Jägermond - Poul Anderson - E-Book

Jägermond E-Book

Poul Anderson

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Beschreibung

Unter dem Jägermond

Auf Medea entdecken Forscher zwei Alien-Spezies, die Dromiden und die Ouraniden, die „Füchse“ und die „Ballons“. Die einen leben auf dem Boden, die anderen können fliegen, und beide Völker sind seit Anbeginn der Zeiten verfeindet. Die Xenologen auf Medea versuchen jetzt, durch Telepathie die Gedanken und Gefühle der Aliens zu entschlüsseln und so vielleicht Frieden zwischen ihnen zu stiften. Aber sind wir Menschen überhaupt in der Lage, etwas so vollkommen Fremdartiges zu verstehen?

Für seine Erzählung „Jägermond“ wurde Poul Anderson 1979 mit seinem sechsten Hugo Gernsback Award ausgezeichnet. Sie erscheint als exklusives E-Only bei Heyne und umfasst ca. 50 Seiten.

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Seitenzahl: 144

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POUL ANDERSON

JÄGERMOND

Erzählung

Das Buch

Auf Medea entdecken Forscher zwei Alien-Spezies, die Dromiden und die Ouraniden, die »Füchse« und die »Ballons«. Die einen leben auf dem Boden, die anderen können fliegen, und beide Völker sind seit Anbeginn der Zeiten verfeindet. Die Xenologen auf Medea versuchen jetzt, durch Telepathie die Gedanken und Gefühle der Aliens zu entschlüsseln und so vielleicht Frieden zwischen ihnen zu stiften. Aber sind wir Menschen überhaupt in der Lage, etwas so vollkommen Fremdartiges zu verstehen?

Für seine Erzählung »Jägermond« wurde Poul Anderson 1979 mit seinem sechsten Hugo Gernsback Award ausgezeichnet. Sie erscheint als exklusives E-Only bei Heyne und umfasst ca. 50 Seiten.

Der Autor

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Titel der Originalausgabe

HUNTER'S MOON

Aus dem Amerikanischen von Birgit Reß-Bohusch

Überarbeitete Neuausgabe

Copyright © 1978 by Poul Anderson

Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Covergestaltung: Stardust

Wir erleben die Realität nicht, sondern erschaffen sie. Etwas anderes anzunehmen, hieße katastrophale Überraschungen heraufbeschwören. Die tragische Natur der Geschichte hat ihre Wurzeln zum Großteil in diesem sich stets wiederholenden Fehler.

Oskar Häml,

Betrachtungen über die menschliche Verlegenheit

… Beide Sonnen waren nun untergegangen. Die Berge im Westen bildeten eine schwarze Woge, erstarrt, als habe die Kälte des Jenseits sie angerührt und eingefroren, noch während sie sich auftürmte, eine erste Meeres-Barriere auf dem Flug zur Verheißung; doch darüber stand purpurn der Himmel mit den ersten Sternen und zwei kleinen Monden, ockergelb gerändert mit silbrigen Sicheln, wie die Verheißung selbst. Nach Osten hin blieb der Himmel blau. Dort, dicht über dem Ozean, stand Ruii in nahezu voller Helle, seine Ringe gleich Leuchtbändern um den flammendroten Schein geschlungen. In seiner Lichtfurche zitterten die Wasser, sichtbar gemachter Wind.

A'i'ach spürte den Wind auch, kühl und wispernd. Jedes einzelne feine Körperhärchen sprach darauf an. Er benötigte nicht viel Schub, um seinen Kurs einzuhalten, gerade genug Kraft, dass er ein Gefühl der eigenen Stärke und der Einheit mit dem Schwarm in Bewegung und Ziel erhielt. Ihre Kugeln umringten ihn mit fahlem Schillern, verdeckten ihm fast die Sicht auf den Boden, über den sie dahinzogen; er war bei denen, die am höchsten schwebten. Ihre Lebensdünste, süß, berauschend, überlagerten alles andere, was in der Luft mitschwang, und sie sangen gemeinsam, ein Chor von vielen hundert Stimmen, damit ihre Seelen sich vereinten und eine Seele wurden – ein Vorgeschmack dessen, was sie im fernen Westen erwartete. Heute Nacht, wenn P'a vor das Antlitz von Ruii trat, kam die Zeit des Strahlens zurück. Schon schwelgten sie in der Glückseligkeit, die ihrer harrte.

