Into the Heat - J. R. Ward - E-Book
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Into the Heat E-Book

J. R. Ward

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Beschreibung

Sie sind Firefighter mit Leib und Seele - doch das Feuer verzeiht keine Fehler

Anne Ashburn und Danny Maguire arbeiten in derselben Einheit des New Brunswick Fire Departments. Seit Anne vor zwei Jahren zu der Truppe gestoßen ist, knistert es zwischen ihnen, doch private Beziehungen innerhalb eines Teams sind verboten. Als ein Kollege heiratet, kommen sie sich während der Hochzeitsvorbereitungen näher und können sich der Leidenschaft, die zwischen ihnen herrscht, nicht länger erwehren. Aber dann kommt es zu einem Brand, der ihr Leben für immer verändern wird ...

"Eine großartige Mischung aus Romance, Action und Spannung!" ALL ABOUT ROMANCE

Die Novella zum neuen Roman INTO THE FIRE von SPIEGEL-Bestseller-Autorin J. R. Ward

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Seitenzahl: 157

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Das Probeessen

1

2

3

4

5

6

Die Feier

7

8

9

10

11

12

13

14

15

Die Autorin

Die Romane von J. R. Ward bei LYX

Leseprobe

Impressum

J. R. WARD

Into the Heat

Ins Deutsche übertragen von Marion Herbert

Zu diesem Buch

Anne Ashburn und Danny Maguire arbeiten in derselben Einheit des New Brunswick Fire Departments. Seit Anne vor zwei Jahren zu der Truppe gestoßen ist, knistert es zwischen ihnen, doch private Beziehungen innerhalb eines Teams sind verboten. Als ein Kollege heiratet, kommen sie sich während der Hochzeitsvorbereitungen näher und können sich der Leidenschaft, die zwischen ihnen herrscht, nicht länger erwehren. Aber dann kommt es zu einem Brand, der ihr Leben für immer verändern wird …

Das Probeessen

1

Donnerstag, 29. Oktober

Countdown: noch 48 Stunden

College Row, New Brunswick, Massachusetts

»Frauen gehören nun mal nicht zur Gruppe des Bräutigams, verdammt! Deshalb bekommt sie keine Rolle bei meiner verfluchten Hochzeit!«

Als Anne Ashburn die Männer-WG durch die Hintertür betrat, hatte sie diesen netten kleinen Wutausbruch nicht nur längst erwartet, sondern er lieferte ihr auch die ersehnte Ausrede. Und wahrscheinlich war dies das erste und letzte Mal, dass sie der Braut bei irgendetwas zustimmte – nicht im Hinblick auf die Rolle von Frauen in Hochzeitsgesellschaften, sondern dass Anne nicht bei der »verfluchten Hochzeit« mitmachen würde.

Alle in der Küche drehten sich zu ihr um: Deandra Cox, die baldige Trägerin des weißen Kleides, Robert »Moose« Miller, Deandras erschöpft aussehender Verlobter und Annes Kollege auf der Feuerwache 499, und … Dannyboy Maguire, den sie als Einzigen wirklich wahrnahm und aus diesem Grund auf gar keinen Fall anschauen wollte.

Nur leider war Danny nicht zu übersehen. Wie die meisten Feuerwehrleute war er top in Form, sein großer Körper muskelbepackt und jederzeit einsatzbereit. Er lehnte lässig an der ramponierten Arbeitsplatte, die breiten Arme vor der Brust verschränkt, die langen Beine an den Knöcheln gekreuzt, und seinen allzu blauen Augen entging nichts. Offensichtlich kam er gerade aus der Dusche, denn sein glänzendes schwarzes Haar war noch nass, und Anne versuchte, ihn sich nicht nackt unter dem Wasserstrahl vorzustellen, wie sich sein tätowierter Oberkörper nach hinten bog, wenn er sich das Shampoo aus …

Sie hielt die Hände hoch, um sich selbst ebenso wie den Streit zu stoppen. »Hört mal, ich will keine Umstände machen. Es ist für mich völlig in Ordnung, bei den anderen Gästen zu sitzen.«

