broniowski v. Polen, Urt. v. 22.6.2004, Nr. 31443/96, §§ 189 ff.; siehe auch Rn. 478.
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Auch durch das 15. Protokoll zur EMRK vom 24.6.2013 (CETS 213) werden zahlreiche Reformen des Kontrollsystems bewirkt. So wird nach dessen Inkrafttreten eine Beschwerde künftig auch dann vom Gerichtshof als unzulässig eingestuft werden können, wenn der Fall noch keiner gebührenden Prüfung (duly considered) durch ein nationales Gericht unterzogen worden ist (Art. 5 des 15. P-EMRK). Auch wird die Verweisung einer Rechtssache an die Große Kammer des Gerichtshofs nach Art. 30 EMRK künftig ungeachtet des Widerspruchs einer Partei möglich sein (Art. 3 des 15. P-EMRK). Besonders hervorzuheben ist außerdem die Verkürzung der Beschwerdefrist für das Individualbeschwerdeverfahren (Art. 35 Abs. 1 EMRK) von derzeit sechs auf nur mehr vier Monate (Art. 4 des 15. P-EMRK). Es ist zu erwarten, dass auch diese durch das 15. Protokoll zur EMRK bewirkten Veränderungen zu einer Reduzierung der Arbeitsbelastung des Gerichtshofs beitragen werden.
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Die durch das 16. Protokoll zur EMRK vom 2.10.2013 (CETS 214) neu geschaffene Möglichkeit, konkrete Auslegungsfragen von nationalen Gerichten dem EGMR zur Vorabentscheidung vorzulegen, dürfte ihr Übriges dazu beitragen, eine konventionsgemäße Rechtsdurchsetzung durch die Vertragsstaaten zu gewährleisten und so insbesondere die Zahl der beim Gerichtshof erhobenen Individualbeschwerden zu verringern.[56]