A'i'ach allein sang nicht mit den anderen, und nur ein Teil seines Ichs versank in Träume vom Feiern und Lieben. Zu sehr lastete das, was er mit sich schleppte, auf ihm. Dieses Ding, das der Mensch an seinem Körper befestigt hatte, wog zwar nicht viel, aber was es in seine Seele legte, war bitter und schwer. Der ganze Schwarm wusste natürlich um die Gefahren eines Angriffs, und viele umklammerten Waffen – Steine zum Herunterschleudern oder die spitzen Äste von Ü-Bäumen – in den Tentakeln, die unter ihren Kugeln dahinwehten. A'i'ach besaß ein Stahlmesser, sein Preis dafür, dass er dem Menschen erlaubt hatte, ihm eine Bürde aufzuladen. Dennoch lag es nicht in der Natur des Volkes, das zu fürchten, was aus der Zukunft herabsinken mochte. A'i'ach war seltsam verändert durch das, was sich in seinem Innern abspielte.

Das Wissen war gekommen, er wusste nicht wie, behutsam genug, dass es ihn nicht erstaunte. Inzwischen aber hatte sich eine Kälte in ihm festgesetzt. Irgendwo in jenen Hügeln und Wäldern lief eine der Bestien umher, die das gleiche Ding trug wie er und auch in gespenstischem Schwarm-Kontakt mit einem Menschen stand. Er konnte sich nicht vorstellen, was das brachte – außer Verdruss für das Volk. Doch er hielt es für unklug, danach zu fragen. Deshalb hatte er einen Entschluss gefasst, der seiner Rasse fremd war: Er wollte der Bedrohung ein Ende bereiten.

Da seine Augen sich an der Unterseite des Körpers befanden, konnte er weder den hoch droben verstauten Gegenstand noch das aufwärts gerichtete Strahlen erkennen. Seine Gefährten aber sahen es, und man hatte ihm das Ding vorgeführt, ehe er sich einverstanden erklärte, es zu tragen. Der Strahl war schwach, schwach, sichtbar allein in der Nacht und selbst da nur gegen einen dunklen Hintergrund. Er würde Ausschau halten nach einem Schimmer inmitten der Landschatten. Früher oder später musste er darauf stoßen. Die Gelegenheit war jetzt, in der Zeit des Strahlens, nicht ungünstig; die Bestien wussten, dass sich das Volk in großen Scharen zum Schwelgen traf, und würden sicher versuchen, einige davon zu töten.

A'i'ach hatte das Messer als Kuriosität gewollt und nur nebenbei an den Nutzen gedacht. Er beabsichtigte es in den Zweigen eines Baumes zu verstecken und auszuprobieren, wenn ihn die Laune überkam. Angehörige des Volkes bewahrten hin und wieder zufällig gefundene Gegenstände wie einen spitzen Stein für flüchtige Zwecke auf, etwa um die Kapseln einer Federblume aufzubohren und die köstlichen Samen in die Luft zu streuen. Vielleicht konnte er mit einem Messer Hölzer zu Werkzeug verarbeiten und sich einen kleinen Vorrat anlegen.

Mit seinem neuen Wissen aber erkannte A'i'ach den wahren Zweck der Klinge. Er konnte von oben zustechen, bis eine der Bestien – nein, bis die Bestie – tot war.

A'i'ach befand sich auf der Jagd …

Einige Stunden vor Sonnenuntergang bereiteten sich Hugh Brocket und seine Frau Jannika Rezek auf ihren nächtlichen Einsatz vor, als Chrisoula Gryparis eintraf, mit großer Verspätung übrigens. Ein Sturm hatte ihre Maschine erst in Enrique festgehalten und sie dann, als er mit ungewohnter Hartnäckigkeit nach Westen weiterzog, zu einem langen Umweg nach Hansonia gezwungen. Sie sah den Ring-Ozean erst, als sie gut tausend Kilometer des Festlands überquert hatte; danach musste sie eine etwa gleich lange Strecke nach Süden fliegen, um die große Insel zu erreichen.

»Wie einsam Port Kato von oben aussieht«, stellte sie fest. Trotz eines Akzents sprach sie fließend Englisch, die Umgangssprache auf dieser Station. Mit ein Grund, weshalb sie herausgekommen war, lag nämlich darin, dass sie einen Posten hier in Erwägung zog.