»Dann habe ich eine Brautjungfer zu viel.« Die zukünftige Braut konzentrierte sich wieder auf ihren Auserwählten. »So geht es nicht auf. Du hast mit Absicht bis zwei Tage vor der Hochzeit gewartet, um mir das zu erzählen, weil du weißt, dass es mir nicht passt, und jetzt geht meine Rechnung nicht mehr auf!«

Während der Bräutigam auf den Linoleumboden starrte, war es unmöglich, sich nicht eine Plastikversion des Paars auf einer mehrstöckigen Torte vorzustellen: Deandra in Skinny-Jeans und einem engen Kaschmirpulli, mit blonden Strähnchen in den dunklen Haaren, wie sie sich vorbeugte, als wollte sie dem Mann, den sie heiraten würde, gleich eine reinhauen; Moose in seinem T-Shirt von der New Brunswicker Feuerwehr, mit breiten Schultern und bärtigem Gesicht, der zurückwich, als wollte ihm ein Grippekranker ins Gesicht niesen.

Hach ja, wahre Liebe.

»Ich dachte nicht, dass das ein Problem ist«, murmelte Moose. »Anne gehört zur Crew der 499, und alle anderen sind auch in meiner Gruppe.«

»Sie ist ein Mädchen.« Deandra zeigte auf Anne. »Das bringt alles durcheinander.«

»Ich will wirklich keine Umstände machen.« Anne hielt wieder die Hände hoch. »Ich sitze eben einfach bei der restlichen Hochzeitsgesellschaft.«

Deandra richtete ihren funkelnden Blick auf Anne. »Dann geht es trotzdem nicht auf. Und meine Freundinnen haben ihre Kleider schon bezahlt. Sie haben je hundertzwanzig Dollar gekostet.«

Und das ist mein Stichwort, um von hier zu verschwinden, dachte Anne. Moose tat sich das hier vielleicht freiwillig an, aber außer ihm musste niemand …

»Ich finde, Frauen können sein, was immer sie wollen.«

Als Danny sich zu Wort meldete, sahen ihn alle an – einschließlich Anne, die plötzlich eine ähnliche Wut entwickelte wie Deandra.

Wage es ja nicht, sagte sie hinter dem Rücken der Braut tonlos zu ihm.

Danny zuckte nur die Achseln, als hätte er einen Hosenanzug an und würde Oprah Winfrey, Michelle Obama und Hillary Clinton zugleich in sich vereinen. »Ich meine, Deandra, du stehst doch über diesem ganzen Sexismus, oder? Niemand darf dir vorschreiben, was bei deiner eigenen Hochzeit richtig oder falsch ist. So viel Selbstbewusstsein hast du doch locker.«

Ich bringe ihn um, schwor Anne sich insgeheim. »Ich glaube, Deandra will, dass bei ihrer einzigen Hochzeit alles perfekt ist.«

Danny runzelte scheinbar verwirrt die Stirn. »Du findest es also okay, zwischen Männern und Frauen einen Unterschied zu machen? So wie du dich auf der Wache verhältst, hätte ich das nicht von dir erwartet. Ich dachte, du bist für Gleichberechtigung.«

»Bin ich auch«, entgegnete Anne bissig. »Aber hier geht es nicht um Gleichberechtigung.«

»Bist du dir da sicher? Ich verstehe nicht, wie du bei einer Hochzeitsfeier traditionelle Geschlechterrollen unterstützen und gleichzeitig das Recht verteidigen kannst, dass Frauen bei der Feuerwehr, bei der Polizei und beim Militär an der Front arbeiten.«

»Bitte erspare mir deine Meinung zu Frauenangelegenheiten, solange du noch nie ein Kleid getragen hast, okay?«

»Ich meine ja bloß, dass du Frauen anscheinend nur in Kleidern akzeptierst.«

»Es ist ihre Hochzeit.« Anne zeigte auf Deandra. »Sie ist die Braut. Sie darf sagen, was sie richtig oder falsch findet, und sie braucht ganz sicher keinen Mann, der ihr vorschreibt, was sie zu tun hat.«

»Auch wenn ich die Frauenrechte verteidige?«

»Bis du dir Eierstöcke wachsen lässt, hast du zu unseren Rechten nichts zu sagen!«

Als Annes Stimme in der Küche nachhallte, wurde ihr bewusst, dass sie sich direkt vor Danny aufgebaut hatte – und dass Deandra und Moose sie schweigend beobachteten.

