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Emma von Odenwald, 31-jährige Köchin aus Hannover und immer noch Single, fühlt sich gegenüber ihren erfolgreichen, glücklich verheirateten Eltern als Versagerin. Auch äußerlich hat sie mit ihnen keinerlei Ähnlichkeit. „Manchmal denke ich, dass ich ihnen ins Nest gelegt worden bin!“ Wie recht Emma mit ihrer Vermutung hat, bringt kurze Zeit später ein Gentest zutage. Als sie ihre Eltern damit konfrontiert, nennen diese ihr widerstrebend eine Adresse in Ostfriesland und gestehen, dass es keine legale Adoption war. Emma macht sich auf die Suche nach ihrer Herkunft und stößt dabei auf ein Meer aus Lügen und Verstrickungen …
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Seitenzahl: 301
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Sigrid Hunold-Reime
Janssenhaus
Kriminalroman
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart,
unter Verwendung eines Fotos von Frank Timrott
ISBN 978-3-8392-3614-7
»Anfangs lieben Kinder ihre Eltern; wenn sie älter werden, halten sie Gericht über sie; manchmal verzeihen sie ihnen.«
Oscar Wilde
Die Luft riecht sauber und kühl. Es ist still, Hannover schläft noch. Ein perfekter Sonntagmorgen zum Laufen.
Ich werfe meine Reisetasche auf den Rücksitz. Dabei spüre ich ihre Blicke im Rücken. Ich drehe mich nicht um.
»Morgen, Emma! Wo soll’s denn so früh hingehen?«
Die muntere Stimme unserer Nachbarin lässt mich zusammenfahren. Sie winkt mir mit der Hundeleine in der Hand zu. Peggy ist längst bei mir und begrüßt mich schwanzwedelnd. Ich streichle ihr flüchtig über den Nacken.
Wohin? Das weiß ich selbst nicht so genau, hätte ich am liebsten gesagt und antworte: »An die Nordsee.«
»Na, dann viel Spaß. Das Wetter passt ja. Vergiss nicht, dass wir Schützenausmarsch haben. Fahr bloß nicht durch die Stadt. Da ist heute kein Durchkommen.«
Ich nicke und setze mich auf den Fahrersitz.
»Wann kommst du denn zurück?«
Ich zucke nur mit den Schultern und starte den Motor. Zurück. Keine Ahnung. Erst einmal weg hier. Durchatmen. Nachdenken.
Ich fühle mich wie betäubt. Niemals habe ich ernsthaft daran geglaubt, und nun soll es die Wahrheit sein. Eine Wahrheit, die mir den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Alles hat mit einem Schlag seinen Wert verloren.
Ich fahre langsam unsere Straße entlang. Mit jedem Winkel verbinden mich hier Erinnerungen. 31 Jahre Erinnerungen. Jeder Baum, jedes Haus erscheint mir plötzlich wie eine Kostbarkeit. Ich unterdrücke das Kribbeln in meinen Augen und biege auf das Rudolf-von-Bennigsen-Ufer ab.
Der Maschsee ist glatt wie ein Spiegel und reflektiert ein zartes Orange der Morgensonne. Erste Jogger nutzen die Gunst der Stunde und laufen ihre Runde. Zu dieser Uhrzeit ist es hier am schönsten.
Ich halte noch einmal an und sauge das Bild in mir auf, als würde ich es nie wieder sehen. Am Nordufer sitzt ein verliebtes Pärchen auf der Bank. Im Hintergrund die grünlich schimmernde Kuppel des Rathauses. Hier und da ein paar übrig gebliebene Nachtschwärmer, die nicht den Weg nach Hause gefunden haben. Die allein geblieben sind. Blasmusik klingt dezent um die Häuserecken. Sie sammeln die Schützen zum großen Ausmarsch. Ich werde über den Schnellweg fahren.
Entschlossen programmiere ich mein Navi. Die Route ist berechnet. 272 Kilometer. Wenigstens meine ›Else‹ scheint zu wissen, wo dieses Kaff an der Nordsee liegt. Ich habe noch nie etwas davon gehört. Bis gestern.
Bis gestern habe ich auch gedacht, dass ich die Tochter von Elisabeth und Gunther von Odenwald bin. Verdammt, warum haben sie es mir nie erzählt? Dann stünde ich jetzt nicht an einem Abgrund.
»Wir wollten es. Aber wir haben einfach den Zeitpunkt verpasst.«
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