»Kein Wunder – wir haben es einsam«, entgegnete Jannika in ihrem eigenen Akzent. »Ein Dutzend Wissenschaftler, doppelt so viele Assistenten und eine Handvoll Versorgungspersonal. Das macht Sie doppelt willkommen.«

»Was, Sie fühlen sich isoliert?«, fragte Chrisoula verwundert. »Sie können doch jede Holokom-Station der Nahküste anwählen, stimmt's?«

»Klar – oder auch mal rasch in die nächste Stadt flitzen, sei es geschäftlich oder zum reinen Vergnügen«, sagte Hugh. »Aber egal, wie naturgetreu so ein Stereobild ist – es bleibt ein Bild. Man kann sein Gegenüber nicht auf einen Drink einladen, sobald die Konferenz zu Ende ist, oder? Und was Besuche in den Nachbarorten betrifft – nach kurzer Zeit hat man doch wieder die altgewohnten Gesichter um sich. Außenposten sind, gesellschaftlich gesehen, ganz schön abgeriegelt. Das werden Sie noch merken, falls Sie sich nach hierher verpflichten.« Hastig setzte er hinzu: »Nicht, dass ich Sie vergraulen möchte. Jan hat recht; wir wären mehr als froh, wenn wir ein paar neue Leute bekämen.«

Seinen eigenen Akzent verdankte er dem Wandel der Zeit. Englisch war seine Muttersprache, aber er selbst gehörte der dritten Generation von Medea an. Mit anderen Worten: Seine Großeltern hatten Nordamerika vor so langer Zeit verlassen, dass die Sprache dort sich wie die meisten Dinge verändert hatte. Nun, Chrisoula war auch nicht auf dem neuesten Stand; ein Laserstrahl benötigte fast fünfzig Jahre, um vom Sol-System nach Colchis zu gelangen, und das Schiff, in dem sie angereist war, bewusstlos und in Stase, hatte beträchtlich länger gebraucht …

»Und dann noch von der Erde!« Jannikas Stimme verriet Wärme.

Chrisoula zuckte zusammen. »Es war nicht schön dort, als ich fortging, aber vielleicht hat sich inzwischen wieder einiges gebessert. Bitte, ich erzähle euch irgendwann gern mehr davon, aber im Moment schaue ich lieber nach vorn.«

Hugh klopfte ihr auf die Schulter. Sie sah nicht schlecht aus, fand er; nicht zu vergleichen mit Jan natürlich – den Vergleich bestanden ohnehin nur die wenigsten Frauen – aber er würde sich freuen, wenn sich ihre Bekanntschaft in Richtung Bett entwickelte. Abwechslung ist die Würze des Ehelebens.

»Sie haben heute wirklich Pech, nicht wahr?«, sagte er leise. »Erst die Verzögerung, bis Roberto … äh, Dr. Venosta … zum Außendienst aufbricht – während Dr. Feng ausgerechnet zur gleichen Zeit seine neuesten Proben in die Zentrale schafft.« Er bezog sich auf den Chefbiologen und den Chefchemiker. Chrisoulas Fachgebiet war Biochemie; man hoffte, dass sie, erst jüngst mit einem der seltenen Sternenschiffe eingetroffen, einen entscheidenden Beitrag zum besseren Verständnis der Lebensformen auf Medea leisten würde.

Sie lächelte. »Nun, dann lerne ich eben die anderen zuerst kennen, angefangen bei euch beiden.«

Jannika schüttelte den Kopf. »Tut mir leid«, sagte sie. »Wir bereiten auch gerade unseren Auszug vor und kommen vermutlich erst nach Sonnenaufgang zurück.«

»Das hieße – in etwa sechsunddreißig Stunden? Ja. Ist das nicht ganz schön lang in einer – nun, sagen wir mal – in einer derart gespenstischen Umgebung?«

Hugh lachte. »Das gehört zu unserer Aufgabe als Xenologen«, erklärte er. »Aber ich schätze, dass zumindest mir noch ein wenig Zeit bleibt, Sie herumzuführen und bekanntzumachen, damit Sie sich etwas heimischer fühlen.« Da sie zu einem Zeitpunkt eingetroffen war, da die meisten Leute schliefen, hatte man Chrisoula zu seinem und Jannikas Quartier gebracht. Jeder wusste, dass sie früh wach sein würden, um ihre Expedition vorzubereiten.