Sie räusperte sich und trat einen Schritt zurück. »Jedenfalls hat Deandra sich entschieden, und ich respektiere ihren Wunsch.«

Deandra kniff die Augen zusammen und musterte Danny, und irgendwas an der Art, wie sie ihn ansah, war merkwürdig.

»Wisst ihr was?«, sagte die Braut. »Vielleicht sollte Anne doch zu den Ehrengästen gehören.«

Anne hoffte, dass ihr Gesichtsausdruck neutral blieb. »Du musst deine Meinung nicht meinetwegen ändern.«

»Werde ich auch nicht.« Deandras Blick war nach wie vor auf Danny fixiert. »Na schön. Dann zieht Anne eben einen Smoking an, wie die anderen Männer. Sie kann meine Schwester zum Altar führen, wie es sich für einen Mann gehört. Ihre Schultern sind sowieso zu muskulös für ein Kleid, und dann geht meine Rechnung wieder auf.«

Anne verdrehte die Augen. Ein Hoch auf Frauenpower.

»Dann wäre das also geklärt«, verkündete Deandra mit einem gequälten Lächeln. »Du brauchst einen Smoking. Falls du noch keinen besitzt.«

Einen Augenblick lang wartete Anne darauf, dass jemand ihr widersprechen würde. Zum Beispiel Moose. Aber der wollte sich bei den Hochzeitsdetails eindeutig nichts mehr vorwerfen lassen, und Danny hatte gerade seinen Willen bekommen, also würde auch er ganz sicher nichts sagen.

Und eigentlich waren diese Männer, mit denen Anne schon seit Jahren Feuer bekämpfte, tatsächlich ihre Brüder, wenn auch nicht blutsverwandt. Sie fand zwar, dass der gute Moose eindeutig verrückt war, diese schöne, aber unerträgliche Frau zu heiraten, die er erst sechs Monate kannte, aber Anne würde trotzdem an seiner Seite stehen, wenn er das wollte – und das tat er. Er hatte sie auf der Wache persönlich darum gebeten.

»Wo habt ihr Jungs denn eure Anzüge her?«, fragte Anne ihn.

»Smokings«, korrigierte Deandra.

Der Bräutigam blinzelte, als hätte er seine Muttersprache vergessen. Allerdings machte er das in letzter Zeit auch auf der Feuerwache immer wieder. »Du willst tatsächlich einen Smoking tragen?«

»Mir doch egal.«

»Ja, sie trägt einen«, mischte Deandra sich ein.

»Ich gehe mit dir hin«, meldete sich Danny. »Ich weiß, wo das ist.«

Danny Maguire machte sich auf einen Todesblick von Anne gefasst, und, oh Mann, dieser war wirklich mörderisch. Annes Augen waren wie das Visier eines Scharfschützengewehrs auf ihn gerichtet, und es überraschte ihn, dass sein Schädel und die Schränke hinter ihm nicht zerbarsten.

Aber Anne hatte schon immer eine solche Wirkung auf ihn gehabt. Seit dem Moment, als sie vor zwei Jahren die offene Garage der 499 betreten hatte, fesselte sie seine Aufmerksamkeit – und zwar nicht nur weil sie die kleine Schwester von Thomas Ashburn junior war, dem Feuerwehrchef von New Brunswick. Schon als Anfängerin, frisch von der Akademie, hatte sie ein beeindruckendes Selbstbewusstsein und eine einschüchternde Kompetenz an den Tag gelegt.

Und dann hatten sie bei Einsätzen zusammengearbeitet.

Anne war seine bevorzugte Teampartnerin, weil er sich nie fragen musste, was sie tun oder wo sie sein würde. Sie dachten dasselbe, reagierten gleich, bewegten sich synchron.

Er konnte immer ihre Gedanken lesen.

So wie gerade in diesem Moment? Jetzt kastrierte sie ihn insgeheim, warf seine Eier in den Abfluss und spülte sie runter.

»Erklär mir einfach, wo der Laden ist«, sagte sie zähneknirschend zu Moose.

Danny wartete die Antwort nicht ab, sondern verließ seinen Platz an der Arbeitsplatte und ging zur Hintertür. Draußen parkte Annes Subaru Outback neben seinem Pick-up, und er ging um ihr Auto herum und setzte sich auf den Beifahrersitz.