Jannika warf ihm einen prüfenden Blick zu. Sie sah einen robusten Mann, der sein Alter mit einundvierzig Erdjahren angab: gedrungen, ein wenig plump in seinen Bewegungen, mit einem ersten Bauchansatz; scharfkantiges Gesicht, strohblondes, kurzgeschorenes Haar, blaue Augen; glattrasiert, aber schlampig gekleidet; Jacke, Hose und Stiefel im Stil der Bergleute, unter denen er aufgewachsen war. »Ich habe keine Zeit«, stellte sie fest.

Hugh machte eine weitausholende Geste. »Sicher, lass dich nicht stören, Liebes.« Er fasste Chrisoula unter dem Ellbogen. »Kommen Sie, sehen wir uns um!«

Verwirrt begleitete sie ihn aus dem chaotischen Durcheinander der Hütte. Dann blieb sie mitten im Lager stehen und starrte umher, als sähe sie Medea zum ersten Mal.

Port Kato war in der Tat winzig. Um die einheimische Ökologie nicht mit Dingen wie UV-Lampen über Feldern und Entwässerungsgräben zu stören, bezog die Station alles Notwendige von den älteren und größeren Siedlungen des Nahkontinents. Und obgleich sie nahe dem Ostrand von Hansonia lag, hatte man sie doch einige Kilometer landeinwärts auf höherem Grund errichtet, eine Vorsichtsmaßnahme gegen die Fluten des Ring-Ozeans, die sich monströs auftürmen konnten. So bedrängte und bedrückte und überwältigte die Natur die hingeduckten Hütten, wohin man schaute –

– oder horchte, roch, tastete, schmeckte, sich bewegte. Die Schwerkraft war etwas schwächer als auf der Erde, was Chrisoulas Schritten einen elastischen Schwung verlieh. Auch der zusätzliche Sauerstoff schien ihre Energie zu erhöhen, wenngleich ihre Schleimhäute immer noch prickelten. Trotz des tropischen Standorts war die Luft mild und nicht übermäßig feucht, denn die Insel lag dicht genug am Fernkontinent, um seine Kühle zu spüren. Sie war erfüllt von Düften, und nur einige erinnerten Chrisoula an vertraute Dinge wie Moschus oder Jod. Fremd waren auch die Laute – das Rascheln, Trillern, Krächzen, Murmeln – welche die dichte Atmosphäre laut in ihren Ohren dröhnen ließ.

Die Station selbst bot einen exotischen Anblick. Die Bauwerke bestanden aus einheimischem Material und hatten Formen, die sich gut in die Umgebung eingliederten; nicht einmal den flachen Energiekonverter konnte man als solchen erkennen. Die Mehrfachschatten waren seltsam getönt; überhaupt veränderte das rötliche Licht alle Farben. Die Bäume, die hoch über die Dächer aufragten, hatten ein bizarres Aussehen, und ihr Laub schimmerte orange, gelb oder braun. Kleine Geschöpfe huschten und kletterten zwischen den Ästen umher. Und die Glitzerschleier, die hin und wieder mit der Brise vorbeizogen, schienen nicht einfach Staub zu sein.

Der Himmel wirkte tief und dunkel. Ein paar Wolken waren in blasses Rosa und Gold getaucht. Die Zwillingssonne Colchis – Castor C war mit einem Mal eine viel zu nüchterne Bezeichnung – kippte dem Westen entgegen, beide Gestirne so schwach, dass Chrisoula ohne Gefahr für ihre Augen eine Zeitlang in das Licht schauen konnte; Phrixus hatte den maximalen Winkelabstand zu Helle fast erreicht.

Ihnen gegenüber beherrschte Argo den Himmel, wie immer auf der inneren Hemisphäre von Medea. Aber hier hing der Hauptplanet sehr tief; Baumwipfel verdeckten einen Teil der großen, abgeflachten Scheibe. Das Tageslicht dämpfte die Röte seiner Strahlung, die nach Einbruch der Dunkelheit gespenstisch wirkte. Dennoch war der Planet ein Koloss, für das Auge fünfzehn oder sechzehnmal so breit wie der Mond über der Erde. Die farblich fein abgestuften, ständig wechselnden Bänder und Flecken auf seinem Antlitz waren Wolken, größer als Kontinente, und Wirbelstürme, deren Trichter den Mond, auf dem sie stand, ohne weiteres hätten verschlingen können.

Chrisoula begann zu zittern. »Der Anblick geht tiefer als irgendwo in Enrique«, sagte sie leise. »Oder auch vom Raum aus …«

Hugh legte ihr einen Arm um die Taille. Er war nicht sonderlich redegewandt, und so sagte er nur: »Nun, hier ist einiges anders. Wir haben Port Kato eigens errichtet, um ein Gebiet, das während eines längeren Zeitraums isoliert war, gründlich studieren zu können; es heißt, dass der Isthmus zwischen Hansonia und dem Festland vor fünfzehntausend Jahren verschwand. Die hiesigen Dromiden hatten bis zu unserer Ankunft jedenfalls keine Ahnung von der Existenz der Menschen. Die Ouraniden kannten Gerüchte, die sie vielleicht ein wenig beeinflussten, aber sicher nicht allzu sehr.«

»Dromiden – Ouraniden … hm.« Als Griechin verstand sie sofort, was gemeint war. »Die Füchse und die Ballons, habe ich recht?«

Hugh zog die Stirn kraus. »Finden Sie nicht auch, dass so etwas abgeschmackt klingt? Ich weiß, man hört diese Namen oft in der Stadt, aber ich bin der Meinung, beide Rassen verdienen Bezeichnungen, die ihre Würde besser wahren. Vergessen Sie nicht, sie besitzen Intelligenz.«

»Tut mir leid.«

Er drückte sie leicht an sich. »Schon gut, Chris. Sie sind neu hier. Wenn zwischen Frage und Antwort von dieser Welt zur Erde hundert Jahre vergehen …«

»Ja. Ich habe mir oft überlegt, ob die hohen Ausgaben gerechtfertigt sind, die beim Aufbau neuer Kolonien jenseits des Sonnensystems entstehen – wenn wissenschaftliche Erkenntnisse eine halbe Ewigkeit brauchen, bis sie die Heimat erreichen.«

»Dabei besitzen Sie viel jüngere Daten als ich.«

»Nun, bei meinem Aufbruch gewann man noch laufend neue Einsichten zur Planetologie, Biologie und Chemie. Ähnliches galt für die anderen Fachgebiete – von der Medizin bis zur Kontrolle der Vulkantätigkeit.« Die Frau richtete sich ein wenig auf. »Vielleicht liegt der nächste Schritt nach vorn auf Ihrem Sektor, der Xenologie? Wenn es uns gelingt, die Gedanken und Gefühle eines Nichthumanoiden zu durchschauen – oder sogar, wie auf dieser Welt, die Gedanken und Gefühle zweier unterschiedlicher Fremdrassen …« Sie holte tief Luft. »Nun, dann erhöht sich vielleicht die Chance, dass wir uns eines Tages selbst verstehen.« Er hatte den Eindruck, dass sie echte Anteilnahme zeigte und nicht nur versuchte, sich bei ihm einzuschmeicheln, als sie fortfuhr: »Was machen Sie und Ihre Frau nun wirklich? In Enrique hieß es, Sie arbeiteten an einem ganz speziellen Projekt.«

»Es ist ein Experiment, das sei vorausgeschickt.« Um nicht als aufdringlich zu gelten, ließ er sie los. »Eine verwickelte Geschichte. Möchten Sie nicht lieber zuerst die große Besichtigungstour durch unsere Metropole antreten?«

»Das kann ich später allein machen, wenn Sie an der Arbeit sind. Alles, was ich bisher von Ihrem Projekt gehört habe, fasziniert mich. Sie versuchen, die Gedanken der Fremdrasse zu lesen?«

»Das ist schon wieder zuviel gesagt.« Er deutete auf eine Bank vor dem Maschinenschuppen. »Setzen wir uns doch – wenn Sie wirklich mehr darüber hören wollen.«

Während sie Platz nahmen, tauchte Piet Marais, der Botaniker, aus seiner Hütte auf. Zu Hughs Erleichterung begrüßte er sie nur kurz und eilte dann davon. Bestimmte Pflanzen auf Hansonia verhielten sich um diese Tageszeit äußerst merkwürdig. Sonst rührte sich kaum etwas. Der Koch und sein Helfer bereiteten das Frühstück, aber alle anderen waren noch in ihren Quartieren und richteten sich für die nächste Arbeitsschicht her.