Als sie herauskam und sah, wo er war, blieb sie auf der Türschwelle stehen und blickte ihn so finster an, als wollte sie am liebsten ihr eigenes Auto in die Luft jagen.

Gott, bist du schön, dachte Danny.

Schon seltsam, wie die richtige Frau Sportleggings, einen schwarzen Fleecepulli und Turnschuhe in ein Ballkleid und Stilettos verwandeln konnte. Deandra mit ihren falschen Diamantohrsteckern, der Parfümwolke, den verlängerten Wimpern und Push-up-BH verblasste daneben. Anne war komplett natürlich, von ihrem sonnengesträhnten, mit einem Gummiband zusammengehaltenen Haar bis zu ihrem reinen Gesicht und ihrem Duft nach Seife und Shampoo. Sie musste nichts hinzufügen, um umwerfend zu sein.

Nun kam das Objekt seiner Begierde und Faszination zu ihm herüber und riss die Fahrertür auf. »Du bist so ein Arschloch.«

Er hielt die Hände hoch. »Ich wollte nur helfen. Und die Frauenbewegung unterstützen.«

»Von wegen.« Sie stieg ein und funkelte ihn weiter wütend an. »Ich hatte die perfekte Ausrede, und du hast mich wieder reingeritten.«

Er lächelte. »Komm schon. Du willst dir das Drama doch nicht entgehen lassen. Diese Albtraumhochzeit wird eine Mischung aus Profiboxkampf und dieser Hochzeitssendung, die Moose immer mit ihr ansehen muss, wenn sie hier in der WG ist.«

»Mein Traum, dein Schweiß.«

»Heißt sie so? Und im Ernst, denkst du etwa, ich will diese Horrorshow allein durchstehen?«

»Ja, denke ich.« Sie schloss ihre Tür. »Moose ist dein Mitbewohner …«

»Er ist in deiner Crew …«

»… und das hier hat nichts mit mir zu tun …«

»… also wäre es komisch, wenn du nicht dabei bist …«

»… vor allem kann Deandra mich nicht ausstehen.«

»… und Deandra mag niemanden.«

Gleichzeitig schwiegen beide wieder. Dann legte Anne die Hände aufs Lenkrad und ließ sich nach hinten gegen den Sitz fallen. Sie schaute herüber und schüttelte den Kopf. »Ich hatte die beste Entschuldigung der Welt, und du hast sie mir vermasselt.«

Sein Blick glitt zu ihren Lippen, bevor er sich stoppen konnte. Um das zu überspielen, lachte er. »Wie gesagt, bei dieser Vollkatastrophe kämpfen wir Seite an Seite gegen den Rest der Welt.«

»Auch wenn du dafür den Feministen spielen musst, was?«

»Hey, ich liebe Frauen.«

»Ich weiß, dein Ruf eilt dir voraus.«

Danny runzelte die Stirn, als sie den Motor startete. »Was soll das denn heißen?«

»Ich meine, warum heiratet er sie überhaupt? Eine so künstliche Tussi habe ich im Leben noch nicht gesehen …«

»Anne. Was sollte diese Bemerkung eben?«

Sie blickte wieder zu ihm. »Ach, komm schon, Danny. Ich weiß, dass du es vor mir verstecken willst, weil ich das ›Mädchen‹ in der Crew bin, aber deine Eroberungen sind keine Geheimnisse, sondern legendär.«

»Sind sie nicht.«

Sie legte den Rückwärtsgang ein und drehte den Kopf, um nach hinten zu schauen. »Doch, und das weißt du. Hör mal, ich urteile nicht. Erstens geht mich dein Privatleben nichts an, und zweitens interessiert es mich auch nicht besonders. Aber versuch bloß nicht, so zu tun, als wärst du ein schüchterner Ruheständler, was die Damenwelt angeht.«

Als Anne aufs Gas trat und durch den schmalen Weg an Moose’ Haus vorbeifuhr, verbarg der Fleecepulli kaum die Konturen ihres Körpers, und die Leggings brachte ihre schlanken Oberschenkelmuskeln optimal zur Geltung. Während Danny jedes Detail an ihr wahrnahm, fiel ihm auf, dass er gar nicht gewusst hatte, auf welchen Typ Frau er stand, bevor er sie kennengelernt hatte.

Offensichtlich mochte er am liebsten starke Sportlerinnen, die klare Ansagen machten und ihren Job ebenso ernst nahmen wie er selbst.

»Ich habe keine Freundin«, murmelte er.

»Zum Glück, sonst würde sie sich ganz schön verarscht fühlen, bei all den anderen Frauen.« Anne wendete auf der Straße. »Aber ehrlich, das kümmert mich nicht. Also, wo geht’s hin?«

Nirgendwohin, dachte er. Verdammt, mit uns geht es nirgendwohin.

»Zu Mike’s Tuxedo Rental auf der Chester Avenue, Ecke Main Street.« Er schnallte sich an. »Und du hast wirklich ein falsches Bild von mir.«

»Wie gesagt, es spielt keine Rolle.« Sie trat wieder aufs Gas, sodass er von der Beschleunigung tief in den Sitz gedrückt wurde. »Mich interessiert nur, wie gut du Feuer löschst, und in der Hinsicht kann ich mich nicht beschweren …«

»Ich meine, nur weil ich ein paar Dates hatte …«

»So nennst du das also, wenn du es mit der Friseur-Empfangsdame im Hinterzimmer treibst?«

»Das ist sechs Monate her!« Und es war Deandra gewesen, aber er sah keinen Grund, ihren Namen zu nennen. »Und bevor du jetzt den Unabhängigkeitstag erwähnst – ich war nicht derjenige, der während des Umzugs auf dem Wagen Sex hatte.«

Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. »Doch, das warst du …«

»Nein, war ich nicht«, entgegnete er bissig. »Das war Duff. Schieb mir nicht etwas in die Schuhe, womit ich nichts zu tun habe.«

»Warum bist du jetzt so empfindlich?«

»Weil du mir vorwirfst, dass ich herumvögele, und das gefällt mir nicht.«

»Entschuldige.«

Er verschränkte die Arme vor der Brust und starrte zum Seitenfenster hinaus. Nichts war schlimmer, als wenn man in seine eigene Falle tappte, aber die Wahrheit war: Seit Anne mit ihrem T-Shirt der New Brunswicker Feuerwehr und ihrer kompromisslosen Haltung in sein Leben getreten war, erschien ihm jede andere Frau so attraktiv wie eine Packung Taschentücher. Aber leider waren seine früheren Eroberungen ein Formel-Eins-Wagen mit so viel Schwung, dass die Bremsen nicht mehr griffen. Obwohl er sich verändert hatte, konnte er nicht leugnen, wie er früher drauf gewesen war, und dieser Ruf eilte ihm voraus.

Als er über seine unzähligen Fehler nachdachte, fiel ihm wieder ein, warum er so ungern Urlaub nahm. Wenn man Zeit hatte, musste man zu viel grübeln, und er hatte definitiv keine Lust, sich mit dem aussichtslosen Gedanken zu beschäftigen, dass er niemals erfahren würde, wie Anne Ashburn sich anfühlte. Wie sie schmeckte. Wie sie aussah, wenn sie morgens aufwachte und abends ins Bett ging.

Diese vier freien Tage wegen Moose’ Schnapsidee würden verdammt deprimierend für ihn werden.

2

Mike’s Tuxedo Rental war ein schäbiges Loch voller Polyester-Billigkopien großer Marken, eingequetscht zwischen einem Dunkin’ Donuts an der Ecke und einem Blumenladen. Nachdem Anne auf der gegenüberliegenden Straßenseite geparkt hatte, schaute sie auf die Uhr und stellte erleichtert fest, dass sie noch eine Stunde Zeit hatten, bis der Laden um fünf schließen würde.

»Willst du vielleicht was essen?«, fragte sie ihren missmutigen Beifahrer. »Ich habe einen Müsliriegel in meiner Sporttasche.«

»Nein, danke.«

»Doch, du bist unterzuckert und mies drauf.« Sie griff nach hinten in ihre Nike-Tasche. »Hier. Iss den, bevor du jemanden verprügelst.«

Als sie ihm den Riegel hinhielt, sah Danny sie an. Seine Augen waren so klar und leuchtend blau wie der Herbsthimmel, die Wimpern schwarz wie seine Haare. Sein Gesicht war leicht gerötet wie bei einem Sonnenbrand, aber tatsächlich hatte er einen Windbrand von der vorherigen Nacht. Der Oktober in Massachusetts konnte kalt sein, und sie hatten um vier Uhr morgens ein größeres Feuer auf dem Campus der New Brunswicker Uni löschen müssen. Der Wind hatte das Wasser aus den Schläuchen zu ihnen zurückgeweht, und bei einer Temperatur von null Grad war es zu gefrierendem Regen geworden.

»Du hast einen falschen Eindruck von mir«, sagte er.

Anne wandte den Blick ab. »Ich habe überhaupt keinen Eindruck von dir, und so soll es auch sein. Wir arbeiten zusammen.«

»Und wenn wir nicht zusammen arbeiten würden?«

Auf einmal schien die ganze Luft aus dem Subaru herausgesaugt zu werden, und Anne spürte Dannys Körper, als würde sie ihn berühren: Irgendwie war aus Nähe eine Verbindung geworden, und es hatte sich aus den unterschwelligen Anspielungen, die sie stets als Fehlinterpretationen ihrerseits abgetan hatte, eine geheimnisvolle Alchemie entwickelt, unerwartet … und doch unvermeidlich.

»Solche Spekulationen sind Zeitverschwendung.« Ihre Stimme klang so verdammt heiser. »Reine Zeitver…«

»Beantworte meine Frage trotzdem.«

Aber das ist keine Frage, dachte sie. Sondern eine Einladung, die ich vielleicht nicht ablehnen kann.

Wütend über sich selbst warf sie ihm den Müsliriegel in den Schoß, öffnete ihre Tür und stieg aus. »Iss den und komm jetzt. Wir haben nicht viel Zeit.«

Mit klopfendem Herzen lief sie über die wenig befahrene Straße und marschierte zu dem Smokingverleih. Sie riss die Tür auf und betrat …

Ein Blumenmeer.

Statt von Ankleidepuppen in schwarz-weißen Pinguinanzügen war sie von Rosen und Nelken und bündelweise Schleierkraut in Eimern umgeben. Anne stand vor Tontöpfen mit orangefarbenen und gelben Chrysanthemen, und dazwischen hingen Hexen, Gespenster und Vampire an durchsichtigen Fäden von der Decke.

»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Dame hinter der Theke.

»Ähm, nein. Nein, schon gut. Danke …«

Die Türglocke läutete, und Danny kam herein. »Die Anstecksträußchen sind schon bestellt.«

»Was?« Anne drehte sich um und stieß gegen ein Vampirmobile. Lauter kleine Draculas verfingen sich in ihren Haaren. »Wie bitte? – Oh, ach so. Okay, dann …«

Sie entfernte die fliegenden Blutsauger und zupfte ihren Fleecepulli zurecht. »Alles klar. Schon bestellt. Natürlich. Dann gehen wir nach nebenan. Danke und einen schönen Tag noch.«

Mit hoch erhobenem Kopf und straffen Schultern schaffte sie es wieder hinaus auf den Bürgersteig, ohne in einen Eimer mit Rosen zu treten. Und dann, mit genügend Entschlossenheit für einen militärischen Kampfeinsatz, marschierte sie zu Mike’s Tuxedo Rental und betrat diesmal den richtigen Laden.

Okay, Reihen von Jacketts und Hosen in Schwarz, Weiß und Rot sowie vorgeknotete Satinfliegen mit passenden Kummerbünden. Die falsche Holzvertäfelung erinnerte Anne an die Möbelreklame von Raymour & Flanigan aus ihrer Kindheit, und die Poster mit männlichen dauergewellten Achtzigerjahremodels ließen sie fürchten, dass man hier nur Sachen aus der Synthesizer-Pop-Ära leihen konnte.

Der Mann hinter der Kasse – einen Computer gab es natürlich nicht – war um die sechzig und seine Haare und sein Bart akkurat gestutzt, sein Nadelstreifenanzug und die knallige orange-schwarze Krawatte eine auf die Saison abgestimmte Werbung für seine Ware.

»Was für eine hübsche Braut«, rief er und kam herüber. »Ich bin Mike junior und helfe Ihnen gern – oh, Ihren Bräutigam haben Sie auch mitgebracht.«